L 2 R 241/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 951/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 241/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für die Erstattung von überzahlten Leistungen einer Witwerrente nach Wiederheirat ist eine vorherige Aufhebung des die Witwerrente bewilligenden Bescheides erforderlich. § 15 Abs. 2 RentSV ist keine Regelung zu entnehmen, wonach mit einer Wiederheirat der Witwerrentenanspruch kraft Gesetzes entfällt.

2. Wenn die Voraussetzungen von § 56 und § 57 Abs. 2 SGB I vorliegen, gehört auch der Beteiligte, der nach dem Tod des Berechtigten einer Erstattungsforderung ausgesetzt ist, als Sonderrechtsnachfolger zum Personenkreis des § 183 S. 1 SGG.

3. Ein Verfahren ist auch dann kostenfrei, wenn ein Beteiligter nur für einen Teil eines einheitlichen Streitgegenstandes zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte fordert von der Klägerin die Erstattung einer aufgrund der Wiederheirat des Berechtigten C. C. mit der Klägerin überzahlten Witwerrente in Höhe von 11.807,96 EUR. Dabei ist zwischen den Beteiligten insbesondere umstritten, ob es dafür einer Aufhebung der Bewilligung der Witwerrente durch die Beklagte bedurfte.

Auf Antrag von Herrn C. bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten diesem mit Bescheid vom 4. Januar 2001 eine große Witwerrente aus der Versicherung seiner am 29. Oktober 2000 verstorbenen Ehefrau D. C. in Höhe eines monatlichen Auszahlungsbetrags in Höhe von 1.004,80 DM. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift "Mitteilungspflichten" u.a. folgenden Passus:

Die Rente fällt mit Ablauf des Monats der Wiederheirat weg. Daher besteht die Verpflichtung, uns eine Wiederheirat unverzüglich mitzuteilen.

Herr C. heiratete am 27. Oktober 2003 die Klägerin, ohne der Beklagten dies mitzuteilen. Am xx. xxx 2006 verstarb Herr C.

Durch eine Mitteilung der für den Antrag der Klägerin auf Witwenrente aus der Versicherung von Herrn C. zuständigen Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 8. August 2006 erfuhr die Beklagte von der Wiederheirat von Herrn C. und seinem Tod.

Ausweislich des Erbscheins vom 30. August 2006 des Amtsgerichts Frankfurt am Main beerbten die Klägerin und der Sohn von Herrn C. den verstorbenen Versicherten jeweils zur Hälfte.

Mit Schreiben vom 21. November 2006 hörte die Beklagte die Klägerin zur Rückforderung der Hälfte der in der Zeit vom 1. November 2003 bis zum 31. Juli 2006 ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen an. Abzüglich eines gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Hessen geltend gemachten Erstattungsanspruchs in Höhe von 3.290,96 EUR ergebe sich eine Forderung in Höhe von 5.565,01 EUR.

Nachdem die Beklagte die Klägerin zur Rückforderung der Hälfte der in der Zeit vom 1. November 2003 bis zum 31. Juli 2006 ohne Rechtsgrund erbrachten Witwerrente angehört hatte, teilte die Klägerin mit, keine Kenntnis von dem Bezug der Witwerrente durch Herrn C. gehabt zu haben. Sie beziehe selbst eine Witwenrente von 508,61 EUR monatlich und habe kein weiteres Einkommen.

Auf die Anhörung zur Erstattung der anderen Hälfte der überzahlten Witwerrente teilte der Sohn des Klägers mit am 13. Dezember 2006 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben mit, dass seine finanzielle Lage schlecht sei und eine Lohnpfändung laufe. Das einzige Barvermögen seines Vaters habe die Klägerin an sich genommen.

Nach Ermittlungen zu den Einkommensverhältnissen des Sohnes von Herrn C. hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Mai 2007 erneut zu einer Erstattung, diesmal aber in Höhe der gesamten Summe von 14.420,98 EUR, an. Auf diese Anhörung reagierte die Klägerin nicht.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2007 forderte die Beklagte daraufhin von der Klägerin die in der Zeit vom 1. November 2003 bis zum 31. Juli 2006 an Herrn C. zu Unrecht erbrachte große Witwerrente in Höhe von 14.420,98 EUR nach § 50 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zurück. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauen in die Richtigkeit der Zahlung berufen. Im Rahmen des Ermessens überwiege das öffentliche Interesse an der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes dem Interesse der Klägerin.

Am 13. Juli 2007 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid unter Verweis auf die schlechte wirtschaftliche Situation und die Notwendigkeit der Inanspruchnahme des Sohns von Herrn C. Widerspruch. In einem Schreiben vom 16. Oktober 2007 teilte die Beklagte der Klägerin darauf hin mit, dass sie als Erbin mit dem weiteren Erben gesamtschuldnerisch hafte.

Mit Teilabhilfebescheid vom 12. März 2008 reduzierte die Beklagte die Rückforderung im Rahmen der Ermessenausübung auf 11.807,96 EUR. Aus einem internen Vermerk der Beklagten ist ersichtlich, dass die Forderung um ein Drittel reduziert wurde, da Herr C. die Witwerrentenabfindung nicht in Anspruch genommen habe und die Klägerin diese nicht beantragen könne.

Nach interner Rücksprache mit der Grundsatzabteilung der Beklagten hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer vorherigen Aufhebung der Witwerrentenbewilligung wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2008 im Übrigen als unbegründet zurück. Der Bescheid vom 4. Januar 2001 über die Gewährung der Witwerrente aus der Versicherung der Versicherten D. C. habe den Hinweis enthalten, dass die Rente mit Ablauf des Monats nach Wiederheirat wegfalle. Eines gesonderten Entziehungsbescheids habe es nicht bedurft. Die Erstattungspflicht sei auf die Erben übergegangen, die nach den §§ 1922, 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gesamtschuldnerisch hafteten. Die Klägerin sei Erbin des verstorbenen C. C. Dieser sei bösgläubig gewesen, da er mit dem Bescheid vom 4. Januar 2001 über den Wegfall der Witwerrente bei Wiederheirat informiert worden sei. Aufgrund der entgangenen Witwerrentenabfindung für Herrn C. sei der Rückforderungsbetrag im Rahmen des Ermessens die Forderung um ein Drittel von 17.711,94 EUR auf 11.807,96 EUR zu reduzieren gewesen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der am 23. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage. Die Beklagte habe ihr Ermessen bei der Auswahl der Klägerin als Erstattungspflichtige anstatt des Sohnes von Herrn C. fehlerhaft ausgeübt. Es komme auf die Bösgläubigkeit der Klägerin und nicht der von Herrn C. an. Bösgläubigkeit habe nicht vorgelegen, da die Klägerin nicht gewusst habe, dass Herr C. eine Witwerrente bezogen habe. Auch sei die Jahresfrist nicht eingehalten, da davon ausgegangen werden müsse, dass der Versicherte die Wiederheirat mitgeteilt habe. Es werde bestritten, dass der Bescheid vom 4. Januar 2001 eine Belehrung über den Wegfall der Rente bei Wiederheirat enthalten habe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht in der Lage, den Betrag zurückzuzahlen. Sie verfüge nur über ihre geringe eigene Rente aus der Türkei und die Witwenrente. Dies hätte die Beklagte im Ermessen berücksichtigen müssen.

Die Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, dass es für die Bösgläubigkeit auf Herrn C. ankomme. Eine Mitteilung über die Wiederheirat habe die Beklagte erst durch die Deutsche Rentenversicherung Hessen mit Schreiben vom 8. August 2006 erhalten. Herr C. habe diesen Umstand nicht selbst mitgeteilt.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hob mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2012 den Bescheid vom 13. Juni 2007 in der Fassung des Bescheides vom 12. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2008 auf und legte der Beklagten die Tragung der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf. Die Voraussetzungen von § 50 Abs. 2 SGB X seien nicht gegeben. Bei der Zahlung der Witwerrente habe es sich nicht um eine Leistung ohne Verwaltungsakt gehandelt. Das Bundessozialgericht habe entschieden, dass ein Witwerrentenbescheid bei Wiederheirat aufgehoben werden müsse und dafür nur § 48 Abs. 1 SGB X in Betracht komme (BSG vom 1. Juli 201 – B 13 R 77/09 –). Eine Umdeutung in einen Bescheid nach § 48 Abs. 1 i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X komme nicht in Betracht, da die Beklagte die Rückforderung ausdrücklich auf § 50 Abs. 2 SGB X gestützt und eine Aufhebung des Rentenbescheids nicht gewollt habe. Außerdem fehle es ohnehin an der Ausübung des nach § 48 Abs. 1 SGB X erforderlichen Ermessens, da dies mit dem Ermessen nach § 50 Abs. 2 SGB X nicht gleichgesetzt werden könne.

Gegen das ihr am 6. Juni 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Juni 2012 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts bedürfe es keiner Bescheidaufhebung, es sei vielmehr ein Fall des § 50 Abs. 2 SGB X gegeben. Das Bundessozialgericht habe sich in der von der Klägerin genannten Entscheidung nicht damit auseinander gesetzt, dass nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 der Renten Service Verordnung (RentSV) der Renten Service die Zahlung laufender Geldleistungen auch ohne Auftrag des Rentenversicherungsträgers einstellen könne, wenn der Berechtigte einer Witwenrente wieder geheiratet habe. Diese Ermächtigung zeige, dass ein Witwenrentenbescheid mit der Wiederheirat unwirksam werde. Die Begründung zu § 15 Abs. 2 RentSV führe ausdrücklich aus, dass es sich um Fälle handele, bei der der Zahlung zugrunde liegende Rentenbescheid durch Wiederheirat des Berechtigten einer Witwenrente nach § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden sei.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beruft sich auf die Gründe der Entscheidung des Sozialgerichts.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin und ihren Ehemann betreffenden Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2012 ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 13. Juni 2007 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 12. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2008 zu Recht aufgehoben, da der Bescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Die Voraussetzungen einer Erstattung liegen nicht vor. Für die Erstattung von überzahlten Leistungen einer Witwenrente nach Wiederheirat ist eine vorherige Aufhebung erforderlich (vgl. BSG vom 1. Juli 2010 – B 13 R 77/09 – Juris-Rn. 26; Bohlken in: juris-PK SGB VI, § 46, Rn. 47; jeweils ohne Begründung), an der es hier fehlt.

Nach § 50 Abs. 2 SGB X sind Leistungen, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, zu erstatten. Die Witwerrente von Herrn C. basiert auf dem Bescheid vom 4. Januar 2001. Dieser Verwaltungsakt ist noch immer wirksam und nicht – wie die Beklagte meint – aufgrund der Wiederheirat von Herrn C. "erledigt". Ein wie hier nicht nach § 40 SGB X nichtiger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bleibt nach § 39 Abs. 2 SGB X wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die Wiederheirat des Versicherten ist kein Fall einer Erledigung auf andere Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X. Der der Bewilligung der Witwerrente zugrunde liegende Verwaltungsakt ist zwar rechtswidrig geworden, denn die Heirat von Herrn C. mit der Klägerin hat tatsächlich die Voraussetzungen der Witwerrente nachträglich ab der Heirat entfallen lassen. § 46 Abs. 1 S. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sieht nämlich als Voraussetzung einer Witwerrente vor, dass der Witwer nicht wieder geheiratet hat. Der Bewilligungsbescheid bleibt jedoch trotz dieser Rechtswidrigkeit wirksam. Eine gesetzliche Regelung dahingehend, dass mit einer Wiederheirat der Rentenanspruch automatisch entfällt, sieht das SGB VI nicht vor. Eine solche Regelung ergibt sich auch nicht aus der RentSV. Diese sieht zwar in § 15 Abs. 2 RentSV vor, dass der Renten Service ohne Auftrag des Rentenversicherungsträgers bei Kenntnis von der Wiederheirat eines Berechtigten einer Witwenrente die Zahlung einstellen kann und setzt damit tatsächlich voraus, dass der Rentenbescheid ohne Mitwirken des Rentenversicherungsträgers allein durch die Wiederheirat – also auch ohne Aufhebung des Bescheids – seine Wirkung verliert. Der Verordnungsgeber ist tatsächlich davon ausgegangen, dass es einer Aufhebung in diesen Fällen nicht bedarf. Das allein ist aber nicht ausreichend. Weder die RentSV noch das SGB VI enthalten eine ausdrückliche Regelung dazu, dass mit der Wiederheirat der Witwenrentenanspruch kraft Gesetzes entfällt. Dass eine solche Regelung erforderlich ist, zeigt sich im Vergleich mit der ebenfalls in § 15 Abs. 2 RentSV geregelten Einstellung von Rentenzahlungen bei Tod des Berechtigten. Hier folgt die fehlende Notwendigkeit eines Aufhebungsbescheids ebenfalls nicht aus der RentSV, sondern wird von § 15 Abs. 2 RentSV nur vorausgesetzt. Die eigentliche Regelung enthält § 102 Abs. 5 SGB VI. Dieser normiert ausdrücklich, dass Renten nur bis zum Ende des Monats geleistet werden, in dem der Berechtigte gestorben ist. Eine entsprechende Regelung für die Wiederheirat bei einer Witwenrente fehlt. § 102 Abs. 2 und 3 SGB VI befassen sich zwar mit Witwenrenten, den Fall einer Wiederheirat regeln sie aber nicht. Der Zusammenhang mit der Einstellung der Zahlung beim Tod des Berechtigten verdeutlicht, dass § 15 Abs. 2 RentSV auch keine konkludente Regelung zur automatischen Unwirksamkeit der Bewilligung einer Witwenrente bei einer Wiederheirat trifft, sondern eine solche Norm nur voraussetzt. Die fehlerhafte Annahme des Verordnungsgebers kann die fehlende Regelung im SGB VI durch den Gesetzgeber nicht ersetzen. § 15 Abs. 2 RentSV steht insoweit im Widerspruch zu § 39 Abs. 2 SGB X und muss dem höherrangigen formellen Gesetz weichen. Auch aus dem Passus im Bescheid vom 4. Januar 2001 ("Die Rente fällt mit Ablauf des Monats der Wiederheirat weg.") kann die Beklagte nicht herleiten, dass eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids nicht erforderlich ist. Mit dieser Bestimmung ist keine eigenständige Bedingung formuliert, bei deren Eintritt der Bescheid seine Wirkung verlieren soll, sondern sie stellt nur die Auffassung der Beklagten dar, dass bei Wiederheirat die Witwenrente kraft Gesetzes entfällt.

Um die Erstattung der nach der Heirat der Klägerin mit Herrn C. zu Unrecht gezahlten Witwerrente geltend zu machen, hätte die Beklagte den Bescheid vom 4. Januar 2001 aufheben müssen. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Hier wäre eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X wegen einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse in Betracht gekommen. Eine solche Aufhebung hat die Beklagte weder ausdrücklich noch konkludent verfügt. Vielmehr hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20. November 2008 ausdrücklich erklärt, dass es keines Entziehungsbescheides bedürfe. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kommt auch eine Umdeutung des Erstattungsbescheides in einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nicht in Betracht. Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Dies ist aber nach § 43 Abs. 2 SGB X nur dann möglich, wenn der neue Verwaltungsakt nicht der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspricht. Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte hat ausdrücklich klargestellt, dass sie die Erstattung auf § 50 Abs. 2 SGB X stützt und die fehlende Notwendigkeit einer Aufhebungsentscheidung begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197a SGG liegt nicht vor. § 197a SGG ist nicht anwendbar, da die Klägerin zu dem nach § 183 SGG privilegierten Personenkreis gehört. Nach dieser Vorschrift ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Die Klägerin ist zwar Versicherte und Leistungsempfängerin, sie ist aber nicht in dieser Eigenschaft beklagt, sondern als Erbin ihres Mannes, der Leistungsempfänger der Witwerrente war. Die Gesamtrechtsnachfolge nach den §§ 1922, 1967 BGB als Erbin ihres Mannes führt, wie der Umkehrschluss aus § 183 S. 2 SGG zeigt, der Kostenfreiheit nur bei Aufnahme des Verfahrens durch einen sonstiger Rechtsnachfolger für diesen Rechtzug vorsieht, nicht zu einer Kostenfreiheit des Verfahrens, da die Klägerin das Verfahren nicht aufgenommen hat, sondern von Anfang an Beteiligte war. Sie ist aber nach § 56 Abs. 1 SGB I Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Mannes. Nach dieser Vorschrift stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten nacheinander dem Ehegatten, dem Lebenspartner, den Kindern, den Eltern oder dem Haushaltsführer zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Die Klägerin hat mit ihrem verstorbenen Ehemann in einer Wohnung zusammen gewohnt und es ist wegen ihres geringen eigenen Einkommens auch davon auszugehen, dass Herr C. einen Großteil der Kosten der gemeinsamen Lebensführung getragen hat. Der Annahme einer Sonderrechtsnachfolge steht auch nicht entgegen, dass nicht die Klägerin die Ansprüche von Herrn C. geltend machen will, sondern sich einem Anspruch der Beklagten auf Erstattung gegenüber sieht. § 57 Abs. 2 SGB I sieht ausdrücklich die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Sonderrechtsnachfolgers vor. Danach haftet der Sonderrechtsnachfolger, soweit Ansprüche auf ihn übergangen sind, für die nach dem Sozialgesetzbuch bestehenden Verbindlichkeiten des Verstorbenen gegenüber dem Leistungsträger. Damit wird die Haftung des Sonderrechtsnachfolgers auf die zum Zeitpunkt des Todes übergehenden Sozialleistungen beschränkt (Wagner in: jurisPK-SGB I, § 57 SGB I, Rn. 13). Zum Zeitpunkt des Todes des Ehemanns der Klägerin ist der Rentenzahlungsanspruch für Juli 2006 auf die Klägerin übergegangen. Dieser Anspruch war beim Tod des Ehemanns der Klägerin auch noch nicht durch Erfüllung untergegangen (zu dieser Voraussetzung vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 31. März 2006 – 9 B 05.1414 – Juris-Rn. 22 ff), weil Renten nach § 118 Abs. 1 SGB VI erst am Ende des Monats fällig werden und die Witwerrente des Klägers deshalb bei dessen Tod am 16. Juli 2006 noch nicht ausgezahlt worden war. Die Auszahlungsansprüche der Folgemonate konnten hingegen nicht übergehen, da § 102 Abs. 5 SGB VI festlegt, dass Renten nur bis zum Ende des Todesmonats des Berechtigten geleistet werden. Die Auszahlungsansprüche für die Monate vor Juli 2006 konnten ebenfalls nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergehen, da sie beim Tod von Herrn C. bereits erfüllt waren. Für Juli 2006 hätte sich die Erstattungsforderung der Beklagten also nicht an die Klägerin als Erbin richten dürfen, sondern die Beklagte hätte sich auf die Stellung der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin und § 57 Abs. 2 SGB I stützen müssen. Die Klägerin wäre damit als Sonderrechtsnachfolgerin teilweise kostenprivilegiert, im Übrigen als Gesamtrechtsnachfolgerin nach den §§ 1922, 1967 BGB hingegen nicht. Da es sich bei der Klage gegen die Erstattungsforderung der Beklagten um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt, reicht die nur teilweise Sonderrechtsnachfolge aus, dass gesamte Verfahren zu einem kostenfreien Verfahren zu machen (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 183, Rn. 2a), denn die Durchführung eines teilweise kostenpflichtigen und teilweise kostenfreien Verfahrens ist nicht möglich (vgl. für den Fall der Einlegung eines Rechtsmittels durch einen kostenprivilegierten und einen nicht privilegierten Beteiligten: BSG vom 29. Mai 2006- B 2 U 391/05 B – Juris-Rn. 18 = SozR 4-1500 § 193 Nr. 3). Schon die Erhebung von Gerichtskosten in anteiliger Höhe ist nicht vorgesehen. Eine gemischte Kostenentscheidung nach § 193 und § 197a SGG widerspräche außerdem dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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