L 3 U 403/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1555/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 403/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der 1932 geborene Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Versicherter) erlitt im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt am 01.02.2003 einen Unfall. Nach der Unfallmeldung des Dr. S. vom 04.02.2003, der den Versicherten am Abend des 02.02.2003 behandelte und in die Klinik a. E. G. einwies, lief der Versicherte bei der Reparatur eines Traktors gegen den Ladewagen und zog sich dabei eine schwere Stirnprellung zu. Es hätten sofort Kopfschmerzen und eine Sehstörung eingesetzt ohne Bewusstlosigkeit oder Erbrechen. Es bestehe eine retrograde Amnesie mit weitergehender Störung der Erinnerung und des Denkens. Weiter beschrieb Dr. S. eine verkrustete Prellmarke an der rechten Stirnseite und stellte die Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas (SHT) mit retrograder Amnesie und Visusverlust beidseits. Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgie an der K. a. E. G. stellte im Durchgangsarztbericht vom 04.02.2003 die Diagnose einer intracerebralen Blutung und führte weiter aus, er habe den Versicherten erstmalig am 02.02.2003 behandelt. Der Versicherte habe eine Prellmarke an der Stirn, leide an einer retrograden Amnesie und sei deutlich verlangsamt.

Vom 18.02.2003 bis 04.06.2003 befand er sich zur stationären neurologischen Rehabilitationsbehandlung in der Fachklinik I ... Im Abschlussbericht vom 14.07.2003 nannte Chefarzt Dr. D. als Diagnose u.a. einen Zustand nach intracerebraler Blutung li.-occipito-temporal mit Verdacht auf A. cerebri-posterior-Teilischämie mit sekundärer Einblutung am 01.02.2003. In der Beurteilung des Schädel-CT vom 20.03.2003 wurde ausgeführt, es finde sich ein vermutlich ischämischer Insult (Schlaganfall) im Bereich des Ramus calcarinus und parieto-occipitalis aus der A. cerebri posterior li. mit noch blutiger Imbibierung

Im ersten Rentengutachten vom 22.10.2003 führte Prof. Dr. S., Chefarzt der Neurologischen Klinik am C. G., aus, es bestehe eine komplette Hemianopsie (halbseitiger Gesichtsfeldausfall) nach links verbunden mit einem Hemineglect nach rechts, was dazu führe, dass der Versicherte die Gesichtsfeldeinschränkung nicht kompensieren könne und immer wieder mit der rechten Körperhälfte an Gegenständen hängen bleibe. Des weiteren bestünden noch schwere neuropsychologische Auffälligkeiten mit nur eingeschränkter Orientiertheit, Störungen von Aufmerksamkeit, Konzentration, Altgedächtnis, Kurzgedächtnis und räumlich-konstruktiven Störungen vor allem bei komplexeren Anforderungen. Zusätzlich sei er insgesamt psychomotorisch deutlich verlangsamt und habe aufgrund des vorhandenen Störungsbewusstseins eine leicht bis mittelgradige depressive Störung entwickelt. Diese Einschränkungen seien alle als unfallabhängig zu qualifizieren. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 100 v.H. zu bewerten. Bezüglich des Unfallhergangs hatte der Versicherte bei der gutachterlichen Untersuchung angegeben, er sei gemeinsam mit seiner Ehefrau am 01.02.2003 mit dem Traktor in den Wald gefahren um Holz zu schleifen als er Probleme am Schlepper bemerkt habe. Der Diesel sei "sulzig" geworden, der Frontlader habe sich nur halb nach oben bewegt. Er sei auf dem Boden ausgerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen. Die Ehefrau/Klägerin ergänzte, der Frontlader habe sich nur halb nach oben bewegt. Der Versicherte habe eine Platzwunde an Stirn und Hinterkopf gehabt, er sei nicht durchgehend bewusstlos gewesen, sei jedoch immer wieder "weggedämmert". Am folgenden Tag habe sie den Sonntagsdienst geholt, der die Einweisung in die Klinik am Eichert veranlasst habe.

Mit Bescheid vom 12.11.2003 bewilligte die Beklagte zunächst eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 100 v.H. und anerkannte als Unfallfolgen neben der Schädelprellung eine schwere Hirnleistungsstörung nach Hirnblutung. Mit Bescheid vom 18.01.2006 bewilligte sie eine Rente als Dauerrente gleichfalls nach einer MdE um 100 v.H.

Nach einem nächtlichen häuslichen Treppensturz mit schweren Kopfverletzungen verstarb der Versicherte am 26.09.2009.

Mit Bescheid vom 07.12.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine einmalige Hinterbliebenenbeihilfe in Höhe von 4.436,80 EUR und lehnte die Bewilligung einer Hinterbliebenenrente ab mit der Begründung, der Tod des Versicherten sei nicht Folge des Versicherungsfalls.

Hiergegen legte die Klägerin am 18.12.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie ein Attest des Dr. G. vom 14.12.2009 vor, in welchem ausgeführt wird, der Treppensturz, welcher zum Tod des Versicherten geführt habe, sei Folge der posttraumatischen Hirnleistungsstörungen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 09.05.2011 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit der Begründung, wegen der Folgen des Unfalles im Jahr 2003 sei ihr Ehemann räumlich und zeitlich nicht ausreichend orientiert gewesen und letztlich deshalb auch die Treppe herabgestürzt.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Palliativmedizin Dr. N., Leitende Oberärztin an der Klinik für Neurologie am C. G ... Im Gutachten vom 04.06.2012 hat Dr. N. ausgeführt, der am 01.02.2003 beim Versicherten aufgetretene Gesichtsfelddefekt nach rechts (homonyme Hemianopsie), die räumlichen Orientierungsstörungen und das Durchgangssyndrom seien als Folge eines Schlaganfalls im Bereich der hinteren Hauptschlagader des Gehirns (Arteria cerebri posterior) einzuschätzen. Am Folgetag sei es zu einer Komplikation der Erkrankung mit Einblutung in das Infarktgebiet, möglicherweise im Rahmen einer Blutdruckentgleisung gekommen. Diese Komplikation habe dann zur stationären Einweisung geführt. In der Befundung der durchgeführten Computertomographien und der Kernspintomographie sei jeweils festgestellt worden, dass es sich "vom kernspintomographischen sowie auch vom computertomographischen Aspekt her am ehesten um eine eingeblutete Ischämie eines Teilversorgungsgebietes der A. cerebri posterior" handle. Danach zeige sich angiographisch auch ein Abbruch der Gefäße im occipitalen posterioren Stromgebiet bei ansonsten regelrecht erscheinenden intrakraniellen Arterien. Die Durchblutungsstörung der A. cerebri posterior links sei keine Gesundheitsschädigung, die Folge der Berufsausübung des Versicherten sei oder im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung stehe. Im Rahmen der Berufstätigkeit sei kein Schädigungsereignis eingetreten, ein Unfallereignis liege der Durchblutungsstörung der A. cerebri posterior nicht zugrunde. Als unmittelbare Folge des aufgetretenen Schlaganfalls und der damit verbundenen klinischen Symptomatik mit Gesichtsfelddefekt nach rechts und einer räumlichen Orientierungsstörung habe sich der Versicherte mit dem Kopf rechts vorne am Frontlader gestoßen und sich dabei eine Schädelprellung mit Platzwunde zugezogen. Die Schädelprellung sei unmittelbare Folge der räumlichen Orientierungsstörung und damit des Schlaganfalls. Ein Schädigungsereignis im Sinne eines Arbeitsunfalls liege nicht vor. Der Treppensturz am 26.09.2009 mit Todesfolge beruhe auf den klinischen Folgen des am 01.02.2003 stattgehabten Schlaganfalls.

Mit Urteil vom 23.11.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf eine Witwenrente als Hinterbliebenenrente bestehe nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten sei. Dies sei hier nicht der Fall. Der zum Tod des Versicherten führende Treppensturz am 26.09.2009 beruhe letztlich nicht auf den gesundheitlichen Folgen eines am 01.02.2003 erlittenen Arbeitsunfalles. Aufgrund der schlüssigen Darlegungen der Sachverständigen Dr. N. sei davon auszugehen, dass der Versicherte am 01.02.2003 einen Schlaganfall erlitten habe, auf den die nachfolgend bestehende Hirnleistungsstörung mit räumlichen Orientierungsstörungen und Gesichtsfelddefekten zurückzuführen sei. Dieser Schlaganfall sei nicht wesentlich auf die versicherte Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt und das Unfallereignis am 01.02.2003 zurückzuführen. Eine - folgenlos ausgeheilte - Schädelprellung sei als Schädigungsereignis nicht geeignet gewesen, die am Tag darauf festgestellte intracerebrale Blutung links parieto-occipital hervorzurufen.

Gegen das am 02.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Im Erörterungstermin am 19.06.2013 hat sie das Unfallgeschehen vom 01.02.2003 dahingehend geschildert, dass ihr Ehemann zunächst mit der Stirn gegen den Frontlader gestoßen und danach rückwärts auf den Hinterkopf gefallen sei. Er habe danach auch eine Verletzung am Hinterkopf mit verbluteten Haaren gehabt.

Der Senat hat bei Dr. N. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. In der Stellungnahme vom 28.06.2013 hat diese ausgeführt, der Versicherte habe am 01.02.2003 einen Schlaganfall im Bereich der A. cerebri posterior erlitten mit homonymer Hemianopsie. Komplizierend sei es am Folgetag zu einer Einblutung in das Infarktgebiet gekommen, möglicherweise auf dem Boden einer Blutdruckentgleisung. Als Folge des Schlaganfalls mit räumlicher Orientierungsstörung sei eine Schädelprellung anzusehen durch den unmittelbaren Kontakt rechts frontal an den Frontlader. Ein Sturzereignis in dieser Form sei, unabhängig von der Sturzrichtung, nicht geeignet, einen Schlaganfall im Bereich der A. cerebri posterior auszulösen.

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Versicherte habe zwei Verletzungen am Kopf erlitten. Am Unfalltag habe er den Traktor aus der Garage über den Hof gefahren, wobei dieser wegen der niedrigen Außentemperaturen "versulzt" und ausgegangen sei. Am stehenden Fahrzeug habe sich ohne Betrieb der Hydraulikpumpe der zuvor hochgezogene Frontlader langsam abgesenkt. Der Versicherte sei um den Traktor herumgelaufen, habe dabei ganz offensichtlich den zwischenzeitlich abgesenkten Frontlader übersehen und sei mit dem Vorderkopf heftig gegen diesen gestoßen. Dabei habe er auf dem glatten Untergrund den Halt verloren und sei rückwärts die abschüssige Hoffläche hinab auf den Hinterkopf gestürzt. Die Klägerin erinnere sich noch, dass es einen "riesen Schlag" getan habe. Der Versicherte habe danach an der Stirn und am Hinterkopf geblutet. Dieser ungebremste Schlag im Fallen auf die harte Hofoberfläche sei geeignet, eine Hirnblutung bzw. eine intracerebrale Blutung auszulösen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2012 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 07. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ihres am 26. September 2009 verstorbenen Ehegatten in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 07.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2011 lediglich insoweit, als darin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente abgelehnt worden ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die weiter verfügte Bewilligung einer einmaligen Hinterbliebenenbeihilfe. Der Senat hat deshalb nicht zu entscheiden, ob diese zu Recht bewilligt worden ist.

Die insoweit form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin macht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Witwenrente im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 4 SGG). Das SG hat die hierauf gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) erhalten Witwen oder Witwer von Versicherten eine Witwen- oder Witwerrente, solange sie nicht wieder geheiratet haben. Nach § 63 Abs. 1 SGB VII haben Hinterbliebene u.a. Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

Der Tod des Versicherten beruhte nicht ursächlich auf einem allein in Betracht kommenden Arbeitsunfall.

Zwar beruhte der zum Tod des Versicherten führende Treppensturz in der Nacht vom 25. auf den 26.09.2009 ursächlich auf den Folgen des Unfalls, den der Versicherte am 01.02.2003 erlitten hatte. Bei diesem handelte es sich jedoch nicht um einen Arbeitsunfall.

Unbeachtlich ist, dass die Beklagte diesen Unfall zunächst als Arbeitsunfall anerkannt und dementsprechend eine Verletztenrente an den Versicherten gewährt hatte. Denn der vorliegend streitige Anspruch eines Hinterbliebenen stellt einen selbständigen, nicht vom Verstorbenen abgeleiteten Anspruch dar. Deshalb entfalten die diesem gegenüber ausgesprochenen Anerkennungen oder Ablehnungen des Versicherungsfalls keine Bindungswirkung und können aus Anlass der Leistungsfeststellung gegenüber den Hinterbliebenen voll überprüft werden, und zwar sowohl zu deren Gunsten als auch zu deren Lasten ohne Rücksicht auf einen verfahrensrechtlichen Vertrauensschutz nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - (BSG, Urteil vom 25.07.2001 - B 8 KN 1/00 U R - juris Rn. 19 m.w.N.).

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist für einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - juris Rn. 11). Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung unfallbedingter Gesundheitsschäden von Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen. Nicht geschützt sind deshalb Unfälle, die auf aus dem Menschen selbst kommenden Ereignissen beruhen (vgl. Becker, Zur Unfallkausalität, SGb 2012, S. 691).

Der Versicherte hat am 01.02.2003 keinen Arbeitsunfall erlitten. Vielmehr hat er am 01.02.2003 einen Schlaganfall erlitten. Der Senat stützt sich hierbei auf die von Dr. N. im Gutachten vom 04.06.2012 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 28.06.2013 mitgeteilten Befunde. Ursächlich für den Schlaganfall war - was letztlich offengelassen werden kann - entweder ein Teilverschluss der A. cerebri posterior links mit sekundärer Einblutung oder eine hypertone Entgleisung mit nachfolgender intracerebraler Blutung. Schlaganfälle in diesem Bereich gehen, wie die Sachverständige Dr. N. nachvollziehbar ausgeführt hat, mit einer Durchblutungsstörung der Sehrinde einher, d.h. es kommt zu einem kompletten oder inkompletten Ausfall des Gesichtsfeldes. Ein solcher ist bereits im Verlegungsbrief der Intensivstation der Klinik am Eichert in Form einer homonymen Hemianopsie nach rechts beschrieben. Typisch für diese Schlaganfälle sind räumliche Orientierungsstörungen, da der Proband anfangs diesen Gesichtsfeldausfall nicht wahrnimmt, und praktische Probleme aufgrund des teilweisen Visusverlusts.

