S 12 KA 284/12

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 284/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird die Abrechnung der Nr. 50 (Exz2) BEMA für einzelne Ausnahmefälle zur isolierten Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne abgerechnet, dann müssen die Voraussetzungen für eine Parodontosebehandlung vorliegen Eine Leistung nach Nr. P 200 BEMA kann danach nicht abgerechnet werden (Bestätigung von SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 - S 12 KA 325/09 -).
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für das Quartal IV/11 in zwei Behandlungsfällen und hierbei um die Absetzung von je einer Leistung nach Nr. P 200 BEMA in Höhe von insgesamt 24,92 EUR.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr A2 ist Zahnarzt, und Frau Dr. A3 ist Zahnärztin. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Die AOK – die Gesundheitskasse in Hessen beantragte unter Datum 30.08.2011 die Berichtigung der Parodontoseabrechnung der Klägerin für Februar 2011. Die Beanstandungen (Behandlungsbeginn vor Genehmigung / zeitnahe Abrechnung von Extraktionen sowie der Positionen Exz2 neben der PAR-Behandlung) habe sie aufgelistet und die erforderlichen Unterlagen beigefügt.

Die Beklagte hörte den Kläger unter Datum vom 03.01.2012 zur Beanstandung im Behandlungsfall P1 und im Behandlungsfall P2 an und teilte mit, an dem Zahn 12 bzw. 43 sei zeitnah zur systematischen PAR-Behandlung die Nr. 50 BEMA abgerechnet worden. Das Behandlungsziel der Nr. 50 BEMA sollte sein, dass das in dieser Weise behandelte Parodontium nicht im Rahmen einer folgenden systematischen Parodontalbehandlung erneut therapiert werden müsse.

Die Klägerin erklärte zum Behandlungsfall P1, im Zusammenhang mit der PAR-Behandlung sei als akute Sofortmaßnahme eine Kürettage am Zahn 12 bei erheblichen Schmerzen und Entzündungen erforderlich gewesen. Die Abrechenbarkeit für derartige Akutbehandlungen bestehe aber neben einer PAR-Behandlung. Zum Behandlungsfall P2 führte sie ebenfalls an, es habe sich um eine Akutbehandlung des Zahnes 43 gehandelt. Starke Schmerzen und Schwellung hätten die Therapie zwingend notwendig gemacht.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 13.03.2012 in den Behandlungsfällen P1 und P2 jeweils einmal die Nr. P 200 BEMA ab. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 50 BEMA könne am einzelnen Parodontium u. a. dann abgerechnet werden, wenn in akutem Zustand im Ausnahmefall die Hart- und Weichgewebskürettage injiziert sei. Voraussetzung für die Abrechnung der Position für parodontal-chirurgische Eingriffe müsse unzweifelhaft sein, dass der Leistungsinhalt einer Nr. 200 bis 203 BEMA im vollen Umfang erfüllt sei und die Voraussetzungen für eine systematische Behandlung von Parodontopathien entsprechend Teil V der Behandlungsrichtlinien vorlägen. Das Behandlungsziel der Nr. 50 BEMA soll sein, dass das in dieser Weise behandelte Parodontium nicht im Rahmen einer folgenden systematischen Parodontalbehandlung erneut therapiert werden müsse.

Hiergegen legte die Klägerin mit Datum vom 21.03.2012 Widerspruch ein. Sie wies erneut darauf hin, es habe sich um eine Notfallmaßnahme gehandelt. Bei den Vorgaben der Beklagten handele es sich um eine Sollvorschrift.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2012 unter Wiederholung ihrer Ausführungen im angefochtenen Ausgangsbescheid den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, insoweit werde der Ansatz der Nr. 200 bis 203 BEMA durch den Ansatz der Nr. 50 BEMA in der KCH-Abrechnung abrechnungstechnisch ausgeschlossen.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.06.2012 die Klage erhoben. Sie verweist nochmals auf das Vorliegen einer Notfallmaßnahme. Aus einer Kommentierung ergebe sich, dass eine weitere häufige Situation, bei der nur ein einziges oder einzelne wenige Parodontien parodontal-chirurgischer Behandlungen bedürften, dann gegeben sei, wenn bei bereits früher erfolgter systematischer Parodontaltherapie im Rahmen deren Nachsorgetherapie ein lokales Rezidiv entstehe und dies im Sinne einer wissenschaftlich aktuellen, nachhaltigen Parodontaltherapie der lokalen Rezidivbehandlung unterzogen werden müsse. Dies mache deutlich, dass sich die Nr. 200 bis 203 und 50 BEMA nicht gegeneinander ausschlössen, zumal dies in der Leistungslegende nicht festgehalten sei. Es bestehe keine sachlich-rechnerische Berichtigung wegen ungenügender Röntgenaufnahmen bei PAR. Das Gebot der Anfertigung ausreichender Röntgenaufnahmen sei in den PAR-Richtlinien verankert und konkretisiere das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot. Dies könne nur im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung überprüft werden. Im Behandlungsfall P1 habe sie am 21.12.2011 die Exzision eines Fistelmauls an Zahn 12 durchgeführt. Es habe sich um eine akut notwendige Maßnahme in Zusammenhang mit der in gleicher Sitzung durchgeführten Wurzelspitzenresektion am Zahn 13 gehandelt. Sie stehe zudem in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der PAR-Behandlung. Im Behandlungsfall P2 sei am 22.01.2011 eine Kürettage am Zahn 43 notwendig geworden. Es sei ein Deepscaling und Rootplaning erfolgt. Dies sei notwendig geworden, nachdem am Zahn 43 eine Füllung in gleicher Sitzung habe gelegt werden müssen und sich aus dem Parodontalspalt ein kleiner, leicht blutender Polyp nach oben entwickelt habe. Es wäre nicht möglich gewesen, die Füllungstherapie ohne die Entfernung dieser Polypen und die Beseitigung an der ursächlichen Veränderung an der Wurzel durchzuführen. Sie habe die Exzision 2 durchführen müssen, da vor Beginn der Parodontosebehandlung notwendige konservierende Maßnahmen durchgeführt werden müssten. Es sei keine Anhörung durchgeführt worden.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 13.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 24,92 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu ihren Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden trägt sie vor, ihre Vorgaben habe die Kammer in der Entscheidung vom 07.07.2012 – S 12 KA 633/09 – bestätigt. Durch den ausnahmsweisen Ansatz der Nr. 50 BEMA zur Behandlung eines einzelnen Parodontiums werde quasi der Ansatz der Nr. P 200 bis 203 BEMA gesperrt. Es gehe nicht um eine Fragestellung der Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern um die Erfüllung des Leistungsinhaltes. Im Behandlungsfall P1 trage die Klägerin im Klageverfahren einen neuen Sachverhalt vor, womit sie ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei die Exzision eines Fistelmauls an Zahn 12 angesichts der zeitgleich durchgeführten Resektion (WSR) in der unmittelbar benachbarten Region 13 auch fachlich nicht vorstellbar. Typischerweise werde bei einer Wurzelspitzenresektion die von Partsch angegebene Schnittführung angewandt, bei der ein bogenförmiger Schnitt im Bereich der beweglichen Mundschleimhaut beginnend vom Nachbarzahn des zu resezierenden Zahnes hin zum anderen Nachbarzahn verlaufe. Die Konvexität des Bogens zeige hierbei zur Zahnkrone. Im Falle des Vorliegens eines Fistelmauls sei dieser entweder im Bereich der Schnittführung oder des Mukoperiostlappens zu finden, sodass eine gesonderte Excision der Fistel unnötig sei, da die Verbindung zum Herd des erkrankten und resezierenden Zahnes durch den Schnitt unterbrochen sei. Nach erfolgter Resektion mit dichter Wurzelfüllung komme es ohnehin zum Ausbleiben der Eiterproduktion und damit zum Verschwinden der Fistel. Insofern sei auch die nunmehr als Begründung angegebene Excision einer Fistel nicht ausreichend, um die Berechtigung der Absetzung zu widerlegen. Die im Fall P1 behauptete Excision eines Fistelmauls stelle die Absetzung nicht in Frage, da die Excision eines Fistelmauls aufgrund ihrer Schnittführung regelmäßig mit dem Eingriff der Wurzelspitzenresektion abgegolten sei. Raum für die gesonderte Abrechenbarkeit der Nr. 50 BEMA bestehe auch hier nicht. Den Vertragszahnarzt träfen gesteigerte Dokumentations- und Nachweispflichten, wenn er einen entsprechenden Vortrag im Gerichtsverfahren erhebe. Für den Fall P1 liege die Vermutung nahe, dass die klägerische Dokumentation nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung selbst bzw. mit dem chirurgischen Eingriff erstellt worden sei. Der Inhalt der Beschreibungen des Klägers sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Auch im Behandlungsfall P2 trage die Klägerin neu vor. Hierzu sei zu bemerken, dass sie davon ausgehen dürfe, dass die Kürettage eines Zahnes lege artis durchgeführt werde. Insofern sei eine erneute Durchführung im Rahmen einer später durchgeführten systematischen PAR-Therapie abrechnungstechnisch ausgeschlossen. Die Position P 200 sei also zu Recht abgesetzt worden. Die Entfernung des kleinen, leicht blutenden Polypen erfülle nicht den Leistungsinhalt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 24,92 EUR. Die Klage war abzuweisen.

Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R – a.a.O.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R – a.a.O.).

Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen.

Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 - B 6 KA 48/97 R - BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.). Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte, während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen unabhängig von ihrer Menge - kein Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse. Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen, die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125, juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229 = MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 - B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).

Die Beklagte geht davon aus, dass die abgesetzten Leistungen nach Nr. P 200 im konkreten Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach Nr. 50 BEMA abrechenbar sind. Damit handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Berichtigung.

Zum Zeitpunkt des Zugangs des angefochtenen Bescheids war die Ausschlussfrist von vier Jahren noch nicht verstrichen. Der Berichtigungsbescheid erging bereits nach etwas mehr als einem Jahr nach der strittigen Behandlung.

Für die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen gilt eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der K(Z)ÄV dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Richtigstellung auf der Rechtsgrundlage der bundesmantelvertraglichen Richtigstellungsvorschriften ausgeschlossen. Sie ist dann nur noch nach Maßgabe der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 (Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1) SGB X möglich (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 15 = BSGE 97, 84 = GesR 2007, 174 = USK 2006-114, juris Rdnr. 12). Die vierjährige Ausschlussfrist zur Berichtigung beginnt mit dem Tag der Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides und nicht mit dem Ablauf des Jahres, in dem dieser Bescheid erlassen worden ist (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 18). Das Datum der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes (§ 37 SGB X) ist typischerweise feststellbar. Jeder Honorarbescheid trägt das Datum, unter dem er von der K(Z)ÄV erstellt und versandt worden ist. Dann lässt sich verlässlich berechnen, wann der Verwaltungsakt als bekannt gegeben gilt, sofern sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ohnehin aus Zustellungsurkunden oder ähnlichen Nachweisen ergibt. Der Tag der Erstellung der jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheide, der Termin ihrer Versendung an die Vertrags(zahn)ärzte und die darauf beruhende rechtliche Feststellung des Zeitpunktes der Bekanntgabe (§ 37 Abs 2 SGB X) ist regelmäßig anhand der Unterlagen der K(Z)ÄV zu ermitteln (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R – a.a.O., juris Rdnr. 25).

Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Absetzung der hier strittigen Leistungen war berechtigt. Die abgesetzten Leistungen nach Nr. P 200 waren im konkreten Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach Nr. 50 BEMA abrechenbar.

Die Leistung nach Nr. P 200 BEMA beinhaltet die mit 14 Punkten bewertete systematische Behandlung von Parodontopathien (Supra- und subgingivales Debridement), geschlossenes Vorgehen je behandeltem einwurzeligen Zahn.

Die Leistung nach Nr. 50 (Exz2) BEMA beinhaltet die mit 37 Punkten bewertete Exzision einer Schleimhautwucherung (z.B. lappiges Fibrom, Epulis). Eine Leistung nach Nr. 50 ist in derselben Sitzung nicht für dasselbe Gebiet einer anderen chirurgischen Leistung abrechnungsfähig. Eine Leistung nach Nr. 50 ist auch mehrmals je Kiefer abrechnungsfähig, wenn es sich um getrennte Operationsgebiete handelt.

Die Kammer hat bereits im Urteil vom 07.07.2010 - S 12 KA 633/09 - (rechtskräftig) ausgeführt:

"Soweit die Klägerin die Abrechnung der Nr. 50 (Exz2) BEMA-Z für einzelne Ausnahmefälle zur isolierten Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne abgerechnet hat, hat die Beklagte diesen Ansatz im Grundsatz nicht beanstandet. Die Beklagte ist aber zutreffend der Auffassung, dass dann die Voraussetzungen für eine Parodontosebehandlung vorliegen müssen. Insofern war die Auffassung der Beklagten, dass die Leistungsinhalte der Nr. 200 – 203 BEMA-Z in vollem Umfang in einer selbstständigen Sitzung unabhängig von Präparationssitzungen für Kronen und Zahnersatz erbracht werden müssen, dass die für die Parodontosebehandlung übliche und notwendige Ausheilungszeit nach dem Eingriff eingehalten werden muss, dass die weiteren Richtlinien für Parodontosebehandlungen zu beachten sind, dass es sich um wenige, einzelne Zähne (Parodontien) handeln (max. 3 pro Fall) muss und keinesfalls mit dieser Möglichkeit eine systematische vertraglich vorgesehene Parodontosebehandlung umgangen werden darf und dass im akuten Schmerzzustand eine Leistung nach Nr. 50 BEMA-Z als parodontalchirurgische Maßnahme kontraindiziert und somit nicht abrechnungsfähig ist, nicht zu beanstanden."

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Absetzungen nicht zu beanstanden. Bezüglich der Einzelabsetzungen verweist die Kammer auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der dort gegebenen Begründung folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die von der Klägerin angeführte Kommentarstelle ebenfalls von einem Ausnahmefall ausgeht. So wird in dem Kommentar von Liebold/Raff/Wissing, BEMA und GOZ, Nr. 50, Abschnitt 2.1.1 gerade ausgeführt, dass es sich in diesen Fällen um einen Ausnahmefall zur systematischen PAR-Behandlung handelt. Weiter heißt es dort, werde eine systematische Behandlung von Parodontopathien entsprechend des BEMA Teil 4 durchgeführt, so sei für die parodontalchirurgischen Maßnahmen nicht die BEMA Nr. 50 BEMA abrechenbar, sondern die Gebühren-Nr. P 200 bis P 203 des Teils 4 BEMA. Die gelte auch für diejenigen Fällen, bei denen eine Therapieergänzung in Form eines offenen chirurgischen Vorgehens durchgeführt werde. An anderer Stelle weist die Kommentierung darauf hin, dass für die Abrechenbarkeit der Nr. 50 BEMA der Leistungsinhalt der Nr. P 200 – P 203 BEMA erfüllt sein müsse und dass dies kein Ersatz für eine systematische Therapie sein könne. Hinzuweisen sei auch auf die Notwendigkeit einer adäquaten Dokumentation, die die Indikation für diese Maßnahme rechtfertige (vgl. Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., PAR Nrn. P 200/P 202, Abschnitt 2.4).

Im Behandlungsfall P1 rechnete die Klägerin die Nr. 50 BEMA an Zahn 12 am 21.12.2010 ab und eine systematische Parodontosebehandlung am 10.02.2011, dabei u. a. die Leistung nach P 200 BEMA an Zahn 12. Im Behandlungsfall P2 rechnete die Klägerin die Nr. 50 BEMA an Zahn 43 am 22.01.2011 ab und eine systematische Parodontosebehandlung am 28.02.2011, dabei u. a. die Leistung nach P 200 BEMA an Zahn 43.

Die Klägerin hat ihr Vorgehen und die Erbringung der hier abgesetzten Leistungen lediglich behauptet, ohne einen Nachweis, insb. eine zeitnah erstellte Dokumentation, vorzulegen.

Einer Beweiserhebung durch das Gericht bedurfte es vorliegend nicht. Denn das Vorbringen der Klägerin zu den Voraussetzungen Abrechnung ist unsubstantiiert, sie ist ihrer Darlegungs- und Nachweispflicht insoweit nicht hinreichend nachgekommen.

Die Darlegungen und Nachweise für die vollständige Leistungserbringung obliegen dem Leistungserbringer, der Vertragszahnarzt ist dabei verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und soweit erforderlich der Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z, s. auch § 7 Abs. 3 EKV-Z). Er hat die erforderlichen Nachweise grundsätzlich bereits mit der Abrechnung vorzulegen (§ 5 Ziff. 2 Satzung der Beklagten). Der geprüfte Arzt unterliegt somit besonderen Mitwirkungspflichten, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 SGB X hinausgehen und in dem Umstand begründet sind, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte. Es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urt. v. 21.03.2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = USK 2012-32, juris Rdnr. 40 m. w. N.). Diese besonderen verfahrensrechtlichen Obliegenheiten beziehen sich auf die medizinische Notwendigkeit und die tatsächliche fachgerechte Erbringung der abgerechneten Leistung, sie richtet sich im Einzelnen nach den besonderen Leistungs- und Abrechnungsvoraussetzungen und werden konkretisiert durch Nachfragen oder gar Beanstandungen durch die Beklagte und die Gerichte (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 20.03.2013 - L 4 KA 60/10 - juris Rdnr. 34). Insbesondere dann, wenn die Leistungserbringung oder das Behandlungsvorgehen von der Beklagten bestritten wird, ist es Sache des Vertragszahnarztes, dies im Einzelnen nachzuweisen. Ein bloß behaupteter Sachvortrag reicht hierfür im Regelfall nicht aus. Wenigsten ist dann eine zeitnah erstellte Dokumentation vorzulegen. Dies gilt gerade auch, wenn ein neuer und bestrittener Sachvortrag im Klageverfahren erfolgt, wie hier im Behandlungsfall P1 mit dem Hinweis auf die Excision einer Fistel anstatt einer Kürettage und im Behandlungsfall P2 mit dem Hinweis, die Notfallbehandlung sei durch eine Kürettage erfolgt. Dabei sind allgemein an einen Nachweis höhere Anforderungen zu stellen, je später der Sachvortrag erfolgt. Hier hat die Klägerin lediglich Behauptungen aufgestellt, denen die Beklagte substantiiert entgegengetreten ist, ohne einen Nachweis vorzulegen.

Von daher war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung war nicht zuzulassen, das die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 144 SGG).
Rechtskraft
Aus
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