Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 120/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1971/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23.02.2012 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 bei der Klägerin zu 2) im Rahmen eines versicherungspflichtigen, abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Die Klägerin zu 2) wurde als GmbH durch Gesellschaftsvertrag vom 13.01.2009 gegründet. Am 10.02.2009 erfolgte die Eintragung ins Handelsregister des Amtsgericht U. unter der Nr. HBR ... Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb des gastronomischen Bereichs der O. R., das Eventcatering in Firmen und Orten, die Vermietung von Veranstaltungsequipment, Vermietung von Servicepersonal sowie die Vornahme aller Geschäfte, die mit dem Unternehmenszweck zusammenhängen (§ 2 des Gesellschaftsvertrags). Das Stammkapital beträgt 30.000,00 Euro. Hiervon haben der Koch J. F. 18.000,00 Euro (= 60%), die Hotelfachfrau C. M. F. 9.000,00 Euro (= 30%) und der Kläger zu 1), ebenfalls Koch, 3.000,00 Euro (= 10%) übernommen. Beschlüsse der Gesellschaft werden nach dem Gesellschaftsvertrag vom 13.01.2009 mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst (§ 10 GesV). Je 100 Euro eines Geschäftsanteils geben eine Stimme (§ 7 GesV). Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder einen Geschäftsführer mit einem Prokuristen vertreten (§ 5 GesV). Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.01.2009 wurden alle drei Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt.
Am 13.01.2009 wurde ein Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin zu 2) und dem Kläger zu 1) geschlossen (Bl 2 Verwaltungsakte). Danach richtet sich die Arbeitszeit des Klägers zu 1) nach den betrieblichen Erfordernissen, sie ist von ihm in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten. Die Befugnis des Klägers zu 1) umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Für darüber hinausgehende Maßnahmen bedarf er der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Er ist von der Beschränkung des § 181 BGB befreit und erhält nach § 9 des Anstellungsvertrags für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt in Höhe von 3.795 Euro, ab dem zweiten Beschäftigungsjahr eine Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld, zudem eine Tantieme. Er hat Anspruch auf ein Dienstfahrzeug, freie Kost als Sachbezug und "eine U-Kasse in Beitragshöhe von monatlich 350,00 EUR" sowie "die Altersvorsorge aus der F. Gastronomie GmbH mit einem Monatsbeitrag von 212,00 EUR". Weiter ist in dem genannten Vertrag geregelt, dass im Fall der Erkrankung oder sonstiger vom Kläger unverschuldeter Dienstverhinderung ein Anspruch für die Dauer von 6 Wochen auf Fortzahlung seiner Bezüge besteht (§ 10 Anstellungsvertrag). Der Geschäftsführer hat einen Anspruch auf Jahresurlaub von 24 Tagen (§ 12 Anstellungsvertrag).
Die neue bkk bat die Beklagte mit Schreiben vom 30.01.2009 um eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Tätigkeit des Klägers zu 1).
Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung seiner Tätigkeit machte der Kläger zu 1) unter dem 17.02.2009 umfangreiche Angaben, die unterschriftlich für die Klägerin zu 2) auch von den beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführern als richtig bestätigt wurden (Bl 10 ff Verwaltungsakte). Vor der Errichtung der GmbH habe keine andere Firma bestanden. Vorher sei er als Koch und Catering-Leiter abhängig beschäftigt gewesen. Er habe den Beruf des Küchenmeisters erlernt. Er verfüge nicht als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Seine Tätigkeit sei nicht durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu den anderen Gesellschaftern geprägt. Er halte 10% der Anteile der GmbH. Es sei bei Abstimmungen eine qualifizierte Mehrheit von 66% erforderlich. Er sei nicht weisungsabhängig hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit. Er habe der GmbH ein Darlehen über 10.000 Euro gewährt. Nach außen werde die GmbH von ihm vertreten, er sei für das operative Geschäft zuständig. Er erhalte Lohn und Tantiemen. Die Vergütung werde im Fall der Arbeitsunfähigkeit maximal sechs Wochen weitergezahlt. Von einem Stimmbindungs- oder geändertem Geschäftsführervertrag des Klägers zu 1) war in diesen eigenen Angaben keine Rede.
Mit zwei Schreiben vom 19.02.2009 hörte die Beklagte den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) zur beabsichtigten Feststellung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 01.02.2009 an.
Der Kläger trug hierauf mit Schreiben vom 20.03.2009 – von den beiden Mitgesellschafter-Geschäftsführern mitunterzeichnet - vor, dass sein Anteil am Stammkapital zwar nur 10% betrage, er aber für das operative Geschäft allein zuständig sei und in der Gesellschafterversammlung mit einem weiteren Gesellschafter alle maßgeblichen Entscheidungen beeinflussen könne. Er verfüge selbstverständlich nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse, aber nur er verfüge über den notwendigen zeitlichen Spielraum, um sich vollumfänglich um den Betrieb zu kümmern. Die weiteren Geschäftsführer hätten aufgrund anderer Tätigkeiten keine Zeit sich vollumfänglich um die F. Event Catering Service GmbH zu kümmern. Sie erhielten auch einen geringeren Geschäftsführerlohn. Er habe vier Jahre als angestellter Cateringleiter das Cateringgeschäft maßgeblich mit aufgebaut und nun die Gelegenheit bekommen, sich zu beteiligen.
Es wurden außerdem Änderungen der Geschäftsführerverträge aller drei Geschäftsführer vorgelegt (Bl 32 Verwaltungsakte), die durch Gesellschafterbeschluss vom 18.03.2009 vorgenommen worden seien. Danach gibt es insbesondere keinen festen Urlaubsanspruch und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mehr. Jeder Geschäftsführer muss hierfür selbst Sorge tragen. Dem Kläger zu 1) wird außerdem das Recht eingeräumt, alle notwendigen Maßnahmen für die Führung des operativen Geschäfts alleine und ohne Rücksprache mit der Gesellschaft zu entscheiden.
Von einem Stimmbindungs- oder nochmals geändertem Geschäftsführervertrag des Klägers zu 1) war im eigenen Vortrag der Kläger zu 1) und 2) im Rahmen der Anhörung keine Rede.
Mit zwei Bescheiden vom 05.05.2009 (Bl 35/37 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) fest, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.02.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und daher dem Grunde nach versicherungspflichtig beschäftigt sei. Beschlüsse der Klägerin zu 2) würden mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile. Der Kläger sei nur mit 10% (3.000 Euro) an der Gesellschaft beteiligt. Er habe nicht die Möglichkeit, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen, weiterhin könne er aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw Sperrminoritäten keine Entscheidung zu Gunsten seines Mitarbeiterverhältnisses verhindern. Derartige Rechte seien ihm nicht eingeräumt worden. Es werde für die Geschäftsführertätigkeit eine feste Vergütung gezahlt. Der Kläger zu 1) verfüge nach eigenen Angaben auch nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse. Die Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB sowie die Alleinvertretungsberechtigung seien lediglich Indizien für eine selbständige Tätigkeit, nach Gesamtwürdigung aller Umstände führten diese jedoch nicht zu der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne noch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Sofern tatsächlich maßgeblicher Einfluss bestünde, müsse dieser entsprechend Niederschlag im Gesellschaftsvertrag finden. Auch das nachträgliche Entfallen von vertraglichen Regelungen über Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Die Aufnahme entsprechender Regelung gehöre nicht zu den Voraussetzungen für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Es sei vielmehr so, dass bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses Urlaubsfortzahlungsansprüche und Lohnfortzahlungsansprüche gesetzlich entstünden.
Mit Schreiben vom 29.06.2009 (Bl 40 Verwaltungsakte) beantragte der Bevollmächtigte der Kläger zu 1) und 2) "den Bescheid vom 05.05.2009" nach § 44 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu überprüfen. Es sei Mitteilung über einen Änderungstatbestand zu machen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer F. und der Kläger zu 1) hätten mit einer Abstimmungsvereinbarung mit Wirkung zum 01.02.2009 vereinbart, dass der Kläger zu 1) ein "wirtschaftliches Vetorecht" in der Gesellschafterversammlung haben solle. Ferner sei zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer F. und dem Kläger zu 1) vereinbart worden, dass Gesellschafterbeschlüsse nur mit Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam würden. Der Gesellschafter, Herr F., verpflichte sich daher, sein Stimmrecht in der Gesellschafteersammlung nicht gegen das Votum des Geschäftsführers auszuüben. Gesellschafterbeschlüsse würden erst mit Zustimmung des Geschäftsführers wirksam. Nach dem allseitigen Willen der Parteien solle diese Vereinbarung mit Wirkung zum 13.01.2009 in Kraft treten. Aufgrund dieses Stimmbindungsvertrages sei der Kläger zu 1) in der Lage, 70% der Geschäftsanteile in der Gesellschaftsversammlung zu vertreten. Damit verfüge er über ein Vetorecht in der Gesellschafterversammlung und könne jede unliebsame Entscheidung der Gesellschaft verhindern. Vorgelegt wurde zunächst in Mehrfertigung ein weder datiertes noch unterzeichnetes Exemplar der angeblichen Vereinbarung (Bl 48 Verwaltungsakte), später eine Mehrfertigung einer auf den 30.01.2009 datierten und unterzeichneten Vereinbarung (Bl 66 Verwaltungsakte). Außerdem sei der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ebenfalls bereits am 30.01.2009 zum 01.02.2009 dahin geändert worden, dass der Kläger zu 1) ausdrücklich nicht mehr den Weisungen der Gesellschaftersammlung unterliege (vgl den in Mehrfertigung vorgelegten, auf den 30.01.2009 datierten Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, Bl 68 Verwaltungsakte). Darüber wurde nunmehr vorgetragen, dass der Kläger zu 1) als einziger über das zur Führung des Unternehmens notwendige Know-how verfüge und als Gründungsmitglied Kopf und Seele des Unternehmens sei. Sein Festgehalt sei im Hinblick auf die von ihm geleistete Tätigkeit unangemessen niedrig und hänge zum größten Teil vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab, indem er Tantiemenbezüge erhalte.
Die Beklagte lehnte mit zwei Bescheiden vom 15.10.2009, gerichtet an den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) den Überprüfungsantrag ab. Die eingereichten Unterlagen seien nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung zu treffen. Man habe erst nach Bescheiderteilung die Abstimmungsvereinbarung über die Begründung eines schriftlichen Vetorechts eingereicht. Die vorgetragene Stimmbindung finde auch keinen Niederschlag im Handelsregister.
Mit dem hiergegen am 28.10.2009 erhobenen Widerspruch trugen die Kläger vor, es sei beabsichtigt, ein Vetorecht zu Gunsten des Klägers zu 1) auch in der Satzung zu verankern. Im Übrigen bedürfe ein Stimmbindungsvertrag nicht der notariellen Form. Mit Schreiben vom 23.11.2009 legten die Kläger die entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags nach Gesellschafterbeschluss vom 01.11.2009 vor (Bl 105 ff Verwaltungsakte) und beantragten, den Fall erneut der Clearingstelle zu übergeben. Am 10.12.2009 legten die Kläger Unterlagen über eine am 03.12.2009 notarielle Änderung des Gesellschaftsvertrages vor. Danach wurde § 9 des Gesellschaftvertrages um einen Absatz 6 erweitert, worin geregelt wurde, dass folgende Beschlüsse nur mit der Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam würden: "Bestellung und Abberufung des Herrn S. als Geschäftsführer, hiervon ausgenommen ist die Abberufung aus wichtigem Grunde, diese ist auch ohne Zustimmung des Herrn S. zulässig; alle die Satzung ändernden Beschlüsse; alle Gesellschafterbeschlüsse, die unmittelbare Weisungen an den Geschäftsführer Herrn S. enthalten oder Gesellschafterbeschlüsse mit Weisungen an die oder den Geschäftsführer der Gesellschaft, welche zu Weisungen an Herrn S. führen sowie Beschlüsse über Geschäftsvorgänge, deren Gegenstandswert im Einzelfall 50.0000,00 EUR übersteigen." Dieser Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde am 10.12.2009 im Handelsregister eingetragen.
Die Widersprüche wurden von der Beklagten mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 14.12.2009 als unbegründet zurückgewiesen (Bl 95/99 Verwaltungsakte).
Hiergegen haben die Kläger zu 1 und 2) am 18.01.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, dass der Kläger zu 1) das Sagen in der GmbH haben solle.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Änderungsbescheid vom 08.06.2011 gegenüber dem Kläger zu 1) vorgelegt, der die Zeiträume konkretisiert und mitgeteilt, dass ein entsprechender Bescheid gegenüber der Klägerin zu 2) ergangen sei. Danach bestehe in der vom Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (Bl 16 SG-Akte). Die Beklagte hat außerdem mitgeteilt, dass sie mit einem weiteren Bescheiden vom 09.03.2010 festgestellt habe, dass der Kläger zu 1) aufgrund der Änderung des Gesellschaftsvertrages ab 10.12.2009 eine selbständige Tätigkeit ausübe. Für den streitbefangenen Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 bleibe die Beklagte bei ihrer Rechtsauffassung.
Mit Urteil vom 23.02.2012 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die Bescheide vom 08.06.2011 seien nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X würden nicht vorliegen. Der Kläger zu 1) sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin zu 2) abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung gewesen.
Hiergegen haben die Kläger zu 1) und zu 2) am 10.05.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Kläger zu 1) sei Kopf und Seele des Unternehmens und verfüge als Einziger über das zur Führung des Unternehmens notwendige Know-how. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit alles selbst entscheiden könne und dass er das Unternehmen maßgeblich mit aufgebaut habe. Entscheidend sei vorliegend, dass mittels Abstimmungsvertrag vom 30.01.2009 zwischen dem Kläger zu 1) und dem Gesellschafter F. vereinbart worden sei, dass der Kläger zu 1) ein Vetorecht in der Gesellschafterversammlung habe und dass Gesellschafterbeschlüsse nur mit Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam seien.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2012 und die Bescheide der Beklagten vom 15.10.2009 in der Gestalt der Widerspruchbescheide vom 14.12.2009 und die Bescheide vom 08.06.2011 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 05.05.2009 zurückzunehmen und festzustellen, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 01.02.2009, hilfsweise vom 19.03.2009 bis 09.12.2009 nicht im Rahmen eines abhängen Beschäftigungsverhältnis sondern versicherungsfrei ausübt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie nimmt auf die Begründungen ihrer Bescheide und auf die Begründung im Urteil des SG Bezug. Die Stimmbindungsvereinbarung sei nicht entscheidungserheblich, da ein außerhalb der Satzung geschlossener Vertrag nur schuldrechtliche Wirkung entfalte. Gerade in Konfliktfällen bestehe daher für jede Partei die Möglichkeit, einer vereinbarten Einstimmigkeit nicht nachzukommen. Falls - wie vorliegend – zwei widersprechende Regelungen (Satzung und Stimmbindungsvertrag) existierten, gelte generell, dass die satzungsmäßige Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, zumal die Satzung und nicht der Stimmbindungsvertrag zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden seien.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Im Erörterungstermin vom 05.10.2012 hat der Gesellschafter F. über die Vorgeschichte der Klägerin zu 2) berichtet. Bei den beiden Vorgänger GmbHs (F. Gastronomie GmbH für das K. F. und F. S. GmbH) sei der Kläger zu 1) als Koch angestellt gewesen. Aufgrund des gestiegenen Geschäftsaufkommens sei entschieden worden, dass eine neue GmbH gegründet werde und der Kläger zu 1) mit einsteige. Im Januar 2009 seien die Gesellschaftsverträge geschlossen worden. Beim Geschäftsführervertrag habe man sich nicht anwaltlich beraten lassen, sondern alte Verträge genommen, die man schon gehabt habe. Nach dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 19.02.2009 sei man sich der sozialversicherungsrechtlichen Problematik bewusst geworden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 04.06.2013 sind die AOK Baden-Württemberg sowie die dortige Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit gem §§ 75, Abs 2, 106 Abs 3 Nr 6 iVm § 153 Abs 1 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger sind statthaft und zulässig aber unbegründet.
Die Änderungsbescheide vom 08.06.2011 sind nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Sie haben die Bescheide vom 15.10.2009 und 05.05.2009 entsprechend der Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) abgeändert und festgestellt, dass der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 09.12.2009 abhängig beschäftigt und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Dadurch sind die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das BSG in seiner neueren Rechtsprechung (Urt v 11.03.2009, B 12 R 11/07 R) aufgestellt hat und denen die Bescheide vom 05.05.2009 nicht vollständig genügten, weil diese eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach" und ohne zeitliche Konkretisierung enthielten.
Streitgegenständlich ist damit noch der Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 09.12.2009, da die Beklagte ausweislich des Bescheides vom 09.03.2010 ab dem 10.12.2009 (Eintrag der Änderung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister) eine selbständige Tätigkeit angenommen hat.
Die Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der Bescheide vom 05.05.2009 liegen nicht vor, da diese in der jeweils konkretisierten Fassung vom 08.06.2011 rechtmäßig sind.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Diese Norm ist vorliegend nicht einschlägig, da es weder um zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen geht, noch Beiträge erhoben wurden. Mit den Bescheiden vom 05.05.2009 wurde Versicherungspflicht festgestellt; hierauf findet § 44 Abs 1 S 1 SGB X keine Anwendung (Hessisches LSG 15.03.2010, L 1 KR 47/08 = juris Rn 33).
Im Übrigen ist nach § 44 Abs 2 S 1 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs 2 S 2 SGB X).
Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Bescheide vom 05.05.2009 in der konkretisierten Fassung durch die Bescheide vom 08.06.2011 rechtmäßig sind. Bis zum 09.12.2009 war der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (st Rspr des BSG seit mindestens 2008, vgl auch hierzu BSG 29.08.2012, aaO).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) im Rahmen einer Beschäftigung oder selbständig ausgeübt wurde, ist der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 13.01.2009 (Bl 2 ff Verwaltungsakte). Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats eindeutig, dass der Kläger zu 1) als abhängig Beschäftigter in leitender Position tätig werden sollte und tätig war. Bereits die Formulierung in der Präambel des Anstellungsvertrags, wonach sich die Arbeitszeit des Klägers zu 1) "nach den betrieblichen Erfordernissen" richtet, zeigt, dass der Kläger zu 1) eine fremdbestimmte Tätigkeit ausgeübt hat. Ein Weisungsrecht ist dem Kläger zu 1) nicht eingeräumt worden, sondern es ist im Gegenteil ausdrücklich geregelt, dass er den Weisungen der Gesellschafter-Versammlung Folge zu leisten hat (§ 1 Nr. 2 GesV). Das BSG hat in der zitierten Rechtsprechung deutlich gemacht, dass gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet werden, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ein solcher Sachverhalt ist auch hier gegeben. Auch weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (so BSG 29.08.2012, aaO). Der Kläger zu 1) hatte ausweislich des Anstellungsvertrages außerdem Anspruch auf betriebliche Unfall- und Altersversorgung entsprechend seinem bisherigen Angestelltenverhältnis bei der F. Gastronomie GmbH.
Das BSG, dem der Senat folgt, hat auch bereits mehrfach entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft auch im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse und der Regelung im Anstellungsvertrag vom 13.01.2009, wonach der Kläger zu 1) an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden ist, ist dies offensichtlich nicht der Fall gewesen. Das SG hat dies zutreffend ausgeführt, der Senat nimmt hierauf Bezug. Bestätigt wird dies auch durch die Vorgeschichte der Klägerin zu 2). Die beiden Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer führten 2 GmbHs, bei denen der Kläger zu 1) als Koch angestellt war. Ihm sollte die Möglichkeit gegeben werden, in das Geschäft "einzusteigen". Es kann daher zur Überzeugung des Senats keine Rede davon sein, dass allein der Kläger zu 1) maßgeblich Bescheid über den Geschäftsbetrieb wusste. Den Erstangaben des Klägers zu 1) misst der Senat einen wesentlich höheren Wahrheitsgehalt zu als den später deutlich abgeänderten Angaben.
Der Kläger zu 1) hat im Februar 2009 selbst mitgeteilt, er verfüge nicht als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Er halte 10% der Anteile der GmbH. Es sei bei Abstimmungen eine qualifizierte Mehrheit von 66% erforderlich. Die Vergütung werde im Fall der Arbeitsunfähigkeit maximal sechs Wochen weitergezahlt. Dies spricht alles für eine abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung. Dass er neben dem von ihm als "Lohn" bezeichneten monatlichen Festgehalt nebst einem weiteren Monatsgehalt für Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch eine erfolgsabhängige Tantieme bekommen haben mag, fällt angesichts des Gesamtbilds nicht entscheidend ins Gewicht, zumal das BSG auch insofern bereits entschieden hat, dass eine Jahressonderprämie Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20, Rn 17).
Zu keiner anderen Beurteilung führt eine erstmals im Widerspruchsverfahren vorgelegte Vereinbarung, wonach der Kläger zu 1) ein "wirtschaftliches Vetorecht" erhalten solle, und Herr F. sich verpflichte, sein Stimmrecht in der Gesellschaftsversammlung nicht gegen das Votum des Klägers zu 1) auszuüben. Im Gegensatz zum SG lässt der Senat nicht dahinstehen, wann diese auf den 30.01.2009 datierte Vereinbarung geschlossen wurde, sondern weist darauf hin, dass der Inhalt dieser Vereinbarung und des angeblich zeitgleich geänderten Anstellungsvertrags nicht im Einklang mit den Angaben des Klägers zu 1) im Rahmen des Feststellungs- und späteren Anhörungsverfahrens steht und es Sache der Klägerseite gewesen wäre, einmal klipp und klar darzutun, weshalb man diese auf den 30.01.2009 datierten Vereinbarungen, die man nun als "entscheidend" für das Verfahren bezeichnet, nie erwähnt geschweige denn vorgelegt hat, als es darauf ankam. Der Senat kann sich – zurückhaltend formuliert – nicht davon überzeugen, dass diese Vereinbarungen im Januar 2009 geschlossen wurden, wie von der Klägerseite behauptet.
Im Übrigen hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass zunächst nur ein Exemplar des angeblich im Januar 2009 geschlossenen Stimmbindungsvertrags ohne Unterschriften und Datum sodann eine lediglich von Herrn F. und dem Kläger zu 1) unterzeichnete Vereinbarung vorgelegt wurde. Eine Unterzeichnung durch die Gesellschafterin Frau F. liegt nicht vor. Ein wirksamer Gesellschafterbeschluss oder eine Billigung durch die Gesellschafterversammlung zum behaupteten Zeitpunkt 30.01.2009 ist auch nicht nachgewiesen. Ein Gesellschafterbeschluss ist erst am 03.12.2009 erfolgt (Bl 105 ff Verwaltungsakte) und erst am 10.12.2009 wurde die entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beklagten nachgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 05.11.2013 konnten der Kläger und Herr F. keine genauen Angaben mehr machen, wann der Stimmbindungsvertrag unterzeichnet wurde. Unklar ist schließlich auch, was ein "wirtschaftliches Vetorecht" bedeuten soll. Dies kann aber offen bleiben, nachdem eine Vereinbarung am 30.01.2009 nicht bewiesen ist. Außerdem wirken Stimmbindungsvereinbarungen der Gesellschaft untereinander nur zwischen den Vertragspartnern (inter partes), so dass bindungswidrig abgegebene Stimmen gültig sind und bleiben (OLG Köln 25.07.2002, 18 U 60/02, juris)
Auch die ebenfalls zu einem – wiederum zurückhaltend formuliert - unklaren Zeitpunkt vorgenommenen Änderungen des Geschäftsführervertrages, wonach kein Urlaubsanspruch und keine Lohnfortzahlung mehr bestehen, führen zu keinem anderen Ergebnis, denn der Kläger zu 1) hat im Zuge des Feststellungsverfahrens noch selbst darauf hingewiesen, dass er im Krankheitsfall bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung erhalte. Wäre es zu diesem Zeitpunkt anders gewesen, hätte er andere Angaben gemacht. Auch insoweit ist die vorgenommene Datierung auf den 30.01.2009 mehr als fragwürdig und es ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, dass die Änderungen im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich erfolgt und durchgeführt worden sind.
Nach alledem bleibt erst die am 10.12.2009 tatsächlich nachgewiesene Änderung des Gesellschaftsvertrags als zeitlicher Anknüpfungspunkt maßgeblich. Dieser Änderung hat die Beklagte bereits Rechnung getragen, außerhalb des vorliegend noch streitgegenständlichen Zeitraums. Die Klagen und die Berufungen können daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 bei der Klägerin zu 2) im Rahmen eines versicherungspflichtigen, abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Die Klägerin zu 2) wurde als GmbH durch Gesellschaftsvertrag vom 13.01.2009 gegründet. Am 10.02.2009 erfolgte die Eintragung ins Handelsregister des Amtsgericht U. unter der Nr. HBR ... Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb des gastronomischen Bereichs der O. R., das Eventcatering in Firmen und Orten, die Vermietung von Veranstaltungsequipment, Vermietung von Servicepersonal sowie die Vornahme aller Geschäfte, die mit dem Unternehmenszweck zusammenhängen (§ 2 des Gesellschaftsvertrags). Das Stammkapital beträgt 30.000,00 Euro. Hiervon haben der Koch J. F. 18.000,00 Euro (= 60%), die Hotelfachfrau C. M. F. 9.000,00 Euro (= 30%) und der Kläger zu 1), ebenfalls Koch, 3.000,00 Euro (= 10%) übernommen. Beschlüsse der Gesellschaft werden nach dem Gesellschaftsvertrag vom 13.01.2009 mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst (§ 10 GesV). Je 100 Euro eines Geschäftsanteils geben eine Stimme (§ 7 GesV). Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder einen Geschäftsführer mit einem Prokuristen vertreten (§ 5 GesV). Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.01.2009 wurden alle drei Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt.
Am 13.01.2009 wurde ein Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin zu 2) und dem Kläger zu 1) geschlossen (Bl 2 Verwaltungsakte). Danach richtet sich die Arbeitszeit des Klägers zu 1) nach den betrieblichen Erfordernissen, sie ist von ihm in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten. Die Befugnis des Klägers zu 1) umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Für darüber hinausgehende Maßnahmen bedarf er der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Er ist von der Beschränkung des § 181 BGB befreit und erhält nach § 9 des Anstellungsvertrags für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt in Höhe von 3.795 Euro, ab dem zweiten Beschäftigungsjahr eine Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld, zudem eine Tantieme. Er hat Anspruch auf ein Dienstfahrzeug, freie Kost als Sachbezug und "eine U-Kasse in Beitragshöhe von monatlich 350,00 EUR" sowie "die Altersvorsorge aus der F. Gastronomie GmbH mit einem Monatsbeitrag von 212,00 EUR". Weiter ist in dem genannten Vertrag geregelt, dass im Fall der Erkrankung oder sonstiger vom Kläger unverschuldeter Dienstverhinderung ein Anspruch für die Dauer von 6 Wochen auf Fortzahlung seiner Bezüge besteht (§ 10 Anstellungsvertrag). Der Geschäftsführer hat einen Anspruch auf Jahresurlaub von 24 Tagen (§ 12 Anstellungsvertrag).
Die neue bkk bat die Beklagte mit Schreiben vom 30.01.2009 um eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Tätigkeit des Klägers zu 1).
Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung seiner Tätigkeit machte der Kläger zu 1) unter dem 17.02.2009 umfangreiche Angaben, die unterschriftlich für die Klägerin zu 2) auch von den beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführern als richtig bestätigt wurden (Bl 10 ff Verwaltungsakte). Vor der Errichtung der GmbH habe keine andere Firma bestanden. Vorher sei er als Koch und Catering-Leiter abhängig beschäftigt gewesen. Er habe den Beruf des Küchenmeisters erlernt. Er verfüge nicht als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Seine Tätigkeit sei nicht durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu den anderen Gesellschaftern geprägt. Er halte 10% der Anteile der GmbH. Es sei bei Abstimmungen eine qualifizierte Mehrheit von 66% erforderlich. Er sei nicht weisungsabhängig hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit. Er habe der GmbH ein Darlehen über 10.000 Euro gewährt. Nach außen werde die GmbH von ihm vertreten, er sei für das operative Geschäft zuständig. Er erhalte Lohn und Tantiemen. Die Vergütung werde im Fall der Arbeitsunfähigkeit maximal sechs Wochen weitergezahlt. Von einem Stimmbindungs- oder geändertem Geschäftsführervertrag des Klägers zu 1) war in diesen eigenen Angaben keine Rede.
Mit zwei Schreiben vom 19.02.2009 hörte die Beklagte den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) zur beabsichtigten Feststellung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 01.02.2009 an.
Der Kläger trug hierauf mit Schreiben vom 20.03.2009 – von den beiden Mitgesellschafter-Geschäftsführern mitunterzeichnet - vor, dass sein Anteil am Stammkapital zwar nur 10% betrage, er aber für das operative Geschäft allein zuständig sei und in der Gesellschafterversammlung mit einem weiteren Gesellschafter alle maßgeblichen Entscheidungen beeinflussen könne. Er verfüge selbstverständlich nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse, aber nur er verfüge über den notwendigen zeitlichen Spielraum, um sich vollumfänglich um den Betrieb zu kümmern. Die weiteren Geschäftsführer hätten aufgrund anderer Tätigkeiten keine Zeit sich vollumfänglich um die F. Event Catering Service GmbH zu kümmern. Sie erhielten auch einen geringeren Geschäftsführerlohn. Er habe vier Jahre als angestellter Cateringleiter das Cateringgeschäft maßgeblich mit aufgebaut und nun die Gelegenheit bekommen, sich zu beteiligen.
Es wurden außerdem Änderungen der Geschäftsführerverträge aller drei Geschäftsführer vorgelegt (Bl 32 Verwaltungsakte), die durch Gesellschafterbeschluss vom 18.03.2009 vorgenommen worden seien. Danach gibt es insbesondere keinen festen Urlaubsanspruch und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mehr. Jeder Geschäftsführer muss hierfür selbst Sorge tragen. Dem Kläger zu 1) wird außerdem das Recht eingeräumt, alle notwendigen Maßnahmen für die Führung des operativen Geschäfts alleine und ohne Rücksprache mit der Gesellschaft zu entscheiden.
Von einem Stimmbindungs- oder nochmals geändertem Geschäftsführervertrag des Klägers zu 1) war im eigenen Vortrag der Kläger zu 1) und 2) im Rahmen der Anhörung keine Rede.
Mit zwei Bescheiden vom 05.05.2009 (Bl 35/37 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) fest, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.02.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und daher dem Grunde nach versicherungspflichtig beschäftigt sei. Beschlüsse der Klägerin zu 2) würden mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile. Der Kläger sei nur mit 10% (3.000 Euro) an der Gesellschaft beteiligt. Er habe nicht die Möglichkeit, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen, weiterhin könne er aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw Sperrminoritäten keine Entscheidung zu Gunsten seines Mitarbeiterverhältnisses verhindern. Derartige Rechte seien ihm nicht eingeräumt worden. Es werde für die Geschäftsführertätigkeit eine feste Vergütung gezahlt. Der Kläger zu 1) verfüge nach eigenen Angaben auch nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse. Die Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB sowie die Alleinvertretungsberechtigung seien lediglich Indizien für eine selbständige Tätigkeit, nach Gesamtwürdigung aller Umstände führten diese jedoch nicht zu der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne noch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Sofern tatsächlich maßgeblicher Einfluss bestünde, müsse dieser entsprechend Niederschlag im Gesellschaftsvertrag finden. Auch das nachträgliche Entfallen von vertraglichen Regelungen über Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Die Aufnahme entsprechender Regelung gehöre nicht zu den Voraussetzungen für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Es sei vielmehr so, dass bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses Urlaubsfortzahlungsansprüche und Lohnfortzahlungsansprüche gesetzlich entstünden.
Mit Schreiben vom 29.06.2009 (Bl 40 Verwaltungsakte) beantragte der Bevollmächtigte der Kläger zu 1) und 2) "den Bescheid vom 05.05.2009" nach § 44 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu überprüfen. Es sei Mitteilung über einen Änderungstatbestand zu machen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer F. und der Kläger zu 1) hätten mit einer Abstimmungsvereinbarung mit Wirkung zum 01.02.2009 vereinbart, dass der Kläger zu 1) ein "wirtschaftliches Vetorecht" in der Gesellschafterversammlung haben solle. Ferner sei zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer F. und dem Kläger zu 1) vereinbart worden, dass Gesellschafterbeschlüsse nur mit Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam würden. Der Gesellschafter, Herr F., verpflichte sich daher, sein Stimmrecht in der Gesellschafteersammlung nicht gegen das Votum des Geschäftsführers auszuüben. Gesellschafterbeschlüsse würden erst mit Zustimmung des Geschäftsführers wirksam. Nach dem allseitigen Willen der Parteien solle diese Vereinbarung mit Wirkung zum 13.01.2009 in Kraft treten. Aufgrund dieses Stimmbindungsvertrages sei der Kläger zu 1) in der Lage, 70% der Geschäftsanteile in der Gesellschaftsversammlung zu vertreten. Damit verfüge er über ein Vetorecht in der Gesellschafterversammlung und könne jede unliebsame Entscheidung der Gesellschaft verhindern. Vorgelegt wurde zunächst in Mehrfertigung ein weder datiertes noch unterzeichnetes Exemplar der angeblichen Vereinbarung (Bl 48 Verwaltungsakte), später eine Mehrfertigung einer auf den 30.01.2009 datierten und unterzeichneten Vereinbarung (Bl 66 Verwaltungsakte). Außerdem sei der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ebenfalls bereits am 30.01.2009 zum 01.02.2009 dahin geändert worden, dass der Kläger zu 1) ausdrücklich nicht mehr den Weisungen der Gesellschaftersammlung unterliege (vgl den in Mehrfertigung vorgelegten, auf den 30.01.2009 datierten Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, Bl 68 Verwaltungsakte). Darüber wurde nunmehr vorgetragen, dass der Kläger zu 1) als einziger über das zur Führung des Unternehmens notwendige Know-how verfüge und als Gründungsmitglied Kopf und Seele des Unternehmens sei. Sein Festgehalt sei im Hinblick auf die von ihm geleistete Tätigkeit unangemessen niedrig und hänge zum größten Teil vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab, indem er Tantiemenbezüge erhalte.
Die Beklagte lehnte mit zwei Bescheiden vom 15.10.2009, gerichtet an den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) den Überprüfungsantrag ab. Die eingereichten Unterlagen seien nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung zu treffen. Man habe erst nach Bescheiderteilung die Abstimmungsvereinbarung über die Begründung eines schriftlichen Vetorechts eingereicht. Die vorgetragene Stimmbindung finde auch keinen Niederschlag im Handelsregister.
Mit dem hiergegen am 28.10.2009 erhobenen Widerspruch trugen die Kläger vor, es sei beabsichtigt, ein Vetorecht zu Gunsten des Klägers zu 1) auch in der Satzung zu verankern. Im Übrigen bedürfe ein Stimmbindungsvertrag nicht der notariellen Form. Mit Schreiben vom 23.11.2009 legten die Kläger die entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags nach Gesellschafterbeschluss vom 01.11.2009 vor (Bl 105 ff Verwaltungsakte) und beantragten, den Fall erneut der Clearingstelle zu übergeben. Am 10.12.2009 legten die Kläger Unterlagen über eine am 03.12.2009 notarielle Änderung des Gesellschaftsvertrages vor. Danach wurde § 9 des Gesellschaftvertrages um einen Absatz 6 erweitert, worin geregelt wurde, dass folgende Beschlüsse nur mit der Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam würden: "Bestellung und Abberufung des Herrn S. als Geschäftsführer, hiervon ausgenommen ist die Abberufung aus wichtigem Grunde, diese ist auch ohne Zustimmung des Herrn S. zulässig; alle die Satzung ändernden Beschlüsse; alle Gesellschafterbeschlüsse, die unmittelbare Weisungen an den Geschäftsführer Herrn S. enthalten oder Gesellschafterbeschlüsse mit Weisungen an die oder den Geschäftsführer der Gesellschaft, welche zu Weisungen an Herrn S. führen sowie Beschlüsse über Geschäftsvorgänge, deren Gegenstandswert im Einzelfall 50.0000,00 EUR übersteigen." Dieser Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde am 10.12.2009 im Handelsregister eingetragen.
Die Widersprüche wurden von der Beklagten mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 14.12.2009 als unbegründet zurückgewiesen (Bl 95/99 Verwaltungsakte).
Hiergegen haben die Kläger zu 1 und 2) am 18.01.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, dass der Kläger zu 1) das Sagen in der GmbH haben solle.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Änderungsbescheid vom 08.06.2011 gegenüber dem Kläger zu 1) vorgelegt, der die Zeiträume konkretisiert und mitgeteilt, dass ein entsprechender Bescheid gegenüber der Klägerin zu 2) ergangen sei. Danach bestehe in der vom Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (Bl 16 SG-Akte). Die Beklagte hat außerdem mitgeteilt, dass sie mit einem weiteren Bescheiden vom 09.03.2010 festgestellt habe, dass der Kläger zu 1) aufgrund der Änderung des Gesellschaftsvertrages ab 10.12.2009 eine selbständige Tätigkeit ausübe. Für den streitbefangenen Zeitraum vom 01.02.2009 bis 09.12.2009 bleibe die Beklagte bei ihrer Rechtsauffassung.
Mit Urteil vom 23.02.2012 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die Bescheide vom 08.06.2011 seien nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X würden nicht vorliegen. Der Kläger zu 1) sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin zu 2) abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung gewesen.
Hiergegen haben die Kläger zu 1) und zu 2) am 10.05.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Kläger zu 1) sei Kopf und Seele des Unternehmens und verfüge als Einziger über das zur Führung des Unternehmens notwendige Know-how. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit alles selbst entscheiden könne und dass er das Unternehmen maßgeblich mit aufgebaut habe. Entscheidend sei vorliegend, dass mittels Abstimmungsvertrag vom 30.01.2009 zwischen dem Kläger zu 1) und dem Gesellschafter F. vereinbart worden sei, dass der Kläger zu 1) ein Vetorecht in der Gesellschafterversammlung habe und dass Gesellschafterbeschlüsse nur mit Zustimmung des Klägers zu 1) wirksam seien.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2012 und die Bescheide der Beklagten vom 15.10.2009 in der Gestalt der Widerspruchbescheide vom 14.12.2009 und die Bescheide vom 08.06.2011 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 05.05.2009 zurückzunehmen und festzustellen, dass der Kläger zu 1) seine Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 01.02.2009, hilfsweise vom 19.03.2009 bis 09.12.2009 nicht im Rahmen eines abhängen Beschäftigungsverhältnis sondern versicherungsfrei ausübt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie nimmt auf die Begründungen ihrer Bescheide und auf die Begründung im Urteil des SG Bezug. Die Stimmbindungsvereinbarung sei nicht entscheidungserheblich, da ein außerhalb der Satzung geschlossener Vertrag nur schuldrechtliche Wirkung entfalte. Gerade in Konfliktfällen bestehe daher für jede Partei die Möglichkeit, einer vereinbarten Einstimmigkeit nicht nachzukommen. Falls - wie vorliegend – zwei widersprechende Regelungen (Satzung und Stimmbindungsvertrag) existierten, gelte generell, dass die satzungsmäßige Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, zumal die Satzung und nicht der Stimmbindungsvertrag zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden seien.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Im Erörterungstermin vom 05.10.2012 hat der Gesellschafter F. über die Vorgeschichte der Klägerin zu 2) berichtet. Bei den beiden Vorgänger GmbHs (F. Gastronomie GmbH für das K. F. und F. S. GmbH) sei der Kläger zu 1) als Koch angestellt gewesen. Aufgrund des gestiegenen Geschäftsaufkommens sei entschieden worden, dass eine neue GmbH gegründet werde und der Kläger zu 1) mit einsteige. Im Januar 2009 seien die Gesellschaftsverträge geschlossen worden. Beim Geschäftsführervertrag habe man sich nicht anwaltlich beraten lassen, sondern alte Verträge genommen, die man schon gehabt habe. Nach dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 19.02.2009 sei man sich der sozialversicherungsrechtlichen Problematik bewusst geworden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 04.06.2013 sind die AOK Baden-Württemberg sowie die dortige Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit gem §§ 75, Abs 2, 106 Abs 3 Nr 6 iVm § 153 Abs 1 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger sind statthaft und zulässig aber unbegründet.
Die Änderungsbescheide vom 08.06.2011 sind nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Sie haben die Bescheide vom 15.10.2009 und 05.05.2009 entsprechend der Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) abgeändert und festgestellt, dass der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 09.12.2009 abhängig beschäftigt und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Dadurch sind die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das BSG in seiner neueren Rechtsprechung (Urt v 11.03.2009, B 12 R 11/07 R) aufgestellt hat und denen die Bescheide vom 05.05.2009 nicht vollständig genügten, weil diese eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach" und ohne zeitliche Konkretisierung enthielten.
Streitgegenständlich ist damit noch der Zeitraum vom 01.02.2009 bis zum 09.12.2009, da die Beklagte ausweislich des Bescheides vom 09.03.2010 ab dem 10.12.2009 (Eintrag der Änderung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister) eine selbständige Tätigkeit angenommen hat.
Die Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der Bescheide vom 05.05.2009 liegen nicht vor, da diese in der jeweils konkretisierten Fassung vom 08.06.2011 rechtmäßig sind.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Diese Norm ist vorliegend nicht einschlägig, da es weder um zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen geht, noch Beiträge erhoben wurden. Mit den Bescheiden vom 05.05.2009 wurde Versicherungspflicht festgestellt; hierauf findet § 44 Abs 1 S 1 SGB X keine Anwendung (Hessisches LSG 15.03.2010, L 1 KR 47/08 = juris Rn 33).
Im Übrigen ist nach § 44 Abs 2 S 1 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs 2 S 2 SGB X).
Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Bescheide vom 05.05.2009 in der konkretisierten Fassung durch die Bescheide vom 08.06.2011 rechtmäßig sind. Bis zum 09.12.2009 war der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (st Rspr des BSG seit mindestens 2008, vgl auch hierzu BSG 29.08.2012, aaO).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) im Rahmen einer Beschäftigung oder selbständig ausgeübt wurde, ist der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 13.01.2009 (Bl 2 ff Verwaltungsakte). Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats eindeutig, dass der Kläger zu 1) als abhängig Beschäftigter in leitender Position tätig werden sollte und tätig war. Bereits die Formulierung in der Präambel des Anstellungsvertrags, wonach sich die Arbeitszeit des Klägers zu 1) "nach den betrieblichen Erfordernissen" richtet, zeigt, dass der Kläger zu 1) eine fremdbestimmte Tätigkeit ausgeübt hat. Ein Weisungsrecht ist dem Kläger zu 1) nicht eingeräumt worden, sondern es ist im Gegenteil ausdrücklich geregelt, dass er den Weisungen der Gesellschafter-Versammlung Folge zu leisten hat (§ 1 Nr. 2 GesV). Das BSG hat in der zitierten Rechtsprechung deutlich gemacht, dass gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet werden, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ein solcher Sachverhalt ist auch hier gegeben. Auch weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (so BSG 29.08.2012, aaO). Der Kläger zu 1) hatte ausweislich des Anstellungsvertrages außerdem Anspruch auf betriebliche Unfall- und Altersversorgung entsprechend seinem bisherigen Angestelltenverhältnis bei der F. Gastronomie GmbH.
Das BSG, dem der Senat folgt, hat auch bereits mehrfach entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft auch im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse und der Regelung im Anstellungsvertrag vom 13.01.2009, wonach der Kläger zu 1) an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden ist, ist dies offensichtlich nicht der Fall gewesen. Das SG hat dies zutreffend ausgeführt, der Senat nimmt hierauf Bezug. Bestätigt wird dies auch durch die Vorgeschichte der Klägerin zu 2). Die beiden Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer führten 2 GmbHs, bei denen der Kläger zu 1) als Koch angestellt war. Ihm sollte die Möglichkeit gegeben werden, in das Geschäft "einzusteigen". Es kann daher zur Überzeugung des Senats keine Rede davon sein, dass allein der Kläger zu 1) maßgeblich Bescheid über den Geschäftsbetrieb wusste. Den Erstangaben des Klägers zu 1) misst der Senat einen wesentlich höheren Wahrheitsgehalt zu als den später deutlich abgeänderten Angaben.
Der Kläger zu 1) hat im Februar 2009 selbst mitgeteilt, er verfüge nicht als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Er halte 10% der Anteile der GmbH. Es sei bei Abstimmungen eine qualifizierte Mehrheit von 66% erforderlich. Die Vergütung werde im Fall der Arbeitsunfähigkeit maximal sechs Wochen weitergezahlt. Dies spricht alles für eine abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung. Dass er neben dem von ihm als "Lohn" bezeichneten monatlichen Festgehalt nebst einem weiteren Monatsgehalt für Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch eine erfolgsabhängige Tantieme bekommen haben mag, fällt angesichts des Gesamtbilds nicht entscheidend ins Gewicht, zumal das BSG auch insofern bereits entschieden hat, dass eine Jahressonderprämie Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20, Rn 17).
Zu keiner anderen Beurteilung führt eine erstmals im Widerspruchsverfahren vorgelegte Vereinbarung, wonach der Kläger zu 1) ein "wirtschaftliches Vetorecht" erhalten solle, und Herr F. sich verpflichte, sein Stimmrecht in der Gesellschaftsversammlung nicht gegen das Votum des Klägers zu 1) auszuüben. Im Gegensatz zum SG lässt der Senat nicht dahinstehen, wann diese auf den 30.01.2009 datierte Vereinbarung geschlossen wurde, sondern weist darauf hin, dass der Inhalt dieser Vereinbarung und des angeblich zeitgleich geänderten Anstellungsvertrags nicht im Einklang mit den Angaben des Klägers zu 1) im Rahmen des Feststellungs- und späteren Anhörungsverfahrens steht und es Sache der Klägerseite gewesen wäre, einmal klipp und klar darzutun, weshalb man diese auf den 30.01.2009 datierten Vereinbarungen, die man nun als "entscheidend" für das Verfahren bezeichnet, nie erwähnt geschweige denn vorgelegt hat, als es darauf ankam. Der Senat kann sich – zurückhaltend formuliert – nicht davon überzeugen, dass diese Vereinbarungen im Januar 2009 geschlossen wurden, wie von der Klägerseite behauptet.
Im Übrigen hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass zunächst nur ein Exemplar des angeblich im Januar 2009 geschlossenen Stimmbindungsvertrags ohne Unterschriften und Datum sodann eine lediglich von Herrn F. und dem Kläger zu 1) unterzeichnete Vereinbarung vorgelegt wurde. Eine Unterzeichnung durch die Gesellschafterin Frau F. liegt nicht vor. Ein wirksamer Gesellschafterbeschluss oder eine Billigung durch die Gesellschafterversammlung zum behaupteten Zeitpunkt 30.01.2009 ist auch nicht nachgewiesen. Ein Gesellschafterbeschluss ist erst am 03.12.2009 erfolgt (Bl 105 ff Verwaltungsakte) und erst am 10.12.2009 wurde die entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beklagten nachgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 05.11.2013 konnten der Kläger und Herr F. keine genauen Angaben mehr machen, wann der Stimmbindungsvertrag unterzeichnet wurde. Unklar ist schließlich auch, was ein "wirtschaftliches Vetorecht" bedeuten soll. Dies kann aber offen bleiben, nachdem eine Vereinbarung am 30.01.2009 nicht bewiesen ist. Außerdem wirken Stimmbindungsvereinbarungen der Gesellschaft untereinander nur zwischen den Vertragspartnern (inter partes), so dass bindungswidrig abgegebene Stimmen gültig sind und bleiben (OLG Köln 25.07.2002, 18 U 60/02, juris)
Auch die ebenfalls zu einem – wiederum zurückhaltend formuliert - unklaren Zeitpunkt vorgenommenen Änderungen des Geschäftsführervertrages, wonach kein Urlaubsanspruch und keine Lohnfortzahlung mehr bestehen, führen zu keinem anderen Ergebnis, denn der Kläger zu 1) hat im Zuge des Feststellungsverfahrens noch selbst darauf hingewiesen, dass er im Krankheitsfall bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung erhalte. Wäre es zu diesem Zeitpunkt anders gewesen, hätte er andere Angaben gemacht. Auch insoweit ist die vorgenommene Datierung auf den 30.01.2009 mehr als fragwürdig und es ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, dass die Änderungen im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich erfolgt und durchgeführt worden sind.
Nach alledem bleibt erst die am 10.12.2009 tatsächlich nachgewiesene Änderung des Gesellschaftsvertrags als zeitlicher Anknüpfungspunkt maßgeblich. Dieser Änderung hat die Beklagte bereits Rechnung getragen, außerhalb des vorliegend noch streitgegenständlichen Zeitraums. Die Klagen und die Berufungen können daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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