Dieser Schlaganfall trat zwar während der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, den Arbeiten am Traktor, auf. Diese war jedoch nicht ursächlich für den Schlaganfall. Der Schlaganfall beruhte vielmehr allein auf einer inneren Ursache.

Infolge des durch den Schlaganfall verursachten Gesichtsfeldausfalls rechts übersah der Versicherte die Ladegabel seines Traktors und lief mit der Stirn dagegen, stürzte und zog sich hierbei eine Schädelprellung zu. Auch diese Schädelprellung ist deshalb nicht als Arbeitsunfall zu bewerten, da sie letztlich aus dem auf inneren Ursachen beruhenden Schlaganfall bzw. dem dadurch bedingten Gesichtsfeldausfall resultierte.

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass die intracerebrale Blutung des Versicherten kausal auf einen Sturz auf den Hinterkopf zurückzuführen sei. Hiergegen spricht zum einen, dass eine Schädelprellung - egal an welcher Stelle des Kopfes - nicht geeignet ist, als Folge einen Schlaganfall nach sich zu ziehen. Der Senat stützt sich hierbei auf die von Dr. N. am 28.06.2013 erstattete ergänzende Stellungnahme. Gegen die Darstellung der Klägerin spricht zum Anderen, dass eine Wunde bzw. Prellung am Hinterkopf des Versicherten nicht diagnostiziert worden ist. Dr. S. hat ausweislich der ärztlichen Unfallmeldung vom 04.02.2003 den Versicherten am 02.02.2003 um 17.30 Uhr untersucht. Er hat hierbei zwar festgestellt, dass der ganze Kopf klopfempfindlich ist, jedoch nur an der rechten Stirnseite eine verkrustete Prellmarke festgestellt. Auch im Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. U., der den Versicherten gleichfalls noch am 02.02.2003 untersucht und behandelt hat, wird lediglich eine Prellmarke an der Stirn angegeben. Eine Verletzung am Hinterkopf ist von beiden Ärzten nicht beschrieben worden.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei der Schilderung des Unfallhergangs in der Unfallanzeige vom 09.04.2003 angegeben hat, ihr Ehemann habe am Traktor etwas gemacht, dabei habe er sich am Traktor gestoßen und gesagt, er sehe nichts mehr. An der rechten Seite habe er eine stark blutende Wunde gehabt. Danach hat auch die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt keine Verletzung am Hinterkopf geschildert. Sie hat zwar sodann in der Unfallschilderung gegenüber Prof. Dr. S. am 08.10.2003 angegeben, der Versicherte habe eine Platzwunde an Stirn und Hinterkopf gehabt. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, denn jedwede Form der Schädelprellung, ob vorne oder hinten, ist nicht geeignet, als Folge einen Verschluss der Arteria cerebri posterior nach sich zu ziehen, wie die Sachverständige Dr. N. überzeugend ausgeführt hat.

Die von Prof. Dr. S. im Gutachten vom 22.10.2003 vertretene Auffassung, die komplette Hemianopsie nach links verbunden mit einem Hemineglect nach rechts sowie die beim Versicherten bestehenden schweren neuropsychologischen Auffälligkeiten seien unfallabhängig, teilt der Senat nicht. Maßgeblich für die von der Sachverständigen Dr. N. getroffen Beurteilung war die Befundung der Computertomographien und der Kernspintomographie. In diesen wird jeweils festgestellt, dass es sich vom kernspintomographischen sowie auch vom computertomographischen Aspekt her am ehesten um eine eingeblutete Ischämie eines Teilversorgungsgebietes der A. cerebri posterior handelte. Angiographisch zeigte sich auch ein Abbruch der Gefäße im occipitalen posterioren Stromgebiet bei ansonsten regelrecht erscheinenden intracraniellen Arterien. In der Befundung des Schädel-CT vom 20.03.2003, die dem Abschlussbericht der Fachklinik Ichenhausen vom 14.07.2003 beigefügt war, ist ausgeführt, es finde sich ein vermutlich ischämischer Insult (Schlaganfall) im Bereich des Ramus calcarinus und parieto-occipitalis aus der A. cerebri posterior links mit noch blutiger Imbibierung. Dem von Prof. Dr. S. erstatteten Gutachten kann nicht entnommen werden, dass diese Befunde berücksichtigt worden sind.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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