L 4 KA 4/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 645/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 4/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits auch für das Berufungsverfahren zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Rückforderung wegen Überzahlung des Honorarkontos im Quartal III/06 in Höhe von 36.560,55 EUR.

Der Kläger war als Facharzt für Urologie seit 1983 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Seit 1986 führte er mit Dr. C., ebenfalls als Facharzt für Urologie zugelassen, bis zur Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit am 31. März 2006 eine Berufsausübungsgemeinschaft, die bereits zum 1. Januar 2006 an die D. Klinik GmbH veräußert wurde und zum 1. April 2006 in ein von dieser getragenes Medizinisches Versorgungszentrum eingebracht wurde.

Im Dezember 2004 kam es zu einer fristlosen Kündigung des Belegarztvertrages durch das Rote Kreuz Krankenhaus. Gegen diese fristlose Kündigung hat der Kläger die Klage vor den Zivilgerichten erhoben. Dr. C. beendete ebenfalls Anfang 2006 seine vertragsärztliche Tätigkeit und fiel in Verbraucherinsolvenz (seit 1. Juli 2008, Amtsgericht Darmstadt, Az.: az1).

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 16. April 2007 gegenüber dem Kläger einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 36.560,55 EUR fest. Sie wies auf eine Überzahlung des Honorarkontos ANR xxx1 (der Gemeinschaftspraxis) für das Quartal III/06 in Höhe des Rückforderungsbetrages hin. Hiergegen legte der Kläger am 23. April 2007 Widerspruch ein. Er führte aus, die Abrechnung sei sachlich und inhaltlich nicht korrekt.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2010 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, das Honorarkonto sei bereits im Quartal II/05 aufgrund der Neuerstellung des Honorarbescheides mit einem Betrag von 5.252,40 EUR zu seinen Lasten abgeschlossen worden. Im Quartal IIl/05 habe sich der Überzahlungsbetrag u. a. durch die geleisteten Abschlagszahlungen von insgesamt 180.000,00 EUR, einer Honorarkorrektur für das Quartal IIl/05 in Höhe von 13.198,65 EUR sowie der Restzahlung für das Quartal III/05 in Höhe von 17.374,59 EUR auf 18.100,09 EUR erhöht. Im Quartal IV/05 sei das Konto erneut um die Abschlagszahlungen, einem Abschlag auf die Restzahlung und die Überzahlung aus dem Quartal llI/05 belastet worden. Die Überzahlung habe sich auf 21.820,63 EUR erhöht. Im Quartal I/06 habe sich die Überzahlung auf den Betrag von 32.035,53 EUR erhöht. Durch die im Quartal II/06 eingebuchte Verrechnung der Teilüberzahlung aus IV/05 in Höhe von 4.525,02 EUR habe der Überzahlungsbetrag nunmehr 36.560,55 EUR betragen. In den Quartalen I und II/08 habe sich der Betrag aufgrund der Rückführung der EHV-Fonds auf 19.156,61 EUR reduziert. Zum damaligen Zeitpunkt sei der Rückforderungsbetrag rechtmäßig gewesen, Eine Kopie des Widerspruchsbescheides sandte die Beklagte an Dr. C.

Die Kontoauszüge des Honorarkontos der Berufsausübungsgemeinschaft Dres. C./A. (ANR xxx1) wies folgende Daten auf:

Quartal Belastungen in EUR Gutschriften in EUR Saldo in EUR Bemerkung
II/05 325.212,53 319.960,13 -5.252,40 Übertragen nach III/05
III/05 153.981,54 135.881,45 -18.100,09 Übertragen nach IV/05
IV/05 143.779,13 121.958,5 -21.820,63 ¼ der Teilüberzahlung i. H. v. 4.252,02 EUR aus IV/05 in II/06 als Gutschrift verrechnet, Überzahlung übertragen nach I/06
I/06 136.268,31 104.232,78 -32.035,53 Saldo umgebucht auf Honorarkonto zur ANR xxx2 (C./E./F./G.
II/06 4.525,02 0 - 4.525,02 Verrechnung Teilüberzahlung III/05 (gebucht in IV/05) i. H. v. 4.252,02 EUR, Saldo übertragen nach III/06
III/06 36.560,55 0 -36.560,55 Hierin enthalten: Überzahlung aus I/06 (zurückgebucht von Honorarkonto zur ANR xxx2), Überzahlung aus II/06 i. H. v. 4.252,02 EUR. Saldo übertragen ins Folgequartal
IV/06 36.560,55 0 -36.560,55 Saldo übertragen ins Folgequartal
I/07 36.560,55 0 -36.560,55 Saldo übertragen ins Folgequartal
II/07 36.560,55 0 -36.560,55 Saldo umgebucht auf Honorarkonto zur ANR xxx2
III/07 36.562,54 41,42 -36.521,12 36.560,55 EUR zurückgebucht vom Honorarkonto zur ANR xxx2, Saldo übertragen nach IV/07
IV/07 36.521,12 0 -36.521,12 Saldo übertragen ins Folgequartal
I/08 36.791,93 9.015,20 -27.776,38 Gutschrift aus Rückführung EHV-Fonds Dr. C., Saldo übertragen nach II/08
II/08 28.043,33 8.886,72 -19.156,26 Gutschrift aus Rückführung EHV-Fonds Dr. A.

Die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis IV/05 wurden mit den jeweiligen Kontoauszügen wie folgt versandt:

Quartalsbescheid/Kontoauszug Datum der Versendung Korrekturbescheid/Kontoauszug Datum der Versendung
II/05 02.02.2006 II/05 01.08.2006
III/05 09.10.2006
IV/05 15.01.2007 IV/05 14.01.2008
I/06 26.02.2007

Der Kläger am 2. August 2010 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben.

Er hat vorgetragen, sein früherer Gemeinschaftspraxis-Partner sei zwischenzeitlich insolvent. Die Verwaltungsverfahren gegen ihn seien wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Sie müssten dann gegen den Insolvenzverwalter fortgeführt werden. Er könne nicht für Ansprüche gegen seinen früheren Gemeinschaftspraxis-Partner in Anspruch genommen werden. Hier müssten die Grundsätze der "gestörten Gesamtschuld" gelten. Die angeblichen Ansprüche auf Honorarrückforderungen resultierten möglicherweise in Folge einer Verringerung des Budgets der Praxis aufgrund der Beendigung der Belegarzttätigkeit. Die Überzahlung lasse sich nicht aus dem angefochtenen Bescheid errechnen. Sollte die Beklagte die von ihr behauptete Forderung gegen den Partner der Gemeinschaftspraxis zur Insolvenztabelle angemeldet haben, könne sie diesen Betrag nicht gleichzeitig von ihm verlangen. Dann müsse sie sich zurechnen lassen, dass sie den Erstattungsanspruch nicht zur Insolvenztabelle angemeldet habe. Den Gemeinschaftspraxis-Vertrag habe er zum 31. Dezember 2005 gekündigt. Sein früherer Partner habe sich der Kündigung angeschlossen. Die Überzahlungen im Jahr 2005 habe weder er noch sein Partner akzeptiert. Bezüglich der Quartal II und IIl/05 seien noch hinsichtlich der Nr. 7.5 HVV Widersprüche oder Klageverfahren offen. Im Quartal I/06 könne sich die Überzahlung nicht erhöht haben, da er keine Abrechnung mehr eingereicht habe. Soweit die Beklagte zunächst den Betrag von 32.035,53 EUR auf das Honorarkonto des Dr. C. gebucht habe, fehle es an einer Rechtsgrundlage für eine Rückbuchung auf sein Konto. Nach der Insolvenzordnung bestehe im Falle der Insolvenz eine Einziehungssperre hinsichtlich jeglicher noch offener Forderungen gegen den Schuldner. Die Beklagte könne sich dem nicht durch ihre Umbuchung entziehen. Er habe bis zum 31. Dezember 2005 in der Praxis gearbeitet, im Quartal I/06 habe eine Übergangslösung stattgefunden. In Absprache mit dem Geschäftsführer der Bezirksstelle A-Stadt seien Leistungen im MVZ erbracht worden. Dieses habe die Leistungen abgerechnet und das Honorar sei auch an das MVZ gegangen.

Die Beklagte verwies hinsichtlich der Überzahlungshöhe auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid sowie auf die Kontoauszüge betreffend das Honorarkonto. Über das Vermögen des Dr. C. sei am 1. Juli 2008 vor dem AG Darmstadt das Insolvenzverfahren eröffnet worden (az1). Sie habe die Rückforderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung sei vom Treuhänder zunächst vorläufig, im Juni 2010 schließlich endgültig bestritten worden. Die Honorarbescheide seien bestandskräftig, abgesehen von einer Rückforderung für die Quartale II und IIl/05 hinsichtlich Nr. 7.5. HVV. Die Partner einer Gemeinschaftspraxis hafteten für Honorarrückforderungen als Gesamtschuldner gem. §§ 421 ff. BGB und könnten jeder für sich in Anspruch genommen werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 B 6 KA 3/01 R -). Einer Kassenärztlichen Vereinigung stehe es danach auch offen, einen oder beide Gesellschafter in Anspruch zu nehmen (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. Dezember 2008 - L 3 KA 316/04 -, bestätigt durch BSG, Urteil vom 23. Juni 2010 - B 6 KA 7/09 -). Aufgrund des Insolvenzverfahrens des Dr. C. ändere sich die rechtliche Beurteilung nicht. Sie habe den Betrag zur Insolvenztabelle angemeldet, worauf es aber nicht ankomme. Es liege auch kein Fall der gestörten Gesamtschuld vor. Typischerweise werde eine gestörte Gesamtschuld bei Haftungsfällen auf Schadensersatz angenommen, wenn für einen der Mitschuldner eine Haftungsprivilegierung bestehe. Streitig seien hier jedoch eine Honorarrückforderung und kein Schadensersatzanspruch. Auch seien beide Fälle nicht vergleichbar. Die Rechtsprechung habe zwar in bestimmten Konstellationen wie §§ 104 ff. SGB VII angenommen, dass bei einer gesetzlichen Haftungsfreistellung der nicht privilegierte Mitschädiger nur für den auf ihn entfallenden Anteil hafte (Hinweis auf BGH, NJW 1990, 1361; 1996, 2023). Dies sei sachgerecht, da der Geschädigte anstelle des Anspruchs gegen den privilegierten Schädiger einen Anspruch gegen die Unfallversicherung habe und die beiden (Teil-)Ansprüche den Schaden regelmäßig insgesamt abdeckten. Der Rückforderungsbetrag werde hingegen aufgrund der Insolvenz von keiner Versicherung übernommen. Eine Haftungsbeschränkung des Klägers bestehe nicht. Dies entspreche auch grundsätzlich dem wirtschaftlichen Risiko, dass die Gesellschafter einer GbR jeweils gesamtschuldnerisch für deren Verbindlichkeiten in voller Höhe hafteten und nicht nur in Höhe ihres Gesellschaftsanteils. Zudem würden nach § 301 Abs. 2 Satz 1 InsO die Rechte eines Insolvenzgläubigers gegen Mitschuldner durch die Restschuldbefreiung nicht berührt. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb dies für die Zeit vor der Restschuldbefreiung abweichend zu beurteilen sei. Im Quartal I/06 sei noch eine Abrechnung erfolgt, die in einem Honoraranspruch von 99.547,44 EUR resultiert habe. Die Honorarbescheide seien bestandskräftig geworden. Die Rückforderung nach Nr. 7.5 HVV beruhe auf einem gesonderten Rückforderungsbescheid. Der Rückforderungsbetrag von 32.035,53 EUR sei im Kontoauszug I/06 zwar auf das Honorarkonto einer anderen Praxis gebucht worden, in der Dr. C. nach Beendigung der Gemeinschaftspraxis angestellt gewesen sei. Deshalb habe der Kontoauszug I/06 einen ausgeglichenen Saldo ausgewiesen. Die Verrechnung des Rückforderungsbetrages mit dem Honoraranspruch der anderen Praxis sei rechtlich jedoch nicht möglich gewesen. Deshalb sei der Betrag wieder auf das Honorarkonto der Gemeinschaftspraxis im Quartal III/06 zurückgebucht worden.

