Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 106/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 65/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird die Leistungserbringung oder das Behandlungsvorgehen von der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung bestritten, ist es Sache des Vertrags(zahn)arztes, dies im Einzelnen nachzuweisen. Ein bloß behaupteter Sachvortrag reicht hierfür im Regelfall nicht aus. Wenigsten ist dann eine zeitnah erstellte Dokumentation vorzulegen. Dies gilt gerade auch dann, wenn ein neuer und bestrittener Sachvortrag im Klageverfahren erfolgt. Dabei sind allgemein an einen Nachweis höhere Anforderungen zu stellen, je später der Sachvortrag erfolgt.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für das Quartal III/08 in dem Behandlungsfall der am 1973 geb. C. (BKK Oetker) und hierbei um die Absetzung aller am 04.09.2008 erbrachten Leistungen - 1x Nr. 02 (Ohn), 1x Nr. 37 (Nbl2), 4x Nr. 59 (Pla2) BEMA sowie 1x Nr. 1466, 1x Nr. 1479, 1x Nr. 1485, 1x Nr. 2255, 2x 2701 GOÄ-82 inkl. der Materialkosten und 2x Nr. 8253 GOÄ-82 in Höhe von insgesamt 1.291,53 EUR.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr A2 ist Zahnarzt, und Frau Dr. A3 ist Zahnärztin. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Im Zeitraum 01.07.2005 bis 31.12.2008 gehörte der Gemeinschaftspraxis noch die ebf. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Zahnärztin Frau D. an.
Die Beklagte bat die Klägerin unter Datum vom 12.11.2008 um Übersendung der Röntgenaufnahmen und des OP-Berichts für den streitbefangenen Behandlungsfall, da dieser Fragen aufwerfe.
Nachdem die Klägerin die Unterlagen nicht eingesandt hatte, setzt die Beklagte mit Bescheid vom 28.04.2009 alle Leistungen am Behandlungsfall 04.09.2009 ab, da die Notwendigkeit der Indikation nicht nachgewiesen worden sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.05.2009 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, die Indikation zu den operativen Maßnahmen am 04.09.2008 habe sich aufgrund von narbigen Verziehungen im Bereich des Vestibulums ergeben. Es sei daher eine Vestibulumplastik im Ober- und Unterkiefer erforderlich geworden. Es sei zuerst eine endoskopische, dann eine offene Kieferhöhlenrevision erfolgt, nachdem entzündliche Veränderungen der Kieferhöhlenschleimhaut festgestellt worden seien. Die Indikation zur Wiederholung der Anästhesien habe sich aufgrund der Eingriffsdauer von mehr als 3 Stunden und der vermehrten Blutung ergeben. Auf Anforderung reichte sie ferner verschiedene Röntgenbilder zur Verwaltungsakte.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens seien die Abrechnungen: 1x Nr. 02 (Ohn), 1x Nr. 37 (Nbl2), 4x Nr. 59 (Pla2) BEMA sowie 1x Nr. 1466, 1x Nr. 1479, 1x Nr. 1485, 1x Nr. 2255, 2x 2701 GOÄ-82 inkl. der Materialkosten in Höhe von 162,00 EUR und 2x Nr. 8253 GOÄ 82. Es sei erstinstanzlich eine Einzelabsetzung in Höhe von 1.291,53 EUR ausgesprochen worden. Dokumentationspflichtig seien alle wesentlichen Teilabschnitte der Diagnostik, der Therapie und der medikamentösen Behandlung. Auf Grundlage dieser Aufzeichnungen müsse der behandelnde Arzt sowie ggf. ein Folgebehandler in der Lage sein, eine Behandlung fortzuführen sowie neue Maßnahmen in die Wege zu leiten. Inhaltlich seien verschiedene Daten des Patienten in die Dokumentation aufzunehmen und Verschiedenes zu beachten, was sie im Einzelnen erläuterte. Die Absetzung aller Leistungen begründete sie zunächst mit der fehlenden Dokumentation. Es liege weder ein OP-Bericht noch ein Auszug der Originalkarteikarte vor. Auch im Widerspruchsschreiben vom 07.05.2009 sei keine Dokumentation der entsprechenden Leistungen erfolgt. Der Leistungsinhalt sei daher nicht nachgewiesen. Die Absetzung je einer Leistung nach Nr. 02 (Ohn) BEMA und Nr. 37 (Nbl2) BEMA begründete sie ausschließlich damit. Hinsichtlich der Nr. 59 (Pla2) BEMA führte sie weiter aus, nach der Visualisierung des Behandlungsfalles sei außerdem festgestellt worden, dass zeitgleich in der Oktober-Abrechnung 2008 über die KB-Abrechnung 4x Nr. 2694 GOÄ-82 (Operative Entfernung von Osteosynthesematerial aus einem Kiefer- oder Gesichtsknochen, je Fraktur) abgerechnet worden sei. Gemäß den Abrechnungsbestimmungen sei Nr. 59 (Pla2) BEMA neben Nr. 2694 GOÄ-82 für das gleiche Operationsgebiet in derselben Sitzung nicht abrechenbar. Ferner merkte sie an, Mukogingival-chirurgische Maßnahmen zur Verhinderung von Rezessionen oder dergleichen sei nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung. Bezüglich Nr. 1466 GOÄ-82 (Endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle - Antroskopie) und Nr. 1479 GOÄ-82 (Ausspülen der Kiefer-, Keilbein-, Stirnhöhle von der natürlichen oder künstlichen Öffnung aus – auch Spülung mehrerer dieser Höhlen, auch einschließlich Instillation von Arzneimitteln) wies sie darauf hin, gemäß der präoperativen Röntgenaufnahme sei eine Endoskopie als Therapiemittel nicht angezeigt, weil keine Entzündungen erkennbar seien. Würden im Rahmen von operativen Eröffnungen üblicherweise Spülvorgänge und Absaugungen vorgenommen werden, so diene dies der Zielleistung und nicht den eigenen therapeutischen Zwecken. Die Leistung nach Nr. 1485 GOÄ-82 (Operative Eröffnung und Ausräumung der Stirnhöhle oder der Kieferhöhle oder der Siebbeinzellen von außen) sei im Rahmen einer Umstellungsosteotomie unplausibel, da gemäß präoperativen Röntgenaufnahme keine Kieferhöhlenschleimhautveränderung erkennbar sei. Die Indikation für einen gesonderten Zugang sei röntgenologisch nicht nachgewiesen. Auch die Leistung nach Nr. 2701 GOÄ-82 (Anlegen von Stütz-, Halte- oder Hilfsvorrichtungen) sei nicht dokumentiert worden. Die Nr. 2255 GOÄ-82 (Freie Verpflanzung eines Knochens oder Knochenteilen – Knochenspäne) setze eine nicht ortsgleiche Entnahme und Einpflanzung von Knochen innerhalb eines Operationsgebietes voraus. Das postoperative Röntgenbild zeige keine frei eingepflanzten Knochenteile. Ein Nachweis der Leistung nach Nr. 7560 GOÄ-82 (Verweilen, ohne Unterbrechung und ohne Erbringung anderer ärztlicher Leistungen wegen Erkrankung erforderlich-, je angefangene halbe Stunde) sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Gleiches gelte für die Leistungen nach Nr. 8253 GOÄ-82 (Injektion, intravenös).
Hiergegen hat die Klägerin am 26.02.2013 die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe einen OP-Dokumentationsbogen und zwei Röntgenaufnahmen übersandt. Das Ansinnen auf Übersendung der Originalkarteikarte sei rechtswidrig. Die Beklagte führe nicht aus, welche Schlüsse und Erkenntnisse sie aus dem vorgelegten Operationsdokumentationsbogen bezogen habe. Ein OP-Bericht bei ambulanten Operationen sei überobligatorisch. Sie übersende die elektronische Karteikarte, das OP-Protokoll vom 04.09.2008, den OPG-Befund vom 04.09.2008 und die Dokumentation des Hausbesuches vom 04.09.2008. Hieraus würden die streitgegenständlichen Leistungen ersichtlich. Die Beklagte behaupte erstmalig im Klageverfahren, dass die vorgelegten Röntgenaufnahmen nicht auswertbar seien. Erfreulich sei die Feststellung der Beklagten, dass die vorgelegten Unterlagen die erbrachten Leistungen nachweisen würden, weil sie in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang stünden. Die von der Beklagten zitierte Satzungsbestimmung als Rechtsgrundlage zur Vorlage der Originalkarteikarte habe keine Gesetzesgrundlage.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, eine Vorlage von weiteren Unterlagen sei im Gerichtsverfahren als verspätet zu bewerten. Aber auch wenn man eine entsprechende Präklusion ablehne, könnten diese Unterlagen keine Berücksichtigung mehr finden. Diese seien nur dann verwertbar, wenn sie in einem unmittelbar zeitlichen Zusammenhang zu den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen stünden. Die vorgelegten Röntgenaufnahmen seien insoweit nicht auswertbar gewesen, als sie nicht geeignet gewesen seien, die klägerseits geltend gemachten Abrechnungspositionen zu begründen. Dies ergebe sich auch hinreichend aus den Einzelfeststellungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Die klägerseits vorgelegten Unterlagen wiesen den vom Patientenrechtegesetz geforderten unmittelbaren zeitlichen Bezug zur Leistungserbringung nicht auf. Die vorgelegten Unterlagen seien deshalb nicht geeignet, ein Nachweis für eine entsprechende Leistungserbringung zu schaffen. Die Rechtsgrundlage für das Ansinnen auf Übersendung der Originalkarteikarte finde sich in § 5 Ziffer 2 ihrer Satzung. Danach seien die Teilnehmer an der vertragszahnärztlichen Versorgung verpflichtet, die Erklärungen für eine geforderte Aufklärung und Auskünfte unverzüglich abzugeben und auf Verlangen die zur Aufklärung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Dies sei hier der Fall, da berechtigte Zweifel an der zeitnahen Erstellung der Behandlungsdokumentation bestünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R – a.a.O.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R – a.a.O.).
Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen. Die Beklagte geht bereits davon aus, dass der Leistungsinhalt wegen fehlender Dokumentation nicht nachgewiesen ist. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Zum Zeitpunkt des Zugangs des angefochtenen Bescheids war die Ausschlussfrist von vier Jahren noch nicht verstrichen. Der Berichtigungsbescheid erging bereits weniger als acht Monate nach der strittigen Behandlung.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Absetzung der hier strittigen Leistungen war berechtigt. Für die abgesetzten und noch strittigen Leistungen fehlt es an einem Nachweis.
Die Kammer hat bereits wiederholt in Urteilen zwischen den Beteiligten auf die Bedeutung der Dokumentationspflichten hingewiesen (vgl. zuletzt Urt. der Kammer v. 20.06.2012 - S 12 KA 137/11 -, Berufung anhängig LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 40/12).
Grundsätzlich ist für die Erbringung einer zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig. Im vertragszahnärztlichen Leistungssystem reicht hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes auf dem Behandlungsausweis aus. Bestehen allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung der Leistung, so ist der Vertragszahnarzt wiederum nachweispflichtig. Ein Mittel für den Nachweis der Leistungserbringung sind seine Aufzeichnungen in der Karteikarte, die auch elektronisch geführt werden kann, oder die angefertigten technischen Aufzeichnungen wie z. B. Röntgenbilder.
Der Zahnarzt ist bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere Aufbewahrungspflichten bestehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen v. 04.06.2005, zit. nach www.lzkh.de/S002DABE8-0062292A.0/BO LZKH neu.pdf, im Folgenden: BO).
Die (zahn)ärztliche Dokumentationspflicht dient der Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten und Fakten für den Behandlungsverlauf. Eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist nach Haftungsgrundsätzen auch aus Rechtsgründen nicht geboten (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1999 - VI ZR 290/98 - NJW 1999, 3408 = VersR 1999, 1282, juris Rdnr. 13). Soweit die (zahn)ärztliche Dokumentation primär dem therapeutischen Interesse des Patienten und der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Behandlung bzw. Behandlungsfortführung hinsichtlich der Diagnose und Therapie dient, so bezweckt sie auch die Information sowohl des behandelnden (Zahn-)Arztes, als auch dessen Vertreters im Verhinderungsfall, ebenso sonstiger (Zahn-)Ärzte oder des Pflegepersonals. Für alle kann die Kenntnis vom Zustand des Patienten, der erstellten Diagnose, dem Verlauf der Behandlung und den durchgeführten oder anstehenden Maßnahmen und Medikation relevant sein, um eine fachgerechte Behandlung des Patienten sicherzustellen. Zu dokumentieren sind deshalb die Umstände, die für die Diagnose und Therapie nach medizinischem Standard wesentlich und deren Aufzeichnung und Aufbewahrung für die weitere Behandlung des Patienten medizinisch erforderlich sind (vgl. OLG München, Beschl. v. 17.03.2011 - 1 U 5245/10 - juris Rdnr. 31). In Arzthaftungsprozessen werden dabei an festgestellte Mängel oder Lücken der Behandlungsunterlagen auch beweisrechtliche Folgen geknüpft. Zum einen gilt eine nicht dokumentierte, aber dokumentationsbedürftige Maßnahme bis zum Beweis des Gegenteils durch den Behandler als nicht durchgeführt (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1998 - VI ZR 268/97 - NJW 1999, 863 = VersR 1999, 190, juris Rdnr. 14 m.w.N.). Zum anderen kann eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation den Patienten in derartige Beweisnot bringen, dass eine Beweislastumkehr gerechtfertigt ist. Es gehört zu den Organisationsaufgaben des Behandlers, Unterlagen, die Auskunft über das Behandlungsgeschehen geben, zu sichern (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1995 - VI ZR 341/94 - NJW 1996, 779 = MedR 1996, 215 = VersR 1996, 330, juris Rdnr. 10). Zum dritten gilt auch im Arzthaftungsprozess das Verbot der schuldhaften Beweisvereitelung mit der Folge, dass der Beweis für die benachteiligte Partei als geführt anzusehen ist (vgl. OLG München, a.a.O., Rdnr. 32).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§ 294 SGB V). Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, u. a. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung mit Zahnbezug fortlaufend in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund, dessen Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen kann, sind vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 EKV-Z).
Nach der zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) vom 4. Juni 2003/24. September 2003, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2003, Seite 24966, in den hier maßgeblichen Teilen nicht geändert, zitiert nach http://www.g-ba.de, gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken (Abschn. B.I.1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben werden z. B. hinsichtlich der Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der Röntgenuntersuchungen gegeben; für Röntgenuntersuchungen findet die Röntgenverordnung Anwendung; das gilt auch für die Aufzeichnungspflicht (B.II.5 Behandlungsrichtlinie). Die Röntgenverordnung (Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen, neugefasst durch Bek. v. 30.04.2003, BGBl 2003 I, 604) regelt insb. in § 28 die Aufzeichnungspflichten.
So handelt es sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Dokumentationspflicht seit jeher um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 11/06 R - SozR 4-2500 § 95c Nr. 2 = GesR 2007, 260-264 = NZS 2007, 609-612 = USK 2007-20, juris Rdnr. 23). Der geprüfte Arzt unterliegt somit besonderen Mitwirkungspflichten, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 SGB X hinausgehen und in dem Umstand begründet sind, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte. Es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (vgl. BSG, Urt. v. 21.03.2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = USK 2012-32, juris Rdnr. 40 m. w. N.). Diese besonderen verfahrensrechtlichen Obliegenheiten beziehen sich auf die medizinische Notwendigkeit und die tatsächliche fachgerechte Erbringung der abgerechneten Leistung, sie richtet sich im Einzelnen nach den besonderen Leistungs- und Abrechnungsvoraussetzungen und werden konkretisiert durch Nachfragen oder gar Beanstandungen durch die Beklagte und die Gerichte (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 20.03.2013 - L 4 KA 60/10 - juris Rdnr. 34). Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen (ebd.) können Nachweise auch noch im Gerichtsverfahren nachgereicht werden.
Insbesondere dann, wenn die Leistungserbringung oder das Behandlungsvorgehen von der Beklagten bestritten wird, ist es Sache des Vertragszahnarztes, dies im Einzelnen nachzuweisen. Ein bloß behaupteter Sachvortrag reicht hierfür im Regelfall nicht aus. Wenigsten ist dann eine zeitnah erstellte Dokumentation vorzulegen. Dies gilt gerade auch dann, wenn ein neuer und bestrittener Sachvortrag im Klageverfahren erfolgt. Dabei sind allgemein an einen Nachweis höhere Anforderungen zu stellen, je später der Sachvortrag erfolgt. Das Aufstellen bloßer Behauptungen, ohne einen Nachweis vorzulegen, reicht nicht, wenn die Beklagte ihnen substantiiert entgegen tritt.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 - juris Rdnr. 27, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 21.09.2011 - L 4 KA 50/09 -, Nichtzulassungsbeschwerde abgewiesen durch BSG, Beschl. v. 27.06.2012 - B 6 KA 84/11 B NZB -). Es obliegt insb. nicht dem einzelnen Vertragszahnarzt zu entscheiden, ob er eine Dokumentation unterlässt, weil es sich um eine vermeintliche Routinemaßnahme handelt. Die Dokumentation muss mindestens so umfassend sein, dass ein anderer Zahnarzt im Einzelnen die Behandlungsmaßnahme nachvollziehen kann (vgl. SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 73/09 - juris Rdnr. 49).
Der von der Klägerin gegenüber der Beklagten vorgelegte Abrechnungsnachweis enthält nur die Leistungsposition mit Angabe der Leistungslegende. Die im Gerichtsverfahren vorgelegte "Karteikarte" enthält keine weiteren Angaben. Im Übrigen bezieht sie sich auf den hier nicht strittigen KB-Bereich. Nach zahnmedizinischem Standard kann auch die Führung einer Dokumentation nicht nach KB- und KCH-Bereichen unterschieden werden, sondern ist chronologisch aufzubauen, ist also nach Behandlungsdaten zu führen.
Die "Karteikarte" ist, abgesehen auch davon, dass sie die hier strittigen Leistungen nicht betrifft, als Nachweis nicht geeignet, da es sich schon um keine zahnärztliche Dokumentation handelt. Auch bestehen Zweifel, ob es sich hierbei um eine Dokumentation handelt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie wesentlich später erstellt wurde. So trägt sie das Datum 20.03.2013, wobei es sich nach der Einlassung der Klägerin um das Datum des Ausdrucks handeln soll. Jedenfalls dann, wenn eine Dokumentation erst wesentlich später eingereicht wurde, bedarf es auch eines Nachweises, wann sie angelegt wurde. Die Nachfrage des Gerichts, wann sie erstellt wurde, wurde von der Klägerin nicht beantwortet. Die Klägerin hat zu keinem früheren Zeitpunkt darauf hingewiesen oder eine solche ergänzende Dokumentation vorgelegt oder gar das Original vorgelegt. Von daher geht die Kammer davon aus, dass die Behauptung, es handele sich um eine zeitnah erstellte Dokumentation, auch ansatzweise nicht nachgewiesen ist. Es handelt sich eben um schlichtes Beteiligtenvorbringen, dem kein Beweiswert zukommt. Dies gilt auch nach arzthaftungsrechtlichen Gesichtspunkten. Der ärztlichen Dokumentation kann bis zum Beweis des Gegenteils Glauben geschenkt werden. Um die Annahme der Vollständigkeit der Dokumentation zu erschüttern, müssen konkret erkennbare Anhaltspunkte vorliegen, z.B. nachträgliche Änderungen am Operationsbericht oder dass er erst mit langem zeitlichen Abstand zur Operation verfasst worden ist (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 15.11.2011 - 1 U 31/11 - juris = GesR 2012, 310 m.w.N.). Im Übrigen ist die Klägerin auch als vertragszahnärztliche Leistungserbringerin zum Leistungsnachweis bei Zweifeln verpflichtet, die vollständige Dokumentation vorzulegen und steht es nicht in ihrem Belieben, wann sie welche Teile gegenüber der Beklagten offenlegt.
Nach diesen Grundsätzen geht die Beklagte zutreffend davon aus, dass es bereits wegen Nichtvorlage einer zahnärtzlichem Standard entsprechenden Dokumentation an einem Leistungsnachweis fehlt.
Hinsichtlich der Nr. 1466 GOÄ-82 (Endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle (Antroskopie) - ggf. einschl. der Leistung nach Nr. 1465) und Nr. 1479 GOÄ-82 (Ausspülen der Kiefer-, Keilbein- Stirnhöhle von der natürlichen oder künstlichen Öffnung aus – auch Spülung mehrerer dieser Höhlen, auch einschließl. Installation von Arzneimitteln, 7 Punkte) wegen fehlender Indikation für eine Behandlung der Kieferhöhle (fehlende prächirurgische Dokumentation, keine rechtfertigende Indikation im Röntgenbild erkennbar) weist die Beklagte auf die Implausibilität der Abrechnung hin. Die Kammer hat bereits entschieden, dass der Hinweis auf das OP-Protokoll, die die Leistungen lediglich vermerkt, für einen Nachweis der Leistungserbringung nicht ausreicht (vgl. Urt. der Kammer v. 20.06.2012 - S 12 KA 137/11 -, Berufung anhängig LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 40/12). Gleiches gilt für die Absetzung der Nr. 1485 und 2255 GOÄ-82, was die Kammer ebf. bereits entschieden hat (ebd.).
Für den im Gerichtsverfahren vorgelegten Besuchsbericht hat die Klägerin nicht dargelegt, wann er erstellt wurde. Auch diesbezüglich fehlt es an einer üblichen zahnärztlichen Dokumentation. Hinsichtlich der Absetzungen bezüglich der Nr. 1466 GOÄ-82 und Nr. 1479 GOÄ-82 wird im Übrigen auf die Begründung im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, der sich die Kammer anschließt.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für das Quartal III/08 in dem Behandlungsfall der am 1973 geb. C. (BKK Oetker) und hierbei um die Absetzung aller am 04.09.2008 erbrachten Leistungen - 1x Nr. 02 (Ohn), 1x Nr. 37 (Nbl2), 4x Nr. 59 (Pla2) BEMA sowie 1x Nr. 1466, 1x Nr. 1479, 1x Nr. 1485, 1x Nr. 2255, 2x 2701 GOÄ-82 inkl. der Materialkosten und 2x Nr. 8253 GOÄ-82 in Höhe von insgesamt 1.291,53 EUR.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr A2 ist Zahnarzt, und Frau Dr. A3 ist Zahnärztin. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Im Zeitraum 01.07.2005 bis 31.12.2008 gehörte der Gemeinschaftspraxis noch die ebf. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Zahnärztin Frau D. an.
Die Beklagte bat die Klägerin unter Datum vom 12.11.2008 um Übersendung der Röntgenaufnahmen und des OP-Berichts für den streitbefangenen Behandlungsfall, da dieser Fragen aufwerfe.
Nachdem die Klägerin die Unterlagen nicht eingesandt hatte, setzt die Beklagte mit Bescheid vom 28.04.2009 alle Leistungen am Behandlungsfall 04.09.2009 ab, da die Notwendigkeit der Indikation nicht nachgewiesen worden sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.05.2009 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, die Indikation zu den operativen Maßnahmen am 04.09.2008 habe sich aufgrund von narbigen Verziehungen im Bereich des Vestibulums ergeben. Es sei daher eine Vestibulumplastik im Ober- und Unterkiefer erforderlich geworden. Es sei zuerst eine endoskopische, dann eine offene Kieferhöhlenrevision erfolgt, nachdem entzündliche Veränderungen der Kieferhöhlenschleimhaut festgestellt worden seien. Die Indikation zur Wiederholung der Anästhesien habe sich aufgrund der Eingriffsdauer von mehr als 3 Stunden und der vermehrten Blutung ergeben. Auf Anforderung reichte sie ferner verschiedene Röntgenbilder zur Verwaltungsakte.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens seien die Abrechnungen: 1x Nr. 02 (Ohn), 1x Nr. 37 (Nbl2), 4x Nr. 59 (Pla2) BEMA sowie 1x Nr. 1466, 1x Nr. 1479, 1x Nr. 1485, 1x Nr. 2255, 2x 2701 GOÄ-82 inkl. der Materialkosten in Höhe von 162,00 EUR und 2x Nr. 8253 GOÄ 82. Es sei erstinstanzlich eine Einzelabsetzung in Höhe von 1.291,53 EUR ausgesprochen worden. Dokumentationspflichtig seien alle wesentlichen Teilabschnitte der Diagnostik, der Therapie und der medikamentösen Behandlung. Auf Grundlage dieser Aufzeichnungen müsse der behandelnde Arzt sowie ggf. ein Folgebehandler in der Lage sein, eine Behandlung fortzuführen sowie neue Maßnahmen in die Wege zu leiten. Inhaltlich seien verschiedene Daten des Patienten in die Dokumentation aufzunehmen und Verschiedenes zu beachten, was sie im Einzelnen erläuterte. Die Absetzung aller Leistungen begründete sie zunächst mit der fehlenden Dokumentation. Es liege weder ein OP-Bericht noch ein Auszug der Originalkarteikarte vor. Auch im Widerspruchsschreiben vom 07.05.2009 sei keine Dokumentation der entsprechenden Leistungen erfolgt. Der Leistungsinhalt sei daher nicht nachgewiesen. Die Absetzung je einer Leistung nach Nr. 02 (Ohn) BEMA und Nr. 37 (Nbl2) BEMA begründete sie ausschließlich damit. Hinsichtlich der Nr. 59 (Pla2) BEMA führte sie weiter aus, nach der Visualisierung des Behandlungsfalles sei außerdem festgestellt worden, dass zeitgleich in der Oktober-Abrechnung 2008 über die KB-Abrechnung 4x Nr. 2694 GOÄ-82 (Operative Entfernung von Osteosynthesematerial aus einem Kiefer- oder Gesichtsknochen, je Fraktur) abgerechnet worden sei. Gemäß den Abrechnungsbestimmungen sei Nr. 59 (Pla2) BEMA neben Nr. 2694 GOÄ-82 für das gleiche Operationsgebiet in derselben Sitzung nicht abrechenbar. Ferner merkte sie an, Mukogingival-chirurgische Maßnahmen zur Verhinderung von Rezessionen oder dergleichen sei nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung. Bezüglich Nr. 1466 GOÄ-82 (Endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle - Antroskopie) und Nr. 1479 GOÄ-82 (Ausspülen der Kiefer-, Keilbein-, Stirnhöhle von der natürlichen oder künstlichen Öffnung aus – auch Spülung mehrerer dieser Höhlen, auch einschließlich Instillation von Arzneimitteln) wies sie darauf hin, gemäß der präoperativen Röntgenaufnahme sei eine Endoskopie als Therapiemittel nicht angezeigt, weil keine Entzündungen erkennbar seien. Würden im Rahmen von operativen Eröffnungen üblicherweise Spülvorgänge und Absaugungen vorgenommen werden, so diene dies der Zielleistung und nicht den eigenen therapeutischen Zwecken. Die Leistung nach Nr. 1485 GOÄ-82 (Operative Eröffnung und Ausräumung der Stirnhöhle oder der Kieferhöhle oder der Siebbeinzellen von außen) sei im Rahmen einer Umstellungsosteotomie unplausibel, da gemäß präoperativen Röntgenaufnahme keine Kieferhöhlenschleimhautveränderung erkennbar sei. Die Indikation für einen gesonderten Zugang sei röntgenologisch nicht nachgewiesen. Auch die Leistung nach Nr. 2701 GOÄ-82 (Anlegen von Stütz-, Halte- oder Hilfsvorrichtungen) sei nicht dokumentiert worden. Die Nr. 2255 GOÄ-82 (Freie Verpflanzung eines Knochens oder Knochenteilen – Knochenspäne) setze eine nicht ortsgleiche Entnahme und Einpflanzung von Knochen innerhalb eines Operationsgebietes voraus. Das postoperative Röntgenbild zeige keine frei eingepflanzten Knochenteile. Ein Nachweis der Leistung nach Nr. 7560 GOÄ-82 (Verweilen, ohne Unterbrechung und ohne Erbringung anderer ärztlicher Leistungen wegen Erkrankung erforderlich-, je angefangene halbe Stunde) sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Gleiches gelte für die Leistungen nach Nr. 8253 GOÄ-82 (Injektion, intravenös).
Hiergegen hat die Klägerin am 26.02.2013 die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe einen OP-Dokumentationsbogen und zwei Röntgenaufnahmen übersandt. Das Ansinnen auf Übersendung der Originalkarteikarte sei rechtswidrig. Die Beklagte führe nicht aus, welche Schlüsse und Erkenntnisse sie aus dem vorgelegten Operationsdokumentationsbogen bezogen habe. Ein OP-Bericht bei ambulanten Operationen sei überobligatorisch. Sie übersende die elektronische Karteikarte, das OP-Protokoll vom 04.09.2008, den OPG-Befund vom 04.09.2008 und die Dokumentation des Hausbesuches vom 04.09.2008. Hieraus würden die streitgegenständlichen Leistungen ersichtlich. Die Beklagte behaupte erstmalig im Klageverfahren, dass die vorgelegten Röntgenaufnahmen nicht auswertbar seien. Erfreulich sei die Feststellung der Beklagten, dass die vorgelegten Unterlagen die erbrachten Leistungen nachweisen würden, weil sie in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang stünden. Die von der Beklagten zitierte Satzungsbestimmung als Rechtsgrundlage zur Vorlage der Originalkarteikarte habe keine Gesetzesgrundlage.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, eine Vorlage von weiteren Unterlagen sei im Gerichtsverfahren als verspätet zu bewerten. Aber auch wenn man eine entsprechende Präklusion ablehne, könnten diese Unterlagen keine Berücksichtigung mehr finden. Diese seien nur dann verwertbar, wenn sie in einem unmittelbar zeitlichen Zusammenhang zu den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen stünden. Die vorgelegten Röntgenaufnahmen seien insoweit nicht auswertbar gewesen, als sie nicht geeignet gewesen seien, die klägerseits geltend gemachten Abrechnungspositionen zu begründen. Dies ergebe sich auch hinreichend aus den Einzelfeststellungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Die klägerseits vorgelegten Unterlagen wiesen den vom Patientenrechtegesetz geforderten unmittelbaren zeitlichen Bezug zur Leistungserbringung nicht auf. Die vorgelegten Unterlagen seien deshalb nicht geeignet, ein Nachweis für eine entsprechende Leistungserbringung zu schaffen. Die Rechtsgrundlage für das Ansinnen auf Übersendung der Originalkarteikarte finde sich in § 5 Ziffer 2 ihrer Satzung. Danach seien die Teilnehmer an der vertragszahnärztlichen Versorgung verpflichtet, die Erklärungen für eine geforderte Aufklärung und Auskünfte unverzüglich abzugeben und auf Verlangen die zur Aufklärung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Dies sei hier der Fall, da berechtigte Zweifel an der zeitnahen Erstellung der Behandlungsdokumentation bestünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R – a.a.O.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R – a.a.O.).
Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen. Die Beklagte geht bereits davon aus, dass der Leistungsinhalt wegen fehlender Dokumentation nicht nachgewiesen ist. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Zum Zeitpunkt des Zugangs des angefochtenen Bescheids war die Ausschlussfrist von vier Jahren noch nicht verstrichen. Der Berichtigungsbescheid erging bereits weniger als acht Monate nach der strittigen Behandlung.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Absetzung der hier strittigen Leistungen war berechtigt. Für die abgesetzten und noch strittigen Leistungen fehlt es an einem Nachweis.
Die Kammer hat bereits wiederholt in Urteilen zwischen den Beteiligten auf die Bedeutung der Dokumentationspflichten hingewiesen (vgl. zuletzt Urt. der Kammer v. 20.06.2012 - S 12 KA 137/11 -, Berufung anhängig LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 40/12).
Grundsätzlich ist für die Erbringung einer zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig. Im vertragszahnärztlichen Leistungssystem reicht hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes auf dem Behandlungsausweis aus. Bestehen allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung der Leistung, so ist der Vertragszahnarzt wiederum nachweispflichtig. Ein Mittel für den Nachweis der Leistungserbringung sind seine Aufzeichnungen in der Karteikarte, die auch elektronisch geführt werden kann, oder die angefertigten technischen Aufzeichnungen wie z. B. Röntgenbilder.
Der Zahnarzt ist bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere Aufbewahrungspflichten bestehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen v. 04.06.2005, zit. nach www.lzkh.de/S002DABE8-0062292A.0/BO LZKH neu.pdf, im Folgenden: BO).
Die (zahn)ärztliche Dokumentationspflicht dient der Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten und Fakten für den Behandlungsverlauf. Eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist nach Haftungsgrundsätzen auch aus Rechtsgründen nicht geboten (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1999 - VI ZR 290/98 - NJW 1999, 3408 = VersR 1999, 1282, juris Rdnr. 13). Soweit die (zahn)ärztliche Dokumentation primär dem therapeutischen Interesse des Patienten und der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Behandlung bzw. Behandlungsfortführung hinsichtlich der Diagnose und Therapie dient, so bezweckt sie auch die Information sowohl des behandelnden (Zahn-)Arztes, als auch dessen Vertreters im Verhinderungsfall, ebenso sonstiger (Zahn-)Ärzte oder des Pflegepersonals. Für alle kann die Kenntnis vom Zustand des Patienten, der erstellten Diagnose, dem Verlauf der Behandlung und den durchgeführten oder anstehenden Maßnahmen und Medikation relevant sein, um eine fachgerechte Behandlung des Patienten sicherzustellen. Zu dokumentieren sind deshalb die Umstände, die für die Diagnose und Therapie nach medizinischem Standard wesentlich und deren Aufzeichnung und Aufbewahrung für die weitere Behandlung des Patienten medizinisch erforderlich sind (vgl. OLG München, Beschl. v. 17.03.2011 - 1 U 5245/10 - juris Rdnr. 31). In Arzthaftungsprozessen werden dabei an festgestellte Mängel oder Lücken der Behandlungsunterlagen auch beweisrechtliche Folgen geknüpft. Zum einen gilt eine nicht dokumentierte, aber dokumentationsbedürftige Maßnahme bis zum Beweis des Gegenteils durch den Behandler als nicht durchgeführt (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1998 - VI ZR 268/97 - NJW 1999, 863 = VersR 1999, 190, juris Rdnr. 14 m.w.N.). Zum anderen kann eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation den Patienten in derartige Beweisnot bringen, dass eine Beweislastumkehr gerechtfertigt ist. Es gehört zu den Organisationsaufgaben des Behandlers, Unterlagen, die Auskunft über das Behandlungsgeschehen geben, zu sichern (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1995 - VI ZR 341/94 - NJW 1996, 779 = MedR 1996, 215 = VersR 1996, 330, juris Rdnr. 10). Zum dritten gilt auch im Arzthaftungsprozess das Verbot der schuldhaften Beweisvereitelung mit der Folge, dass der Beweis für die benachteiligte Partei als geführt anzusehen ist (vgl. OLG München, a.a.O., Rdnr. 32).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§ 294 SGB V). Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, u. a. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung mit Zahnbezug fortlaufend in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund, dessen Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen kann, sind vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 EKV-Z).
Nach der zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) vom 4. Juni 2003/24. September 2003, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2003, Seite 24966, in den hier maßgeblichen Teilen nicht geändert, zitiert nach http://www.g-ba.de, gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken (Abschn. B.I.1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben werden z. B. hinsichtlich der Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der Röntgenuntersuchungen gegeben; für Röntgenuntersuchungen findet die Röntgenverordnung Anwendung; das gilt auch für die Aufzeichnungspflicht (B.II.5 Behandlungsrichtlinie). Die Röntgenverordnung (Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen, neugefasst durch Bek. v. 30.04.2003, BGBl 2003 I, 604) regelt insb. in § 28 die Aufzeichnungspflichten.
So handelt es sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Dokumentationspflicht seit jeher um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 11/06 R - SozR 4-2500 § 95c Nr. 2 = GesR 2007, 260-264 = NZS 2007, 609-612 = USK 2007-20, juris Rdnr. 23). Der geprüfte Arzt unterliegt somit besonderen Mitwirkungspflichten, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 SGB X hinausgehen und in dem Umstand begründet sind, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte. Es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (vgl. BSG, Urt. v. 21.03.2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = USK 2012-32, juris Rdnr. 40 m. w. N.). Diese besonderen verfahrensrechtlichen Obliegenheiten beziehen sich auf die medizinische Notwendigkeit und die tatsächliche fachgerechte Erbringung der abgerechneten Leistung, sie richtet sich im Einzelnen nach den besonderen Leistungs- und Abrechnungsvoraussetzungen und werden konkretisiert durch Nachfragen oder gar Beanstandungen durch die Beklagte und die Gerichte (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 20.03.2013 - L 4 KA 60/10 - juris Rdnr. 34). Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen (ebd.) können Nachweise auch noch im Gerichtsverfahren nachgereicht werden.
Insbesondere dann, wenn die Leistungserbringung oder das Behandlungsvorgehen von der Beklagten bestritten wird, ist es Sache des Vertragszahnarztes, dies im Einzelnen nachzuweisen. Ein bloß behaupteter Sachvortrag reicht hierfür im Regelfall nicht aus. Wenigsten ist dann eine zeitnah erstellte Dokumentation vorzulegen. Dies gilt gerade auch dann, wenn ein neuer und bestrittener Sachvortrag im Klageverfahren erfolgt. Dabei sind allgemein an einen Nachweis höhere Anforderungen zu stellen, je später der Sachvortrag erfolgt. Das Aufstellen bloßer Behauptungen, ohne einen Nachweis vorzulegen, reicht nicht, wenn die Beklagte ihnen substantiiert entgegen tritt.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 - juris Rdnr. 27, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 21.09.2011 - L 4 KA 50/09 -, Nichtzulassungsbeschwerde abgewiesen durch BSG, Beschl. v. 27.06.2012 - B 6 KA 84/11 B NZB -). Es obliegt insb. nicht dem einzelnen Vertragszahnarzt zu entscheiden, ob er eine Dokumentation unterlässt, weil es sich um eine vermeintliche Routinemaßnahme handelt. Die Dokumentation muss mindestens so umfassend sein, dass ein anderer Zahnarzt im Einzelnen die Behandlungsmaßnahme nachvollziehen kann (vgl. SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 73/09 - juris Rdnr. 49).
Der von der Klägerin gegenüber der Beklagten vorgelegte Abrechnungsnachweis enthält nur die Leistungsposition mit Angabe der Leistungslegende. Die im Gerichtsverfahren vorgelegte "Karteikarte" enthält keine weiteren Angaben. Im Übrigen bezieht sie sich auf den hier nicht strittigen KB-Bereich. Nach zahnmedizinischem Standard kann auch die Führung einer Dokumentation nicht nach KB- und KCH-Bereichen unterschieden werden, sondern ist chronologisch aufzubauen, ist also nach Behandlungsdaten zu führen.
Die "Karteikarte" ist, abgesehen auch davon, dass sie die hier strittigen Leistungen nicht betrifft, als Nachweis nicht geeignet, da es sich schon um keine zahnärztliche Dokumentation handelt. Auch bestehen Zweifel, ob es sich hierbei um eine Dokumentation handelt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie wesentlich später erstellt wurde. So trägt sie das Datum 20.03.2013, wobei es sich nach der Einlassung der Klägerin um das Datum des Ausdrucks handeln soll. Jedenfalls dann, wenn eine Dokumentation erst wesentlich später eingereicht wurde, bedarf es auch eines Nachweises, wann sie angelegt wurde. Die Nachfrage des Gerichts, wann sie erstellt wurde, wurde von der Klägerin nicht beantwortet. Die Klägerin hat zu keinem früheren Zeitpunkt darauf hingewiesen oder eine solche ergänzende Dokumentation vorgelegt oder gar das Original vorgelegt. Von daher geht die Kammer davon aus, dass die Behauptung, es handele sich um eine zeitnah erstellte Dokumentation, auch ansatzweise nicht nachgewiesen ist. Es handelt sich eben um schlichtes Beteiligtenvorbringen, dem kein Beweiswert zukommt. Dies gilt auch nach arzthaftungsrechtlichen Gesichtspunkten. Der ärztlichen Dokumentation kann bis zum Beweis des Gegenteils Glauben geschenkt werden. Um die Annahme der Vollständigkeit der Dokumentation zu erschüttern, müssen konkret erkennbare Anhaltspunkte vorliegen, z.B. nachträgliche Änderungen am Operationsbericht oder dass er erst mit langem zeitlichen Abstand zur Operation verfasst worden ist (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 15.11.2011 - 1 U 31/11 - juris = GesR 2012, 310 m.w.N.). Im Übrigen ist die Klägerin auch als vertragszahnärztliche Leistungserbringerin zum Leistungsnachweis bei Zweifeln verpflichtet, die vollständige Dokumentation vorzulegen und steht es nicht in ihrem Belieben, wann sie welche Teile gegenüber der Beklagten offenlegt.
Nach diesen Grundsätzen geht die Beklagte zutreffend davon aus, dass es bereits wegen Nichtvorlage einer zahnärtzlichem Standard entsprechenden Dokumentation an einem Leistungsnachweis fehlt.
Hinsichtlich der Nr. 1466 GOÄ-82 (Endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle (Antroskopie) - ggf. einschl. der Leistung nach Nr. 1465) und Nr. 1479 GOÄ-82 (Ausspülen der Kiefer-, Keilbein- Stirnhöhle von der natürlichen oder künstlichen Öffnung aus – auch Spülung mehrerer dieser Höhlen, auch einschließl. Installation von Arzneimitteln, 7 Punkte) wegen fehlender Indikation für eine Behandlung der Kieferhöhle (fehlende prächirurgische Dokumentation, keine rechtfertigende Indikation im Röntgenbild erkennbar) weist die Beklagte auf die Implausibilität der Abrechnung hin. Die Kammer hat bereits entschieden, dass der Hinweis auf das OP-Protokoll, die die Leistungen lediglich vermerkt, für einen Nachweis der Leistungserbringung nicht ausreicht (vgl. Urt. der Kammer v. 20.06.2012 - S 12 KA 137/11 -, Berufung anhängig LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 40/12). Gleiches gilt für die Absetzung der Nr. 1485 und 2255 GOÄ-82, was die Kammer ebf. bereits entschieden hat (ebd.).
Für den im Gerichtsverfahren vorgelegten Besuchsbericht hat die Klägerin nicht dargelegt, wann er erstellt wurde. Auch diesbezüglich fehlt es an einer üblichen zahnärztlichen Dokumentation. Hinsichtlich der Absetzungen bezüglich der Nr. 1466 GOÄ-82 und Nr. 1479 GOÄ-82 wird im Übrigen auf die Begründung im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, der sich die Kammer anschließt.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved