L 10 R 137/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 805/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 137/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.12.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Die am 1964 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Im Zeitraum von 1979 bis 2001 war sie mit einer mehrjährigen Unterbrechung als Hauswirtschafterin, hiernach von 2005 bis 2008 als Verkäuferin und zuletzt seit Juli 2008 als Bäckereiverkäuferin beschäftigt, wobei am 13.02.2009 Arbeitsunfähigkeit eintrat.

Die Klägerin leidet als Folge einer im Jahr 1988 erlittenen Trümmerfraktur am linken Sprunggelenk und einer Versteifungsoperation im Jahr 1991 an einer aufgehobenen Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk. Wegen zunehmender Beschwerden im unteren Sprunggelenk wurde im August 2009 eine Exostosenabtragung und Denervierung durchgeführt, wodurch jedoch keine Beschwerdefreiheit erzielt wurde.

Aufgrund eines im Oktober 2009 gestellten Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurde die Klägerin im November 2009 durch den Facharzt für Chirurgie Dr. J. gutachterlich untersucht und im Hinblick auf die Beschwerdesituation im Bereich des linken Sprunggelenks nicht mehr für fähig erachtet, die überwiegend im Stehen und Gehen ausgeübte Tätigkeit einer Bäckereiverkäuferin auszuüben. Die im Übrigen geklagten LWS-Beschwerden hielt der Gutachter aufgrund des etwas unharmonischen Gangbildes für nachvollziehbar. Für leidensgereicht erachtete er leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen. Im Hinblick auf die besehende rezidivierende asthmoide Bronchitis seien darüber hinaus inhalative Noxen und aufgrund des geklagten Tinnitus Tätigkeiten mit Lärmbelastung zu vermeiden. Entsprechende Tätigkeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten.

Am 22.03.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte gestützt auf das Gutachten des Dr. J. mit Bescheid vom 11.05.2010 und der Begründung ab, mit ihrem Leistungsvermögen könne die Klägerin noch zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des Chirurgen Dr. G. ein, der die Klägerin im Dezember 2010 untersuchte. Dieser beschrieb eine geminderte Belastbarkeit des linken Beines nach Versteifung des linken Sprunggelenks und bei Arthrose im Talonaviculargelenk, eine Funktionseinschränkung in beiden Schultergelenken bei geringgradiger Rotatorenmanschettendegeneration, gering bis mäßiggradige degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkung, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie ein Asthma bronchiale. Hierdurch seien der Klägerin lediglich noch leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als fünf bis zehn Kilogramm, ohne langes Stehen, ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken, ohne Überkopfarbeiten, ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Nachtschicht und unter Vermeidung von inhalativen Reizstoffen vollschichtig zumutbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 08.03.2011 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte habe ihre ständigen und massiven, von den degenerativen Veränderungen der HWS und LWS ausgehenden Schmerzen nicht ausreichend berücksichtigt. Hinzu komme, dass das Gehen und Stehen auf Grund des versteiften Sprunggelenks erheblich erschwert sei, weshalb sie auf Gehhilfen angewiesen sei. Auch das Sitzen bereite erhebliche Probleme.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Arzt für Neurologie, Psychotherapie und diagnostische Radiologie PD Dr. F. hat über Vorstellungen wegen eines Schulter-/Armsyndroms rechts mit Missempfindungen in der rechten Hand (Diagnose: Periarthropathia-humero-scapularis [PHS]-Syndrom, ätiologisch unklare Missempfindungen der Finger I bis III rechts; Ausschluss Karpaltunnelsyndrom; Ausschluss Radikulopathie), wegen Beinbeschwerden links (Diagnosen: nicht segmentaler Beinschmerz links, Sprunggelenksversteifung links) und wegen subjektiver Denkstörungen (Diagnose: Ausschluss cerebrale Läsion; Reduktion der Gabapentindosis wurden empfohlen) berichtet und die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Der Facharzt für Orthopädie K. hat über die bekannte Sprunggelenksbeeinträchtigung hinaus über eine chronisch rezidivierende Lumbalgie sowie ein rezidivierendes HWS-Syndrom berichtet. Zu einer Leistungsbeurteilung hat er sich nicht in der Lage gesehen, da die letzte Vorstellung der Klägerin ein Jahr zurückgelegen hat. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S. hat von Vorstellungen wegen einer pseudosegmentalen Lumbalgie, eines chronischen Schmerzsyndroms, einer Psychosomatose, eines LWS-Syndroms, Hüftschmerzen links und einer Hypertonie berichtet, sich zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin jedoch nicht geäußert. Dr. M. , Schmerzambulanz in der Kreisklinik B. , hat von anhaltenden neuropathischen Schmerzen bei Zustand nach Sprunggelenkstrümmerfraktur und Arthrodese, einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und einem Gelenkschmerz in der Beckenregion berichtet, wobei es durch die multimodale Schmerztherapie lediglich zu einer Besserung der neuropathischen Komponente gekommen sei. Das SG hat darüber hinaus das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. S. , Arzt für Neurologie/Geriatrie, spezielle Schmerztherapie, Rehabilitationswesen, aufgrund einer im September 2011 erfolgten Untersuchung der Klägerin eingeholt. Der Sachverständige hat ein neuropathisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach OSG-Trümmerfraktur links, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren mäßiger Ausprägung, eine chronisch rezidivierende Lumbalgie mit radikulären Reizerscheinungen links, ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit radikulären Reizerscheinungen beidseits sowie darüber hinaus eine Anschlussarthrose der Fußwurzel bei Zustand nach OSG-Arthrodese und ein allergisches Asthma diagnostiziert. Angesichts der Bewegungseinschränkung und des Schmerzsyndroms im linken Sprunggelenk hat er vorwiegend sitzende Tätigkeiten für erforderlich erachtet, wobei diese mit der Möglichkeit eines Haltungswechsels verbunden sein sollten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen und längeren Fehlhaltungen, Tätigkeiten in Kälte, Nässe und auf Gerüsten sowie Arbeiten unter Akkord und mit Nachtschicht. Diesen Einschränkungen Rechnung tragende Tätigkeiten hat er vollschichtig für möglich erachtet.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2011 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf die Gutachten des Dr. G. und des Sachverständigen Prof. Dr. S. abgewiesen. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen könne die Klägerin noch leichte berufliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten, weshalb sie nicht erwerbsgemindert sei. Das SG ist dabei davon ausgegangen, dass die Schmerzsituation angesichts der Tagesstrukturierung, des allgemeinen Interessespektrums und der sozialen Interaktionsfähigkeit von mäßiger Ausprägung ist. Denn diese wirke sich nicht wesentlich auf das Alltags- und Freizeitverhalten aus, nachdem die Klägerin in der Lage sei, den Haushalt zu führen, mit dem Hund spazieren gehe, Freunde besuche und die Hausaufgaben der Kinder kontrolliere.

Am 11.01.2012 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, weiterhin in schmerztherapeutischer Behandlung zu sein; ihre Schmerzen hätten sich weiter verschlimmert. Insbesondere bestünden zwischenzeitlich erhebliche Schmerzen im rechten Knie, so dass nun beide Beine nicht mehr belastbar seien. Im Übrigen könne sie wegen der erheblichen Schmerzen im Gesäß nicht mehr sitzen; spätestens nach einer viertel Stunde müsse sie aufstehen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.12.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 01.03.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat den Orthopäden K. im Hinblick auf die geltend gemachte Verschlimmerung ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Für den Bereich des rechten Kniegelenks hat er eine Baker-Zyste beschrieben und im Übrigen eine mediale Meniskopathie vermutet. Mit der zwischenzeitlich durchgeführten Kernspintomographie sei eine Diskopathie der drei unteren LWS-Segmente, jedoch kein Bandscheibenvorfall objektiviert worden. Im Bereich der linken Schulter habe er ferner eine aktivierte Tendinosis calcarea diagnostiziert. Die Ausübung leichter Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich hat er nicht für möglich erachtet und dies in erster Linie mit der Fußproblematik links begründet, die bei ausgeprägter Fußwurzelarthrose und erheblich eingeschränktem Gangbild den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen der Klägerin bilde. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat darüber hinaus das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. aufgrund Untersuchung der Klägerin im Mai 2013 eingeholt. Der Sachverständige hat ein neuropathisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach OSG-Trümmerfraktur links 1988, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine chronisch rezidivierende Lumbalgie (ohne radikuläre Ausfälle), ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom (ohne radikuläre Ausfälle), eine Anschlussarthrose der Fußwurzeln bei Zustand nach OSG-Arthrodese, eine posttraumatische Arthrose nach OSG-Trümmerfraktur links, eine Funktionseinschränkung in beiden Schultergelenken bei geringgradiger Rotatorenmanschettende-generation, ein allergisches Asthma sowie eine arterielle Hypertonie diagnostiziert und leichte körperliche Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über fünf bis zehn Kilogramm überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen, in Kälte, Nässe und auf Gerüsten, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, übermäßigem Zeit- und Leistungsdruck, Arbeiten mit inhalativen Dämpfen und Noxen, Nachtarbeit sowie Tätigkeiten mit Wechselschicht.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb ihr weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne Einfluss von Kälte und Nässe, ohne Akkordarbeit) körperlich leichte, überwiegend im Sitzen auszuübende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich verrichten kann. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Allerdings sieht der Senat weitere qualitative Einschränkungen insoweit, als für die Klägerin angesichts der psychischen Komponente der bestehenden Schmerzstörung auch solche Tätigkeiten nicht mehr leidensgerecht sind, die mit übermäßigem Zeit- und Leistungsdruck sowie mit Schicht- oder Nachtarbeit verbunden sind. Soweit die Gutachter bzw. Sachverständigen das Heben und Tragen von Lasten über fünf bis zehn Kilogramm nicht mehr für zumutbar erachtet haben, entspricht dies der genannten Beschränkung auf leichte berufliche Tätigkeiten. Eine darüber hinaus gehende Einschränkung ist damit nicht verbunden.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin in ihrem beruflichen Leistungsvermögen im Wesentlichen durch schmerzbedingte Funktionsbeeinträchtigungen von Seiten des Halte- und Bewegungsapparates eingeschränkt ist, wobei die Bewegungseinschränkung und die Schmerzsituation im Bereich des linken Sprunggelenks als Folge der im Jahr 1988 erlittenen Trümmerfraktur und der im Jahr 1991 erfolgten Versteifung des Sprunggelenks im Vordergrund steht. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. G. , dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. wie auch aus dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. T ... Auch den Ausführungen der behandelnden Ärzte im Rahmen ihrer dem SG erteilten Auskünfte als sachverständige Zeugen ist Entsprechendes zu entnehmen. Zuletzt hat dies der behandelnde Facharzt für Orthopädie K. im Rahmen seiner dem Senat erteilten Auskunft auch ausdrücklich bekräftigt, indem er "sicherlich die Fußproblematik links" als die "Hauptproblematik" bezeichnet hat. Auch die Klägerin hat anlässlich der gutachtlichen Untersuchung bei Dr. T. die Schmerzen im linken Sprunggelenk als ihr Hauptproblem gesehen (vgl. Eigenanamnese S. 7 des Gutachtens). Aufgrund der insoweit bestehenden Veränderungen und des aufgetretenen neuropathischen Schmerzsyndroms ist die Belastbarkeit des linken Fußes der Klägerin zweifellos deutlich eingeschränkt, weshalb ihr Tätigkeiten, die überwiegend im Gehen und Stehen ausgeübt werden - wie dies bspw. bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer Bäckereiverkäuferin der Fall ist - nicht mehr zumutbar sind. Entsprechendes gilt für Tätigkeiten, die mit dem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten von mehr als fünf bis zehn Kilogramm verbunden sind und daher nicht mehr als leicht qualifiziert werden können. Im Hinblick auf die darüber hinaus rezidivierend auftretende Lumbalgie und das HWS-Syndrom, die jeweils nicht mit einer neurologischen Symptomatik verbunden sind, verbieten sich ferner Tätigkeiten in Zwangshaltungen, in überwiegend einseitiger Körperhaltung sowie Überkopfarbeiten, wobei mit der zuletzt genannten Einschränkung auch den leichten Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke Rechnung getragen wird. Bei Beachtung dieser Einschränkungen und der Vermeidung von übermäßigem Zeit- und Leistungsdruck sowie Schicht- oder Nachtarbeit sieht der Senat jedoch ebenso wenig wie das SG Gründe, die eine solche Tätigkeit nur weniger als sechs Stunden täglich zumutbar erscheinen lassen könnten.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend macht, nunmehr auch erhebliche Schmerzen im rechten Knie sowie verstärkte Schmerzen im Gesäß zu haben, so dass zwischenzeitlich beide Beine nicht mehr belastbar seien und ein Sitzen von mehr als 15 Minuten nicht mehr möglich sei, vermag der Senat auch hieraus keine rentenrelevante Leistungsminderung abzuleiten. Hinsichtlich der geklagten Kniebeschwerden vermag der Senat bereits keinen Dauerzustand festzustellen, nachdem arthroskopisch zwischenzeitlich Resektionen am Innen- und Außenmeniskus stattgefunden haben - so die Angaben der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. T. - und der erwähnte Sachverständige anlässlich seiner im Mai 2013 erfolgten Untersuchung insoweit keine relevante Einschränkung der Beweglichkeit gefunden hat. Was die von der Klägerin geklagten erheblichen Schmerzen im Gesäß anbelangt, hat der vom Senat ergänzend befragte Facharzt für Orthopädie K. die behauptete schwere Beeinträchtigung nicht bestätigt. Seine Ausführungen bieten insbesondere auch keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit eine Beschwerdeverstärkung eingetreten sein könnte und die Klägerin nunmehr lediglich noch in der Lage ist, höchstens 15 Minuten zu sitzen. Demgegenüber hat der behandelnde Orthopäde über die zuvor bereits bekannten und berücksichtigten Beeinträchtigungen hinaus lediglich von einem Kniegelenksproblem rechts berichtet. Zweifel an Ausmaß und Schwere der insoweit angegebenen Schmerzen hat der Senat auch deshalb, als die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. T. angegeben hat, sie trage morgens zwischen fünf und sechs Uhr gemeinsam mit ihrem Ehemann Zeitungen aus, wobei sie den PKW fahre, während ihr Ehemann die Zeitungen zum Postfach bringe. Mit der von der Klägerin angegebenen zeitlichen Einschränkung beim Sitzen von höchstens 15 Minuten sind derartige Fahrten nicht in Einklang zu bringen. In diesem Sinne begründet auch der Umstand, dass die Klägerin die Strecke von ihrer Wohnung zu dem Sachverständigen Dr. T. nach B. allein mit einem PKW bewältigt hat, Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Klägerin. Denn die Ihren Angaben zufolge zurückgelegte Strecke von 23 Kilometern für die einfache Fahrt ist in höchstens 15 Minuten nicht zu bewältigen.

Auf Diskrepanzen in Bezug auf die von der Klägerin angegebenen Schmerzen hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. T. in seinem Gutachten hingewiesen. Darin hat er ausgeführt, dass die Klägerin im strukturierten Fragebogen Schmerzen angegeben habe (momentaner Schmerz: 6,1; stärkster Schmerz: 6,2), die in dieser Intensität für ihn nicht glaubwürdig und nachvollziehbar gewesen seien. Die angesichts des Untersuchungsbefundes und der Verhaltensbeobachtung gesehene Diskrepanz hat er als eindeutige Hinweise auf Aggravation und Symptomüberbewertungstendenzen gewertet. Seinen Ausführungen zufolge hat die Klägerin die erschwerten Gangprüfungen gut durchgeführt und sich in normalem Tempo an- und ausgezogen. Bei der Verhaltensbeobachtung habe er allenfalls die Schmerzen im linken Sprunggelenk bei Belastung nachvollziehen können. Ansonsten habe die Klägerin bei der Verhaltensbeobachtung nicht wesentlich schmerzgeplagt gewirkt.

Soweit die Klägerin im Hinblick auf die entsprechenden Darlegungen des Sachverständigen geltend macht, im Rahmen einer Verhaltensbeobachtung sei eine derartige Aussage nach nur einer halben Stunde Untersuchung nicht möglich, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Denn für die Feststellung, dass sich der Gang der Klägerin während der Untersuchung langsam und beschwerlich darstellt, während dieser in Situationen, in denen sie sich unbeobachtet fühlt, deutlich flüssiger gewesen ist (Bl. 46 LSG-Akte), bedarf es keiner lang andauernden, einen Zeitraum von einer halben Stunde deutlich überschreitenden Beobachtung. Ungeachtet dessen hat der Sachverständige das Vorliegen einer Schmerzsymptomatik nicht bereits grundsätzlich in Zweifel gezogen. Vielmehr hat er ausdrücklich hervorgehoben, dass er keine Zweifel an der Diagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms im linken Unterschenkel und Fuß sowie der Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren hat, er vielmehr lediglich die Intensität und den Grad der angegebenen Schmerzen und Funktionseinschränkungen nicht für glaubhaft erachtet. Der Senat teilt diese Einschätzung des Sachverständigen, die er gerade auch durch das Alltags- und Freizeitverhalten der Klägerin bestätigt sieht, das durch die Versorgung des Haushaltes, dem neben dem Ehemann zwei eigene Kinder und ein Pflegekind angehören, die Kontrolle der Hausaufgaben der Kinder, Spaziergänge mit dem Hund, die Ausübung eines Hobbys, nämlich des Strickens, sowie immer wieder unternommene "Dreitages-Reisen" mit der Familie geprägt ist. Schon das SG hat sich angesichts dessen nicht von einer schweren schmerzbedingten und damit rentenrelevanten Leistungseinschränkung überzeugen können.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren zuletzt verschiedene Arztbriefe vorgelegt hat, lässt sich auch hieraus keine abweichende Beurteilung herleiten. Hinweise auf eine eingetretene Verschlimmerung enthalten diese schon deshalb nicht, weil sämtliche Arztbriefe zeitlich vor der gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. T. verfasst worden sind. Der Gesundheitszustand der Klägerin ist daher hinreichend aktuell durch dieses Gutachten dokumentiert. Hinweise auf bisher nicht berücksichtigte Erkrankungen enthalten diese Unterlagen gleichermaßen nicht. So ist durch die im Februar 2013 erfolgte Herzkatheteruntersuchung eine coronare Herzerkrankung ausdrücklich ausgeschlossen worden (vgl. Arztbrief des Internisten/Kardiologen H. vom 15.02.2013). Soweit der Orthopäde K. in seinem Arztbrief vom 13.02.2013 angesichts des Befundes der am 06.02.2013 durchgeführten weiteren MRT des rechten Knies eine erneute arthroskopische Revision empfohlen hat, war diese bis zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung bei Dr. T. nicht durchgeführt worden. Der Senat schließt hieraus, dass länger anhaltende schwerwiegende Funktionseinschränkungen mit diesem Befund nicht verbunden waren, zumal der Sachverständige insoweit im Mai 2013 einen im Wesentlichen unauffälligen klinischen Befund erhoben hat. Hinweise auf eine rentenrelevante Leistungsminderung vermag der Senat diesem MRT-Befund nach alledem nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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