Mit Urteil vom 7. Dezember 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2010 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe zu Recht den Rückforderungsbetrag in Höhe von 36.560,55 EUR festgesetzt. Rechtsgrundlage sei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. §§ 812 ff. BGB) der Beklagten wegen Überzahlung des Honorarkontos der vom Kläger mit Herrn Dr. C. bis zum 31. März 2006 geführten Gemeinschaftspraxis, für die der Kläger in vollem Umfang einzustehen habe. Die Erörterung mit dem Beteiligten in der mündlichen Verhandlung habe ergeben, dass das Honorarkonto der Gemeinschaftspraxis zum Quartal IV/05 mit einer Überzahlung in Höhe von 21.820,63 EUR abgeschlossen habe. Dabei habe die Beklagte ¼ der bereits im Quartal IIl/05 bestehenden Überzahlung in Höhe von 18.100,09 EUR, also 4.525,02 EUR, im Quartal IV/05 als Gutschrift verbucht und damit buchhalterisch die Überzahlung bereits um diesen Betrag vermindert, da in Absprache mit der Gemeinschaftspraxis die Rückzahlung in vier Quartalen erfolgen sollte. Zum Abschluss des Quartals I/06 habe sich die Überzahlung auf 32.035,53 EUR erhöht. Dies resultiere aus zu hohen Abschlagszahlungen im Umfang von 105.000,00 EUR (3 x 35.000,00 EUR), Verwaltungskosten von 4.685,34 EUR sowie den Einnahmen aus der Praxisgebühr in Höhe von 4.270,00 EUR, zusammen 113.955,34 EUR. Hinzu seien als Belastungen noch die Umlage für den Notdienst (461,66 EUR) sowie ein Beitrag (30,68 EUR). Dem stand ein Bruttohonorar von lediglich 102.591,35 EUR sowie ein Nachlass an Verwaltungskosten von 1.641,43 EUR gegenüber gekommen, so dass sich die Überzahlung nochmals auf 32.035,53 EUR erhöht habe. Hinzu sei der zunächst ais Gutschrift im Quartal IV/05 verbuchte Betrag von 4.525,02 EUR gekommen, der lediglich buchhalterisch verbucht worden sei, um die Tilgung zeitlich zu strecken. Diesen Betrag habe die Beklagte dann im Kontoauszug IIl/06 als Belastung verbucht, während die Buchung im Kontoauszug II/06 ohne Folge geblieben sei, da sie den gleichen Betrag wiederum als Gutschrift gegengebucht habe. Damit habe aber die Gemeinschaftspraxis Überbuchungsbeträge in Höhe von 32.035,53 EUR und 4.525,02 EUR, zusammen in Höhe des strittigen Betrages von 36.560,55 EUR erhalten, für die kein Rechtsgrund bestanden habe. In diesem Umfang sei die Gemeinschaftspraxis bereichert und es bestehe ein öffentlich-rechtlicher Rückzahlungsanspruch der Beklagten. Inwiefern die Beklagte diesen Betrag auf das Honorarkonto Dr. C. oder dessen spätere Berufsausübungsgemeinschaft bzw. eines MVZ, dem er angehört habe, umgebucht habe, könne dahinstehen, da sich Rechtsfolgen für die Rückforderung hieraus nicht ergäben. Maßgeblich sei allein, dass die strittige Überbuchung in der Zeit der bestehenden Gemeinschaftspraxis entstanden und dass die Zahlungen der Beklagten auf das ihr gegenüber von der Gemeinschaftspraxis angegebene Bankkonto geflossen sei. In Höhe des strittigen Betrages von 36.560,55 EUR habe daher die Verpflichtung der Gemeinschaftspraxis zur Rückzahlung bestanden. Die Beklagte habe auch den vollen Rückzahlungsbetrag vom Kläger verlangen können. Es sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide, die Quartale beträfen, in denen eine Praxis als Gemeinschaftspraxis geführt worden sei, nicht an die Gemeinschaftspraxis, sondern nur an einen der Partner gerichtet würden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Juni 2010 B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr. 4 = GesR 2010, 615 = ZMGR 2010, 370 = USK 2010-73 = MedR 2011, 298 = Breith 2011, 522 juris Rdnr. 30 m. w. N.). Entsprechend habe die Kammer bereits entschieden, dass die Kassenärztliche Vereinigung einen zwischenzeitlich ausgeschiedenen Gesellschafter der ehemaligen Gemeinschaftspraxis wegen Überzahlung des Arztkontos in Anspruch nehmen könne (Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 23. März 2011 - S 12 KA 247/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 32/11 -). Unerheblich sei auch der Vortrag des Klägers, er habe das Gesellschaftsverhältnis bereits zum 31. Dezember 2005 gekündigt und habe seit 1. Januar 2006 als angestellter Chefarzt gearbeitet. Maßgeblich sei im Verhältnis zur Beklagten ausschließlich die Entscheidung des Zulassungsausschusses. Dieser habe mit Beschluss vom 23. März 2006 festgestellt, dass die Zulassung des Klägers infolge Verzichts erst zum 31. März 2006 geendet habe. Auf die innergesellschaftlichen Rechtsverhältnisse komme es insofern nicht an. Der Kläger habe auch ansatzweise nicht darlegen oder gar nachweisen können, dass er gegenüber der Beklagten anderslautende, verbindliche Erklärungen abgegeben habe. Dies gelte auch für das Bankkonto der Gemeinschaftspraxis, das im Quartal I/06 fortbestanden habe. Er habe weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen, dass er der Beklagten gegenüber ein anderes Konto genannt bzw. seine Zustimmung zur Zahlung auf ein anderes Konto erteilt hätte. Von daher komme es auch nicht darauf an, ob der Kläger im Quartal I/06 kein Geld mehr entnommen habe. Privatrechtliche Vereinbarungen, wie sie insbesondere in Gemeinschaftspraxen zwischen deren Mitgliedern getroffen würden, könnten die Vorgaben und Anforderungen des Vertragsarztrechts nicht verändern. Sie seien von den Prüfgremien nicht zu beachten, auch wenn sich z. B. das ausscheidende Mitglied offensichtlich vertragswidrig verhalte. So sei für einen Verzicht allein maßgeblich, ob ein solcher Verzicht wirksam gegenüber den vertragsarztrechtlichen Institutionen erklärt worden sei oder als erklärt gelte (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 KA 26/07 R - BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 3 = MedR 2008, 305 = GesR 2008, 304 = USK 2007-116, juris Rdnr. 23 u. 28 f.). Der Kläger sei aber erst zum 31. März 2006 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden. Der Kläger habe selbst in der mündlichen Verhandlung sein Schreiben mit Datum vom 1. November 2005 zur Gerichtsakte gereicht. Darin habe er gegenüber der Beklagten erklärt, dass er auf seinem KV-Sitz frühestmöglich, spätestens zum 31. März 2006 verzichte. Dieser Verzicht gelte vorbehaltlich der Einbringung seines KV-Sitzes in das D.-Medizinisches-Versorgungszentrum unter Anstellung des Facharztes für Urologie Dr. E. auf diesem KV-Sitz des MVZ. Hiermit bitte er, seinen KV-Sitz entsprechend den Notwendigkeiten auszuschreiben. Insofern sei der Vortrag des Klägers hierzu widersprüchlich, er sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgeschieden. Unerheblich sei auch der Umstand, dass der frühere Praxispartner Dr. C. im August 2008 Insolvenz beantragt habe. Die Beklagte habe bereits zutreffend auf die Geltung und Reichweite der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldverhältnisses hingewiesen. Nach der Rechtsprechung kämen die Grundsätze über die gestörte Gesamtschuld dann zur Anwendung, wenn einem Geschädigten zwei Gesamtschuldner gegenüberstünden, von denen einer wegen des sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegs nicht hafte. Um die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich zu unterlaufen, könne in solchen Fällen der Geschädigte seine Ansprüche gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) nur in der Höhe geltend machen, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn es das sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivileg nicht gäbe (Hinweis auf BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03 - NJW 2005, 2310; BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - III ZR 358/04 - NJW 2005, 3145). In der Sache bedeute das, dass Ansprüche gegenüber dem nicht haftungsprivilegierten Gegner dann nicht bestünden, wenn im Innenverhältnis zwischen diesem und dem haftungsprivilegierten Gegner bei Letzterem die alleinige Verantwortung liege. Eine solche Haftungsprivilegierung des ehemaligen Mitgesellschafters oder des Klägers sei auch auf insolvenzrechtlicher Grundlage nicht ersichtlich und könne auch dem klägerischen Vortrag nicht entnommen werden. Ebenso wenig sei eine vom Kläger vorgetragene Einziehungssperre ersichtlich. Dies kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger selbst nicht Insolvenzschuldner sei.

Gegen das ihm am 19. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Januar 2012 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger hat eine Abtretungs- und Freistellungsvereinbarung mit der D. Klinik GmbH vom 23. Dezember 2005 vorgelegt, in der es u. a. heißt:

"D. beabsichtigt, den von der Gemeinschaftspraxis Dr. A. und Dr. C. GbR geführten Teilbetrieb H-Straße in A-Stadt von Herrn Dr. C. zu übernehmen.

Unbeschadet aller sonstigen Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis und den jeweiligen Vereinbarungen der Gesellschafter mit D. wird die Gemeinschaftspraxis in der Außendarstellung weiterhin als Gemeinschaftspraxis auftreten, bis die KV der Übertragung der Kassenarztsitze des Herrn Dr. A. und des Herrn Dr. C. auf das D. MVZ A-Stadt zugestimmt hat.

D. hat bei der J. Sparkasse A-Stadt unter der Nummer xxx3 ein Konto mit dem Verwendungszweck Gemeinschaftspraxis Dr. A. und Dr. C. eingerichtet. Auf diesem Konto sollen alle Zahlungen, die Leistungen des Teilbetriebs H-Straße betreffen, die nach dem 31. Dezember 2005 erbracht werden, vereinnahmt werden.

Herr Dr. A. erklärt hierzu, mit dieser Regelung einverstanden zu sein und tritt hiermit alle Recht und Pflichten an diesem Konto und an allen geldwerten Vorteilen, die durch Leistungen des Teilbetriebs H-Straße nach dem 31. Dezember 2005 begründet werden, an D. ab. D. nimmt diese Abtretung an."

Der Kläger trägt vor, er habe zum 31. Dezember 2005 auf seine Zulassung verzichtet, was aus verwaltungsseitigen Gründen seitens des Zulassungsausschusses erst zum 31. März 2006 habe realisiert werden können. Im Quartal I/06 habe er in der Praxis keinerlei Arbeiten verrichtet, das Honorar für das Quartal I/06 sei nicht auf sein sondern auf das Konto des Dr. C. MVZ überwiesen worden. Dies sei der Beklagten bekannt und mit ihr so abgesprochen. Die Beklagte habe die Abtretungs- und Feststellungsvereinbarung mit der D. Klinik GmbH genehmigt und habe in der Folgezeit das Honorar auf das Konto von D. überwiesen. Unter Vorlage eines Kontoauszugs vom 30. November 2005 über das Konto Nr. xxx4 bei der K-bank trägt er weiter vor, die Rate für Dezember 2005 sei von der Beklagten auf das Konto der Gemeinschaftspraxis einbezahlt worden, dies sei die letzte Überweisung auf das Konto der Gemeinschaftspraxis gewesen. Aus einem weiteren Kontoauszug vom 15. Februar 2006 ergebe sich eine Überweisung von D. auf das Gemeinschaftspraxiskonto in Höhe von 17.813,43 EUR betreffend die Restzahlung seitens der Beklagten für das Quartal III/05, auf einem weiteren Kontoauszug vom 10. Mai 2006 werde die Restzahlung in Höhe von 10.200,00 EUR für IV/05 von D. gutgeschrieben. Ebenso wie die Restzahlungen habe die Beklagte auch sämtliche Abschlagszahlungen für die Zeit ab 1. Januar 2006 an D. überwiesen. Soweit es daher zu einer Überzahlung aufgrund der Vorauszahlungen gekommen sei, könne der Erstattungsanspruch nicht gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden. Mit dem angefochtenen Bescheid werde ein Betrag zurückgefordert, der offensichtlich auch eine Überzahlung aus dem Quartal I/06 enthalte, die nicht zu Lasten des Klägers gegen könne. Der geforderte Betrag enthalte ferner Erstattungsansprüche, die sich aus einem Verhalten des früheren Gemeinschaftspraxispartners Dr. C. ergäben und von der Beklagten zu Insolvenztabelle angemeldet worden seien, damit könne der Kläger nicht noch einmal belastet werden. Das Sozialgericht sei fälschlich davon ausgegangen, dass bis zum Abschluss des Quartals I/06 seitens der KV eingehende Gelder auf ein Konto überwiesen worden seien, über welches er verfügen konnte. Dies sei nicht der Fall gewesen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Dezember 2011 und den Bescheid vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, an dem Bestehen der Berufsausübungsgemeinschaft und dem Vertragsarztstatus des Klägers bis 31. März 2006 könne es aufgrund des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 23. März 2006 keinen Zweifel geben. Die Überzahlungen hätten bereits im Quartal I/05 begonnen, zum Abschluss des Quartals IV/05 habe sie 21.820,63 EUR betragen und bis zum Ende des Quartal I/06 auf 31.035,55 EUR erhöht. Dazu sei eine Umbuchung zur zeitlichen Erstreckung der Überzahlung und Tilgung von 4.525,02 EUR gekommen, was insgesamt den Rückforderungsbetrag in Höhe von 36.560,55 EUR ergebe. Der Kläger und Dr. C. hätten als frühere Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gesamtschuldnerisch für den gesamten Rückforderungsbetrag einzustehen, aus der Insolvenz des Dr. C. ergebe sich nichts anderes. Die Honorarzahlungen seien zunächst auf das Konto Nr. xxx4 bei der K-Bank erfolgt, am 23. Januar 2006 habe sich die Bankverbindung auf das Konto Nr. xxx3 bei der J. Sparkasse geändert. Es ergebe sich darauf keine Änderung der rechtlichen Beurteilung. Die Zahlungen auf die zu erwartenden Honoraransprüche seien an und zugunsten der Berufsausübungsgemeinschaft des Klägers mit Dr. C. erfolgt, auch nach der Umstellung der Bankverbindung. Dies ergebe sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Abtretungs- und Freistellungsvereinbarung, nach der die Gemeinschaftspraxis weiterhin als Gemeinschaftspraxis auftrete bis zur Übertragung der Arztsitzes auf das MVZ, das eingerichtete Konto sei mit dem Verwendungszweck Gemeinschaftspraxis Dr. A. und Dr. C. geführt worden, was dokumentiere, dass die Berufsausübungsgemeinschaft auch nach dem Willen des Klägers weiterhin Empfängerin der Zahlungen gewesen sei. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass die Zahlungen an ihn weitergeleitet worden seien. Soweit sie in einem weiteren Schritt abgetreten worden seien, wirke diese Abtretung allein zwischen dem Kläger und D. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt seien §§ 45 ff. BMV-Ä analog, hilfsweise § 69 SGB V i. V. m. §§ 812 ff. SGB V. Auf § 50 Abs. 2 SGB X dürfe deshalb nicht zurückgegriffen werden, § 37 SGB I regele den Vorbehalt abweichender Regelungen, danach gälten das SGB I und SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des SGB, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergebe. Im Bereich der Berichtigung und Rückforderung der erweiterten Honorarverteilung würden §§ 45 SGB X durch die Vorschriften der sachlich-rechnerischen Richtigstellung verdrängt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil der Bescheid der Beklagten vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2010 sich als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Denn die Beklagte durfte den streitgegenständlichen Betrag von dem Kläger zurückfordern.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt ist § 50 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) analog. Danach sind Leistungen, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, zu erstatten.

Unter den Anwendungsbereich der Norm fallen nicht nur Sozialleistungen im engeren Sinne, sondern alle im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit nach dem Sozialgesetzbuch bewirkten Geld-, Sach- und Dienstleistungen und damit grundsätzlich auch die für die kassenärztliche Tätigkeit gezahlten Vergütungen (BSG, Urteil vom 1. Februar 1995, 6 RKa 9/94, SozR 3-2500 § 76 Nr. 2, zitiert nach Juris Rdnr. 13, i. E. ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. September 2006, L 4 KA 44/01).

Die Vorschrift wird entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gem. § 37 SGB I verdrängt durch die Vorschriften der sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä/§ 34 Abs. 4 Satz 1 EKV-Ä), weil es sich bei dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt nicht um eine Maßnahme der sachlich-rechnerischen Richtigstellung handelt.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä/§ 34 Abs. 4 Satz 1 EKV-Ä berichtigt die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei sachlich-rechnerischer Unrichtigkeit der Honorarforderung. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG verdrängen diese Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen hiervon abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I dar (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 R - BSGE 93, 69 ff.). Dies bedeutet insbesondere, dass die Vertrauensschutzregelungen des § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X ebenso wie die dort geregelten Fristen für das Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung keine Anwendung finden. Im Grundsatz einzige Voraussetzung der "umfassenden Berichtigungsbefugnis" der K(Z)ÄV (BSG, Urteil vom 30. Juni 2004, a. a. O.) ist demnach die Unrichtigkeit der Abrechnung. Um eine solche Berichtigung der Honorarforderung handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Bescheid vom Bescheid vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2010 jedoch nicht, vielmehr beruht die Rückforderung der Beklagten auf einer Überzahlung des Honorarkontos der früheren Gemeinschaftspraxis, die - was die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid selbst darlegt - im Wesentlichen auf Abschlagszahlungen beruhte, die durch das tatsächlich erwirtschaftete Honorar der Gemeinschaftspraxis nicht ausgeglichen wurden. Die Honorarabrechnungen für die Quartale II/05 bis I/06 als solche sind - abgesehen von einer Rückforderung für die Quartale II/05 und III/05 hinsichtlich Nr. 7.5 HVV - nach Angaben der Beklagten bestandskräftig und weder Gegenstand des streitgegenständlichen Verwaltungsakts noch des Rechtsstreits; insbesondere wurden die Quartalsabrechnungen durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt nicht berichtigt. Soweit die Honorarbescheide für die Quartale II/05 und IV/05 korrigiert wurden, erfolgte die Honorarberichtigung durch Korrekturbescheide vom 29. Juni 2006 (Quartal II/05) und vom 8. August 2007 (Quartal IV/05), nicht jedoch durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt. Auch im Übrigen ist dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt kein Verfügungssatz zu entnehmen, der die Änderungen einer (Quartals-)Honorarabrechnung beinhalten würde.

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 15. März 2006 (L 4 KA 8/05) als Rechtsgrundlage für eine Rückforderung einer Forderung aus der erweiterten Honorarverteilung die Vorschriften der sachlich-rechnerischen Richtigstellung herangezogen und ausgeführt hat, diese würden die §§ 45 ff. SGB X verdrängen, lag ein dem streitgegenständlichen nicht vergleichbarer Sachverhalt dem Urteil zugrunde: In der dem Urteil vom 15. März 2006 zugrunde liegenden Konstellation wurden die Quartalskontoauszüge hinsichtlich der Auszahlung des EHV-Honorars als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X qualifiziert, die den EHV-Grundbescheid hinsichtlich der Feststellung Höhe der EHV-Zahlungen in dem jeweiligen Quartal ergänzten und konkretisierten, und später durch den Rückforderungsbescheid im Wege der Honorarberichtigung korrigiert wurden. Demgegenüber ist den Kontoauszügen im vorliegenden Verfahren gegenüber den Quartalshonorarbescheiden kein eigenständiger Regelungsgehalt hinsichtlich der Höhe der Honorarforderung zu entnehmen, gegen die die geleisteten Abschlagszahlungen aufgerechnet wurden (zur Aufrechnung im Vertragsarztrecht vgl. BSG, Urteil vom 17. August 2011, B 6 KA 24/10 R).

§ 50 Abs. 2 SGB X wird auch nicht gem. § 37 SGB I durch § 69 SGB V i. V. m. §§ 812 ff. BGB verdrängt.

§ 69 SGB V in der hier maßgeblichen ab 1. April 2007 gültigen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007) lautet: "Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend; dies gilt nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind."

Die Vorschriften des BGB sind nur analog anwendbar, soweit sie mit den Grundprinzipien und der Funktionsteilung des Leistungserbringerrechts vereinbar sind. Über den Wortlaut von § 69 Abs. 1 SGB V hinaus sind neben den dort nicht genannten Vorschriften des SGB V sowie allgemeine Vorschriften des Sozialgesetzbuches anwendbar (Bäune in: Eichnhofer/Wenner: SGB V, § 69 Rdnr. 3, i. E. ebenso: Schuler in: LPK-SGB V, 4. Auflage 2012, § 69 Rdnr. 4). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005, B 3 KR 32/04 R, Juris Rdnr. 16 ff., vgl. auch BSG, Urteil vom 28. September 2005, B 6 KA 71/04 R, Juris Rdnr. 33 ff.) ist der Wortlaut des § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht eindeutig. Der Rückgriff auf die BGB-Vorschriften ist nur erlaubt, "soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind". Der insoweit nicht eindeutige Wortlaut ist jedoch nicht allein entscheidend. Zur Auslegung einer Vorschrift sind auch die Entstehungsgeschichte, der Sachzusammenhang sowie Sinn und Zweck zu berücksichtigen. Diese Auslegungskriterien führen jedenfalls dazu, die Regelung des § 69 Satz 3 SGB V einengend zu interpretieren (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005, B 3 KR 32/04 R, Juris Rdnr. 18). Die Neufassung des § 69 SGB V durch das GKVRefG 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2626) hat der Beseitigung einer unklaren Rechtslage gedient, und zwar gleichermaßen in prozessualer und materieller Hinsicht. Insbesondere hat die Neufassung des § 69 SGB V durch das GKVRefG 2000 den Zweck gehabt klarzustellen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden zu den Leistungserbringern in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag eingebunden und deshalb allein sozialversicherungsrechtlicher und nicht privatrechtlicher Natur sind, sodass u. a. die Krankenkassen auch in wettbewerbs- und kartellrechtlicher Hinsicht nicht als Unternehmen i. S. des Privatrechts handeln (BSG, Urteil vom 28. September 2005, B 6 KA 71/04 R, Juris Rdnr. 35). Diese Zielsetzung der Neufassung des § 69 SGB V durch das GKVRefG 2000 schließt es aus, aus der Neufassung des § 69 SGB V Rückschlüsse auf eine Absicht des Gesetzgebers zur Änderung der bisherigen Rechtspraxis (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Februar 1995, 6 RKa 9/94 zur Anwendbarkeit von § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X im Falle Abrechnung kassenärztlicher Leistungen, über die kein Verwaltungsakt erlassen worden ist, vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. September 2006, L 4 KA 44/01) hinsichtlich der Rückforderung überzahlter Honorarzahlungen zu ziehen. Gerade unter Berücksichtigung des unbestritten öffentlich-rechtlichen und subordinationsrechtlichen Gepräges der Rechtsbeziehung zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Vertragsärzten ist nicht ersichtlich, warum die Vorschriften des Sozialverwaltungsverfahrens nicht zur Anwendung kommen sollten. Dies entspricht im Übrigen auch der gegenwärtigen Rechtspraxis (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005, B 6 KA 17/05 R Rdnr. 38, Anwendung von § 50 Abs. 1 SGB X bei der Rückforderung überzahlten Honorars im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung).

Die Voraussetzungen von § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X in seiner direkten Anwendung sind nicht erfüllt. Die mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung ist zwar ohne Verwaltungsakt, jedoch nicht zu Unrecht gezahlt worden. Er setzt sich zusammen aus Honorarabschlagszahlungen für die Quartale II/05 bis I/06, die die jeweiligen - durch Honorarbescheide für die jeweiligen Quartale festgestellten - Honoraransprüche der Berufsausübungsgemeinschaft in Höhe von 36.560,55 EUR übersteigen, hinsichtlich der Zusammensetzung der Forderung wird auf die zutreffende Darstellung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG. Damit handelt es sich bei Abschlagszahlungen um Zahlungen, die auf (zukünftige) vertragsärztliche Honorarforderungen geleistet wurden, nicht mithin um eine "zu Unrecht" erbrachte Leistung, denn sie ist nicht rechtswidrig erfolgt. Indessen fehlt es an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Erstattungsforderung, da in der jeweiligen Höhe den Honorarabschlagszahlungen kein Honoraranspruch der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüberstand. Wegen der insoweit dem direkten Anwendungsbereich von § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X vergleichbaren Interessenlage hält der Senat daher eine analoge Anwendung der Vorschrift für angezeigt.

Der Erstattungsanspruch gegen den Kläger wegen der überzahlten Abschlagszahlungen analog § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X unterliegt nicht den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 45 und 48 SGB X i. V. m. § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X, denn den Abschlagszahlungen als Vorschuss auf den Honoraranspruch, der frühestens mit dem Erlass des Honorarbescheids fällig wird (näher hierzu BSG, Urteil vom 3. Februar 2010, B 6 KA 30/08 R, juris RdNr. 35 m. w. N.), ist ein Rückforderungsvorbehalt bereits immanent. Ferner ist § 42 Abs. 2 SGB I als gesetzliches Regelbeispiel heranzuziehen, wonach Vorschüsse auf die zustehenden Leistungen anzurechnen und, soweit sie die Leistung übersteigen, vom Empfänger zu erstatten sind. Die Regelung des § 42 Abs. 2 SGB I findet Anwendung zwar nur auf Sozialleistungen, zu denen der vertragsärztliche Honoraranspruch nicht gehört, die Abschlagszahlungen auf die vertragsärztliche Honorarforderung ist der Vorschussleistung auf Sozialleistungen jedoch hinsichtlich der Vorläufigkeit der Leistung/Zahlung wesensgleich, so dass es gerechtfertigt ist, das Entstehen des Erstattungsanspruchs einer Kassenärztlichen Vereinigung gegen einen Vertragsarzt ebenso wie das Entstehen eines Erstattungsanspruchs eines Sozialleistungsträgers gegen den Empfänger einer Vorschussleistung nicht von Vertrauensschutzgesichtspunkten oder sonstigen einschränkenden Voraussetzungen der §§ 45 und 48 SGB X abhängig zu machen.

Die Beklagte war auch berechtigt, die Honorarforderung gegenüber dem Kläger geltend zumachen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide, die Quartale betreffen, in denen eine Praxis als Berufsausübungsgemeinschaft geführt wurde, nicht an die Berufsausübungsgemeinschaft, sondern an einen der Partner gerichtet werden (vgl. BSGE 89, 90, 93 = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3 S. 6, BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr. 4 Rdnr. 30). Die Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft können jeder für sich in Anspruch genommen werden (BSGE 89, 90, 92 = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3 S. 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 26 Rdnr. 16; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr. 4 Rdnr. 30).

Entgegen der Auffassung des Klägers steht die Insolvenz des Dr. C. seiner Inanspruchnahme nicht entgegen. Insbesondere liegt kein Fall von § 93 InsO vor, nach dem die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann, denn es ist nicht etwa das Insolvenzverfahren über das Vermögen der (zwischenzeitlich aufgelösten) Berufsausübungsgemeinschaft zwischen dem Kläger und Dr. C. eröffnet, sondern allein Dr. C. ist in Privatinsolvenz gefallen. Die Sperrwirkung des § 93 InsO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012, IX ZR 217/11), die zum Verlust der Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis der Gesellschaftsgläubiger für die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen die Gesellschafter führt, tritt hier nicht ein.

Auch die vom Kläger mit der D. Klinik A-Stadt GmbH geschlossene Abtretungsvereinbarung, die die Beklagte nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers genehmigt hat, steht einer Inanspruchnahme des Klägers nicht entgegen. Denn zunächst bezieht sich gem. § 398 BGB ein Abtretungsvertrag stets auf eine Forderung des Gläubigers und nicht auf eine Forderung, der sich dieser als Schuldner ausgesetzt sieht, und bewirkt daher immer nur einen Wechsel in der Person des Gläubigers, nicht des Schuldners. Darüber hinaus bezieht sich die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH lediglich auf Rechte und Pflichten an dem Konto Nr. xxx3 bei der J. Sparkasse A-Stadt und auf alle "geldwerten" Vorteile, "die durch Leistungen des Teilbetriebs H Straße nach dem 31. Dezember 2005 begründet werden". Eine Schuldübernahme gem. § 414 BGB, bei der ein Dritter (hier: die D. Klinik A-Stadt GmbH) an die Stelle des Schuldners (hier: des Klägers) getreten wäre, ist ein der Abtretungs- und Freistellungsvereinbarung hinsichtlich der streitgegenständlichen Überzahlung nicht gegeben, denn ersichtlich haben sich die Vertragsparteien der Vereinbarung nicht über die sich aus dem Teilbetrieb H-Straße (dem Sitz der Berufsausübungsgemeinschaft) ergebenden finanziellen Belastungen geeinigt. Soweit ein Übergang auch von Pflichten an dem Konto bei der J. Sparkasse vereinbart wurde, beinhaltet dies nicht zugleich auch die Pflichten, d. h. die Haftung, aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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