L 4 AS 121/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 18 AS 4252/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 121/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Kläger ist Komplementär und Kommanditist mit einem Anteil von 99,5 % der K. KG, seine Mutter ist Kommanditistin mit einem Anteil von 0,5 %. Der Kläger war in der Familientradition zunächst als selbständiger Handelsvertreter tätig. Seit etwa 1995 aber kamen die Einkünfte aus diesem Bereich praktisch vollständig zum Erliegen und auch nach einem Branchenwechsel in die Energie- und Umweltbranche sind den Angaben des Klägers zufolge bis heute keine nennenswerten Einkünfte erzielt worden. Die Einnahmen der KG speisten sich danach allein aus den Vermietungserträgen der Immobilie E. in H., die im Eigentum der KG bzw. des Klägers und seiner Mutter steht und 1.400 qm Grundstücksfläche sowie 480 qm Wohnfläche aufweist. Der Kläger ist verfügungsberechtigt über die Immobilie und würde einen Verkaufserlös ohne weiteres vereinnahmen können. Er bewohnt hier eine 160qm-Wohnung; daneben bestehen Wohneinheiten für die Mutter, für das Büro der KG sowie für Vermietungszwecke. Die Mieteinnahmen schwanken; die Wohnungen sind nicht durchgehend vermietet. Nach Angaben des Klägers ist der Verkehrswert der Immobilie mit etwa EUR 600.000,- zu veranschlagen; das ist nach Auffassung des Senats aus eigener Kenntnis der Marktverhältnisse ein jederzeit leicht zu erzielender Preis.

Am 18. November 2005 beantragte der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 3. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2006 abgelehnt. Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos (SG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 5.3.2007 – S 61 AS 48/07; LSG Hamburg, Urteil vom 7.4.2011 v- L 5 AS 15/07).

Am 17. Dezember 2009 beantragte der Kläger erneut Leistungen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2010 ab und wies den Widerspruch des Klägers vom 16. März 2010 mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2010 unter Verweis auf das Immobilienvermögen zurück.

Am 19. November 2010 hat der Kläger dagegen Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2012 abgewiesen. Der Kläger sei angesichts seines Vermögens nicht hilfebedürftig.

Gegen den ihm am 25. Februar 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. März 2012 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er sei ohnehin durch die Trennung von Ehefrau und Kindern in den 80/90er Jahren ungerechtfertigt belastet. Das Ansinnen, die Immobilie zu verkaufen, würde nun auch noch das Familienvermögen, das über Generationen durch ehrbares kaufmännisches Geschick aufgebaut worden sei, zerschlagen und seinen Kindern entziehen. Die Vermietungssituation sei in den letzten Jahren deutlich schwieriger geworden. Er erwarte im Übrigen, dass seine berufliche Tätigkeit zu Einkünften führen müsse, die ihm erlauben würden, das Haus aus eigener Kraft zu halten.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Februar 2012 und des Bescheides des Beklagten vom 18. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2010 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II ab dem 18. November 2005 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist den Kläger auf den Verkauf des von ihm bewohnten Hausgrundstücks.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2012 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG – auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Das Gericht hat am 22. Oktober 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte, die Leistungsakte des Beklagten, die Akten des Landessozialgerichts L 5 AS 412/10 B ER und L 5 AS 367/11 B PKH sowie die Akte des Sozialgerichts S 18 AS 559/12 ER verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats waren.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen nach dem SGB II, weil es bereits an seiner Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II fehlt. Hilfebedürftigkeit liegt nämlich u.a. nicht vor, wenn der Lebensunterhalt aus dem eigenen Vermögen gesichert werden kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Das ist hier der Fall, wie der Senat in seinem Urteil vom 7. April 2011 (a.a.O.) bereits ausgeführt hat. Das Hausgrundstück E. in H., das im Eigentum des Klägers steht bzw. ihm über seine beherrschende Stellung in der K. KG zugerechnet werden kann, ist verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II, da es jederzeit veräußert werden könnte. Dabei kann dahinstehen, ob die Gebäudesubstanz für eine weitere Nutzung des Gebäudes ausreicht, denn jedenfalls wäre das Grundstück nach Lage und Größe offenkundig auch für eine Neubebauung etwa mit den hier nicht unüblichen sog. Stadtvillen geeignet. Die Berücksichtigung des Hausgrundstücks ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ausgeschlossen, da es eine insoweit angemessene Größe deutlich überschreitet. Die Verwertung ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich; sie bedeutet weiterhin auch keine besondere Härte für den Kläger: Soweit er geltend macht, er erwartete in kurzer Frist Einkünfte aus seiner Tätigkeit in der Energie- und Umweltbranche und könne das Haus dann aus eigener Kraft halten, so ist dies eine bloße Hoffnung, die durch nichts gestützt wird. Der Verlust des Grundstücks für die potentiellen Erben ist außer Betracht zu lassen, das ist vielmehr die Folge jeglicher Vermögensverwertung und keine Besonderheit. Schließlich würde der Verwertungserlös auch weit über den Freibeträgen nach § 12 Abs. 2 SGB II liegen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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