L 3 AS 4636/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 6398/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4636/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Dezember 2011 abgeändert.

Das Urteil wird aufgehoben, soweit der Beklagte darin verpflichtet wurde, Zinsen aus 7.944,- EUR in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. September 2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt neun Zehntel, der Kläger ein Zehntel der Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 7.944,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang vom Beklagten zu erstattende Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) während des Aufenthalts einer Hilfebedürftigen im Frauenhaus S. vom 28.08.2007 bis zum 29.02.2008 erbracht worden sind.

Mit Beschluss der Trägerversammlung vom 29.09.2006 war der damaligen ARGE Jobcenter Landkreis B. die Abrechnung der Kosten in Frauenhausfällen übertragen worden.

Die 1986 geborene S. Y. (Y.) bezog an ihrem Wohnort S. Leistungen nach dem SGB II. Vom 28.08.2007 bis zum 29.02.2008 wohnte sie im Frauenhaus S ... Die Kosten der Unterkunft für diesen Zeitraum wurden von der ARGE Saarbrücken an den Kläger erstattet.

Im Sozialbericht vom 07.11.2007 führte die Mitarbeiterin des Frauenhauses Sindelfingen, Frau B. aus, Frau Y. habe Schutz vor den Übergriffen und Bedrohungen durch ihre Familie gesucht. Sie befürchte immer noch, dass ihre Mutter und andere Familienmitglieder ihren Schritt nicht akzeptiert hätten und weiter versuchen würden, Druck auf sie auszuüben. Deshalb sei für sie der Schutz durch die Anonymität und die Begleitung im Frauen- und Kinderschutzhaus weiterhin notwendig.

Im Sozialbericht vom 12.02.2008 wurde ausgeführt, vor kurzem habe Frau Y. die Chance auf eine Wohnung gehabt. Die Adresse sei jedoch ihrer Familie von dritter Seite bekanntgegeben worden. Daraufhin sei ihr Bruder sofort dorthin gefahren und ihr gegenüber gewalttätig geworden. Deshalb sei für Frau Y. der Schutz durch die Anonymität und Begleitung im Frauen- und Kinderschutzhaus weiterhin notwendig.

Mit Schreiben vom 01.04.2008 machte das Jobcenter Landkreis B. gegenüber der ARGE S., dem Rechtsvorgänger der Beklagten, die Erstattung der Kosten für die psychosoziale Betreuung von Frau Y. in Höhe von insgesamt 7.944,- EUR geltend.

Mit Schreiben vom 14.05.2008 forderte der Beklagte das Jobcenter auf, eine detaillierte Aufstellung über die Zusammensetzung des Erstattungsbetrages mit Stundenzahl, Kosten und Kostenansatz des Frauenhauses vorzunehmen. Mit Schreiben vom 16.05.2008 teilte dieses mit, das Frauenhaus berechne für den Aufenthalt einen Tagessatz, in welchem die kompletten psychosozialen Betreuungskosten für die einzelnen Frauen enthalten seien. Der Tagessatz habe bis 31.12.2007 bei 44,- EUR gelegen, seit 01.01.2008 betrage er 40,- EUR. Nachdem der Beklagte eine weitere Aufschlüsselung hinsichtlich der geltend gemachten Kosten verlangt hatte, teilte der Landkreis B. und jetziger Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 04.07.2008 mit, die Tagessätze des Frauenhauses würden ausschließlich vom Trägerverein kalkuliert. Deshalb könne eine Kalkulationsgrundlage nicht zur Verfügung gestellt werden. Beigefügt war die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Landkreis Böblingen und dem Trägerverein, auf die Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 05.08.2008 trug der Beklagte vor, es sei offen, ob Frau Y. während des Aufenthalts im Frauenhaus überhaupt vermittlungsfähig gewesen sei bzw. ob es eine Aussage darüber gebe, dass mit den psychosozialen Leistungen eine Integration bzw. Rückkehr ins Erwerbsleben hinreichend Aussicht auf Erfolg gehabt habe. In einer internen Mitteilung des Beklagten wird hierzu ausgeführt, Frau Y. habe vom 28.09. bis 30.11.2007 auf Basis einer 400,-Euro-Beschäftigung gearbeitet. Dieses Einkommen sei vom Jobcenter auf die SGB II-Leistungsgewährung angerechnet worden.

Am 24.09.2008 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat die Kalkulation Tagessatz vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Er hat vorgetragen, der Landkreis Böblingen habe dem Jobcenter zwar durch Beschluss der Trägerversammlung förmlich die Abrechnung der Kosten in Frauenhausfällen übertragen. Nicht übertragen sei jedoch die gerichtliche Geltendmachung bzw. Klageerhebung in Streitfällen. Daher sei der Kläger für die Klage als zuständiger Kostenträger aktiv legitimiert. Es bestehe auch ein Erstattungsanspruch. Gerade bei Frauen, die infolge von Gewalt durch den Partner ins Frauenhaus flüchteten bestehe zunächst ein Vermittlungshemmnis. Insoweit sei zur Integration in den Arbeitsmarkt in der Regel eine psychosoziale Betreuung notwendig und werde regelmäßig zu einer Pauschale im Frauenhaus angeboten.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Notwendigkeit der psychosozialen Betreuung von Frau Y. im Frauenhaus sei nicht nachgewiesen. In den beiden Sozialberichten vom 07.11.2007 und 12.02.2008 werde lediglich das Schutzbedürfnis dargelegt. Es bleibe jedoch gänzlich offen, welche Hilfe geboten gewesen bzw. geleistet worden und welche Planung zukünftig beabsichtigt gewesen sei. Die Hilfeempfängerin habe vom 28.09.2007 bis 30.11.2007 eine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Somit stelle sich die Frage, inwieweit Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsprozess erforderlich gewesen seien. Bejahe man solche, könnte die psychosoziale Betreuung im Frauenhaus Teil der Leistung nach § 67 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewesen sein. In Ermangelung der Dokumentierung sei nicht nachvollziehbar, ob eine Eingliederungshilfevereinbarung der ARGE einschlägig gewesen sei.

Mit Urteil vom 07.12.2011 hat das SG den Beklagten verurteilt, an den Kläger 7.944,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24.09.2008 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch sei § 36 a SGB II in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II in der Fassung vom 19.07.2007 für den Zeitraum vom 28.08.2007 bis zum 30.09.2007, § 16 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Fassung vom 10.10.2007 für den Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2007 sowie § 16 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Fassung vom 19.12.2007 für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 29.02.2008. Trotz der dreimaligen Neufassung des § 16 SGB II habe sich die maßgebliche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 3 SGB II inhaltlich nicht geändert. Der Kläger habe die Aufschlüsselung der Berechnung der Tagessätze für die Dauer des Aufenthalts von Frau Y. im Frauenhaus sowie die Kalkulationsgrundlagen dargelegt. Diese Kosten seien in dieser Form auch tatsächlich angefallen und in diesem Umfang erforderlich gewesen. Es entspreche gerade Sinn und Zweck von § 36 a SGB II, eine einseitige Belastung von Kommunen, die Frauenhäuser betreiben, zu vermeiden und letztlich zu verhindern, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen würden. Der erstattungspflichtige Leistungsträger solle im Ergebnis nicht besser gestellt werden als er stünde, wenn er die Hilfebedürftige in ein von ihm selbst betriebenes Frauenhaus aufgenommen hätte. Die Kalkulation der Kosten ausweislich der Anlage I zur Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Trägerverein sei nicht zu beanstanden. Dass der Aufenthalt im Frauenhaus für den geltend gemachten Zeitraum erforderlich gewesen sei, ergebe sich aus den vorliegenden Sozialberichten vom 07.11.2007 und 12.02.2008. Eine Verlängerung des Aufenthalts und eine weitere Übernahme der Kosten sei beantragt worden, weil eine Stabilisierung von Frau Y. noch nicht erfolgt sei. Ausweislich des Berichts vom 12.02.2008 habe ein sachlicher Grund für die Verlängerung des Aufenthalts im Frauenhaus deshalb vorgelegen, weil die Adresse der Wohnung von Frau Y. ihrer Familie bekannt gegeben worden sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei eine detaillierte Dokumentation einer Eingliederungsstrategie nicht vom Gesetz als Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch vorgesehen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Rundschreiben vom 13.08.2009, in welchem lediglich darauf verwiesen werde, dass für jede Antragstellerin ausgehend von ihrer persönlichen und fachlichen Ausgangssituation eine speziell auf sie abgestimmte Eingliederungsstrategie aufgestellt werde, wobei die individuelle Lebenssituation und insbesondere auch die familiäre Situation zu berücksichtigen sei. Hieraus könne nämlich nicht geschlossen werden, dass eine Kostenerstattung nur dann in Betracht komme, wenn eine solche Eingliederungsstrategie detailliert schriftlich festgehalten worden sei. Bei den geltend gemachten Kosten handele es sich auch um Kosten der psychosozialen Betreuungsleistung. Die psychische und soziale Stabilisierung sei unabdingbare Voraussetzung dafür, dass eine Eingliederung in das Erwerbsleben angegangen werden könne. Entgegen der Auffassung des Beklagten müsse deshalb auch nicht unmittelbar nach Aufnahme festgestellt werden, welche konkreten Leistungen gegenüber dem Hilfebedürftigen im Einzelfall erbracht würden und weshalb diese indiziert seien. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Gegen das am 12.12.2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.01.2012 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss vom 06.11.2012 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Der Senat hat im Termin vom 19.06.2013 Frau B. als Zeugin gehört. Auf die Niederschrift wird insoweit Bezug genommen.

Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, die Zeugin B. habe sich an den Hilfefall nicht erinnern können. Somit sei nicht nachgewiesen, dass gegenüber Frau Y. Leistungen erbracht worden seien, die mindestens auch dazu gedient hätten, die Eingliederung in das Erwerbsleben zu fördern. Es könne nicht unterstellt werden, dass die üblichen bzw. gängigen Hilfen gewährt worden seien. Die diesbezüglichen Zweifel gingen zu Lasten des Klägers.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Dezember 2011 zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Akten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung ist zulässig, nachdem der Senat diese gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zugelassen hat.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Erstattung der Kosten für die psychosoziale Betreuung richtet.

Zur Klagebefugnis des Klägers und zur Darstellung der rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Zur Überzeugung des Senats sind die vom Kläger geltend gemachten Betreuungskosten für die Betreuung von Frau Y. tatsächlich angefallen.

Nach § 16 Abs. 2 SGB II können über die in § 16 Abs. 1 SGB II genannten Eingliederungsleistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Während § 16 Abs. 1 SGB II den Leistungskatalog der Eingliederungsleistungen nach dem SGB III in Bezug nimmt und die Erbringung dieser Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zuweist, ermöglicht § 16 Abs. 2 SGB II alte Fassung (a.F.) eine über diesen Leistungskatalog hinausgehende Förderung. In der Aufzählung im zweiten Halbsatz ist dabei die psychosoziale Betreuung (Nr. 3) als Leistung, die durch den kommunalen Träger zu erbringen ist, ausdrücklich genannt.

Voraussetzung der Erbringung von Ermessensleistungen auf dieser Grundlage ist neben der Leistungsberechtigung der Y. nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Erforderlichkeit der Leistung für die Eingliederung in das Erwerbsleben. Diese beurteilt sich nach den Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. Dies verlangt eine Prognose über die möglichen Konsequenzen und Erfolge der Eingliederungsleistung, wobei eine Leistungsgewährung nicht nur dann in Betracht kommt, wenn die Leistungsgewährung die einzige Möglichkeit zur Eingliederung des Leistungsberechtigten ist. Voraussetzung für die rechtmäßige Erbringung von Beratungs- und Betreuungsleistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II ist nicht, dass zuvor eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II abgeschlossen worden ist. Denn mit den kommunalen Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB II a.F. verfolgt der Gesetzgeber einen sozial-integrativen Ansatz. Mit der Gewährung solcher Leistungen soll verhindert werden, dass die Eingliederung ins Erwerbsleben an Schwierigkeiten scheitert, die in der allgemeinen Lebensführung ihren Grund haben. Diese gesetzgeberische Zielsetzung kann auch außerhalb von Eingliederungsvereinbarungen verwirklicht werden. Die psychosozialen Betreuungsleistungen können grundsätzlich auch während eines Aufenthalts im Frauenhaus erbracht werden. Ein genereller Ausschluss der Erbringung von Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II a.F. an erwerbsfähige und hilfebedürftige Frauen, die gerade wegen besonderer sozialer Schwierigkeiten auch eine Erwerbstätigkeit nur mit schwer zu überwindenden Schwierigkeiten nachgehen können, ist dem SGB II nicht zu entnehmen. (BSG, Urteil vom 23.05.2012 - B 14 AS 190/11 R - juris Rn. 26 ff.).

Frau Y. war während ihres Aufenthalts im Frauenhaus S. als erwerbsfähige Leistungsberechtigte einzustufen. Denn sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht, war hilfebedürftig, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und war auch erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Letzteres ergibt sich insbesondere daraus, dass sie während des Aufenthalts im Frauenhaus eine Arbeit auf 400 EUR Basis ausgeübt hat.

Es konnte zwar nicht mehr im Einzelnen festgestellt werden, welche konkreten Betreuungsleistungen an Frau Y. an welchen Tagen und in welcher Form erbracht worden sind. Zur Überzeugung des Senats ist es jedoch ausreichend, dass feststeht, dass während der gesamten Dauer des Aufenthalts im Frauenhaus entsprechende Leistungen gewährt worden sind. Die Zeugin B. hat hierzu angegeben, es habe Hilfestellung gegeben, wenn Anträge bei Behörden gestellt werden mussten. In ausführlichen Gesprächen sei der psychische Zustand der Frauen ermittelt worden. Insbesondere in den ersten Wochen des Aufenthalts sei der Betreuungsbedarf sehr hoch gewesen bezüglich Anträgen bei Behörden, Anfragen bei Anwälten und Geltendmachung von Unterhaltsleistungen. Es hätten Gespräche geführt werden müssen, um die Ängste der Frauen abzubauen, auch sei Hilfestellung gegeben worden beim Verlassen des Frauenhauses wie z.B. beim Einkaufen oder der Bewältigung depressiver Phasen. Weiter habe Hilfebedarf bestanden bezüglich der Strukturierung des Tagesablaufes. Hierzu hätten wöchentlich feste Treffen stattgefunden, bei denen organisatorische Fragen besprochen und die Selbstorganisation der Frauen vereinbart bzw. überprüft worden seien. Weitere Hilfestellungen hätten sich auf das Schreiben von Bewerbungen bezogen. Nach psychischer Stabilisierung habe sich der Hilfebedarf auf die Suche nach einer eigenen Wohnung außerhalb des Frauenhauses konzentriert. Die durchschnittliche Dauer des Aufenthalts im Frauenhaus habe sechs bis sieben Monate betragen.

Unbeachtlich ist, dass die Zeugin angegeben hat, sie könne sich an Frau Y. konkret nicht mehr erinnern, insbesondere da es mehrere Frauen gegeben habe, die für ein paar Stunden gearbeitet hätten. Denn zur Überzeugung des Senats sind die von der Zeugin B. geschilderten Betreuungsleistungen auch bei der Betreuung von Frau Y. erbracht worden.

Für die geltend gemachte Dauer bzw. die Gewährung von Leistungen der psychosozialen Betreuung für die gesamte Dauer des Aufenthalts von Frau Y. im Frauenhaus spricht zudem, dass Anfang des Jahres 2008 und damit nach ca. vier Monaten der Auszug von Frau Y. geplant war, dieser jedoch deshalb nicht zustande kam, weil die Adresse ihrer Familie von dritter Seite bekannt gegeben worden war und daraufhin ihr Bruder ihr gegenüber wieder gewalttätig geworden war und sie deshalb erneut in den Schutz des Frauenhauses zurückkehren musste. Hierdurch erachtet der Senat auch für die Folgezeit bis zum Auszug am 29.02.2008 die Erforderlichkeit von psychosozialen Betreuungsleistungen und deren tatsächliche Erbringung für hinreichend dargetan.

Die Berufung ist jedoch begründet, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24.09.2008 zu zahlen. Im Bereich der Sozialversicherung sind für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander Prozesszinsen nicht zu erstatten, weil es an einer ausdrücklichen sozialrechtlichen Anspruchsgrundlage und mangels planwidriger Regelungslücke auch an den Voraussetzungen für eine Analogie des § 291 (BGB) fehlt (BSG, Urteil vom 02.02.2010 - B 8 SO 22/08 R - juris Rn. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt das jeweilige Obsiegen bzw. Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved