L 8 KR 334/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 295/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 334/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 46/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.208,44 EUR festgesetzt. Die Revision

wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Vergütungsanspruch in Höhe von 2.208,44 EUR zuzüglich Zinsen streitig wegen der stationären Behandlung von Herrn A. (im Weiteren: Herr A.) in der Zeit vom 5. bis zum 12. August 2009 in der Vitos Klinik Eichberg.

Die Vitos Klinik Eichberg ist Teil der Vitos Rheingau gGmbH, die wiederum ein Teil der Vitos GmbH ist. Der Kläger ist Alleingesellschafter der Vitos GmbH und ihrer Teile. Er macht die Zahlung im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft für die Klinik geltend.

Herr A., geboren 1969, befand sich vom 21. Oktober 2008 bis zum 23. Juli 2009 in der JVA Weiterstadt in Haft. Bis zu seinem Haftantritt war er bei der Beklagten pflichtversichert. Während seiner Haft erhielt Herr A. eine Methadon-Substitution. Nach dem Entlassungsschein vom 23. Juli 2009 wurde Herr A. entlassen nach A-Stadt, A Straße. Anlässlich der Entlassung wurde ihm ein Betrag in Höhe von insgesamt 13,57 EUR (Überbrückungsgeld, Ausgleichsentschädigung, Überbrückungsbeihilfe) ausgezahlt.

Vom 29. Juli bis zum 5. August 2009 befand sich Herr A. in stationärer Behandlung in den Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden (im Weiteren: HSK). Ausweislich eines vorläufigen Arztbriefes (HSK, Klinik für Neurologie vom 4. August 2009) gab er dort an, sich unmittelbar nach der Haftentlassung nach Frankfurt am Main begeben und dort Heroin genommen zu haben. Herr A. wurde in den HSK stationär aufgenommen wegen des Verdachts einer cerebralen Durchblutungsstörung mit Kribbel-Parästhesien der linken Körperhälfte.

Noch während seines Aufenthalts in den HSK sandte Herr A. am 31. Juli 2009 per Fax (unter Mithilfe des Sozialdienstes der HSK) an die Beklagte eine formularmäßige Anzeige der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Dabei gab er auf dem Formular der Beklagten u. a. an, er beziehe Leistungen von einem Sozialhilfeträger bzw. habe am 31. Juli 2009 einen Antrag gestellt; er habe kein Einkommen. Seit seiner letzten Versicherung bei der Beklagten sei er weder bei einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung noch privat krankenversichert gewesen und habe z. Zt. keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall.

Am 5. August 2009 wurde Herr A. entlassen und am gleichen Tag in der Vitos Klinik Eichberg stationär aufgenommen zur Weiterbehandlung (Entgiftung).

Mit Schreiben vom 4. August 2009 teilte die Beklagte Herrn A. (adressiert an: B-Straße in B-Stadt) mit, zur Prüfung seiner Pflichtmitgliedschaft werde er gebeten, innerhalb von 10 Tagen alle Bescheide über Leistungen des Sozialhilfeträgers ab 21. Oktober 2008 (Beginn seiner Haft in der JVA Weiterstadt) sowie eine Meldung beim Einwohnermeldeamt vorzulegen. Ohne Vorlage der Unterlagen könne eine Pflichtversicherung nicht durchgeführt werden. Auf dieses Schreiben reagierte Herr A. nicht.

Mit Bescheid vom 18. August 2009 teilte die Beklagte Herrn A. (unter der Adresse: B Straße in B-Stadt) mit, er könne in die Versichertengemeinschaft nicht aufgenommen werden. Versicherungspflichtig sei nur, wer einen Wohnsitz in Deutschland habe. Dieser Bescheid konnte nach Angaben der Beklagten Herrn A. nicht zugestellt werden.

Mit Schreiben vom 1. September 2009 lehnte die Landeshauptstadt Wiesbaden - Amt für Soziale Arbeit - die Übernahme der stationären Behandlungskosten in der Vitos Klinik Eichberg für die Zeit vom 5. bis zum 12. August 2009 gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ab. Auch die Beklagte lehnte mit Fax vom 29. September 2009 die Übernahme dieser Kosten ab mit dem Hinweis, die Mitgliedschaft von Herrn A. habe am 20. Oktober 2008 geendet (Tag vor Haftantritt in der JVA Weiterstadt).

Die Beklagte erhielt unter dem 4. Mai 2010 (Bl. 21 der Gerichtsakte) per Datensatzaustausch die Rechnung über den stationären Aufenthalt von Herrn A. in der Vitos Klinik Eichberg vom 5. bis zum 12. August 2009 in Höhe von 2.208,44 EUR.

Nach letztmaliger Ablehnung der Übernahme der Kosten mit Schreiben der Beklagten vom 6. Juli 2010 hat der Kläger am 13. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben.

Dazu hat der Kläger ausgeführt, unter Bezug auf die Ermächtigung des Geschäftsführers der Vitos Rheingau gGmbH vom 1. Oktober 2010 (Bl. 24 der Gerichtsakte) werde die Zahlung im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen zu Gunsten der Vitos Rheingau gGmbH geltend gemacht. Der Anspruch auf Zahlung der offenen Behandlungskosten ergebe sich nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung und den §§ 27, 39 SGB V. Der Anspruch auf Verzugszinsen beruhe auf § 10 Abs. 5 des Hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V. Da der Beklagten am 4. Mai 2010 die Datensatz-Rechnung zugegangen sei, habe sie gem. § 10 Abs. 4 des vorgenannten Vertrags ab 4. Juni 2010 Verzugszinsen zu zahlen. Herr A. sei mit Haftentlassung bei der Beklagten Pflichtmitglied gemäß § 5 Abs. 1 Nummer 13a SGB V geworden, da er unmittelbar vor der Haft bei ihr pflichtversichert gewesen sei. Diese Pflichtmitgliedschaft sei kraft Gesetzes eingetreten. Ein anderweitiger Versicherungsschutz liege weder nach Aktenlage noch nach Angaben des Herrn A. vor. Im Falle der fehlenden Mitwirkung müsse die Versicherungspflicht anhand der bekannten Unterlagen festgestellt werden (Hinweis auf Sozialgericht Aachen, Urteil vom 29. November 2009, Az. S 20 SO 95/08). Ernst zu nehmende Zweifel an dem gewöhnlichen Aufenthalt des Herrn A. im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches bestünden nicht. Nicht entscheidend sei vorliegend, dass Herr A. im Rahmen seiner Haft einen Krankenhilfeanspruch nach dem Strafvollzugsgesetz besessen habe. Dieser Anspruch sei mit Haftentlassung entfallen und es sei auf die unmittelbar vorausgegangene Mitgliedschaft bei der Beklagten abzustellen.

Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, eine Versicherungspflicht von Herrn A. nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe nicht bei ihr. Sie sei insoweit auf die Mitwirkungspflicht von Herrn A. angewiesen. Ohne dessen Mitwirkung könne die Versicherungspflicht nicht festgestellt werden. Im Anschluss an die Haftentlassung habe Herr A. zu keiner Zeit mitgewirkt. Ihre Versuche, Kontakt mit Herrn A. aufzunehmen, seien erfolglos geblieben. Ohne Prüfung, ob ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland bestehe, könne von einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ausgegangen werden. Das Gesetz gehe nicht von einer grundsätzlichen Auffangversicherung aus. Vielmehr solle lediglich eine Lücke für den Fall geschlossen werden, dass eine anderweitige Absicherung nicht gegebenen sei und eine Absicherung in der privaten Krankenversicherung nicht eingreife. Der Gesetzgeber habe die Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V von einer Prüfung abhängig gemacht. Finde eine solche Prüfung nicht statt, könne von einer Leistungsverpflichtung im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ausgegangen werden.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. September 2011 die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig. Der Kläger besitze aufgrund der vorgelegten Ermächtigung die erforderliche Prozessführungsbefugnis. Die gewillkürte Prozessstandschaft sei zulässig. Der Kläger sei bis zur Gründung der Vitos Rheingau gGmbH bzw. des Zentrums für soziale Psychiatrie Rheinblick gGmbH Träger der Klinik gewesen. Nunmehr sei der Kläger unmittelbar und mittelbar Alleingesellschafter der Vitos Rheingau gGmbH. Die Klage sei auch begründet. Herr A. sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V im Anschluss an seine Haftentlassung am 23. Juli 2009 übergangslos Pflichtmitglied der Beklagten geworden. Seine stationäre Behandlung sei gem. § 39 SGB V notwendig gewesen. Auch nach dem Inhalt der vorgelegten Patientenakte und der Verwaltungsakte der Klinik bestünden keine Zweifel an der übergangslosen Pflichtmitgliedschaft des Herrn A. bei der Beklagten nach seiner Haftentlassung. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Herr A. am 5. August 2009 privat anderweitig gesetzlich krankenversichert gewesen sei oder laufende Sozialhilfe bezogen habe. Die Versicherungspflicht des Herrn A. sei unmittelbar mit der Haftentlassung und ohne seine Mitwirkung bzw. ohne Kenntnis der Beklagten kraft Gesetzes eingetreten, sein Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe während seines Aufenthalts in den HSK habe dem Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht entgegengestanden. Auch bestünden keine Zweifel an der Notwendigkeit der durchgeführten Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V und am geltend gemachten Rechnungsbetrag. Der geltend gemachte Zinsanspruch könne auf § 10 Abs. 5 des Hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gestützt werden (Hinweis auf: Bundessozialgericht, Urteil vom 4. März 2004, Az. B 3 KR 4/03 R und vom 19. April 2007, Az. B 3 KR 10/06 R).

Gegen das ihr am 10. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. November 2011 Berufung eingelegt.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, wegen der fehlenden Mitwirkung von Herrn A. an der Prüfung des Bestehens eines anderweitigen Anspruchs auf Versorgung im Krankheitsfall, könne eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht angenommen werden. Zur Begründung ihrer Auffassung legte sie Schriftverkehr zwischen dem VDAK, dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Spitzenverband der Krankenkassen und einen Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des Bundesversicherungsamtes für 2011 vor. Darin wird u.a. die Auffassung vertreten, der jeweiligen Kasse obliege die Amtspflicht zur Ermittlung des Vorliegens der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, im Hinblick darauf, dass keinerlei Verdachtsmomente für eine anderweitige Versicherung von Herrn A. zum streitigen Zeitpunkt erkennbar seien, könne die Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht am fehlenden Nachweis des Nicht-Bestehens einer anderweitigen Absicherung wegen fehlender Mitwirkung scheitern.

Der Senat hat die Patientenakte und die Verwaltungsakte der Vitos Klinik Eichberg, die Verwaltungsakte der Beklagten und die von der Klägerin geführte Leistungsakte des Klägers hinsichtlich der Gewährung von Sozialhilfe (2 Bände) beigezogen. Darüber hinaus hat der Senat eine Auskunft der Landeshauptstadt Wiesbaden vom 13. August 2012 eingeholt, wonach Herrn A. in der Zeit nach seiner Haftentlastung vom 23. bis zum 29. Juli 2009 Leistungen weder nach SGB II noch nach SGB XII gewährt worden sind. Darüber hinaus hat der Senat die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins durch die Berichterstatterin am 24. Januar 2013 angehört. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts vom 21. September 2011 ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat zutreffend die Beklagte verurteilt, die Kosten der stationärer Behandlung von Herrn A. in der Vitos Rheingau gGmbH in der Zeit vom 5. bis zum 12. August 2009 in Höhe von 2.208,44 EUR nebst Verzugszinsen ab 4. Juni 2010 zu zahlen. Das Sozialgericht ging zutreffend von einer zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft des Klägers für die Vitos Rheingau gGmbH aus. Nach Auffassung des Senats umfasst die am 1. Oktober 2010 ausgestellte Ermächtigung zur gewillkürten Prozessstandschaft auch die Empfangsbefugnis für den streitigen Vergütungsanspruch.

Das Sozialgericht hat weiter zutreffend entschieden, dass die Beklagte zur Zahlung der geforderten Summe verpflichtet ist. Weder der Grund der Zahlungsverpflichtung (Notwendigkeit der erbrachten Leistung) noch die Höhe des geforderten Zahlbetrages sind umstritten. Die Beklagte ist aufgrund der für Herrn A. in dem vorliegend maßgeblichen Zeitraum (5. bis 12. August 2009) bestehenden Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zur Zahlung verpflichtet.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 4 SGG).

Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin: Dem Zahlungsanspruch des Klägers steht der Bescheid vom 18. August 2009 nicht entgegen, denn dieser Bescheid ist mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden (§ 39 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X). Nach dem Vortrag der Beklagten konnte dieser Bescheid Herrn A. mangels Kenntnis seines Aufenthaltsortes nicht zugestellt oder bekannt gemacht werden. Eine öffentliche Zustellung ist nicht erfolgt.

Die Beklagte kann dem Vergütungsanspruch des Klägers nicht mit Erfolg eine vermeintlich fehlende Mitwirkung von Herrn A. gem. § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I entgegenhalten, denn diese Vorschrift bezieht sich (nur) auf Sozialleistungsansprüche des Mitwirkungsverpflichteten und ist daher nicht einschlägig. Letztlich wären jedenfalls auch die Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) vorliegend nicht erfüllt, denn Sozialleistungen dürfen gem. § 66 Abs. 3 SGB I wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und - gleichwohl - seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Selbst wenn man in dem Schreiben der Beklagten vom 4. August 2009 einen Hinweis auf eine Mitwirkungspflicht und die Folgen im Falle der Nichtbeachtung sehen wollte, ist nicht nachgewiesen, dass Herrn A. dieses Schreiben erhalten hat, zumal es an eine Anschrift in B-Stadt adressiert war, Herr A. sich am 4. August 2009 aber noch in den HSK in Wiesbaden und ab 5. August 2009 bereits in der Vitos Klinik Eichberg aufgehalten hat.

Ebenso kann sich die Beklagte zur Abwehr des Zahlungsbegehrens des Klägers nicht darauf berufen, dass das Fehlen einer anderweitigen Absicherung des Herrn A. nicht nachgewiesen sei. Nach den Einzelheiten des vorliegenden Falles bestehen auch nach Auffassung des Senats keine ernst zu nehmenden Zweifel daran, dass Herrn A. kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des negativen Tatbestandmerkmals des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zustand. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urteil vom 21. November 2011, Az. B 12 KR 13/10 R, Rdnr. 14 m.w.N., veröffentl. in Juris) wird dieses negative Tatbestandsmerkmal durch die Regelung des § 5 Abs. 8a SGB V konkretisiert. Danach ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht pflichtversichert, wer nach Abs. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist, laufende Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII bezieht bzw. Empfänger laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetzes – auch wenn diese für mehr als 1 Monat unterbrochen ist – ist oder ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. Es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der, bis zu seinem Haftantritt am 21. Oktober 2008 bei der Beklagten versicherte und am 23. Juli 2009 entlassene Herr A. bis zur Aufnahme in den HSK am 29. Juli 2009 bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse eine Pflichtversicherung nach den Regelungen des § 5 Abs. 1 bis 12 SGB V, eine freiwillige oder nach § 10 SGB V eine Familienversicherung begründen konnte. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Leistungsverpflichtung nach den in § 5 Abs. 8a SGB V aufgeführten Kapiteln des SGB XII. Darüber hinaus hat Herr A. mit seiner Haftentlassung am 23. Juli 2009 seinen bis dahin bestehenden Anspruch auf Gesundheitsvorsorge nach §§ 56 ff. StVollzG verloren (siehe auch in vergleichbaren Fällen: Bundessozialgericht, Urteil vom 21. November 2011, Az. B 12 KR 13/10 R, Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. April 2012, Az. L 11 KR 3057/10, beide veröffentl. in Juris).

Dem Senat sind weitere Ermittlungen nicht möglich. Konkrete Anhaltspunkte, ob und ggf. von welchem Sozialhilfeträger Herr A. Leistungen im vorliegend streitigen Zeitraum bezogen haben könnte, kann weder die Beklagte noch der Kläger vortragen. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der vorliegenden Akten. Eine Befragung von Herrn A. ist nicht möglich, da dessen Aufenthalt nach den Ausführen der Beklagten und des Klägers im Erörterungstermin vor dem Senat nicht bekannt ist.

Mit dieser Entscheidung wird die Beklagte (oder allgemein die Krankenkassen der GKV) trotz fehlender Beitragszahlung nicht unzumutbar belastet. Denn andererseits begründet die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für den Versicherten – auch im Falle der Unkenntnis seiner Versicherungspflicht – seine Verpflichtung zur Beitragszahlung, selbst wenn er – infolge seiner Unkenntnis – keine Leistungen in Anspruch genommen hat (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. April 2012, Az. L 11 KR 3057/10, Rdnr. 27 m.w.N. veröffentl. in Juris).

Die Beklagte ist aus den diesbezüglichen Gründen der angefochtenen Entscheidung verpflichtet, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Vergütungsanspruch zu zahlen.

Die Revision war nicht zuzulassen.

Der Streitwert war gem. § 52 Abs. 1 GKG auf 2.208,44 EUR festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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