L 9 U 30/12 ZVW

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 431/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 30/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Mit dem Vorhandensein der in den BK’n 1103 und 4109 genannten Listenstoffen Chrom bzw. Nickel am Arbeitsplatz liegen die arbeitstechnischen Voraussetzungen vor, so lange nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand kein Erfahrungssatz existiert, demzufolge erst ab Erreichen einer bestimmten Mindestdosis von einer Gefährdung ausgegangen werden kann.
2. Die Höhe der Exposition alleine kann allenfalls dann für die Anerkennung einer BK genügen, wenn keine Anhaltspunkte für eine alternative (innere oder äußere) Ursache für die Erkrankung bestünden. Als solche kommt starkes privates Rauchen (hier ca. 29 Packungsjahre) in Betracht.
3. Dem Gericht ist es verwehrt, die Unsicherheit der Verursachungsanteile im Wege eines unterstellten jeweils hälftigen Anteils zu schließen, weil aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung nicht automatisch auf die berufliche Verursachung einer Erkrankung geschlossen werden kann.
4. Zur Bedeutung der Verdoppelungsdosis bei der Beweiswürdigung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen wegen des am xx. xxx 1999 an einer Bronchialkrebserkrankung verstorbenen Ehemannes der Klägerin, D. A. Hierbei geht es im Kern darum, ob der Tod durch eine bei der Beklagten versicherte Berufskrankheit (BK) verursacht wurde.

Der 1939 geborene Ehemann der Klägerin, der Versicherte, war von Juni 1966 bis zur Schließung des Unternehmens im November 1996 als Schlosser bei der Firma E. in A Stadt beschäftigt, die Schlosser- und Schmiedearbeiten für das Baunebengewerbe ausführte und dabei kleinere Stahlkonstruktionen herstellte. Nach Angaben des Unternehmers E. E. vom 14. März 2001 gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten verrichtete der Versicherte in etwa 30 % der Arbeitszeit Schweißerarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden nach Angaben des Unternehmers E. meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren – MAG). Edelstahl wurde ab Anfang der 80er Jahre verschweißt, dies allerdings nur gelegentlich in maximal 5 % bzw. 10 % (so Angabe des Arbeitskollegen Q.) der Tätigkeit. Für LBH-Schweißarbeiten an Edelstahl kamen nach TAD-Recherchen basische Elektroden mit einem Durchmesser von 2,5 mm beim Heften bzw. 3,25 mm beim Lagenschweißen zum Einsatz. Edelstahl wurde überwiegend im LBH-Verfahren mit Elektrode, in geringem Umfang im MAG-Verfahren eventuell auch im WIG-Verfahren (WIG = Wolfram-Inertgas-Verfahren) verschweißt. Nach ergänzenden Ermittlungen des TAD ist ab Mitte der 80er Jahre das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) vermehrt eingesetzt worden, das nach und nach an die Stelle des LBH-Verfahrens trat, wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG-Schweißen verwandt wurden, die angeschliffen wurden. In geringem Umfang wurde auch öliges Material verschweißt, wobei dasselbe normalerweise zunächst entfettet und dann geschweißt wurde. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Hinzu kamen Schleifarbeiten, Fräsarbeiten, Lackierarbeiten mit Pinsel und Rolle sowie mit der Spritzpistole, u. a. mit Zinkchromatgrund- und Teerfarbe. Für die Dauer von vier Wochen hatte er Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten als Balkonverkleidung, die vor der Montage angebohrt und selten nachgeschnitten wurden. Bei der ca. 3 Monate andauernden Montage astbesthaltiger Brandschutzplatten am Klinikum Marburg war der Versicherte aushilfsweise tätig. Von 1966 bis 1978 arbeitete die Firma E. in einer alten Halle und nach ihrem Umzug ab 1979 in einer neuen Halle, wobei in der alten Halle keine technische Lüftung vorhanden war. In der neuen Halle war ab 1990 eine Schweißrauchabsaugung installiert. Wegen weiterer Einzelheiten der Arbeitsumstände des Versicherten wird auf die TAD-Berichte vom 25. Oktober 1991, vom 22. Juni 2001 und 27. Februar 2007 Bezug genommen. Nach seinem Ausscheiden aus der Firma E. im November 1996 war der Versicherte nicht mehr berufstätig.

Am 17. Mai 1995 hatte der Versicherte einen Arbeitsunfall erlitten, als er beim Abbrennen feuerverzinkter Teile austretende Dämpfe einatmete. Die Beklagte hatte zur Feststellung ihrer Leistungen hierzu Ermittlungen aufgenommen und die Unfallanzeige der Firma E. vom 11. Januar 1996 mit Ergänzung vom 21. Februar 1999 eingeholt. Darin wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem vom Versicherten durch autogenes Schweißen abzuscheidenden Materialien um feuerverzinkte Rundrohre und Trägerprofile gehandelt habe, wobei Zinkdämpfe aufgetreten seien. Der Versicherte stellte sich beim Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arzt Dr. F. vor, der laut Bericht vom 24. Mai 1995 bei ihm neben einem Zustand nach Zinkinhalation ein Asthma bronchiale, ein Übergewicht sowie einen Nikotinmissbrauch diagnostizierte. Röntgenologisch konnte er keine Anzeichen einer toxischen Reaktion feststellen. Die Lungenfunktion habe Veränderungen im Sinne eines Emphysems gezeigt. Die Internistin Dr. G. fand keinen Hinweis auf eine akute pulmonale Reaktion auf die Zinkinhalationsintoxikation und keinen chronischen Schaden des Lungengewebes (Bericht vom 18. Mai 1995). Der Internist Dr. H. erstattete den Bericht vom 24. August 1995, in dem er darauf hinwies, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht habe. Er berichtete sodann am 8. Dezember 1999 ausführlich über die Folgen der Zinkinhalation vom 17. Mai 1995 und teilte mit, der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr täglich 15 Zigaretten geraucht. Wörtlich heißt es: "Bis dahin (30. August 1995) sollte man dem Patienten raten, das Zigarettenrauchen unverzüglich einzustellen und sich verstärkt um eine Gewichtsreduktion zu bemühen. Letzteres dürfte bei einem Gewicht von 120 kg und einer Änderung der Ernährungsweise eigentlich nicht so schwer fallen. Diese Dinge dürften gegenüber der Frage einer mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht relevanten Zinkinhalation weit im Vordergrund stehen. " Am 29. November 1995 schrieb Dr. H.: "Meinen Ausführungen vom 24. August 1995 ist im Prinzip nichts Wesentliches hinzuzufügen. Der Patient ist hinsichtlich seiner Lebensführung vollkommen unbelehrbar. Das Körpergewicht liegt relativ konstant bei 119 kg. In Anbetracht der massiven, hochgefährlichen Rhythmusstörungen wäre bei einer unveränderten Lebens- und Handlungsweise des Patienten die Prognose aus kardiologischer Sicht als miserabel anzusehen."

Dr. J., Lungenarzt und Internist, bestätigte sodann mit Bericht vom 28. April 1999 ein erstmals im selben Monat diagnostiziertes kleinzelliges Karzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten neben einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Der Versicherte habe von 1964 bis jetzt ca. 15 bis 20 Zigaretten am Tag in einem Umfang von ca. 30 Packungsjahren geraucht. Einen weiteren Bericht erstattete er am 23. August 1999 über die nach der Krebsdiagnose durchgeführte Chemotherapie. Der Hausarzt Dr. K. erstattete den Bericht vom 20. Juli 1999 und der Internist und Onkologe Dr. L. die Berichte vom 12. Mai und 19. August 1999. Er beschrieb den Behandlungsverlauf nach Durchführung der Chemotherapie und anschließender Feststellung eines Lymphknotenbefalls. Das Zentrum für Innere Medizin der Universitätsklinik Frankfurt am Main berichtete am 2. Februar, 1. März und 9. September 1999. Der Versicherte war dort vom 20. bis 29. Januar 1999 wegen Verdacht auf Herzinfarkt aufgenommen worden unter den Diagnosen: Unterlappenpneumonie links sowie chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung bei Nikotinmissbrauch. Eine weitere stationäre Behandlung schloss sich vom 4. bis 9. September 1999 wegen einer erneuten Herzattacke an. Am Entlassungstag wurde mit einer Strahlentherapie wegen der Krebserkrankung begonnen. Schließlich berichtete die Radiologische Universitätsklinik Marburg am 30. Dezember 1998 über stationäre Aufenthalte des Versicherten vom 18. November bis 1. Dezember sowie vom 9. bis 18. Dezember 1999 und gab an, dass Hirnmetastasen aufgetreten seien und der Versicherte am 18. Dezember 1999 verstorben sei.

Die Beklagte zog des Weiteren das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen, Geschäftsstelle Marburg sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Gießen nach dem Schwerbehindertengesetz bei, wo der Versicherte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt und als Behinderungen festgestellt wurden: Bronchialveränderungen mit Lungenfunktionsstörungen, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit chronisch rezidivierenden Reizerscheinungen, Gelenkbeschwerden, Herz-Kreislauf-Rhythmusstörungen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Sie hörte den Arbeitsmediziner Prof. M. an, der am 25. April 2000 ausführte, Todesursache beim Versicherten sei das Bronchialkarzinom gewesen, zu dem es infolge langjährigen Nikotinmissbrauchs gekommen sei, wobei ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 und der dabei stattgehabten Zinkintoxikation nicht bestehe. Dieser habe lediglich zu vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Monaten Mai und Juni 1995 geführt. Mit Bescheid vom 23. Mai 2000 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass die Bronchialkrebserkrankung nicht Folge des Arbeitsunfalles sondern der Rauchgewohnheiten des Versicherten sei und lehnte der Klägerin gegenüber die Anerkennung und Entschädigung einer BK zu Lebzeiten ihres Mannes wie auch Hinterbliebenenleistungen ab.

Auf ein Schreiben der Klägerin vom Dezember 2000 hin trat die Beklagte in Ermittlungen zur Frage des Vorliegens einer BK ein. Sie ließ den TAD zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen ermitteln, wozu dieser den Bericht vom 22. Juni 2001 erstattete, und bat Prof. M. um eine weitere gutachterliche Stellungnahme zur Zusammenhangsfrage. In der Stellungnahme vom 4. September 2004 führte dieser aus, der Versicherte sei infolge des Bronchialkarzinoms verstorben, das wesentlich durch seine Rauchgewohnheiten verursacht worden sei. Der Versicherte habe nur 5 bis 10 % der Arbeitszeit Edelstähle geschweißt, so dass nur von einer zeitlich begrenzten Exposition gegenüber chrom- bzw. nickelhaltigen Schweißrauchen ausgegangen werden könne. Rauch von chrom- und/oder nickelhaltigen Schweißzusatzwerkstoffen sei eine kanzerogene Wirkung beizumessen. Dies gelte insbesondere für Rauch aus hochlegierten umhüllten Stabelektroden. Für den Versicherten könne er ein beruflich erhöhtes Bronchialkarzinomrisiko nicht bejahen, da er derartigen Belastungen nur kurzfristig ausgesetzt gewesen sei, so dass die BK-Nr. 1103 verneint werden müsse. Die BK-Nr. 4104 sei ebenfalls nicht erfüllt, da die Röntgenbilder und die CT-Bilder keine eindeutigen Anhaltspunkte für asbestassoziierte Lungen- und/oder Pleuraveränderungen ergeben hätten. Die Asbestbelastung des Versicherten habe nach den Feststellungen des TAD nur zu einer Asbestfaserdosis von 3,3 Jahren geführt. Der Landesgewerbearzt nahm am 28. September 2001 Stellung und schloss sich im Hinblick auf die BK 4104 der Stellungnahme des Prof. M. an. Lungengewebe zur Untersuchung auf Chromatbelastung sei nicht entnommen worden. Auch die BK-Nr. 1103 sei zu verneinen. Da Grenzwertüberschreitungen nicht mehr nachweisbar seien, müsse Beweislosigkeit angenommen werden.

Durch Bescheid vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK beim Versicherten nach den Nummern 4104, 4109 sowie 1103 der Anlage 1 zur BKV gestützt auf die Ausführungen des Prof. M. und des Landesgewerbearztes ab. Auch die Anerkennung einer Quasi-BK komme nicht in Betracht.

Dagegen hat die Klägerin am 3. Juli 2002 vor dem Sozialgericht Marburg (Sozialgericht) Klage erhoben mit der Begründung, sie halte die Beurteilung des Prof. M. nicht für überzeugend, soweit dieser nur von einer kurzfristigen Schadstoffexposition des Versicherten ausgehe. Dieser habe regelmäßigen und intensiven Kontakt mit chrom- und nickelhaltigem Schweißrauchen gehabt, wie die Arbeitskollegen gegenüber dem TAD bestätigt hätten und was im Nachhinein noch näher zu ermitteln gewesen wäre. Zudem habe Asbestkontakt des Versicherten bestanden. Hinzu komme die Gefährdung durch sechswertige Chromverbindungen bei der Glanz- und Hartverchromung in der Galvano-Technik, bei Anstreicharbeiten mit chromhaltigen Korrosionsschutzmitteln – auch mit der Spritzpistole, beim Brennschneiden, Schweißen oder Schleifen von Blechen mit chromhaltigen Anstrichstoffen. All diesen Einwirkungen sei der Versicherte ausgesetzt gewesen. Die Klägerin hat das ärztliche Zeugnis des Hausarztes Dr. K. vom 1. September 2004 überreicht, wonach es beim Versicherten zu häufigen pulmonalen Erkrankungen erst nach dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 gekommen sei.

Von Amts wegen hat das Sozialgericht sodann das internistisch-pneumologische Gutachten des Prof. N. vom 15. Juni 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 24. Januar 2005 eingeholt. Darin heißt es, beim Versicherten sei ein kleinzelliges Bronchialkarzinom im April 1999 erstmals diagnostiziert worden. Nach Chemotherapie und Bestrahlung habe der Krebs das Hirn befallen und im Dezember 1999 zum Tode geführt. Daneben habe eine chronisch obstruktive Bronchitis bestanden, eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung, ein metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Diabetes und erhöhten Blutfettwerten, eine Hyperurikämie sowie ein Syndrom der Lendenwirbelsäule (LWS). Im Ergebnis seien die BK-Nummern 1103, 4104 und 4109 zu verneinen. Im Hinblick auf die BK-Nr. 1103 habe der Versicherte aufgrund der Arbeitsanamnese keine langjährige hohe Exposition zu sechswertigem Chromat bei den Schweißarbeiten aufgewiesen ausgehend davon, dass er 10 % der Arbeit mit Schweißen von Edelstahl verbracht habe. Eine langjährige hohe Exposition sei zu fordern, um ein erhöhtes berufliches Risiko für das Entstehen eines Bronchialkrebses mit Wahrscheinlichkeit annehmen zu können. Hinsichtlich der Nr. 4109 sei eine erhebliche Nickelbelastung des Versicherten nicht erkennbar, zumal er nach den TAD-Feststellungen nur selten Arbeiten an legierten Stählen verrichtet habe. Im Hinblick auf die BK-Nr. 4104 bestünden keine Anhaltspunkte für eine Lungen- oder Pleuraasbestose und es seien auch nur 3,3 Faserjahre vom TAD errechnet worden. Zur Frage der Anerkennung einer Quasi-BK wertete Prof. N. diverse Studien zur Lungenkrebsgefährdung durch Schweißrauche aus. Die Studien hätten ergeben, dass die Schweißtätigkeit insgesamt mit einem leicht bis mäßig erhöhten Risiko für das Auftreten von Bronchialkarzinomen verbunden sei. Es sei nicht eindeutig geklärt, ob es ein unterschiedliches Risiko bei Rohstahl- oder Edelstahlschweißen gebe. Auch bezüglich der verschiedenen Schweißverfahren fänden sich keine eindeutigen Aussagen. Eine Risikoverdoppelung unabhängig von Asbest- und Tabakrauchexposition hätten sämtlichen Studien seit 1977 nicht bestätigt, so dass im Ergebnis nicht anzunehmen sei, dass die Schweißtätigkeit im Ausmaß von 30 % der Arbeitszeit beim Versicherten wesentliche Teilursache für das zum Tode führende Krebsleiden gewesen sei. Der Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 habe eventuell zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der nach langjährigem Rauchen bestehenden Bronchitis geführt. Weder ein Metalldampffieber sei unfallnah festgestellt worden noch seien akute pulmonale Reaktionen oder gar eine chronische Lungengewebsschädigung oder ein Lungenödem dokumentiert. Ein Zusammenhang des damaligen Intoxikationstraumas mit dem 1999 aufgetretenen Bronchialkrebs bestehe nicht.

Durch Urteil vom 31. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Klägerin weder Entschädigungsleistungen als Hinterbliebene noch als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes zustünden. Die BK-Nummern 1103, 4104 sowie 4109 hat das Sozialgericht gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. N. verneint. Es ist dem Sachverständigen auch insofern gefolgt, als es die Voraussetzungen für eine Quasi-BK abgelehnt hat. Denn eine erhebliche Risikoerhöhung sei zu verneinen und auch eine Kausalität unter Beachtung des Unfallereignisses vom 17. Mai 1995 nicht begründbar. Da beim Versicherten ein Versicherungsfall nicht anerkannt werden könne, scheide auch die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin aus.

Gegen das ihr am 5. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. August 2005 Berufung eingelegt und ihr Begehren weiter verfolgt.

Auf Antrag der Klägerin hat der zunächst zuständige 3. Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Arbeitsmediziners und Internisten Prof. C. vom 24. April 2006 eingeholt. Prof. C. hat darin ausgeführt, dass es zu einem ausgedehnten kleinzelligen zentralen Bronchialkarzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten gekommen sei mit Metastasen der lokalen Lymphknoten und unterhalb des Zwerchfells bei Verdacht auf Hirnbeteiligung nach sechsmaliger Chemo- und mediastinaler Strahlentherapie. Zusätzlich seien arbeitsbedingt Zustände nach Unterlappenpneumonie links im Januar 1999 sowie nach Zinkfieber am 17. Mai 1995 festzustellen. Eine chronische Atemwegserkrankung mit Lungenemphysem, ein metabolisches Syndrom, ein Bluthochdruckleiden, ein Verdacht auf coronare Herzkrankheit, ein Syndrom der Wirbelsäule und beider Kniegelenke, eine Akromegalie sowie ein Zustand nach Tonsillektomie 1985 seien vom Arbeitsleben unabhängig zu sehen. Todesursächlich sei nicht die Zinkfiebererkrankung vom Mai 1995, sondern die Bronchialkrebserkrankung gewesen. Zinkoxid sei nicht gesichert (lungen)krebs erzeugend. Insgesamt bestünden für den Nachweis der beruflichen Verursachung des Lungenkrebsleidens acht Beweislücken im Expositionsszenario, die aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes nur teilweise abgemildert werden könnten, so dass letztlich ein Beweisnotstand verbleibe. Der Versicherte habe zusammengerechnet etwa 30 Jahre als Schlosser gearbeitet, wobei er 30 % der täglichen Arbeitszeit geschweißt habe. Bei einer Gesamtbelastung von gut 30 Jahren errechne sich ein achtstündiger Gebrauch der Schweißgeräte für ca. zehn Jahre. Es sei von einer dreijährigen Einwirkung von Chrom VI- und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen auszugehen, sofern man die Gesamtbetriebszugehörigkeit von 1966 bis 1996 und damit 30 Jahre und während dessen einen Anteil für das besonders lungenbelastende Edelstahlschweißen von 10 % der Arbeitszeit zugrunde lege. Nehme man eine entsprechende Belastung nur ab 1980 an, reduziere sich die Einwirkungszeit auf 1,6 Jahre. Eine Bystander-Exposition durch 14 weitere Arbeitskollegen, die auch teilweise zusammen mit dem Versicherten geschweißt hätten, sei nicht ermittelt. Insgesamt hätten sechs BK-relevante synkanzerogene Lungenkrebs verursachende Berufsschadstoffe auf den Versicherten eingewirkt: Chrom VI-haltige Schweißrauche (Nr. 1103), nickeloxidhaltige Schweißrauche (4109), zinkchromathaltige Tröpfchenaerosole (1103), Asbestfaserstaub (4104), ionisierende Thorium-Zerfallsprodukt (2402) sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe vom Typ des Benzo(a)pyrens (jetzt BK 4113, 4114). Das Kardinalproblem liege in der mangelhaften dosimetrischen Abschätzbarkeit der vorgenannten Noxen. Die Chromat- und die Nickel-Belastung der Schweißrauche stamme zu 90 % aus der Zusammensetzung der Schweißelektroden, deren Qualität der TAD im Bericht vom 22. Juni 2001 nicht ermittelt habe. Die Schweißrauchkonzentration im Atembereich hänge ab von der individuellen Arbeitsweise und den betrieblichen Verhältnissen einschließlich der Bystander-Exposition. Der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr bis 1995 erheblich geraucht, wobei ausgehend von 26,25 Packungsjahren ein durch Nikotinmissbrauch zehnfach erhöhtes Bronchialkrebsrisiko anzunehmen sei. Prof. C. hat Vorschläge zur Überwindung des Beweisnotstandes gemacht ausgehend davon, dass in der Zeit von Juni 1966 bis 1979/1980 unzureichende Arbeitsschutzvorrichtungen bei geringer Raumgröße der alten Werkstatt und fehlenden Absaugvorrichtungen für Schweißgase und Schweißrauche bestanden hätten. Die TRK-Richtkonzentration für Chromat von 0,1 mg/m³ sei beim LBH-Schweißen unter Verwendung basisch ummantelter Schweißelektroden überschritten worden. Unter Berücksichtigung der bestverfügbaren Abschätzung des BIA für die Gesamtheit der Schweißerarbeitsplätze in der BRD vor 1984 betrügen die 90-Perzentile der Lungenkrebs erzeugenden chromat- und nickeloxidhaltigen Schweißrauche 0,4 mg Chromat/m³ und 0,24 mg Nickel/m³ beim LBH-Schweißen und diese Werte sollten auf die persönlichen Arbeitsplatzverhältnisse des Versicherten übertragen werden. Ausgehend von einer 3jährigen ganztägigen Schweißarbeit ergebe dies 1.200 µg Chromat/m³ x 1 Jahr zzgl. 720 µg Nickel/m³ x 1 Jahr. Bei 1,5jährig ganztägigen Schweißarbeiten an Edelstählen reduzierten sich die vorgenannten Schätzwerte auf 600 µg für Chromat und 360 µg für Nickel. Die Mittelwertbildung ergebe 900 µg für Chromat und 540 µg für Nickel. Die Latenzzeit zwischen Beginn der Schweißertätigkeit 1966 und dem Auftreten der Lungenkrebserkrankung betrage etwa 33 Jahre und stimme mit den Latenzzeiten für anerkannte Lungenkrebs-BKen überein, bei denen eine mittlere Latenzzeit von 29 Jahren habe ermittelt werden können. Die zusätzliche Chromat-Einwirkung beim Auftragen von zinkchromathaltigen Grundierungen mittels Pinsel und Rolle und zum Teil auch Spritzpistole, die mit einem 5 %igen Zeitanteil an den Schlossertätigkeiten eingeschätzt worden sei, entspreche einem 1 ½ jährigen täglich achtstündigen Auftrag von Chromaten, wobei eine auch nur annähernd vertretbare Abschätzung der Inkorporation des krebserzeugenden Arbeitsstoffes Chromat nicht möglich sei. Daraus ergebe sich der Hinweis, dass in erheblichem Umfang auch normaler Baustahl durch Zinkchromat gegen Rost geschützt worden sei, sodass sich beim Schweißen derart mit Zinkchromat rostgeschützter Bauteile eine inhalative Gefährdung durch zinkchromathaltige Schweißrauche zusätzlich zur Gefährdung beim Schweißen von Edelstahl ergebe. Prof. C. ist danach zu dem Ergebnis gelangt, dass im Rahmen der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung neben dem hohen Lungenkrebsrisiko durch Nikotin sechs berufliche Kausalfaktoren auf den Versicherten am Arbeitsplatz eingewirkt hätten, die nur mehr oder weniger abschätzbar seien, deren Relevanz als wesentliche Teilursache aber anzuerkennen sei. Zur weiteren Begründung hat er auf die Anerkennungskriterien hingewiesen, die Prof. O. und Dr. P. in einem Gutachten vom 10. März 1994 für die berufsgenossenschaftliche Praxis erarbeitet hätten. Danach sei die Chrom VI-Belastung beim LBH-Schweißen höher, dagegen die Nickelbelastung beim MAG-Schweißen niedriger. Die Rauche wirkten nicht synkanzerogen im Sinne einer Potenzierung. Zu einem verdoppelten Krebsrisiko infolge toxischer Schäden bei Chrom VI-Exposition könne es auch kommen, wenn die TRK-Werte für Schweißen nicht überschritten worden seien und Expositionszeiten ab fünf Jahren aufgetreten seien. Empfohlen werde eine kumulative Dosis von 2000 µg pro Jahr für Chrom VI und/oder 5000 µg für Nickel, wobei jeweils die TRK-Werte für zehn Jahre als Grundlage herangezogen worden seien. Der Versicherte erfülle diese Vorgaben im Hinblick auf die Latenzzeit von im Allgemeinen mehr als 20 Jahren und eine Expositionszeit im Allgemeinen von mehr als zehn Jahren. Das Gutachten schlage die BK-Anerkennung unabhängig von Rauchgewohnheiten vor. Prof. C. hat sein Gutachten abgeschlossen mit einer Abschätzung der Verursachungswahrscheinlichkeit der auf den Versicherten additiv einwirkenden Synkanzerogenese anhand der sog. Wichmann-Formel, wonach ein deutliches Überwiegen beruflicher Einflüsse bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) von mehr als 0,5 bestehe. Er hat Werte für das relative Risiko (RR) bzw. die VW für Asbest von 1,13 bzw. 0,12, für Chromat von 1,45 bzw. 0,31 und für Nickel von 1,11 bzw. 0,10 - insgesamt von 1,69 bzw. 0,41 errechnet. Dabei seien das Verstreichen zinkchromathaltiger Grundierungen, die Exposition beim Schweißen derart behandelter Bauteile, die BaP-Exposition beim Schweißen verölter Bleche sowie bei Verwendung von Teer- bzw. Bitumenfarbe sowie die Thorium-Belastung beim WIG-Schweißen mit thoriumhaltigen Elektroden – relevant für BK-Nr. 2402 – noch unberücksichtigt. Inwieweit dadurch die fehlende VW von 0,09 kompensiert werde, sei der Kompetenz des Senats zu überlassen. Er hat dies im Ergebnis unter Hinweis auf die mangelhaften Arbeitsschutzanstrengungen der Firma E. bejaht. Danach seien die arbeitsbedingten Einflüsse neben dem Rauchen nicht nur als Gelegenheitsursache aufzufassen und könnten nicht hinweggedacht werden, ohne dass das klinisch bereits fortgeschrittene Stadium eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms bereits im Alter von 60 Jahren entfiele. Vielmehr sei die BK-Nr. 1103 zu bejahen, ausgehend von der synkanzerogenen Kombinationswirkung der aufgezeigten sechs Lungenschadstoffe, wodurch eine BK beim Versicherten ab Januar 1999 mit einer MdE von 100 v.H. anzunehmen sei. Die Unterlappenpneumonie links sei als Hinweis auf den Beginn der Erkrankung beim Versicherten für diesen Zeitpunkt bestätigt worden und damit an derselben Stelle, wo drei Monate später ein sehr weit fortgeschrittener Lungentumor festgestellt worden sei.

Der TAD hat nach ergänzenden Ermittlungen – unter anderem nach telefonischer Befragung des Unternehmers E. E. sowie der Mitarbeiter Q. und R. – die Stellungnahme vom 27. Februar 2007 übermittelt. Er hat seiner Stellungnahme die BIA-Information Nr. 2/87 – Nickel- und Chromat-Exposition an Schweißarbeitsplätzen – beigefügt. Danach sei davon auszugehen, dass mit der Edelstahlverarbeitung bei der Firma E. ab etwa Anfang der 80er Jahre begonnen worden sei, so dass von einer Exposition gegenüber chromat- und nickelhaltigen Schweißrauchen für die Dauer von maximal 16 Jahren ausgegangen werden könne. Die Befragten hätten keine Angaben mehr zu den verwendeten Elektroden machen können. Recherchen bei einem Schweißfachingenieur des Deutschen Verbandes für Schweißen hätten ergeben, dass erfahrungsgemäß für LBH-Schweißarbeiten an Edelstählen basische Elektroden mit Durchmessern von 2,5 mm beim Heften und 3,25 mm beim Lagenschweißen eingesetzt worden seien. Die vom Versicherten zu bearbeitenden Stahlteile hätten auf Böcken oder einem Tisch gelegen. Große Konstruktionen aus Edelstahl seien üblicherweise nicht hergestellt und Arbeiten in engen Räumen nicht durchgeführt worden. Die Schweißrauchkonzentration hänge entscheidend vom eingesetzten Verfahren ab. LBH-Schweißarbeiten an Edelstahlteilen hätten viel höhere Emissionen als MAG- oder WIG-Schweißarbeiten. Absaugungen beeinflussten die Konzentration von Schweißrauchen am Arbeitsplatz. Zunächst sei bei der Firma E. mit Elektroden geschweißt worden und ab Mitte der 80er Jahre sei das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) eingesetzt worden. Konkrete Belastungssituationen seien nicht mehr nachvollziehbar und Messungen bei der Firma E. nie erfolgt. Die Belastung durch Chromat- und Nickeloxid habe beim Schweißen von Edelstahl bestanden und zwar im Umfang eines Zehntels bzw. eines Zwanzigstels der Gesamtarbeitszeit. Die Grenzwerte für Chromat und Nickel seien somit unterschritten worden, zumal seit 1990 in der neuen Halle auch eine Absaugung an den Schweißarbeitsplätzen vorhanden gewesen sei. Je nach Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Absaugung seien Spitzenwerte oberhalb des Grenzwertes beim LBH-Schweißen dann nicht auszuschließen, wenn mehr als zwei Stunden bzw. vier Stunden pro Schicht im LBH-Verfahren geschweißt worden sei. Beim WIG-Schweißen seien thoriumhaltige Elektroden verwendet worden, wobei es zu einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der Elektroden komme. Die relevante Jahresdosis von 6 Millisievert (mSV) sei vom Versicherten weit verfehlt worden mit erreichten Dosen von 0,084 bzw. 0,168 mSV ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil an der Gesamtarbeitszeit. Die Belastung durch Bystander-Exposition sei nicht mehr quantifizierbar. Eine BIA-Clearingstelle für Chromat-Belastungen existiere nicht. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzw. ein Biomonitoring seien nie erfolgt. Der Versicherte sei auch nicht bei ODIN (berufsgenossenschaftlicher Organisationsdienst wegen Krebsgefährdung am Arbeitsplatz) gemeldet gewesen.

Prof. C. hat sodann die weitere Stellungnahme vom 3. Juli 2008 erstattet, wonach hinsichtlich der Synkanzerogenese von Chromat/Zinkchromat, Nickeloxid, Asbestfaserstaub, Thorium-Zerfallprodukten und Benzoapyren als gentoxischen, d.h. Tumoren initiierenden Arbeitsstoffen von einem mindestens additiven Wirkungsprinzip auszugehen sei. Die Frage einer Antikanzerogenese stelle sich im Hinblick auf die fraglichen Stoffe nicht, da alle als lungenschädlich im BK-System anerkannt seien. Aufgrund der BIA-Information und der konkreten Arbeitsweise des Versicherten sei eine vierfache Überschreitung der damaligen Grenzwerte als TRK-Richtkonzentration während 5 bis 10 % der Arbeitszeit im Atembereich des Versicherten anzunehmen. Für den 16jährigen Zeitraum des Lichtbogenhandschweißens seien basisch ummantelte Elektroden verwendet worden. Der Gebrauch basischer Elektroden beim LBH-Schweißen sei Hauptursache für die relativ hohen Konzentrationen des Lungenkrebs erzeugenden chromathaltigen Schweißrauches. Der Versicherte habe die übliche Arbeitshaltung beim Schweißen der auf Böcken oder Tischen abgelegten Werkstücke eingenommen, wobei der über der Schweißstelle entstehende Thermikstrom bewirke, dass der Schweißrauch nach oben steige. Dieser könne am Schweißer-Schutzschild vorbei in den Atembereich des Schweißers gelangen. Ab Mitte der 80er Jahre seien die Schutzgasschweißverfahren MAG und WIG verwendet worden. Für das MAG-Schweißen sei mit 41 mg/m³ das sechs- bis siebenfache Überschreiten des damaligen noch sehr hohen Grenzwertes für Schweißrauche von 6 mg/m³ hervorzuheben. Für das WIG-Schweißen lägen die Chromat- und Nickeloxid-Anteile mit 6 bzw. 14 % der Grenzwerte relativ niedrig. Die Belastung durch ionisierende Strahlung bestehe in Höhe von 0,084 bzw. 0,168 mSV jährlich bei einem 5- bzw. 10-prozentigen Anteil der Schweißertätigkeit. Im Ergebnis sei die haftungsauslösende Kausalität für die BK-Ziffer 1103 zu bejahen, ausgehend von einem Additionsprinzip von 1: 1 für Chromat, Zinkchromat, Nickeloxyd, Asbestfaserstaub, ionisierende Thorium-Zerfallsprodukte und PAK. Im Zusammenwirken der zumindest kurzfristigen Grenzwertüberschreitungen für Chrom VI sowie der additiv wirksamen weiteren fünf lungenschädlichen Berufsstoffen liege keine bloße Gelegenheitsursache im Verhältnis zum konkurrierenden Zigarettenkonsum. Dieser sei nicht als allein wesentlich für das spätere Auftreten der Bronchialkrebserkrankung anzusehen. Daher sei im Ergebnis die BK 1103 mit einer MdE von 100 v.H. ab Januar 1999 wegen Erkrankung an Lungenkrebs durch sechswertige Chromverbindungen in synkanzerogener Kombinationswirkung zu bejahen.

Der 3. Senat hat die Betriebsakte der ehemaligen Firma E. beigezogen hat sodann Prof. C. erneut befragt. Er hat in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2009 ausgeführt, die Betriebsakte der Firma E. ergebe, dass der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Erfassung krebserzeugender Arbeitsstoffe, zur Erstellung eines Betriebs-Arbeitsstoffkatasters bzw. Gefahrstoffverzeichnisses bis zur Schließung der Firma 1996 nicht nachgekommen und eine Absauganlage erst 1990 installiert worden sei. Beim Unternehmer E. selbst sei eine BK 1315 (Einwirkung von Isocyanaten) anerkannt worden. Die früheren Belastungen im Betrieb ergäben sich aus dem im Rahmen dieses BK-Verfahrens erstatteten TAD-Bericht vom 25. Oktober 1991, wonach in der kleinen und niedrigen alten Halle bis 1980 überwiegend E-Schweißarbeiten mit einer sehr hohen Feinstaubbelastung infolge geringer Raumhöhe und Fehlens jeglicher Absauganlagen bei zusätzlicher Grob- und Feinstaubbelastung durch Schleifarbeiten sowie zusätzlicher Rauch- und Feinstaubentwicklung durch das Schmiedefeuer durchgeführt worden seien. Aufgrund der Raumverhältnisse sei von einer Konzentration der Feinstaubbelastung oberhalb des MAK-Wertes auszugehen. Erst 1991 sei festgestellt worden, dass sich durch die nach dem Umzug in die neuen Räume zwischenzeitlich installierte Absauganlage die Raumluftverhältnisse wesentlich gebessert hätten. Unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse der WHO sei davon auszugehen, dass der Lebensstilfaktor Rauchen offensichtlich keine synkanzerogene Wirkung im Sinne einer Potenzierung mit Schweißrauchen zeige, wovon auch das Gutachten von Prof. O. ausgehe. Die von ihm im Erstgutachten auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. O. und Dr. P. verwendeten Risikomodelle seien bisher dosimetrisch nicht vom Verordnungsgeber legalisiert worden und eine analoge Anwendung käme einem Schritt zur diesbezüglichen Fortentwicklung des BK-Rechts gleich. Im Ergebnis halte er an seiner Beurteilung in der vorhergehenden Stellungnahme fest.

Der 3. Senat hat abschließend die gutachterliche Stellungnahme des Prof. N. vom 16. Februar 2010 und hierzu nochmals eine Stellungnahme des Prof. C. vom 29. März 2010 eingeholt. Prof. N. hat einen Zusammenhang des Arbeitsunfalles vom 17. Mai 1995 mit der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten erneut verneint. Verneint hat er auch die Voraussetzungen der BK-Nummern 1103, 4104 sowie 4109 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen zur Anerkennung des Bronchialkrebses des Versicherten als Quasi-BK. Die berufliche Mitverursachung des kleinzelligen Bronchialkrebsleidens hält er nicht mit Wahrscheinlichkeit für erwiesen. Prof. N. ist Prof. C. gefolgt bezüglich der von ihm erhobenen Beanstandungen und Versäumnisse des Unternehmers E., die im Falle des Versicherten die Abschätzung des beruflich bedingten Lungenkrebsrisikos erschwerten. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen fehlten ebenso wie das Einhalten von Arbeitsschutzvorschriften. Danach verblieben Beweislücken bezüglich des Umfanges der Schweißarbeiten an Edelstählen vor 1980, zur Frage der Bystander-Exposition, der Gefährdung aufgrund der in einem maximal 5 %igen Zeitanteil anzunehmenden Arbeiten mit zinkchromathaltigen Grundierungen bzw. Schweißarbeiten an solchen mit Zinkchromat grundierten Metallteilen. Der zeitliche Anteil der in geringem Umfange getätigten Schweißarbeiten an verölten Blechen sowie des Umganges mit Teerfarben – jeweils unter Freisetzung von PAK – bleibe ebenfalls offen. Betriebsärztliche Untersuchungen fehlten ebenso wie ein Biomonitoring von Chrom- und Nickelverbindungen im Harn sowie die Meldung des Unternehmens an ODIN. Die Annahme der Schadstoff-Exposition gegenüber den verschiedenen synkanzerogenen lungenkrebsrelevanten Noxen sei Prof. C. folgend zu bestätigen. Auch die Annahme einer additiven Synkanzerogenese der genannten Arbeitsstoffe erscheine gerechtfertigt, zumal das Konzept der Verursachungswahrscheinlichkeit mit Einführung der neuen BK Nr. 4114 vom Verordnungsgeber umgesetzt worden sei. Soweit Prof. C. von Dosisgrenzwerten für Chrom von 2000 und für Nickel von 5000 µg pro m3 Luft ausgehe, sei dem zuzustimmen. R. und Mitarbeiter hätten in einer Literaturstudie 2009 die Ableitung eines wissenschaftlich belastbaren Dosismaßes für eine Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos als unsicher bezeichnet. Eine sozialpolitische Konvention im Sinne eines vereinfachten BK-Anerkennungsverfahrens könne R. zufolge an Werte im Bereich des Vorschlages von O. und P. anknüpfen. Abweichend von Prof. C. sei von einem Zigarettenkonsum des Versicherten bis zum Tode und damit von bis zu 30 Packungsjahren auszugehen. Nach den LSG-Vorgaben sei nicht von einer 1,5 bis dreijährigen ganztägigen Schweißtätigkeit auszugehen, sondern nur von einer 0,8 bis 1,6-jährigen, so dass die Gesamtverursachungswahrscheinlichkeit für Chrom VI, Nickel und Asbest in Höhe von nur 0,30 statt 0,41 bei Prof. C. einzuschätzen sei. Somit ergebe sich gegenüber Prof. C. ein deutlich geringeres relatives Risiko von 1,43. Um auf ein relatives Risiko von mindestens 2 entsprechend der Risikoverdoppelung zu kommen, müssten die von Prof. C. genannten aber nicht quantifizierbaren Risiken ein zusätzliches relatives Risiko von 1,57 und damit mehr als durch die Schweißrauchbelastung mit Chrom und Nickel sowie die Asbestbelastung zusammen bzw. eine zusätzliche Verursachungswahrscheinlichkeit von 0,20 verursacht haben. Dies sei nicht wahrscheinlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach Vorgaben des Berufungsgerichts etwa ab Mitte der 80er Jahre das LBH-Verfahren nach und nach durch Schutzgasschweißverfahren ersetzt worden sei, aber über den gesamten Zeitraum mit einer hohen Chromatkonzentration von 400 µg/m³ gerechnet worden sei, obwohl diese bei der alternativen Anwendung der Schutzgasschweißverfahren erheblich geringer gewesen sei. Dem erhöhten kanzerogenen Risiko durch die Belastung mit Thorium bei Anwendung des WIG-Verfahrens habe damit ein geringeres Krebsrisiko durch die wesentlich geringere Chromatbelastung gegenüber gestanden. Im Ergebnis gehe er danach davon aus, dass der Einfluss von Nikotin allein zur Entstehung der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten geführt habe. Das relative Risiko von 1,43 nach seiner Berechnung liege deutlich unterhalb der Werte, die einem Verdoppelungsrisiko durch die arbeitsbedingten Lungenkrebsrisiken entsprächen. Demgegenüber ergebe der nicht versicherte Zigarettenkonsum ein relatives Risiko von 10 und damit eine überragende Teilursache.

Prof. C. hat mit seiner abschließenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass trotz der Vorgaben des Berufungsgerichts 14 Berufsjahre als Schlosser und Schweißer vor 1980 mit ihren sonstigen lungenkrebserzeugenden, selbst sicherheitstechnisch anerkannt besonders gesundheitsgefährdenden Expositionsszenarien kausal-analytisch keinesfalls ungeschehen seien und damit nicht hinweggedacht werden dürften, ohne dass der Erfolg entfiele. Denn die Lungenkrebserkrankung des Versicherten wäre in derselben Ausprägung und Schwere nicht zu demselben Zeitpunkt allein durch den Zigarettenkonsum verursacht worden. Letztlich müsse immer von einer individualisierenden Kausalitätsbetrachtung ausgegangen werden. Danach sei der Versicherte mit seinen Rauchgewohnheiten und Anlagen, den daraus resultierenden individuellen Belastungen und Krankheitsdispositionen in demjenigen Gesundheitszustand geschützt gewesen, in dem er seine versicherte Tätigkeit als Schlosser und Schweißer etwa 30 ½ Jahre lang verrichtet habe. Zur Bedeutung der Risikoverdoppelung für den ärztlichen Sachverständigenbeirat hat er ausgeführt, seit 1991/1992 habe der Beirat dem Verordnungsgeber lediglich dreimal empfohlen, neue BKen an Dosis-Grenzwerte auf der Grundlage einer Risikoverdoppelung zu binden. Dies aber dann auch stets nur unter den strengen, einschränkenden Grundvoraussetzungen des Bestehens einer Volkskrankheit sowie des Vorhandenseins epidemiologisch belastbarer Dosis-Wirkungs-Beziehungen und weit zurückreichender belastbarer Expositionskatasterdaten. Der Versicherte habe zwar an einer Volkskrankheit in Form des Lungenkrebses gelitten. Für die Kombination der ihn fünf- bis sechsfach synkanzerogen belastenden Stoffe seien aber mit Sicherheit weltweit keine epidemiologisch belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht. Die Rechtstheorie der wesentlichen Bedingung erfordere nicht stets eine Risikoverdoppelung, weshalb Prof. N. nicht zu folgen sei in der Feststellung, dass lediglich eine VW von 0,50 die Qualität einer bk-rechtlich relevanten Ursache erreiche. Die Krasney’sche Prozentrelation gehe von einer nicht wesentlichen Ursache bei einem Verursachungsanteil von unter 10 % aus und einer rechtlich wesentlichen Verursachung bei mindestens 33,3 %. Für die dazwischen liegende Zone sei eine sorgsame Prüfung erforderlich. Prof. N. errechne eine VW für Chrom, Nickel und Asbest von 0,30 und halte die fehlende VW von 0,20 durch die nicht quantifizierbaren Risiken Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte für nicht erreicht. Diese Lücke sollte geschlossen werden. Als bestverfügbare Schätzungen für jede der drei dosimetrisch nicht ermittelbaren, aber ebenfalls Lungenkrebs verursachenden Expositionen für Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte lasse sich jeweils mindestens eine VW von ca. 1 % annehmen, bei additiver Synkanzerogenese eine VW von 0,03. Unter Einbeziehung der Schätzung des Prof. N. ergebe sich daraus eine VW von 0,30 plus 0,03 = 0,33. Danach sei im Hinblick auf die Krasney’sche Formel der beruflichen Verursachungsanteile insgesamt wesentlich. Der für die todbringende Erkrankung an Lungenkrebs teilursächlich unstreitig sehr wesentliche Zigarettenkonsum von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren sei sozialmedizinisch im Rahmen der Unternehmerhaftpflichtversicherung nicht als Lebensführungsschuld zu beurteilen, die trotz gleichfalls bestehender teilursächlich wesentlicher, arbeitsbedingt versicherter, synkanzerogener, lungenkrebsverursachender Exposition zwangsläufig zum Haftungsausschluss führe. Auf telefonische Rückfrage hat Prof. C. am 23. August 2010 klargestellt, dass im Verhältnis von Zigarettenrauch zu den im Schweißrauch enthaltenen lungenkrebsfördernden Schadstoffen (Chromat, Nickel, Asbest) am ehesten von einer additiven Kanzerogenese auszugehen sei.

Durch Urteil vom 31. August 2010 hat der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen, insbesondere Witwenrente nach den §§ 63 Abs. 1, 65 SGB VII zustehe. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Versicherte sei 1999 an einem Bronchialkarzinom des linken Lungenunterlappens verstorben. Seiner Überzeugung nach sei der Versicherte von 1966 bis 1996 als Schlosser bei der Firma B. infolge seiner versicherten Tätigkeit der lungenschädigenden Einwirkung Chrom VI- und nickeloxidhaltiger Schweißrauche, zinkchromathaltiger Tröpfchenaerosole, von Asbestfaserstaub, ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit der Leitsubstanz Benzo(a)pyren (BaP) ausgesetzt gewesen, so dass insoweit die Einwirkungskausalität zu bejahen sei. Ohne die Einwirkung dieser Berufsschadstoffe wäre es nicht zum Auftreten der Bronchialkrebserkrankung des Schweregrads und im Alter von 60 Jahren gekommen. Als weitere Ursache trete aus dem privaten Bereich der Nikotinkonsum des Versicherten hinzu. Alle diese Lungenschadstoffe beruflicher wie privater Herkunft stünden nach Überzeugung des Senats als naturwissenschaftliche Ursachen im Sinne der conditio sine qua non Formel fest. Eine BK Nr. 4104 scheide aus, weil der Nachweis einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von 25 Faserjahren nicht erfüllt sei, eine BK Nr. 4113 scheide ebenfalls aus, weil die dort geforderte Einwirkung von mindestens 100 BaP-Jahren nicht feststellbar sei. Ein Versicherungsfall der BK Nr. 4114 liege schon deshalb nicht vor, weil nach § 6 Abs 1 BKV hiervon nur Versicherungsfälle ab 1. Oktober 2002 erfasst würden. Keine der übrigen Berufsnoxen habe nach der Theorie der wesentlichen Bedingung allein das Lungenkrebsleiden des Versicherten bewirkt, so dass für die weiteren BK-Nummern 2402, 4109 und 1103 nicht von einer monokausalen, durch den jeweiligen Schadstoff hervorgerufenen Entstehungsursache auszugehen sei. Die Thorium-Belastung beim WIG-Schweißen habe zu keiner im Rahmen der BK-Nr. 2402 wesentlichen, lungenschädigenden ionisierenden Strahlenbelastung geführt. Die haftungsbegründende Kausalität sei im Allgemeinen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit monokausal zu begründen, wenn Intensität und Dauer der Einwirkung des jeweiligen Listenstoffes zu einer Risikoverdoppelung geführt hätten. Die Verdoppelungsdosis liege für Lungentumore bei Erwachsenen bei 2 Millionen Mikro-Sievert. Dieser Wert werde nicht erreicht. Dasselbe gelte für die BK Nr. 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel). Der Senat gehe von 288 bzw. 540 µg Nickel/m³ x Jahre aus, womit die Verdopplungsdosis von 5000 µg Nickel/m³ x Jahre nicht erreicht werde. Dasselbe gelte für die Belastung des Versicherten mit Chrom und seinen Verbindungen im Rahmen der BK Nr. 1103. Auch hier werde die Verdoppelungsdosis von 2000 µg/m³ x Jahre nicht erreicht. Der Versicherungsfall einer BK Nr. 1103 sei auch nicht im Wege einer synkanzerogenen Kombinationswirkung von zumindest fünf lungenschädlichen Berufsschadstoffen zugunsten des Versicherten festzustellen. Denn auch unter Berücksichtigung der allein quantifizierbaren Lungenschadstoffe Chrom VI, Nickel und Asbest sei eine Risikoverdoppelung bzw. ein relatives Risiko (RR) von zwei entsprechend einer VW von 0,5 nicht zu begründen, so dass berufliche Kausalfaktoren als wesentliche (Mit-)Ursache der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwiesen seien. Grundsätzlich sei von einer synkanzerogenen Wirkung der Stoffe auszugehen, wobei die Bewertung nach der führenden Schweißrauchkomponente, der Chrom VI-Belastung erfolge. Beim Versicherten sei jedoch keine BK Nr. 1103 durch Chrom VI-haltige Schweißrauchbestandteile bei synkanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe festzustellen. Die Gerichte müssten hier die streitigen Kausalzusammenhänge auf der Grundlage freier Beweiswürdigung mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Auszugehen sei von der sog Wichmann schen Formel, nach der das RR und die resultierende VW ermittelt werden könnten. Beim Zusammenwirken mehrerer Noxen errechne sich bei Erreichen eines RR von mehr als zwei eine VW von mehr als 50 % entsprechend einer Risikoverdoppelung. Die den Versicherten treffenden Schadstoffe wirkten hier auf dasselbe Organ (Lunge) im Rahmen einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung nach einem additiven Modell ein, so dass die für jeden Stoff ermittelten Bruchteile der Verdoppelungsdosis zu addieren seien. Die Sachverständigen kämen jedoch zu RR-Werten von unter zwei und damit von VW-Werten von unter 0,50, so dass die für eine wesentliche berufliche Mitverursachung zu fordernde Risikoverdopplung hinsichtlich der quantifizierbaren Stoffe Chrom, Nickel und Asbest deutlich verfehlt werde. Eine Anknüpfung an niedrigere Werte, wie etwa das sog Krasney sche Drittel werde in der herrschenden Literatur und Rechtsprechung zu Recht abgelehnt. Der Versicherte sei darüber hinaus nicht quantifizierbaren Noxen ausgesetzt gewesen, die es allerdings nicht erlaubten, die fehlende Lücke zur Risikoverdopplung zu schließen. Um zur Risikoverdopplung zu gelangen, hätten die nicht quantifizierbaren Belastungen beim Schweißen von Baustahl, durch Zinkchromat, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Thorium sowie für die Bystander-Belastung zusätzlich ein RR von 1,57 ergeben müssen, was nicht begründbar sei.

Beweiserleichterungen bzw. eine Umkehr der Beweislast zugunsten der Klägerin kämen nicht in Betracht. Zwar seien dem Arbeitgeber schwere Versäumnisse anzulasten und die Arbeitsbedingungen nur noch schwer zu rekonstruieren. Eine Abkehr von dem in der UV generell zu fordernden Beweisgrad oder gar eine Umkehr der Beweislast lasse sich hieraus aber nicht ableiten. Falls ein Gericht hier dennoch das Erreichen der Verdoppelungsdosis unterstellen würde, so käme dies einer Umkehr der Beweislast gleich. Aber auch diese würde nicht zum Erfolg führen, weil der private Zigarettenkonsum des Versicherten zu berücksichtigen sei. Es wäre dann immer noch die Frage zu entscheiden, welche Bedeutung der beruflichen Verdoppelung des Risikos im Verhältnis zum durch den privaten Zigarettenkonsum vielfach erhöhten Erkrankungsrisikos zukomme. Der Senat halte für die Zeit vom 21. Lebensjahr (1960) bis zum Todesjahr (1999) des Versicherten den Konsum von mindestens 15 Zigaretten täglich für erwiesen. Aufgrund dieser 29,25 Packungsjahre ergebe sich ein 11-fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Die Bronchialkrebserkrankung habe schließlich auch nicht als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkannt werden können.

Auf die durch das Landessozialgericht zugelassene Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 29. November 2010 das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. August 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass die Klägerin zwar keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente wegen des Todes des Versicherten infolge des Versicherungsfalls einer BK 4104, 4113 oder 4114 habe, weil die in den Tatbeständen dieser Norm in der Anlage 1 zur BKV ausdrücklich benannten Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Dies gelte sowohl für die 25 Faserjahre bei der BK 4104 als auch für die 100 BAP - Jahre bei der BK 4113. Auch bestehe kein Hinterbliebenenanspruch wegen des Todes des Versicherten infolge des Versicherungsfalls einer Wie-BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII, weil am 18. Dezember 1999 keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgelegen hätten, nach denen die Erkrankung Lungenkrebs, wenn sie durch die Einwirkung von Chrom VI und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen, zinkchromathaltigen Tröpfchenaerosolen, Asbest und ionisierenden Thorium- Verfallsprodukten gemeinsam verursacht worden sei, die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die BKV erfülle. Jedoch könne der Senat nicht entscheiden, ob der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls nach § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit Nr. 1103, 2402 oder 4109 der Anlage 1 zur BKV eingetreten ist. Diese BK’n enthielten selbst keine numerische Einwirkungsgröße der jeweiligen Noxe. Der Versicherte sei nach den Feststellungen des LSG während seines Arbeitslebens berufsbedingt schädigenden Einwirkungen durch Chrom VI und nickeloxidhaltigen Schweißrauch und ionisierenden Verfallsprodukten ausgesetzt gewesen. Das LSG habe für jeden, der in den drei genannten Listen BK bezeichneten Arbeitsstoffe isoliert betrachtet die haftungsbegründende Kausalität verneint, weil die Einwirkungen nicht die Schwelle des so genannten Verdopplungsrisikos überschritten hätten. So habe das LSG mit dem Verdopplungsrisiko ein nicht unmittelbar im Gesetz genanntes Kriterium zugrunde gelegt und versäumt, im Einzelnen die wissenschaftliche Basis dieses Kriteriums in den Prozess einzuführen. Das LSG habe daher nach einer Zurückverweisung klarzustellen, auf welchem medizinischen Erfahrungssatz die Annahme der jeweiligen Verdopplungsgrenzwerte für die betroffenen BK`n beruhe. Selbst wenn die Einwirkungen bei isolierter Betrachtungen und ggf. nicht zu beanstandender Zugrundelegung des so genannten Verdopplungsrisiko eines anderen aufgrund wissenschaftlicher Erfahrungssätze begründbaren Kriteriums die Voraussetzungen an die Einwirkungsdauer, Intensität, Häufigkeit oder Weise nicht erfüllten, könnten sie dennoch eine wesentliche Teilursache der als BK anerkannten Krankheit nach der Theorie der wesentlichen Bedingungen sein. Hierzu sei festzustellen, ob der Stoff des jeweiligen BK Tatbestands nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Entstehen der Erkrankung entfiele. Sei dies zu bejahen, sei weiter zu prüfen, ob er eine wesentliche Teilursache für den Eintritt der Erkrankung gesetzt habe. Wenn die Krankheit des Versicherten nach wissenschaftlichen Erfahrungssätzen allein deshalb entstanden sei, weil mehrere in verschiedenen Tatbeständen der BKV genannte Stoffe neben einander als notwendige (oder hinreichende) Bedingungen infolge der Verrichtung einer Versichertentätigkeit eingewirkt haben, komme es für jeden einschlägigen BK-Tatbestand darauf an, ob die in ihm genannten konkret festgestellten Stoffeinwirkung im Einzelfall dem oben genannten Sinn rechtfertige. Das LSG habe diesen Zusammenhang erkannt und geprüft, ob beim Versicherten den BK 1103 Chrom vorliege. Hierbei sei es im Ansatz richtig davon ausgegangen, dass aufgrund des Zusammenwirkens von Stoffen keine außergesetzliche neue Gesamt-BK gebildet werden könne. Vielmehr sei jeweils stoffbezogen zu prüfen, ob nicht die Einwirkungen nach jeder der in Betracht kommenden BK`n in eine rechtlich wesentliche Teilursache für die Lungenerkrankung bildeten. Das LSG habe sich ausschließlich der Prüfung der BK 1103 zugewandt mit der Begründung, dass Chrom die führende Schweißrauchkomponente gewesen sei. Sodann habe es geprüft, ob eine BK 1103 bei sykanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe festzustellen sei. Sodann werde unter Anwendung der so genannten Wichmannschen Formel versucht, mit den relativen Beitrag der einzelnen Noxen additiv zu ermitteln und bei Vorliegen einer VW von 0,50 aller Noxen zusammengenommenen ein Vorliegen der BK 1103 Chrom in Erwägung zu ziehen. Hierbei habe das LSG verkannt, dass das von ihm mehrfach zustimmend zitierte Urteil des LSG Schleswig-Holstein Gegenstand des Revisionsverfahrens B 2 U 5/08 R gewesen und von seinem rechtlichen Ansatz her vom BSG für nicht vertretbar erachtet worden sei. So habe das LSG Schleswig-Holstein die so genannte Wichmannsche Formel dazu benutzt, eine neue Gesamt-BK, bestehend aus den Nr. 1103, 4109, 2402 der BKV zu bilden, die es deshalb für begründbar gehalten habe, weil alle Noxen additiv die Verursachungswahrscheinlichkeit von 50 vom Hundert überschritten hätten. Das LSG habe nun für den vorliegenden Fall diesen Berechnungsansatz übernommen, um eine führende Einzel-BK (hier die BK Nr. 1103) für den Fall zu bejahen zu können, dass zu diesen führenden Schadstoff additiv weitere Stoffe hinzukämen, mit denen die Verursachungswahrscheinlichkeit insgesamt durch alle einwirkenden Stoffe in additiver Gesamtschau überschritten werde. Mit einem solchen Vorgehen werde aber in keiner Weise aufgrund wissenschaftlicher Erfahrungssätze plausibel, wieso zunächst gerade Chrom eine notwendige und hier sogar eine hinreichend wesentliche Teilursache für den Lungenkrebs des Versicherten gesetzt haben soll und folglich ausschließlich die BK 1103 in Betracht käme. Dies lasse sich mit der Wichmannschen Formel gerade nicht beantworten. Falls die weiteren Ermittlungen des LSG ergeben würden, dass alle in Betracht kommenden Noxen naturwissenschaftlich, philosophisch kausal für die Erkrankung gewesen seien, so werde es folglich weiter zu prüfen haben, ob die Einwirkungen nach den genannten BK`n 1103, 2402 und 4109 jede für sich und nicht alle zusammen sich in der Wichmannschen Formel als Gesamt-BK betracht - eine rechtlich wesentliche Teilursache für den Eintritt der Lungenerkrankung waren. Sei dies auch zu bejahen, sei entweder ein Versicherungsfall nach BK 1103 oder BK 2402 oder BK 4109 oder aber es seien mehrere Versicherungsfälle dieser Listen-BK`n nebeneinander (nicht kumulativ) gegeben. Schließlich sei zu prüfen, ob der Tod des Versicherten infolge dieses Versicherungsfalls oder eines dieser Versicherungsfälle eingetreten sei. Das LSG würde sodann bei Berücksichtigung dieser rechtlichen Maßstäbe auch den Verursachungsbeitrag des Rauchens des Versicherten zu bestimmen haben. Mit dem vom LSG bindend festgestellten Rauchen des Versicherten über einen Zeitraum von 29,25 Packungsjahren sei zunächst mehr als ein Anhaltspunkt für eine andere Verursachung für die Lungenkrebserkrankung des Versicherten gegeben. Allerdings sei noch zu beurteilen, ob das Rauchen des Versicherten in wertender Betrachtung die rechtlich "allein wesentliche" Ursache der Erkrankung gewesen sei. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn der Verursachungsbeitrag der Einwirkung Rauchen gegenüber dem Verursachungsbeiträge der anderen Noxen deutlich überwiege. Wenn aber nach den festzustellenden wissenschaftlichen Erkenntnissen die beruflichen Einwirkungen für sich allein ein so hohes Gefährdungspotential in sich bergen würden, dass sich darauf eine hinreichende Verursachungswahrscheinlichkeit stützen lasse, so könne es auch das Vorhandensein weiterer belastender Einwirkungen nicht ankommen.

Der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts, der für die Entscheidung über die Berufung nach der Zurückverweisung zuständig ist, hat eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage bei Prof. Dr. Dr. C. vom 27. November 2012 eingeholt. Prof. Dr. C. führt in seiner vierten fachärztlichen Stellungnahme aus, dass für die lungenkrebserzeugende Noxen 6-wertiges Chrom dem Ausschuss für Gefahrstoffe des Bundesministeriums für Arbeit und Sicherheit aufgrund des derzeit aktuellsten arbeitsmedizinisch epidemiologischen Wissenstandes die Empfehlung vorliege, jenseits von 1 µg Chrom VI/ m³ Kubikmeter Atemluft ein nicht hinnehmbares intollerrables Expositionsrisiko in Beziehung aufgrund eines erkennbaren Lugenkrebsrisikos von 4:1000 im Arbeitsschutz festzulegen. Dr. C. verweist des Weiteren auf Tabelle 1 auf Seite 16 seines Gutachtens, wo die Dosis-Risikobeziehungen zusammengefasst seien. Beim verstorbenen Ehemann der Klägerin habe jedoch keine Konstellation einer monokausalen Verursachung vorgelegen, da er niemals monokausal in der Chromate herstellenden Industrie, sondern stets als Edelstahlschweißer synkanzerogen über Chromat sowie nickeloxidhaltigen Schweißrauchen gefährdet gewesen sei. Als bestes verfügbares konservatives Ermittlungsergebnis sei neben den weiteren vier unstrittigen synkanzerogenen lungenkrebserzeugenden Einwirkungen Nickeloxid, Asbestfaserstaub, PAK und ionisierende Strahlung von einer Einwirkung in Höhe von 480 µg Chrom VI/ m³ Kubikmeter x Jahre auszugehen. Dabei sei der Wirkungsanteil des Nickeloxids nicht herausrechenbar. Für Nickeloxid habe die technische Richtkonzentration TAK des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 100 µg NiO2/m³ Atemluft bestanden. In den Ursache-Wirkungsbeziehungen sei auch der durch Nickeloxid im Schweißrauch verursachte Anteil an der Lungenkrebsmortalität implizit mit enthalten. Für die aus der Vorbereitung und Ausführung des Schweißens mit Thorium-haltigen Schweißelektroden synkanzerogen resultierenden Dosis-wirkungs-Beziehungen läge dem Gutachter kein verwertbarer, aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand vor. Für den verstorbenen Ehemann der Klägerin sei insbesondere unter Berücksichtigung des Lichtbogenhandschweißens alternativ 480 µg Chrom VI/ m³ µg pro m³ x Jahre oder 600 µg Chrom VI / m³ x Jahre als Schätzwert nachgewiesen. Bezüglich der Nickeloxideinwirkungen kämen ebenso 288 bzw. 540 Mikrogramm Nio2/m³ (Seite 515 GA) in Betracht. Hinsichtlich Thorium sei von 0,084 – 0,168 mSv auszugehen. Des Weiteren führt der Gutachter aus, dass die berufliche Belastung des Versicherten hinsichtlich Chrom nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass sein Lungenkrebserkrankung entfalle. Die Einwirkung durch Nickeloxid sei hierbei bereits enthalten. Hinsichtlich des Stoffs Thorium hingegen könne die Einwirkung am ehesten hinweggedacht werden, ohne dass die Lungenkrebserkrankung entfiele. Des Weiteren führt Prof. Dr. C. zu der Frage, ob es möglich sei, den konkreten Verursachungsanteil mit Wirkung durch Chrom, Nickel bzw. Thorium an der Erkrankung zu bestimmen, aus, dass der aktuelle arbeitsmedizinische epidemologische Wissensstand normalerweise nur das international gebräuchliche relative Risiko (RR) verwende, in dem die Erwartungshäufigkeit in der übrigen Bevölkerung mit RR = 1,0 und das arbeitsbedingt zusätzliche Risiko mit RR " X - 1,0 berechnet werde. Insoweit bestünden vorliegend keine Bedenken, das arbeitsbedingte Lungenkrebssterberisiko wegen der konservativ geschätzten Einwirkung 480 µg Chrom VI / m³ x Jahre als mindestens verdoppelt zugrunde zu legen sei, wobei ein synkanzerogener nicht getrennt herausrechenbarer Wirkungsanteil für das Nickeloxid zu berücksichtigen sei. Nickeloxid sowie ionisierende Alphastrahlungen seien genotoxisch initiierend kanzerogen. Es sei davon auszugehen, dass eine gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Exposition gegenüber mehreren Promotoren den kanzerogenen Effekt verstärke. Bei entsprechender Exposition komme es damit zu additiven Wirkungen mit dem Ergebnis 1 + 1 = 2 (auch zur Frage 5). Weiter führt Prof. Dr. C. aus, dass die für den Versicherten nachgewiesene Umfang der Chromateinwirkung unter Berücksichtigung der gleichzeitig nachgewiesenen Einwirkung von Nickeloxid nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass der Zeitpunkt und die Schwere seiner Lungenerkrankung entfiele.

Zur Frage, ob auch dem privaten Zigarettenkonsum des Versicherten die Rolle einer rechtlich wesentlichen Teilursache zukomme, führt Prof. Dr. C. aus, dass Nikotin nicht als eine krebserzeugende Chemikalie eingestuft sei, weshalb hierfür kein konkreter Verursachungsanteil angegeben werden könne. Auch stelle der konkrete Verursachungsanteil des privaten Zigarettenkonsums in Höhe von ca. 30 Zigarettenpackungsjahren in seinem außerordentlichen komplexen Gemisch einatembarer krebserzeugender Chemikalien aus Sicht des Gutachters weiterhin unstrittig eine teilursächlich sehr wesentliche - fallbezogen jedoch nicht die alleine wesentliche – Bedingung dar. Auch der teilursächliche Zigarettenkonsum könne ebenso wie die 5 arbeitsbedingt sykanzerogenen Teilursachen nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Zeitpunkt und Schweregrad der Erkrankung Lungenkrebs entfiele. Mithin komme insgesamt sowohl den Einwirkungen in Form von Chromat, Nickeloxid, Thorium eine wesentliche Teilursächlichkeit für den Eintritt der todbringenden Lungenkrebserkrankung zu. Ebenso stelle der Zigarettenkonsum in Höhe von ca. 30 Zigarettenpackungsjahre eine wesentliche, nicht jedoch allein wesentliche Teilursche dar.

In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom März 2013 führt der Sachverständige aus, dass nunmehr aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse hinsichtlich des Zusammenwirkens von Chrom VI und Nickelverbindungen vorlägen in Form einer 167 seitigen Broschüre zur beruflichen Exposition im Jahre 2013, die das US-amerikanische Departement of Health and Human Services mit einem Center for Disease Control and Prevention und dem National Institute for Occupation and Safety and Health heraus gegeben habe. Danach werde die krebserzeugende Wirkung des sechswertigen Chroms nach dem gegenwärtigen Stand der internationalen medizinischen Wissenschaft nunmehr 50-fach höher als in der Vergangenheit bewertet. Es werde wohl aus epidemiologischen als auch aus toxikologischen Gründen einer neuer Grenzwert in Höhe von 0,2 µg Chrom VI / m³ Atemluft für einatembare Chrom-VI-Verbindungen empfohlen. Wegen dieser neuen Erkenntnisse könne die nur schwer zu beantwortende Frage der Sykanzerogenese nunmehr zurücktreten, da jedenfalls der neue Wert 2,0 µg Chrom VI / m³ Atemluft x 10 Jahr betrage. Inzwischen sei aufgrund des neuen aktuellen Wissenstandes davon auszugehen, dass nur noch ein Nachweis von 2,0 Chrom-Jahren zugrunde zu legen seien, welche der Versicherte jedenfalls erreicht habe.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 zu verurteilen, ihr aus Anlass des Todes des Versicherten Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen darauf, dass vorliegend auch nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C. keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass von den Mindestanforderungen an die Chromat VI Exposition in Höhe von 2000 µg pro m³ abgewichen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihre entsprechende Zustimmung erteilt hatten (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die form- und fristgerecht und auch nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufung, mit der sie die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Todes ihres Ehemannes Herrn A. infolge eines Versicherungsfalles einer BK 1103, 2402 sowie BK 4109 der Anlage zur BKV erstrebt, ist jedoch nicht begründet. Der Senat konnte nicht feststellen, dass beim verstorbenen Ehemann der Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten BK bestehen.

Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrenten. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII besteht der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Was unter dem Begriff des Versicherungsfalls i. S. des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zu verstehen ist, wird in § 7 Abs. 1 SGB VII definiert. Danach sind Versicherungsfälle "Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten". § 9 SGB VII wiederum unterscheidet bei den Berufskrankheiten zwei Arten des Versicherungsfalls "Berufskrankheit". Zum einen den Versicherungsfall der sog. Listen-BK nach § 9 Abs 1 SGB VII. Zum anderen haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, nach § 9 Abs 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit (sog. Wie-BK oder Quasi-BK) als Versicherungsfall festzustellen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind. Wenn eine der beiden Versicherungsfälle, also eine Listen- BK oder eine Wie-BK, den Tod des Versicherten herbeigeführt hat, ist ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente entstanden (s. BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226, 228 = SozR 3-2700 § 63 Nr. 1; BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R - juris Rdnr. 15)

Einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Todes ihres Ehemannes infolge eines Versicherungsfalles einer BK 4104, 4113 sowie 4114 und einer "Wie"-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII besteht nicht. Insoweit hat das BSG in seinem Urteil vom 29. November 2011 die ablehnende Entscheidung des 3. Senats des LSG mangels tatbestandlicher Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen mit bindender Wirkung auch für den erkennenden Senat bestätigt (§ 170 Abs. 5 SGG).

Doch auch im Übrigen vermochte der Senat im Rahmen der Zurückverweisung keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus einem Versicherungsfall des verstorbenen Ehemanns der Klägerin aufgrund einer BK 1103, einer BK Nr. 4109 oder einer BK 2402 der Anlage zur BKV zuzusprechen.

Für den Senat steht zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zuletzt aufgrund der Befundungen in den im Laufe des Gerichtsverfahrens eingeholten Gutachten bei Prof. Dr. N. und Prof. Dr. C. fest, dass der Ehemann der Klägerin in Folge eines im April 1999 erstmals diagnostizierten Bronchialkarzinoms des linken Lungenunterlappens am 18. Dezember 1999 verstorben ist. Jedoch konnte sich der Senat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass die Lungenkrebserkrankung durch die Einwirkung von Chrom oder seine Verbindungen (BK 1103), durch die Einwirkung von Nickel (BK 4109) oder durch ionisierende Strahlungen (BK 2402) im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Schlosser bei der Fa. E. rechtlich wesentlich verursacht wurde.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 7. Band (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 2, 3 und 6 SGB VII) erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Nach Nr. 1103 der Anlage zur BKV sind Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen, nach Nr. 4109 bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oder seine Verbindungen sowie nach Nr. 2402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen als BKen anerkannt.

Die Anerkennung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass die Verrichtung einer grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Insoweit hat das Bundessozialgericht (BSG) klargestellt, dass abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang werde keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend seien. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen mache nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründe eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall sei die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führten, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59).

Voraussetzung für die Feststellung jeder Erkrankung als BK im Einzelfall ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, i.S. des Vollbeweises nachgewiesen sind. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (s. BSGE 45, 1, 9 sowie BSGE 19, 52, 53 und BSGE 7, 103, 106). Erforderlich ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, nach der kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen vorgenannter Tatbestandsmerkmale zweifelt (BSGE 6, 144 vgl. auch Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, § 118, Rdnr. 5).

Darüber hinaus muss die sog. haftungsbegründende Kausalität zwischen den berufsbedingten Einwirkungen auf den Versicherten und der erforderlichen Erkrankung zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Dies ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (s. BSG vom 2. Juni 1959, SozR § 542 Reichsversicherungsordnung – RVO – a. F. Nr. 20). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).

Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im BK-Recht gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung, die als Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie hat, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (sog. condicio sine qua non, s. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 = BSGE 96, 196 ff.). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie der gesamten Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Letzterer bestimmt sich unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde (s. BSG, Urteile vom 27. Juni 2006, Az.: B 2 U 7/05 R sowie B 2 U 20/04 R).

Bei Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Frage kommenden BK-Nummern geht der Senat nach den Ermittlungen des TAD in Jahren 1991 (Bericht vom 25. Oktober 1991), 2001 (Bericht vom 22. Juni 2001) und 2007 (Bericht vom 27. Februar 2007) hinsichtlich der Tätigkeit und der Arbeitsbedingungen des Versicherten davon aus, dass der Kläger von 1966 bis 1983 als Schlosser bei der Firma E. infolge seiner versicherten Tätigkeit der lungenschädlichen Einwirkung Chrom VI- und nickeloxidhaltiger Schweißrauche, zinkchromathaltiger Tröpfchenaerosole, von Asbestfaserstaub, ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit der Leitsubstanz BaP ausgesetzt war, so dass insoweit sowohl der Versicherungszusammenhang als auch die Einwirkungskausalität zu bejahen sind. Dies folgt nicht zuletzt aus den Ermittlungen des TAD der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten letztlich nicht streitig.

Für den Senat steht auch fest, dass beim Versicherten ein kleinzelliges Bonchialkarzinom Karzinom des linken Unterlappenbronchus neben einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung bestand, welches letztlich zum Tode führte.

Voraussetzung dafür, dass eine Einwirkung eine bestimmte Erkrankung im Sinne des Sozialrechts verursacht hat, ist zunächst die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungslehre nach der condicio-sine-qua-non-Formel (vgl. Spellbrink, BPUVZ 2012, 360, 361). Der Senat hält es unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. C. und seiner insgesamt fünf abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen durchaus für möglich, dass das Lungenkarzinom des Versicherten durch versicherte Einwirkungen von Chrom bzw. Nickel verursacht wurden.

Diese Stoffe waren unstreitig am Arbeitsplatz des Versicherten vorhanden und wirkten auf diesen ein. Vom Vorliegen der im Verordnungstext vorausgesetzten Einwirkungen als Tatbestandsvoraussetzung ist im Zusammenhang mit dem Begriff der arbeitstechnischen Voraussetzungen zunächst die Frage zu unterscheiden, ob diese Einwirkungen in ihrer Höhe und Intensität im Sinne einer vorweggenommenen Kausalitätsbeurteilung überhaupt ausreichten, um eine Erkrankung in Form eines Lungenenkarzinoms zu verursachen. Auch wenn im Unterschied z.B. zur BK Nr. 4104 3. Alt. oder BK 2112 weder der Verordnungstext der BK Nr. 1103 noch der der Nr. 4109 eine Mindestdosis vorgibt, schließt dies nicht aus, bei der Anwendung einer BK-Norm die Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes zu verlangen, bei dessen Nichterreichen der Kausalitätsnachweis von vornherein ohne weitere Kausalitätsprüfung der arbeitsmedizinischen Umstände des konkreten Einzelfalls abgeschnitten ist (vgl. Bieresborn, NZS 2008, 354, 359 f.). Wie nicht zuletzt aus den Merkblättern zur BK 1103 und 4109 aber auch dem in Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. C. folgt, ist die Wirkungsweise der hier in Betracht kommenden Stoffe jedoch zum Teil noch nicht geklärt, es handelt sich demzufolge um sog. stochastische BK’n, bei der keine sog. sichere Dosis bekannt ist, deren Nichtüberschreiten von vornherein eine Verursachung des im Verordnungstext geforderten Krankheitsbildes ausschließt (s. zur insoweit vergleichbaren BK 1303 HLSG, Urteil vom 3. November 2004 – L 3 U 1613/97). Es handelt sich hierbei typischerweise um Erkrankungen, deren medizinisches Erscheinungsbild auch in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet ist und nicht über für eine berufliche Verursachung typische Marker abgegrenzt werden können. Gleiches gilt für den Bereich der stochastischen Schäden bei Strahleneinwirkungen (BK 2402). Dort sind zwar auch nicht-stochastischen bzw. deterministischen Wirkungen und daher Dosis-Wirkungsbeziehungen wissenschaftlich belegt, weshalb eine Schwellendosis überschritten werden muss, damit der Effekt eintritt; hierzu zählen aber nur multizelluläre Prozesse durch Zerstörung von Zellen, wie z.B. das akute Strahlensyndrom, Hautschäden, Linsentrübung. Zu den stochastischen Wirkungen hingegen zählen namentlich die unizellulären Prozesse, bei denen die Strahleneffekt nur innerhalb einer Zelle wirken; wozu auch das Krankheitsbild des Versicherten zählt (s. Schönberge/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 1180 ff.; Hess. LSG, Urteil vom 3. Februar 2012 - L 9 U 109/10 – juris), für das demnach keine bestimmte Mindeststrahlendosis vorausgesetzt werden kann, da eine solche wissenschaftlich nicht belegt ist. Die Dosis hat auch dort alleine Bedeutung im Sinne einer statistischen Häufigkeitsquote, weshalb keine "sichere Dosis", unter der keine Schäden auftreten können, bekannt ist.

Daher ist entgegen der Meinung der Beklagten mit dem Vorhandensein der in der BKV genannten Listenstoffs am Arbeitsplatz – hier Chrom sowie Nickel und Thorium – grundsätzlich auch vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen auszugehen, so lange nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (s. hierzu BSG, Urteil vom 27.6.2006 – B 2 U 20/04 RSozR 4-2700 § 9 Nr. 7.) kein Erfahrungssatz existiert, demzufolge erst ab Erreichen einer bestimmten Mindestdosis von einer Gefährdung ausgegangen werden kann. Für die Annahme der arbeitstechnischen Voraussetzungen konnte es deshalb dahinstehen, in welchem Umfang der verstorbene Ehemann der Klägerin Chrom und Nickel am Arbeitsplatz ausgesetzt war, weil er damit jedenfalls den im Verordnungstext vorausgesetzten Einwirkungen unterlag. Unabhängig vom Erreichen der jeweiligen Verdopplungsdosis hält es der Senat jedenfalls nicht für ausgeschlossen, dass die tödliche Erkrankung durch einen oder mehrere Stoffe am Arbeitsplatz naturwissenschaftlich hervorgerufen wurde.

Dennoch konnte sich im Ergebnis der Senat nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass das beim Ehemann der Klägerin bestehende Lungenkarzinom durch die versicherten Einwirkungen verursacht wurde.

Bezüglich einer Verursachung der Krebserkrankung durch ionisierende Strahlen (BK 2402) aufgrund Feststellungen einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der beim WIG-Schweißen verwendeten Wolfram-Elektroden bestehen bereits auf Grundlage der eingeholten Sachverständigengutachten erhebliche Zweifel, ob diese als naturwissenschaftlich mögliche Ursache für das Entstehen der Krebserkrankung überhaupt beigetragen haben. So hat der Sachverständige Prof. Dr. C., der das für die Klägerin positivste Gutachten erstellt hat, in seiner Stellungnahme vom 23. November 2012 auf die diesbezüglich gestellte Frage des Senats ausgeführt, dass die Noxe Thorium "am ehesten" weggedacht werden könnte, ohne dass die Lungenerkrankung entfiele. Zwar hat der Gutachter soweit zur Frage 3a mit "Nein" und zur Frage 3c mit "Ja am ehesten" geantwortet, im Kontext ergibt sich jedoch, dass er Chrom unter Zusammenwirkung mit Nickel die Rolle einer naturwissenschaftlichen Ursache im Sinne der condicio sine qua non - Formel verleiht, nicht hingegen der Noxe Thorium. Damit äußert auch der gerichtliche Sachverständige erhebliche Zweifel daran, ob die Einwirkung von Thorium überhaupt an der Entstehung des Lungenkarzinoms beteiligt war. Für den Senat spricht deshalb jedenfalls nicht mehr dafür als dagegen, dass Thorium im konkreten Fall des Versicherten als naturwissenschaftliche Ursache überhaupt an der Entstehung des Lungenkarzinoms mitgewirkt hat.

Aber auch bezüglich der Einwirkung durch Chrom (BK 1103) und Nickel (BK 4109) kann der Senat nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit die zumindest teilursächliche Mitwirkung an der Entstehung, und daher erst recht nicht im Sinne einer wesentlichen (Teil-)Ursache annehmen. Bei Erkrankungen, die als Berufskrankheit anerkannt werden können, können unterschiedliche Ursachen haben, ist die wesentliche Mitverursachung immer Gegenstand der Prüfung. Von daher gibt es auch keinen Automatismus zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs allein aufgrund des Vorliegens entsprechende Einwirkungen mit einer bestimmten Erkrankung (siehe BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 B 2 U 20/04 R = BSGE 92, 291, 294 Rdnr. 19 sowie BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 B 2 U 15/05 R = SozR 4 - 5671 Anlage 1 Nr. 41004 Nr. 2; siehe auch BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 B 2 U 7/05 R zur BK Nr. 4302 der Anlage zur BKV).

Vorliegend hat der Sachverständige zwar die naturwissenschaftliche Verursachung des letztlich zum Tode führenden Lungenkarzinoms durch die Exposition von Chrom im Sinne einer rechtlich wesentlichen Teilursache bejaht, jedoch vermochte der Sachverständige abgesehen von der Höhe der Exposition keinerlei medizinische Kriterien oder sonstige Umstände, die sich speziell aus dem der Krankengeschichte bzw. dem Verhalten des Versicherten ergeben, als die Kausalität begründende Umstände zu benennen. Vielmehr hat der Sachverständige selbst in seinem Gutachten vom 24. April 2006 ausgeführt, dass eine qualifizierte und unter arbeitsmedizinisch toxikologischen Aspekten erhobene Arbeitsvorgeschichte insbesondere zu gesundheitsschädigenden Einwirkungen des mehr als 30-jährigen Arbeitslebens des Versicherten nicht vorläge. Des Weiteren hat er ausgeführt, dass keine Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Voruntersuchungen bezüglich des Versicherten und auch keine arbeitsmedizinisch toxikologisch zur Abschätzung der kumulativen Dosen hinreichende verwertbare qualifizierte sicherheitstechnische Beschreibung der Arbeitsabläufe der zeitlichen Dauer der vorgenannten Exposition nach in der persönlichen Schutzmaßnahmen vorlägen. Letztlich hat der Sachverständige Prof. Dr. C. als Hinweis auf die medizinische Verursachung des Lungenkarzinoms durch die Exposition gegenüber Chrom und Nickel alleine die Höhe der Exposition, die unzureichenden Arbeitsschutzvorrichtungen und die Einhaltung der erforderlichen Latenzzeit angeführt (siehe Bl. 175 ff. der GA).

Dies alleine könnte allenfalls dann für die Bejahung der Kausalität genügen, wenn keine Anhaltspunkte für eine alternative (innere oder äußere) Ursache für die Erkrankung bestünden und diese das Ergebnis eines typischen Geschehensablaufs nach den erfolgten versicherten Einwirkungen wäre (vgl. zum Arbeitsunfall BSG, Urt.v. 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 43).

Zwischen den Beteiligten ist indes unstreitig, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin zu Lebzeiten und während des gesamten Berufslebens starker Raucher war. Der behandelnde Internist Dr. H. hat wiederholt berichtet, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht hatte (Berichte vom 24. August 1995 und 8. Dezember 1999) und auch der HNO-Arzt Dr. F. sowie der Internist Dr. S. (Bericht vom 29. November 1995) sowie der Internist Dr. L. (Bericht vom 12. Mai 1999) haben den Nikotinmissbrauch bestätigt. Entgegen der Annahme des Prof. C. im Gutachten vom 24. April 2006 hat der Versicherte nicht nur bis 1995 geraucht, sondern offenbar noch in seinem letzten Lebensjahr. Denn der Internist Dr. J. schrieb am 28. April 1999, dass der Versicherte "bis jetzt" rauche. Dementsprechend geht der Senat in Übereinstimmung mit Prof. N. in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 16. Februar 2010 und Dr. J. im Bericht vom 24. September 1999 davon aus, dass die Gesamtnikotinbelastung sich von 1960 bis 1999 dem Berechnungsmodus der Sachverständigen Professores C. und N. entsprechend auf 29,25 Packungsjahre belief und nicht nur auf 26,25, wie Prof. C. bei einer um vier Jahre kürzeren Raucheranamnese geschätzt hatte. Dr. J. spricht von ca. 30 Packungsjahren, Prof. N. von bis zu 30 und auch Prof. C. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren.

Nach den oben dargestellten Kausalitätsgrundsätzen bei einer in Betracht kommenden alternativen Kausalität aufgrund einer nicht versicherten Einwirkung ist dies in Relation zu setzen. Der Sachverständige Prof. Dr. C. hat ebenfalls ausgeführt, dass ausgehend von einem Nikotinkonsum in Höhe von ca. 30 Zigarettenpackungsjahren hierin eine teilursächlich sehr wesentliche, wenn auch nicht allein wesentliche Bedingung zu sehen sei. Allerdings nennt er auch hier keine medizinischen Kriterien dafür, warum abgesehen von der statistischen Verursachungswahrscheinlichkeit konkret im Falle des Klägers das Lungenkarzinom durch das private nicht versicherte Zigarettenrauchen teilursächlich verursacht wurde. Insbesondere bleibt er trotz der eindeutig hierauf abstellenden Frage des Senates in Pkt. 8 der Beweisanordnung vom 26. September 2012 eine Angabe schuldig, in welchem Ausmaß der Zigarettenrauch das Lungenkarzinom verursacht hat. Insofern hält der Senat mangels Abgrenzbarkeit der Verursachungsbeiträge angesichts eines nach Aussage des Sachverständigen 10-fach erhöhten Lungenkrebsrisikos durch Rauchen es zwar nicht für hinreichend oder überwiegend wahrscheinlich, aber zumindest für möglich, dass die Erkrankung des Versicherten alleine durch die nichtversicherte Einwirkung durch Rauchen naturwissenschaftlich erzeugt wurde.

Der Senat lässt dahinstehen, ob bei Erreichen der sogenannten Verdopplungsdosis einer der oben genannten versicherten Einwirkungen eine tatsächliche Vermutung für die naturwissenschaftliche Verursachung angenommen werden könnte. Das BSG hat bisher lediglich im Falle einer im Verordnungstext vorgegebenen Dosis als "hartes Kriterium" eine tatsächliche Vermutung für die Verursachung der BK angenommen (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 25/03 R; s. zur Gonarthrose als Wie-BK Hessisches LSG, Urt.v. 18. November 2011 L 9 U 66/07 – juris). Die Verwendung von Ausschlussgrenzwerten ist bei stochastischen Berufskrankheiten besonders problematisch, weil gerade hier keine ausreichenden Erkenntnisse darüber vorliegen, aufgrund welchen Umfangs einer Einwirkung eine Erkrankung verursacht wird; vielmehr ist die Dosis der Einwirkung nur für die statistische Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Krankheit von Bedeutung. Für die Bejahung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer naturwissenschaftlichen Verursachung durch die in Betracht kommende Einwirkung bei Erreichen der Verdopplungsdosis spricht indes das Zustandekommen bzw. die Berechnung der Verdopplungsdosis, bei der die statistische Erkrankungshäufigkeit der Normalbevölkerung derjenigen einer bestimmten Personengruppe, die einer bestimmten Menge des fraglichen toxischen Stoffs ausgesetzt wird, gegenübergestellt wird. Das Abstellen auf die Verdopplungsdosis würde dann zwar dazu führen, dass die Unfallversicherungsträger auch Krankheiten entschädigten, die zur Hälfte auch ohne die Einwirkung entstanden wären, während ansonsten mangels Erkenntnissen über den Dosis-Wirkungszusammenhang nie eine solche stochastische BK anerkannt werden könnte. In der Literatur wird bezüglich des generellen Ursachenzusammenhangs das Abstellen auf das sog. Verdopplungsrisiko mangels besserer Erkenntnisse zum Teil befürwortet (Becker in Brackmann, SGB VII, RdNr. 77).

Letztlich konnte der Senat die Frage, ob bei Erreichen der Verdopplungsdosis einer der unstreitig am Arbeitsplatz vorhanden gewesenen versicherten Einwirkungen die naturwissenschaftliche Kausalität mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hätte bejaht werden können, dahinstehen lassen, weil deren erreichen bei keinem der Stoffe nachgewiesen werden konnte. Hinsichtlich des Stoffs Thorium folgt dies abgesehen von den grundsätzlichen Zweifeln am Verursachungsbeitrag (s. o.) auch daraus, dass die Verdoppelungsdosis für Lungentumore bei Erwachsenen nach Einwirkung ionisierender Strahlung im Bereich von 2 Millionen Mikro-Sievert (= 2 Sievert) liegen soll (Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Ziffer 3.2 zu M 2402). Der TAD hat hierzu mit Stellungnahme vom 27. Februar 2007 dargelegt, dass über den Abbrand des Wolframanteils in den Elektroden keine Messwerte vorliegen und dass weder über die verwendeten Elektroden noch die Häufigkeit des Anschleifens bei der Firma E. Auskünfte erhoben werden konnten. Von einem Anschleifvorgang pro Schweißstunde ausgehend – was den Erhebungen des Fachausschusses "Schweißen" entspricht – ergibt sich bei Verwendung von WT 40 Elektroden ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil der Schweißarbeiten an der Gesamtarbeitszeit eine Belastung von 0,084 bis 0,168 mSv pro Jahr, womit die in der BG-Information 746 "Umgang mit thoriumhaltigen Wolfram-Elektroden beim WIG-Schweißen" genannte Jahresdosis von 6 mSv deutlich unterschritten wurde. Prof. C. hat diese Schätzung seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 3. Juli 2008 zugrunde gelegt. Mit weiterer Stellungnahme vom 20. Juni 2009 hat er für den Senat überzeugend bestätigt, dass für Thorium damit eine hinreichende und dosimetrisch verwertbare inhalativ aufgenommene Menge nicht erwiesen ist. Auch Prof. N. geht in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2010 von einem nicht quantifizierbaren Risiko für Thorium beim WIG-Schweißen aus. Mit dem Vorschlag des Prof. C. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010, die Belastung durch Thorium-Zerfallsprodukte mit einer VW von 0,01, d.h. ca. 1 % zu berücksichtigen, wird deutlich, dass eine VW von 0,50 im Sinne einer Risikoverdoppelung für Thorium nicht diskutabel ist.

Dasselbe gilt für die BK 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel oder seine Verbindungen) hinsichtlich der Nickelbelastung. Der Versicherte war einer Nickelexposition in der Firma E. beim Schweißen, beim Plasmaschneiden sowie auch beim Schleifen nickelhaltiger Werkstoffe ausgesetzt (zu diesen Risikotätigkeiten: Ärztliches Merkblatt zur BK 4109 unter Ziffer I, veröffentlicht bei Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., M 4109). Der Sachverständige Prof. Dr. C. hat selbst angegeben, dass ein Verursachungsanteil von Nickel nicht selbständig errechnet werden könne. Da keine konkreten Belastungswerte am Arbeitsplatz des Versicherten erhoben wurden, folgt der Senat - wie auch die gerichtlichen Sachverständigen Professores C. und N. - dem Vorschlag des TAD in dessen Stellungnahme vom 27. Februar 2007, personenbezogene Vergleichswerte anhand der vom BIA im Rahmen einer Feldstudie "Nickel- und Chromatexposition an Schweißarbeitsplätzen, Empfehlung für die messtechnische Überwachung" in BIA-Information Nr. 2/87 einer Gefährdungsabschätzung zugrunde zu legen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass beim LBH-Schweißen an Edelstahlteilen im Vergleich zu den übrigen Schweißverfahren (MAG, MIG, WIG-Schweißen) die höchsten Konzentrationen von Schweißrauchen am Arbeitsplatz auftreten, hat das BIA dabei resultierende Schweißrauch-, Nickel-, Chrom- und Chromatbelastungen ermittelt, wobei die Nickelbelastung unabhängig vom verwendeten Schweißverfahren durchweg unterhalb des Grenzwertes von 0,5 mg/m3 lag. Ausgehend von einer Nickelbelastung von 0,24 µg Nickel pro m3 beim LBH-Schweißen hat Prof. C. eine kumulative Nickel-Dosis im Mittelwert einer Belastung von 0,8 bzw. 1,6 Jahren von 288 µg/m3 x Jahr und Prof. C. bei einer Belastung von 1,5 bzw. 3 Jahren eine solche von 540 µg/m3 x Jahr errechnet. Soweit Prof. C. die Belastung für eine dreijährige ganztägige Schweißtätigkeit in Höhe von 720 µg Nickel/m3 x 1 Jahr und für beide Zeiträume vermittelnd in Höhe von 540 µg errechnet hat, waren diese Werte nicht relevant. Denn sie beruhen auf der Annahme, dass der Versicherte 30 Jahre lang ab 1966 Edelstahl verschweißt hatte, was bei der Firma E. nicht der Fall war. Denn die Nachfrage nach Edelstahl setzte dort erst in den 80er Jahren ein, wie der TAD 2007 nachermitteln konnte. Die danach allein relevanten Werte von 288 bzw. 540 µg Nickel/m3 x Jahre liegen deutlich unterhalb der Grenze, ab der eine Verdoppelungsdosis für das nickel-induzierte Bronchialkarzinom erreicht wird und die bei einer kumulativen Dosis von 5.000 µg/m3 x Jahre angenommen wird (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1120; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 6 zu M 4109; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007 – L 1 U 44/03 in: Breithaupt 2008, 308; BSG Urteil vom 12. Januar 2010, - B 2 U 5/08 R - juris), was auch Prof. C. und Prof. N. nach Aufarbeitung der arbeitswissenschaftlichen Literatur so bestätigt haben.

Für die Belastung des Versicherten mit Chrom und seinen Verbindungen – wovon in erster Linie sechswertige Chromverbindungen Bedeutung erlangen - gilt im Rahmen der BK-Nr. 1103 nichts anderes. Die qualitative Zusammensetzung der Schweißrauche hängt wesentlich von den Schweißzusatzstoffen (Elektroden) ab, da Schweißrauch fast ausschließlich aus diesen freigesetzt wird. Eine lungenschädliche Belastung mit sechswertigen Chromverbindungen entsteht dabei vor allem beim LBH-Schweißen mit chromhaltigen Stabelektroden, wobei nach den Feststellungen des TAD - die Prof. C. und Prof. N. in ihren Gutachten und Stellungnahmen zugrunde gelegt haben – auch TRK-Richtwertüberschreitungen beim Schweißvorgang zu verzeichnen sind. Die Verdoppelungsdosis für die vor allem beim LBH-Edelstahlschweißen auftretende Chromat-VI-Belastung wird von den gerichtlichen Sachverständigen bei 2.000 µg/m3 x Jahre gesehen (ebenso BSG, Urteil vom 12. Januar 2010, a.a.O., Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1117). Der Wert entspricht dem Vorschlag von O. und T. und ist abgeleitet vom früheren TRK-Wert für die Dauer von zehn Jahren. Vereinzelt werden geringere Werte genannt mit Reduktion der Belastung auf 1.100 bzw. 1.000 µg/m3 x Jahre (LSG Schleswig-Holstein, a.a.O. und Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 4 zu M 1103). Der Versicherte erreichte jedoch keinen dieser Werte nach der zutreffenden Berechnung des Prof. N., der bei 0,8 bis 1,6jähriger Belastung eine kumulative Chromat-Dosis von im Mittel 480 µg/m3 Jahre errechnet hat. Der Berechnung des Prof. C. konnte der Senat allenfalls insoweit folgen, als er von einer 1,5jährigen Belastung mit einer kumulativen Chromat-Dosis von 600 µg/m3 x Jahre ausgeht. Denn bei der Firma E. wurde nach den Feststellungen des TAD vom 27. Februar 2007 erst ab 1980 Edelstahl verschweißt. Selbst wenn man die günstigste Einschätzung des Arbeitskollegen Q. zugrunde legt, dass der Versicherte 10 % der Arbeitszeit – und nicht nur 5 % laut Angabe des Unternehmers E. - Edelstahl geschweißt hatte, darf für die 16 Jahre von 1980 bis 1996 nicht eine dreijährige, sondern – so Prof. N. zutreffend – eine maximal 1,6jährige Belastung zugrunde gelegt werden. Beide Werte (480 bzw. 600 µg/m3 x Jahre) verfehlen die allgemein für eine Verdoppelungsdosis geforderten Werte – wie auch die vereinzelt vertretenen reduzierten Werte – deutlich, so dass auch im Hinblick auf die BK-Ziffer 1103 eine monokausale (Teil-)Verursachung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann.

Sofern der Gerichtssachverständige Prof. Dr. C. zuletzt eine deutlich niedrigere Dosis i.H.v. 2,0 Chromjahren ausgehend von einem niedrigeren Grenzwert i.H.v. 0,2 µg/m3 vorgeschlagen hat, vermag der Senat diesen nicht als dem aktuellen Erkenntnisstand entsprechende Verdopplungsdosis für Chrom anzuerkennen. Beim "neuen" auf einer amerikanischen Studie basierenden Grenzwert i.H.v. 0,2 µg/m3 handelt es sich erkennbar um einen Gefährdungsgrenzwert, der zur Prävention eine Vermeidung höherer Dosen beinhaltet. Als Vermutung für die Verursachung eines Lungenkarzinoms scheint außer Herrn Prof. Dr. C. niemand – auch nicht die von ihm in Bezug genommene Studie – den mit 10 Jahren multiplizierten Wert als Verdopplungsdosis zu vertreten. Dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen aber nur solche Erfahrungssätze, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht. Nur wenn kein aktueller allgemeiner wissenschaftlicher Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung existiert, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, Urt.v. 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 9; vgl. Giesen, Zbl Arbeitsmed 1993, 93, 48; Blome, BG 1998, 566, 573; Triebig, Med Sach 2001, 99.). Die Einzelmeinung des Gerichtssachverständigen kann daher für die Zugrundelegung eines neuen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes nicht genügen.

Sofern der Sachverständige in seinem Ursprungsgutachten ebenfalls zunächst eine niedrigere Verdopplungsdosis vorgeschlagen hat, ist er anscheinend von einer synkanzerogenen Kombinationswirkung unter Mitwirkung von mehreren lungenschädlichen Berufsschadstoffen – insbesondere Nickel- zugunsten des Versicherten ausgegangen. Die Begründung einer neuen BK ist jedoch der Rechtsprechung versagt (BSG, Urt.v. 29. November 2011 – juris; BSG vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 17). Vielmehr wäre zu fragen, ob die jeweils versicherten Einwirkungen jede für sich eine nicht wegzudenkende Ursache war und sodann mehrere dieser naturwissenschaftlich kausalen Stoffe zusammen rechtlich wesentlich im Vergleich zu sonstigen (z.B. inneren) Ursachen waren (vgl. zur BK 2108 und BK 2110 BSG Urt. v. 27. Juni 2006 - B 2 U 9/05 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 8). Vorliegend lässt sich jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder ein auch nur ungefährer Verursachungsanteil der jeweiligen versicherten Einwirkungen einerseits und des nicht versicherten Rauchens andererseits bestimmen.

Dem Senat ist es auch verwehrt, diese Unsicherheit der Verursachungsanteile im Wege eines unterstellten jeweils hälftigen Anteils zu schließen, weil aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung nicht automatisch auf die berufliche Verursachung einer Erkrankung geschlossen werden kann (BSG, Urt. v. 7. September 2004 - B 2 U 34/03 – juris Rnr. 22). Sind in einem Fall die verschiedenen und gegebenenfalls nach der Theorie der wesentlichen Bedingung abzuwägenden naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen zunächst unklar, so sind besondere Anstrengungen zur Ermittlung des Ursachenzusammenhangs notwendig (BSG, Urt. v. 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129). Lässt sich dies unter Anwendung sämtlicher Erkenntnismöglichkeiten nicht klären, würde die Unterstellung eines hälftigen Verursachungsanteils und damit Bejahung der sowohl der naturwissenschaftlichen Kausalität als auch deren rechtlicher Wesentlichkeit zu einer unzulässigen Beweislastumkehr führen, die das BSG in ständiger Rechtsprechung – auch im Hinblick auf § 9 Abs. 3 SGB VII – ablehnt (BSG, Urt. v. 22. Juni 1988 – 9/9a RVg 3/87 - BSGE 63, 270, 271; BSG v 29. Januar 1974 - 8/7 RU 18/72 - SozR 2200 § 551 Nr. 1).

Letztlich führt die objektive Beweislosigkeit, welche der Ursachen mit welchem Verursachungsanteil zur Erkrankung geführt hat, zur Frage der Beweislast. Eine Beweisführungslast wie im Zivilprozess gibt es im sozialrechtlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren auf Grund des Untersuchungsgrundsatzes nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 103 RdNr. 19). Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast gibt es aber auch im Sozialgerichtsverfahren die sogenannte materielle Feststellungslast, derzufolge - wie in allen anderen Gerichtsverfahren auch - derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache trägt, der aus dieser Tatsache ein Recht oder Vorteil herleiten will (S BSGE 6, 70, 72; BSGE 19, 52, 53), was für die Frage der bestehenden wesentlichen Teilursächlichkeit der versicherten Einwirkungen die Klägerin ist. Selbst bei erheblichen Beweisschwierigkeiten lehnt das BSG eine Beweislastumkehr in ständiger Rechtsprechung ab (BSGE 63, 270, 271; BSG Urteil vom 29. Januar 74, SozR 2200 § 551 Nr. 1). Gerade bei multikausalen Erkrankungen wäre die Annahme der Beweislastumkehr, die seit langem das Schrifttum und im Rahmen des Unfallversicherungseinführungsgesetzes auch den Gesetzgeber beschäftigt hat, sehr problematisch (vgl. Keller, SGb 2001, 226, 228; Breuer/Velten, NZS 1995, 146 ff.; Koch in Schulin, HS-UV, § 36 Rdnr. 23 ff; Köhler, BG 1996, 388 ff; Bolm-Audorff, Med Sach 1993, 57, 93; Battenstein, SGb 1992, 11 ff.; s.a. BR/BT-Drucks 13/2333 S. 4 - 6). Der hinsichtlich des Kausalitätsnachweises abgemilderte Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist für den Schutz des Versicherten ausreichend (Becker in Becker/Burchard/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 9 Rdnr. 216).

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, dass einer oder mehrere der versicherten Einwirkungsstoffe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine naturwissenschaftliche (Teil-)Ursache für die Erkrankung an Lungenkrebs war, könnte mangels Bestimmbarkeit der Verursachungsanteile nicht bestimmt werden, ob dieser oder bei additiver Wirkung diese die rechtlich wesentliche Ursache waren. Denkbar wäre mangels möglicher Abgrenzungskriterien auch, dass weit überwirkende Ursache das private nichtversicherte Rauchen war.

Sofern der Sachverständige ausführt, dass die Einwirkungen von Chrom unter zusätzlicher Verstärkung durch Nickel rechtlich wesentlich teilursächlich für den Lungentumor gewesen seien, trifft er damit noch keine Aussage, in welchem konkreten Kausalitätsverhältnis bzw. Verursachungsanteil bezüglich der Entstehung der Lungenerkrankung die Exposition im Verhältnis zum nicht versicherten Zigarettenkonsum stand. Auch der Sachverständige räumt letztlich ein, dass eine prozentuale Eingrenzung der Wesentlichkeit der vorgenannten Mitursachen aufgrund der beschriebenen Beweismängel ärztlicherseits nicht vorgenommen werden könne. Letztlich bleibt seine Angabe zu den Verursachungsanteilen vage. Dass der Umgang mit Chrom und Nickel zu sonstigen Schadensursachen keine alltägliche Gelegenheitsursache sein soll, lässt sich jedoch nur dann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bezüglich des Lungenkarzinoms bejahen, wenn im Verhältnis von mehreren möglichen Ursachen das Ausmaß der versicherten Ursache zumindest annähernd eingegrenzt werden kann. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass der Sachverständige Prof. Dr. C. die Rolle der versicherten Einwirkung als rechtlich wesentliche Ursache alleine mit ihrem Ausmaß in zeitlicher und Intensität (ohne Atemschutz) zu begründen versucht, was aber im Hinblick auf die Abgrenzung zweier Verursachungskomponenten kein alleintaugliches Abgrenzungskriterium ist. Dies gilt insbesondere im Falle von stochastischen BKen, bei denen keine belastbaren Erkenntnisse über Dosis-Wirkungs-Beziehungen, sondern lediglich über Dosis-Häufigkeits-Beziehungen existieren und letztlich der Verursachungsmechanismus ungeklärt ist (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 3. November 2004 - L 3 U 1613/97 – juris). Vielmehr hätte es diesbezüglich weiterer klinischer Kriterien z.B. im Hinblick auf Art und Ausmaß oder den Verlauf der Erkrankung bedurft, die einen Rückschluss auf die (rechtlich) wesentliche (Teil-)Verursachung gerade durch die versicherten Einwirkungen erlaubt hätten.

Der Senat sah auch keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt zwar von Amts wegen, es ist jedoch an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Insbesondere muss das Gericht nicht nach Tatsachen forschen, für deren Bestehen die Umstände des Einzelfalls keine Anhaltspunkte bieten (s. BSGE 87, 132, 138; 36, 107, 110). Besonders für die Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es weiterer Anknüpfungstatsachen, die die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines mit besonderem Fachwissen ausgestatteten Sachverständigen zur Beurteilung dieser Tatsachen nahelegen. Solche liegen jedoch erkennbar nicht vor.

Demnach konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war im Ergebnis abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Trotz der Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das BSG sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, der Beklagten auch nur teilweise außergerichtliche Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorlagen. Angesichts der Entscheidung des BSG vom 29. November 2010, mit der dieser Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, sah der Senat keine Rechtsfragen, die durch die Revisionsinstanz zu klären wären.
Rechtskraft
Aus
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