L 6 AS 597/13 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 23 AS 672/13 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 597/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 23. August 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

Die am 24. August 2013 eingegangene Beschwerde der Antragsstellerin mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. August 2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die rückständigen Stromkosten der Firma BD. Versorgungs AG zu übernehmen, hilfsweise diese darlehensweise zu übernehmen,

ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf den angefochtenen Beschluss sowie das aktenkundige Beschwerdevorbringen Bezug genommen. Die Leistungsbewilligung für den laufenden Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 30. November 2013 erfolgte mit Bescheid vom 29. Mai 2013. Wegen der vorliegend streitigen Forderungen des Energieversorger ist aus den Akten ein Antrag vom 1. Juni 2013 auf Übernahme von Restkosten des Energieversorgers in Höhe von 382,12 EUR nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vom 22. Mai 2003 vor dem SG ersichtlich, auf welchen die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17. Juni 2013 erwiderte, eine Übernahme der Forderungen könne geprüft werden, wenn eine Zusage seitens des Versorgers vorgelegt werde, dass der Stromabschlag nach Ausgleich des Vertragskontos auf das angemessene Maß abgesenkt werde; dass eine solche Zusage beigebracht wurde, ist nicht ersichtlich und wurde vom Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin auch nicht behauptet. Eine Bescheidung des Antrags vom 1. Juni 2013 lässt sich aus den Akten nicht nachvollziehen. Mit der Begründung, am Vortag sei eine Stromsperre erfolgt, wurde vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin sodann am 26. Juli 2013 unmittelbar der Eilantrag beim SG gestellt.

Ausweislich der Abrechnung des Versorgers vom 28. August 2013 ist die im erstinstanzlichen Antrag genannte Summe von 822,20 EUR zwischenzeitlich bis zu diesem Datum auf 977,20 EUR angestiegen. Die erstinstanzlich offen gebliebene Frage, wie sich der zwischenzeitliche Stromverbrauch seit der behaupteten Reparatur der Heizung entwickelt hat, wurde seitens der Antragstellerin unter Vorlage einer weiteren Abrechnung des Versorgers vom 12. September 2013 dahingehend beantwortet, dass der Tagesdurchschnittsverbrauch in der Zeit vom 12. Dezember 2012 bis zum 25. Juli 2013 im Vergleich zur vorangegangenen Messperiode (22. Dezember 2011 bis 11. Dezember 2012) von 23,493 kWh/Tag auf 35,606 kWh/Tag gestiegen sei. Zu einem Erörterungstermin am 18. September 2013, zu welchem die Antragstellerin persönlich geladen war, ist diese nicht erschienen und hat dies – nach vorheriger Information der Geschäftsstelle des Senats - unter Vorlage eines Attestes der Fachärzte für Hautkrankheiten Dres. med. C./D./E. vom 19. September 2013 mit Gesundheitsbeeinträchtigungen begründet; im Attest ist lediglich die Rede davon, dass die Antragstellerin am 19. September 2013 von 13:25 Uhr bis 14:30 Uhr in der ärztlichen Sprechstunde gewesen sei. Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Erörterungstermin läuft parallel zum hiesigen Eilverfahren während des gesamten Zeitraums seit dem 25. Juli 2013 bereits eine Stromsperre. Der Prozessbevollmächtigte gab ferner an, er habe mit dem Energieversorger telefoniert, der jedoch jegliche vergleichsweise Lösung abgelehnt habe. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten sind zwischen ihnen wegen der auch vorliegend streitgegenständlichen Fragen zwei Hauptsacheverfahren beim SG anhängig. Im Übrigen sei der Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Mai 2003 noch nicht beschieden. Auf den Inhalt des Protokolls wird Bezug genommen.

II.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 dieser Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein Rechtsverhältnis gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ferner zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs) als auch ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft zu machen sind (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 sowie Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02). Zum Gewicht von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ist zu berücksichtigen, dass diese nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern eine Wechselbeziehung besteht. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Hessisches Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 29. Juni 2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Aufl., § 86b Rdnr. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet und das angegriffene Verwaltungshandeln offensichtlich rechtswidrig bzw. bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leistungsträgers, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2004 - L 16 B 15/04 KR ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 31. Juli 2002 - L 18 B 237/01 V ER). In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, wobei jedoch auf einen Anordnungsgrund nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden (Hessisches LSG, Beschluss vom 25. November 2010 - L 6 AS 423/10 B ER).

Dabei sind grundrechtliche Belange der Antragsteller umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip), ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem, wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für die Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten.

Die Entscheidung des Landessozialgerichts hat wie bei in solchen Fällen in der Hauptsache statthaften Leistungs- bzw. Verpflichtungsklagen nach dem Rechtssach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu erfolgen (LSG, Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Januar 2008 - L 9 B 600/07 KR ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 42). Auszugehen ist somit von der von der Antragstellerin selbst in das Beschwerdeverfahren eingebrachten Tatsache, dass der ohnehin weit überhöhte Stromverbrauch seit der Abrechnung im Dezember 2012 mit einem durchschnittlichen Tagesverbrauch von 23,493 kWh/Tag auf 35,606 kWh/Tag gesteigert wurde.

Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs, die vorliegend nach §§ 22 Abs. 1 und Abs. 8 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) zu prüfen sind, liegen unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze nach Überzeugung des Senats trotz der bereits eingetretenen Stromsperre nicht vor.

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Heizungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Geht man davon aus, dass es sich bei der Nachforderung aufgrund der behaupteten Heizungsdefekte, deretwegen mit Strom geheizt worden sei, trotz der in der Wohnung vorhandenen Gasheizung zumindest teilweise um die Kosten eines "regulären" Heizverbrauchs handelt (dazu vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 21. September 2011-L 6 AS 430/11 B ER), geht es vorliegend auch um die Frage eines als einmalige Leistung zu gewährenden Zuschusses. Eine entsprechende Bewilligung findet sich jedoch weder in den Leistungsbescheiden, noch lässt sich eine solche in den für vergangene Zeiträume bereits gewährten Darlehen - vier an der Zahl, davon erst eines zwischenzeitlich getilgt -erkennen. Die Unangemessenheit solcher "Heizkosten" ist von der Antragsgegnerin im Gegenteil seit langem beanstandet worden, wie nicht zuletzt aus den anhängigen Hauptsacheverfahren folgt. Sie ist zwischen den Beteiligten letztlich auch nicht mehr streitig, wie sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Antragsstellerin im Beschwerdeverfahren ergibt; auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 18. September 2013 wird insoweit Bezug genommen (am Ende). Der geltend gemachte Anspruch ist deshalb nach § 22 Abs. 8 SGB II zu prüfen. Nach dieser Vorschrift können, sofern Leistungen zur Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II vorrangig anzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

Vorliegend ist diese Vorschrift allerdings nicht unmittelbar anwendbar, weil durch die bereits rund acht Wochen andauernde Stromsperre lediglich die Energiezufuhr bedroht ist, die nicht die Heizung betrifft (was wegen der sommerlichen Verhältnisse ohnehin die Voraussetzung für ein Eilverfahren entfallen ließe). Denn ausweislich der bei den Akten befindlichen Wohnungsbeschreibung erfolgt die Heizung durch eine Gas - Etagenheizung; nach Angaben der Antragstellerin wurde ein Defekt an dieser zwischenzeitlich am 19. März 2013 vom Vermieter behoben. Damit sind allein die die Haushaltsenergie betreffenden sonstigen Stromkosten betroffen. In vergleichbaren Notlagen ist allerdings eine entsprechende Anwendung des § 22 Abs. 8 SGB II geboten. Der Senat folgt insoweit zunächst der Auffassung, dass die faktische Unbewohnbarkeit einer Wohnung infolge drohender oder eingetretener Sperrung der Energie- und/oder Wasserzufuhr dem Verlust der Unterkunft gleichsteht (vgl. Berlit in: Münder Sozialgesetzbuch II Grundsicherung für Arbeitsuchende Lehr- und Praxiskommentar 4. Aufl. 2011 § 22 Rdnr. 193 m. w. N.; LSG Hessen, Beschluss vom 21.September 2011 - L 6 AS 430/11 B ER; LSG Hessen, Beschluss vom 17. September 2012- L 9 AS 522/12 B ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. Dezember 2010 - L 3 AS 557/10 B ER juris sowie Sozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. September 2011, Az.: L 8 B 509/09 ER). Die Voraussetzungen einer darlehensweisen Übernahme von Stromschulden sind vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Die Anwendung des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II erfordert eine Prognoseentscheidung, bei der einerseits das Drohen des Endes der Nutzbarkeit des bestehenden angemessenen Wohnraums und die Möglichkeit der Beschaffung von ebenfalls angemessenem Ersatzwohnraum zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 58/09 R). Für den Fall, dass eine Wohnung nach einer verhängten Stromsperre in der Hoffnung auf deren Beendigung weiter bewohnt wird, kann von einem endgültigen Verlust noch nicht die Rede sein und kann deshalb nichts anderes gelten.

§ 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II schützt nach seinen Wortlaut die Wohnung nur dann, wenn der Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich ist deshalb für eine Übernahme der Schulden kumulativ zu fordern, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Denn der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dementsprechend angemessen sind (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 58/09 R). Dabei ist zum einen zu beachten, dass die Entscheidung nach § 22 Abs. 8 SGB II im intendierten Ermessen des Antragsgegners steht, so dass auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur darlehensweisen Übernahme der Kosten nur erfolgen kann, wenn die zu treffende Ermessensentscheidung für die Antragsteller voraussichtlich positiv ausfallen wird. Bei dieser Ermessensentscheidung sind im Rahmen von § 22 Abs. 8 SGB II in einer umfassenden Gesamtschau die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, weil die Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des evtl. von der Räumung oder Energiesperre bedrohten Personenkreises und insbesondere die Frage der Betroffenheit von Kleinkindern oder Behinderten, ferner das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten in Form eines erstmaligen oder wiederholten Rückstands sowie Bemühungen entstandener Rückstände auszugleichen und ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe etwa durch das Bemühen um vertretbare Ratenzahlung bei den Gläubigern zu berücksichtigen sind (vgl. dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Oktober 2006 - L 9 AS 529/06 ER). Das Ermessen ist auch bei einer unmittelbar drohenden Sperre der Energiezufuhr nicht reduziert, wenn sich ein Hilfeempfänger ein sozialwidriges unwirtschaftliches und die Möglichkeit der Selbsthilfe ignorierendes Verhalten entgegenhalten lassen muss (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. September 2009, Az.: L 13 AS 252/09 m. w. N.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. September 2011, Az.: L 8 B 509/09 ER). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung und zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.

So liegt der Fall hier. Vorliegend ist nämlich ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe nicht einmal entfernt erkennbar. Nachdem ihr mittlerweile vier Darlehen wegen aufgelaufener weit überhöhter rückständiger Stromkosten gewährt wurden, hat die Antragstellerin ihren Strombedarf seit dem 12. Dezember 2012 nicht nur nicht gedrosselt, sondern sogar noch um rund 52 Prozent gesteigert, wie die Auskunft des Versorgers vom 12. September 2013 belegt. Der Umstand, dass diese Steigerung trotz der angegebenen Reparatur der Heizung eintrat, legt nahe, dass dieser vorgebliche Defekt offenbar kaum die entscheidende Ursache des weit überhöhten Verbrauchs gewesen sein kann. Insofern gewinnt der aus dem Protokoll des angemeldeten Hausbesuchs vom 15. Januar 2013 ersichtliche Umstand an Bedeutung, dass die Antragstellerin und ihr Mitbewohner Herr F. eine Wohnung im dritten Stock unmittelbar unter einem nicht isolierten Dach bewohnen, dort an einer Stelle die Decke nicht mehr befestigt ist und den Blick direkt auf den Speicher freigibt. Die Antragstellerin hat aber weder dargelegt, dass sie diesen Mangel, dessen Zusammenhang mit dem überhöhtem Stromverbrauch evident ist, gegenüber dem Vermieter gerügt und dessen Abhilfe verlangt hätte, noch dass sie die naheliegende Selbsthilfe unternommen hätte, die Öffnung in der Decke wenigstens provisorisch abzudichten. Weitere Umstände, welche vorliegend zugunsten der Antragsstellerin zu beachten sein könnten, sind überdies nicht ersichtlich. Die vom Prozessbevollmächtigten in Rede gestellte Krankheit der Antragstellerin ist nicht belegt und ergibt sich erst recht nicht aus dem Attest der Dres. C. und Kollegen vom 19. September 2013, denn diese bescheinigen im Gegenteil nur, dass die Antragstellerin dort in der Sprechstunde vorgesprochen hat. Ein Kleinkind lebt in der Wohnung ebenfalls nicht, sondern nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Erörterungstermin vor dem Senat lediglich der Mitbewohner Herr F., der ähnlichen Alters wie die Antragsstellerin sei und ebenfalls im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin stehen solle. Bei dieser Sachlage sind somit Aspekte, welche das behördliche Ermessen zugunsten der Antragstellerin einschränken könnten, nicht zu erkennen. Vielmehr lassen die Gesamtumstände des vorliegenden Falles nur den Schluss zu, dass die exorbitanten Stromverbräuche der Antragstellerin entweder auf ihr schuldhaft perpetuiertes unwirtschaftliches Verhalten oder auf eine grundsätzlich ungeeignete, weil wegen des drastisch überhöhten Strom- bzw. Heizungsbedarfs unangemessene Wohnung zurückzuführen sind. Beide Möglichkeiten schließen unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze nach Überzeugung des Senats jedoch die Erfüllung des mit dem Eilverfahren geltend gemachten Anspruchs aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved