Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 9 SO 16/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 285/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 27/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 geändert und der Bescheid des Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 insoweit aufgehoben, als der Kläger damit zur Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verpflichtet und ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro angedroht wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die seiner Ehefrau.
Der Mutter des Klägers, C. C., wurde durch Bescheid des Beklagten vom 4. August 2008 Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) sowie ein Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII ab dem 1. Dezember 2007 für ihren Aufenthalt im Caritas-Seniorenzentrum D. in D-Stadt gewährt. Die Mutter des Klägers verstarb dort am 27. Mai 2009. Der Beklagte erbrachte bis dahin insgesamt Sozialhilfeaufwendungen i.H.v. 18.174,53 EUR.
Mit Schreiben vom 21. November 2007 hatte der Beklagte den Kläger aufgefordert, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die seiner Ehefrau auf einem Formblatt bekanntzugeben und entsprechende Belege beizufügen. Der Beklagte begründete dies damit, nur so könne geprüft werden, inwiefern seiner Mutter ein Unterhaltsanspruch zustehen würde, welcher durch den Beklagten geltend gemacht werden könne. Der Kläger legte mit Schreiben vom 26. Dezember 2007 seine Bezügemitteilung des Monats Dezember 2007 sowie die Rentenmitteilung vom 1. Juli 2007 vor. Weitere Angaben hielt er für entbehrlich, da das daraus ersichtliche Jahreseinkommen weit unter 100.000,- Euro liege und damit Unterhaltsansprüche seiner Mutter ihm gegenüber unberücksichtigt bleiben müssten. Der Beklagte teilte durch Schreiben vom 8. Januar 2008 mit, dass die vom Kläger genannte Einkommensgrenze sich nicht auf Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehe, die gegenüber seiner Mutter erbracht worden seien. Mit Schreiben vom 4. August 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er – der Beklagte – gewähre der Leistungsberechtigten seit 1. Dezember 2007 Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe. Der Kläger sei gem. §117 Abs. 1 und Abs. 5 SGB XII zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet, die Auskunftsverpflichtung erstrecke sich auch auf den nicht getrennt lebenden Ehegatten.
Mit Bescheid vom 10. September 2008 verpflichtete der Beklagte den Kläger, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bis zum 15. Oktober 2008 Auskunft zu erteilen und die dazu erforderlichen Nachweise und Belege vorzulegen. Auf den beigefügten Formularen wurden Angaben auch zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehefrau des Klägers abgefragt. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. September 2008 Widerspruch ein und berief sich erneut darauf, dass die Einkommensgrenze von 100.000,- Euro in seinem Fall Anwendung finden müsse. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2008 zurück und führte zur Begründung aus, nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII habe der Kläger als Unterhaltspflichtiger gegenüber ihm als Träger der Sozialhilfe Auskunft zu erteilen, damit er feststellen könne, ob der Kläger im unterhaltsrechtlichen Sinne leistungsfähig sei. Um die finanzielle Situation zu beurteilen, benötige er auch Auskünfte zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehefrau des Klägers, da geklärt werden müsse, ob seine Frau selbst unterhaltsberechtigt sei. Bei der seiner Mutter bewilligten Hilfeart handele es sich um Hilfe zur Pflege.
Der Kläger hat am 29. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben und vorgetragen, er habe die zur Durchführung des SGB XII erforderlichen Auskünfte bereits erteilt, indem er dem Beklagten eine Kopie seiner Bezügemitteilung sowie der Rentenanpassungsmitteilung übersandt habe. Damit sei nachgewiesen, dass er nicht über ein höheres Einkommen als 100.000,- Euro jährlich verfüge. Zudem habe seine Mutter seiner Kenntnis nach über Vermögen in Höhe von mehr als 11.000,- Euro verfügt, so dass die Leistungen nicht erforderlich gewesen seien. Der Beklagte müsse sich nun aus dem Nachlass befriedigen. Schließlich habe der Beklagte seiner Mutter zu Unrecht nur Hilfe zur Pflege und keine Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt.
Der Beklagte hat sich auf die in den Bescheiden gegebene Begründung berufen und ergänzend vorgetragen, der Nachlass habe sich am Todestag auf 306,73 Euro belaufen. Hieraus könnten die im Gesamtzeitraum 1. Dezember 2007 bis 27. Mai 2009 geleisteten Sozialhilfeaufwendungen nicht annähernd gedeckt werden.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2010, Az.: 53 F 166/10 UV, hat das Amtsgericht Meldungen – Familiengericht – eine Klage des Beklagten über den Auskunftsanspruch über die Einkünfte der Ehefrau des Klägers abgewiesen und den Kläger zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe nach der Überleitung der zivilrechtlichen Ansprüche ein Auskunftsanspruch gem. § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezüglich der Einkünfte und des Vermögens des Klägers zu. Auf zivilrechtlichem Wege könne der Beklagte über die Einkünfte der Ehefrau keine Auskunft begehren. Die Beschwerde zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 2 UF 43711) und die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (Az. XII ZB 354/11) sind erfolglos geblieben. Auf die Anhörungsrüge des Klägers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2012 das Verfahren über den Auskunftsantrag des Beklagten in die Lage vor Erlass des Beschlusses vom 14. Dezember 2010 versetzt.
Am 4. Oktober 2011 hat der Kläger die Ablehnung des Vorsitzenden der 9. Kammer des Sozialgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit beantragt. Mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) hat der damals zuständige 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 4. Januar 2011, dem Kläger laut Zustellungsurkunde (Bl. 19 der Akten L 6 SF 201/10 AB) am 12. Januar 2011 durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten zugestellt. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, der Beschluss sei nicht zugestellt worden, hat der 6. Senat des HLSG eine Kopie des Beschlusses vom 29. Dezember 2011 mit einfachem Brief vom 5. April 2011 an den Kläger übersandt.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2011 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage als unbegründet abgewiesen.
Gegen den ihm am 1. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. Juni 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt (Az. L 4 SO 145/11). Einen Antrag des Klägers auf Tatbestandsberichtigung hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 15. Juli 2011 (Az. S 9 SO 16/09) abgelehnt.
Am 14. Juni 2011 hat der Kläger einen Antrag auf Ergänzung des Gerichtsbescheids gem. § 140 SGG beim Sozialgericht (Az. S 11 SO 61/11) gestellt, weil der Klageantrag unvollständig wiedergegeben worden und der Hilfsantrag nicht mitgeteilt worden sei. Es sei weder aus dem Tenor noch aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen, dass sich das Gericht mit dem Einwand der Erfüllung oder mit den Angaben befasst habe, die der Kläger bzgl. seiner Ehefrau machen solle. Mit Beschluss vom 23. Mai 2012 hat der Senat das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens vor dem Sozialgericht (Az. S 11 SO 61/11) ausgesetzt. Den Antrag auf Ergänzung des Gerichtsbescheids gem. § 140 SGG hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 20. August 2012 (Az. S 11 SO 61/11) zurückgewiesen. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Gerichtsbescheids ist das Berufungsverfahren betreffend den Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2011 unter dem Aktenzeichen L 4 SO 285/12 fortgesetzt worden.
Der Kläger rügt, die Entscheidung sei nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen, weil der Beschluss des HLSG vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) ihm nicht zugestellt worden sei. Er habe zwischenzeitlich zwar eine formlos übersandte Kopie des Beschlusses erhalten, dies ersetze eine Zustellung nicht. Die vom 6. Senat des HLSG vertretene Auffassung, der Beschluss sei jedenfalls durch die Zustellung an den Beklagten wirksam geworden, finde im Gesetz keine Stütze. Die Beweiskraft der Zustellungsurkunde habe er durch Glaubhaftmachung erschüttert und durch das angebotene Zeugnis seiner Ehefrau den Gegenbeweis angetreten. Er habe sich auch nicht in der Folgezeit rügelos zur Sache eingelassen. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen gem. § 105 SGG nicht vor, weil das SG den Sachverhalt nicht geklärt habe. Das Sozialgericht habe zahlreiche Beweisangebote übergangen, wenn das Sozialgericht in den entscheidungsrelevanten Punkten nicht mit dem Akteninhalt in Einklang stehende Tatsachen zugrunde lege. Der Gerichtsbescheid verletze das Grundrecht auf rechtliches Gehör und stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Der angefochtene Verwaltungsakt sei nicht hinreichend bestimmt, es sei keine Bestimmung enthalten, für welche Zeiträume Angaben zu den Einkünften und zu welchen Zeitpunkten Angaben zu Vermögenswerten gefordert würden. Es werde zugleich gefordert, dass er Angaben für den Zeitraum ab 1. September 2007 über die Einkommensverhältnisse seiner Frau mache. Der Beklagte habe jedoch erst ab Dezember 2007 Leistungen erbracht. Es sei inhaltlich ungeklärt, welche Angaben er machen müsse, weshalb der Bescheid auch als Grundlage für eine Vollstreckung ungeeignet sei. Seine Mutter habe über ausreichendes Vermögen verfügt, um die vom Beklagten erbrachten Zahlungen zu erstatten. Ausweislich der in den Gerichts- und Verwaltungsakten befindlichen Unterlagen stehe fest, dass sie Ende September 2002 über mehr als 11.000 Euro Bargeld verfügt und im September 2006 weitere 6.320 Euro per Banküberweisung erhalten habe. Über dieses Vermögen habe seine Mutter vor dem 1. Dezember 2007 weder ganz noch teilweise verfügt. Die vom Beklagten erbrachten Leistungen könnten höchstens bis zu einem Betrag von 14.884,67 Euro in Ansatz gebracht werden. Hinsichtlich des Hilfsantrags trägt der Kläger vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht die Klage voll abgewiesen, da er jedenfalls mit den bereits gemachten Angaben die geforderte Leistung teilweise erfüllt habe, insoweit werde in dem Verwaltungsakt zu Unrecht eine Handlung gefordert, wodurch er in seinen Rechten verletzt werde. Weiterhin weiche das Sozialgericht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht ab, wenn es die Auffassung vertrete, auf die Frage der Rechtswidrigkeit der Sozialhilfegewährung komme es nicht an. Das Sozialgericht habe weiterhin gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, weil es vollständig auf eigene Ermittlungen verzichtet habe. Es sei auch keinem seiner Beweisanträge gefolgt und habe nicht dargelegt, warum es dies nicht getan habe. Zudem habe das Sozialgericht den Begriff der Negativevidenz nicht zutreffend ausgelegt. Dieses Kriterium dürfe nicht dazu führen, dass es praktisch keine Fallgestaltung geben könne, die nicht dadurch ausgeschlossen werde. Vielmehr sei Negativevidenz die Offensichtlichkeit des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs bei Unterstellung der Wahrheit des schlüssigen Sachvortrags der zur Auskunftserteilung in Anspruch genommenen Personen sowie Beweisbarkeit. Diesen Anforderungen entspreche sein Vortrag. Mit am 9. November 2012 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt, als mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verlangt werden. Durch die Entscheidung des Familiengerichts Melsungen stehe rechtskräftig fest, dass der Beklagte Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau nicht verlangen könne. Das Auskunftsbegehren des Beklagten sei daher erledigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 und den Bescheid vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 aufzuheben, hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise,
festzustellen, dass der Rechtsstreit sich insoweit erledigt hat als der Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verlangt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte stimmt der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu und trägt im Wesentlichen vor, der angefochtene Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt, für einen verständigen Beteiligten sei zweifelsfrei erkennbar, dass die Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum 1. Dezember 2007 zu erteilen sei, dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass seine Mutter seit diesem Zeitpunkt Sozialhilfeleistungen erhalte und er ab diesem Zeitpunkt zum Unterhalt herangezogen werden könne. Dass hinsichtlich des Einkommens ausdrücklich Auskunft für einen Zeitraum vor dem 1. Dezember 2007 gefordert worden sei, sei darauf zurückzuführen, dass zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen alle Einkünfte gehörten, d. h. auch Sonderzuwendungen. Üblicherweise werde auf das Einkommen des zurückliegenden Jahres zurückgegriffen, weil zukünftige Einkommen nicht bekannt seien. Der Mutter des Klägers sei Sozialhilfe zu Recht gewährt worden. Die Entscheidung des Amtsgerichts Melsungen sei hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Klägers rechtskräftig aber fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Hinweis auf: BGH vom 2. Juni 2010, XII ZR 124/08) bestehe ein Anspruch auf Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehegatten, soweit die Auskünfte zur Bestimmung des Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen, dies ergebe sich aus § 1605 BGB. Zu den Einkünften eines Unterhaltspflichtigen gehöre auch sein Anspruch auf Familienunterhalt gegenüber seinem Ehegatten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf den Inhalt der Akten des Verfahrens vor dem Sozialgericht Kassel mit dem Aktenzeichen S 11 SO 61/11 sowie des Verfahrens vor dem 6. Senat des HLSG mit dem Aktenzeichen L 6 SF 201/10 AB Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts der Sache nach entscheiden (§ 157 Sozialgerichtsgesetz - SGG), denn § 159 Abs. 1 SGG ermächtigt das Landessozialgericht nur zur Zurückverweisung, wenn das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG), oder wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Beides ist nicht der Fall. Das Sozialgericht hat zunächst eine Entscheidung in der Sache getroffen. Darüber hinaus leidet das erstinstanzliche Verfahren auch nicht an einem wesentlichen Mangel im Sinne von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) durch den Richter E. als Vorsitzenden der 9. Kammer des Sozialgerichts Kassel im Wege des Gerichtsbescheids entschieden, da der Beschluss des 6. Senats des erkennenden Gerichts vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) über das Befangenheitsgesuch gegen den Richter ihm – dem Kläger - nicht zugestellt worden sei, liegt ein Verfahrensmangel bereits nicht vor. Selbst wenn der Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der in der Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO beurkundeten Ersatzzustellung durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. m. § 180 ZPO) als geführt unterstellt werden könnte, führt dies nicht zu dem gerügten Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Denn ein etwaiger Zustellungsmangel ist jedenfalls durch den tatsächlichen Zugang des Beschlusses, den der Kläger selbst einräumt, geheilt, § 63 Abs. 2 SGG i. V. m. § 189 ZPO.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insoweit unbegründet, als der Bescheid des Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 den Kläger verpflichtet, dem Beklagten Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Die Berufung ist jedoch begründet, soweit der Kläger zugleich verpflichtet wird, Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Frau zu erteilen, und soweit ihm der Beklagte ein Zwangsgeld angedroht hat.
Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht keine doppelte Rechtshängigkeit, weil der Beklagte vor dem Amtsgericht Melsungen einen Auskunftsanspruch aus § 1605 BGB geltend macht. Der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch gem. § 117 Abs. 1 SGB XII besteht neben dem bürgerlich-rechtlichen Auskunftsanspruch gem. § 1605 BGB und begründet eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. November 2011, L 1 SO 159/10, juris Rdnr. 20; Schoch in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 117 Rdnr. 43). Deshalb ist die Klage auch nicht insoweit erledigt als das Amtsgericht Melsungen mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 die Klage über den bürgerlich-rechtlichen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Einkünfte der Ehefrau des Klägers abgewiesen hat. Unabhängig davon, dass im Hinblick auf die Fortsetzung des zivilgerichtlichen Verfahrens nach der erfolgreichen Anhörungsrüge des Klägers eine rechtskräftige Entscheidung fehlen dürfte, liegt ein den streitgegenständlichen Verwaltungsakt erledigendes Ereignis im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X wegen der fehlenden Bindungswirkung der zivilgerichtlichen Entscheidung für den Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 SGB XII nicht vor.
Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch der Beklagten ist § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl I S. 3022. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert.
Der Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig und insbesondere im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsakts. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann auf seine Begründung einschließlich ihm beigefügter Anlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers. Ein Verwaltungsakt ist damit hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 33 Rdnr. 3 m. w. N.). Unter Anwendung dieses Maßstabes ist der streitgegenständliche Verwaltungsakt hinreichend bestimmt, denn nach den Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers ist ihm unzweifelhaft das Auskunftsbegehren des Beklagten hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und – das ergibt sich aus dem als Anlage beigefügten Auskunftsbogen – seiner Ehefrau zu entnehmen. Auch soweit der Kläger rügt, der Zeitraum, auf den sich das Auskunftsbegehren beziehe, könne nicht eindeutig festgestellt werden, ist der Verwaltungsakt unter Berücksichtigung des vorherigen Schriftverkehrs zwischen den Beteiligten, in dem Art und Umfang und Beginn der Hilfegewährung dargestellt werden, so dass sich hieraus zwanglos der Zeitraum ergibt für den Auskünfte zur Feststellung evtl. Unterhaltsverpflichtungen des Klägers begehrt werden. Überdies ergibt sich aus Voreintragung in die ebenfalls als Anlage zum Verwaltungsakt übersandte "Anfrage über den Arbeitsverdienst gem. § 117 SGB XII" bzw. der "Bescheinigung über den Arbeitsverdienst", dass insoweit Auskünfte für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. August 2008 verlangt werden. Auch die Art der verlangten Auskünfte ergibt sich hinreichend deutlich aus den Fragebögen.
Der Verwaltungsakt weiterhin ist materiell-rechtmäßig, soweit der Kläger Auskunft über seine eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen muss. Er ist zu dieser Auskunft nach Maßgabe von § 117 Abs. 1 SGB XII verpflichtet, denn er ist – worauf das Sozialgericht bereits zutreffend abgestellt hat – im Sinne von § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Unterhaltspflichtiger gegenüber seiner zwischenzeitlich verstorbenen Mutter gemäß § 1601 BGB.
Die Auskunftspflicht Unterhaltspflichtiger entsteht bereits dann, wenn die Relevanz der begehrten Auskünfte für die Prüfung des Leistungsbegehrens einerseits und möglicher Unterhaltsansprüche des Hilfebedürftigen andernfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Das Auskunftsersuchen ist also dann rechtswidrig, wenn offensichtlich kein überleitbarer Anspruch besteht (so genannte Negativevidenz – vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. September 2009 – L 20 SO 96/08 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 5. August 1986 – 5 B 33/86). Denn die Auskunftspflicht des § 117 SGB XII soll die eigentliche Prüfung der unterhaltsrechtlichen Fragen erst ermöglichen und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsklärung gerade beitragen. Die abschließende Prüfung dieser unterhaltsrechtlichen Fragen obliegt den Zivilgerichten. Eine Negativevidenz kann damit nur dann vorliegen, wenn ein Anspruch von vornherein, d.h. ohne nähere Prüfung, offensichtlich ausgeschlossen ist (LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O, ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. September 2010 – L 12 SO 61/09, vgl. auch Blüggel in Juris-PK SGB XII, § 117 RdNr. 26).
Ein solcher Fall der Negativevidenz ist vorliegend nicht gegeben, denn es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass wegen der familienrechtlichen Regelungen überleitbare Ansprüche der verstorbenen, leistungsberechtigten Mutter des Klägers bestehen. Soweit der Kläger hierzu einwendet, seine verstorbene Mutter habe Ende September 2002 insgesamt über Ersparnis in Höhe von 11.674,63 Euro verfügt und habe 2006 aus der Lebensversicherung ihres Sohnes F. einen Betrag in Höhe von 6.000 Euro, so dass sich die Beklagte aus dem Nachlass der Verstorbenen befriedigen könne, schließt dies einen Unterhaltsanspruch nach § 1601 BGB nicht evident aus. Denn nach den Ermittlungen des Beklagten betrug das Bankguthaben der Leistungsberechtigten nach der Bescheinigung (Kontonummer: xxxxx) vom 8. Juni 2009 (Bl. 95 der Gerichtsakte) zum 27. Mai 2009 306,73 Euro, weitere Vermögenswerte ließen sich – nach den Angaben des Finanzamtes Kaufbeuren vom 21. Oktober 2009 (Bl. 98 der Gerichtsakte) nicht feststellen, auch das Pflegeheim, in dem die Leistungsberechtigte zuletzt gewohnt hat, hat mitgeteilt, keine Gelder oder Vermögenswerte verwaltet zu haben (Schreiben des Caritas-Seniorenzentrum D., D-Stadt, vom 3. Juni 2009, Bl. 99 der Gerichtsakte). Der Verbleib des vom Kläger angegebenen Vermögens wird demgegenüber schlüssig vom Beklagten dargetan: Nach den Angaben des Rechtsanwalts der Tochter der Leistungsberechtigten (Schreiben des Rechtsanwalts G. vom 26. Mai 2010, Bl. 100 der Gerichtsakte) erhielt die Tochter aus dem Barvermögen Beträge in Höhe von 5.000 Euro zur Anschaffung eines PKW, sowie weitere Beträge zur Begleichung von Zahnarztrechnungen. Die Lebensversicherungssumme sei für die Bestattung des Sohnes der Leistungsberechtigten und der Leistungsberechtigten selbst aufgewendet worden. Danach ergibt sich, dass unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit (§ 1602 BGB) der Leistungsberechtigten Ende 2007 nicht offenkundig ausgeschlossen ist. Ob und inwieweit die Verwendung des ursprünglich vorhandenen Vermögens zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs führt, muss der Prüfung durch die Zivilgerichte überlassen bleiben.
Soweit der Kläger ferner einwendet, die Leistungsgewährung durch den Beklagten an die Leistungsberechtigte sei rechtswidrig erfolgt, kommt es hierauf für den öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII nicht an. Als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal ist die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung für die Frage des Übergangs von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen gem. § 94 SGB XII strittig (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, 4. Auflage 2012, § 94 Rdnr. 13, der den Unterhaltsverpflichteten auf §§ 45 ff SGB X verweisen will, a. A. Münder in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 94 Rdnr. 9, Armbruster in: jurisPK-SGB XII, Stand: 6. September 2011 § 94 Rdnr. 39 f) und stellt sich im übrigen auch erst der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs (vor dem zuständigen Zivilgericht), da keine Überleitungsanzeige für den Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII erforderlich ist (Armbruster in: jurisPK-SGB XII, Stand: 6. September 2011 § 94 Rdnr. 39). Für die Auskunftspflicht gem. § 117 SGB XII ist die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung schon nach dem Wortlaut der Norm nicht zu prüfen.
Weiterhin steht die Regelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht entgegen. Danach bleiben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV unter einem Betrag von 100.000,00 Euro liegt (Satz 1). Es wird vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 die dort genannte Grenze nicht überschreitet (Satz 2). § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII ist als Regelungen über die "Besonderheiten bei Vermögenseinsatz und Unterhaltsansprüchen" für die hier der Leistungsberechtigten geleisteten Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII jedoch bereits nicht anwendbar, denn es handelt sich bei § 43 SGB XII nach seiner systematischen Stellung im ersten Abschnitt des vierten Kapitels des SGB XII um eine Sonderregelung für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (vgl. auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 43 SGB XII RdNrn. 7, 9).
Schließlich erfordert die Durchführung des SGB XII auch, dass der Kläger Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gibt, da sie der Vorbereitung der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und damit der Durchsetzung des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) dienen.
Soweit indessen der angefochtene Verwaltungsakt dem Kläger die Pflicht auferlegt, Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau zu erteilen, ist er rechtswidrig und daher aufzuheben.
§ 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verpflichtet neben den Unterhaltspflichtigen (hier: dem Kläger) zwar auch ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, nicht jedoch den Unterhaltspflichtigen, Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse anderer, also seines Ehegatten zu erteilen. Wenn daher – wie hier der Kläger – der Unterhaltspflichtige als alleiniger Adressat des Verwaltungsakts zur Auskunft über Einkünfte und Vermögen seines nicht getrennt lebenden Ehegatten verpflichtet werde soll, ist dies nach dem Wortlaut (" über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben ") der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Auch soweit zum Vermögen des Klägers als unterhaltspflichtiger Person auch etwaige Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau aus § 1360 ff BGB gehören, ist er nicht – etwa zum Zwecke der Ermittlung des Umfangs des gegenseitigen Ehegattenunterhalts – zur Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verpflichtet. Dieser Verpflichtung steht der sich aus dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ergebende Grundsatz entgegen, dass Daten grundsätzlich direkt beim Betroffenen zu erheben sind (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, 1 BvR 209/83 u.a. Juris RdNr. 145ff, 149; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, B 14 AS 65711 R, Juris RdNr. 24 zur Erhebung von Sozialdaten), d. h. der Beklagte wäre gehalten gewesen, die begehrten Auskünfte bei der Ehefrau des Klägers selbst einzuholen, wozu ihn § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ausdrücklich ermächtigt (vgl. hierzu näher LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Juni 2008, L 20 SO 36/07) oder ggf. ein gemeinsames Auskunftsersuchen an beide Ehegatten zu richten (hierzu Hohm in Schellhorn/Schell-horn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 117 RdNr. 4).
Die auf Art. 29, 31, 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (BayVwZVG) gestützte Zwangsgeldandrohung erweist sich in der Folge als rechtswidrig, weil der streitgegenständlichen Verwaltungsakt hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers zur Auskunft nicht zwischen seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und denen seiner Frau aufgeteilt ist und sich die Zwangsgeldandrohung auf die Grundverfügung als Ganzes, mithin auch auf ihren rechtswidrigen Teil erstreckt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personengruppen. Insbesondere handelt es sich bei dem Kläger nicht um einen Leistungsempfänger im Sinne des § 183 Satz 1 SGG. Er bezieht keine Leistungen von der Beklagten und klagt nicht aus einem solchen Leistungsverhältnis heraus. Vielmehr wird er als Dritter durch die Beklagte auf Erteilung einer Auskunft in Anspruch genommen.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gem. § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die seiner Ehefrau.
Der Mutter des Klägers, C. C., wurde durch Bescheid des Beklagten vom 4. August 2008 Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) sowie ein Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII ab dem 1. Dezember 2007 für ihren Aufenthalt im Caritas-Seniorenzentrum D. in D-Stadt gewährt. Die Mutter des Klägers verstarb dort am 27. Mai 2009. Der Beklagte erbrachte bis dahin insgesamt Sozialhilfeaufwendungen i.H.v. 18.174,53 EUR.
Mit Schreiben vom 21. November 2007 hatte der Beklagte den Kläger aufgefordert, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die seiner Ehefrau auf einem Formblatt bekanntzugeben und entsprechende Belege beizufügen. Der Beklagte begründete dies damit, nur so könne geprüft werden, inwiefern seiner Mutter ein Unterhaltsanspruch zustehen würde, welcher durch den Beklagten geltend gemacht werden könne. Der Kläger legte mit Schreiben vom 26. Dezember 2007 seine Bezügemitteilung des Monats Dezember 2007 sowie die Rentenmitteilung vom 1. Juli 2007 vor. Weitere Angaben hielt er für entbehrlich, da das daraus ersichtliche Jahreseinkommen weit unter 100.000,- Euro liege und damit Unterhaltsansprüche seiner Mutter ihm gegenüber unberücksichtigt bleiben müssten. Der Beklagte teilte durch Schreiben vom 8. Januar 2008 mit, dass die vom Kläger genannte Einkommensgrenze sich nicht auf Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehe, die gegenüber seiner Mutter erbracht worden seien. Mit Schreiben vom 4. August 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er – der Beklagte – gewähre der Leistungsberechtigten seit 1. Dezember 2007 Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe. Der Kläger sei gem. §117 Abs. 1 und Abs. 5 SGB XII zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet, die Auskunftsverpflichtung erstrecke sich auch auf den nicht getrennt lebenden Ehegatten.
Mit Bescheid vom 10. September 2008 verpflichtete der Beklagte den Kläger, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bis zum 15. Oktober 2008 Auskunft zu erteilen und die dazu erforderlichen Nachweise und Belege vorzulegen. Auf den beigefügten Formularen wurden Angaben auch zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehefrau des Klägers abgefragt. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. September 2008 Widerspruch ein und berief sich erneut darauf, dass die Einkommensgrenze von 100.000,- Euro in seinem Fall Anwendung finden müsse. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2008 zurück und führte zur Begründung aus, nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII habe der Kläger als Unterhaltspflichtiger gegenüber ihm als Träger der Sozialhilfe Auskunft zu erteilen, damit er feststellen könne, ob der Kläger im unterhaltsrechtlichen Sinne leistungsfähig sei. Um die finanzielle Situation zu beurteilen, benötige er auch Auskünfte zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehefrau des Klägers, da geklärt werden müsse, ob seine Frau selbst unterhaltsberechtigt sei. Bei der seiner Mutter bewilligten Hilfeart handele es sich um Hilfe zur Pflege.
Der Kläger hat am 29. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben und vorgetragen, er habe die zur Durchführung des SGB XII erforderlichen Auskünfte bereits erteilt, indem er dem Beklagten eine Kopie seiner Bezügemitteilung sowie der Rentenanpassungsmitteilung übersandt habe. Damit sei nachgewiesen, dass er nicht über ein höheres Einkommen als 100.000,- Euro jährlich verfüge. Zudem habe seine Mutter seiner Kenntnis nach über Vermögen in Höhe von mehr als 11.000,- Euro verfügt, so dass die Leistungen nicht erforderlich gewesen seien. Der Beklagte müsse sich nun aus dem Nachlass befriedigen. Schließlich habe der Beklagte seiner Mutter zu Unrecht nur Hilfe zur Pflege und keine Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt.
Der Beklagte hat sich auf die in den Bescheiden gegebene Begründung berufen und ergänzend vorgetragen, der Nachlass habe sich am Todestag auf 306,73 Euro belaufen. Hieraus könnten die im Gesamtzeitraum 1. Dezember 2007 bis 27. Mai 2009 geleisteten Sozialhilfeaufwendungen nicht annähernd gedeckt werden.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2010, Az.: 53 F 166/10 UV, hat das Amtsgericht Meldungen – Familiengericht – eine Klage des Beklagten über den Auskunftsanspruch über die Einkünfte der Ehefrau des Klägers abgewiesen und den Kläger zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe nach der Überleitung der zivilrechtlichen Ansprüche ein Auskunftsanspruch gem. § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezüglich der Einkünfte und des Vermögens des Klägers zu. Auf zivilrechtlichem Wege könne der Beklagte über die Einkünfte der Ehefrau keine Auskunft begehren. Die Beschwerde zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 2 UF 43711) und die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (Az. XII ZB 354/11) sind erfolglos geblieben. Auf die Anhörungsrüge des Klägers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2012 das Verfahren über den Auskunftsantrag des Beklagten in die Lage vor Erlass des Beschlusses vom 14. Dezember 2010 versetzt.
Am 4. Oktober 2011 hat der Kläger die Ablehnung des Vorsitzenden der 9. Kammer des Sozialgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit beantragt. Mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) hat der damals zuständige 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 4. Januar 2011, dem Kläger laut Zustellungsurkunde (Bl. 19 der Akten L 6 SF 201/10 AB) am 12. Januar 2011 durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten zugestellt. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, der Beschluss sei nicht zugestellt worden, hat der 6. Senat des HLSG eine Kopie des Beschlusses vom 29. Dezember 2011 mit einfachem Brief vom 5. April 2011 an den Kläger übersandt.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2011 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage als unbegründet abgewiesen.
Gegen den ihm am 1. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. Juni 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt (Az. L 4 SO 145/11). Einen Antrag des Klägers auf Tatbestandsberichtigung hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 15. Juli 2011 (Az. S 9 SO 16/09) abgelehnt.
Am 14. Juni 2011 hat der Kläger einen Antrag auf Ergänzung des Gerichtsbescheids gem. § 140 SGG beim Sozialgericht (Az. S 11 SO 61/11) gestellt, weil der Klageantrag unvollständig wiedergegeben worden und der Hilfsantrag nicht mitgeteilt worden sei. Es sei weder aus dem Tenor noch aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen, dass sich das Gericht mit dem Einwand der Erfüllung oder mit den Angaben befasst habe, die der Kläger bzgl. seiner Ehefrau machen solle. Mit Beschluss vom 23. Mai 2012 hat der Senat das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens vor dem Sozialgericht (Az. S 11 SO 61/11) ausgesetzt. Den Antrag auf Ergänzung des Gerichtsbescheids gem. § 140 SGG hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 20. August 2012 (Az. S 11 SO 61/11) zurückgewiesen. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Gerichtsbescheids ist das Berufungsverfahren betreffend den Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2011 unter dem Aktenzeichen L 4 SO 285/12 fortgesetzt worden.
Der Kläger rügt, die Entscheidung sei nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen, weil der Beschluss des HLSG vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) ihm nicht zugestellt worden sei. Er habe zwischenzeitlich zwar eine formlos übersandte Kopie des Beschlusses erhalten, dies ersetze eine Zustellung nicht. Die vom 6. Senat des HLSG vertretene Auffassung, der Beschluss sei jedenfalls durch die Zustellung an den Beklagten wirksam geworden, finde im Gesetz keine Stütze. Die Beweiskraft der Zustellungsurkunde habe er durch Glaubhaftmachung erschüttert und durch das angebotene Zeugnis seiner Ehefrau den Gegenbeweis angetreten. Er habe sich auch nicht in der Folgezeit rügelos zur Sache eingelassen. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen gem. § 105 SGG nicht vor, weil das SG den Sachverhalt nicht geklärt habe. Das Sozialgericht habe zahlreiche Beweisangebote übergangen, wenn das Sozialgericht in den entscheidungsrelevanten Punkten nicht mit dem Akteninhalt in Einklang stehende Tatsachen zugrunde lege. Der Gerichtsbescheid verletze das Grundrecht auf rechtliches Gehör und stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Der angefochtene Verwaltungsakt sei nicht hinreichend bestimmt, es sei keine Bestimmung enthalten, für welche Zeiträume Angaben zu den Einkünften und zu welchen Zeitpunkten Angaben zu Vermögenswerten gefordert würden. Es werde zugleich gefordert, dass er Angaben für den Zeitraum ab 1. September 2007 über die Einkommensverhältnisse seiner Frau mache. Der Beklagte habe jedoch erst ab Dezember 2007 Leistungen erbracht. Es sei inhaltlich ungeklärt, welche Angaben er machen müsse, weshalb der Bescheid auch als Grundlage für eine Vollstreckung ungeeignet sei. Seine Mutter habe über ausreichendes Vermögen verfügt, um die vom Beklagten erbrachten Zahlungen zu erstatten. Ausweislich der in den Gerichts- und Verwaltungsakten befindlichen Unterlagen stehe fest, dass sie Ende September 2002 über mehr als 11.000 Euro Bargeld verfügt und im September 2006 weitere 6.320 Euro per Banküberweisung erhalten habe. Über dieses Vermögen habe seine Mutter vor dem 1. Dezember 2007 weder ganz noch teilweise verfügt. Die vom Beklagten erbrachten Leistungen könnten höchstens bis zu einem Betrag von 14.884,67 Euro in Ansatz gebracht werden. Hinsichtlich des Hilfsantrags trägt der Kläger vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht die Klage voll abgewiesen, da er jedenfalls mit den bereits gemachten Angaben die geforderte Leistung teilweise erfüllt habe, insoweit werde in dem Verwaltungsakt zu Unrecht eine Handlung gefordert, wodurch er in seinen Rechten verletzt werde. Weiterhin weiche das Sozialgericht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht ab, wenn es die Auffassung vertrete, auf die Frage der Rechtswidrigkeit der Sozialhilfegewährung komme es nicht an. Das Sozialgericht habe weiterhin gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, weil es vollständig auf eigene Ermittlungen verzichtet habe. Es sei auch keinem seiner Beweisanträge gefolgt und habe nicht dargelegt, warum es dies nicht getan habe. Zudem habe das Sozialgericht den Begriff der Negativevidenz nicht zutreffend ausgelegt. Dieses Kriterium dürfe nicht dazu führen, dass es praktisch keine Fallgestaltung geben könne, die nicht dadurch ausgeschlossen werde. Vielmehr sei Negativevidenz die Offensichtlichkeit des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs bei Unterstellung der Wahrheit des schlüssigen Sachvortrags der zur Auskunftserteilung in Anspruch genommenen Personen sowie Beweisbarkeit. Diesen Anforderungen entspreche sein Vortrag. Mit am 9. November 2012 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt, als mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verlangt werden. Durch die Entscheidung des Familiengerichts Melsungen stehe rechtskräftig fest, dass der Beklagte Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau nicht verlangen könne. Das Auskunftsbegehren des Beklagten sei daher erledigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 und den Bescheid vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 aufzuheben, hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise,
festzustellen, dass der Rechtsstreit sich insoweit erledigt hat als der Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 Auskünfte bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verlangt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte stimmt der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu und trägt im Wesentlichen vor, der angefochtene Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt, für einen verständigen Beteiligten sei zweifelsfrei erkennbar, dass die Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum 1. Dezember 2007 zu erteilen sei, dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass seine Mutter seit diesem Zeitpunkt Sozialhilfeleistungen erhalte und er ab diesem Zeitpunkt zum Unterhalt herangezogen werden könne. Dass hinsichtlich des Einkommens ausdrücklich Auskunft für einen Zeitraum vor dem 1. Dezember 2007 gefordert worden sei, sei darauf zurückzuführen, dass zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen alle Einkünfte gehörten, d. h. auch Sonderzuwendungen. Üblicherweise werde auf das Einkommen des zurückliegenden Jahres zurückgegriffen, weil zukünftige Einkommen nicht bekannt seien. Der Mutter des Klägers sei Sozialhilfe zu Recht gewährt worden. Die Entscheidung des Amtsgerichts Melsungen sei hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Klägers rechtskräftig aber fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Hinweis auf: BGH vom 2. Juni 2010, XII ZR 124/08) bestehe ein Anspruch auf Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehegatten, soweit die Auskünfte zur Bestimmung des Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen, dies ergebe sich aus § 1605 BGB. Zu den Einkünften eines Unterhaltspflichtigen gehöre auch sein Anspruch auf Familienunterhalt gegenüber seinem Ehegatten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf den Inhalt der Akten des Verfahrens vor dem Sozialgericht Kassel mit dem Aktenzeichen S 11 SO 61/11 sowie des Verfahrens vor dem 6. Senat des HLSG mit dem Aktenzeichen L 6 SF 201/10 AB Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts der Sache nach entscheiden (§ 157 Sozialgerichtsgesetz - SGG), denn § 159 Abs. 1 SGG ermächtigt das Landessozialgericht nur zur Zurückverweisung, wenn das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG), oder wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Beides ist nicht der Fall. Das Sozialgericht hat zunächst eine Entscheidung in der Sache getroffen. Darüber hinaus leidet das erstinstanzliche Verfahren auch nicht an einem wesentlichen Mangel im Sinne von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) durch den Richter E. als Vorsitzenden der 9. Kammer des Sozialgerichts Kassel im Wege des Gerichtsbescheids entschieden, da der Beschluss des 6. Senats des erkennenden Gerichts vom 29. Dezember 2010 (Az.: L 6 SF 201/10 AB) über das Befangenheitsgesuch gegen den Richter ihm – dem Kläger - nicht zugestellt worden sei, liegt ein Verfahrensmangel bereits nicht vor. Selbst wenn der Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der in der Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO beurkundeten Ersatzzustellung durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. m. § 180 ZPO) als geführt unterstellt werden könnte, führt dies nicht zu dem gerügten Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Denn ein etwaiger Zustellungsmangel ist jedenfalls durch den tatsächlichen Zugang des Beschlusses, den der Kläger selbst einräumt, geheilt, § 63 Abs. 2 SGG i. V. m. § 189 ZPO.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insoweit unbegründet, als der Bescheid des Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2008 den Kläger verpflichtet, dem Beklagten Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Die Berufung ist jedoch begründet, soweit der Kläger zugleich verpflichtet wird, Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Frau zu erteilen, und soweit ihm der Beklagte ein Zwangsgeld angedroht hat.
Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht keine doppelte Rechtshängigkeit, weil der Beklagte vor dem Amtsgericht Melsungen einen Auskunftsanspruch aus § 1605 BGB geltend macht. Der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch gem. § 117 Abs. 1 SGB XII besteht neben dem bürgerlich-rechtlichen Auskunftsanspruch gem. § 1605 BGB und begründet eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. November 2011, L 1 SO 159/10, juris Rdnr. 20; Schoch in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 117 Rdnr. 43). Deshalb ist die Klage auch nicht insoweit erledigt als das Amtsgericht Melsungen mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 die Klage über den bürgerlich-rechtlichen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Einkünfte der Ehefrau des Klägers abgewiesen hat. Unabhängig davon, dass im Hinblick auf die Fortsetzung des zivilgerichtlichen Verfahrens nach der erfolgreichen Anhörungsrüge des Klägers eine rechtskräftige Entscheidung fehlen dürfte, liegt ein den streitgegenständlichen Verwaltungsakt erledigendes Ereignis im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X wegen der fehlenden Bindungswirkung der zivilgerichtlichen Entscheidung für den Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 SGB XII nicht vor.
Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch der Beklagten ist § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl I S. 3022. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert.
Der Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig und insbesondere im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsakts. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann auf seine Begründung einschließlich ihm beigefügter Anlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers. Ein Verwaltungsakt ist damit hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 33 Rdnr. 3 m. w. N.). Unter Anwendung dieses Maßstabes ist der streitgegenständliche Verwaltungsakt hinreichend bestimmt, denn nach den Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers ist ihm unzweifelhaft das Auskunftsbegehren des Beklagten hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und – das ergibt sich aus dem als Anlage beigefügten Auskunftsbogen – seiner Ehefrau zu entnehmen. Auch soweit der Kläger rügt, der Zeitraum, auf den sich das Auskunftsbegehren beziehe, könne nicht eindeutig festgestellt werden, ist der Verwaltungsakt unter Berücksichtigung des vorherigen Schriftverkehrs zwischen den Beteiligten, in dem Art und Umfang und Beginn der Hilfegewährung dargestellt werden, so dass sich hieraus zwanglos der Zeitraum ergibt für den Auskünfte zur Feststellung evtl. Unterhaltsverpflichtungen des Klägers begehrt werden. Überdies ergibt sich aus Voreintragung in die ebenfalls als Anlage zum Verwaltungsakt übersandte "Anfrage über den Arbeitsverdienst gem. § 117 SGB XII" bzw. der "Bescheinigung über den Arbeitsverdienst", dass insoweit Auskünfte für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. August 2008 verlangt werden. Auch die Art der verlangten Auskünfte ergibt sich hinreichend deutlich aus den Fragebögen.
Der Verwaltungsakt weiterhin ist materiell-rechtmäßig, soweit der Kläger Auskunft über seine eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen muss. Er ist zu dieser Auskunft nach Maßgabe von § 117 Abs. 1 SGB XII verpflichtet, denn er ist – worauf das Sozialgericht bereits zutreffend abgestellt hat – im Sinne von § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Unterhaltspflichtiger gegenüber seiner zwischenzeitlich verstorbenen Mutter gemäß § 1601 BGB.
Die Auskunftspflicht Unterhaltspflichtiger entsteht bereits dann, wenn die Relevanz der begehrten Auskünfte für die Prüfung des Leistungsbegehrens einerseits und möglicher Unterhaltsansprüche des Hilfebedürftigen andernfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Das Auskunftsersuchen ist also dann rechtswidrig, wenn offensichtlich kein überleitbarer Anspruch besteht (so genannte Negativevidenz – vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. September 2009 – L 20 SO 96/08 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 5. August 1986 – 5 B 33/86). Denn die Auskunftspflicht des § 117 SGB XII soll die eigentliche Prüfung der unterhaltsrechtlichen Fragen erst ermöglichen und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsklärung gerade beitragen. Die abschließende Prüfung dieser unterhaltsrechtlichen Fragen obliegt den Zivilgerichten. Eine Negativevidenz kann damit nur dann vorliegen, wenn ein Anspruch von vornherein, d.h. ohne nähere Prüfung, offensichtlich ausgeschlossen ist (LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O, ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. September 2010 – L 12 SO 61/09, vgl. auch Blüggel in Juris-PK SGB XII, § 117 RdNr. 26).
Ein solcher Fall der Negativevidenz ist vorliegend nicht gegeben, denn es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass wegen der familienrechtlichen Regelungen überleitbare Ansprüche der verstorbenen, leistungsberechtigten Mutter des Klägers bestehen. Soweit der Kläger hierzu einwendet, seine verstorbene Mutter habe Ende September 2002 insgesamt über Ersparnis in Höhe von 11.674,63 Euro verfügt und habe 2006 aus der Lebensversicherung ihres Sohnes F. einen Betrag in Höhe von 6.000 Euro, so dass sich die Beklagte aus dem Nachlass der Verstorbenen befriedigen könne, schließt dies einen Unterhaltsanspruch nach § 1601 BGB nicht evident aus. Denn nach den Ermittlungen des Beklagten betrug das Bankguthaben der Leistungsberechtigten nach der Bescheinigung (Kontonummer: xxxxx) vom 8. Juni 2009 (Bl. 95 der Gerichtsakte) zum 27. Mai 2009 306,73 Euro, weitere Vermögenswerte ließen sich – nach den Angaben des Finanzamtes Kaufbeuren vom 21. Oktober 2009 (Bl. 98 der Gerichtsakte) nicht feststellen, auch das Pflegeheim, in dem die Leistungsberechtigte zuletzt gewohnt hat, hat mitgeteilt, keine Gelder oder Vermögenswerte verwaltet zu haben (Schreiben des Caritas-Seniorenzentrum D., D-Stadt, vom 3. Juni 2009, Bl. 99 der Gerichtsakte). Der Verbleib des vom Kläger angegebenen Vermögens wird demgegenüber schlüssig vom Beklagten dargetan: Nach den Angaben des Rechtsanwalts der Tochter der Leistungsberechtigten (Schreiben des Rechtsanwalts G. vom 26. Mai 2010, Bl. 100 der Gerichtsakte) erhielt die Tochter aus dem Barvermögen Beträge in Höhe von 5.000 Euro zur Anschaffung eines PKW, sowie weitere Beträge zur Begleichung von Zahnarztrechnungen. Die Lebensversicherungssumme sei für die Bestattung des Sohnes der Leistungsberechtigten und der Leistungsberechtigten selbst aufgewendet worden. Danach ergibt sich, dass unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit (§ 1602 BGB) der Leistungsberechtigten Ende 2007 nicht offenkundig ausgeschlossen ist. Ob und inwieweit die Verwendung des ursprünglich vorhandenen Vermögens zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs führt, muss der Prüfung durch die Zivilgerichte überlassen bleiben.
Soweit der Kläger ferner einwendet, die Leistungsgewährung durch den Beklagten an die Leistungsberechtigte sei rechtswidrig erfolgt, kommt es hierauf für den öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII nicht an. Als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal ist die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung für die Frage des Übergangs von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen gem. § 94 SGB XII strittig (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, 4. Auflage 2012, § 94 Rdnr. 13, der den Unterhaltsverpflichteten auf §§ 45 ff SGB X verweisen will, a. A. Münder in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 94 Rdnr. 9, Armbruster in: jurisPK-SGB XII, Stand: 6. September 2011 § 94 Rdnr. 39 f) und stellt sich im übrigen auch erst der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs (vor dem zuständigen Zivilgericht), da keine Überleitungsanzeige für den Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII erforderlich ist (Armbruster in: jurisPK-SGB XII, Stand: 6. September 2011 § 94 Rdnr. 39). Für die Auskunftspflicht gem. § 117 SGB XII ist die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung schon nach dem Wortlaut der Norm nicht zu prüfen.
Weiterhin steht die Regelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht entgegen. Danach bleiben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV unter einem Betrag von 100.000,00 Euro liegt (Satz 1). Es wird vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 die dort genannte Grenze nicht überschreitet (Satz 2). § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII ist als Regelungen über die "Besonderheiten bei Vermögenseinsatz und Unterhaltsansprüchen" für die hier der Leistungsberechtigten geleisteten Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII jedoch bereits nicht anwendbar, denn es handelt sich bei § 43 SGB XII nach seiner systematischen Stellung im ersten Abschnitt des vierten Kapitels des SGB XII um eine Sonderregelung für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (vgl. auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 43 SGB XII RdNrn. 7, 9).
Schließlich erfordert die Durchführung des SGB XII auch, dass der Kläger Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gibt, da sie der Vorbereitung der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und damit der Durchsetzung des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) dienen.
Soweit indessen der angefochtene Verwaltungsakt dem Kläger die Pflicht auferlegt, Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau zu erteilen, ist er rechtswidrig und daher aufzuheben.
§ 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verpflichtet neben den Unterhaltspflichtigen (hier: dem Kläger) zwar auch ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, nicht jedoch den Unterhaltspflichtigen, Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse anderer, also seines Ehegatten zu erteilen. Wenn daher – wie hier der Kläger – der Unterhaltspflichtige als alleiniger Adressat des Verwaltungsakts zur Auskunft über Einkünfte und Vermögen seines nicht getrennt lebenden Ehegatten verpflichtet werde soll, ist dies nach dem Wortlaut (" über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben ") der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Auch soweit zum Vermögen des Klägers als unterhaltspflichtiger Person auch etwaige Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau aus § 1360 ff BGB gehören, ist er nicht – etwa zum Zwecke der Ermittlung des Umfangs des gegenseitigen Ehegattenunterhalts – zur Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau verpflichtet. Dieser Verpflichtung steht der sich aus dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ergebende Grundsatz entgegen, dass Daten grundsätzlich direkt beim Betroffenen zu erheben sind (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, 1 BvR 209/83 u.a. Juris RdNr. 145ff, 149; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, B 14 AS 65711 R, Juris RdNr. 24 zur Erhebung von Sozialdaten), d. h. der Beklagte wäre gehalten gewesen, die begehrten Auskünfte bei der Ehefrau des Klägers selbst einzuholen, wozu ihn § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ausdrücklich ermächtigt (vgl. hierzu näher LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Juni 2008, L 20 SO 36/07) oder ggf. ein gemeinsames Auskunftsersuchen an beide Ehegatten zu richten (hierzu Hohm in Schellhorn/Schell-horn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 117 RdNr. 4).
Die auf Art. 29, 31, 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (BayVwZVG) gestützte Zwangsgeldandrohung erweist sich in der Folge als rechtswidrig, weil der streitgegenständlichen Verwaltungsakt hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers zur Auskunft nicht zwischen seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und denen seiner Frau aufgeteilt ist und sich die Zwangsgeldandrohung auf die Grundverfügung als Ganzes, mithin auch auf ihren rechtswidrigen Teil erstreckt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personengruppen. Insbesondere handelt es sich bei dem Kläger nicht um einen Leistungsempfänger im Sinne des § 183 Satz 1 SGG. Er bezieht keine Leistungen von der Beklagten und klagt nicht aus einem solchen Leistungsverhältnis heraus. Vielmehr wird er als Dritter durch die Beklagte auf Erteilung einer Auskunft in Anspruch genommen.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gem. § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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