L 11 KR 139/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 765/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 139/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.12.2012 wird zurück- und seine Klage gegen die Bescheide vom 13.02.2013, 25.06.2013 und 17.09.2013 abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bemessung der vom Kläger zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichtenden Beiträge.

Der am 25.11.1943 geborene Kläger übt eine selbständige Tätigkeit als freiberuflicher Architekt aus. Er ist freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) und bei der Beklagten zu 2) in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) versichert. Der Kläger bezieht vom Architektenversorgungswerk eine laufende monatliche Versorgung iHv 2322,59 EUR (Stand 01.01.2009). Seit dem 01.12.2008 erhält der Kläger eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund iHv 249,85 EUR zuzüglich eines Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 17,49 EUR (Stand 01.07.2009). Des Weiteren verfügt der Kläger über Einkünfte aus Kapitalerträgen und Vermietung.

Der Kläger wandte sich bereits im Jahr 2008 gegen die Beitragsfestsetzung der Beklagten (Bescheid vom 12.12.2008) und trug vor, dass der Verlust aus seiner freiberuflichen Tätigkeit bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen sei. Das Sozialgericht Reutlingen (SG) wies in dem sich anschließenden Rechtsstreit (S 14 KR 3725/09) die Klage mit Urteil vom 06.05.2010 ab und führte zur Begründung an, dass im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten nicht zulässig sei. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 11 KR 3058/10) nahm der Kläger am 12.10.2010 zurück.

Der Kläger übersandte am 25.02.2010 den Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2008 vom 19.02.2010, in welchem ein Verlust aus Gewerbebetrieb iHv -1.313 EUR, Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit iHv 1.880 EUR, Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv 1.248 EUR, ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung iHv - 4.011 EUR und zu versteuernde jährliche Rentenleistungen iHv 14.331 EUR festgesetzt wurden.

Mit Bescheid vom 02.03.2010 berechnete die Beklagte die Beiträge zur GKV und SPV neu und setzte ab dem 01.03.2010 unter Zugrundelegung von monatlichen Einnahmen iHv 2.789,11 EUR einen Krankenversicherungsbeitrag iHv monatlich 414,27 EUR und einen Pflegeversicherungsbeitrag iHv monatlich 54,39 EUR fest.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 17.03.2010 Widerspruch ein und führte zur Begründung an, dass die negativen Einkünfte aus seinem Architekturbüro im Jahr 2009 iHv -20.684,- EUR nicht berücksichtigt worden seien. Auch für das Jahr 2010 sei wieder ein betrieblicher Verlust zu befürchten.

Mit Bescheid vom 30.04.2010 setzte die Beklagte zu 1) nach Vorlage einer aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertung durch den Kläger den Krankenversicherungsbeitrag ab dem 01.05.2010 auf monatlich 407,52 EUR und den Pflegeversicherungsbeitrag auf monatlich 53,47 EUR unter Zugrundelegung von monatlichen Einnahmen iHv 2.741,86 EUR fest. Der Kläger legte hiergegen unter Verweis auf das bereits bekannte Vorbringen Widerspruch ein.

Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides vom 02.12.2010 über das Veranlagungsjahr 2009, in dem für den Kläger ein Verlust aus Gewerbebetrieb iHv -1.543 EUR, ein Verlust bezüglich Einkünften aus selbständiger Tätigkeit iHv -21.120 EUR, Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv 1.089 EUR, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv 2.251 EUR sowie zu versteuernde Rentenzahlungen iHv 1.658,- und 13.935,- EUR festgesetzt wurden, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 05.01.2011 die Beiträge ab dem 01.1.2011 unter Zugrundelegung von monatlichen Einnahmen iHv 2.917,52 EUR neu und setzte einen monatlichen Krankenversicherungsbeitrag iHv 450,15 EUR und einen monatlichen Pflegeversicherungsbeitrag iHv 56,89 EUR fest. Der Kläger legte auch hiergegen Widerspruch ein und teilte nochmals mit, dass die negativen Einkünfte aus der freiberuflichen/gewerblichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien.

Mit Bescheid vom 20.01.2012 berücksichtigte die Beklagte zu 1) bei der Berechnung der Beiträge ab dem 01.01.2011 den Abzug der Werbungskostenpauschale iHv 51 EUR pro Kalenderjahr für Einnahmen aus Kapitalerträgen und legte danach Einnahmen iHv 2.913,27 EUR der Beitragsberechnung zugrunde. Den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag setzte die Beklagte iHv 449,51 EUR und den monatlichen Pflegeversicherungsbeitrag iHv 56,81 EUR fest.

Der Kläger legte einen Änderungsbescheid über die Leistungen des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg vom 19.12.2011 mit Wirkung ab dem 01.01.2012 vor (vgl Blatt 98 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte zu 1) berechnete mit Bescheid vom 13.02.2012 die Beiträge ab dem 01.01.2012 neu und setzte einen monatlichen Krankenversicherungsbeitrag iHv 458,57 EUR und einen monatlichen Pflegeversicherungsbeitrag iHv 57,95 EUR unter Zugrundelegung von Einnahmen iHv 2.971,75 EUR und ab Februar 2012 iHv 2.974,23 EUR fest. Der Kläger legte hiergegen am 15.02.2012 Widerspruch ein und führte zur Begründung an, dass er im Jahr 2011 keine positiven Einkünfte iHv 2.971,75 EUR erzielt habe. Im Übrigen nahm der Kläger auf die bisherigen Widerspruchsbegründungen Bezug.

Der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss, der auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der SPV wahrnimmt, wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom 02.03.2010, 30.04.2010, 05.01.2011, 20.01.2012 und 13.02.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 zurück und führte zur Begründung aus, dass entgegen der steuerrechtlichen Handhabung in der Sozialversicherung eine Saldierung von Negativeinkünften aus der selbständigen Tätigkeit mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten und umgekehrt (vertikaler Verlustausgleich) nicht möglich sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.02.1995, Az: 12 RK 66/93) sei ein vertikaler Verlustausgleich mit dem in § 240 SGB IV normierten Grundsatz, dass die Beitragsbelastung des freiwilligen Mitgliedes die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit umfassen müsse, nicht vereinbar. Die Beitragsbemessung beruhe auf den gesetzlichen Vorgaben und sei nicht zu beanstanden. Der Nachweis des beitragspflichtigen Einkommens sei mittels des aktuellen zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides zu erbringen. Mit der Einführung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler gebe es jedoch die Möglichkeit, bei einem nachgewiesenen Gewinneinbruch von diesen Grundsätzen abzuweichen, allerdings nur auf Antrag und mit Wirkung für die Zukunft. Sofern die Voraussetzungen einer unverhältnismäßigen Belastung vorlägen, seien die auf der Grundlage eines Vorauszahlungsbescheides ermittelten Beiträge einstweilig festzusetzen. Die Beklagte habe für den vom Kläger im April 2010 nachgewiesenen Gewinneinbruch für die Zeit vom 01.05.2010 bis zum 31.12.2010 die Beiträge aus dem Arbeitseinkommen unter Vorbehalt festgesetzt. Eine endgültige Festsetzung sei bisher nicht erfolgt. Sobald der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 eingereicht werde, würden die Beiträge für diesen Zeitraum endgültig festgesetzt.

Der Kläger hat am 15.03.2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.

Die Beklagte zu 1) hat auf der Grundlage des ihr am 28.03.2012 vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2010 mit Bescheid vom 02.05.2012 vom 01.04.2012 an die Beiträge zur GKV auf 427,02 EUR und zur SPV auf 53,82 EUR festgesetzt. Eine erneute Änderung der Beitragsbemessung ist nach einer Rentenerhöhung zum 01.07.2012 mit Bescheid vom 18.06.2012 erfolgt (GKV 427,87 EUR, SPV 53,92 EUR).

