Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3562/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Keine Feststellung einer Berufskrankheit der Nr. 2108 ohne belastungskonformes Schadensbild
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Gesundheitsstörungen des Klägers an der Lendenwirbelsäule als Folge einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Der 1957 geborene Kläger absolvierte ab September 1973 bis 1975 eine Maurerlehre. Seither ist er ohne Unterbrechungen als Maurer beschäftigt, seit Mai 2004 bei der Fa. E. L. & Söhne GmbH, Bauunternehmung, H. Bei dieser Tätigkeit ist er eigenen Angaben zufolge besonderen beruflichen Belastungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten ausgesetzt. Seit dem 28.11.2011 ist der Kläger arbeitsunfähig krank.
Am 12.03.2012 zeigte die Krankenkasse des Klägers der Beklagten eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers an und äußerte den Verdacht auf das Vorliegen einer BK. Der Kläger gab hierzu ergänzend an, er leide seit 1998 unter zunächst gelegentlichen, seit dem Jahr 2009 unter ständigen starken Schmerzen an der Lendenwirbelsäule. Diese träten beim Gehen, Sitzen und Bücken auf. Nach weiterer Sachaufklärung (Beizug der Behandlungsunterlagen des Orthopäden Dr. G. (u.a. Entlassungsbericht der Reha-Klinik S., D., vom April 2012 sowie Arztbriefe der Radiologin Z.) und der Allgemeinmedizinerin Dr. H.-B., beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K.) lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule in Form einer Höhenminderung des Bandscheibenraums oder einer Vorverlagerung von Bandscheibengewebe wie auch hierzu passende klinische Funktionseinschränkungen seien nicht erwiesen. Es bestehe deshalb keine BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Bescheid vom 11.07.2012).
Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos: Bei dem Kläger bestehe kein anspruchsbegründendes Krankheitsbild an der Lendenwirbelsäule, weshalb die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK der Nr. 2108 nicht erfüllt seien (Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012).
Deswegen hat der Kläger am 28.09.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten leide er an bandscheibenbedingten Veränderungen der Lendenwirbelsäule in Form deutlicher Gelenkhypertrophien und Spondylarthrosen. Diese Gesundheitsstörungen seien Folge berufsbedingter Belastungen durch schweres Heben und Tragen von Gewichten von bis zu 50 kg und mehr arbeitstäglich. Konkurrierende Ursachen aus seinem privaten Bereich lägen nicht vor.
Das Gericht hat Dr. G. als sachverständigen Zeugen gehört, der weitere Arztunterlagen beigefügt hat.
Sodann hat im Auftrag der Kammer der Orthopäde Dr. von St. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dr. von St. hat als Gesundheitsstörungen ein degeneratives HWS-Syndrom mit Bandscheibenaufbrauch der Etagen C5/6 und C6/7 und körpereigenen Abstützreaktionen sowie generalisierter, das altersentsprechende Ausmaß übersteigender Spondylarthrose der mittleren und unteren Halswirbelsäule, degenerative Veränderungen der mittleren und unteren Brustwirbelsäule mit Bandscheibenaufbrauch und körpereigenen Abstützreaktionen, degeneratives Lumbalsyndrom vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke L4/5 und L5/S1 sowie Verschleißerscheinungen der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule mit körpereigenen Abstützreaktionen diagnostiziert. Zusammenfassend hat der Sachverständige ausgeführt, mit Ausnahme der spondylarthrotischen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule handele es sich um bandscheibenbedingte Gesundheitsstörungen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit berufsbedingten Belastungen durch schweres Heben und Tragen von Lasten sei indes nicht wahrscheinlich. Insbesondere fehle es an einem belastungskonformen Krankheitsbild im Sinne einer BK der Nr. 2108. Denn die Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule beträfen vor allem die kleinen Wirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule, während die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen seien. Diese fänden sich erst einige Bewegungssegmente höher in der oberen Lendenwirbelsäule, im thorako-lumbalen Übergang und in der unteren Brustwirbelsäule. Dieses Verteilungsmuster entspreche nicht dem Schadensbild einer BK der Nr. 2108. Auch seien die Verschleißerscheinungen der restlichen Wirbelsäule, insbesondere der Halswirbelsäule, altersentsprechend deutlich überproportional ausgeprägt, wobei die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK der Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch das Heben und Tragen schwerer Lasten auf der Schulter) nicht wahrscheinlich zu machen seien. Vielmehr beruhten die Veränderungen der Bandscheiben. Wegen der Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule sei der Kläger schließlich nicht gezwungen gewesen, seine Tätigkeit als Maurer aufzugeben. Er habe dies bislang auch nicht getan.
Ferner hat auf Antrag und im Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. W. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, der Kläger leide an altersentsprechenden Verschleißerscheinungen der Hals- und Brustwirbelsäule sowie an einem Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke in den Segmenten L4/5 und L5/S1. Ein Bandscheibenvorfall sei in keinem Lendenwirbelsäulensegment zu objektivieren. Damit liege keine Bandscheibenerkrankung im Sinne der BK Nr. 2108 vor. Zu objektivieren sei im Bereich der Lendenwirbelsäule allein eine geringe Rotationsseitverbiegung. Ein ursächlicher Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit berufsbedingten Einwirkungen bestehe nicht. Der Kläger sei deshalb auch nicht gezwungen, seine Tätigkeit als Maurer aufzugeben. Eine Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Den Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. von St. stimme er in vollem Umfang zu.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 11. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2012 aufzuheben, Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm deswegen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Mit Schreiben vom 12.08.2013 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.09.2013 eingeräumt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bei sachgerechter Auslegung des Klageantrags (§ 123 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig. Der darüber hinaus gestellte Leistungsantrag auf Gewährung von Verletztenrente ist demgegenüber bereits unzulässig. Lehnt - wie hier - der Unfallversicherungsträger die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK und deshalb Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, kann das Klageziel nur auf Feststellung der Gesundheitsstörungen als Folge der BK gerichtet sein. Denn die Ablehnung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beinhaltet kein konkretes Leistungsversagen. Vielmehr hat die Beklagte vor dem Hintergrund der Ablehnung der Feststellung einer BK keine nähere Prüfung hinsichtlich konkreter Leistungen, die bei Anerkennung einer BK zu gewähren wären, vorgenommen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 und 23; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und BSG, UV-Recht Aktuell 2010, 114 ff.; ferner zuletzt LSG Baden-Württemberg vom 29.01.2013 - L 9 U 1683/09 - (veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de); zur vergleichbaren Situation im Bereich des Opferentschädigungsrechts vgl. LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - und vom 21.03.2013 - L 6 VG 4354/12 -(jeweils veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de)).
Die in diesem Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte die Feststellung von Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folge einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt. Hierüber konnte die Kammer gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
1. Nach § 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. BKen sind die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKV mit den so genannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer BK die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit u.a. auch die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen sein (vgl. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff. sowie BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2 und vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - sowie LSG Baden-Württemberg vom 12.09.2006 - L 9 U 393/05 - und vom 17.09.2007 - L 1 U 733/07 - (jeweils Juris)). Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs liegt vor, wenn nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht, d.h. wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründe zumindest deutlich überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 45, 285, 286; BSG, USK 96, 98; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und a.a.O., § 200 Nr. 3 sowie BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - (Juris)).
2. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten sowie bei Anwendung dieser Maßstäbe hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Denn insoweit ist ein ursächlicher Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung nicht wahrscheinlich. Dies steht auch zur Überzeugung der Kammer - wie bereits der Beklagten - fest aufgrund der wohlbegründeten, kompetenten, widerspruchsfreien und - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen Dres. von St. und W ... Danach leidet der Kläger zwar an einem degenerativen Lumbalsyndrom vorwiegend die kleinen Wirbelgelenke der Segmente L4/5 und L5/S1 betreffend sowie an Verschleißerscheinungen der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule mit körpereigenen Abstützreaktionen. Die von Dr. von St. angefertigten Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule wie auch die von ihm ausgewerteten Kernspintomographieaufnahmen der Lendenwirbelsäule des Klägers vom Dezember 2011 zeigen in diesem Bereich jedoch Bandscheibensegmente in altersentsprechend normaler Weite ohne Sinterungsvorgänge. In den Segmenten L2/3 und L3/4 sowie - am stärksten ausgeprägt - auch im Segment Th12/L1 sind ventrale spondylophytäre Abstützreaktionen erkennbar, ebenso im Bereich der unteren Brustwirbelsäule eine spondylophytäre Randausziehung, die sogar einen Brückenschlag im Bewegungssegment Th10/11 bewirkt, zu objektivieren. Auch sind die kleinen Wirbelgelenke der Segmente L4/5 und L5/S1 deutlich vermehrt sklerosiert und unregelmäßig begrenzt im Sinne einer Spondylarthrose. Zutreffend weist Dr. von St. zusammenfassend deshalb darauf hin, dass die Bandscheibensegmente der unteren Lendenwirbelsäule selbst altersentsprechend eher unterdurchschnittlich verschlissen sind und die Verschleißerscheinungen am ehesten die oberen Lendenwirbelsäule und den thorako-lumbalen Übergang betrifft, während die untere Lendenwirbelsäule nahezu frei bleibt. Zusätzlich leidet der Kläger an einer ISG-Arthrose beidseits und einer Asymmetrie der kleinen Wirbelgelenke im Segment L4/5.
Die von Dr. von St. diagnostizierten und - im Ergebnis - von dem Sachverständigen Dr. W. bestätigten Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule stehen indes nicht mit Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit beruflichen Belastungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, denen der Kläger im Verlauf seines Erwerbslebens ausgesetzt war und auch weiterhin ist. Dabei kann das Gericht offen lassen, ob diese beruflichen Belastungen in ihrem Ausmaß ausreichend im Sinne des modifizierten (vgl. hierzu u.a. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 5 und BSG, UV-Recht Aktuell 209, 295; ferner Sächsisches LSG vom 07.07.2010 - L 6 U 35/07 - (Juris)) Mainz-Dortmunder-Dosismodells waren. Denn die vom Kläger begehrte Feststellung scheitert aus medizinischen Gründen daran, dass das bei ihm vorhandene Krankheitsbild keinem belastungskonformen Schadensbild entspricht, bei dem nach den Konsensempfehlungen (veröffentlicht in Trauma und Berufskrankheit 2005, Seite 211 ff. und 320 ff.) ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich zu machen ist. Hierauf haben Dr. von St. und Dr. W. übereinstimmend und zutreffend hingewiesen. Denn unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer berufsbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist zunächst der Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen Seite 215 f.), wie sich bereits aus dem Wortlaut der BK Nr. 2108 ergibt. Zu diesen Erkrankungen zählen eine Bandscheibendegeneration (Diskose), eine Instabilität im Bewegungssegment, ein Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose) und degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke - Spondylarthrose - (vgl. BR-Drucks. 773/92 Seite 8). Die Forderung nach einem belastungskonformen Schadensbild bedeutet, dass es sich zunächst um einen altersuntypischen Befund handelt, d.h. der Befund muss über die Schwankungsbreite der altersentsprechenden Norm hinausgehen und in diesem Sinne auffällig sein (vgl. Konsensempfehlungen Seite 214). Überdies ist erforderlich, dass nach dem anzuwendenden BK-Tatbestand der mit einer besonderen berufsbedingten Einwirkung korrespondierende Wirbelsäulenabschnitt besonders betroffen sein muss. Für die BK 2108 der Anlage 1 zur BKV ist dabei regelmäßig ein von oben nach unten in der Ausprägung zunehmender Befund erforderlich.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Denn die Veränderungen an der unteren Lendenwirbelsäule entsprechen bereits keiner bandscheibenbedingten Gesundheitsstörung, wie Dr. von St. und ihm zustimmend auch Dr. W. übereinstimmend dargelegt haben. Weiter findet sich zwar eine Spondylarthrose der kleinen Wirbelgelenke in den Segmenten L4/5 und L5/S1; dagegen sind die Bandscheibensegmente der unteren Lendenwirbelsäule selbst altersentsprechend eher unterdurchschnittlich verschlissen und sind die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen. Überdies handelt es sich - entgegen dem Vorbringen des Klägers - bei den Veränderungen seiner Lendenwirbelsäule nicht um einen von oben nach unten zunehmend ausgeprägten Befund. Vielmehr verläuft die Zunahme des Ausprägungsgrades gerade in umgekehrter Richtung, wie Dr. von St. auch insoweit überzeugend und zutreffend dargelegt hat. Denn die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 sind nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen; solche finden sich vielmehr erst an der oberen Lendenwirbelsäule, im thorako-lumbalen Übergang und an der unteren Brustwirbelsäule. Hinzu kommt, dass die Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule wie insbesondere auch im Bereich der Halswirbelsäule altersentsprechend überproportional ausgebildet sind und überdies das Ausmaß der degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule deutlich übersteigen, ohne dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2109 erfüllt sind. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Brustwirbelsäule sieht die Anlage 1 zur BKV aber nicht als BK vor. Das beim Kläger vorhandene Verteilungsmuster von Veränderungen der Wirbelsäule mit überwiegendem Befall der Hals-, der unteren Brust- sowie der oberen Lendenwirbelsäule spricht nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, gegen einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und vorhandenen Gesundheitsstörungen gerade im Bereich der Lendenwirbelsäule (vgl. Konsensempfehlungen Seite 216).
Schließlich scheitert die vom Kläger begehrte Feststellung einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV auch daran, dass dieser nach den auch insoweit übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. von St. und Dr. W. wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht gezwungen ist, seine Erwerbstätigkeit als Maurer aufzugeben. Der Kläger hat dies aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens bislang auch tatsächlich nicht getan.
3. Der Kläger erfüllt damit die medizinischen Voraussetzungen für die von ihm begehrte Feststellung nicht, weshalb die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und sein Klagebegehren erfolglos bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Gesundheitsstörungen des Klägers an der Lendenwirbelsäule als Folge einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Der 1957 geborene Kläger absolvierte ab September 1973 bis 1975 eine Maurerlehre. Seither ist er ohne Unterbrechungen als Maurer beschäftigt, seit Mai 2004 bei der Fa. E. L. & Söhne GmbH, Bauunternehmung, H. Bei dieser Tätigkeit ist er eigenen Angaben zufolge besonderen beruflichen Belastungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten ausgesetzt. Seit dem 28.11.2011 ist der Kläger arbeitsunfähig krank.
Am 12.03.2012 zeigte die Krankenkasse des Klägers der Beklagten eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers an und äußerte den Verdacht auf das Vorliegen einer BK. Der Kläger gab hierzu ergänzend an, er leide seit 1998 unter zunächst gelegentlichen, seit dem Jahr 2009 unter ständigen starken Schmerzen an der Lendenwirbelsäule. Diese träten beim Gehen, Sitzen und Bücken auf. Nach weiterer Sachaufklärung (Beizug der Behandlungsunterlagen des Orthopäden Dr. G. (u.a. Entlassungsbericht der Reha-Klinik S., D., vom April 2012 sowie Arztbriefe der Radiologin Z.) und der Allgemeinmedizinerin Dr. H.-B., beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K.) lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule in Form einer Höhenminderung des Bandscheibenraums oder einer Vorverlagerung von Bandscheibengewebe wie auch hierzu passende klinische Funktionseinschränkungen seien nicht erwiesen. Es bestehe deshalb keine BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Bescheid vom 11.07.2012).
Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos: Bei dem Kläger bestehe kein anspruchsbegründendes Krankheitsbild an der Lendenwirbelsäule, weshalb die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK der Nr. 2108 nicht erfüllt seien (Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012).
Deswegen hat der Kläger am 28.09.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten leide er an bandscheibenbedingten Veränderungen der Lendenwirbelsäule in Form deutlicher Gelenkhypertrophien und Spondylarthrosen. Diese Gesundheitsstörungen seien Folge berufsbedingter Belastungen durch schweres Heben und Tragen von Gewichten von bis zu 50 kg und mehr arbeitstäglich. Konkurrierende Ursachen aus seinem privaten Bereich lägen nicht vor.
Das Gericht hat Dr. G. als sachverständigen Zeugen gehört, der weitere Arztunterlagen beigefügt hat.
Sodann hat im Auftrag der Kammer der Orthopäde Dr. von St. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dr. von St. hat als Gesundheitsstörungen ein degeneratives HWS-Syndrom mit Bandscheibenaufbrauch der Etagen C5/6 und C6/7 und körpereigenen Abstützreaktionen sowie generalisierter, das altersentsprechende Ausmaß übersteigender Spondylarthrose der mittleren und unteren Halswirbelsäule, degenerative Veränderungen der mittleren und unteren Brustwirbelsäule mit Bandscheibenaufbrauch und körpereigenen Abstützreaktionen, degeneratives Lumbalsyndrom vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke L4/5 und L5/S1 sowie Verschleißerscheinungen der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule mit körpereigenen Abstützreaktionen diagnostiziert. Zusammenfassend hat der Sachverständige ausgeführt, mit Ausnahme der spondylarthrotischen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule handele es sich um bandscheibenbedingte Gesundheitsstörungen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit berufsbedingten Belastungen durch schweres Heben und Tragen von Lasten sei indes nicht wahrscheinlich. Insbesondere fehle es an einem belastungskonformen Krankheitsbild im Sinne einer BK der Nr. 2108. Denn die Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule beträfen vor allem die kleinen Wirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule, während die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen seien. Diese fänden sich erst einige Bewegungssegmente höher in der oberen Lendenwirbelsäule, im thorako-lumbalen Übergang und in der unteren Brustwirbelsäule. Dieses Verteilungsmuster entspreche nicht dem Schadensbild einer BK der Nr. 2108. Auch seien die Verschleißerscheinungen der restlichen Wirbelsäule, insbesondere der Halswirbelsäule, altersentsprechend deutlich überproportional ausgeprägt, wobei die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK der Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch das Heben und Tragen schwerer Lasten auf der Schulter) nicht wahrscheinlich zu machen seien. Vielmehr beruhten die Veränderungen der Bandscheiben. Wegen der Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule sei der Kläger schließlich nicht gezwungen gewesen, seine Tätigkeit als Maurer aufzugeben. Er habe dies bislang auch nicht getan.
Ferner hat auf Antrag und im Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. W. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, der Kläger leide an altersentsprechenden Verschleißerscheinungen der Hals- und Brustwirbelsäule sowie an einem Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke in den Segmenten L4/5 und L5/S1. Ein Bandscheibenvorfall sei in keinem Lendenwirbelsäulensegment zu objektivieren. Damit liege keine Bandscheibenerkrankung im Sinne der BK Nr. 2108 vor. Zu objektivieren sei im Bereich der Lendenwirbelsäule allein eine geringe Rotationsseitverbiegung. Ein ursächlicher Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit berufsbedingten Einwirkungen bestehe nicht. Der Kläger sei deshalb auch nicht gezwungen, seine Tätigkeit als Maurer aufzugeben. Eine Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Den Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. von St. stimme er in vollem Umfang zu.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 11. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2012 aufzuheben, Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm deswegen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Mit Schreiben vom 12.08.2013 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.09.2013 eingeräumt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bei sachgerechter Auslegung des Klageantrags (§ 123 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig. Der darüber hinaus gestellte Leistungsantrag auf Gewährung von Verletztenrente ist demgegenüber bereits unzulässig. Lehnt - wie hier - der Unfallversicherungsträger die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK und deshalb Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, kann das Klageziel nur auf Feststellung der Gesundheitsstörungen als Folge der BK gerichtet sein. Denn die Ablehnung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beinhaltet kein konkretes Leistungsversagen. Vielmehr hat die Beklagte vor dem Hintergrund der Ablehnung der Feststellung einer BK keine nähere Prüfung hinsichtlich konkreter Leistungen, die bei Anerkennung einer BK zu gewähren wären, vorgenommen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 und 23; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und BSG, UV-Recht Aktuell 2010, 114 ff.; ferner zuletzt LSG Baden-Württemberg vom 29.01.2013 - L 9 U 1683/09 - (veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de); zur vergleichbaren Situation im Bereich des Opferentschädigungsrechts vgl. LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - und vom 21.03.2013 - L 6 VG 4354/12 -(jeweils veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de)).
Die in diesem Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte die Feststellung von Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folge einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt. Hierüber konnte die Kammer gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
1. Nach § 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. BKen sind die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKV mit den so genannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer BK die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit u.a. auch die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen sein (vgl. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff. sowie BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2 und vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - sowie LSG Baden-Württemberg vom 12.09.2006 - L 9 U 393/05 - und vom 17.09.2007 - L 1 U 733/07 - (jeweils Juris)). Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs liegt vor, wenn nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht, d.h. wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründe zumindest deutlich überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 45, 285, 286; BSG, USK 96, 98; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und a.a.O., § 200 Nr. 3 sowie BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - (Juris)).
2. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten sowie bei Anwendung dieser Maßstäbe hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Denn insoweit ist ein ursächlicher Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung nicht wahrscheinlich. Dies steht auch zur Überzeugung der Kammer - wie bereits der Beklagten - fest aufgrund der wohlbegründeten, kompetenten, widerspruchsfreien und - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen Dres. von St. und W ... Danach leidet der Kläger zwar an einem degenerativen Lumbalsyndrom vorwiegend die kleinen Wirbelgelenke der Segmente L4/5 und L5/S1 betreffend sowie an Verschleißerscheinungen der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule mit körpereigenen Abstützreaktionen. Die von Dr. von St. angefertigten Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule wie auch die von ihm ausgewerteten Kernspintomographieaufnahmen der Lendenwirbelsäule des Klägers vom Dezember 2011 zeigen in diesem Bereich jedoch Bandscheibensegmente in altersentsprechend normaler Weite ohne Sinterungsvorgänge. In den Segmenten L2/3 und L3/4 sowie - am stärksten ausgeprägt - auch im Segment Th12/L1 sind ventrale spondylophytäre Abstützreaktionen erkennbar, ebenso im Bereich der unteren Brustwirbelsäule eine spondylophytäre Randausziehung, die sogar einen Brückenschlag im Bewegungssegment Th10/11 bewirkt, zu objektivieren. Auch sind die kleinen Wirbelgelenke der Segmente L4/5 und L5/S1 deutlich vermehrt sklerosiert und unregelmäßig begrenzt im Sinne einer Spondylarthrose. Zutreffend weist Dr. von St. zusammenfassend deshalb darauf hin, dass die Bandscheibensegmente der unteren Lendenwirbelsäule selbst altersentsprechend eher unterdurchschnittlich verschlissen sind und die Verschleißerscheinungen am ehesten die oberen Lendenwirbelsäule und den thorako-lumbalen Übergang betrifft, während die untere Lendenwirbelsäule nahezu frei bleibt. Zusätzlich leidet der Kläger an einer ISG-Arthrose beidseits und einer Asymmetrie der kleinen Wirbelgelenke im Segment L4/5.
Die von Dr. von St. diagnostizierten und - im Ergebnis - von dem Sachverständigen Dr. W. bestätigten Gesundheitsstörungen an der Lendenwirbelsäule stehen indes nicht mit Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit beruflichen Belastungen durch das Heben und Tragen schwerer Lasten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, denen der Kläger im Verlauf seines Erwerbslebens ausgesetzt war und auch weiterhin ist. Dabei kann das Gericht offen lassen, ob diese beruflichen Belastungen in ihrem Ausmaß ausreichend im Sinne des modifizierten (vgl. hierzu u.a. BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 5 und BSG, UV-Recht Aktuell 209, 295; ferner Sächsisches LSG vom 07.07.2010 - L 6 U 35/07 - (Juris)) Mainz-Dortmunder-Dosismodells waren. Denn die vom Kläger begehrte Feststellung scheitert aus medizinischen Gründen daran, dass das bei ihm vorhandene Krankheitsbild keinem belastungskonformen Schadensbild entspricht, bei dem nach den Konsensempfehlungen (veröffentlicht in Trauma und Berufskrankheit 2005, Seite 211 ff. und 320 ff.) ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich zu machen ist. Hierauf haben Dr. von St. und Dr. W. übereinstimmend und zutreffend hingewiesen. Denn unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer berufsbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist zunächst der Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen Seite 215 f.), wie sich bereits aus dem Wortlaut der BK Nr. 2108 ergibt. Zu diesen Erkrankungen zählen eine Bandscheibendegeneration (Diskose), eine Instabilität im Bewegungssegment, ein Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose) und degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke - Spondylarthrose - (vgl. BR-Drucks. 773/92 Seite 8). Die Forderung nach einem belastungskonformen Schadensbild bedeutet, dass es sich zunächst um einen altersuntypischen Befund handelt, d.h. der Befund muss über die Schwankungsbreite der altersentsprechenden Norm hinausgehen und in diesem Sinne auffällig sein (vgl. Konsensempfehlungen Seite 214). Überdies ist erforderlich, dass nach dem anzuwendenden BK-Tatbestand der mit einer besonderen berufsbedingten Einwirkung korrespondierende Wirbelsäulenabschnitt besonders betroffen sein muss. Für die BK 2108 der Anlage 1 zur BKV ist dabei regelmäßig ein von oben nach unten in der Ausprägung zunehmender Befund erforderlich.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Denn die Veränderungen an der unteren Lendenwirbelsäule entsprechen bereits keiner bandscheibenbedingten Gesundheitsstörung, wie Dr. von St. und ihm zustimmend auch Dr. W. übereinstimmend dargelegt haben. Weiter findet sich zwar eine Spondylarthrose der kleinen Wirbelgelenke in den Segmenten L4/5 und L5/S1; dagegen sind die Bandscheibensegmente der unteren Lendenwirbelsäule selbst altersentsprechend eher unterdurchschnittlich verschlissen und sind die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen. Überdies handelt es sich - entgegen dem Vorbringen des Klägers - bei den Veränderungen seiner Lendenwirbelsäule nicht um einen von oben nach unten zunehmend ausgeprägten Befund. Vielmehr verläuft die Zunahme des Ausprägungsgrades gerade in umgekehrter Richtung, wie Dr. von St. auch insoweit überzeugend und zutreffend dargelegt hat. Denn die hauptsächlich belasteten Bandscheibensegmente L4/5 und L5/S1 sind nahezu frei von degenerativen Involutionsvorgängen und körpereigenen Abstützreaktionen; solche finden sich vielmehr erst an der oberen Lendenwirbelsäule, im thorako-lumbalen Übergang und an der unteren Brustwirbelsäule. Hinzu kommt, dass die Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule wie insbesondere auch im Bereich der Halswirbelsäule altersentsprechend überproportional ausgebildet sind und überdies das Ausmaß der degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule deutlich übersteigen, ohne dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2109 erfüllt sind. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Brustwirbelsäule sieht die Anlage 1 zur BKV aber nicht als BK vor. Das beim Kläger vorhandene Verteilungsmuster von Veränderungen der Wirbelsäule mit überwiegendem Befall der Hals-, der unteren Brust- sowie der oberen Lendenwirbelsäule spricht nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, gegen einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und vorhandenen Gesundheitsstörungen gerade im Bereich der Lendenwirbelsäule (vgl. Konsensempfehlungen Seite 216).
Schließlich scheitert die vom Kläger begehrte Feststellung einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV auch daran, dass dieser nach den auch insoweit übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. von St. und Dr. W. wegen seiner Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht gezwungen ist, seine Erwerbstätigkeit als Maurer aufzugeben. Der Kläger hat dies aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens bislang auch tatsächlich nicht getan.
3. Der Kläger erfüllt damit die medizinischen Voraussetzungen für die von ihm begehrte Feststellung nicht, weshalb die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und sein Klagebegehren erfolglos bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
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