Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 5278/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5249/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2011 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2011.
Der am 1956 geborene Kläger erlernte vom 1. August 1971 bis 21. Februar 1975 den Beruf des Karosseriebauers und war anschließend unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, des Wehr- bzw. Zivildienstes und Zeiten der Krankheit vom 15. Mai 1975 bis 31. Juli 1982 nach seinen Angaben überwiegend als Blechschlosser versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 27. September 1982 war er arbeitslos und bezog Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Am 8. Dezember 1982 erlitt er einen Verkehrsunfall, bei dem er sich einen komplizierten Unterschenkelbruch links zuzog, der 1985 die Amputation des linken Unterschenkels im Kniegelenk zur Folge hatte. Vom 1. Februar 1984 bis 31. Dezember 1986 bezog der Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (Bescheide vom 16. Mai 1984 und 19. Dezember 1985). In der Zeit vom 4. November 1985 bis 20. November 1989 war er unterbrochen durch eine Zeit des Krankengeldbezugs als Kontrolleur versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 21. November 1989 bis 31, Oktober 1994 war er zeitweise krank oder arbeitslos und bezog zeitweise Kranken- bzw. Übergangsgeld. Vom 21. Januar 1991 bis 30. April 1994 bezog er erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 2. September 1991/ Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1992; Bescheid vom 16. März 1993). Seit dem 1. Mai 1994 bezieht er Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 27. Oktober 1994). Daneben erhielt er vom 2. Mai bis 31. Oktober 1994 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Zwischen dem 1. April 1999 und 31. Januar 2004 war er geringfügig beschäftigt. Seit Dezember 1982 ist der Kläger nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis.
Am 5. Januar 2007 beantragte der Kläger die Umwandlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung des Klägers durch den Chirurgen Dr. Go ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 12. Februar 2007 unter Berücksichtigung von Arztbriefen des Orthopäden Dr. E. vom 4. April 2004 (Diagnosen: Coxarthrose beidseits, medial betonte Gonarthrose rechts, Zustand nach Knieexartikulation links), des Internisten Dr. M. vom 19. Juli 2000 (Diagnosen: Funktionelle Thorakoabdominalbeschwerden, meteoristisches Syndrom, Verdacht auf Roemheld-Syndrom, Hepatomegalie, diffuse Leberzellverfettung) und der von dem Allgemeinmediziner Dr. S. dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erteilten sachverständigen Zeugenauskunft vom 18. März 1997 (Diagnosen: Druckulcus am Amputationsstumpf, rezidivierende Phantomschmerzen bei Zustand nach Unterschenkelamputation links 1985, rezidivierende Schmerzen in der Lendenwirbelsäulenregion und in den Hüftgelenken bei degenerativen und arthrotischen Veränderungen, Bluthochdruck, Übergewicht, Verdacht auf Leberparenchymschaden) angegebene Phantomschmerzen nach Exartikulation des linken Unterschenkels im Kniegelenk Februar 1985 nach vorangegangener Unterschenkeltrümmerfraktur (privater Unfall am 8. Dezember 1982), Coxarthrose links stärker als rechts mit endgradiger Funktionseinschränkung beidseits, medial betonte Gonarthrose rechts und gering- bis mäßiggradige degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung und leichte Osteoporose. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Kläger könne weiterhin leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen sechs Stunden und mehr verrichten. Eine Minderung der Gehstrecke lasse sich aus den Befunden nicht ableiten. Mit Bescheid vom 26. Februar 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bisher bezogenen Rente wegen Berufsunfähigkeit ab. Erwerbsfähigkeit sei noch in dem Maße vorhanden, dass eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausgeübt werden könne.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, dass er sich durch seine starken Phantomschmerzen nicht in der Lage sehe, eine Tätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Er bat um die Erstellung eines neurologischen Gutachtens. Neurochirurg, Neurologe und Nervenarzt Dr. W. erstattete hierauf das Gutachten vom 18. April 2007. Der Kläger gab dem Gutachter gegenüber an, dass ihn eine Gehstrecke von 500 bis 1000 Meter schon ziemlich anstrengen würde. Außer Haus nehme er oft einen Handstock, in der Wohnung (nachts beim Gang auf die Toilette) zwei Unterarmstützen. Der Gutachter führte aus, der Gang des Klägers mit Prothese sei sicher und in typischer Weise ohne Hilfsmittel, sowohl in der Untersuchungssituation wie auch außer Haus. Er diagnostizierte Phantomschmerzen linker Unterschenkel und Fuß bei Zustand nach Unterschenkelamputation (1985) nach Motorradunfall (1982), arterielle Hypertonie, Adipositas und schädlichen Gebrauch von Alkohol und kam zu dem Ergebnis, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2007 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass dem Kläger, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Der Kläger erhob am 10. Juli 2007 Klage zum SG (zunächst geführt unter S 17/4 R 5391/07). Er trug vor, sein Gesundheitszustand habe sich innerhalb des letzten Jahres dermaßen verschlechtert, dass ihm nunmehr neben seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit auch Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehen müsse. Er könne auch leichte Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten. Die Phantomschmerzen hätten zugenommen, zwischenzeitlich müsse er das morphinhaltige Medikament Oxygesic einnehmen, was sich erheblich auf die Konzentrationsfähigkeit auswirke. Außerdem würden vermehrt Prothesenunverträglichkeiten auftreten. Er könne die Prothese nicht ständig tragen, schwitze sehr stark am Stumpf und müsse häufig den Prothesenstrumpf wechseln.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Die Berufsausübungsgemeinschaft Dr. M./Dr. Sc. führte in ihrer am 15. Oktober 2007 beim SG eingegangenen nicht unterschriebenen Auskunft aus, dass der Kläger wegen der Phantomschmerzen regelmäßig einer Schmerztherapie mit Opioidanalgetika bedürfe. Er könne seine Beinprothese nur zwei Stunden tragen, dann bekomme er Schmerzen und Hautentzündungen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er noch ca. zwei Stunden täglich verrichten. Ergänzend führte Dr. Sc. auf Nachfrage des SG unter dem 13. Februar 2008 aus, dass sich der Kläger am 27. Juli 2007 und am 15. Januar 2008 vorgestellt habe. Dabei habe er jeweils über Schmerzen und Hautreizungen am Oberschenkelstumpf sowie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen durch die Schmerztherapie mit Palladon und am 15. Januar 2008 zusätzlich auch über starke Phantomschmerzen geklagt. Hautreizungen seien in der Praxis nicht behandelt worden.
Das SG ordnete aufgrund übereinstimmenden Antrags der Beteiligten durch Beschluss vom 23. Juni 2008 das Ruhen des Verfahrens an.
Auf den vom Kläger am 30. Juli 2008 gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben absolvierte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten vom 24. bis 28. November 2008 ein betriebliches Eingliederungsmanagement im Berufsförderungswerk Bad Wildbad. Facharzt für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin Dr. St. führte in seinem hierüber verfassten Bericht vom 13. Januar 2009 aus, dass beim Kläger ein Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels in Kniehöhe mit chronischen Phantom- und Stumpfschmerzen bestehe und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliegen könne. Der Kläger erscheine vorsichtig, überlegt, nachdenklich, zögerlich und insgesamt etwas träge im Berichten. Er fühle sich nicht arbeitsfähig und scheine sich mit seiner Situation weitestgehend arrangiert zu haben. Die vorgesehene mehrstündige eignungspsychologische Untersuchung habe nur zur Hälfte durchgeführt werden können, da der Kläger nach der Hälfte der Zeit die Untersuchung aus Konzentrationsgründen vorzeitig abgebrochen habe. Die erzielten Ergebnisse seien aufgrund der eingeschränkten Konzentrationsleistung wenig aussagekräftig. Alle Ergebnisse seien unterdurchschnittlich. Körperlich habe sich der Kläger trotz eigentlich vorhandener guter statischer Körperkräfte nicht in der Lage gezeigt, Arbeiten mit einer größeren Gehstrecke oder mit Anteilen von Knien und Hocken zu verrichten. Auch sei er nicht in der Lage gewesen, länger als etwa eine Stunde und mit konkurrenzfähigem Tempo körperlich zu arbeiten. Intellektuell habe der Kläger ein weit unterdurchschnittliches, durch Schmerzen und Schmerzmedikamente eingeschränktes, Niveau gezeigt. Aktuell erweise sich der Kläger als unfähig, einer Arbeit, auch mit geringen körperlichen und/oder intellektuellen Anforderungen unter Berücksichtigung der speziellen körperlichen Einschränkungen, länger als eine bis höchstens zwei Stunden am Tag nachzugehen und dabei eine wirtschaftlich verwertbare Leistung zu erbringen. Zusammenfassend bleibe die Empfehlung, eine endgültige Berentung ernsthaft zu erwägen.
Am 3. August 2009 rief der Kläger das Verfahren vor dem SG, das nunmehr unter dem Aktenzeichen S 4 R 5278/09 geführt wurde, wieder an. Er regte die Beiziehung des - genannten - Berichts des Berufsförderungswerks an. Im weiteren Verlauf trug er vor, dass der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen sei, da er, nachdem er seit 1982 keinen Führerschein mehr habe, nach den von Prof. Dr. A. und von Dr. D. erstatteten Gutachten vom 12. April und 20. Dezember 2010 (hierzu jeweils im Folgenden) einen Arbeitsplatz in zumutbarer Weise nicht mehr aufsuchen könne. Bis 2004 sei er von dem Orthopäden Dr. E. behandelt worden, dieser habe ihm allerdings nur Schuhkeile verordnet. Der ihn nunmehr behandelnde Orthopäde Dr. Bo. sei der Auffassung, dass bei ihm auch eine erhebliche Einschränkung der Hüftgelenke vorliege. Im Übrigen nehme er weiterhin täglich das Schmerzmittel Palladon, das ihm wegen der ständigen starken Phantomschmerzen vom Hausarzt verordnet werde. Zur Unterstützung seines Vorbringens reichte er die Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Bo. vom 14. Juli 2010 (Wegstrecken von viermal 500 Meter nicht möglich), vom 13. April 2011 (neue Prothese des Klägers nicht optimal gefertigt, wegen offener Druckstellen Korrekturen erforderlich, Gehfähigkeit deutlich eingeschränkt) und vom 21. Juli 2011 (neue Prothese erhalten am 23. März 2011, bei der Untersuchung am 15. Juli 2011 zwei Druckstellen, Prothese weitgehend passgerecht, dennoch bestehe immer wieder Druckstellengefahr durch Schwitzen in der Prothese aufgrund des Kunststoffmaterials, völlige Ausheilung der Druckulcera sei nicht zu erwarten; durch Fehlbelastung auf der Gegenseite Knie- und Hüftbeschwerden) und die im Zusammenhang mit der Verordnung einer C-Leg-Prothese erstatteten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Gutachten des Dr. Ma. vom 13. Juli 2010: Kläger kommt zur Begutachtung ohne Gehstöcke; Tragezeit der Prothese über zehn Stunden täglich; Gangbild zeigt ein Verkürzungshinken links mit cirkumdikter Beinführung, mit angelegter Prothese deutlicher Beckenschiefstand links, Stumpf warm, aktuell ohne Hautulcerationen; Verordnung mit neuem Kniepassteil ausreichend und zweckmäßig; Gutachten des Dr. Sch. vom 24. August 2010: neues Kniepassteil ausreichend), das Attest von Dr. Sc. vom 6. April 2011 (Wegstrecken von viermal 500 Metern nicht möglich, aktuell wieder ein Druckulcus mit einem Zentimeter Durchmesser) und Fotographien seines Stumpfes nach.
Die Beklagte trat der Klage weiterhin entgegen unter Vorlage des genannten Berichts des Dr. St. und von Stellungnahmen des Internisten Dr. Buc. vom 19. Februar 2009 (Verschlechterung lasse sich mit den wahrgenommenen ärztlichen Behandlungen nicht in Einklang bringen; massive Zweifel an einer tatsächlichen konsequenten regelmäßigen Schmerzmedikation und damit auch an hieraus abgeleiteten, lediglich postulierten Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit; vom Kläger postulierte Hautreizungen seien nicht belegt; Einschätzung des Dr. St., wonach der Kläger nicht mehr als ein bis zwei Stunden beruflich tätig sein könne, erscheine nicht nachvollziehbar begründet), vom 16. November 2009 (wegen fehlender fachärztlicher Konsultation und fehlender Schmerzmedikation sei keine weitere Begutachtung erforderlich), vom 4. Juni 2010 (keine Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung auf der Grundlage des von Prof. Dr. A. erstatteten Gutachtens), vom 22. September 2010 (Leistungseinschätzung und Einschränkung der Wegefähigkeit werde von Dr. Bo. nicht begründet und sei nicht nachvollziehbar), vom 14. Januar 2011 (dem Gutachten von Dr. D. werde mit Ausnahme der Annahme einer theoretisch möglichen Aktivierung der Hüftgelenksarthrose beidseits gefolgt), vom 22. März 2011 (aus den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung lasse sich eine tatsächliche Einschränkung der sozialmedizinisch relevanten Gehstrecke nicht eindeutig und zweifelsfrei entnehmen), vom 18. Mai 2011 (aus vorübergehenden akuten Problemen bei der Neuanpassung der Prothese lasse sich eine Einschränkung von Dauer nicht ableiten) und vom 17. August 2011 (Aussage des Dr. Bo., wonach eine völlige Ausheilung der Druckgeschwüre nicht zu erwarten sei, erscheine unverständlich).
Das SG hörte erneut Dr. Sc. und außerdem Dr. St. als sachverständige Zeugen. Dr. Sc. gab in ihrer Auskunft vom 7. Oktober 2009 an, der Kläger habe sich am 15. Januar 2008 wegen starker Phantomschmerzen und am 27. Juli 2009 wegen des Verfahrens beim SG vorgestellt. Bis Juli 2008 sei regelmäßig Palladon 4 mg verordnet worden. Seither würden diesbezüglich keine Rezepte mehr angefordert. Die Prothesenversorgung des Klägers sei erschwert durch Hautreizungen am Oberschenkelstumpf. Das Problem werde verstärkt durch sein Übergewicht. Dazu kämen Phantomschmerzen. Allenfalls leichte Tätigkeiten könne der Kläger in einem Umfang von null bis drei Stunden täglich verrichten. Dr. Str. führte in seiner Auskunft vom 2. Oktober 2009 aus, dass die im Berufsförderungswerk B. W. durchgeführten Untersuchungen nicht dem Zwecke dienten, ein "gerichtsfestes" Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen. Sie seien arbeitsmedizinisch und arbeitspsychologisch orientiert und dienten der Beratung der teilnehmenden Probanden und der Auftraggeber. Die relevanten Diagnosen würden in der Regel den vorliegenden Fremdbefunden entnommen und nicht selbst ermittelt. Eine Kontrolle der Angaben der Probanden sei nicht möglich und würde ihnen auch in keiner Weise zustehen. Die Beurteilung, ob die ERGOS-Untersuchung mit vollem oder limitiertem Engagement durchgeführt werde, beruhe zum einen auf objektivierbaren Tatsachen, zum anderen auf den Beobachtungen und Eindrücken der in ihrem Metier langjährig erfahrenen Betreuer des ERGOS. Die getroffenen Aussagen über die Motivation des Klägers bezögen sich ausschließlich auf diese Untersuchung. Die abschließende Beurteilung geschehe aus der Sicht des arbeitsmedizinischen Praktikers. Er empfehle wie Dr. Buc. ebenfalls eine neurologisch/psychiatrische Begutachtung verbunden mit einer intensiven neuropsychologischen Untersuchung.
Im Auftrag des SG erstattete Prof. Dr. A., Chefarzt der Neurologie und Neuropsychiatrie der Kliniken H., der sich der Mitarbeit der Nervenärztin und Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. O.-J. bediente und ein von der Psychologin Ba. erstattetes neuropsychologisches Zusatzgutachten vom 13. April 2010 berücksichtigte, über den Kläger ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten vom 12. April 2010. Die Ärzte, denen gegenüber der Kläger angab, er nehme nur ab und zu ein Schmerzmittel ein und könne mit der Prothese ca. 500 bis 750 Meter gehen, beschrieben ein sehr langsames links hinkendes Gangbild des Klägers, wobei die Prothese im Kniegelenk nur eine sehr leichte Beugung zeige. Psychopathologisch habe sich keine gravierende depressive Symptomatik gefunden. Aus der umfangreichen biographischen Anamneseerhebung lasse sich erkennen, dass der Kläger sich offensichtlich recht zufrieden in seinem Alltag eingerichtet und über die Jahre ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten entwickelt habe. Letzteres sowie ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn habe sich auch in der neuropsychologischen Zusatzbegutachtung gezeigt. Im Bereich von Konzentration und Merkfähigkeit hätten sich allenfalls leichte Leistungsminderungen erkennen lassen. Der Sachverständige diagnostizierte einen inkonstanten, mäßiggradig ausgeprägten Phantomschmerz linker Unterschenkel nach Exartikulation des linken Unterschenkel im Bereich des linken Kniegelenkes 1985, chronisch rezidivierende Lumbalgien und eine arterielle Hypertonie. Leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer Lasten, Zeitdruck oder Akkord könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Der Kläger sei hinsichtlich der Wegstrecke eingeschränkt und könne mehr als 500 Meter kaum innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Allerdings könne er zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen.
Das SG hörte sodann Dr. Bo. als sachverständigen Zeugen. Dr. Bo. führte unter dem 28. Juli 2010 aus, dass sich der Kläger nach dem 27. März 1996 erneut am 14. Juli 2010 bei ihm vorgestellt habe. Er habe bei ihm eine Coxarthrose beidseits und ein rezidivierendes degeneratives Lumbalsyndrom jeweils mit Funktionseinschränkung und einen Zustand nach Amputation im Sinne einer Kniegelenksexartikulation links diagnostiziert. Das Zurücklegen von Wegstecken von viermal 500 Metern sei dem Kläger nicht möglich. Sein quantitatives Leistungsvermögen betrage für leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel drei bis unter sechs Stunden.
Im Auftrag des SG erstattete sodann Dr. D., Oberarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie des M.-hospitals S., sein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten vom 20. Dezember 2010. Dr. D. führte aus, der Amputationsstumpf zeige eine ausreichend gute Weichteilpolsterung und reizlose Weichteile. Beim Barfußgang (rechts und angelegter Beinprothese links) auf ebenem Boden resultiere ein sicheres Gangbild. Als Diagnosen nannte Dr. D. eine Unterschenkelamputation links, beidseits endgradig einschränkte Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule, endgradig eingeschränkte Vor- und Rück-Neig-Beweglichkeit sowie Rechts-Neig-Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und deutlich ausgeprägte Hüftgelenksarthrose beidseits bei endgradig eingeschränkter Hüftgelenksbeweglichkeit beidseits. Leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen ohne regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über sechs bis sieben Kilogramm und häufiges Treppensteigen sowie Steigen auf Leitern könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. In Zeiten der sog. "aktivierten Arthrose" werde der Kläger nicht in der Lage sein, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Er könne zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen.
Mit Urteil vom 9. November 2011 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2007, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für drei Jahre ab dem 1. Februar 2011 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Kläger sei zwar grundsätzlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, jedoch sei der Arbeitsmarkt für ihn aufgrund seiner derzeitig eingeschränkten Wegefähigkeit verschlossen. Die Kammer stütze ihre Überzeugung auf die durchgeführten medizinischen Ermittlungen, insbesondere auf das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. A. vom 12. April 2010, auf das neuropsychologische Zusatzgutachten der Psychologin Ba. vom 13. April 2010 sowie auf das orthopädische Gutachten des Dr. D. vom 20. Dezember 2010. Nach den Gutachten seien dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin sechs Stunden und mehr zumutbar. Dem Bericht des Dr. St. vom 13. Januar 2009 könne nicht gefolgt werden. Dr. St. verweise selbst darauf, dass die Untersuchungen nicht dem Zweck dienten, ein gerichtsfestes Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen. Nach Aussage des Dr. D. werde der Kläger aber in Zeiten der sog. aktivierten Arthrose, nicht in der Lage sein, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung auch überzeugend dargestellt, dass er nur noch sehr kurze Wegstrecken wahrnehmen könne. Aufgrund der erheblichen Schmerzen, die der Kläger aufgrund seiner Hüftgelenksarthrose regelmäßig habe, verbunden mit den Stumpfproblemen und der Prothese, sei es dem Kläger nicht mehr zuzumuten, täglich viermal eine Strecke von 500 Metern zurückzulegen. Diese eingeschränkte Wegefähigkeit liege jedenfalls ab der Aussage des Dr. Bo. vom 28. Juli 2010, der eine Coxarthrose mit Funktionseinschränkungen diagnostiziert habe, vor. Dem Hinweis der Beklagten, dass sich der Kläger in Zeiten der aktivierten Arthrose krankschreiben lassen könne, vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Die Wegefähigkeit müsse grundsätzlich jeden Tag vorliegen. Krankschreibungen würden das Problem nicht lösen, sondern nur auf einen anderen Versicherungsträger (Krankenkasse) verlagern. Die Rente werde befristet auf Zeit ab dem 1. Februar 2011 für die Dauer von drei Jahren gewährt.
Gegen dieses ihr am 23. November 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. November 2011 Berufung eingelegt. Dass eine rentenrelevante Einschränkung der Fähigkeit, in Frage kommende Arbeitsplätze zu erreichen, bestehe und dies bereits ab dem 28. Juli 2010, sehe sie unter Verweis auf die vorgelegten Stellungnahmen von Dr. Buc. nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Insbesondere in seiner Stellungnahme vom 14. Januar 2011 habe Dr. Buc. zutreffend darauf hingewiesen, dass der erst seit dem 14. Juli 2010 den Kläger wieder behandelnde Orthopäde Dr. Bo. eine aktivierte Hüftgelenksarthrose nicht diagnostiziert habe. Es würden sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass es in den letzten Jahren jemals zu einer aktivierten Hüftgelenksarthrose gekommen sein könne. Eine solche lasse sich auch der Befundung durch Dr. D. nicht entnehmen. Eine möglicherweise in der Zukunft auftretende aktivierte Arthrose rechtfertige keine derzeitige Berentung. Ergänzend hat Dr. Buc. in seinen von der Beklagten vorgelegten weiteren Stellungnahmen vom 5. Juli 2012 und 19. April 2013 sich dahingehend geäußert, dass sich zusammenfassend aus den vorgelegten Unterlagen keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte, die eine entscheidende Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründen könnten, gerade auch nicht im Hinblick auf die mögliche Gehstrecke, ergäben. Das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Orthopäden und Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He. (hierzu im Folgenden) sei schlüssig und nachvollziehbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2011 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bereits im Gutachten des Dr. Go. vom 7. Februar 2007 sei eine beidseitige Coxarthrose und auch eine Gonarthrose rechts diagnostiziert worden. Fehlende Wegefähigkeit sei im Rahmen der Begutachtungen durch Prof. Dr. A. und Dr. D. festgestellt worden. Die Arthrosen und die Stumpfbeschwerden würden sich im gegenseitigen Zusammenspiel nachteilig auf seine Gehfähigkeit auswirken und angesichts der Belastungen infolge der Unterschenkelamputation links seien sie ohne weiteres nachvollziehbar. Auf die Frage der Feststellung einer aktivierten Arthrose komme es somit nicht an. Dem von Dr. He. erstatteten Gutachten könne nicht gefolgt werden. Seine Einschätzung zur Gehfähigkeit sei nicht nachvollziehbar. Nach der von Dr. He. der Einbestellung beigefügten Wegbeschreibung befinde sich die Gutachtenpraxis etwa 400 Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Für diese Gehstrecke habe er 25 Minuten benötigt. Damit bestehe eine eingeschränkte Wegefähigkeit. Während des von der Berichterstatterin am 22. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger diese Angabe korrigiert. Er hat angegeben, er meine, er habe gesagt, dass er 35 Minuten gebraucht habe. Der Kläger hat die Wegbeschreibung des Dr. He. und den Arztbrief des Dr. Bo. vom 19. Dezember 2012, der beim Kläger ein degeneratives Lumbalsyndrom mit Funktionseinschränkung, rezidivierende Gonalgien rechts und einen Zustand nach Amputation im Sinne einer Kniegelenksexartikulation links sowie rezidivierende Druckulcera am Amputationsstumpf diagnostiziert hat, vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Dr. Bo. als sachverständigen Zeugen. Dr. Bo. (Auskunft vom 11. Juni 2012) hat angegeben, dass er den Kläger am 13. April und 15. Juli 2011 sowie am 12. März und 30. Mai 2012 behandelt habe. Es hätten sich Druck- und Bewegungsschmerzen beider Hüften, beide Hüften seien in der Rotation mittelgradig eingeschränkt, sowie druckschmerzhafte Verspannungen der Lendenwirbelsäule und eine mittelgradig schmerzhafte Einschränkung der Wirbelsäule gezeigt. Immer wieder zeigten sich auch Druckstellen am Amputationsstumpf. Die Prothese, die der Kläger am 23. März 2011 erhalten habe, sei nicht passgerecht gewesen, mittlerweile aber abgeändert. Am 15. Juli 2011 hätten sich zwei, am 12. März 2012 hätte sich eine Druckstelle am Stumpf gezeigt. Es bestehe immer wieder Druckstellengefahr durch Schwitzen in der Prothese, deshalb sei eine völlige Ausheilung der Druckulcera nicht zu erwarten. Durch Fehlbelastung bestünden auf der Gegenseite ebenfalls Knie- und Hüftbeschwerden. Die Röntgenaufnahme der Hüften vom 14. Juli 2011 zeige deutliche arthrotische Veränderungen beidseits. Ein schmerzfreies Gehen und das Zurücklegen von Wegstrecken von viermal täglich 500 Metern innerhalb von 20 Minuten sei dem Kläger nicht möglich. Am 12. März 2012 sei ihm, um die Mobilität zu erhöhen, ein Rollstuhl verordnet worden.
Im Auftrag des Senats hat sodann Dr. He. sein orthopädisches Gutachten vom 22. Oktober 2012 erstattet. Der Sachverständige, dem gegenüber der Kläger u.a. angab, er sei vom Hauptbahnhof Stuttgart mühselig zu Fuß zum Büro des Sachverständigen in Stuttgart gegangen, wobei er 20 Mal habe anhalten müssen und ca. 25 Minuten benötigt habe, hat aufgrund der Untersuchung des Klägers am 24. September 2012 das Gangbild des Klägers in bekleidetem Zustand mit "Prothesenschuhen" zum Einen als sicher, aber langsam mit ausgeprägtem, konstanten Schonhinken links unter Benutzung eines Gehstocks rechts, zum Anderen als mäßig flott, relativ sicher geschildert. Der Sachverständige hat eine verminderte Belastbarkeit der linken unteren Gliedmaße nach Unterschenkelamputation mit nachfolgend deutlicher Verschmächtigung der Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur links sowie Ausbildung eines kleinen chronischen Geschwürs am äußeren Narbenrand und anhaltenden, witterungs- und mondphasenabhängigen Phantomschmerzen sowie schmerzhafte Funktionsstörungen der Lenden-/Becken-/Hüftregion rechts ohne Nachweis eines massiven Hüftschadens rechts bei altersentsprechender Beweglichkeit in den Hüftgelenken und lediglich etwas reduzierter Einwärtsdrehung im rechten Hüftgelenk und ohne massive Arthrosezeichen auf den vorgelegten Röntgenaufnahmen festgestellt. Der Kläger sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen und nur mit gelegentlichem Treppensteigen über ein bis maximal zwei Stockwerke ohne Tragen von Lasten über fünf kg mehr als kurzfristig oder über Treppenstufen wenigstens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Nicht mehr zumutbar seien das Besteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände oder solchen, die mit Sprungbelastungen einhergingen, im Knien, in der Hockstellung oder mit ständigem Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen zu verrichten seien. Die Gehfähigkeit des Klägers sei sicherlich deutlich eingeschränkt. Der Kläger habe aber angegeben, er sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Stuttgart gereist und vom Hauptbahnhof Stuttgart dann zu Fuß zu seinem (des Sachverständigen) Büro gegangen. Für diese ca. 1000 Meter lange Gehstecke habe er ca. 25 Minuten benötigt. Er gehe deshalb davon aus, dass der Kläger tatsächlich in der Lage sei, viermal arbeitstäglich eine Wegstrecke von über 500 Metern in deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen. Auch könne er öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Die Einschätzung des Dr. D., die Gehfähigkeit sei aufgrund einer aktivierten Arthrose immer wieder eingeschränkt, überzeuge ihn aufgrund seiner (des Sachverständigen) sowie der dokumentierten klinischen und radiologischen Befunde nicht. Auf Nachfrage des Senats hat Dr. He. ausgeführt (Stellungnahme vom 8. März 2013), dass er die Entfernung zwischen dem Bahnhof S. und seinem Büro nie selbst vermessen habe. Nach Google-Maps liege die Entfernung bei etwa 600 Metern, zu diesen 600 Metern habe er noch ungefähr 300 bis 400 Meter Wegstrecke innerhalb des Bahnhofs und innerhalb des Königsbaus (Gebäude, in welchem sich die Gutachtenpraxis des Sachverständigen befindet) addiert, sodass er auf eine Wegstrecke von ca. 1000 Metern gekommen sei. Die Angaben, wonach der Kläger für die Strecke 25 Minuten gebraucht habe, habe er laut in dessen Anwesenheit diktiert, ohne dass ihn der Kläger dabei korrigiert habe. Die von ihm verwandten Begriffe wie "langsam" bzw. "mäßig flott" verwende er, um ein Gangbild zu beschreiben, das erkennbar unterhalb der üblichen Gehgeschwindigkeit (5 bis 6 km/h) liege. Er würde insoweit von einer Gehgeschwindigkeit von ca. zwei km pro Stunden ausgehen. Dies sei gleichbedeutend mit einer Gehstrecke von ca. 1000 Metern in einer halben Stunde. In einer weiteren Stellungnahme unter dem 4. Juli 2013 hat Dr. He. weiter an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten.
Sodann hat der Senat S. Ba., Orthopädiemechanikermeister im Sanitätshaus M., A., als Zeugen gehört. Dieser hat in seinen am 27. März und 9. April 2013 eingegangenen Auskünften ausgeführt, dass er den Kläger seit Mai 2010 mit einer Prothese versorge. Die letzte Versorgung sei im Juni 2012 erfolgt. Sowohl bei der alten als auch bei der neuen Prothese habe er eine offene Stelle lateral, distal Kondylus festgestellt. Die neue Prothese sei wegen der offenen Stelle noch nicht richtig angepasst. Der Kläger wünsche einen neuen Schaft. Wie lange der Kläger die alte bzw. neue Prothese tragen könne, wisse er nicht. Wenn der Kläger ihn aufsuche, trage er die Prothese. Das Gangbild des Klägers mit der letzten und der neuen Prothese sei gleich. Das Gangbild des Klägers mit Gehstützen sei leicht hinkend. Die Schrittgeschwindigkeit sei eher langsam.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten hin war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014 keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn er ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten und verfügt auch über die erforderliche Wegefähigkeit.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Frage des Anspruchs des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014. Nur für diesen Zeitraum hat das SG dem Kläger mit Urteil vom 9. November 2011 Rente zugesprochen. Hiergegen wendet sich allein die Beklagte mit der Berufung. Der Kläger begehrt nur, die Berufung zurückzuweisen und damit den Rentenanspruch wie vom SG entschieden zu bestätigen. Soweit das SG die Klage abgewiesen hat, ist das Urteil des SG rechtskräftig.
2. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG); vgl. insbesondere BSG Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, in juris) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben sein, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt.
a) Der Kläger ist in der Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014 nicht voll erwerbsgemindert, weil er noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Gutachten des Chirurgen Dr. Go. vom 12. Februar 2007, des Nervenarztes Dr. W. vom 18. April 2007, des Neurologen Prof. Dr. A. vom 12. April 2010, des Chirurgen Dr. D. vom 20. Dezember 2010 und des Orthopäden Dr. He. vom 22. Oktober 2012 fest.
Beim Kläger liegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet vor, wobei die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegende Amputation des linken Unterschenkels im Kniebereich und die daraus resultierende verminderte Belastbarkeit der linken unteren Gliedmaße mit Geschwür und Phantomschmerzen im Vordergrund steht. Außerdem bestehen beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet eine schmerzhafte Funktionsstörung im Bereich der Lendenwirbelsäule, des Beckens und der Hüfte und Kniebeschwerden rechts. Der Senat stützt dies auf das Gutachten des Dr. Go. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Bo. vom 11. Juni 2012. Die Phantomschmerzen und Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule und der Hüfte finden eine Bestätigung auch in den von Prof. Dr. A., Dr. D. und Dr. He. erstatteten Gutachten. Bezüglich der Phantomschmerzen legt der Senat darüber hinaus das von Dr. W. erstattete Gutachten und die sachverständigen Zeugenauskünfte der Dr. Sc. vom 15. Oktober 2007, 13. Februar 2008 und 7. Oktober 2009 und bezüglich des Druckulcus das Gutachten des Dr. He. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Bo. vom 11. Juni 2012, ausweislich derer zwar nicht mehr bei der letzten Untersuchung am 30. Mai 2012, aber noch am 12. März 2012 eine Druckstelle vorlag, sowie die Auskunft des Orthopädiemechanikermeisters Ba. vom März 2013 zugrunde. Internistischerseits leidet der Kläger an einem Bluthochdruck. Dies stützt der Senat auf die Gutachten des Dr. W. und des Prof. Dr. A ...
Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Sachverständige Dr. He. hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2012 schlüssig und überzeugend aus den beim Kläger gegebenen Einschränkungen in Folge der Amputation schwere und mittelschwere Arbeiten, Tätigkeiten, die nicht überwiegend im Sitzen zu verrichten sind, und solche, die mit mehr als kurzfristigem Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, Tragen dieser Lasten auf Treppenstufen, Treppensteigen über zwei Stockwerke, und dem Besteigen von Leitern und Gerüsten verbunden sind, die mit Sprungbelastungen einhergehen, sowie im Knien, in der Hockstellung, mit ständigem Wechsel zwischen Wärme und Kältezonen und auf unebenem oder rutschigem Gelände zu verrichten sind, ausgeschlossen. Eine Bestätigung finden diese Einschränkungen teilweise auch in den von Dr. Go., Dr. W. und Dr. D. erstatteten Gutachten. Prof. Dr. A. schloss des Weiteren auch Arbeiten, die mit Zeitdruck oder Akkord verbunden sind, und Wirbelsäulenzwangshaltungen erfordern, aus. Mit Blick auf den Bluthochdruck, die Wirbelsäulenbeschwerden und die Phantomschmerzen folgt der Senat diesbezüglich Prof. Dr. A ...
Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats weder Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht noch schwere spezifische Leistungseinschränkungen, die einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zu begründen vermöchten.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch dies stützt der Senat auf das Ergebnis der fünf Begutachtungen im Zusammenhang mit dem vom Kläger am 5. Januar 2007 gestellten Rentenantrag. Übereinstimmend sind die Gutachter und Sachverständigen für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass sich wegen der Amputation des linken Unterschenkels und den sich hieraus ergebenden Folgen in Form von Phantomschmerzen und Geschwüren, den Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule, der Hüfte und zeitweise des rechten Knies und auch unter Berücksichtigung des Bluthochdrucks in leichten körperlichen Tätigkeiten mit den genannten Leistungseinschränkungen eine Einschränkung der Belastungsdauer nicht ableiten lässt.
Die Einschätzung des Dr. St. in seinem Bericht vom 13. Januar 2009, wonach der Kläger unfähig sei, länger als eine bis höchstens zwei Stunden am Tag einer Arbeit nachzugehen, vermag dies nicht zu widerlegen. Wie Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 2. Oktober 2009 ausführte, hat er in seinem Bericht vom 13. Januar 2009 die relevanten Diagnosen den Fremdbefunden entnommen und die Angaben des Klägers nicht kontrolliert. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die vom Kläger angegebene Schmerzmitteleinnahme und die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit. Er schränkt deshalb seine Einschätzung in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 2. Oktober 2009 selbst ein, indem er angab, dass die im Berufsförderungswerk durchgeführten Untersuchungen nicht dem Zweck dienten, ein "gerichtsfestes" Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen, die abschließende Beurteilung geschehe aus der Sicht des arbeitsmedizinischen Praktikers, sowie empfahl, ein neurologisch/psychiatrischen Gutachtens verbunden mit einer intensiven neuropsychologischen Untersuchung einzuholen, um zu klären, wieweit die sicher zu vermutenden Motivationsdefizite beim Kläger bezüglich der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit einen medizinisch/psychiatrischen Hintergrund hätten. Solche Gutachten haben in der Folge Prof. Dr. A. auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet und Psychologin Ba. auf neuro-psychologischen Fachgebiet erstattet. Sie vermochten auf der Grundlage einer ausführlichen Untersuchung und Testung des Klägers - wie ausgeführt - die Einschätzung von Dr. St. nicht zu bestätigen.
Ebenso verhält es sich mit Blick auf die sachverständigen Zeugenauskünfte und Atteste von Dr. Sc. und Dr. Bo ... Abgesehen davon, dass beide Ärzte den Kläger äußerst selten behandeln, geben sie jeweils keine klinischen Befunde, insbesondere keine Bewegungseinschränkungen, an, die ihre Einschätzung stützen könnten. Schmerzmittel werden von Dr. Sc. nach ihrer Auskunft vom 7. Oktober 2009 seit Juli 2008 nicht mehr verordnet und das Geschwür wird weder von Dr. Sc. noch von Dr. Bo. behandelt. Bezüglich der am 14. Juli 2011 gefertigten Röntgenaufnahme gibt Dr. Bo. ohne weitere Erklärung lediglich an, dass sie deutliche arthrotische Veränderungen zeige. Dr. He. hat in seinem Gutachten für den Senat demgegenüber bezüglich dieser Röntgenaufnahme insoweit nachvollziehbar beschrieben, dass sich auf der linken Seite eine diffuse Sklerosierung im Pfannendachbereich und damit Zeichen einer mäßigen Hüftarthrose, rechts jedoch keine eindeutigen Sklerosierungsphänomene, Zysten und osteophytären Anbauten zeigten, so dass auch anhand der Röntgenaufnahme, zumal allein auf bildgebende Befunde keine Leistungseinschränkung gestützt werden könnte, die Einschätzung von Dr. Bo. keine Bestätigung findet.
b) Bei folglich im hier streitigen Zeitraum weiterhin erhaltener Erwerbsfähigkeit ist der Arbeitsmarkt für den Kläger aber auch nicht aus anderen Gründen verschlossen. Weder fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Wegefähigkeit, noch bedarf er unüblicher Arbeitsbedingungen. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor.
Insbesondere vermochte sich der Senat - anders als das SG - auch von einer rentenrelevanten Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers nicht zu überzeugen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit zwar auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 1988 - 5/4a RJ 57/87 -, in juris). Wegefähigkeit setzt darüber hinausgehend auch voraus, dass solche Wege in noch zumutbarer Zeit bewältigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 -, in juris). Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass für die Beurteilung dieses Zeitfaktors ein generalisierender Maßstab anzuwenden ist. Dabei kann von dem nach der Rechtsprechung des BSG zum Schwerbehindertenrecht noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für zwei km ausgegangen werden, der bereits kurze Wartezeiten und Zeiten des Herumstehens einbezieht. Umgerechnet auf 500 Meter ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird nach Einschätzung des BSG dann verlassen, wenn der Gehbehinderte für 500 Meter mehr als das Doppelte dieser Zeit, also etwa 20 Minuten benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, a.a.O.; zum Ganzen siehe zuletzt auch BSG, Urteile vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R und B 13 R 79/11 R -, beide in juris).
Anhand dieses Maßstabs lässt sich für den Kläger eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht herleiten. Dass der Kläger grundsätzlich in der Lage ist, eine solche Gehstrecke noch zu bewältigen, ergibt sich daraus, dass er gegenüber Dr. W. und Prof. Dr. A. selbst eingeräumt hat, er könne bis 1000 bzw. 750 Meter gehen. Insbesondere ist aber auch die Tatsache, dass der Kläger die Gutachtenpraxis des Dr. He. zu Fuß aufgesucht hat, ein Beleg dafür, dass ihm Strecken über 500 Meter noch möglich sind. Die Entfernung zwischen dem Hauptbahnhof (tief) in Stuttgart, wo die vom Kläger nach seinen Angaben Dr. He. gegenüber benutzte Bahn von Backnang ankam, und der Königstraße 26 in Stuttgart, wo sich die Gutachtenpraxis des Dr. He. befindet, beträgt nach dem ViaMichelin Routenplaner zu Fuß 600 Meter. Nicht berücksichtigt ist hierbei der Weg, den der Kläger von dem von ihm benutzten Zugwagen bis zum Meßpunkt des Routenplaners zurückzulegen hatte und der Weg innerhalb des Gebäudes K.-straße 26 zur Gutachtenpraxis des Dr. He ... Hierfür sind nach Überzeugung des Senats mindestens weitere 100 Meter anzusetzen, so dass vom Kläger insgesamt mindestens eine Strecke von 700 Metern zurückgelegt wurde. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf die von Dr. He. seiner Einbestellung beigefügte Wegbeschreibung stützen, wonach sich die Entfernung nur auf 400 Meter belaufe. Dr. He. hat die Strecke nach seinen Angaben nie vermessen und hierbei auch die innerhalb des Bahnhofs zurückzulegende Wegstrecke und die Strecke innerhalb des Gebäudes außen vor gelassen, weshalb durch diese Angabe auf der Wegbeschreibung die Messung nach dem ViaMichelin Routenplaner nicht widerlegt wird. Zur Überzeugung des Senats kann der Kläger eine solche Strecke auch noch in einer insgesamt zumutbaren Zeit bewältigen. Insoweit legt der Senat das Gutachten des Dr. He. vom 22. Oktober 2012 und die dortigen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen zugrunde. Der Kläger hat bei der Begutachtung Dr. He. gegenüber angegeben, dass er für die Strecke vom Bahnhof zur Gutachtenpraxis 25 Minuten gebraucht habe. Dr. He. hat seine Angabe in Anwesenheit des Klägers laut diktiert. Er wurde hierbei vom Kläger nicht korrigiert. Noch im Schriftsatz vom 9. Januar 2013 bestätigte der Kläger, dass er für die Gehstrecke 25 Minuten gebraucht habe. Erst anlässlich des von der Berichterstatterin am 22. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins gab er an, er meine, er habe zu Dr. He. gesagt, dass er 35 Minuten gebraucht habe. Damit ist die ursprüngliche Angabe des Klägers, abgesehen davon, dass er sich nicht sicher ist, sondern nur "meint", und im Übrigen seine ursprüngliche Angabe zunächst nicht korrigiert, sondern sogar schriftlich bestätigt hat, nicht widerlegt. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger für eine Strecke von mindestens 500 Metern nicht mehr als 20 Minuten braucht. Mit diesem Zeitmaß wird dem Maßstab des BSG entsprochen. Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. He. ist für den Senat im Übrigen anhand des weiteren Inhalts des Gutachtens, insbesondere der von ihm erhobenen Befunde, auch plausibel. Der Sachverständige hat davon berichtet, dass das Gangbild des Klägers sicher, aber langsam mit ausgeprägtem konstanten Schonhinken links unter Benutzung eines Gehstocks rechts bzw. mäßig flott, relativ sicher mit deutlichem Schonhinken sei. Im Bereich der Hüften, der Wirbelsäule und des rechten Knies konstatierte Dr. He. allenfalls endgradige Bewegungseinschränkungen. Die Narbe am Oberschenkelstumpf links war großteils reizlos und trocken, lediglich am seitlichen Narbenpol hatte sich unter einem Adhäsivverband Wundexsudat angesammelt. Aus den Ausführungen von Prof. Dr. A. in seinem Gutachten vom 12. April 2010, von Dr. Ma. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung vom 13. Juli 2010 und von Dr. D. in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2010 vermag der Senat nichts Abweichendes herzuleiten. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. A. vom 12. April 2010 konnte der Kläger ausreichend sicher gehen. Zur Begutachtung bei Dr. Ma. erschien der Kläger ohne Gehstöcke, sein Gangbild zeigte lediglich ein Verkürzungshinken links mit cirkumdikter Beinführung. Dr. D. gab in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2010 an, beim Kläger resultiere beim Barfußgang auf ebenem Boden ein sicheres Gangbild. Der einbeinige Zehenstand, Einbeinstand und das Einbeinhüpfen wurden rechts vorgeführt. Auch Dr. Go. und Dr. W. haben das Vorliegen von Wegefähigkeit bejaht.
Nicht widerlegt wird die gegebene Wegefähigkeit durch die sachverständigen Zeugenauskünfte und Atteste des Dr. Bo. sowie das Attest von Dr. Sc. vom 6. April 2011, wonach dem Kläger Wegstrecken von viermal 500 Metern nicht möglich seien. Die Ärzte haben auf ein Druckulcus hingewiesen. Allein ein Druckulcus, das insbesondere im Zusammenhang mit der Neuanpassung der Prothese auftrat, und nicht dauernd vorhanden ist, was der Senat darauf stützt, dass Dr. Bo. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 11. Juni 2012 angab, dass beim Kläger nur am 12. März, nicht jedoch 30. Mai 2012 ein Druckulcus vorlag, vermag eine eingeschränkte Wegefähigkeit jedoch nicht zu begründen. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die Schmerzen der Hüften, Kniebeschwerden und Verspannungen und die mittelgradig schmerzhafte Einschränkung der Wirbelsäule, die Dr. Bo. weiter angab. Ohne weitere Angaben wird hiermit eine eingeschränkte Wegefähigkeit nicht nachvollziehbar begründet. Die Auskünfte des Orthopädiemechanikermeisters Bauer vermögen eine eingeschränkte Wegefähigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Der Zeuge beschreibt das Gangbild des Klägers mit Gehstützen als leicht hinkend mit eher langsamer Schrittgeschwindigkeit. Dies spricht nicht für eine eingeschränkte Wegefähigkeit. Schließlich vermag sich der Senat auch weder mit Blick auf die Einschätzung von Prof. Dr. A. noch von Dr. D. von einer eingeschränkten Wegefähigkeit zu überzeugen. Soweit sich der Kläger auf Prof. Dr. A. beruft, ist festzuhalten, dass Prof. Dr. A. nur angab, dass der Kläger mehr als 500 Meter kaum innerhalb von 20 Minuten zurücklegen könne. Abgesehen davon, dass sich angesichts der Verwendung der Formulierung "kaum" hierauf eine Gewissheit, dass ihm dies nicht möglich ist, nicht stützen lässt, ist nach der Vorstellung des BSG eine minutengenaue Grenze nicht zu ziehen, vielmehr hat insgesamt eine Zumutbarkeitsbetrachtung zu erfolgen, die im Vergleich mit einer gesunden Person herzustellen ist und bei "etwa 20 Minuten" für 500 Meter liegt (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 R 5326/10 mit weiteren Ausführungen zur Rechtsprechung des BSG, nicht veröffentlicht). Die Wegefähigkeit des Klägers stellt sich damit auch nach dem Gutachten des Prof. Dr. A. insgesamt als ausreichend dar, er muss nicht mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten zurücklegen können. Im Übrigen vermögen die von Prof. Dr. A. erhobenen und bereits dargelegten Befunde eine Einschränkung in diesem Ausmaß auch nicht zu belegen. Die von Dr. D. bejahte eingeschränkte Wegefähigkeit gilt in Zeiten der sog. "aktivierten Arthrose". Eine solche vermochte weder Dr. D. noch die übrigen Gutachter und Sachverständigen und auch die den Kläger nur sehr sporadisch behandelnden Ärzte zu konstatieren.
Im Falle des Klägers resultiert ein Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auch nicht daraus, dass er in Folge der Amputation betriebsunübliche Arbeitsbedingungen einhalten muss, denn solche werden hierdurch nicht vorgegeben.
Schließlich liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zwar liegen beim Kläger auf orthopädischem und internistischen Fachgebiet unterschiedliche qualitative Leistungseinschränkungen vor. Diese ergeben jedoch in ihrer Gesamtschau kein unerfüllbares Tätigkeitsbild, sondern vielmehr insgesamt das typische Bild einer in jeder Hinsicht leichten Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen zu verrichten ist. Der Große Senat des BSG hat hierzu ausdrücklich entschieden, dass für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich ist, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann, soweit diese nicht als ungewöhnliche Einschränkung zu bezeichnen sind (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - a.a.O.). Ungewöhnliche Leistungseinschränkungen sind bei dem Kläger jedoch nicht diagnostiziert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2011.
Der am 1956 geborene Kläger erlernte vom 1. August 1971 bis 21. Februar 1975 den Beruf des Karosseriebauers und war anschließend unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, des Wehr- bzw. Zivildienstes und Zeiten der Krankheit vom 15. Mai 1975 bis 31. Juli 1982 nach seinen Angaben überwiegend als Blechschlosser versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 27. September 1982 war er arbeitslos und bezog Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Am 8. Dezember 1982 erlitt er einen Verkehrsunfall, bei dem er sich einen komplizierten Unterschenkelbruch links zuzog, der 1985 die Amputation des linken Unterschenkels im Kniegelenk zur Folge hatte. Vom 1. Februar 1984 bis 31. Dezember 1986 bezog der Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (Bescheide vom 16. Mai 1984 und 19. Dezember 1985). In der Zeit vom 4. November 1985 bis 20. November 1989 war er unterbrochen durch eine Zeit des Krankengeldbezugs als Kontrolleur versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 21. November 1989 bis 31, Oktober 1994 war er zeitweise krank oder arbeitslos und bezog zeitweise Kranken- bzw. Übergangsgeld. Vom 21. Januar 1991 bis 30. April 1994 bezog er erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 2. September 1991/ Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1992; Bescheid vom 16. März 1993). Seit dem 1. Mai 1994 bezieht er Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 27. Oktober 1994). Daneben erhielt er vom 2. Mai bis 31. Oktober 1994 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Zwischen dem 1. April 1999 und 31. Januar 2004 war er geringfügig beschäftigt. Seit Dezember 1982 ist der Kläger nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis.
Am 5. Januar 2007 beantragte der Kläger die Umwandlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung des Klägers durch den Chirurgen Dr. Go ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 12. Februar 2007 unter Berücksichtigung von Arztbriefen des Orthopäden Dr. E. vom 4. April 2004 (Diagnosen: Coxarthrose beidseits, medial betonte Gonarthrose rechts, Zustand nach Knieexartikulation links), des Internisten Dr. M. vom 19. Juli 2000 (Diagnosen: Funktionelle Thorakoabdominalbeschwerden, meteoristisches Syndrom, Verdacht auf Roemheld-Syndrom, Hepatomegalie, diffuse Leberzellverfettung) und der von dem Allgemeinmediziner Dr. S. dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erteilten sachverständigen Zeugenauskunft vom 18. März 1997 (Diagnosen: Druckulcus am Amputationsstumpf, rezidivierende Phantomschmerzen bei Zustand nach Unterschenkelamputation links 1985, rezidivierende Schmerzen in der Lendenwirbelsäulenregion und in den Hüftgelenken bei degenerativen und arthrotischen Veränderungen, Bluthochdruck, Übergewicht, Verdacht auf Leberparenchymschaden) angegebene Phantomschmerzen nach Exartikulation des linken Unterschenkels im Kniegelenk Februar 1985 nach vorangegangener Unterschenkeltrümmerfraktur (privater Unfall am 8. Dezember 1982), Coxarthrose links stärker als rechts mit endgradiger Funktionseinschränkung beidseits, medial betonte Gonarthrose rechts und gering- bis mäßiggradige degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung und leichte Osteoporose. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Kläger könne weiterhin leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen sechs Stunden und mehr verrichten. Eine Minderung der Gehstrecke lasse sich aus den Befunden nicht ableiten. Mit Bescheid vom 26. Februar 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bisher bezogenen Rente wegen Berufsunfähigkeit ab. Erwerbsfähigkeit sei noch in dem Maße vorhanden, dass eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausgeübt werden könne.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, dass er sich durch seine starken Phantomschmerzen nicht in der Lage sehe, eine Tätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Er bat um die Erstellung eines neurologischen Gutachtens. Neurochirurg, Neurologe und Nervenarzt Dr. W. erstattete hierauf das Gutachten vom 18. April 2007. Der Kläger gab dem Gutachter gegenüber an, dass ihn eine Gehstrecke von 500 bis 1000 Meter schon ziemlich anstrengen würde. Außer Haus nehme er oft einen Handstock, in der Wohnung (nachts beim Gang auf die Toilette) zwei Unterarmstützen. Der Gutachter führte aus, der Gang des Klägers mit Prothese sei sicher und in typischer Weise ohne Hilfsmittel, sowohl in der Untersuchungssituation wie auch außer Haus. Er diagnostizierte Phantomschmerzen linker Unterschenkel und Fuß bei Zustand nach Unterschenkelamputation (1985) nach Motorradunfall (1982), arterielle Hypertonie, Adipositas und schädlichen Gebrauch von Alkohol und kam zu dem Ergebnis, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2007 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass dem Kläger, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Der Kläger erhob am 10. Juli 2007 Klage zum SG (zunächst geführt unter S 17/4 R 5391/07). Er trug vor, sein Gesundheitszustand habe sich innerhalb des letzten Jahres dermaßen verschlechtert, dass ihm nunmehr neben seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit auch Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehen müsse. Er könne auch leichte Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten. Die Phantomschmerzen hätten zugenommen, zwischenzeitlich müsse er das morphinhaltige Medikament Oxygesic einnehmen, was sich erheblich auf die Konzentrationsfähigkeit auswirke. Außerdem würden vermehrt Prothesenunverträglichkeiten auftreten. Er könne die Prothese nicht ständig tragen, schwitze sehr stark am Stumpf und müsse häufig den Prothesenstrumpf wechseln.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Die Berufsausübungsgemeinschaft Dr. M./Dr. Sc. führte in ihrer am 15. Oktober 2007 beim SG eingegangenen nicht unterschriebenen Auskunft aus, dass der Kläger wegen der Phantomschmerzen regelmäßig einer Schmerztherapie mit Opioidanalgetika bedürfe. Er könne seine Beinprothese nur zwei Stunden tragen, dann bekomme er Schmerzen und Hautentzündungen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er noch ca. zwei Stunden täglich verrichten. Ergänzend führte Dr. Sc. auf Nachfrage des SG unter dem 13. Februar 2008 aus, dass sich der Kläger am 27. Juli 2007 und am 15. Januar 2008 vorgestellt habe. Dabei habe er jeweils über Schmerzen und Hautreizungen am Oberschenkelstumpf sowie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen durch die Schmerztherapie mit Palladon und am 15. Januar 2008 zusätzlich auch über starke Phantomschmerzen geklagt. Hautreizungen seien in der Praxis nicht behandelt worden.
Das SG ordnete aufgrund übereinstimmenden Antrags der Beteiligten durch Beschluss vom 23. Juni 2008 das Ruhen des Verfahrens an.
Auf den vom Kläger am 30. Juli 2008 gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben absolvierte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten vom 24. bis 28. November 2008 ein betriebliches Eingliederungsmanagement im Berufsförderungswerk Bad Wildbad. Facharzt für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin Dr. St. führte in seinem hierüber verfassten Bericht vom 13. Januar 2009 aus, dass beim Kläger ein Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels in Kniehöhe mit chronischen Phantom- und Stumpfschmerzen bestehe und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliegen könne. Der Kläger erscheine vorsichtig, überlegt, nachdenklich, zögerlich und insgesamt etwas träge im Berichten. Er fühle sich nicht arbeitsfähig und scheine sich mit seiner Situation weitestgehend arrangiert zu haben. Die vorgesehene mehrstündige eignungspsychologische Untersuchung habe nur zur Hälfte durchgeführt werden können, da der Kläger nach der Hälfte der Zeit die Untersuchung aus Konzentrationsgründen vorzeitig abgebrochen habe. Die erzielten Ergebnisse seien aufgrund der eingeschränkten Konzentrationsleistung wenig aussagekräftig. Alle Ergebnisse seien unterdurchschnittlich. Körperlich habe sich der Kläger trotz eigentlich vorhandener guter statischer Körperkräfte nicht in der Lage gezeigt, Arbeiten mit einer größeren Gehstrecke oder mit Anteilen von Knien und Hocken zu verrichten. Auch sei er nicht in der Lage gewesen, länger als etwa eine Stunde und mit konkurrenzfähigem Tempo körperlich zu arbeiten. Intellektuell habe der Kläger ein weit unterdurchschnittliches, durch Schmerzen und Schmerzmedikamente eingeschränktes, Niveau gezeigt. Aktuell erweise sich der Kläger als unfähig, einer Arbeit, auch mit geringen körperlichen und/oder intellektuellen Anforderungen unter Berücksichtigung der speziellen körperlichen Einschränkungen, länger als eine bis höchstens zwei Stunden am Tag nachzugehen und dabei eine wirtschaftlich verwertbare Leistung zu erbringen. Zusammenfassend bleibe die Empfehlung, eine endgültige Berentung ernsthaft zu erwägen.
Am 3. August 2009 rief der Kläger das Verfahren vor dem SG, das nunmehr unter dem Aktenzeichen S 4 R 5278/09 geführt wurde, wieder an. Er regte die Beiziehung des - genannten - Berichts des Berufsförderungswerks an. Im weiteren Verlauf trug er vor, dass der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen sei, da er, nachdem er seit 1982 keinen Führerschein mehr habe, nach den von Prof. Dr. A. und von Dr. D. erstatteten Gutachten vom 12. April und 20. Dezember 2010 (hierzu jeweils im Folgenden) einen Arbeitsplatz in zumutbarer Weise nicht mehr aufsuchen könne. Bis 2004 sei er von dem Orthopäden Dr. E. behandelt worden, dieser habe ihm allerdings nur Schuhkeile verordnet. Der ihn nunmehr behandelnde Orthopäde Dr. Bo. sei der Auffassung, dass bei ihm auch eine erhebliche Einschränkung der Hüftgelenke vorliege. Im Übrigen nehme er weiterhin täglich das Schmerzmittel Palladon, das ihm wegen der ständigen starken Phantomschmerzen vom Hausarzt verordnet werde. Zur Unterstützung seines Vorbringens reichte er die Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Bo. vom 14. Juli 2010 (Wegstrecken von viermal 500 Meter nicht möglich), vom 13. April 2011 (neue Prothese des Klägers nicht optimal gefertigt, wegen offener Druckstellen Korrekturen erforderlich, Gehfähigkeit deutlich eingeschränkt) und vom 21. Juli 2011 (neue Prothese erhalten am 23. März 2011, bei der Untersuchung am 15. Juli 2011 zwei Druckstellen, Prothese weitgehend passgerecht, dennoch bestehe immer wieder Druckstellengefahr durch Schwitzen in der Prothese aufgrund des Kunststoffmaterials, völlige Ausheilung der Druckulcera sei nicht zu erwarten; durch Fehlbelastung auf der Gegenseite Knie- und Hüftbeschwerden) und die im Zusammenhang mit der Verordnung einer C-Leg-Prothese erstatteten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Gutachten des Dr. Ma. vom 13. Juli 2010: Kläger kommt zur Begutachtung ohne Gehstöcke; Tragezeit der Prothese über zehn Stunden täglich; Gangbild zeigt ein Verkürzungshinken links mit cirkumdikter Beinführung, mit angelegter Prothese deutlicher Beckenschiefstand links, Stumpf warm, aktuell ohne Hautulcerationen; Verordnung mit neuem Kniepassteil ausreichend und zweckmäßig; Gutachten des Dr. Sch. vom 24. August 2010: neues Kniepassteil ausreichend), das Attest von Dr. Sc. vom 6. April 2011 (Wegstrecken von viermal 500 Metern nicht möglich, aktuell wieder ein Druckulcus mit einem Zentimeter Durchmesser) und Fotographien seines Stumpfes nach.
Die Beklagte trat der Klage weiterhin entgegen unter Vorlage des genannten Berichts des Dr. St. und von Stellungnahmen des Internisten Dr. Buc. vom 19. Februar 2009 (Verschlechterung lasse sich mit den wahrgenommenen ärztlichen Behandlungen nicht in Einklang bringen; massive Zweifel an einer tatsächlichen konsequenten regelmäßigen Schmerzmedikation und damit auch an hieraus abgeleiteten, lediglich postulierten Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit; vom Kläger postulierte Hautreizungen seien nicht belegt; Einschätzung des Dr. St., wonach der Kläger nicht mehr als ein bis zwei Stunden beruflich tätig sein könne, erscheine nicht nachvollziehbar begründet), vom 16. November 2009 (wegen fehlender fachärztlicher Konsultation und fehlender Schmerzmedikation sei keine weitere Begutachtung erforderlich), vom 4. Juni 2010 (keine Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung auf der Grundlage des von Prof. Dr. A. erstatteten Gutachtens), vom 22. September 2010 (Leistungseinschätzung und Einschränkung der Wegefähigkeit werde von Dr. Bo. nicht begründet und sei nicht nachvollziehbar), vom 14. Januar 2011 (dem Gutachten von Dr. D. werde mit Ausnahme der Annahme einer theoretisch möglichen Aktivierung der Hüftgelenksarthrose beidseits gefolgt), vom 22. März 2011 (aus den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung lasse sich eine tatsächliche Einschränkung der sozialmedizinisch relevanten Gehstrecke nicht eindeutig und zweifelsfrei entnehmen), vom 18. Mai 2011 (aus vorübergehenden akuten Problemen bei der Neuanpassung der Prothese lasse sich eine Einschränkung von Dauer nicht ableiten) und vom 17. August 2011 (Aussage des Dr. Bo., wonach eine völlige Ausheilung der Druckgeschwüre nicht zu erwarten sei, erscheine unverständlich).
Das SG hörte erneut Dr. Sc. und außerdem Dr. St. als sachverständige Zeugen. Dr. Sc. gab in ihrer Auskunft vom 7. Oktober 2009 an, der Kläger habe sich am 15. Januar 2008 wegen starker Phantomschmerzen und am 27. Juli 2009 wegen des Verfahrens beim SG vorgestellt. Bis Juli 2008 sei regelmäßig Palladon 4 mg verordnet worden. Seither würden diesbezüglich keine Rezepte mehr angefordert. Die Prothesenversorgung des Klägers sei erschwert durch Hautreizungen am Oberschenkelstumpf. Das Problem werde verstärkt durch sein Übergewicht. Dazu kämen Phantomschmerzen. Allenfalls leichte Tätigkeiten könne der Kläger in einem Umfang von null bis drei Stunden täglich verrichten. Dr. Str. führte in seiner Auskunft vom 2. Oktober 2009 aus, dass die im Berufsförderungswerk B. W. durchgeführten Untersuchungen nicht dem Zwecke dienten, ein "gerichtsfestes" Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen. Sie seien arbeitsmedizinisch und arbeitspsychologisch orientiert und dienten der Beratung der teilnehmenden Probanden und der Auftraggeber. Die relevanten Diagnosen würden in der Regel den vorliegenden Fremdbefunden entnommen und nicht selbst ermittelt. Eine Kontrolle der Angaben der Probanden sei nicht möglich und würde ihnen auch in keiner Weise zustehen. Die Beurteilung, ob die ERGOS-Untersuchung mit vollem oder limitiertem Engagement durchgeführt werde, beruhe zum einen auf objektivierbaren Tatsachen, zum anderen auf den Beobachtungen und Eindrücken der in ihrem Metier langjährig erfahrenen Betreuer des ERGOS. Die getroffenen Aussagen über die Motivation des Klägers bezögen sich ausschließlich auf diese Untersuchung. Die abschließende Beurteilung geschehe aus der Sicht des arbeitsmedizinischen Praktikers. Er empfehle wie Dr. Buc. ebenfalls eine neurologisch/psychiatrische Begutachtung verbunden mit einer intensiven neuropsychologischen Untersuchung.
Im Auftrag des SG erstattete Prof. Dr. A., Chefarzt der Neurologie und Neuropsychiatrie der Kliniken H., der sich der Mitarbeit der Nervenärztin und Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. O.-J. bediente und ein von der Psychologin Ba. erstattetes neuropsychologisches Zusatzgutachten vom 13. April 2010 berücksichtigte, über den Kläger ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten vom 12. April 2010. Die Ärzte, denen gegenüber der Kläger angab, er nehme nur ab und zu ein Schmerzmittel ein und könne mit der Prothese ca. 500 bis 750 Meter gehen, beschrieben ein sehr langsames links hinkendes Gangbild des Klägers, wobei die Prothese im Kniegelenk nur eine sehr leichte Beugung zeige. Psychopathologisch habe sich keine gravierende depressive Symptomatik gefunden. Aus der umfangreichen biographischen Anamneseerhebung lasse sich erkennen, dass der Kläger sich offensichtlich recht zufrieden in seinem Alltag eingerichtet und über die Jahre ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten entwickelt habe. Letzteres sowie ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn habe sich auch in der neuropsychologischen Zusatzbegutachtung gezeigt. Im Bereich von Konzentration und Merkfähigkeit hätten sich allenfalls leichte Leistungsminderungen erkennen lassen. Der Sachverständige diagnostizierte einen inkonstanten, mäßiggradig ausgeprägten Phantomschmerz linker Unterschenkel nach Exartikulation des linken Unterschenkel im Bereich des linken Kniegelenkes 1985, chronisch rezidivierende Lumbalgien und eine arterielle Hypertonie. Leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer Lasten, Zeitdruck oder Akkord könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Der Kläger sei hinsichtlich der Wegstrecke eingeschränkt und könne mehr als 500 Meter kaum innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Allerdings könne er zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen.
Das SG hörte sodann Dr. Bo. als sachverständigen Zeugen. Dr. Bo. führte unter dem 28. Juli 2010 aus, dass sich der Kläger nach dem 27. März 1996 erneut am 14. Juli 2010 bei ihm vorgestellt habe. Er habe bei ihm eine Coxarthrose beidseits und ein rezidivierendes degeneratives Lumbalsyndrom jeweils mit Funktionseinschränkung und einen Zustand nach Amputation im Sinne einer Kniegelenksexartikulation links diagnostiziert. Das Zurücklegen von Wegstecken von viermal 500 Metern sei dem Kläger nicht möglich. Sein quantitatives Leistungsvermögen betrage für leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel drei bis unter sechs Stunden.
Im Auftrag des SG erstattete sodann Dr. D., Oberarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie des M.-hospitals S., sein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten vom 20. Dezember 2010. Dr. D. führte aus, der Amputationsstumpf zeige eine ausreichend gute Weichteilpolsterung und reizlose Weichteile. Beim Barfußgang (rechts und angelegter Beinprothese links) auf ebenem Boden resultiere ein sicheres Gangbild. Als Diagnosen nannte Dr. D. eine Unterschenkelamputation links, beidseits endgradig einschränkte Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule, endgradig eingeschränkte Vor- und Rück-Neig-Beweglichkeit sowie Rechts-Neig-Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und deutlich ausgeprägte Hüftgelenksarthrose beidseits bei endgradig eingeschränkter Hüftgelenksbeweglichkeit beidseits. Leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen ohne regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über sechs bis sieben Kilogramm und häufiges Treppensteigen sowie Steigen auf Leitern könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. In Zeiten der sog. "aktivierten Arthrose" werde der Kläger nicht in der Lage sein, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Er könne zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen.
Mit Urteil vom 9. November 2011 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2007, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für drei Jahre ab dem 1. Februar 2011 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Kläger sei zwar grundsätzlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, jedoch sei der Arbeitsmarkt für ihn aufgrund seiner derzeitig eingeschränkten Wegefähigkeit verschlossen. Die Kammer stütze ihre Überzeugung auf die durchgeführten medizinischen Ermittlungen, insbesondere auf das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. A. vom 12. April 2010, auf das neuropsychologische Zusatzgutachten der Psychologin Ba. vom 13. April 2010 sowie auf das orthopädische Gutachten des Dr. D. vom 20. Dezember 2010. Nach den Gutachten seien dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin sechs Stunden und mehr zumutbar. Dem Bericht des Dr. St. vom 13. Januar 2009 könne nicht gefolgt werden. Dr. St. verweise selbst darauf, dass die Untersuchungen nicht dem Zweck dienten, ein gerichtsfestes Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen. Nach Aussage des Dr. D. werde der Kläger aber in Zeiten der sog. aktivierten Arthrose, nicht in der Lage sein, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung auch überzeugend dargestellt, dass er nur noch sehr kurze Wegstrecken wahrnehmen könne. Aufgrund der erheblichen Schmerzen, die der Kläger aufgrund seiner Hüftgelenksarthrose regelmäßig habe, verbunden mit den Stumpfproblemen und der Prothese, sei es dem Kläger nicht mehr zuzumuten, täglich viermal eine Strecke von 500 Metern zurückzulegen. Diese eingeschränkte Wegefähigkeit liege jedenfalls ab der Aussage des Dr. Bo. vom 28. Juli 2010, der eine Coxarthrose mit Funktionseinschränkungen diagnostiziert habe, vor. Dem Hinweis der Beklagten, dass sich der Kläger in Zeiten der aktivierten Arthrose krankschreiben lassen könne, vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Die Wegefähigkeit müsse grundsätzlich jeden Tag vorliegen. Krankschreibungen würden das Problem nicht lösen, sondern nur auf einen anderen Versicherungsträger (Krankenkasse) verlagern. Die Rente werde befristet auf Zeit ab dem 1. Februar 2011 für die Dauer von drei Jahren gewährt.
Gegen dieses ihr am 23. November 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. November 2011 Berufung eingelegt. Dass eine rentenrelevante Einschränkung der Fähigkeit, in Frage kommende Arbeitsplätze zu erreichen, bestehe und dies bereits ab dem 28. Juli 2010, sehe sie unter Verweis auf die vorgelegten Stellungnahmen von Dr. Buc. nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Insbesondere in seiner Stellungnahme vom 14. Januar 2011 habe Dr. Buc. zutreffend darauf hingewiesen, dass der erst seit dem 14. Juli 2010 den Kläger wieder behandelnde Orthopäde Dr. Bo. eine aktivierte Hüftgelenksarthrose nicht diagnostiziert habe. Es würden sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass es in den letzten Jahren jemals zu einer aktivierten Hüftgelenksarthrose gekommen sein könne. Eine solche lasse sich auch der Befundung durch Dr. D. nicht entnehmen. Eine möglicherweise in der Zukunft auftretende aktivierte Arthrose rechtfertige keine derzeitige Berentung. Ergänzend hat Dr. Buc. in seinen von der Beklagten vorgelegten weiteren Stellungnahmen vom 5. Juli 2012 und 19. April 2013 sich dahingehend geäußert, dass sich zusammenfassend aus den vorgelegten Unterlagen keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte, die eine entscheidende Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründen könnten, gerade auch nicht im Hinblick auf die mögliche Gehstrecke, ergäben. Das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Orthopäden und Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He. (hierzu im Folgenden) sei schlüssig und nachvollziehbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2011 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bereits im Gutachten des Dr. Go. vom 7. Februar 2007 sei eine beidseitige Coxarthrose und auch eine Gonarthrose rechts diagnostiziert worden. Fehlende Wegefähigkeit sei im Rahmen der Begutachtungen durch Prof. Dr. A. und Dr. D. festgestellt worden. Die Arthrosen und die Stumpfbeschwerden würden sich im gegenseitigen Zusammenspiel nachteilig auf seine Gehfähigkeit auswirken und angesichts der Belastungen infolge der Unterschenkelamputation links seien sie ohne weiteres nachvollziehbar. Auf die Frage der Feststellung einer aktivierten Arthrose komme es somit nicht an. Dem von Dr. He. erstatteten Gutachten könne nicht gefolgt werden. Seine Einschätzung zur Gehfähigkeit sei nicht nachvollziehbar. Nach der von Dr. He. der Einbestellung beigefügten Wegbeschreibung befinde sich die Gutachtenpraxis etwa 400 Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Für diese Gehstrecke habe er 25 Minuten benötigt. Damit bestehe eine eingeschränkte Wegefähigkeit. Während des von der Berichterstatterin am 22. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger diese Angabe korrigiert. Er hat angegeben, er meine, er habe gesagt, dass er 35 Minuten gebraucht habe. Der Kläger hat die Wegbeschreibung des Dr. He. und den Arztbrief des Dr. Bo. vom 19. Dezember 2012, der beim Kläger ein degeneratives Lumbalsyndrom mit Funktionseinschränkung, rezidivierende Gonalgien rechts und einen Zustand nach Amputation im Sinne einer Kniegelenksexartikulation links sowie rezidivierende Druckulcera am Amputationsstumpf diagnostiziert hat, vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Dr. Bo. als sachverständigen Zeugen. Dr. Bo. (Auskunft vom 11. Juni 2012) hat angegeben, dass er den Kläger am 13. April und 15. Juli 2011 sowie am 12. März und 30. Mai 2012 behandelt habe. Es hätten sich Druck- und Bewegungsschmerzen beider Hüften, beide Hüften seien in der Rotation mittelgradig eingeschränkt, sowie druckschmerzhafte Verspannungen der Lendenwirbelsäule und eine mittelgradig schmerzhafte Einschränkung der Wirbelsäule gezeigt. Immer wieder zeigten sich auch Druckstellen am Amputationsstumpf. Die Prothese, die der Kläger am 23. März 2011 erhalten habe, sei nicht passgerecht gewesen, mittlerweile aber abgeändert. Am 15. Juli 2011 hätten sich zwei, am 12. März 2012 hätte sich eine Druckstelle am Stumpf gezeigt. Es bestehe immer wieder Druckstellengefahr durch Schwitzen in der Prothese, deshalb sei eine völlige Ausheilung der Druckulcera nicht zu erwarten. Durch Fehlbelastung bestünden auf der Gegenseite ebenfalls Knie- und Hüftbeschwerden. Die Röntgenaufnahme der Hüften vom 14. Juli 2011 zeige deutliche arthrotische Veränderungen beidseits. Ein schmerzfreies Gehen und das Zurücklegen von Wegstrecken von viermal täglich 500 Metern innerhalb von 20 Minuten sei dem Kläger nicht möglich. Am 12. März 2012 sei ihm, um die Mobilität zu erhöhen, ein Rollstuhl verordnet worden.
Im Auftrag des Senats hat sodann Dr. He. sein orthopädisches Gutachten vom 22. Oktober 2012 erstattet. Der Sachverständige, dem gegenüber der Kläger u.a. angab, er sei vom Hauptbahnhof Stuttgart mühselig zu Fuß zum Büro des Sachverständigen in Stuttgart gegangen, wobei er 20 Mal habe anhalten müssen und ca. 25 Minuten benötigt habe, hat aufgrund der Untersuchung des Klägers am 24. September 2012 das Gangbild des Klägers in bekleidetem Zustand mit "Prothesenschuhen" zum Einen als sicher, aber langsam mit ausgeprägtem, konstanten Schonhinken links unter Benutzung eines Gehstocks rechts, zum Anderen als mäßig flott, relativ sicher geschildert. Der Sachverständige hat eine verminderte Belastbarkeit der linken unteren Gliedmaße nach Unterschenkelamputation mit nachfolgend deutlicher Verschmächtigung der Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur links sowie Ausbildung eines kleinen chronischen Geschwürs am äußeren Narbenrand und anhaltenden, witterungs- und mondphasenabhängigen Phantomschmerzen sowie schmerzhafte Funktionsstörungen der Lenden-/Becken-/Hüftregion rechts ohne Nachweis eines massiven Hüftschadens rechts bei altersentsprechender Beweglichkeit in den Hüftgelenken und lediglich etwas reduzierter Einwärtsdrehung im rechten Hüftgelenk und ohne massive Arthrosezeichen auf den vorgelegten Röntgenaufnahmen festgestellt. Der Kläger sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen und nur mit gelegentlichem Treppensteigen über ein bis maximal zwei Stockwerke ohne Tragen von Lasten über fünf kg mehr als kurzfristig oder über Treppenstufen wenigstens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Nicht mehr zumutbar seien das Besteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände oder solchen, die mit Sprungbelastungen einhergingen, im Knien, in der Hockstellung oder mit ständigem Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen zu verrichten seien. Die Gehfähigkeit des Klägers sei sicherlich deutlich eingeschränkt. Der Kläger habe aber angegeben, er sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Stuttgart gereist und vom Hauptbahnhof Stuttgart dann zu Fuß zu seinem (des Sachverständigen) Büro gegangen. Für diese ca. 1000 Meter lange Gehstecke habe er ca. 25 Minuten benötigt. Er gehe deshalb davon aus, dass der Kläger tatsächlich in der Lage sei, viermal arbeitstäglich eine Wegstrecke von über 500 Metern in deutlich unter 20 Minuten zurückzulegen. Auch könne er öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Die Einschätzung des Dr. D., die Gehfähigkeit sei aufgrund einer aktivierten Arthrose immer wieder eingeschränkt, überzeuge ihn aufgrund seiner (des Sachverständigen) sowie der dokumentierten klinischen und radiologischen Befunde nicht. Auf Nachfrage des Senats hat Dr. He. ausgeführt (Stellungnahme vom 8. März 2013), dass er die Entfernung zwischen dem Bahnhof S. und seinem Büro nie selbst vermessen habe. Nach Google-Maps liege die Entfernung bei etwa 600 Metern, zu diesen 600 Metern habe er noch ungefähr 300 bis 400 Meter Wegstrecke innerhalb des Bahnhofs und innerhalb des Königsbaus (Gebäude, in welchem sich die Gutachtenpraxis des Sachverständigen befindet) addiert, sodass er auf eine Wegstrecke von ca. 1000 Metern gekommen sei. Die Angaben, wonach der Kläger für die Strecke 25 Minuten gebraucht habe, habe er laut in dessen Anwesenheit diktiert, ohne dass ihn der Kläger dabei korrigiert habe. Die von ihm verwandten Begriffe wie "langsam" bzw. "mäßig flott" verwende er, um ein Gangbild zu beschreiben, das erkennbar unterhalb der üblichen Gehgeschwindigkeit (5 bis 6 km/h) liege. Er würde insoweit von einer Gehgeschwindigkeit von ca. zwei km pro Stunden ausgehen. Dies sei gleichbedeutend mit einer Gehstrecke von ca. 1000 Metern in einer halben Stunde. In einer weiteren Stellungnahme unter dem 4. Juli 2013 hat Dr. He. weiter an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten.
Sodann hat der Senat S. Ba., Orthopädiemechanikermeister im Sanitätshaus M., A., als Zeugen gehört. Dieser hat in seinen am 27. März und 9. April 2013 eingegangenen Auskünften ausgeführt, dass er den Kläger seit Mai 2010 mit einer Prothese versorge. Die letzte Versorgung sei im Juni 2012 erfolgt. Sowohl bei der alten als auch bei der neuen Prothese habe er eine offene Stelle lateral, distal Kondylus festgestellt. Die neue Prothese sei wegen der offenen Stelle noch nicht richtig angepasst. Der Kläger wünsche einen neuen Schaft. Wie lange der Kläger die alte bzw. neue Prothese tragen könne, wisse er nicht. Wenn der Kläger ihn aufsuche, trage er die Prothese. Das Gangbild des Klägers mit der letzten und der neuen Prothese sei gleich. Das Gangbild des Klägers mit Gehstützen sei leicht hinkend. Die Schrittgeschwindigkeit sei eher langsam.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten hin war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014 keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn er ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten und verfügt auch über die erforderliche Wegefähigkeit.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Frage des Anspruchs des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014. Nur für diesen Zeitraum hat das SG dem Kläger mit Urteil vom 9. November 2011 Rente zugesprochen. Hiergegen wendet sich allein die Beklagte mit der Berufung. Der Kläger begehrt nur, die Berufung zurückzuweisen und damit den Rentenanspruch wie vom SG entschieden zu bestätigen. Soweit das SG die Klage abgewiesen hat, ist das Urteil des SG rechtskräftig.
2. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG); vgl. insbesondere BSG Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, in juris) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben sein, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt.
a) Der Kläger ist in der Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2014 nicht voll erwerbsgemindert, weil er noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Gutachten des Chirurgen Dr. Go. vom 12. Februar 2007, des Nervenarztes Dr. W. vom 18. April 2007, des Neurologen Prof. Dr. A. vom 12. April 2010, des Chirurgen Dr. D. vom 20. Dezember 2010 und des Orthopäden Dr. He. vom 22. Oktober 2012 fest.
Beim Kläger liegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet vor, wobei die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegende Amputation des linken Unterschenkels im Kniebereich und die daraus resultierende verminderte Belastbarkeit der linken unteren Gliedmaße mit Geschwür und Phantomschmerzen im Vordergrund steht. Außerdem bestehen beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet eine schmerzhafte Funktionsstörung im Bereich der Lendenwirbelsäule, des Beckens und der Hüfte und Kniebeschwerden rechts. Der Senat stützt dies auf das Gutachten des Dr. Go. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Bo. vom 11. Juni 2012. Die Phantomschmerzen und Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule und der Hüfte finden eine Bestätigung auch in den von Prof. Dr. A., Dr. D. und Dr. He. erstatteten Gutachten. Bezüglich der Phantomschmerzen legt der Senat darüber hinaus das von Dr. W. erstattete Gutachten und die sachverständigen Zeugenauskünfte der Dr. Sc. vom 15. Oktober 2007, 13. Februar 2008 und 7. Oktober 2009 und bezüglich des Druckulcus das Gutachten des Dr. He. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Bo. vom 11. Juni 2012, ausweislich derer zwar nicht mehr bei der letzten Untersuchung am 30. Mai 2012, aber noch am 12. März 2012 eine Druckstelle vorlag, sowie die Auskunft des Orthopädiemechanikermeisters Ba. vom März 2013 zugrunde. Internistischerseits leidet der Kläger an einem Bluthochdruck. Dies stützt der Senat auf die Gutachten des Dr. W. und des Prof. Dr. A ...
Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Sachverständige Dr. He. hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2012 schlüssig und überzeugend aus den beim Kläger gegebenen Einschränkungen in Folge der Amputation schwere und mittelschwere Arbeiten, Tätigkeiten, die nicht überwiegend im Sitzen zu verrichten sind, und solche, die mit mehr als kurzfristigem Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, Tragen dieser Lasten auf Treppenstufen, Treppensteigen über zwei Stockwerke, und dem Besteigen von Leitern und Gerüsten verbunden sind, die mit Sprungbelastungen einhergehen, sowie im Knien, in der Hockstellung, mit ständigem Wechsel zwischen Wärme und Kältezonen und auf unebenem oder rutschigem Gelände zu verrichten sind, ausgeschlossen. Eine Bestätigung finden diese Einschränkungen teilweise auch in den von Dr. Go., Dr. W. und Dr. D. erstatteten Gutachten. Prof. Dr. A. schloss des Weiteren auch Arbeiten, die mit Zeitdruck oder Akkord verbunden sind, und Wirbelsäulenzwangshaltungen erfordern, aus. Mit Blick auf den Bluthochdruck, die Wirbelsäulenbeschwerden und die Phantomschmerzen folgt der Senat diesbezüglich Prof. Dr. A ...
Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats weder Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht noch schwere spezifische Leistungseinschränkungen, die einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zu begründen vermöchten.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch dies stützt der Senat auf das Ergebnis der fünf Begutachtungen im Zusammenhang mit dem vom Kläger am 5. Januar 2007 gestellten Rentenantrag. Übereinstimmend sind die Gutachter und Sachverständigen für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass sich wegen der Amputation des linken Unterschenkels und den sich hieraus ergebenden Folgen in Form von Phantomschmerzen und Geschwüren, den Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule, der Hüfte und zeitweise des rechten Knies und auch unter Berücksichtigung des Bluthochdrucks in leichten körperlichen Tätigkeiten mit den genannten Leistungseinschränkungen eine Einschränkung der Belastungsdauer nicht ableiten lässt.
Die Einschätzung des Dr. St. in seinem Bericht vom 13. Januar 2009, wonach der Kläger unfähig sei, länger als eine bis höchstens zwei Stunden am Tag einer Arbeit nachzugehen, vermag dies nicht zu widerlegen. Wie Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 2. Oktober 2009 ausführte, hat er in seinem Bericht vom 13. Januar 2009 die relevanten Diagnosen den Fremdbefunden entnommen und die Angaben des Klägers nicht kontrolliert. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die vom Kläger angegebene Schmerzmitteleinnahme und die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit. Er schränkt deshalb seine Einschätzung in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 2. Oktober 2009 selbst ein, indem er angab, dass die im Berufsförderungswerk durchgeführten Untersuchungen nicht dem Zweck dienten, ein "gerichtsfestes" Gutachten in den medizinischen Fachgebieten darzustellen oder zu ersetzen, die abschließende Beurteilung geschehe aus der Sicht des arbeitsmedizinischen Praktikers, sowie empfahl, ein neurologisch/psychiatrischen Gutachtens verbunden mit einer intensiven neuropsychologischen Untersuchung einzuholen, um zu klären, wieweit die sicher zu vermutenden Motivationsdefizite beim Kläger bezüglich der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit einen medizinisch/psychiatrischen Hintergrund hätten. Solche Gutachten haben in der Folge Prof. Dr. A. auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet und Psychologin Ba. auf neuro-psychologischen Fachgebiet erstattet. Sie vermochten auf der Grundlage einer ausführlichen Untersuchung und Testung des Klägers - wie ausgeführt - die Einschätzung von Dr. St. nicht zu bestätigen.
Ebenso verhält es sich mit Blick auf die sachverständigen Zeugenauskünfte und Atteste von Dr. Sc. und Dr. Bo ... Abgesehen davon, dass beide Ärzte den Kläger äußerst selten behandeln, geben sie jeweils keine klinischen Befunde, insbesondere keine Bewegungseinschränkungen, an, die ihre Einschätzung stützen könnten. Schmerzmittel werden von Dr. Sc. nach ihrer Auskunft vom 7. Oktober 2009 seit Juli 2008 nicht mehr verordnet und das Geschwür wird weder von Dr. Sc. noch von Dr. Bo. behandelt. Bezüglich der am 14. Juli 2011 gefertigten Röntgenaufnahme gibt Dr. Bo. ohne weitere Erklärung lediglich an, dass sie deutliche arthrotische Veränderungen zeige. Dr. He. hat in seinem Gutachten für den Senat demgegenüber bezüglich dieser Röntgenaufnahme insoweit nachvollziehbar beschrieben, dass sich auf der linken Seite eine diffuse Sklerosierung im Pfannendachbereich und damit Zeichen einer mäßigen Hüftarthrose, rechts jedoch keine eindeutigen Sklerosierungsphänomene, Zysten und osteophytären Anbauten zeigten, so dass auch anhand der Röntgenaufnahme, zumal allein auf bildgebende Befunde keine Leistungseinschränkung gestützt werden könnte, die Einschätzung von Dr. Bo. keine Bestätigung findet.
b) Bei folglich im hier streitigen Zeitraum weiterhin erhaltener Erwerbsfähigkeit ist der Arbeitsmarkt für den Kläger aber auch nicht aus anderen Gründen verschlossen. Weder fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Wegefähigkeit, noch bedarf er unüblicher Arbeitsbedingungen. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor.
Insbesondere vermochte sich der Senat - anders als das SG - auch von einer rentenrelevanten Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers nicht zu überzeugen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit zwar auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 1988 - 5/4a RJ 57/87 -, in juris). Wegefähigkeit setzt darüber hinausgehend auch voraus, dass solche Wege in noch zumutbarer Zeit bewältigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 -, in juris). Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass für die Beurteilung dieses Zeitfaktors ein generalisierender Maßstab anzuwenden ist. Dabei kann von dem nach der Rechtsprechung des BSG zum Schwerbehindertenrecht noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für zwei km ausgegangen werden, der bereits kurze Wartezeiten und Zeiten des Herumstehens einbezieht. Umgerechnet auf 500 Meter ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird nach Einschätzung des BSG dann verlassen, wenn der Gehbehinderte für 500 Meter mehr als das Doppelte dieser Zeit, also etwa 20 Minuten benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, a.a.O.; zum Ganzen siehe zuletzt auch BSG, Urteile vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R und B 13 R 79/11 R -, beide in juris).
Anhand dieses Maßstabs lässt sich für den Kläger eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht herleiten. Dass der Kläger grundsätzlich in der Lage ist, eine solche Gehstrecke noch zu bewältigen, ergibt sich daraus, dass er gegenüber Dr. W. und Prof. Dr. A. selbst eingeräumt hat, er könne bis 1000 bzw. 750 Meter gehen. Insbesondere ist aber auch die Tatsache, dass der Kläger die Gutachtenpraxis des Dr. He. zu Fuß aufgesucht hat, ein Beleg dafür, dass ihm Strecken über 500 Meter noch möglich sind. Die Entfernung zwischen dem Hauptbahnhof (tief) in Stuttgart, wo die vom Kläger nach seinen Angaben Dr. He. gegenüber benutzte Bahn von Backnang ankam, und der Königstraße 26 in Stuttgart, wo sich die Gutachtenpraxis des Dr. He. befindet, beträgt nach dem ViaMichelin Routenplaner zu Fuß 600 Meter. Nicht berücksichtigt ist hierbei der Weg, den der Kläger von dem von ihm benutzten Zugwagen bis zum Meßpunkt des Routenplaners zurückzulegen hatte und der Weg innerhalb des Gebäudes K.-straße 26 zur Gutachtenpraxis des Dr. He ... Hierfür sind nach Überzeugung des Senats mindestens weitere 100 Meter anzusetzen, so dass vom Kläger insgesamt mindestens eine Strecke von 700 Metern zurückgelegt wurde. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf die von Dr. He. seiner Einbestellung beigefügte Wegbeschreibung stützen, wonach sich die Entfernung nur auf 400 Meter belaufe. Dr. He. hat die Strecke nach seinen Angaben nie vermessen und hierbei auch die innerhalb des Bahnhofs zurückzulegende Wegstrecke und die Strecke innerhalb des Gebäudes außen vor gelassen, weshalb durch diese Angabe auf der Wegbeschreibung die Messung nach dem ViaMichelin Routenplaner nicht widerlegt wird. Zur Überzeugung des Senats kann der Kläger eine solche Strecke auch noch in einer insgesamt zumutbaren Zeit bewältigen. Insoweit legt der Senat das Gutachten des Dr. He. vom 22. Oktober 2012 und die dortigen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen zugrunde. Der Kläger hat bei der Begutachtung Dr. He. gegenüber angegeben, dass er für die Strecke vom Bahnhof zur Gutachtenpraxis 25 Minuten gebraucht habe. Dr. He. hat seine Angabe in Anwesenheit des Klägers laut diktiert. Er wurde hierbei vom Kläger nicht korrigiert. Noch im Schriftsatz vom 9. Januar 2013 bestätigte der Kläger, dass er für die Gehstrecke 25 Minuten gebraucht habe. Erst anlässlich des von der Berichterstatterin am 22. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins gab er an, er meine, er habe zu Dr. He. gesagt, dass er 35 Minuten gebraucht habe. Damit ist die ursprüngliche Angabe des Klägers, abgesehen davon, dass er sich nicht sicher ist, sondern nur "meint", und im Übrigen seine ursprüngliche Angabe zunächst nicht korrigiert, sondern sogar schriftlich bestätigt hat, nicht widerlegt. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger für eine Strecke von mindestens 500 Metern nicht mehr als 20 Minuten braucht. Mit diesem Zeitmaß wird dem Maßstab des BSG entsprochen. Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. He. ist für den Senat im Übrigen anhand des weiteren Inhalts des Gutachtens, insbesondere der von ihm erhobenen Befunde, auch plausibel. Der Sachverständige hat davon berichtet, dass das Gangbild des Klägers sicher, aber langsam mit ausgeprägtem konstanten Schonhinken links unter Benutzung eines Gehstocks rechts bzw. mäßig flott, relativ sicher mit deutlichem Schonhinken sei. Im Bereich der Hüften, der Wirbelsäule und des rechten Knies konstatierte Dr. He. allenfalls endgradige Bewegungseinschränkungen. Die Narbe am Oberschenkelstumpf links war großteils reizlos und trocken, lediglich am seitlichen Narbenpol hatte sich unter einem Adhäsivverband Wundexsudat angesammelt. Aus den Ausführungen von Prof. Dr. A. in seinem Gutachten vom 12. April 2010, von Dr. Ma. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung vom 13. Juli 2010 und von Dr. D. in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2010 vermag der Senat nichts Abweichendes herzuleiten. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. A. vom 12. April 2010 konnte der Kläger ausreichend sicher gehen. Zur Begutachtung bei Dr. Ma. erschien der Kläger ohne Gehstöcke, sein Gangbild zeigte lediglich ein Verkürzungshinken links mit cirkumdikter Beinführung. Dr. D. gab in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2010 an, beim Kläger resultiere beim Barfußgang auf ebenem Boden ein sicheres Gangbild. Der einbeinige Zehenstand, Einbeinstand und das Einbeinhüpfen wurden rechts vorgeführt. Auch Dr. Go. und Dr. W. haben das Vorliegen von Wegefähigkeit bejaht.
Nicht widerlegt wird die gegebene Wegefähigkeit durch die sachverständigen Zeugenauskünfte und Atteste des Dr. Bo. sowie das Attest von Dr. Sc. vom 6. April 2011, wonach dem Kläger Wegstrecken von viermal 500 Metern nicht möglich seien. Die Ärzte haben auf ein Druckulcus hingewiesen. Allein ein Druckulcus, das insbesondere im Zusammenhang mit der Neuanpassung der Prothese auftrat, und nicht dauernd vorhanden ist, was der Senat darauf stützt, dass Dr. Bo. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 11. Juni 2012 angab, dass beim Kläger nur am 12. März, nicht jedoch 30. Mai 2012 ein Druckulcus vorlag, vermag eine eingeschränkte Wegefähigkeit jedoch nicht zu begründen. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die Schmerzen der Hüften, Kniebeschwerden und Verspannungen und die mittelgradig schmerzhafte Einschränkung der Wirbelsäule, die Dr. Bo. weiter angab. Ohne weitere Angaben wird hiermit eine eingeschränkte Wegefähigkeit nicht nachvollziehbar begründet. Die Auskünfte des Orthopädiemechanikermeisters Bauer vermögen eine eingeschränkte Wegefähigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Der Zeuge beschreibt das Gangbild des Klägers mit Gehstützen als leicht hinkend mit eher langsamer Schrittgeschwindigkeit. Dies spricht nicht für eine eingeschränkte Wegefähigkeit. Schließlich vermag sich der Senat auch weder mit Blick auf die Einschätzung von Prof. Dr. A. noch von Dr. D. von einer eingeschränkten Wegefähigkeit zu überzeugen. Soweit sich der Kläger auf Prof. Dr. A. beruft, ist festzuhalten, dass Prof. Dr. A. nur angab, dass der Kläger mehr als 500 Meter kaum innerhalb von 20 Minuten zurücklegen könne. Abgesehen davon, dass sich angesichts der Verwendung der Formulierung "kaum" hierauf eine Gewissheit, dass ihm dies nicht möglich ist, nicht stützen lässt, ist nach der Vorstellung des BSG eine minutengenaue Grenze nicht zu ziehen, vielmehr hat insgesamt eine Zumutbarkeitsbetrachtung zu erfolgen, die im Vergleich mit einer gesunden Person herzustellen ist und bei "etwa 20 Minuten" für 500 Meter liegt (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 R 5326/10 mit weiteren Ausführungen zur Rechtsprechung des BSG, nicht veröffentlicht). Die Wegefähigkeit des Klägers stellt sich damit auch nach dem Gutachten des Prof. Dr. A. insgesamt als ausreichend dar, er muss nicht mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten zurücklegen können. Im Übrigen vermögen die von Prof. Dr. A. erhobenen und bereits dargelegten Befunde eine Einschränkung in diesem Ausmaß auch nicht zu belegen. Die von Dr. D. bejahte eingeschränkte Wegefähigkeit gilt in Zeiten der sog. "aktivierten Arthrose". Eine solche vermochte weder Dr. D. noch die übrigen Gutachter und Sachverständigen und auch die den Kläger nur sehr sporadisch behandelnden Ärzte zu konstatieren.
Im Falle des Klägers resultiert ein Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auch nicht daraus, dass er in Folge der Amputation betriebsunübliche Arbeitsbedingungen einhalten muss, denn solche werden hierdurch nicht vorgegeben.
Schließlich liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zwar liegen beim Kläger auf orthopädischem und internistischen Fachgebiet unterschiedliche qualitative Leistungseinschränkungen vor. Diese ergeben jedoch in ihrer Gesamtschau kein unerfüllbares Tätigkeitsbild, sondern vielmehr insgesamt das typische Bild einer in jeder Hinsicht leichten Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen zu verrichten ist. Der Große Senat des BSG hat hierzu ausdrücklich entschieden, dass für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich ist, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann, soweit diese nicht als ungewöhnliche Einschränkung zu bezeichnen sind (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - a.a.O.). Ungewöhnliche Leistungseinschränkungen sind bei dem Kläger jedoch nicht diagnostiziert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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