Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 10 SF 229/12 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Schließen die Beteiligten einen außergerichtlichen Vergleich, durch den der streitgegenständliche Bescheid unangetastet bleibt, und nimmt der Kläger im Anschluss die Klage zurück, fallen in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren zu berücksichtigen sind, weder eine Einigungsgebühr gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG a.F. noch eine Erledigungsgebühr gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG a.F. an.
2. An das Merkmal „auf die Erledigung des Verfahrens“ im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. sind regelmäßig hohe Anforderungen zu stellen.
2. An das Merkmal „auf die Erledigung des Verfahrens“ im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. sind regelmäßig hohe Anforderungen zu stellen.
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen des vor dem Sozialgericht Kassel geführten Verfahrens B aus der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen.
Die Erinnerungsführerin ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Ausgangsverfahren (im Folgenden nur Kläger). Im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010. Gegenstand des angegriffenen Bescheides war die Einstellung der Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab 01.03.2010. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden nur Beklagte) ging dabei davon aus, dass der Kläger aufgrund des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig sei. Die Klage wurde am 28.06.2010 erhoben. Mit Beschluss vom 04.05.2012 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab 28.09.2011 bewilligt. Die Erinnerungsführerin wurde beigeordnet.
Der Beklagte hatte den Kläger am 05.02.2010 weiterhin zu einer beabsichtigten Rückforderung für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.02.2010 in Höhe von insgesamt 4.345,72 EUR angehört. Auch in diesem Zeitraum sei der Kläger wegen des Bestehens der Bedarfsgemeinschaft nicht bedürftig gewesen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 04.05.2012 hat die Kammervorsitzende des Ausgangsverfahrens darauf hingewiesen, dass im Verfahren B nur die Leistungen für die Monate März und April 2010 streitgegenständlich seien. Eine vergleichsweise Streitbeilegung wurde angeregt.
Mit Schreiben vom 04.06.2012 signalisierte die Erinnerungsführerin für den Kläger grundsätzlich Einigungsbereitschaft. Eine vergleichsweise Streitbeilegung müsse aber auch den Zeitraum 01.06.2009 bis 28.02.2010 umfassen. Der Beklagte wurde um einen konkreten Vergleichsvorschlag gebeten.
Am 27.06.2012 stellt der Beklagte in seiner Erwiderung fest, dass er keine Grundlage für die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide sehe. Der Beklagte könne sich jedoch eine vergleichsweise Regelung folgenden Inhalts vorstellen:
"1. Es verbleibt bei der Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 30.09.2009 ab 01.03.2010.
2. Eine Aufhebung und Erstattung der für den Zeitraum 01.06.2009 bis 28.02.2010 findet nicht statt.
3. Kosten werden gegeneinander aufgehoben."
Mit Verfügung vom 02.07.2012 leitete die Kammervorsitzende das Vergleichsangebot an die Erinnerungsführerin weiter. Wörtlich heißt es darin u.a.:
"Stimmen Sie zu?
Soll ich den Vergleich vorschlagen um ihn durch Beschluss feststellen zu können?"
In einem nicht genau datierten Aktenvermerk hat die Kammervorsitzende ein Gespräch mit der Erinnerungsführerin vermerkt. Darin heißt es:
"Tel. Frau A.
Beschluss nicht nötig
Sie stimmt zu. Post folgt"
Mit Schreiben vom 04.07.2012 erwiderte die Erinnerungsführerin wie folgt:
"wird dem Vergleich des Beklagten vom 27.06.2012 zugestimmt.
Das Verfahren wird für erledigt erklärt."
Mit Schlussverfügung vom 09.07.2012 hat die Kammervorsitzende das Verfahren sodann ausgetragen. Als Erledigungsart wurde Rücknahme angekreuzt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.07.2012 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass das Verfahren durch Rücknahme beendet wurde.
Mit Schreiben vom 04.07.2012 begehrte die Erinnerungsführerin die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungs- und Erledigungsgebühr, Nr. 1005 VV RVG 280,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 750,00 EUR
zzgl. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 142,50 EUR
Gesamtbetrag 892,50 EUR
Mit Vergütungsfestsetzung vom 08.08.2012 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Gebühren und Auslagen wie folgt festgesetzt:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Einigungs- und Erledigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 380,00 EUR
zzgl. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 72,20 EUR
Gesamtbetrag 452,20 EUR
Zur Begründung hat die Urkundsbeamtin darauf hingewiesen, dass die Verfahrensgebühr wegen der Vertretung im Vorverfahren aus dem Gebührenrahmen Nr. 3103 VV RVG zu bestimmen sei. Die Einigungsgebühr sei aus Nr. 1006 VV RVG zu bestimmen. Gründe, welche es gerechtfertigt erscheinen ließen insoweit über die Mittelgebühr hinauszugehen, seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen. Der vereinzelt vertretenen Rechtsansicht, wonach auch bei einem Vergleichsschluss vor dem Sozialgericht eine Terminsgebühr anfalle, könne nicht gefolgt werden. Gesetzlich sei dies gerade nicht vorgesehen.
Am 29.08.2012 hat die Erinnerungsführerin dagegen Erinnerung eingelegt. Sie beanstandet, dass die Einigung- und Erledigungsgebühr aus Nr. 1005 VV RVG nicht festgesetzt wurde. Der "Vergleich vom 27.6.2012 / 4.7.2012" enthalte über den eigentlichen Streitgegenstand hinaus eine Regelung über ein noch nicht anhängiges Verfahren, weshalb die Gebühr aus Nr. 1005 VV RVG festzusetzen sei. Ergänzend beantragte die Erinnerungsführerin eine Einigungs- und Vergleichsgebühr aus Nr. 1006 VV RVG. Im Hinblick auf die Terminsgebühr führte die Erinnerungsführerin aus:
"Die Terminsgebühr fällt ergänzend auch an (Beschluss SG Fulda vom 8.3.2011, S 3 SF 60/10 E). Der Vergleich kam auf Vorschlag der Beklagten zustande, darüber hat die Unterzeichnerin mit der Kammervorsitzenden auch telefonischen Kontakt gehabt (Telefonat vom 3. oder 4.7.2012)."
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Für die Staatskasse hat der Bezirksrevisor beim Hessischen Landessozialgericht Stellung genommen. Er beantragt die Erinnerung zurückzuweisen. Die Urkundsbeamtin habe die Gebühren und Auslagen zutreffend festgesetzt. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen, ein Telefonat allein mit der Kammervorsitzenden reiche nicht aus, um eine Terminsgebühr auszulösen. Im Hinblick auf die Einigungs- und Erledigungsgebühr weist der Erinnerungsgegner lediglich darauf hin, dass eine Gebühr aus Nr. 1006 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr entstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens S 5 AS 723/10 Bezug genommen.
II.
Die gem. § 56 Abs. 1 RVG statthafte Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Erinnerungsführerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung. Weder einen Terminsgebühr noch eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr sind angefallen.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen.
1. Eine Terminsgebühr ist nicht angefallen. Vorliegend kommt nur eine Terminsgebühr nach der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. in Betracht.
Gem. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
Grundsätzlich geht die Kammer davon aus, dass eine solche Gebühr auch durch ein Telefonat ausgelöst werden kann (grundlegend SG Fulda, Beschl. v. 08.03.2011 S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 26; bestätigt durch HessLSG, Beschl. v. 09.11.2011 – L 2 SO 192/11 B; fortführend SG Fulda, Beschl. v. 01.07.2013 – S 4 SF 92/12 E, juris Rn. 19, ebenso MÜLLER-RABE, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV RVG, Rn. 194; kritisch dazu HANSENS, RVGreport 2011, 341). Dabei ist es nicht zwingend, dass die Beteiligten direkt miteinander telefonieren, auch wenn der Kammervorsitzende mit beiden Beteiligten telefoniert, entsteht die Gebühr. Dies ergibt sich aus einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung der auch der Wortlaut nicht entgegensteht (SG Fulda, Beschl. v. 08.03.2011 – S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 20 ff.). In der Konstellation in der der Kammervorsitzende mit den Beteiligten in verschiedenen Telefonaten spricht, ersetzen diese Telefonate die direkte Kontaktaufnahme zwischen den Beteiligten, welche auch ohne Beteiligung des Gerichts die Gebühr auslösen würde (vgl. zur Frage, ob dies auch durch ein Telefonat erfolgen kann, die überzeugenden Ausführungen des SG Fulda, Beschl. v. 01.07.2013 – S 4 SF 92/12 E, juris Rn. 19; vgl. dazu die Anm. von SCHAFHAUSEN, jurisPR-SozR 19/2013, Anm. 6).
Ob der Auffassung des SG Fulda indessen auch gefolgt werden kann, soweit es davon ausgeht, die Gebühr entstehe auch dann, wenn der Kammervorsitzende und (nur) einer der Beteiligten ein Telefonat führen (Beschl. v. 08.03.2011 – S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 27 f.), kann die Kammer an dieser Stelle offenlassen. Der Wortlaut "auch ohne Beteiligung des Gerichts" setzt zunächst eine Besprechung zwischen den Beteiligten voraus, so dass ein Telefonat des Kammervorsitzenden mit nur einem Beteiligten die Gebühr nicht auszulösen vermag (wie hier MÜLLER-RABE, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV RVG, Rn. 195). Zu beachten ist aber, dass der letzte Halbsatz der amtlichen Anmerkung es zumindest vertretbar erscheinen lässt, auf ein direktes oder vermittelndes Gespräch zwischen den Beteiligten zu verzichten, weil anderenfalls die Existenzberechtigung des letzten Halbsatzes der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. nicht erklärlich wäre.
Vorliegend muss dies aber nicht abschließend entschieden werden, weil sich weder aus dem Aktenvermerk der Kammervorsitzenden noch aus dem Vortrag der Erinnerungsführerin ergibt, dass das – unstreitige – Telefonat zwischen der Kammervorsitzenden und der Erinnerungsführerin "auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens" gerichtet war. Dies ist aber weitere tatbestandliche Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr. Dem berechtigten Einwand, es sei sicherzustellen, dass nicht jede telefonische Kontaktaufnahme eines Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht eine Terminsgebühr auslöse (HANSEN, RVGreport 2007, 375 [377]), ist dadurch Rechnung zu tragen, dass an die Anforderungen an das Merkmal "auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens" höhere Anforderungen gestellt werden. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus dem Aktenvermerk wie auch dem Vortrag der Erinnerungsführerin ergibt sich lediglich, dass die Modalitäten der Art und Weise der Verfahrensbeendigung geklärt wurden. Der Inhalt der erledigenden Einigung zwischen den Beteiligten musste weder erst noch in dem Telefonat erarbeitet noch weiter konkretisiert werden; es ging allein um die Mitteilung der Erinnerungsführerin, dass sie eine schriftliche Zustimmungserklärung zu einem bereits vorliegenden Einigungsvorschlag des Beklagten zur Akte reichen werde. Dies genügt nicht, um eine Terminsgebühr im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. auszulösen (weitergehend zu den Anforderung an eine Besprechung: HessLSG, Beschl. v. 20.04.2011 – L 2 SF 311/09 E, juris Rn. 33, welches die Vergleichbarkeit mit der inhaltlichen Intensität und dem Umfang eines Gerichtstermins fordert).
2. Die Erinnerungsführerin hat auch keinen Anspruch auf eine Erledigungsgebühr. Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG a.F. entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich der Rechtsstreit durch anwaltliche Mitwirkung erledigt hat. Nach den amtlichen Erläuterungen zu Nr. 1002 VV RVG entsteht die Gebühr, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Gem. Satz 2 der amtlichen Erläuterung a.F. gilt das Gleiche, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Vorliegend mangelt es bereits an einer ganzen oder teilweisen Aufhebung oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes. Maßgeblich ist insofern vorliegend ausschließlich der Bescheid vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.05.2010. Dieser blieb aber auch von dem außergerichtlichen Vergleich der Beteiligten unangetastet, so dass die Festsetzung einer Erledigungsgebühr tatbestandlich ausscheidet. Ein Bescheid über die Rückforderung der Leistungen für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.02.2010 war aber zu keiner Zeit ergangen, so dass sich auch insoweit keine Aufhebung oder Änderung ergeben kann.
3. Schließlich hat die Erinnerungsführerin auch keinen Anspruch auf eine Einigungsgebühr. Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG a.F. entsteht die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder ein Verzicht (Abs. 1 S. 1 der amtlichen Erläuterung zu Nr. 1000 VV RVG a.F.). Dabei geht die Kammer zwar zunächst in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 21.10.1987 – IVa ZR 170/86 = NJW 1988, 494 f.) und Schrifttum (ONDERKA/S. SCHNEIDER, in: Schneider/Wolff, RVG, 6. Aufl. 2012, VV 1000, Rn. 226; KLEES, in: KM./Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2011, Nr. 1000 VV, Rn. 28) davon aus, dass die Gebühr auch bei außergerichtlichen Verträgen (Vergleichen) zur Anwendung kommen kann. Vorliegend kommt aber eine Einigungsgebühr deshalb nicht in Betracht, weil der (außergerichtliche) Vertrag für die streitgegenständliche Forderung lediglich einen Verzicht enthält, was durch die Erledigterklärung, welche prozessual als Klagerücknahme zu werten ist (vgl. BayLSG, Beschl. v. 08.04.2013 – L 15 SF 338/11 B, juris, Rn. 23), dokumentiert wird. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius, welches auch im Erinnerungsverfahren gilt (vgl. BayLSG, Beschl. v. 28.12.2011 – L 15 SF 60/11 B E, juris, Rn. 19; SG Fulda, Beschl. v. 19.03.2012 – S 4 SF 51/11 E, juris, Rn. 47), ist es der Kammer aber verwehrt, die Festsetzung der Urkundsbeamtin insoweit aufzuheben.
4. Daneben hat die Erinnerungsführerin auch keinen Anspruch auf eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr im Hinblick auf Nr. 2 des außergerichtlichen Vergleichs zwischen den Beteiligten. Soweit die Erinnerungsführerin insoweit einen weiteren Gebührenanspruch aus Nr. 1005 VV RVG a.F. ableiten will, kommt ein solcher Anspruch schon deshalb nicht in Betracht, weil – wie sich aus einem Umkehrschluss aus Nr. 1006 VV RVG a.F. ergibt – Nr. 1005 VV RVG a.F. nur solche Streitgegenstände umfasst, in denen kein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Ist aber der insoweit relevante Streitgegenstand gar nicht anhängig, so scheidet ein entsprechender Gebührenanspruch gegenüber der Staatskasse im Wege der Prozesskostenhilfe denknotwendigerweise aus, weil die Prozesskostenhilfe nur den anhängigen Streitgegenstand umfasst.
Wie es sich ausgewirkt hätte, wenn die Beteiligten den außergerichtlichen Vergleich als gerichtlichen Vergleich abgeschlossen hätten (Protokollierung über § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 202 SGG) bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Auf die insoweit erfolgte Änderung der amtlichen Erläuterung zu Nr. 1006 VV RVG n.F. weist das Gericht hin.
Der Erinnerung war am Maßstab des Vorstehenden insgesamt der Erfolg zu versagen.
Gerichtskosten werden gem. § 56 Abs. 2 S. 2 RVG im Verfahren über die Erinnerung nicht erhoben. Kosten werden gem. § 56 Abs. 2 S. 3 RVG nicht erstattet.
Gegen diese Entscheidung ist gem. § 56 Abs. 2 RVG grundsätzlich die Beschwerde statthaft. Ein Vorrang des Normgefüges des SGG, dahingehend, dass (auch) gegen Erinnerungen nach § 56 Abs. 1 RVG eine Beschwerde gem. § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen ist, erscheint schon deshalb bedenklich, weil die Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG sich auf Vergütungsfestsetzungen (aus der Staatskasse) gem. § 55 RVG bezieht. § 197 Abs. 2 SGG bezieht sich hingegen auf Kostenfestsetzungen (zwischen den Beteiligten) gem. § 197 Abs. 1 SGG (wie hier: LSG NW, Beschl. v. 29.01.2008 L 1 B 35/07 AS, juris, Rn. 8; bestätigt durch LSG NW, Beschl. v. 10.12.2009 – L 19 B 218/09 AS, juris, Rn. 25; ebenso mit abweichenden Begründungen HessLSG, Beschl. v. 25.05.2009 – L 2 SF 50/09 E, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 17.07.2008 – L 6 B 93/07, juris Rn. 21 ff.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.02.2009 – L 15 SF 9/09 B, juris, Rn. 7 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 28.10.2008 – L 9 B 19/08 AS SF, juris, Rn. 3 ff.).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen des vor dem Sozialgericht Kassel geführten Verfahrens B aus der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen.
Die Erinnerungsführerin ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Ausgangsverfahren (im Folgenden nur Kläger). Im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010. Gegenstand des angegriffenen Bescheides war die Einstellung der Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab 01.03.2010. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden nur Beklagte) ging dabei davon aus, dass der Kläger aufgrund des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig sei. Die Klage wurde am 28.06.2010 erhoben. Mit Beschluss vom 04.05.2012 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab 28.09.2011 bewilligt. Die Erinnerungsführerin wurde beigeordnet.
Der Beklagte hatte den Kläger am 05.02.2010 weiterhin zu einer beabsichtigten Rückforderung für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.02.2010 in Höhe von insgesamt 4.345,72 EUR angehört. Auch in diesem Zeitraum sei der Kläger wegen des Bestehens der Bedarfsgemeinschaft nicht bedürftig gewesen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 04.05.2012 hat die Kammervorsitzende des Ausgangsverfahrens darauf hingewiesen, dass im Verfahren B nur die Leistungen für die Monate März und April 2010 streitgegenständlich seien. Eine vergleichsweise Streitbeilegung wurde angeregt.
Mit Schreiben vom 04.06.2012 signalisierte die Erinnerungsführerin für den Kläger grundsätzlich Einigungsbereitschaft. Eine vergleichsweise Streitbeilegung müsse aber auch den Zeitraum 01.06.2009 bis 28.02.2010 umfassen. Der Beklagte wurde um einen konkreten Vergleichsvorschlag gebeten.
Am 27.06.2012 stellt der Beklagte in seiner Erwiderung fest, dass er keine Grundlage für die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide sehe. Der Beklagte könne sich jedoch eine vergleichsweise Regelung folgenden Inhalts vorstellen:
"1. Es verbleibt bei der Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 30.09.2009 ab 01.03.2010.
2. Eine Aufhebung und Erstattung der für den Zeitraum 01.06.2009 bis 28.02.2010 findet nicht statt.
3. Kosten werden gegeneinander aufgehoben."
Mit Verfügung vom 02.07.2012 leitete die Kammervorsitzende das Vergleichsangebot an die Erinnerungsführerin weiter. Wörtlich heißt es darin u.a.:
"Stimmen Sie zu?
Soll ich den Vergleich vorschlagen um ihn durch Beschluss feststellen zu können?"
In einem nicht genau datierten Aktenvermerk hat die Kammervorsitzende ein Gespräch mit der Erinnerungsführerin vermerkt. Darin heißt es:
"Tel. Frau A.
Beschluss nicht nötig
Sie stimmt zu. Post folgt"
Mit Schreiben vom 04.07.2012 erwiderte die Erinnerungsführerin wie folgt:
"wird dem Vergleich des Beklagten vom 27.06.2012 zugestimmt.
Das Verfahren wird für erledigt erklärt."
Mit Schlussverfügung vom 09.07.2012 hat die Kammervorsitzende das Verfahren sodann ausgetragen. Als Erledigungsart wurde Rücknahme angekreuzt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.07.2012 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass das Verfahren durch Rücknahme beendet wurde.
Mit Schreiben vom 04.07.2012 begehrte die Erinnerungsführerin die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungs- und Erledigungsgebühr, Nr. 1005 VV RVG 280,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 750,00 EUR
zzgl. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 142,50 EUR
Gesamtbetrag 892,50 EUR
Mit Vergütungsfestsetzung vom 08.08.2012 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Gebühren und Auslagen wie folgt festgesetzt:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Einigungs- und Erledigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 380,00 EUR
zzgl. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 72,20 EUR
Gesamtbetrag 452,20 EUR
Zur Begründung hat die Urkundsbeamtin darauf hingewiesen, dass die Verfahrensgebühr wegen der Vertretung im Vorverfahren aus dem Gebührenrahmen Nr. 3103 VV RVG zu bestimmen sei. Die Einigungsgebühr sei aus Nr. 1006 VV RVG zu bestimmen. Gründe, welche es gerechtfertigt erscheinen ließen insoweit über die Mittelgebühr hinauszugehen, seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen. Der vereinzelt vertretenen Rechtsansicht, wonach auch bei einem Vergleichsschluss vor dem Sozialgericht eine Terminsgebühr anfalle, könne nicht gefolgt werden. Gesetzlich sei dies gerade nicht vorgesehen.
Am 29.08.2012 hat die Erinnerungsführerin dagegen Erinnerung eingelegt. Sie beanstandet, dass die Einigung- und Erledigungsgebühr aus Nr. 1005 VV RVG nicht festgesetzt wurde. Der "Vergleich vom 27.6.2012 / 4.7.2012" enthalte über den eigentlichen Streitgegenstand hinaus eine Regelung über ein noch nicht anhängiges Verfahren, weshalb die Gebühr aus Nr. 1005 VV RVG festzusetzen sei. Ergänzend beantragte die Erinnerungsführerin eine Einigungs- und Vergleichsgebühr aus Nr. 1006 VV RVG. Im Hinblick auf die Terminsgebühr führte die Erinnerungsführerin aus:
"Die Terminsgebühr fällt ergänzend auch an (Beschluss SG Fulda vom 8.3.2011, S 3 SF 60/10 E). Der Vergleich kam auf Vorschlag der Beklagten zustande, darüber hat die Unterzeichnerin mit der Kammervorsitzenden auch telefonischen Kontakt gehabt (Telefonat vom 3. oder 4.7.2012)."
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Für die Staatskasse hat der Bezirksrevisor beim Hessischen Landessozialgericht Stellung genommen. Er beantragt die Erinnerung zurückzuweisen. Die Urkundsbeamtin habe die Gebühren und Auslagen zutreffend festgesetzt. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen, ein Telefonat allein mit der Kammervorsitzenden reiche nicht aus, um eine Terminsgebühr auszulösen. Im Hinblick auf die Einigungs- und Erledigungsgebühr weist der Erinnerungsgegner lediglich darauf hin, dass eine Gebühr aus Nr. 1006 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr entstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens S 5 AS 723/10 Bezug genommen.
II.
Die gem. § 56 Abs. 1 RVG statthafte Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Erinnerungsführerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung. Weder einen Terminsgebühr noch eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr sind angefallen.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen.
1. Eine Terminsgebühr ist nicht angefallen. Vorliegend kommt nur eine Terminsgebühr nach der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. in Betracht.
Gem. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
Grundsätzlich geht die Kammer davon aus, dass eine solche Gebühr auch durch ein Telefonat ausgelöst werden kann (grundlegend SG Fulda, Beschl. v. 08.03.2011 S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 26; bestätigt durch HessLSG, Beschl. v. 09.11.2011 – L 2 SO 192/11 B; fortführend SG Fulda, Beschl. v. 01.07.2013 – S 4 SF 92/12 E, juris Rn. 19, ebenso MÜLLER-RABE, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV RVG, Rn. 194; kritisch dazu HANSENS, RVGreport 2011, 341). Dabei ist es nicht zwingend, dass die Beteiligten direkt miteinander telefonieren, auch wenn der Kammervorsitzende mit beiden Beteiligten telefoniert, entsteht die Gebühr. Dies ergibt sich aus einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung der auch der Wortlaut nicht entgegensteht (SG Fulda, Beschl. v. 08.03.2011 – S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 20 ff.). In der Konstellation in der der Kammervorsitzende mit den Beteiligten in verschiedenen Telefonaten spricht, ersetzen diese Telefonate die direkte Kontaktaufnahme zwischen den Beteiligten, welche auch ohne Beteiligung des Gerichts die Gebühr auslösen würde (vgl. zur Frage, ob dies auch durch ein Telefonat erfolgen kann, die überzeugenden Ausführungen des SG Fulda, Beschl. v. 01.07.2013 – S 4 SF 92/12 E, juris Rn. 19; vgl. dazu die Anm. von SCHAFHAUSEN, jurisPR-SozR 19/2013, Anm. 6).
Ob der Auffassung des SG Fulda indessen auch gefolgt werden kann, soweit es davon ausgeht, die Gebühr entstehe auch dann, wenn der Kammervorsitzende und (nur) einer der Beteiligten ein Telefonat führen (Beschl. v. 08.03.2011 – S 3 SF 60/10 E, juris Rn. 27 f.), kann die Kammer an dieser Stelle offenlassen. Der Wortlaut "auch ohne Beteiligung des Gerichts" setzt zunächst eine Besprechung zwischen den Beteiligten voraus, so dass ein Telefonat des Kammervorsitzenden mit nur einem Beteiligten die Gebühr nicht auszulösen vermag (wie hier MÜLLER-RABE, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, Vorb. 3 VV RVG, Rn. 195). Zu beachten ist aber, dass der letzte Halbsatz der amtlichen Anmerkung es zumindest vertretbar erscheinen lässt, auf ein direktes oder vermittelndes Gespräch zwischen den Beteiligten zu verzichten, weil anderenfalls die Existenzberechtigung des letzten Halbsatzes der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. nicht erklärlich wäre.
Vorliegend muss dies aber nicht abschließend entschieden werden, weil sich weder aus dem Aktenvermerk der Kammervorsitzenden noch aus dem Vortrag der Erinnerungsführerin ergibt, dass das – unstreitige – Telefonat zwischen der Kammervorsitzenden und der Erinnerungsführerin "auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens" gerichtet war. Dies ist aber weitere tatbestandliche Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr. Dem berechtigten Einwand, es sei sicherzustellen, dass nicht jede telefonische Kontaktaufnahme eines Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht eine Terminsgebühr auslöse (HANSEN, RVGreport 2007, 375 [377]), ist dadurch Rechnung zu tragen, dass an die Anforderungen an das Merkmal "auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens" höhere Anforderungen gestellt werden. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus dem Aktenvermerk wie auch dem Vortrag der Erinnerungsführerin ergibt sich lediglich, dass die Modalitäten der Art und Weise der Verfahrensbeendigung geklärt wurden. Der Inhalt der erledigenden Einigung zwischen den Beteiligten musste weder erst noch in dem Telefonat erarbeitet noch weiter konkretisiert werden; es ging allein um die Mitteilung der Erinnerungsführerin, dass sie eine schriftliche Zustimmungserklärung zu einem bereits vorliegenden Einigungsvorschlag des Beklagten zur Akte reichen werde. Dies genügt nicht, um eine Terminsgebühr im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. auszulösen (weitergehend zu den Anforderung an eine Besprechung: HessLSG, Beschl. v. 20.04.2011 – L 2 SF 311/09 E, juris Rn. 33, welches die Vergleichbarkeit mit der inhaltlichen Intensität und dem Umfang eines Gerichtstermins fordert).
2. Die Erinnerungsführerin hat auch keinen Anspruch auf eine Erledigungsgebühr. Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG a.F. entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich der Rechtsstreit durch anwaltliche Mitwirkung erledigt hat. Nach den amtlichen Erläuterungen zu Nr. 1002 VV RVG entsteht die Gebühr, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Gem. Satz 2 der amtlichen Erläuterung a.F. gilt das Gleiche, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Vorliegend mangelt es bereits an einer ganzen oder teilweisen Aufhebung oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes. Maßgeblich ist insofern vorliegend ausschließlich der Bescheid vom 05.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.05.2010. Dieser blieb aber auch von dem außergerichtlichen Vergleich der Beteiligten unangetastet, so dass die Festsetzung einer Erledigungsgebühr tatbestandlich ausscheidet. Ein Bescheid über die Rückforderung der Leistungen für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.02.2010 war aber zu keiner Zeit ergangen, so dass sich auch insoweit keine Aufhebung oder Änderung ergeben kann.
3. Schließlich hat die Erinnerungsführerin auch keinen Anspruch auf eine Einigungsgebühr. Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG a.F. i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG a.F. entsteht die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder ein Verzicht (Abs. 1 S. 1 der amtlichen Erläuterung zu Nr. 1000 VV RVG a.F.). Dabei geht die Kammer zwar zunächst in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 21.10.1987 – IVa ZR 170/86 = NJW 1988, 494 f.) und Schrifttum (ONDERKA/S. SCHNEIDER, in: Schneider/Wolff, RVG, 6. Aufl. 2012, VV 1000, Rn. 226; KLEES, in: KM./Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2011, Nr. 1000 VV, Rn. 28) davon aus, dass die Gebühr auch bei außergerichtlichen Verträgen (Vergleichen) zur Anwendung kommen kann. Vorliegend kommt aber eine Einigungsgebühr deshalb nicht in Betracht, weil der (außergerichtliche) Vertrag für die streitgegenständliche Forderung lediglich einen Verzicht enthält, was durch die Erledigterklärung, welche prozessual als Klagerücknahme zu werten ist (vgl. BayLSG, Beschl. v. 08.04.2013 – L 15 SF 338/11 B, juris, Rn. 23), dokumentiert wird. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius, welches auch im Erinnerungsverfahren gilt (vgl. BayLSG, Beschl. v. 28.12.2011 – L 15 SF 60/11 B E, juris, Rn. 19; SG Fulda, Beschl. v. 19.03.2012 – S 4 SF 51/11 E, juris, Rn. 47), ist es der Kammer aber verwehrt, die Festsetzung der Urkundsbeamtin insoweit aufzuheben.
4. Daneben hat die Erinnerungsführerin auch keinen Anspruch auf eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr im Hinblick auf Nr. 2 des außergerichtlichen Vergleichs zwischen den Beteiligten. Soweit die Erinnerungsführerin insoweit einen weiteren Gebührenanspruch aus Nr. 1005 VV RVG a.F. ableiten will, kommt ein solcher Anspruch schon deshalb nicht in Betracht, weil – wie sich aus einem Umkehrschluss aus Nr. 1006 VV RVG a.F. ergibt – Nr. 1005 VV RVG a.F. nur solche Streitgegenstände umfasst, in denen kein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Ist aber der insoweit relevante Streitgegenstand gar nicht anhängig, so scheidet ein entsprechender Gebührenanspruch gegenüber der Staatskasse im Wege der Prozesskostenhilfe denknotwendigerweise aus, weil die Prozesskostenhilfe nur den anhängigen Streitgegenstand umfasst.
Wie es sich ausgewirkt hätte, wenn die Beteiligten den außergerichtlichen Vergleich als gerichtlichen Vergleich abgeschlossen hätten (Protokollierung über § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 202 SGG) bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Auf die insoweit erfolgte Änderung der amtlichen Erläuterung zu Nr. 1006 VV RVG n.F. weist das Gericht hin.
Der Erinnerung war am Maßstab des Vorstehenden insgesamt der Erfolg zu versagen.
Gerichtskosten werden gem. § 56 Abs. 2 S. 2 RVG im Verfahren über die Erinnerung nicht erhoben. Kosten werden gem. § 56 Abs. 2 S. 3 RVG nicht erstattet.
Gegen diese Entscheidung ist gem. § 56 Abs. 2 RVG grundsätzlich die Beschwerde statthaft. Ein Vorrang des Normgefüges des SGG, dahingehend, dass (auch) gegen Erinnerungen nach § 56 Abs. 1 RVG eine Beschwerde gem. § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen ist, erscheint schon deshalb bedenklich, weil die Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG sich auf Vergütungsfestsetzungen (aus der Staatskasse) gem. § 55 RVG bezieht. § 197 Abs. 2 SGG bezieht sich hingegen auf Kostenfestsetzungen (zwischen den Beteiligten) gem. § 197 Abs. 1 SGG (wie hier: LSG NW, Beschl. v. 29.01.2008 L 1 B 35/07 AS, juris, Rn. 8; bestätigt durch LSG NW, Beschl. v. 10.12.2009 – L 19 B 218/09 AS, juris, Rn. 25; ebenso mit abweichenden Begründungen HessLSG, Beschl. v. 25.05.2009 – L 2 SF 50/09 E, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 17.07.2008 – L 6 B 93/07, juris Rn. 21 ff.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.02.2009 – L 15 SF 9/09 B, juris, Rn. 7 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 28.10.2008 – L 9 B 19/08 AS SF, juris, Rn. 3 ff.).
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved