Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 218/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 839/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Verweisbarkeit einer funktionell einhändigen Versicherten auf Tätigkeiten als Pförtnerin oder Telefonistin
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. September 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im August 1955 in Polen geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, ist als Vertriebene anerkannt (Ausweis A). Sie hat ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 4. März 1979. Die Klägerin hat nach ihren Angaben von Februar 1972 bis August 1974 eine Lehre im Ausbildungsberuf "Bote" absolviert. Von Februar 1972 bis November 1973 war sie als Botin/Arbeiterin, von November 1973 bis März 1974 als Geschirrspülerin, von August 1974 bis September 1976 in einem Bergbaubetrieb als Getränkeköchin über Tage sowie von Oktober 1976 bis 20. Januar 1979 als Transportarbeiterin über Tage/Assistentin der Sekretärin beschäftigt. Nach ihrem Zuzug in das Bundesgebiet war sie von 1980 bis 1983 als Arbeiterin in der Kabelfertigung, von August 1983 bis September 1989 als Kontrolleurin, von 1989 bis 2002 als Laborhilfe, dann kurzfristig als ungelernte Bäckereiverkäuferin und zuletzt von März bis April 2003 als Altenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Mit Antrag vom 9. Juli 2004 begehrte die Klägerin erstmals Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Beklagte holte nach Beiziehung diverser Befundberichte ein internistisches Gutachten von Dr. S. vom 29. Oktober 2004 ein. Dieser stellte bei der Klägerin einen Bluthochdruck, ein Hochdruckherz, einen Zustand nach peripherer Gesichtslähmung rechts, eine Erblindung des linken Auges, eine Neigung zu Kreuzschmerzen bei leichtem Wirbelsäulenverschleiß, einen leichten Verschleiß der Hüftgelenke sowie ein alimentäres Übergewicht fest. Er bescheinigte der Klägerin noch ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. Die Erblindung des linken Auges bestehe seit über 40 Jahren. Die Klägerin sei an diesem Zustand gut adaptiert.
Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 24. Januar 2005 abgelehnt. Die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem Hauptberuf als Laborhelferin, in ihrem knappschaftlichen Hauptberuf als Assistentin der Sekretärin sowie in Verweisungstätigkeiten wie etwa als Lampen- und Kauenwärterin, Pförtnerin, Sortiererin oder Kopiererin mindestens sechs Stunden täglich Arbeiten zu verrichten.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, es liege Berufsunfähigkeit als Laborhelferin vor. Ihr Sehvermögen habe sich seit 1993 nicht verbessert, sondern noch verschlechtert. Vorgelegt wurde ein Attest der Allgemeinärztin Dr. I. sowie des Augenarztes Dr. H ... Dr. H. bestätigt der Klägerin eine Schwachsichtigkeit des linken Auges (Fingerzählen). Die Sehschärfe rechts betrage (korrigiert) 1,0. Es besteht deshalb kein räumliches Sehvermögen. Arbeiten, die besondere Anforderungen an das Sehvermögen stellten, führten bei der Klägerin zu einer frühzeitigen Ermüdung der Augen. Nachdem der sozialmedizinische Dienst hierzu ausgeführt hatte, die vorgelegten Unterlagen könnten das Gutachten von Dr. S. nicht entkräften, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2005 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) unter dem Az. S 4 KN 287/05). Das SG holte gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ein Gutachten des Augenarztes S. vom 7. Dezember 2005 und des Internisten M. vom 4. Dezember 2005 ein. Der Sachverständige S. diagnostizierte bei der Klägerin eine funktionelle Einäugigkeit. Sie könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Arbeiten am Bildschirm seien möglich, wenn sie nicht ausschließlich gefordert würden. Tätigkeiten als Serviererin und Assistentin der Sekretärin seien ebenfalls zumutbar.
Der Internist M. diagnostizierte bei der Klägerin eine Adipositas permagna, eine hypertensive Herzerkrankung bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung und eine arterielle Hypertonie, einen Diabetes mellitus, eine Hyperlipoproteinämie, eine Hyperurikämie, einen Zustand nach idiopathischer peripherer Fascialisparese rechts, ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei muskulärer Dysbalance, eine Tendovaginitis DD Monarthritis am linken Handgelenk sowie eine ausgeprägte Visusminderung links. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten durchzuführen. Tätigkeiten als Serviererin und Assistentin der Sekretärin seien möglich. Die Klage wurde daraufhin von der Klägerin zurückgenommen.
Mit Antrag vom 19. Oktober 2007 begehrte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf einen Befundbericht des Klinikums A-Stadt vom 9. August 2007. Hierin werden die Diagnosen eines Zökumkarzinoms (Darmkrebs), einer Blutungsanämie sowie einer beginnenden hypertensiven Herzerkrankung bei normaler systolischer Pumpfunktion gestellt.
Die Beklagte holte nach Beiziehung weiterer Befundberichte ein Gutachten des Internisten Dr. H. vom 16. Januar 2008 ein. Dieser sah bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. Schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken Handgelenks in Folge vorbefundlich dokumentierter chronisch-entzündlicher Veränderungen, Verschleiß der Wirbelsäule mit Schmerzen, Bewegungseinschränkung und Schmerzausstrahlungen ohne akuten Wurzelreiz und ohne typisches motorisches Defizit
2. Bluthochdruckleiden mit Herzmuskelschädigung ohne Hinweise auf eine höhergradige Beeinträchtigung der Pumpkraft des Herzens
3. Zuckerkrankheit, Schädigung der peripheren Nerven
4. Geringgradige Verdauungsstörungen nach aggressiver Darmoperation
5. Hinweis auf eine Anpassungsstörung
6. Funktionelle Erblindung des linken Auges seit Kindheit
7. Übergewicht
8. Chronische Bronchitis ohne Nachweis von Komplikationen.
Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr pro Tag zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien häufiges Heben, Bewegen und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Tätigkeiten über Schulterhöhe, besondere Anforderungen an die grobe Kraft und die Feinmotorik der linken Hand bei Rechtshändigkeit, besondere nervliche Belastungen, Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe, Kälte, Nässe, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Pressdruckbelastungen und besondere Anforderungen an das Sehvermögen.
Mit angefochtenem Bescheid vom 15. Februar 2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab. In Bezug auf den Antrag auf Gewährung von Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau werde ein weiterer Bescheid ergehen. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie als Laborhelferin verwiesen werden könne, Tätigkeiten zu verrichten.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Funktionsfähigkeit des linken Handgelenks habe sich verschlechtert. Am 19. Mai 2008 sei eine operative Behandlung im Zentralklinikum A-Stadt vorgesehen. Auch liege eine psychosomatische Nerven- und Seelenerkrankung vor. Darüber hinaus wurde auf die Krebserkrankung verwiesen.
Die Beklagte zog Befundberichte des Klinikums A-Stadt, des Internisten Dr. M. sowie der Neurologin Z. bei und wies nach deren sozialmedizinischer Auswertung den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2008 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG unter dem Az. S 4 KN 218/08 erhoben und auf die Begründung im Widerspruchsverfahren verwiesen. Das SG hat nach Beiziehung diverser Befundberichte zunächst gemäß § 106 SGG ein internistisch-kardiologisches Gutachten von Dr. C. vom 17. Februar 2009 und ein nervenärztliches Gutachten von
Dr. D. vom 2. Juli 2009 eingeholt.
Dr. C. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Funktionelle Einäugigkeit bei Blindheit gleichzuachtender Sehstörung auf dem linken Auge und vollem Sehvermögen des rechten Auges, keine Befundänderung durch die so gut wie voll reversible inkomplette idiopathische Facialisparese rechts im August 2004
2. Essenzieller arterieller Bluthochdruck bei allenfalls leichter hypertensiver Herzschädigung mit grenzwertiger linksventrikulärer Hypertrophie, diastolischer Dysfunktion und geringer Vergrößerung des linken Vorhofs, jedoch unverändert normal großer linker Herzkammer mit regional normaler systolischer Pumpfunktion; kein sicherer Hinweis auf eine koronare Herzkrankheit
3. Diabetes mellitus Typ II b, mit Glucobay allein gut eingestellt; leichte sensible distale Polyneuropathie mit rezidivierendem Fußsohlenbrennen, Restless-Legs-Syndrom
4. Stressinkontinenz der Blase I bis II °
5. Kein Hinweis für ein Tumorrezidiv bei insgesamt günstiger Prognose eines Zökumkarzinoms mit präoperativer Blutungsanämie Juli 2007
6. Rezidivierende Lumbalgien bei nur gering- bis mäßiggradigen degenerativen Veränderungen und kernspintomographischem Ausschluss eines Bandscheibenprolapses bzw. einer Bandscheibenprotrusion sowie einer Spinalkanalstenose
7. Meralgia parästhetika am linken Oberschenkel
8. Ausgeprägte Gebrauchsminderung der linken Hand ohne Nachweis eines generalisierten entzündlichen Gelenkleidens
9. Fibromyalgisches Beschwerdebild
10. Seelische Störung.
Ohne Berücksichtigung der seelischen Störungen und der unklaren Situation im Bereich der linken Hand sei die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen ohne lang anhaltendes Gehen und Stehen in geschlossenen Räumen, bei gutem Schutz gegen Kälte, Nässe und Zugluft kurzfristig auch im Freien, sechs Stunden und mehr mit den üblichen Unterbrechungen (allenfalls ein zusätzlicher Toilettengang außerhalb der üblichen Pausen) zu verrichten.
Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, Kälte, Nässe und Zugluft, besondere Anforderungen an die Trittsicherheit (kein Arbeiten auf Leitern und Gerüsten), Tätigkeiten mit anhaltend besonders hohen Anforderungen an das Sehvermögen (ganztägige und ununterbrochene Bildschirmarbeit, bestimmte Kontroll- und Überwachungstätigkeiten), besonders hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Dr. D. hat bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Verdacht auf CRPS an der linken Hand und myotendinotisches Schmerzsyndrom, einen Zustand nach KTS-Operation links, eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik, eine Meralgia parästhetika links, ein Restless-Legs-Syndrom, eine optische, vermutlich medikamenteninduzierte Halluzinose und ein klinisch stummes Sulcus-ulnaris-Syndrom links festgestellt. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien vollschichtig mit den üblichen Unterbrechungen eines normalen Arbeitstages verrichten. Derzeit könne die Klägerin nur noch Tätigkeiten verrichten, die überwiegend mit der rechten Hand verrichtet werden, wobei die linke Hand nur als Beihand mit tendenziell steigender Einsetzbarkeit benutzt werden könne. Tätigkeiten im Schichtdienst, vor allem Nachtdienst, und Tätigkeiten unter Zeitdruck seien nicht mehr zumutbar.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG holte das SG nach Beiziehung weiterer Befundberichte ein orthopädisches Gutachten von Dr. G. vom 2. Juni 2010 ein. Dieser hat bei der Klägerin eine Psoriasisarthritis mit vorherrschender Arthritis linkes Handgelenk, eine somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Störung, eine Meralgia parästhetika links, eine optische Halluzinose, ein Restless-Legs-Syndrom und eine Polyneuropathie, ein metabolisches Syndrom, ein operiertes Zökumcarzinom sowie eine Sehminderung links festgestellt. Die Klägerin könne insbesondere aufgrund der rheumatologischen Erkrankung und der damit verbundenen Funktionsstörung der linken Hand einschließlich des allgemeinen Schmerzsyndroms nur noch weniger als drei Stunden täglich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder das Heben und Tragen von Lasten seien nicht mehr möglich. Das Leistungsbild bestehe seit Mai 2008 (Operation linkes Handgelenk).
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. vom 4. August 2010 eingeholt. Danach sei die Klägerin seit Oktober 2007 noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als qualitative Leistungseinschränkungen wurde ergänzend genannt, dass Tätigkeiten, die etwas höhere Anforderungen an die Kraftentwicklung und Geschicklichkeit der linken Hand stellen, nicht mehr zumutbar seien. Die linke Hand könne aber als Beihand eingesetzt werden. Die Handgelenksituation habe sich im Oktober 2007 zunächst verschlechtert. Der operative Eingriff im Mai 2008 habe keine Besserung erbracht. Nach Stellung der richtigen Diagnose und Einleitung einer entsprechenden Therapie im Februar 2010 sei es jedoch wieder zu einer Besserung gekommen. Es werde aber eine deutliche Gebrauchsminderung des linken Handgelenks verbleiben.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 9. September 2010 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. C. und Dr. D. abgewiesen. Das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend. Für die Klägerin gebe es auch bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen noch genügend leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die diese mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht. Die Klägerin habe zuletzt ungelernte Tätigkeiten verrichtet und sei daher auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, das SG hätte angesichts der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. G. ein Sachverständigen-Obergutachten veranlassen müssen. Die medizinische Beurteilung von Dr. G. von der orthopädischen Klinik bei der H. Stiftung A-Stadt, einer seit Jahrzehnten tätigen Fachklinik, habe nicht mit juristischen Abwägungen aufgehoben werden dürfen. Es sei daher ein ärztliches Obergutachten durch einen orthopädisch ausgebildeten Lehrstuhlinhaber einer deutschen Universität einzuholen. Auch hätte sich die Depression vertieft, die Arthrosebeschwerden hätten den rechten Fuß erreicht. Es bestehe ein starker Schmerzzustand mit Verdacht auf Sprunggelenksarthrose beidseits. Schließlich habe sich die Sehkraft der Klägerin verschlechtert.
Der Senat hat zunächst Befundberichte des Orthopäden Dr. K., des Neurologen und Psychiaters Dr. J., des Augenarztes Dr. H., des Klinikums A-Stadt, des Kardiologen Dr. N., der W-Z.-Kliniken, der Allgemeinärztin Dr. I., der Internistin Dr. W-R., des Internisten und Rheumatologen Dr. M. und des MVZ A-Stadt beigezogen.
In einem Erörterungstermin am 26. Oktober 2011 hat die Klägerin über weitere geplante Maßnahmen der Schmerzbehandlung im Rheumazentrum in O. berichtet. Es sei bei einer MRT der Halswirbelsäule eine gutartige Geschwulst gefunden worden, die Beschwerden verursache. Wegen ihrer Depression stehe sie bei Dr. F. in Behandlung.
Der Senat hat daraufhin weitere Befundberichte der G., des Neurologen und Psychiaters Dr. F., der W-Z.-Kliniken und der psychologischen Psychotherapeutin O. beigezogen.
Dr. C. hat in ihrer daraufhin vom Senat erbetenenen ergänzenden internistisch-kardiologischen Stellungnahme nach Aktenlage erklärt, die Klägerin könne seit 2007 leichte Tätigkeiten ohne anhaltendes Gehen und Stehen, in geschlossenen Räumen mit den üblichen Unterbrechungen mehr als sechs Stunden ausüben. Nicht mehr zumutbar seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, ungünstige physikalische Einflüsse wie Kälte, Nässe, Zugluft, besondere Anforderungen an die Trittsicherheit und das Sehvermögen sowie höhere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Seit März 2008 sei die Gebrauchsfähigkeit der linken, nicht dominanten Hand deutlich reduziert. Sie könne aber zumindest noch als Beihand eingesetzt werden. Tätigkeiten als Altenpflegerin und als Laborhelferin seien nicht mehr möglich.
Der Senat hat daraufhin gemäß § 109 SGG eine orthopädische Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. G. vom 25. Oktober 2012 eingeholt, der an seiner Einschätzung von einem auf unter drei Stunden reduzierten Leistungsvermögen festgehalten hat.
Hierzu hat Dr. C. erneut ergänzend Stellung genommen. Sie hat die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens empfohlen.
Der Senat hat daraufhin Dr. D. gemäß § 106 SGG unter Übersendung berufskundlichen Materials zu Tätigkeiten als Pförtnerin, Warenaufmacherin, Telefonistin und Mitarbeiterin in einer Poststelle mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt, das dieser unter dem 29. Mai 2013 erstattet hat.
Dr. D. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen seit Oktober 2007 festgestellt:
1. Anpassungsstörung, protrahierte Trauerreaktion, abklingend
2. Bewegungsstörung der linken Hand bei bekannter Psoriasisarthritis und mittlerweile durchgeführter Versteifungsoperation des linken Handgelenks
3. Restless-legs-Syndrom, medikamentös weitgehend kompensiert
4. Meralgia parästhetika links
5. Verdacht auf Lagerungsschwindel (im Rahmen der Untersuchung nicht provozierbar)
6. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom
7. Hochgradige Sehminderung des linken Auges
8. Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet laut Gutachten Dr. C. vom 3. Februar 2009.
Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sowie bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien sechs Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen auszuüben. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten, die die volle Einsetzbarkeit beider Hände erfordern, sondern die überwiegend mit der rechten Hand erledigt werden können, wobei die linke Hand immerhin als Beihand einsetzbar sei. Nicht mehr zumutbar seien Nachtschichttätigkeiten, Tätigkeiten unter Zeitdruck (Fließbandarbeit, Akkordarbeit) und Tätigkeiten, die ein intaktes Sehvermögen beider Augen bzw. das so genannte Stereosehen erfordern. Die in der Beweisanordnung genannten Verweisungstätigkeiten könne die Klägerin noch sechs Stunden täglich ausüben. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt. Das Leistungsbild bestehe seit Antragstellung. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 9. September 2010 und des Bescheids der Beklagten vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI zu.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem LSG steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Die Klägerin kann noch sechs Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten etwa als Telefonistin oder Pförtnerin verrichten.
Bei der Klägerin stehen die Gesundheitsstörungen auf internistisch-rheumatologischem und nervenärztlichem Fachgebiet im Vordergrund.
Bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. C. im Februar 2009 war die Klägerin in einem guten Allgemeinzustand und einem reichlichen Ernährungszustand. Es zeigten sich kein Ikterus und keine Zyanose. Die Untersuchung von Kopf, Hals, Thorax und Lungen ergab keine wesentlichen Auffälligkeiten. Insoweit hat Dr. C. nur auf eine vordiagnostizierte chronische Bronchitis hingewiesen, die dazu führt, dass die Klägerin Kälte, Nässe und Zugluft vermeiden sollte.
Bei der Inspektion des Herz-Kreislaufsystems ergaben sich gut eingestellte Blutdruckwerte. Trotz langjährigen Verlaufs der Blutdruckerkrankung war bei der Klägerin nur eine leichte hypertensive Herzschädigung bei normaler systolischer Pumpfunktion nachweisbar. Sichere Hinweise für eine koronare Herzkrankheit lagen nicht vor. Dr. C. hat insoweit für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass sich angesichts dieser Befunde eine zeitliche Limitierung für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Stress nicht begründen lässt.
Nach den Feststellungen von Dr. C. war der bei der Klägerin seit längerem bekannte Diabetes mellitus Typ II b mit einem Glukoseresorptionsverzögerer gut eingestellt. Der Langzeitblutzuckerwert HbA1c war mit 5,4 Prozent im Normbereich. Eine von Dr. C. aufgrund eines vorliegenden Befundberichts von Dr. Z. angenommene leichte sensible distale Polyneuropathie als Spätfolge des Diabetes mellitus konnte von dem insoweit zur Beurteilung berufenen Nervenarzt Dr. D. nicht bestätigt werden.
In Bezug auf die von der Klägerin durchgemachte Krebserkrankung hat Dr. C. festgestellt, dass der Tumor vollständig entfernt wurde. Angesichts des Stadiums T2 N0 M0, dem Fehlen von Fernmetastasen und der Tumorfreiheit aller untersuchten Lymphknoten sei von einer günstigen Prognose ohne der Notwendigkeit einer Nachbehandlung auszugehen. Bei nach wie vor bestehender Rezidivfreiheit resultiert hieraus allein ein Ausschluss von besonderen Bauchdeckenbelastungen in Form von schwerem Heben und Tragen und häufigem Bücken. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen ergeben sich auch aus der bei der Klägerin vorliegenden Stressinkontinenz Grad I-II, die ansonsten nur den Ausschluss von lang anhaltenden Stehen nach sich zieht.
Außer Zweifel steht, dass die Klägerin - seit ihrer Kindheit - auf dem linken Auge praktisch erblindet ist. Der Sachverständige S. hat in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2005 bereits darauf hingewiesen, dass hierdurch - bei ausreichend erhaltener Sehfähigkeit auf dem rechten Auge - die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht eingeschränkt ist. Die Klägerin habe ihr gesamtes Berufsleben mit dieser Behinderung zurückgelegt. Eine relevante Verschlechterung des Sehvermögens ist ausweislich der vorgelegten Befundberichte und der ausdrücklichen Feststellung von Dr. C. seit der Begutachtung durch den Augenarzt S. nicht eingetreten. Damit ergibt sich hieraus nur der Ausschluss von Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen wie dem ausschließlichen Arbeiten am Bildschirm und der Notwendigkeit des "Stereo-Sehens".
An der Wirbelsäule fanden sich nur gering- bis mäßiggradige degenerative Veränderungen bei verstärkter Lendenlordose und deutlicher Verspannung der Nackenmuskulatur. An den Extremitäten ergab sich ein unauffälliger arterieller Gefäßstatus ohne Varikosis, Ödeme, entzündliche Rötungen, Schwellungen oder Überwärmungen. Abgesehen von der linken Hand zeigten sich auch keine Bewegungseinschränkungen.
An der linken Hand imponierte eine mäßige ödematöse Schwellung mit einem Streckdefizit von 30° am 3. und 4. Finger und einer Bewegungseinschränkung des 5. Fingers. Lediglich der Daumen und der linke Zeigefinger konnten von der Klägerin mit mäßigen Schmerzen noch normal bewegt werden. Hier war ihr auch der Fingerspitzgriff möglich. Das linke Handgelenk war weitgehend eingesteift. Dr. D. hat insoweit ergänzt, dass bei der Klägerin ein chronifiziertes Schmerzsyndrom vorliegt, das vornehmlich die linke Hand betrifft. Die grobe Kraft war von Dr. D. nur eingeschränkt überprüfbar, da die Klägerin (möglicherweise schmerzbedingt) nicht richtig innervierte. Eine nennenswerte Muskelathropie konnte Dr. D. nicht feststellen. Handgelenk und Handrücken links waren leicht geschwollen. Hieraus hat Dr. D. abgeleitet, dass die Einsetzbarkeit der linken Hand auf die Funktion einer Beihand herabgesetzt ist.
Auch insoweit ist im Laufe des Verfahrens nach den Feststellungen von Dr. C. und Dr. D. keine durchgreifende Verschlechterung eingetreten. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine Psoriasisarthritis Ursache für die Schmerzen und entzündlichen Veränderungen des linken Handgelenks war, ergab sich nach einer Injektionsbehandlung zunächst eine Besserung der Beschwerden, die jedoch nicht dauerhaft war, so dass im November 2011 eine Versteifung des linken Handgelenks durchgeführt wurde. Die Gebrauchsfähigkeit der nicht dominanten linken Hand war im Verlauf stets deutlich reduziert. Eine Benutzbarkeit zumindest noch als Beihand und zu leichten Tätigkeiten, die keine höheren Anforderungen an die Kraftentwicklung und Geschicklichkeit stellen, war nach den Feststellungen von Dr. C. jedoch stets gegeben. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben noch in der Lage war, trotz der Einschränkungen an der linken Hand ihren schwer erkrankten und pflegebedürftigen Ehemann vor seinem Tod im Mai 2011 zwei Jahre lang zuhause zu versorgen. Nach den Feststellungen von Dr. D. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2013 ist die Klägerin auch nach wie vor in der Lage, alltägliche Verrichtungen wie Kochen zu erledigen.
In psychopathologischer Hinsicht war die Klägerin nach den Ausführungen von Dr. D. in seinem für das SG erstellten Gutachten zunächst in einer erkennbar gesenkten Grundstimmung. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wirkte die Stimmung dann jedoch zunehmend indifferent. Die Klägerin konnte auch einmal situationsadäquat lachen. Eine nennenswerte Störung von Antrieb und Dynamik konnte Dr. D. nicht feststellen, die affektive Schwingungs- und Resonanzfähigkeit war nicht ausgeprägt beeinträchtigt. Gedächtnisleistungen und Merkfähigkeit waren gut ausgeprägt bei einer intellektuellen Leistungsfähigkeit im unteren Grenzbereich.
Im Rahmen seiner Begutachtung im Mai 2013 hat Dr. D. keine wesentlich anderen Befunde erhoben. Auch hier war die Klägerin affektiv schwingungsfähig und reagibel. Inhaltliche oder formale Denkstörungen lagen ebenso wenig vor wie nennenswerte kognitive Defizite oder Gedächtnisstörungen. Die Klägerin war auch hier während des überwiegenden Teils der Untersuchungszeit in einer ausgeglichenen Grundstimmung. Der Medikamentenspiegel ergab, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben das Antidepressivum Citalopram nicht einnimmt.
Nach alledem ist die Einschätzung von Dr. C. und Dr. D. nachvollziehbar, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich mit den von Dr. C. und Dr. D. genannten und im Sachverhalt wiedergegebenen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten.
Die hiervon abweichende Einschätzung von Dr. G. konnte den Senat nicht überzeugen. Dr. G. verweist in seinem sehr knapp gehaltenen Gutachten zur Begründung seiner Einschätzung eines auf unter 3 Stunden gesunkenen Leistungsvermögens ausschließlich auf die rheumatische Erkrankung der Klägerin und die damit verbundene Funktionsstörung der linken Hand einschließlich des allgemeinen Schmerzsyndroms. Eine nähere Begründung erfolgte nicht, insbesondere auch nicht dazu, warum den durch diese Gesundheitsstörungen ausgelösten Funktionsstörungen der Klägerin nicht durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden kann, wie dies durch Dr. C. und Dr. D. eingehend dargelegt wurde. Eine generelle zeitliche Limitierung des beruflich Leistungsvermögens lässt sich für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit der Psoriasis-Monarthritis auch bei Mitberücksichtigung des Schmerzsyndroms nicht nachvollziehbar begründen. Insoweit bedarf es auch nicht der Einholung eines "Obergutachtens". Dies schon deshalb, weil "Obergutachten" im SGG nicht vorgesehen sind. Entscheidend ist, ob durch einen Gutachter ein Absinken des quantitativen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden oder rentenrelevante qualitative Leistungseinschränkungen nachvollziehbar dargelegt werden. Die bloße, nicht plausibel begründete Behauptung eines Gutachters, das Leistungsvermögen sei auf unter 3 Stunden abgesunken, vermag weder einen Rentenanspruch noch die Verpflichtung des Senats zu begründen, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn - wie hier der Fall - hinreichend gut begründete gutachterliche Aussagen vorhanden sind, die dieser Behauptung entgegenstehen.
Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin von sechs Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und der Klägerin keine Tätigkeit benannt werden könnte, die sie trotz der qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal " Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können.
Der Senat geht aufgrund der Funktonseinschränkungen an der linken Hand der Klägerin und der weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen zu Gunsten der Klägerin von einer schweren spezifische Leistungsbehinderung bzw. einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen aus.
Nach den Feststellungen von Dr. D. ist die Klägerin aber noch in der Lage, trotz der bei ihr vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen Tätigkeiten als Telefonistin oder Pförtnerin mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dem Sachverständigen stand dabei eine berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen vom 18. Oktober 2012 zu diesen Tätigkeiten zur Verfügung. Die Tätigkeit als Telefonistin umfasst die Bedienung von Telefon- und Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails usw. Es handelt sich um eine meist körperlich leichte Arbeit in geschlossenen temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Eine ständige nervliche Belastung oder dauernder Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit sind damit nicht verbunden, wobei Stresssituationen nicht ganz zu vermeiden sind. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Schichtdienst ist je nach Arbeitsort möglich.
Diesen Leistungsanforderungen wird die Klägerin trotz der bei ihr zur Überzeugung des Senats vorliegenden, von Dr. C. und Dr. D. fest- und im Sachverhalt dargestellten Leistungseinschränkungen gerecht. Schwere Tätigkeiten wie das schwere Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken fallen hierbei nicht an. Dr. D. hat auch nicht festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Behinderung an der linken Hand, die jedoch nicht ihre führende Hand ist, die im Rahmen von Tätigkeiten als Telefonistin anfallenden Tätigkeiten zu verrichten.
Auch eine Pförtnertätigkeit ist leidensgerecht. Pförtner haben nach den berufskundlichen Feststellungen folgende Verrichtungen zu erledigen: Kontrolle von Werksausweisen, dem Ausstellen von Besucherkarten, der Anmeldung bei der zuständigen Stelle, das Aushändigen von Formularen, das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen sowie ggf. einfache Bürotätigkeiten.
Der Senat hält in Übereinstimmung mit Dr. D. auch Tätigkeiten als Pförtnerin für mindestens sechs Stunden am Tag zumutbar. Hierbei handelt es sich um körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stresssituationen erfahrungsgemäß jedoch nicht auszuschließen. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen. Auch insoweit besteht nach der überzeugenden Einschätzung von Dr. D. kein Widerspruch zu den bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Einschränkungen. Nachtschicht ist nicht notwendigerweise mit der Tätigkeit als Pförtnerin verbunden. Es gibt auch sog. Tagespförtner etwa in öffentlichen Verwaltungen, Büro- und Geschäftshäusern.
Der Ausübung dieser beiden Tätigkeiten steht auch nicht entgegen, dass nach den Ausführungen von Dr. C. die Klägerin allenfalls eines zusätzlichen Toilettengangs außerhalb der üblichen Pausen bedarf. Nach § 4 ArbZG steht vollschichtig tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. 2 mal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen wird den Arbeitnehmern in gewissem Umfang darüber hinaus auch noch sog. Verteilzeiten zugestanden (z. B. für den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten bzw. Aufräumen des Arbeitsplatzes, Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw.). Die Klägerin kann nach Auffassung des Senats die ihr zustehenden Verteilzeiten nutzen, soweit nach Arbeitsbeginn noch außerhalb der üblichen Pausenzeiten Toilettenbesuche erforderlich sind.
Bei den Tätigkeiten als Pförtnerin und Telefonistin handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von bis zu drei Monaten von der Klägerin verrichtet werden können. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehen nach den Ausführungen des Landesarbeitsamtes Hessen insoweit hinreichend Arbeitsplätze, auch für Betriebsfremde, zur Verfügung.
Damit scheidet die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1, 2 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin, die nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, zuletzt als Altenpflege- und Laborhilfe verrichtet hat. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin nach dem sog. Stufenschema des BSG auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist. Da insoweit und im Übrigen auch in Bezug auf eventuelle Verweisungstätigkeiten als Telefonistin bzw. Pförtnerin noch eine Einsatzfähigkeit von sechs Stunden und mehr vorliegt, kommt auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im August 1955 in Polen geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, ist als Vertriebene anerkannt (Ausweis A). Sie hat ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 4. März 1979. Die Klägerin hat nach ihren Angaben von Februar 1972 bis August 1974 eine Lehre im Ausbildungsberuf "Bote" absolviert. Von Februar 1972 bis November 1973 war sie als Botin/Arbeiterin, von November 1973 bis März 1974 als Geschirrspülerin, von August 1974 bis September 1976 in einem Bergbaubetrieb als Getränkeköchin über Tage sowie von Oktober 1976 bis 20. Januar 1979 als Transportarbeiterin über Tage/Assistentin der Sekretärin beschäftigt. Nach ihrem Zuzug in das Bundesgebiet war sie von 1980 bis 1983 als Arbeiterin in der Kabelfertigung, von August 1983 bis September 1989 als Kontrolleurin, von 1989 bis 2002 als Laborhilfe, dann kurzfristig als ungelernte Bäckereiverkäuferin und zuletzt von März bis April 2003 als Altenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Mit Antrag vom 9. Juli 2004 begehrte die Klägerin erstmals Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Beklagte holte nach Beiziehung diverser Befundberichte ein internistisches Gutachten von Dr. S. vom 29. Oktober 2004 ein. Dieser stellte bei der Klägerin einen Bluthochdruck, ein Hochdruckherz, einen Zustand nach peripherer Gesichtslähmung rechts, eine Erblindung des linken Auges, eine Neigung zu Kreuzschmerzen bei leichtem Wirbelsäulenverschleiß, einen leichten Verschleiß der Hüftgelenke sowie ein alimentäres Übergewicht fest. Er bescheinigte der Klägerin noch ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. Die Erblindung des linken Auges bestehe seit über 40 Jahren. Die Klägerin sei an diesem Zustand gut adaptiert.
Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 24. Januar 2005 abgelehnt. Die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem Hauptberuf als Laborhelferin, in ihrem knappschaftlichen Hauptberuf als Assistentin der Sekretärin sowie in Verweisungstätigkeiten wie etwa als Lampen- und Kauenwärterin, Pförtnerin, Sortiererin oder Kopiererin mindestens sechs Stunden täglich Arbeiten zu verrichten.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, es liege Berufsunfähigkeit als Laborhelferin vor. Ihr Sehvermögen habe sich seit 1993 nicht verbessert, sondern noch verschlechtert. Vorgelegt wurde ein Attest der Allgemeinärztin Dr. I. sowie des Augenarztes Dr. H ... Dr. H. bestätigt der Klägerin eine Schwachsichtigkeit des linken Auges (Fingerzählen). Die Sehschärfe rechts betrage (korrigiert) 1,0. Es besteht deshalb kein räumliches Sehvermögen. Arbeiten, die besondere Anforderungen an das Sehvermögen stellten, führten bei der Klägerin zu einer frühzeitigen Ermüdung der Augen. Nachdem der sozialmedizinische Dienst hierzu ausgeführt hatte, die vorgelegten Unterlagen könnten das Gutachten von Dr. S. nicht entkräften, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2005 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) unter dem Az. S 4 KN 287/05). Das SG holte gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ein Gutachten des Augenarztes S. vom 7. Dezember 2005 und des Internisten M. vom 4. Dezember 2005 ein. Der Sachverständige S. diagnostizierte bei der Klägerin eine funktionelle Einäugigkeit. Sie könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Arbeiten am Bildschirm seien möglich, wenn sie nicht ausschließlich gefordert würden. Tätigkeiten als Serviererin und Assistentin der Sekretärin seien ebenfalls zumutbar.
Der Internist M. diagnostizierte bei der Klägerin eine Adipositas permagna, eine hypertensive Herzerkrankung bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung und eine arterielle Hypertonie, einen Diabetes mellitus, eine Hyperlipoproteinämie, eine Hyperurikämie, einen Zustand nach idiopathischer peripherer Fascialisparese rechts, ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei muskulärer Dysbalance, eine Tendovaginitis DD Monarthritis am linken Handgelenk sowie eine ausgeprägte Visusminderung links. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten durchzuführen. Tätigkeiten als Serviererin und Assistentin der Sekretärin seien möglich. Die Klage wurde daraufhin von der Klägerin zurückgenommen.
Mit Antrag vom 19. Oktober 2007 begehrte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf einen Befundbericht des Klinikums A-Stadt vom 9. August 2007. Hierin werden die Diagnosen eines Zökumkarzinoms (Darmkrebs), einer Blutungsanämie sowie einer beginnenden hypertensiven Herzerkrankung bei normaler systolischer Pumpfunktion gestellt.
Die Beklagte holte nach Beiziehung weiterer Befundberichte ein Gutachten des Internisten Dr. H. vom 16. Januar 2008 ein. Dieser sah bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. Schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken Handgelenks in Folge vorbefundlich dokumentierter chronisch-entzündlicher Veränderungen, Verschleiß der Wirbelsäule mit Schmerzen, Bewegungseinschränkung und Schmerzausstrahlungen ohne akuten Wurzelreiz und ohne typisches motorisches Defizit
2. Bluthochdruckleiden mit Herzmuskelschädigung ohne Hinweise auf eine höhergradige Beeinträchtigung der Pumpkraft des Herzens
3. Zuckerkrankheit, Schädigung der peripheren Nerven
4. Geringgradige Verdauungsstörungen nach aggressiver Darmoperation
5. Hinweis auf eine Anpassungsstörung
6. Funktionelle Erblindung des linken Auges seit Kindheit
7. Übergewicht
8. Chronische Bronchitis ohne Nachweis von Komplikationen.
Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr pro Tag zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien häufiges Heben, Bewegen und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Tätigkeiten über Schulterhöhe, besondere Anforderungen an die grobe Kraft und die Feinmotorik der linken Hand bei Rechtshändigkeit, besondere nervliche Belastungen, Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe, Kälte, Nässe, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Pressdruckbelastungen und besondere Anforderungen an das Sehvermögen.
Mit angefochtenem Bescheid vom 15. Februar 2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab. In Bezug auf den Antrag auf Gewährung von Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau werde ein weiterer Bescheid ergehen. Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie als Laborhelferin verwiesen werden könne, Tätigkeiten zu verrichten.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Funktionsfähigkeit des linken Handgelenks habe sich verschlechtert. Am 19. Mai 2008 sei eine operative Behandlung im Zentralklinikum A-Stadt vorgesehen. Auch liege eine psychosomatische Nerven- und Seelenerkrankung vor. Darüber hinaus wurde auf die Krebserkrankung verwiesen.
Die Beklagte zog Befundberichte des Klinikums A-Stadt, des Internisten Dr. M. sowie der Neurologin Z. bei und wies nach deren sozialmedizinischer Auswertung den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2008 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG unter dem Az. S 4 KN 218/08 erhoben und auf die Begründung im Widerspruchsverfahren verwiesen. Das SG hat nach Beiziehung diverser Befundberichte zunächst gemäß § 106 SGG ein internistisch-kardiologisches Gutachten von Dr. C. vom 17. Februar 2009 und ein nervenärztliches Gutachten von
Dr. D. vom 2. Juli 2009 eingeholt.
Dr. C. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Funktionelle Einäugigkeit bei Blindheit gleichzuachtender Sehstörung auf dem linken Auge und vollem Sehvermögen des rechten Auges, keine Befundänderung durch die so gut wie voll reversible inkomplette idiopathische Facialisparese rechts im August 2004
2. Essenzieller arterieller Bluthochdruck bei allenfalls leichter hypertensiver Herzschädigung mit grenzwertiger linksventrikulärer Hypertrophie, diastolischer Dysfunktion und geringer Vergrößerung des linken Vorhofs, jedoch unverändert normal großer linker Herzkammer mit regional normaler systolischer Pumpfunktion; kein sicherer Hinweis auf eine koronare Herzkrankheit
3. Diabetes mellitus Typ II b, mit Glucobay allein gut eingestellt; leichte sensible distale Polyneuropathie mit rezidivierendem Fußsohlenbrennen, Restless-Legs-Syndrom
4. Stressinkontinenz der Blase I bis II °
5. Kein Hinweis für ein Tumorrezidiv bei insgesamt günstiger Prognose eines Zökumkarzinoms mit präoperativer Blutungsanämie Juli 2007
6. Rezidivierende Lumbalgien bei nur gering- bis mäßiggradigen degenerativen Veränderungen und kernspintomographischem Ausschluss eines Bandscheibenprolapses bzw. einer Bandscheibenprotrusion sowie einer Spinalkanalstenose
7. Meralgia parästhetika am linken Oberschenkel
8. Ausgeprägte Gebrauchsminderung der linken Hand ohne Nachweis eines generalisierten entzündlichen Gelenkleidens
9. Fibromyalgisches Beschwerdebild
10. Seelische Störung.
Ohne Berücksichtigung der seelischen Störungen und der unklaren Situation im Bereich der linken Hand sei die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen ohne lang anhaltendes Gehen und Stehen in geschlossenen Räumen, bei gutem Schutz gegen Kälte, Nässe und Zugluft kurzfristig auch im Freien, sechs Stunden und mehr mit den üblichen Unterbrechungen (allenfalls ein zusätzlicher Toilettengang außerhalb der üblichen Pausen) zu verrichten.
Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, Kälte, Nässe und Zugluft, besondere Anforderungen an die Trittsicherheit (kein Arbeiten auf Leitern und Gerüsten), Tätigkeiten mit anhaltend besonders hohen Anforderungen an das Sehvermögen (ganztägige und ununterbrochene Bildschirmarbeit, bestimmte Kontroll- und Überwachungstätigkeiten), besonders hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Dr. D. hat bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Verdacht auf CRPS an der linken Hand und myotendinotisches Schmerzsyndrom, einen Zustand nach KTS-Operation links, eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik, eine Meralgia parästhetika links, ein Restless-Legs-Syndrom, eine optische, vermutlich medikamenteninduzierte Halluzinose und ein klinisch stummes Sulcus-ulnaris-Syndrom links festgestellt. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien vollschichtig mit den üblichen Unterbrechungen eines normalen Arbeitstages verrichten. Derzeit könne die Klägerin nur noch Tätigkeiten verrichten, die überwiegend mit der rechten Hand verrichtet werden, wobei die linke Hand nur als Beihand mit tendenziell steigender Einsetzbarkeit benutzt werden könne. Tätigkeiten im Schichtdienst, vor allem Nachtdienst, und Tätigkeiten unter Zeitdruck seien nicht mehr zumutbar.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG holte das SG nach Beiziehung weiterer Befundberichte ein orthopädisches Gutachten von Dr. G. vom 2. Juni 2010 ein. Dieser hat bei der Klägerin eine Psoriasisarthritis mit vorherrschender Arthritis linkes Handgelenk, eine somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Störung, eine Meralgia parästhetika links, eine optische Halluzinose, ein Restless-Legs-Syndrom und eine Polyneuropathie, ein metabolisches Syndrom, ein operiertes Zökumcarzinom sowie eine Sehminderung links festgestellt. Die Klägerin könne insbesondere aufgrund der rheumatologischen Erkrankung und der damit verbundenen Funktionsstörung der linken Hand einschließlich des allgemeinen Schmerzsyndroms nur noch weniger als drei Stunden täglich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder das Heben und Tragen von Lasten seien nicht mehr möglich. Das Leistungsbild bestehe seit Mai 2008 (Operation linkes Handgelenk).
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. vom 4. August 2010 eingeholt. Danach sei die Klägerin seit Oktober 2007 noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als qualitative Leistungseinschränkungen wurde ergänzend genannt, dass Tätigkeiten, die etwas höhere Anforderungen an die Kraftentwicklung und Geschicklichkeit der linken Hand stellen, nicht mehr zumutbar seien. Die linke Hand könne aber als Beihand eingesetzt werden. Die Handgelenksituation habe sich im Oktober 2007 zunächst verschlechtert. Der operative Eingriff im Mai 2008 habe keine Besserung erbracht. Nach Stellung der richtigen Diagnose und Einleitung einer entsprechenden Therapie im Februar 2010 sei es jedoch wieder zu einer Besserung gekommen. Es werde aber eine deutliche Gebrauchsminderung des linken Handgelenks verbleiben.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 9. September 2010 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. C. und Dr. D. abgewiesen. Das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend. Für die Klägerin gebe es auch bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen noch genügend leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die diese mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht. Die Klägerin habe zuletzt ungelernte Tätigkeiten verrichtet und sei daher auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, das SG hätte angesichts der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. G. ein Sachverständigen-Obergutachten veranlassen müssen. Die medizinische Beurteilung von Dr. G. von der orthopädischen Klinik bei der H. Stiftung A-Stadt, einer seit Jahrzehnten tätigen Fachklinik, habe nicht mit juristischen Abwägungen aufgehoben werden dürfen. Es sei daher ein ärztliches Obergutachten durch einen orthopädisch ausgebildeten Lehrstuhlinhaber einer deutschen Universität einzuholen. Auch hätte sich die Depression vertieft, die Arthrosebeschwerden hätten den rechten Fuß erreicht. Es bestehe ein starker Schmerzzustand mit Verdacht auf Sprunggelenksarthrose beidseits. Schließlich habe sich die Sehkraft der Klägerin verschlechtert.
Der Senat hat zunächst Befundberichte des Orthopäden Dr. K., des Neurologen und Psychiaters Dr. J., des Augenarztes Dr. H., des Klinikums A-Stadt, des Kardiologen Dr. N., der W-Z.-Kliniken, der Allgemeinärztin Dr. I., der Internistin Dr. W-R., des Internisten und Rheumatologen Dr. M. und des MVZ A-Stadt beigezogen.
In einem Erörterungstermin am 26. Oktober 2011 hat die Klägerin über weitere geplante Maßnahmen der Schmerzbehandlung im Rheumazentrum in O. berichtet. Es sei bei einer MRT der Halswirbelsäule eine gutartige Geschwulst gefunden worden, die Beschwerden verursache. Wegen ihrer Depression stehe sie bei Dr. F. in Behandlung.
Der Senat hat daraufhin weitere Befundberichte der G., des Neurologen und Psychiaters Dr. F., der W-Z.-Kliniken und der psychologischen Psychotherapeutin O. beigezogen.
Dr. C. hat in ihrer daraufhin vom Senat erbetenenen ergänzenden internistisch-kardiologischen Stellungnahme nach Aktenlage erklärt, die Klägerin könne seit 2007 leichte Tätigkeiten ohne anhaltendes Gehen und Stehen, in geschlossenen Räumen mit den üblichen Unterbrechungen mehr als sechs Stunden ausüben. Nicht mehr zumutbar seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, ungünstige physikalische Einflüsse wie Kälte, Nässe, Zugluft, besondere Anforderungen an die Trittsicherheit und das Sehvermögen sowie höhere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Seit März 2008 sei die Gebrauchsfähigkeit der linken, nicht dominanten Hand deutlich reduziert. Sie könne aber zumindest noch als Beihand eingesetzt werden. Tätigkeiten als Altenpflegerin und als Laborhelferin seien nicht mehr möglich.
Der Senat hat daraufhin gemäß § 109 SGG eine orthopädische Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. G. vom 25. Oktober 2012 eingeholt, der an seiner Einschätzung von einem auf unter drei Stunden reduzierten Leistungsvermögen festgehalten hat.
Hierzu hat Dr. C. erneut ergänzend Stellung genommen. Sie hat die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens empfohlen.
Der Senat hat daraufhin Dr. D. gemäß § 106 SGG unter Übersendung berufskundlichen Materials zu Tätigkeiten als Pförtnerin, Warenaufmacherin, Telefonistin und Mitarbeiterin in einer Poststelle mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt, das dieser unter dem 29. Mai 2013 erstattet hat.
Dr. D. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen seit Oktober 2007 festgestellt:
1. Anpassungsstörung, protrahierte Trauerreaktion, abklingend
2. Bewegungsstörung der linken Hand bei bekannter Psoriasisarthritis und mittlerweile durchgeführter Versteifungsoperation des linken Handgelenks
3. Restless-legs-Syndrom, medikamentös weitgehend kompensiert
4. Meralgia parästhetika links
5. Verdacht auf Lagerungsschwindel (im Rahmen der Untersuchung nicht provozierbar)
6. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom
7. Hochgradige Sehminderung des linken Auges
8. Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet laut Gutachten Dr. C. vom 3. Februar 2009.
Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sowie bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien sechs Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen auszuüben. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten, die die volle Einsetzbarkeit beider Hände erfordern, sondern die überwiegend mit der rechten Hand erledigt werden können, wobei die linke Hand immerhin als Beihand einsetzbar sei. Nicht mehr zumutbar seien Nachtschichttätigkeiten, Tätigkeiten unter Zeitdruck (Fließbandarbeit, Akkordarbeit) und Tätigkeiten, die ein intaktes Sehvermögen beider Augen bzw. das so genannte Stereosehen erfordern. Die in der Beweisanordnung genannten Verweisungstätigkeiten könne die Klägerin noch sechs Stunden täglich ausüben. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt. Das Leistungsbild bestehe seit Antragstellung. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 9. September 2010 und des Bescheids der Beklagten vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI zu.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem LSG steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Die Klägerin kann noch sechs Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten etwa als Telefonistin oder Pförtnerin verrichten.
Bei der Klägerin stehen die Gesundheitsstörungen auf internistisch-rheumatologischem und nervenärztlichem Fachgebiet im Vordergrund.
Bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. C. im Februar 2009 war die Klägerin in einem guten Allgemeinzustand und einem reichlichen Ernährungszustand. Es zeigten sich kein Ikterus und keine Zyanose. Die Untersuchung von Kopf, Hals, Thorax und Lungen ergab keine wesentlichen Auffälligkeiten. Insoweit hat Dr. C. nur auf eine vordiagnostizierte chronische Bronchitis hingewiesen, die dazu führt, dass die Klägerin Kälte, Nässe und Zugluft vermeiden sollte.
Bei der Inspektion des Herz-Kreislaufsystems ergaben sich gut eingestellte Blutdruckwerte. Trotz langjährigen Verlaufs der Blutdruckerkrankung war bei der Klägerin nur eine leichte hypertensive Herzschädigung bei normaler systolischer Pumpfunktion nachweisbar. Sichere Hinweise für eine koronare Herzkrankheit lagen nicht vor. Dr. C. hat insoweit für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass sich angesichts dieser Befunde eine zeitliche Limitierung für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Stress nicht begründen lässt.
Nach den Feststellungen von Dr. C. war der bei der Klägerin seit längerem bekannte Diabetes mellitus Typ II b mit einem Glukoseresorptionsverzögerer gut eingestellt. Der Langzeitblutzuckerwert HbA1c war mit 5,4 Prozent im Normbereich. Eine von Dr. C. aufgrund eines vorliegenden Befundberichts von Dr. Z. angenommene leichte sensible distale Polyneuropathie als Spätfolge des Diabetes mellitus konnte von dem insoweit zur Beurteilung berufenen Nervenarzt Dr. D. nicht bestätigt werden.
In Bezug auf die von der Klägerin durchgemachte Krebserkrankung hat Dr. C. festgestellt, dass der Tumor vollständig entfernt wurde. Angesichts des Stadiums T2 N0 M0, dem Fehlen von Fernmetastasen und der Tumorfreiheit aller untersuchten Lymphknoten sei von einer günstigen Prognose ohne der Notwendigkeit einer Nachbehandlung auszugehen. Bei nach wie vor bestehender Rezidivfreiheit resultiert hieraus allein ein Ausschluss von besonderen Bauchdeckenbelastungen in Form von schwerem Heben und Tragen und häufigem Bücken. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen ergeben sich auch aus der bei der Klägerin vorliegenden Stressinkontinenz Grad I-II, die ansonsten nur den Ausschluss von lang anhaltenden Stehen nach sich zieht.
Außer Zweifel steht, dass die Klägerin - seit ihrer Kindheit - auf dem linken Auge praktisch erblindet ist. Der Sachverständige S. hat in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2005 bereits darauf hingewiesen, dass hierdurch - bei ausreichend erhaltener Sehfähigkeit auf dem rechten Auge - die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht eingeschränkt ist. Die Klägerin habe ihr gesamtes Berufsleben mit dieser Behinderung zurückgelegt. Eine relevante Verschlechterung des Sehvermögens ist ausweislich der vorgelegten Befundberichte und der ausdrücklichen Feststellung von Dr. C. seit der Begutachtung durch den Augenarzt S. nicht eingetreten. Damit ergibt sich hieraus nur der Ausschluss von Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen wie dem ausschließlichen Arbeiten am Bildschirm und der Notwendigkeit des "Stereo-Sehens".
An der Wirbelsäule fanden sich nur gering- bis mäßiggradige degenerative Veränderungen bei verstärkter Lendenlordose und deutlicher Verspannung der Nackenmuskulatur. An den Extremitäten ergab sich ein unauffälliger arterieller Gefäßstatus ohne Varikosis, Ödeme, entzündliche Rötungen, Schwellungen oder Überwärmungen. Abgesehen von der linken Hand zeigten sich auch keine Bewegungseinschränkungen.
An der linken Hand imponierte eine mäßige ödematöse Schwellung mit einem Streckdefizit von 30° am 3. und 4. Finger und einer Bewegungseinschränkung des 5. Fingers. Lediglich der Daumen und der linke Zeigefinger konnten von der Klägerin mit mäßigen Schmerzen noch normal bewegt werden. Hier war ihr auch der Fingerspitzgriff möglich. Das linke Handgelenk war weitgehend eingesteift. Dr. D. hat insoweit ergänzt, dass bei der Klägerin ein chronifiziertes Schmerzsyndrom vorliegt, das vornehmlich die linke Hand betrifft. Die grobe Kraft war von Dr. D. nur eingeschränkt überprüfbar, da die Klägerin (möglicherweise schmerzbedingt) nicht richtig innervierte. Eine nennenswerte Muskelathropie konnte Dr. D. nicht feststellen. Handgelenk und Handrücken links waren leicht geschwollen. Hieraus hat Dr. D. abgeleitet, dass die Einsetzbarkeit der linken Hand auf die Funktion einer Beihand herabgesetzt ist.
Auch insoweit ist im Laufe des Verfahrens nach den Feststellungen von Dr. C. und Dr. D. keine durchgreifende Verschlechterung eingetreten. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine Psoriasisarthritis Ursache für die Schmerzen und entzündlichen Veränderungen des linken Handgelenks war, ergab sich nach einer Injektionsbehandlung zunächst eine Besserung der Beschwerden, die jedoch nicht dauerhaft war, so dass im November 2011 eine Versteifung des linken Handgelenks durchgeführt wurde. Die Gebrauchsfähigkeit der nicht dominanten linken Hand war im Verlauf stets deutlich reduziert. Eine Benutzbarkeit zumindest noch als Beihand und zu leichten Tätigkeiten, die keine höheren Anforderungen an die Kraftentwicklung und Geschicklichkeit stellen, war nach den Feststellungen von Dr. C. jedoch stets gegeben. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben noch in der Lage war, trotz der Einschränkungen an der linken Hand ihren schwer erkrankten und pflegebedürftigen Ehemann vor seinem Tod im Mai 2011 zwei Jahre lang zuhause zu versorgen. Nach den Feststellungen von Dr. D. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2013 ist die Klägerin auch nach wie vor in der Lage, alltägliche Verrichtungen wie Kochen zu erledigen.
In psychopathologischer Hinsicht war die Klägerin nach den Ausführungen von Dr. D. in seinem für das SG erstellten Gutachten zunächst in einer erkennbar gesenkten Grundstimmung. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wirkte die Stimmung dann jedoch zunehmend indifferent. Die Klägerin konnte auch einmal situationsadäquat lachen. Eine nennenswerte Störung von Antrieb und Dynamik konnte Dr. D. nicht feststellen, die affektive Schwingungs- und Resonanzfähigkeit war nicht ausgeprägt beeinträchtigt. Gedächtnisleistungen und Merkfähigkeit waren gut ausgeprägt bei einer intellektuellen Leistungsfähigkeit im unteren Grenzbereich.
Im Rahmen seiner Begutachtung im Mai 2013 hat Dr. D. keine wesentlich anderen Befunde erhoben. Auch hier war die Klägerin affektiv schwingungsfähig und reagibel. Inhaltliche oder formale Denkstörungen lagen ebenso wenig vor wie nennenswerte kognitive Defizite oder Gedächtnisstörungen. Die Klägerin war auch hier während des überwiegenden Teils der Untersuchungszeit in einer ausgeglichenen Grundstimmung. Der Medikamentenspiegel ergab, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben das Antidepressivum Citalopram nicht einnimmt.
Nach alledem ist die Einschätzung von Dr. C. und Dr. D. nachvollziehbar, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich mit den von Dr. C. und Dr. D. genannten und im Sachverhalt wiedergegebenen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten.
Die hiervon abweichende Einschätzung von Dr. G. konnte den Senat nicht überzeugen. Dr. G. verweist in seinem sehr knapp gehaltenen Gutachten zur Begründung seiner Einschätzung eines auf unter 3 Stunden gesunkenen Leistungsvermögens ausschließlich auf die rheumatische Erkrankung der Klägerin und die damit verbundene Funktionsstörung der linken Hand einschließlich des allgemeinen Schmerzsyndroms. Eine nähere Begründung erfolgte nicht, insbesondere auch nicht dazu, warum den durch diese Gesundheitsstörungen ausgelösten Funktionsstörungen der Klägerin nicht durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden kann, wie dies durch Dr. C. und Dr. D. eingehend dargelegt wurde. Eine generelle zeitliche Limitierung des beruflich Leistungsvermögens lässt sich für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit der Psoriasis-Monarthritis auch bei Mitberücksichtigung des Schmerzsyndroms nicht nachvollziehbar begründen. Insoweit bedarf es auch nicht der Einholung eines "Obergutachtens". Dies schon deshalb, weil "Obergutachten" im SGG nicht vorgesehen sind. Entscheidend ist, ob durch einen Gutachter ein Absinken des quantitativen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden oder rentenrelevante qualitative Leistungseinschränkungen nachvollziehbar dargelegt werden. Die bloße, nicht plausibel begründete Behauptung eines Gutachters, das Leistungsvermögen sei auf unter 3 Stunden abgesunken, vermag weder einen Rentenanspruch noch die Verpflichtung des Senats zu begründen, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn - wie hier der Fall - hinreichend gut begründete gutachterliche Aussagen vorhanden sind, die dieser Behauptung entgegenstehen.
Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin von sechs Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und der Klägerin keine Tätigkeit benannt werden könnte, die sie trotz der qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal " Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können.
Der Senat geht aufgrund der Funktonseinschränkungen an der linken Hand der Klägerin und der weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen zu Gunsten der Klägerin von einer schweren spezifische Leistungsbehinderung bzw. einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen aus.
Nach den Feststellungen von Dr. D. ist die Klägerin aber noch in der Lage, trotz der bei ihr vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen Tätigkeiten als Telefonistin oder Pförtnerin mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dem Sachverständigen stand dabei eine berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen vom 18. Oktober 2012 zu diesen Tätigkeiten zur Verfügung. Die Tätigkeit als Telefonistin umfasst die Bedienung von Telefon- und Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails usw. Es handelt sich um eine meist körperlich leichte Arbeit in geschlossenen temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Eine ständige nervliche Belastung oder dauernder Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit sind damit nicht verbunden, wobei Stresssituationen nicht ganz zu vermeiden sind. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Schichtdienst ist je nach Arbeitsort möglich.
Diesen Leistungsanforderungen wird die Klägerin trotz der bei ihr zur Überzeugung des Senats vorliegenden, von Dr. C. und Dr. D. fest- und im Sachverhalt dargestellten Leistungseinschränkungen gerecht. Schwere Tätigkeiten wie das schwere Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken fallen hierbei nicht an. Dr. D. hat auch nicht festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Behinderung an der linken Hand, die jedoch nicht ihre führende Hand ist, die im Rahmen von Tätigkeiten als Telefonistin anfallenden Tätigkeiten zu verrichten.
Auch eine Pförtnertätigkeit ist leidensgerecht. Pförtner haben nach den berufskundlichen Feststellungen folgende Verrichtungen zu erledigen: Kontrolle von Werksausweisen, dem Ausstellen von Besucherkarten, der Anmeldung bei der zuständigen Stelle, das Aushändigen von Formularen, das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen sowie ggf. einfache Bürotätigkeiten.
Der Senat hält in Übereinstimmung mit Dr. D. auch Tätigkeiten als Pförtnerin für mindestens sechs Stunden am Tag zumutbar. Hierbei handelt es sich um körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stresssituationen erfahrungsgemäß jedoch nicht auszuschließen. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen. Auch insoweit besteht nach der überzeugenden Einschätzung von Dr. D. kein Widerspruch zu den bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Einschränkungen. Nachtschicht ist nicht notwendigerweise mit der Tätigkeit als Pförtnerin verbunden. Es gibt auch sog. Tagespförtner etwa in öffentlichen Verwaltungen, Büro- und Geschäftshäusern.
Der Ausübung dieser beiden Tätigkeiten steht auch nicht entgegen, dass nach den Ausführungen von Dr. C. die Klägerin allenfalls eines zusätzlichen Toilettengangs außerhalb der üblichen Pausen bedarf. Nach § 4 ArbZG steht vollschichtig tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. 2 mal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen wird den Arbeitnehmern in gewissem Umfang darüber hinaus auch noch sog. Verteilzeiten zugestanden (z. B. für den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten bzw. Aufräumen des Arbeitsplatzes, Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw.). Die Klägerin kann nach Auffassung des Senats die ihr zustehenden Verteilzeiten nutzen, soweit nach Arbeitsbeginn noch außerhalb der üblichen Pausenzeiten Toilettenbesuche erforderlich sind.
Bei den Tätigkeiten als Pförtnerin und Telefonistin handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von bis zu drei Monaten von der Klägerin verrichtet werden können. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehen nach den Ausführungen des Landesarbeitsamtes Hessen insoweit hinreichend Arbeitsplätze, auch für Betriebsfremde, zur Verfügung.
Damit scheidet die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1, 2 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin, die nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, zuletzt als Altenpflege- und Laborhilfe verrichtet hat. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin nach dem sog. Stufenschema des BSG auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist. Da insoweit und im Übrigen auch in Bezug auf eventuelle Verweisungstätigkeiten als Telefonistin bzw. Pförtnerin noch eine Einsatzfähigkeit von sechs Stunden und mehr vorliegt, kommt auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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