L 4 AS 321/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 26 AS 2826/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 321/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009.

Die Klägerin beantragte am 3. November 2009 die Bewilligung von Leistungen. Mit Bescheid vom 9. April 2010 wurde unter Hinweis auf die §§ 60 und 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und auf ein Schreiben des Beklagten vom 15. Dezember 2009 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 versagt. Zur Begründung hieß es, dass die Klägerin die zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen fehlenden Unterlagen, welche mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 angefordert worden seien, nicht vollständig vorgelegt habe.

In einem mehrseitigen Schreiben vom 17. April 2010, beim Beklagten eingegangen am 19. April 2010, wandte sich die Klägerin gegen die Versagung der Leistungen. Der Betreuer der Klägerin, Herr K., bat in einem Schreiben vom 21. April 2011 um Nachricht, ob ein Widerspruchsverfahren noch anhängig sei, und in einem weiteren Schreiben vom 11. Juni 2011 um Nachricht, wann mit einer Entscheidung über den Widerspruch zu rechnen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I nicht nachgekommen sei. Ihr sei mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 eine Abtretungserklärung übersandt worden mit der Bitte, diese unterschrieben zurückzusenden. Dies habe die Klägerin nicht getan. Die Vorlage der Abtretungserklärung sei jedoch eine für die Leistungsansprüche der Klägerin erhebliche Tatsache.

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Betreuer der Klägerin übersandt. Als Ausgangsdatum war auf dem Entwurf in der Verwaltungsakte der 17. Juni 2011 vermerkt.

Die Klägerin hat am 24. August 2011 die vorliegende Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und geltend gemacht, dass ihr für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren seien. Der Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2011 sei ihr erst am 20. August 2011 von Herrn K. übergeben worden. Herr K. sei nicht von ihr beauftragt worden. Unter anderem sei Herr K. in die kriminellen Machenschaften des Beklagten und des Sozialgerichts verstrickt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 26. September 2012 als unzulässig abgewiesen. Die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG sei nicht gewahrt, da die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben sei. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gelte ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gelte nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen sei; im Zweifel habe die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Ausweislich des Absendevermerks auf dem Widerspruchsbescheid sei dieser am 17. Juni 2011 zur Post gegeben worden. Der Widerspruchsbescheid gelte daher – zumal hier kein Fall des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X ersichtlich sei – mit Ablauf des 20. Juni 2011 als bekannt gegeben, so dass die Klagefrist nach §§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; 64 Abs. 2 SGG am 20. Juli 2011 geendet habe. Der Verfristung der Klage stehe auch nicht entgegen, dass die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides nur unmittelbar gegenüber dem Betreuer der Klägerin, Herrn K., erfolgt sei. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X könne die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten vorgenommen werden. Herrn K. sei ausweislich des in der Verwaltungsakte vorliegenden Betreuerausweises vom 28. Oktober 2010 die Betreuung der Klägerin übertragen worden. Sein Aufgabenkreis habe hierbei auch die Vermögenssorge und die Vertretung gegenüber Behörden umfasst. Der Empfang des Widerspruchsbescheids sei somit in wirksamer Vertretung der Klägerin erfolgt. Der Betreuer der Klägerin habe sich zudem im Widerspruchsverfahren zweimal an den Beklagten gewandt, so dass es bereits deshalb nahegelegen habe, auch den Widerspruchsbescheid an ihn zu versenden. Eine Wiedereinsetzung der Klägerin in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG komme nicht in Betracht. Insbesondere führten Meinungsverschiedenheiten zwischen Betreuer und Betreuter nicht dazu, dass die rechtliche Wirkung der Vertretung im Außenverhältnis nicht eintrete

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11. Oktober 2012 Berufung eingelegt. Ihren Schriftsätzen lässt sich entnehmen, dass sie die Betreuung nicht akzeptiert und den Betreuer ablehnt.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 26. September 2012 und Bescheids vom 9. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2011 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin seit dem 1. Dezember 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf die Gründe der Entscheidung des Sozialgerichts.

Mit Beschluss vom 9. Januar 2013 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG – auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Das Gericht hat am 22. Oktober 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats waren.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß geladen und nach § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage unzulässig war, weil die Klagefrist nicht gewahrt wurde. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat ab und verweist nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides des Sozialgerichts. Nur ergänzend ist zu erwähnen, dass der Betreuer der Klägerin in deren wohlverstandenem Interesse von einer Klageerhebung abgesehen hatte; es war vielmehr lediglich den Mitwirkungspflichten nachzukommen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved