L 15 VK 9/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 VK 7/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VK 9/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Anerkennung von Schädigungsfolgen bei einer für das Jahr 1944 behaupteten Erfrierung der Wirbelsäule.
2. Eine Beweislastumkehr ist dem Versorgungsrecht fremd.
3. Eine Kann Versorgung gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG setzt eine wissenschaftliche Unsicherheit genereller Art, die allein die Ursächlichkeit betrifft, voraus. Eine Ungewissheit infolge mangelnder Tatsachenfeststellungen im konkreten Fall reicht nicht aus.
4. Ein ordnungsgemäßer Antrag gem. § 109 SGG setzt die Benennung eines namentlich bestimmten oder zumindest bestimmbaren Arztes voraus.
5. Zur Zurückweisung eines Antrags gem. § 109 SGG als verspätet.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 28. September 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzuerkennen sind und ihm Beschädigtenversorgung zu gewähren ist.

Der im Jahr 1925 geborene Kläger war im Zweiten Weltkrieg Soldat der deutschen Wehrmacht.

Am 04.01.2011 beantragte er Beschädigtenversorgung nach dem BVG, da er im Winter 1944 nördlich von Warschau eine Erfrierung der Wirbelsäule, speziell im Lendenbereich, erlitten habe.

Auf Nachfrage des Beklagten schilderte der Kläger mit Schreiben vom 14.02.2011 die Geschehnisse im Winter 1944 wie folgt: Die Erfrierung der Wirbelsäule sei im Laufe eines vorgeschobenen Beobachtereinsatzes erfolgt. Er sei von Scharfschützen beschossen worden, so dass er die Deckung nicht habe verlassen können und bis zur Dunkelheit bei circa minus 10 Grad stundenlang im Schnee gelegen sei. Die Behandlung der Erfrierung sei vor Ort durch den Abteilungsarzt Dr. K. mit - so die ergänzenden Angaben des Klägers im Widerspruchsverfahren - Antischmerzmedikamenten und Wärmepackungen vorgenommen worden, da er in seiner Abteilung unabkömmlich gewesen sei.

Die vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass sich der Kläger seit Juni 1975 unregelmäßig in orthopädischer Behandlung befunden hatte und im Jahr 1982 eine Kurmaßnahme unter anderem wegen eines LWS-Syndroms und einer Coxarthrose durchgeführt worden war. Unterlagen über die vom Kläger angegebene Behandlung im Krieg durch Dr. K. waren beim Krankenbuchlager Berlin nicht mehr erhältlich.

Am 05.04.2011 kam der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten auf Basis vorliegenden Unterlagen zu der Einschätzung, dass beim Kläger degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und mittlerweile auch der tragenden Gelenke bestünden. Bei der Art der Erkrankung handle es sich um altersbedingte Verschleißerscheinungen, die nicht auf Kälteeinwirkung wie z.B. im Rahmen von Erfrierungen zurückzuführen seien. Ein Kausalzusammenhang von Kälteeinwirkung und Entstehung von Wirbelsäulenveränderungen bestehe nicht.

Darauf gestützt lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2011 den Antrag auf Beschädigtenversorgung ab.

Im Rahmen des dagegen erhobenen Widerspruchs legte der Kläger eine Bestätigung eines Kriegskameraden, Herrn J. Sch., vom 26.04.2011 vor, wonach der Kläger im Winter 1944 Erfrierungen am Rückgrat erlitten habe und durch Dr. K. behandelt worden sei, weiter eine ärztliche Bescheinigung des den Kläger behandelnden Orthopäden E. vom 27.04.2011, wonach der Kläger im Winter 1944 Erfrierungen in mehreren Körperbereichen, unter anderem am Rücken, erlitten habe, und zudem ein Attest des Allgemeinarztes Dr. D. vom 04.05.2011, wonach die Rückenschmerzen als Kriegsfolge anzusehen seien.

Am 01.06.2011 wies der versorgungsärztliche Dienst in einer Stellungnahme nach Aktenlage darauf hin, dass die Herstellung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den beim Kläger bestehenden degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen und dem angeschuldigten Ereignis jeglicher wissenschaftlichen Grundlage entbehre. Ursächlich seien alters- und konstitutionstypische Verschleißerscheinungen, ein Erfrierungstrauma sei nicht ursächlich, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 13.07.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Er - so seine Bevollmächtigten - habe erhebliche Erfrierungen am Rücken bis zum Becken erlitten. Die versorgungsärztlichen Mediziner, die sich mit dem Fall befasst hätten, hätten wenige, wenn überhaupt Kenntnisse über Auswirkungen von stattgefundenen Erfrierungen auf das Knochenskelett. Bereits im Jahr 1915 sei ein medizinischer Aufsatz des Dr. P. veröffentlicht worden, wonach bei Erfrierungen Veränderungen am Knochenskelett auch ohne Manifestation an den Weichteilen radiologisch festgestellt worden seien. Aus der Publikation ergebe sich unter anderem auch, dass selbst bei leichten Erfrierungserscheinungen erhebliche Knochenabbausymptome festgestellt worden seien.

Der versorgungsärztliche Dienst hat in seiner Stellungnahme vom 16.08.2011 darauf hingewiesen, dass anfällig für Erfrierungen die der Witterung besonders ausgesetzten körperfernen Teile der Extremitäten (Hände/Finger, Füße/Zehen, Nase, Ohren) seien. Dementsprechend seien in dem Artikel von P. ausschließlich Schäden von Händen und Füßen besprochen worden, der Inhalt betreffe weder die Wirbelsäule noch gehe es um degenerative Veränderungen von Gelenken. Eine Erfrierung, die auch Knochensubstanz, Bandscheiben und Gelenke schädige, müsse zunächst massive Schäden der darüber gelegenen Haut, des Unterhautgewebes und der Muskulatur hinterlassen, die man nicht einmalig und ambulant behandeln könne. Beim Kläger sei nie ein substanzieller Haut-Weichteilschaden auf Grund einer Erfrierung beschrieben worden. Der Kläger leide an typischen degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparats.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.09.2011 ist die Klage abgewiesen worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Erfrierung und den Veränderungen an der Wirbelsäule und den Fuß- bzw. Kniegelenken sei auszuschließen. Unabhängig davon sei ein ursächlicher Zusammenhang auch deshalb nicht plausibel, weil die Erfrierungen beim Kläger nicht nachweislich zu Schäden an der Haut, Unterhaut oder Muskulatur geführt hätten. Der Kläger leide unter typischen degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparats, die schädigungsfremd seien.

Am 31.10.2011 haben die Bevollmächtigten des Klägers Berufung eingelegt. Das Sozialgericht - so die Bevollmächtigten - habe es versäumt, die angebotenen Beweise für die Ursachenzusammenhänge zu erheben. Der ehemalige Kriegskamerad J. Sch. könne bestätigen, dass der Kläger während des Kriegseinsatzes Erfrierungen am Rückgrat erlitten habe. Was die Beurteilung des Zusammenhangs angehe, habe der Kläger Atteste seiner behandelnden Ärzte vorgelegt, wonach die Rücken-, Hüftgelenks- und Kniebeschwerden ursächlich auf die im Krieg erlittenen Erfrierungen im Rücken- und Lendenbereich zurückzuführen seien. Die Behauptung der Ärzte der Versorgungsverwaltung, dass bei Erfrierungen nachweisliche Schäden an der Haut entstanden sein müssten, wenn eine schädigende Beteiligung der Knochensubstanz, Bandscheiben und Gelenke eingetreten sei, sei fachlich nicht haltbar. Unterlagen über die ärztliche Behandlung mit der Erfrierungsdiagnose könne der Kläger nicht mehr beibringen, da die Personalpapiere des Klägers vermutlich durch Kriegseinwirkung verlorengegangen seien. Da die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reiches diesen Beweisnotstand des Klägers zu vertreten habe, sei eine Beweisumkehr vorzunehmen und der Beklagte müsse nachweisen, dass die vom Kläger behaupteten Kriegseinwirkungen ihn nicht geschädigt hätten.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Allgemeinarzt Dr. D. am 16.12.2011 mitgeteilt, dass er seine Annahme, die Beschwerden seien eine Kriegsfolge, darauf stütze, dass der Kläger glaubhaft versichere, dass er die Beschwerden durchgehend seit dem Zweiten Weltkrieg, "speziell nach längeren Aufenthalten in Schützengräben bei sehr niedrigen Temperaturen" habe. Dr. P. habe genau passende Beschwerdebilder nach entsprechender Kälteexposition beschrieben.

Nach einer vom Kläger am 09.01.2012 vorgelegten Auskunft der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht vom 09.05.2011 sind die Personalpapiere des Klägers "vermutlich" durch Kriegseinwirkungen verlorengegangen.

Auf Nachfrage des Gerichts hat sich der Orthopäde E. am 16.01.2012 zu seiner Vermutung eines Zusammenhangs der Rückenbeschwerden des Klägers mit dem Kriegseinsatz geäußert. Am häufigsten würden Kälteschäden an den Extremitäten auftreten. Pathophysiologisch sei es jedoch wahrscheinlich, dass auch andere Körperbereiche von Erfrierungen betroffen seien. Sei der menschliche Körper einer längeren Kälteexposition ausgesetzt, sei das vorrangige Ziel, die Körperkerntemperatur konstant zu halten. Zwar sei ein Kälteschaden des Rückens beim Kläger nicht hundertprozentig nachweisbar, er sei aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da beim Kläger alle Risikofaktoren für eine Erfrierung vorliegen würden, zeitnahe Rückenschmerzen aufgetreten und Behandlungen durchgeführt worden seien und anderweitige Ursachen für chronische Rückenschmerzen eines insbesondere jungen Mannes ausgeschlossen werden könnten. Einem vom Arzt beigelegten Aufsatz von 1997 zu "Erfrierungen beim Bergsteigen" ist zu entnehmen, dass derartige Erfrierungen an Händen, Füßen und exponierten Körperteilen wie Ohren, Nasen und Wangen auftreten.

Nach Durchführung eines Erörterungstermins ist beim Orthopäden Dr. C. ein Gutachten eingeholt worden. Für den Sachverständigen - so dieser im Gutachten vom 25.04.2012 - seien die Angaben des Klägers, dass er bei dem geschilderten Ereignis im Krieg Erfrierungen im Bereich des Rückens erlitten habe, nicht glaubhaft. In erster Linie seien Erfrierungen an der Peripherie der Gliedmaßen und unbedeckten Körperstellen lokalisiert. Es hätte es zu einem Haut- und Muskelschaden über der Wirbelsäule kommen müssen, bevor überhaupt rein theoretisch die Wirbelsäule von lokaler Erfrierung betroffen gewesen wäre. Die beim Kläger radiologisch an der Wirbelsäule feststellbaren Veränderungen seien nicht mit einem Kälteschaden in Einklang zu bringen. Kältebedingte Gewebeschäden am Skelettsystem seien durch Destruktionen des knöchernen Skeletts bis hin zum Gewebeverfall zu erkennen; derartige Gesundheitsstörungen lägen an der Wirbelsäule des Klägers nicht vor. Im Hinblick auf lokale Gewebeschäden habe die Untersuchung ergeben, dass sowohl an den Fingern als auch an den Zehen keine narbigen oder sonstigen auf Erfrierung zu beziehenden Hautveränderungen zu verzeichnen seien. Der isolierte Befall der Wirbelsäule von Erfrierungen bei kompletter Verschonung der darüber liegenden Weichteile sowie vor allem auch der Hände, Füße und des Gesichts sei nicht vorstellbar.

Zur Kann-Versorgung befragt hat der Sachverständige mitgeteilt, dass in der medizinischen Wissenschaft bezüglich der allgemeinen Ursache der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen keine Ungewissheit bestehe. Die an der Wirbelsäule zu sehenden degenerativen Veränderungen seien teils metabolisch, teils altersbedingt.

Die Arbeit von P. - so der Sachverständige weiter - bestätige im Grunde, dass Erfrierungen nicht am Körperstamm, sondern an den Extremitäten aufträten. Dass Veränderungen an Finger- und Zehenknochen länger sichtbar bleiben würden als an den Weichteilen, sei kein Argument für einen Befall der Wirbelsäule. Die vorgelegte Arbeit über Erfrierungen beim Bergsteigen betreffe die Extremitäten und nicht die Wirbelsäule. Für die Theorie des Orthopäden E. spreche in der Literatur kein einziges Argument.

Das Gutachten ist den Bevollmächtigten des Klägers mit gerichtlichem Schreiben vom 22.05.2012, verbunden mit erläuternden Hinweisen des Berichterstatters und der Anregung, die Berufung zurückzunehmen, übersandt worden. Frist zur Stellungnahme ist bis zum 03.07.2012, auf Antrag der Bevollmächtigten des Klägers verlängert bis zum 20.08.2012 gesetzt worden.

Im Schreiben vom 08.08.2012 haben es die Bevollmächtigten des Klägers am Gutachten des Dr. C. als nicht nachvollziehbar beanstandet, dass Kälteschäden am Knochengerüst ohne entsprechende Haut- oder Muskelveränderungen nicht möglich sein sollten. Diese Behauptung sei durch die wissenschaftliche Publikation von P. widerlegt.

Mit Schreiben vom 06.11.2012 haben die Bevollmächtigten des Klägers die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die "Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie der technischen Universität C-Stadt" beantragt.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 07.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2011 zu verurteilen, dem Kläger Beschädigtenversorgung nach dem BVG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Versorgungs- und Schwerbehindertenakten des Beklagten und die Akten des Sozialgerichts Augsburg beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Mit Beschluss gemäß § 153 Abs. 5 SGG vom 19.10.2012 ist die Berufung dem Berichterstatter übertragen worden, so dass dieser zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden hat.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, beim Kläger eine Schädigungsfolge wegen dessen Dienstes in der deutschen Wehrmacht festzustellen und ihm Versorgung gemäß § 1 Abs. 1 BVG zu gewähren. Der Gerichtsbescheid vom 28.09.2011 ist nicht zu beanstanden.

Ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen den vom Kläger als Kriegsfolgen geltend gemachten Beschwerden an Wirbelsäule, Hüfte und Knie und dem von ihm geschilderten Ereignis im Winter 1944 lässt sich nicht herstellen.

1. Kein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen Wehrdienst und als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen

Ein Zusammenhang zwischen Wehrdienst und den als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen lässt sich nicht hinreichend wahrscheinlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG machen.

1.1. Allgemeines

Für die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge und damit die Berücksichtigung im Rahmen eines Versorgungsanspruchs gem. § 1 Abs. 1 BVG ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ein wahrscheinlicher Zusammenhang von Militärdienst und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen erforderlich.

Der Regelung des § 1 Abs. 1 BVG als Anspruchsgrundlage für einen Versorgungsanspruch liegt eine dreigliedrige Kausalkette zugrunde. Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang (1. Glied) muss zu einer primären Schädigung (2. Glied) geführt haben, die wiederum den als Schädigungsfolge geltend gemachten und jetzt vorliegenden Gesundheitsschaden (3. Glied), der auch als Versorgungsleiden bezeichnet wird, bedingt (vgl. Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage 1992, § 1 BVG, Rdnr. 61).

Die drei Glieder der Kausalkette müssen grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92).

Lediglich dann, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, also andere Beweismittel objektiv nicht vorhanden sind und daher ein unverschuldeter Beweisnotstand für den Antragsteller besteht, sind gemäß § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung in Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falls glaubhaft erscheinen. Voraussetzung ist dabei, dass die Anwendungsvoraussetzungen des § 15 KOVVfG, nämlich Beweisnotstand und Fehlen von Verschulden, im Vollbeweis erwiesen sind (vgl. Urteil des Senats vom 17.08.2011, Az.: L 15 VG 21/10). Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 13.12.1994, Az.: 9/9a RV 9/92) bei einer späten Antragstellung ein Verschulden im Raum steht, wenn kein Grund bestanden hat, den Antrag schon in einer Zeit zu stellen, als noch bessere Beweismöglichkeiten bestanden haben. Denn die Regelung des § 15 KOVVfG ist von dem Rechtsgedanken geprägt, dass Beweiserleichterungen nur solange und soweit gewährt werden können, wie sich der Antragsteller in einer kriegsbedingten Beweisnot befindet, für die die Allgemeinheit verantwortlich ist. Ist die Beweisnot hingegen im Wesentlichen nicht kriegsbedingt, sondern beruht sie auf dem Zeitablauf, dem damit verbundenen Wegfall der Beweismittel und der immer geringer werdenden Überzeugungskraft der noch vorhandenen Beweismittel, muss dies zu Lasten des Antragstellers gehen (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.1994, Az.: 9/9a RV 9/92). Ist eine kriegsbedingte Beweisnot nachgewiesen, ist nicht mehr der strenge Beweismaßstab des Vollbeweises zu erfüllen, sondern der weniger hohe Anforderungen stellende und im Sozialrecht mildeste (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B) Beweismaßstab der Glaubhaftmachung. Von einer Glaubhaftmachung ist dann auszugehen, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ("gute Möglichkeit") gegeben ist, dass ein bestimmter Sachverhalt so liegt, wie er behauptet wird (vgl. BSG, Beschluss vom 10.08.1989, Az.: 4 BA 94/89). Oder mit den Worten des BSG im Beschluss vom 08.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B: "Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, daß der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSGE 45, 9 ff; vgl. auch BSG SozR 5070 § 3 Nr. 1 und - unveröffentlichter - Beschluß vom 10. August 1989 - 4 BA 94/89). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muß nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muß den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen, und ist das Gericht grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung - § 128 Abs 1 Satz 1 SGG)."

Für den zweifachen ursächlichen Zusammenhang der drei Glieder der Kausalkette ist es gemäß § 1 Abs. 3 BVG hingegen erforderlich, dass dieser jeweils mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Danach ist jede Möglichkeit wahrscheinlich, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977, Az.: 10 RV 15/77). Oft wird diese Wahrscheinlichkeit auch als hinreichende Wahrscheinlichkeit bezeichnet, wobei das Wort "hinreichend" nur der Verdeutlichung dient (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 128, Rdnr. 3c). Nicht ausreichend ist dagegen eine bloße - abstrakte oder konkrete - Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1968, Az.: 9 RV 610/66).

Eine - noch weiter als die aufgezeigten Beweiserleichterungen gehende - Beweislastumkehr, wie sie der Bevollmächtigte des Klägers für den Kläger beansprucht, ist dem Versorgungsrecht fremd. Dies hat das BSG explizit sogar für den - für eine Beweislastumkehr viel näher liegenden - Fall, dass ein Beweisnotstand auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder gar auf einer Beweisvereitelung durch denjenigen beruht, dem die Unerweislichkeit der Tatsachen zum prozessualen Vorteil gereicht, festgestellt (vgl. BSG, Beschluss vom 04.02.1998, Az.: B 2 U 304/97 B - m.w.N.).

1.2. Zum konkreten Fall

Ausgehend von diesen Grundsätzen können die vom Kläger als Kriegsfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden. Dabei stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die äußerst ausführlichen und alle Aspekte beleuchtenden Äußerungen des vom Senat beauftragten besonders erfahrenen Sachverständigen Dr. C. zur Beurteilung des Gesundheitszustand des Klägers insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kausalität, die durchweg überzeugend und schlüssig sind. Der Senat macht sich diese gutachterlichen Feststellungen zu eigen.

Dahingestellt bleiben kann, ob die ersten beiden Glieder der Kausalkette, nämlich ein mit dem Wehrdienst zusammenhängende schädigender Vorgang (1. Glied) und insbesondere die primäre Schädigung (2. Glied) in dem dafür erforderlichen Beweismaßstab nachgewiesen sind. Denn jedenfalls fehlt es an einem hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem geltend gemachten jetzt vorliegenden Gesundheitsschaden (3. Glied).

Der beim Kläger vorliegende Gesundheitsschaden an Wirbelsäule, Hüfte und Knie ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. C., die sich der Senat zu eigen macht, typisch für schwere Stoffwechselveränderungen. Wie die radiologischen Befunde zeigen, handelt es sich bei den an der Wirbelsäule feststellbaren Veränderungen um eine sogenannte Spondylopathia hyperostotica (auch Morbus Forestier genannt), die sich in Form von generalisierten Knochenspangen manifestiert. Örtliche Gewebeschäden am Skelettsystem, wie sie sich als Folge von Erfrierungen ergeben könnten, sind im Gegensatz dazu durch Destruktionen des knöchernen Skeletts bis hin zum Gewebeverfall zu erkennen. Derartige kältebedingte Veränderungen liegen an der Wirbelsäule des Klägers nicht vor. Zudem spricht auch die Tatsache, dass zahlreiche weitere Körpergelenke (Schultern, Hand-, Finger-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenke) von Funktionsstörungen betroffen sind, dafür, dass die an der Wirbelsäule radiologisch abgebildeten Verschleißerscheinungen im Rahmen eines allgemeinen Degenerationsprozesses entstanden sind. Dass erfrierungs- oder kältebedingte Schäden beim Kläger nicht vorliegen, hat auch die Untersuchung des Sachverständigen auf lokale Gewebeschäden ergeben. Sowohl an den Fingern als auch an den Zehen, die typischerweise primär von einer Erfrierung betroffen sind, sind Hautveränderungen zu verzeichnen, die auf einen Erfrierungsschaden hindeuten würden. Auch die Haut und das Gewebe über der Wirbelsäule sind vollständig intakt. Dies widerlegt die Vermutung des Klägers, dass durch Erfrierungen Knochengewebe der Wirbelsäule und/oder Bandscheiben geschädigt worden wären. Denn dass unter vollständiger Umgehung der über der Wirbelsäule liegenden Haut- und Muskelregionen nur Bandscheiben und Knochengewebe von Kälteschäden befallen worden wären, ist medizinisch nicht vorstellbar, wie der Sachverständige überzeugend festgestellt hat. Ein Zusammenhang zwischen Kälteeinwirkung und geltend gemachten Schäden ist daher nicht wahrscheinlich.

Darauf, dass angesichts der Ausführungen des Sachverständigen und auch des behandelnden Orthopäden, der wie der Gutachter darauf hingewiesen hat, dass bei einer längeren Kälteexposition vorrangig die Körperkerntemperatur konstant gehalten und daher der Kreislauf zentralisiert wird, erhebliche Zweifel an der Glaubhaftmachung eines Erfrierungsschadens an der Wirbelsäule durch die Angaben des Klägers im Sinn des § 15 KOVVfG bestehen, kommt es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht mehr an. Dahingestellt bleiben kann auch, ob im vorliegenden Fall die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG überhaupt zur Anwendung kommen kann oder ob die Beweisprobleme durch die späte Antragstellung (mit-)bedingt sind. Aus demselben Grund, nämlicher der fehlenden Entscheidungsrelevanz, war auch eine Anhörung des vom Kläger angebotenen - und zwischenzeitlich verstorbenen - Zeugen Sch. nicht erforderlich. Ganz abgesehen davon, dass dieser als nicht sachverständiger Zeuge aller Wahrscheinlichkeit nach keine genaueren Angaben zur medizinischen Ausprägung des vom Kläger behaupteten Erfrierungsschadens hätte machen können, hätte er allenfalls Angaben zu den ersten beiden Gliedern der Kausalkette machen können. Da aber die Anerkennung als Schädigungsfolge auch bei einer Bestätigung des klägerischen Vortrags durch den Zeugen an der fehlenden Kausalität zwischen zweitem und dritten Glied der Kausalkette scheitert, war die Zeugenvernehmung im Rahmen der Amtsermittlungspflicht verzichtbar, da es auf die Zeugenaussage zum schädigenden Vorgang und Primärschaden nicht ankommt und der geltend gemachte Anspruch auch bei Unterstellung der zu beweisenden Tatsache als wahr wegen der fehlenden Kausalität scheitern muss.

Weder aus dem vom Kläger beigebrachten fast 100 Jahre alten Aufsatz des Hautarztes Dr. P., der auf bloß vier Seiten die Beobachtungen bei nur 14 Fällen von Erfrierungen beschrieben hat und dessen wissenschaftliche Qualität daher schon wegen des Umfangs der Ausführungen und der Menge des zugrunde gelegten Patientenmaterials zweifelhaft ist, noch aus der Veröffentlichung zu "Erfrierungen beim Bergsteigen" aus dem Jahr 1997, die allein Erfrierungen an den Extremitäten erörtert, lässt sich irgendetwas ableiten, was für einen Zusammenhang der beim Kläger vorliegenden Veränderungen mit einer Kälteeinwirkung im Krieg sprechen würde. Ein Befall der Wirbelsäule ist in beiden Veröffentlichungen nicht beschrieben. Vielmehr beschäftigen sich diese mit Erfrierungen an den Extremitäten, wie sie bei erheblicher Kälteexposition infolge der Zentralisierung des Kreislaufes auftreten. Darauf, ob der Artikel des Hautarztes Dr. P. grundsätzlich für die Beurteilung von Erfrierungen verwertbare Erkenntnisse enthält, kommt es daher vorliegend überhaupt nicht an.

Wenn die behandelnden Ärzte des Klägers diesen bei der Verfolgung seines Klagebegehrens durch entsprechende Atteste unterstützen, lassen sich daraus keine verwertbaren Überlegungen entnehmen. Denn diese Ärzte stellen die Annahme eines Zusammenhangs auf, ohne sich auch nur ansatzweise mit dem beim Kläger vorliegenden Schadensbild im Konkreten auseinanderzusetzen. Vielmehr legen sie ungeprüft Angaben des Klägers als Tatsachen zugrunde und stützen sich auf allgemeine Ausführungen zu den Risikofaktoren für Erfrierungen, ohne der Frage näher nachzugehen, ob beim Kläger aus medizinischer Sicht Veränderungen vorliegen, die auf eine stattgehabte Erfrierung hindeuten könnten. Der Senat kann es daher gut nachvollziehen, wenn der versorgungsärztliche Dienst es - wohl unter berufsrechtlichen und möglicherweise auch strafrechtlichen Gesichtspunkten - für vorsichtig formuliert "bedenklich" hält, "wenn ärztliche Kollegen Auftragsatteste ... erstellen."

2. Kein Zusammenhang zwischen Wehrdienst und als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen nach den Grundsätzen der sogenannten Kann-Versorgung

Auch unter dem Gesichtspunkt der Kann-Versorgung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG lässt sich ein Zusammenhang zwischen Wehrdienst und den als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht herstellen.

Eine Kann-Versorgung scheitert schon daran, dass über die Ursache der beim Kläger vorliegenden Leiden in der medizinischen Wissenschaft keine Ungewissheit besteht. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG trägt nicht allgemeinen Beweisschwierigkeiten bei der Sammlung von Tatsachen Rechnung (vgl. Urteil des Senats vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10). Die Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft darf nicht auf mangelnde Tatsachenfeststellungen im konkreten Fall zurückzuführen sein, sondern es muss sich um eine wissenschaftliche Unsicherheit genereller Art handeln, die allein die Ursächlichkeit betrifft (vgl. BSG, Beschluss vom 11.09.1991, Az.: 9a BV 147/90). Eine derartige Ungewissheit gibt es bei der Beurteilung von Gesundheitsstörungen, wie sie beim Kläger vorliegen, nicht. Der gerichtliche Gutachter Dr. C. hat nachvollziehbar erläutert, dass bezüglich der allgemeinen Ursache der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen keine Ungewissheit besteht. Veränderungen an der Wirbelsäule, wie sie auch beim Kläger zu sehen sind, sind teils metabolisch, teils altersbedingt.

3. Kein Gutachten gemäß § 109 SGG

Ein Gutachten gemäß § 109 SGG war nicht einzuholen.

In Ansehung der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 06.07.1971, Az.: 9 RV 88/71) und der Tatsache, dass der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2013 trotz entsprechender Nachfrage des Senats sich nicht explizit dazu hat erklären wollen, ob er den Antrag gemäß § 109 SGG aufrecht erhalte oder zurücknehme, hat der Senat über die Ablehnung des Antrags gemäß § 109 SGG in den Urteilsgründen zu entscheiden.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat innerhalb der vom Gericht mit Schreiben vom 22.05.2012 zunächst auf den 03.07.2012 gesetzten und auf Bitten des Bevollmächtigten bis zum 20.08.2012 verlängerten Frist keinen Antrag gemäß § 109 SGG gestellt. Sofern der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 06.11.2011 beantragt hat, bei der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie der Technischen Universität C-Stadt ein Gutachten einzuholen, ist dieser Antrag gemäß § 109 Abs. 2 SGG aus mehreren Gründen abzulehnen.

Zum einen handelt es sich bereits nicht einmal um einen ordnungsgemäßen Antrag gemäß § 109 SGG. Denn ein ordnungsmäßiger Antrag liegt nur vor, wenn der Antragsteller die gutachtliche Anhörung eines namentlich bestimmten oder zumindest bestimmbaren Arztes beantragt (vgl. BSG, Urteil vom 04.11.1959, Az.: 9 RV 862/56; Keller, a.a.O., § 109, Rdnr. 4). Der Bevollmächtige des Klägers hat keinen Arzt namentlich benannt, sondern nur die Einholung eines Gutachtens bei einer bestimmten Klinik beantragt. Aus der Angabe der Klinik lässt sich aber kein bestimmbarer Name eines Arztes ableiten, der mit dem Gutachten beauftragt werden sollte. In der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie der Technischen Universität C-Stadt arbeiten zahlreiche Ärzte. So sind im Internetauftritt dieser Klinik neben dem ärztlichen Direktor allein sieben Oberärzte genannt (Stand 31.01.2013), ohne dass die in der Klinik beschäftigten Assistenzärzte berücksichtigt wären. Welcher dieser vielen Ärzte das Gutachten hätte erstellen sollen, ist nicht ersichtlich, da der Bevollmächtigte des Klägers dazu keinerlei weiteren Angaben (z.B. "Chefarzt der Klinik ...") gemacht hat, die es ermöglicht hätten, einen bestimmten Arzt als gewünschten Sachverständigen zu ermitteln.

Zum anderen wäre der Antrag auch deshalb gemäß § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen, da eine Zulassung des Antrags die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte und der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Eine Terminierung wie erfolgt am 31.01.2013 wäre bei Einholung eines weiteren Gutachtens in Anbetracht der für die Erstellung eines Gutachtens erforderlichen Zeit nicht möglich gewesen. Der Bevollmächtigte hat den Antrag gemäß § 109 SGG - dahingestellt bleiben kann hier, dass der Antrag nicht ordnungsgemäß gestellt wurde - aus grober Nachlässigkeit verspätet gestellt. Grobe Nachlässigkeit ist das Verabsäumen jeder prozessualen Sorgfalt. Als der Bevollmächtige aus dem gerichtlichen Schreiben vom 22.05.2012, das mit einer - großzügig auf fast drei (!) Monate verlängerten - Fristsetzung zur Stellungnahme verbunden war, erkennen konnte, dass der Senat die von Amts wegen anzustellenden Ermittlungen als abgeschlossen ansah, hätte sich für ihn die Verpflichtung ergeben, den Antrag gemäß § 109 SGG ohne weiteres Abwarten, zumindest in der mehr als ausreichend langen vom Gericht gesetzten Frist zu stellen, weil anderenfalls das Gericht wegen Spruchreife des Rechtsstreits das Urteil zu fällen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 10.06.1958, Az.: 9 RV 836/55).

Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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