Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1244/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4218/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 06.09.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1952 geborene Klägerin absolvierte von August 1967 bis Januar 1971 eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin und war bis Juni 1982 in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juni 1982 bis 1984 war die Klägerin Hausfrau und danach von 1984 bis 2005 medizinische Fußpflegerin in Teilzeit. Seit dem 15.04.2001 übte die Klägerin eine Teilzeit - Tätigkeit als Putzfrau bei der J.-Diakonie M. im Sch. H. in Sch. aus. Von November 2008 an befand sich die Klägerin in Altersteilzeit. Ab dem 26.01.2010 bestand Arbeitsunfähigkeit. Seit 01.08.2013 bezieht die Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. In der Zeit vom 08.09.2005 bis 07.09.2010 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden.
Im September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und legte hierzu umfangreiche Befundberichte und Beschreibungen der Erkrankungen CREST - Syndrom, Chronique Fatigue - Syndrom (CFS) sowie Multiple Chemical Sensitivity Syndrom (MCS) vor. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 69 - 252 der Verwaltungsakte verwiesen. Die Beklagte ließ die Klägerin durch Dr B., Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin und Betriebsmedizin aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 13.10.2010 begutachten. Dr. B. diagnostizierte eine Somatisierungsstörung, einen Verdacht auf ein inkomplettes CREST-Syndrom mit Angaben eines Raynaud-Syndroms sowie Handwarzen und hielt die Klägerin für noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.11.2010 ab.
Die Klägerin erhob hiergegen am 17.11.2010 Widerspruch und führte zur Begründung an, dass die Leistungsbeurteilung von Dr. B. unzutreffend sei und sie seit geraumer Zeit an einer Fibromyalgie, einem CFS sowie einem MCS - Syndrom leide. Es bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin reichte einen Bericht über eine testpsychologische Untersuchung durch den Diplom-Psychologen Dr. K. im Rahmen einer Behandlung beim Nervenarzt Dr. Bi. vom 23.11.2010 sowie einen Entlassbericht über eine stationäre Behandlung vom 11.08. bis zum 31.08.2010 in der Spezialklinik N. Haus R. zu den Akten (vgl Blatt 361 - 390).
Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Gutachters Dr. B. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2011 zurück.
Die Klägerin hat am 07.04.2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Das SG hat sachverständige Zeugenaussagen aus einem parallel anhängigen Verfahren über die Höhe des Grades der Behinderung mit dem Aktenzeichen S 3 SB 4438/10 beigezogen. Bezüglich der Aussagen von Dr. G., Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, wird auf Blatt 81 - 106 der SG-Akte, von Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Homöopathie und Akkupunktur, auf Blatt 107 - 162 der SG-Akte, des Orthopäden Dr. V. auf Blatt 163 - 176 der SG-Akte und von Prof. Dr. H., Internist, Nephrologe und Umweltmediziner, auf Blatt 177 - 215 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat den Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 28.10.2011 erstellten Gutachten hat Dr. Schn. eine Somatisierungsstörung, eine somatoforme Störung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, laut Aktenlage ein inkomplettes CREST-Syndrom, einen Verdacht auf Raynaud-Syndrom, eine Lendenwirbelkörper-4-Fraktur ohne sensomotorische Ausfälle, eine bekannte Daumensattelgelenks- und Fingerpolyarthrose beidseits, ein grenzwertig niedriges Gewicht sowie ein Hautwarzenleiden diagnostiziert. Der Klägerin sei noch ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von ca acht Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar.
Das SG hat Prof. Dr. L. mit der Erstellung eines rheumatologischen Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt. Prof. Dr. L. hat in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 27.03.2012 erstellten Gutachten ausgeführt, dass ein inkomplettes CREST-Syndrom, eine Rhiz- bzw Sattelgelenksarthrose, eine Impressionsfraktur des vierten Lendenwirbelkörpers, eine Leukopenie, Warzen, eine arterielle Hypertonie sowie ein leichtes bis mäßiges Untergewicht bestünden. Da das inkomplette CREST-Syndrom als rheumatologische Grunderkrankung derzeit nicht aktiv sei, sei die Klägerin in der Lage, acht Stunden täglich zu arbeiten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach den Ermittlungen und den Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung bestehe.
Die Klägerin hat gegen das am 12.09.2012 zugestellte Urteil am 09.10.2012 Berufung erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. dem bei der Klägerin vorliegendem Beschwerdebild einer Polymyalgie, eines CFS, eines MCS - Syndroms in Kombination mit einem inkompletten CREST-Syndrom nicht gerecht würden. Der medizinische Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt. Es seien weitere fachärztliche Gutachten, insbesondere im Hinblick auf die MCS- sowie CFS-Erkrankung einzuholen. Die Auffassung von Dr. Schn., dass es sich bei dem MCS nicht um eine anerkannte definierte Erkrankung handle, sei medizinisch und rechtlich nicht haltbar, da die MCS- und CFS-Erkrankung schon seit über zwei Jahrzehnten im ICD 10 GM klassifiziert seien. Das Gutachten sei daher als Grundlage zur Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin nicht geeignet. Prof. Dr. L. sei in seinem Gutachten auf das Beschwerdebild des inkompletten CREST-Syndroms eingegangen. Bezüglich der CFS-Erkrankung und der MCS-Erkrankung habe er auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. Schn. verwiesen, ohne sich hiermit kritisch auseinanderzusetzen. Widersprüchlicherweise habe er jedoch bestätigt, dass die Klägerin im ALCAT-Test eine sehr starke Reaktion ua gegen Benzol aufgewiesen habe, was wiederum gerade für das Vorliegen der MCS-Erkrankung spreche. Das für das Leistungsvermögen maßgebliche Beschwerdebild habe somit überhaupt keine Berücksichtigung in den Gutachten gefunden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 06.09.2012 sowie den Bescheid vom 09.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2011 aufzuheben und der Klägerin eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2010 zu gewähren, hilfsweise Prof. Dr. H. nach § 109 SGG gutachterlich zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. Schn. eingeholt. Dieser hat am 27.12.2012 ausgeführt, dass die Beschwerdebilder des CFS und MCS schulmedizinisch nicht anerkannt seien. Krankheitsbilder mit einer Fatique-Symptomatik, wie beispielsweise eine Tumorerkrankung oder entzündliche Erkrankung des Gehirns, lägen bei der Klägerin nicht vor. Aus der Berufungsbegründung ergebe sich im Ergebnis keine anderweitige Leistungsbeurteilung als die, die er in seinen Gutachten getroffen habe.
Die Klägerin hat am 07.05.2013 die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei Prof. Dr. H., Internist, Nephrologe und Umweltmediziner, beantragt.
Mit Verfügung vom 07.05.2013 hat der Senat darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (13.11.2012, L 11 R 5317/10, juris) das Recht nach § 109 SGG grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zustehe. Es handle sich bei § 109 SGG um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen sei. Eine wiederholte Antragsstellung nach § 109 SGG sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt, welche vorliegend nicht ersichtlich seien.
Mit Schriftsatz vom 22.05.2013 hat die Klägerin vorgetragen, dass im vorliegenden Fall angesichts des komplexen Beschwerdebildes im Sinne einer Polymyalgie, eines CFS und eines MCS - Syndroms besondere Umstände für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG gegeben seien. Prof. Dr. H. sei als Umweltmediziner ein Sachverständiger, der in diesem Zusammenhang nicht den Facharztgruppen der zuvor gehörten Sachverständigen Dr. Schn. und Prof. Dr. L. angehöre. Das Beschwerdebild sei noch nicht ausreichend erfasst, so dass der Sachverhalt auch weiterhin von Amts wegen zu ermitteln sei.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 13.08.2013 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beginnend ab dem 01.08.2013 gewährt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Klägerin noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord und Fließbandarbeit, ohne Nachtschicht sowie ohne Exposition gegenüber toxischen Stoffen oder Chemikalien, ohne Tätigkeiten mit psychischer Belastung oder Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Die Klägerin ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Bei der Klägerin liegt zur Überzeugung des Senats eine Somatisierungsstörung vor, welche jedoch nicht zur Annahme einer Erwerbsminderung führt. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die von Dr. Schn. in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 28.10.2011 erhobenen Befunde. Die Klägerin hat sich bei der Untersuchung durch Dr. Schn. in einem guten körperlichen Allgemeinzustand gezeigt. Bei der neurologischen Untersuchung konnte kein pathologischer Befund erhoben werden. Eine Störung der Auffassung, Konzentration oder eine hirnorganische Symptomatik lag nicht vor. Die insbesondere von Dr. Bi. in seinen Befundberichten immer wieder angeführte Polyneuropathie, Myopathie sowie der Leistungsabfall und die Depressivität konnten somit bei der fachspezifischen Untersuchung durch Dr. Schn. nicht verifiziert worden. Der Senat ist jedoch auch nach den anamnestischen Angaben der Klägerin bei Dr. Schn. davon überzeugt, dass eine schwerwiegende depressive oder neurologische Symptomatik nicht vorliegt. Die Klägerin erledigt den Haushalt und das Einkaufen noch selbständig und kümmert sich um ihren Vater. Sie hat gute soziale Kontakte bei der Anamnese bei Dr. Schn. bestätigt. Ein sozialer Rückzug oder eine soziale Isolation sind nicht zu erkennen. Für die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden gibt es kein somatisches Korrelat, so dass Dr. Schn. - wie auch Dr. B. im Verwaltungsverfahren - aus Sicht des Senats überzeugend eine Somatisierungsstörung diagnostiziert haben. Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet keine pathologischen Befunde oder Anzeichen für eine Depression bestätigen. Die Klägerin nimmt auch keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung wahr, sondern weist vielmehr eine nervenärztliche Ursache der Symptomatik von sich. Soweit die Klägerin im Klageverfahren bezüglich der Gutachten von Dr. B. und insbesondere auch von Dr. Schn. bemängelt, dass diese die Auswirkungen des Chronic Fatique bzw MCS-Syndrom verkannt haben, ist dem zu entgegnen, dass sich beide Gutachter eingehend mit dem Symptombild des MCS sowie des CFS auseinandergesetzt haben. Bezüglich des CFS hat Dr. Schn. schlüssig ausgeführt, dass nach dem klinischen Bild die von der Klägerin vorgegebene Ermüdung nicht mit einem Krankheitsbild einer Tumorerkrankung oder einer entzündlichen Erkrankung des Gehirns in Einklang zu bringen ist und somit eine objektive Ursache hierfür nach den erhobenen Befunden nicht gegeben ist. Auch die von der Klägerin angegebene Ermüdbarkeit ordnet der Senat somit dem Symptomkomplex der Somatisierungsstörung zu. Bezüglich des MCS haben alle gehörten Gutachter ausgeführt, dass es sich nicht um eine anerkannte und definierte Erkrankung handelt. Die von der Klägerin vorgetragenen Klassifizierung im ICD 10 GM, bedingt für den Senat keine anderweitige Beurteilung des Sachverhalts, denn auch im Rahmen der Klassifizierung ist das MCS nicht als selbständiges Erkrankungsbild, sondern entweder als nicht näher bezeichnete Allergie oder ein Symptom einer Somatisierungserkrankung eingestuft. Unabhängig von dem Streit um die Anerkennung des MCS als eigenständiges Krankheitsbild nimmt die Klägerin jedoch wegen der Auswirkungen desselben keine engmaschige Behandlung in Anspruch. Die Klägerin hat bei Dr. Schn. am 28.10.2011 angegeben, dass sie derzeit nur von Dr. Bi., und dies zuletzt im Mai 2011 behandelt wird. Eine intensive Therapie ist deshalb nicht ersichtlich.
Das des Weiteren bei der Klägerin bestehende inkomplette CREST-Syndrom bedingt ebenfalls keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Den Befunden von Prof. Dr. L. ist zu entnehmen, dass sämtliche Extremitäten und insbesondere auch die Hand- und Fingergelenke sich ohne Bewegungseinschränkung gezeigt haben. Für die vorgegebene Beschwerdesymptomatik konnte auch Prof. Dr. L. kein objektives somatisches Korrelat finden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausführlich dargelegt, dass das inkomplette CREST-Syndrom (nur das Diagnosekriterium eines Raynaud-Syndroms war erfüllt) aus rheumatologischer Sicht derzeit nicht aktiv ist und damit nicht zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führt. Durch die bestehende Rhizarthrose ist die Klägerin lediglich nicht in der Lage, feinmanuelle Tätigkeiten durchzuführen und darf keine schwere Lasten tragen. Dies zeigen auch die Befundberichte, welche im Rahmen der sachverständigen Zeugenaussagen vom SG beigezogen wurden. Dr. Br., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat am 29.10.2010 mitgeteilt, dass eine Myelopathie oder eine Polyneuropathie nicht diagnostiziert werden kann. Eine obstruktive Ventilationsstörung oder eine koronare Herzerkrankung wurde von Dr. D., Kardiologe, am 08.07.2010 ausgeschlossen. Auch Dr. B. weist zutreffend darauf hin, dass aktuell keine Leukozytopenie, Sklerodemie, Xerostomie oder Fingerkuppennekrose als schwerwiegende Folgen des CREST-Syndroms bzw Ranaud-Syndroms vorliegen. Eine Organbeteiligung oder kardiopulmonale Erkrankungen sind somit nicht gegeben, so dass eine zeitliche Leistungseinschränkung ausscheidet. Dasselbe gilt für die Warzen, insbesondere an der rechten Hand und dem rechten Arm, welche derzeit nicht behandelt werden. Bezüglich der Lendenwirbelkörper-4-Fraktur ist eine aktuelle Beschwerdesymptomatik befundmäßig nicht gesichert und eine aktuelle Behandlung wird nicht durchgeführt.
Durch die vom SG und vom Senat durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung, insbesondere des behandelnden Arztes Dr. Bi. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Die von Dr. Bi. gestellten Diagnosen konnten bei den fachspezifischen Gutachten nicht bestätigt werden und es findet keine fachärztliche Therapie statt.
Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin für leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. an. Die Klägerin ist mithin in der Lage unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss der Klägerin eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Die Klägerin kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sogenannten qualitativen Leistungseinschränkungen gehen aber noch nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit dem Heben schwerer Lasten oder vermehrt wirbelsäulenbelasteten Tätigkeiten (Gutachten Dr. B. sowie Gutachten Dr. Schn.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Arbeiten in Nässe und Kälte, beides ganz allgemein der Gesundheit abträglich, versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist auch noch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.
Die Klägerin ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem September 2010 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); sie hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1952 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Die Klägerin kann nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Putzfrau auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verwiesen werden. Derartige leichte Tätigkeiten kann die Klägerin, wie bereits ausgeführt, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. in Verbindung mit dem Verwaltungsgutachten von Dr. B. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Der Senat war auch nicht verpflichtet, dem wiederholten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG nachzukommen. Der Antrag der Klägerin, Prof. Dr. H. gemäß § 109 SGG gutachterlich zu hören, wird daher abgelehnt. Der Senat hat bereits auf die Rechtsprechung des BSG (vgl BSG 17.03.2010, B 3 P 33/09 B, juris sowie LSG Baden-Württemberg 13.11.2012, L 11 R 5317/10, juris) hingewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht dem Versicherten das Recht, die gutachterliche Anhörung eines bestimmten Arztes zu beantragen, nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung. Bei § 109 SGG handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände. Dem Vortrag der Klägerin, dass die Komplexität des Beschwerdebildes der Polymyalgie, CFS und MCS ein solcher besonderer Umstand sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Angesichts der Vielfältigkeit des Beschwerdebildes eines MCS-Syndroms, welches einer der wesentlichen Gründe für die bisher fehlende schulmedizinische Anerkennung und Klassifizierung ist, ist die von der Klägerin behauptete Zuordnung des Beschwerdebilds in den Bereich der Umweltmedizin nicht überzeugend. Das Fehlen einer allgemein anerkannten Theorie zu den Krankheitsmechanismen sowie von validierten Kriterien für die klinische Diagnostik führt vielmehr dazu, dass die Symptomatik derzeit den Somatisierungsstörungen zugeordnet wird. Diesbezüglich wurde bereits das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. Schn. von Amts wegen eingeholt. Auf nervenfachärztlichem Gebiet ist somit eine Sachverhaltsaufklärung erfolgt. Die Klägerin bemängelt daher keine Lücke in der Sachverhaltsaufklärung, sondern zielt vielmehr auf eine weitere ärztliche Bewertung ab. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein sogenanntes Obergutachten ist jedoch durch das SGG und auch in der Rechtsprechung des BSG (BSG 2305.2006, B 13 RJ 272/05 B, juris) nicht vorgesehen. Bezüglich der von der Klägerin vorgetragenen Polymyalgie sowie Chronic Fatique konnten diese diagnostisch durch die bisherigen Gutachten nicht bestätigt werden. Auch diesbezüglich sind somit keine besonderen Umstände, welche die wiederholte Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG rechtfertigen könnten, ersichtlich. Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin auch widersprüchlich. Im Schriftsatz vom 12.12.2011 wird ausgeführt, die Haupterkrankung bestehe in einem inkompletten CREST-Syndrom. Dieses Krankheitsbild wurde der Rheumatologie zugeordnet. Nunmehr wird vorgetragen, maßgeblich sei das komplette Beschwerdebild eines Polymyalgie-, Chronice Fatique- und Multiplen Chemical Sensitivity-Syndroms. Auch das letztgenannte Beschwerdebild wurde jedoch von den bisherigen Ermittlungen vollständig abgedeckt. Hierfür bedarf es keines umweltmedizinischen Gutachtens. Entscheidend ist nicht die Ursache einer Erkrankung, sondern das Ausmaß der durch die Erkrankung bedingten Funktionseinschränkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1952 geborene Klägerin absolvierte von August 1967 bis Januar 1971 eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin und war bis Juni 1982 in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juni 1982 bis 1984 war die Klägerin Hausfrau und danach von 1984 bis 2005 medizinische Fußpflegerin in Teilzeit. Seit dem 15.04.2001 übte die Klägerin eine Teilzeit - Tätigkeit als Putzfrau bei der J.-Diakonie M. im Sch. H. in Sch. aus. Von November 2008 an befand sich die Klägerin in Altersteilzeit. Ab dem 26.01.2010 bestand Arbeitsunfähigkeit. Seit 01.08.2013 bezieht die Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. In der Zeit vom 08.09.2005 bis 07.09.2010 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden.
Im September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und legte hierzu umfangreiche Befundberichte und Beschreibungen der Erkrankungen CREST - Syndrom, Chronique Fatigue - Syndrom (CFS) sowie Multiple Chemical Sensitivity Syndrom (MCS) vor. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 69 - 252 der Verwaltungsakte verwiesen. Die Beklagte ließ die Klägerin durch Dr B., Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin und Betriebsmedizin aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 13.10.2010 begutachten. Dr. B. diagnostizierte eine Somatisierungsstörung, einen Verdacht auf ein inkomplettes CREST-Syndrom mit Angaben eines Raynaud-Syndroms sowie Handwarzen und hielt die Klägerin für noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.11.2010 ab.
Die Klägerin erhob hiergegen am 17.11.2010 Widerspruch und führte zur Begründung an, dass die Leistungsbeurteilung von Dr. B. unzutreffend sei und sie seit geraumer Zeit an einer Fibromyalgie, einem CFS sowie einem MCS - Syndrom leide. Es bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin reichte einen Bericht über eine testpsychologische Untersuchung durch den Diplom-Psychologen Dr. K. im Rahmen einer Behandlung beim Nervenarzt Dr. Bi. vom 23.11.2010 sowie einen Entlassbericht über eine stationäre Behandlung vom 11.08. bis zum 31.08.2010 in der Spezialklinik N. Haus R. zu den Akten (vgl Blatt 361 - 390).
Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Gutachters Dr. B. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2011 zurück.
Die Klägerin hat am 07.04.2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Das SG hat sachverständige Zeugenaussagen aus einem parallel anhängigen Verfahren über die Höhe des Grades der Behinderung mit dem Aktenzeichen S 3 SB 4438/10 beigezogen. Bezüglich der Aussagen von Dr. G., Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, wird auf Blatt 81 - 106 der SG-Akte, von Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Homöopathie und Akkupunktur, auf Blatt 107 - 162 der SG-Akte, des Orthopäden Dr. V. auf Blatt 163 - 176 der SG-Akte und von Prof. Dr. H., Internist, Nephrologe und Umweltmediziner, auf Blatt 177 - 215 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat den Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 28.10.2011 erstellten Gutachten hat Dr. Schn. eine Somatisierungsstörung, eine somatoforme Störung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, laut Aktenlage ein inkomplettes CREST-Syndrom, einen Verdacht auf Raynaud-Syndrom, eine Lendenwirbelkörper-4-Fraktur ohne sensomotorische Ausfälle, eine bekannte Daumensattelgelenks- und Fingerpolyarthrose beidseits, ein grenzwertig niedriges Gewicht sowie ein Hautwarzenleiden diagnostiziert. Der Klägerin sei noch ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von ca acht Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar.
Das SG hat Prof. Dr. L. mit der Erstellung eines rheumatologischen Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt. Prof. Dr. L. hat in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 27.03.2012 erstellten Gutachten ausgeführt, dass ein inkomplettes CREST-Syndrom, eine Rhiz- bzw Sattelgelenksarthrose, eine Impressionsfraktur des vierten Lendenwirbelkörpers, eine Leukopenie, Warzen, eine arterielle Hypertonie sowie ein leichtes bis mäßiges Untergewicht bestünden. Da das inkomplette CREST-Syndrom als rheumatologische Grunderkrankung derzeit nicht aktiv sei, sei die Klägerin in der Lage, acht Stunden täglich zu arbeiten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach den Ermittlungen und den Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung bestehe.
Die Klägerin hat gegen das am 12.09.2012 zugestellte Urteil am 09.10.2012 Berufung erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. dem bei der Klägerin vorliegendem Beschwerdebild einer Polymyalgie, eines CFS, eines MCS - Syndroms in Kombination mit einem inkompletten CREST-Syndrom nicht gerecht würden. Der medizinische Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt. Es seien weitere fachärztliche Gutachten, insbesondere im Hinblick auf die MCS- sowie CFS-Erkrankung einzuholen. Die Auffassung von Dr. Schn., dass es sich bei dem MCS nicht um eine anerkannte definierte Erkrankung handle, sei medizinisch und rechtlich nicht haltbar, da die MCS- und CFS-Erkrankung schon seit über zwei Jahrzehnten im ICD 10 GM klassifiziert seien. Das Gutachten sei daher als Grundlage zur Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin nicht geeignet. Prof. Dr. L. sei in seinem Gutachten auf das Beschwerdebild des inkompletten CREST-Syndroms eingegangen. Bezüglich der CFS-Erkrankung und der MCS-Erkrankung habe er auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. Schn. verwiesen, ohne sich hiermit kritisch auseinanderzusetzen. Widersprüchlicherweise habe er jedoch bestätigt, dass die Klägerin im ALCAT-Test eine sehr starke Reaktion ua gegen Benzol aufgewiesen habe, was wiederum gerade für das Vorliegen der MCS-Erkrankung spreche. Das für das Leistungsvermögen maßgebliche Beschwerdebild habe somit überhaupt keine Berücksichtigung in den Gutachten gefunden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 06.09.2012 sowie den Bescheid vom 09.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2011 aufzuheben und der Klägerin eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2010 zu gewähren, hilfsweise Prof. Dr. H. nach § 109 SGG gutachterlich zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. Schn. eingeholt. Dieser hat am 27.12.2012 ausgeführt, dass die Beschwerdebilder des CFS und MCS schulmedizinisch nicht anerkannt seien. Krankheitsbilder mit einer Fatique-Symptomatik, wie beispielsweise eine Tumorerkrankung oder entzündliche Erkrankung des Gehirns, lägen bei der Klägerin nicht vor. Aus der Berufungsbegründung ergebe sich im Ergebnis keine anderweitige Leistungsbeurteilung als die, die er in seinen Gutachten getroffen habe.
Die Klägerin hat am 07.05.2013 die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei Prof. Dr. H., Internist, Nephrologe und Umweltmediziner, beantragt.
Mit Verfügung vom 07.05.2013 hat der Senat darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (13.11.2012, L 11 R 5317/10, juris) das Recht nach § 109 SGG grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zustehe. Es handle sich bei § 109 SGG um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen sei. Eine wiederholte Antragsstellung nach § 109 SGG sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt, welche vorliegend nicht ersichtlich seien.
Mit Schriftsatz vom 22.05.2013 hat die Klägerin vorgetragen, dass im vorliegenden Fall angesichts des komplexen Beschwerdebildes im Sinne einer Polymyalgie, eines CFS und eines MCS - Syndroms besondere Umstände für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG gegeben seien. Prof. Dr. H. sei als Umweltmediziner ein Sachverständiger, der in diesem Zusammenhang nicht den Facharztgruppen der zuvor gehörten Sachverständigen Dr. Schn. und Prof. Dr. L. angehöre. Das Beschwerdebild sei noch nicht ausreichend erfasst, so dass der Sachverhalt auch weiterhin von Amts wegen zu ermitteln sei.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 13.08.2013 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beginnend ab dem 01.08.2013 gewährt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Klägerin noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord und Fließbandarbeit, ohne Nachtschicht sowie ohne Exposition gegenüber toxischen Stoffen oder Chemikalien, ohne Tätigkeiten mit psychischer Belastung oder Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Die Klägerin ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Bei der Klägerin liegt zur Überzeugung des Senats eine Somatisierungsstörung vor, welche jedoch nicht zur Annahme einer Erwerbsminderung führt. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die von Dr. Schn. in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 28.10.2011 erhobenen Befunde. Die Klägerin hat sich bei der Untersuchung durch Dr. Schn. in einem guten körperlichen Allgemeinzustand gezeigt. Bei der neurologischen Untersuchung konnte kein pathologischer Befund erhoben werden. Eine Störung der Auffassung, Konzentration oder eine hirnorganische Symptomatik lag nicht vor. Die insbesondere von Dr. Bi. in seinen Befundberichten immer wieder angeführte Polyneuropathie, Myopathie sowie der Leistungsabfall und die Depressivität konnten somit bei der fachspezifischen Untersuchung durch Dr. Schn. nicht verifiziert worden. Der Senat ist jedoch auch nach den anamnestischen Angaben der Klägerin bei Dr. Schn. davon überzeugt, dass eine schwerwiegende depressive oder neurologische Symptomatik nicht vorliegt. Die Klägerin erledigt den Haushalt und das Einkaufen noch selbständig und kümmert sich um ihren Vater. Sie hat gute soziale Kontakte bei der Anamnese bei Dr. Schn. bestätigt. Ein sozialer Rückzug oder eine soziale Isolation sind nicht zu erkennen. Für die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden gibt es kein somatisches Korrelat, so dass Dr. Schn. - wie auch Dr. B. im Verwaltungsverfahren - aus Sicht des Senats überzeugend eine Somatisierungsstörung diagnostiziert haben. Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet keine pathologischen Befunde oder Anzeichen für eine Depression bestätigen. Die Klägerin nimmt auch keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung wahr, sondern weist vielmehr eine nervenärztliche Ursache der Symptomatik von sich. Soweit die Klägerin im Klageverfahren bezüglich der Gutachten von Dr. B. und insbesondere auch von Dr. Schn. bemängelt, dass diese die Auswirkungen des Chronic Fatique bzw MCS-Syndrom verkannt haben, ist dem zu entgegnen, dass sich beide Gutachter eingehend mit dem Symptombild des MCS sowie des CFS auseinandergesetzt haben. Bezüglich des CFS hat Dr. Schn. schlüssig ausgeführt, dass nach dem klinischen Bild die von der Klägerin vorgegebene Ermüdung nicht mit einem Krankheitsbild einer Tumorerkrankung oder einer entzündlichen Erkrankung des Gehirns in Einklang zu bringen ist und somit eine objektive Ursache hierfür nach den erhobenen Befunden nicht gegeben ist. Auch die von der Klägerin angegebene Ermüdbarkeit ordnet der Senat somit dem Symptomkomplex der Somatisierungsstörung zu. Bezüglich des MCS haben alle gehörten Gutachter ausgeführt, dass es sich nicht um eine anerkannte und definierte Erkrankung handelt. Die von der Klägerin vorgetragenen Klassifizierung im ICD 10 GM, bedingt für den Senat keine anderweitige Beurteilung des Sachverhalts, denn auch im Rahmen der Klassifizierung ist das MCS nicht als selbständiges Erkrankungsbild, sondern entweder als nicht näher bezeichnete Allergie oder ein Symptom einer Somatisierungserkrankung eingestuft. Unabhängig von dem Streit um die Anerkennung des MCS als eigenständiges Krankheitsbild nimmt die Klägerin jedoch wegen der Auswirkungen desselben keine engmaschige Behandlung in Anspruch. Die Klägerin hat bei Dr. Schn. am 28.10.2011 angegeben, dass sie derzeit nur von Dr. Bi., und dies zuletzt im Mai 2011 behandelt wird. Eine intensive Therapie ist deshalb nicht ersichtlich.
Das des Weiteren bei der Klägerin bestehende inkomplette CREST-Syndrom bedingt ebenfalls keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Den Befunden von Prof. Dr. L. ist zu entnehmen, dass sämtliche Extremitäten und insbesondere auch die Hand- und Fingergelenke sich ohne Bewegungseinschränkung gezeigt haben. Für die vorgegebene Beschwerdesymptomatik konnte auch Prof. Dr. L. kein objektives somatisches Korrelat finden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausführlich dargelegt, dass das inkomplette CREST-Syndrom (nur das Diagnosekriterium eines Raynaud-Syndroms war erfüllt) aus rheumatologischer Sicht derzeit nicht aktiv ist und damit nicht zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führt. Durch die bestehende Rhizarthrose ist die Klägerin lediglich nicht in der Lage, feinmanuelle Tätigkeiten durchzuführen und darf keine schwere Lasten tragen. Dies zeigen auch die Befundberichte, welche im Rahmen der sachverständigen Zeugenaussagen vom SG beigezogen wurden. Dr. Br., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat am 29.10.2010 mitgeteilt, dass eine Myelopathie oder eine Polyneuropathie nicht diagnostiziert werden kann. Eine obstruktive Ventilationsstörung oder eine koronare Herzerkrankung wurde von Dr. D., Kardiologe, am 08.07.2010 ausgeschlossen. Auch Dr. B. weist zutreffend darauf hin, dass aktuell keine Leukozytopenie, Sklerodemie, Xerostomie oder Fingerkuppennekrose als schwerwiegende Folgen des CREST-Syndroms bzw Ranaud-Syndroms vorliegen. Eine Organbeteiligung oder kardiopulmonale Erkrankungen sind somit nicht gegeben, so dass eine zeitliche Leistungseinschränkung ausscheidet. Dasselbe gilt für die Warzen, insbesondere an der rechten Hand und dem rechten Arm, welche derzeit nicht behandelt werden. Bezüglich der Lendenwirbelkörper-4-Fraktur ist eine aktuelle Beschwerdesymptomatik befundmäßig nicht gesichert und eine aktuelle Behandlung wird nicht durchgeführt.
Durch die vom SG und vom Senat durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung, insbesondere des behandelnden Arztes Dr. Bi. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Die von Dr. Bi. gestellten Diagnosen konnten bei den fachspezifischen Gutachten nicht bestätigt werden und es findet keine fachärztliche Therapie statt.
Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin für leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. an. Die Klägerin ist mithin in der Lage unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss der Klägerin eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Die Klägerin kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sogenannten qualitativen Leistungseinschränkungen gehen aber noch nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit dem Heben schwerer Lasten oder vermehrt wirbelsäulenbelasteten Tätigkeiten (Gutachten Dr. B. sowie Gutachten Dr. Schn.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Arbeiten in Nässe und Kälte, beides ganz allgemein der Gesundheit abträglich, versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist auch noch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. B., Dr. Schn. und Prof. Dr. L. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.
Die Klägerin ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem September 2010 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); sie hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1952 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Die Klägerin kann nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Putzfrau auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verwiesen werden. Derartige leichte Tätigkeiten kann die Klägerin, wie bereits ausgeführt, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. Schn. und Prof. Dr. L. in Verbindung mit dem Verwaltungsgutachten von Dr. B. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Der Senat war auch nicht verpflichtet, dem wiederholten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG nachzukommen. Der Antrag der Klägerin, Prof. Dr. H. gemäß § 109 SGG gutachterlich zu hören, wird daher abgelehnt. Der Senat hat bereits auf die Rechtsprechung des BSG (vgl BSG 17.03.2010, B 3 P 33/09 B, juris sowie LSG Baden-Württemberg 13.11.2012, L 11 R 5317/10, juris) hingewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht dem Versicherten das Recht, die gutachterliche Anhörung eines bestimmten Arztes zu beantragen, nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung. Bei § 109 SGG handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände. Dem Vortrag der Klägerin, dass die Komplexität des Beschwerdebildes der Polymyalgie, CFS und MCS ein solcher besonderer Umstand sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Angesichts der Vielfältigkeit des Beschwerdebildes eines MCS-Syndroms, welches einer der wesentlichen Gründe für die bisher fehlende schulmedizinische Anerkennung und Klassifizierung ist, ist die von der Klägerin behauptete Zuordnung des Beschwerdebilds in den Bereich der Umweltmedizin nicht überzeugend. Das Fehlen einer allgemein anerkannten Theorie zu den Krankheitsmechanismen sowie von validierten Kriterien für die klinische Diagnostik führt vielmehr dazu, dass die Symptomatik derzeit den Somatisierungsstörungen zugeordnet wird. Diesbezüglich wurde bereits das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. Schn. von Amts wegen eingeholt. Auf nervenfachärztlichem Gebiet ist somit eine Sachverhaltsaufklärung erfolgt. Die Klägerin bemängelt daher keine Lücke in der Sachverhaltsaufklärung, sondern zielt vielmehr auf eine weitere ärztliche Bewertung ab. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein sogenanntes Obergutachten ist jedoch durch das SGG und auch in der Rechtsprechung des BSG (BSG 2305.2006, B 13 RJ 272/05 B, juris) nicht vorgesehen. Bezüglich der von der Klägerin vorgetragenen Polymyalgie sowie Chronic Fatique konnten diese diagnostisch durch die bisherigen Gutachten nicht bestätigt werden. Auch diesbezüglich sind somit keine besonderen Umstände, welche die wiederholte Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG rechtfertigen könnten, ersichtlich. Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin auch widersprüchlich. Im Schriftsatz vom 12.12.2011 wird ausgeführt, die Haupterkrankung bestehe in einem inkompletten CREST-Syndrom. Dieses Krankheitsbild wurde der Rheumatologie zugeordnet. Nunmehr wird vorgetragen, maßgeblich sei das komplette Beschwerdebild eines Polymyalgie-, Chronice Fatique- und Multiplen Chemical Sensitivity-Syndroms. Auch das letztgenannte Beschwerdebild wurde jedoch von den bisherigen Ermittlungen vollständig abgedeckt. Hierfür bedarf es keines umweltmedizinischen Gutachtens. Entscheidend ist nicht die Ursache einer Erkrankung, sondern das Ausmaß der durch die Erkrankung bedingten Funktionseinschränkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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