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte unter Heranziehung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen den Sachverhalt geprüft und die vom Kläger geltend gemachte Saldierung von negativen Einkünften im Ergebnis zutreffend abgelehnt habe. Das BSG messe der Regelung in § 240 Abs 2 Satz 1 SGB V grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines allgemein gültigen Saldierungsverbotes bei (BSG 09.08.2006, B 12 KR 8/06 R sowie Landessozialgericht Baden - Württemberg, 23.11.2004, L 11 KR 3317/04). Daher sei der Verlustausgleich unter verschiedenen Einkommensarten generell und ohne Rücksicht darauf ausgeschlossen, über welchen Zeitraum in der Vergangenheit bereits ein entsprechender Verlust erwirtschaftet worden sei.

Der Kläger hat gegen den am 21.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 09.01.2013 Berufung eingelegt und zur Begründung angeführt, dass sich die vom SG angeführten Urteile des BSG vom 09.08.2006 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23.11.2004 nicht mit einem jahrelangen Verlust aus einer selbständigen Tätigkeit auseinandersetzten, sondern lediglich mit kurzzeitigen Verlusten. Dementsprechend seien die Inhalte der Urteile auf den Kläger zutreffenden Sachverhalt nicht anwendbar. Der Kläger habe einen jahrelangen Verlust, so dass in diesem Rahmen ein selbständiger Sachverhalt entstanden sei, welcher im Rahmen der Zulässigkeit eines vertikalen Verlustausgleiches zu überprüfen sei.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 1) noch die Bescheide vom 13.02.2013 (für die Zeit ab 01.10.2013), 25.06.2013 (für die Zeit ab 01.07.2013) und 17.09.2013 (für die Zeit ab 01.09.2013) erlassen. Mit diesen Bescheiden sind Änderungen der Versorgungsbezüge, der Rente sowie der Erlass des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2011 berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.12.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 02.03.2010, 30.04.2010, 05.01.2011, 20.01.2012 und 13.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 sowie der Bescheide vom 02.05.2012, 18.06.2012, 13.02.2013, 25.06.2013 und 17.09.2013 zu verpflichten, bei der Beitragsbemessung die negativen Einkünfte aus der selbständigen freiberuflichen Architektentätigkeit des Klägers beitragsmindernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach den §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide vom 02.03.2010, 30.04.2010, 05.01.2011, 20.01.2012 und 13.02.2012 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012, außerdem die Bescheide vom 02.05.2012, 18.06.2012, 13.02.2013, 25.06.2013 und 17.09.2013, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens bzw des Berufungsverfahrens geworden sind. Da die Beitragsfestsetzungen der Beklagten zu 1), die alle auch im Namen der Beklagten zu 2) ergangen sind, Verwaltungsakte sind, mit denen der Beitrag zur GKV und SPV ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Zukunft festgesetzt wird, werden Folgebescheide, mit denen die bisherige Beitragsfestsetzung geändert wird, aufgrund einer kraft Gesetzes angeordneten Klageänderung Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits (Behrend in Hennig, SGG, § 96 Rn 65). Über die Bescheide vom 13.02.2013, 25.06.2013 und 17.09.2013, die gemäß § 153 Abs 1 iVm § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind, entscheidet der Senat wie über eine Klage (Behrend, aaO, Rn 49). Angefochten sind die Bescheide jedoch nur, soweit damit negative Einkünfte des Klägers aus einer selbständigen freiberuflichen Tätigkeit nicht bei der Bemessung der beitragspflichtigen Einnahmen berücksichtigt werden.

Das SG hat sich mit der vorliegend streitigen Problematik des vertikalen Verlustausgleichs zutreffend auseinandergesetzt und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG und des Senats (BSG, 09.08.2006, B 12 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 8 sowie Senatsurteil vom 23.11.2004, L 11 KR 3317/04, juris) zutreffend dargelegt, dass ein solcher nicht zulässig ist. An dieser Auffassung hält der Senat auch weiterhin fest. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch das Berufungsvorbringen, wonach die jahrelangen Verluste eine anderweitige Beurteilung des Sachverhalts erforderten, keine andere Beurteilung rechtfertigt.

Der Kläger ist als freiwilliges Mitglied der Beklagten beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 223 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, (SGB V)). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der SPV (§ 20 Abs 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, (SGB XI)) sowie die Pflicht, Beiträge zur SPV zu entrichten (§ 54 Abs 2 SGB XI). Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten nach § 240 SGB V (idF vom 17.07.2009, BGBl I 1990 mit Wirkung vom 01.01.2009). Nach § 240 Abs 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt (im Folgenden nur: Spitzenverband). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrundezulegen sind (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB V).

Der GKV Spitzenverband hat "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" mit Wirkung zum 01.01.2009 (sog Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 30.05.2011) erlassen und in § 2 Abs 1 dieser Grundsätze bestimmt, dass die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds zu bemessen sind. Die Beitragsbemessung hat die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen. Nach § 3 Abs 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze sind als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Nach § 3 Abs 1 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze sind die Einnahmen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt.

Die Beklagte hat daher zutreffend bei der Beitragsberechnung die Einnahmen des Klägers aus Vermietung, die Kapitaleinkünfte sowie die Renten- und Versorgungsbezüge berücksichtigt. Sofern der Kläger in seinem Widerspruch vom 27.01.2011 anführt, dass die angesetzten Einnahmen iHv 2.847,25 EUR nicht nachvollziehbar seien, hat die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2011 die zugrundegelegten Einnahmen aufgeschlüsselt (vgl Blatt 70 sowie Blatt 92 der Verwaltungsakte). Der monatliche Ansatz von Kapitalerträgen iHv 153,25 EUR, Einkünften aus Vermietung iHv 187,58 EUR, aus Versorgungsbezug iHv 2.322,59 EUR sowie aus gesetzlicher Rente iHv 249,85 EUR insgesamt 2.917,52 EUR entspricht den Angaben im Einkommenssteuerbescheid vom 02.12.2010 (Blatt 59 der Verwaltungsakte) und ist danach nicht zu beanstanden. Der Kläger hat insoweit auch keine weiteren Einwände gegen die konkret angesetzten Beträge vorgebracht, sondern vorrangig die Widersprüche mit der Nichtberücksichtigung der Verluste aus seiner selbstständigen Tätigkeit begründet.

Die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Verluste aus seiner selbstständigen Tätigkeit bei der Beitragsberechnung (sogenannter vertikaler Verlustausgleich) ist - wie bereits dargelegt - nicht zulässig (vgl auch Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 240 SGB V Rn 14). Ein Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten ist ausgeschlossen, da eine solche Saldierung zu Privilegierungen der freiwillig Versicherten gegenüber dem versicherungspflichtig Beschäftigten und anderen Versicherungspflichtigen führen würde. Dies widerspricht nach ständiger Rechtsprechung des BSG (09.08.2006, B 12 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 8 unter Verweis auf das Urteil vom 23.02.1995, 12 RK 66/93, SozR 3-2500 § 240 Nr 19) dem Zweck der Regelung des § 240 SGB V, bei der Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds anhand der Gesamtheit der Einnahmen zu berücksichtigen. Bei Pflichtversicherten sieht das Gesetz einen solchen Verlustausgleich nicht vor. Deren beitragspflichtige Einnahmen aus Arbeitsentgelt, Renten und Versorgungsbezügen werden weder dem Grunde noch der Höhe nach danach bestimmt, ob außerdem noch aus anderen Einkünften Gewinn erzielt wird oder ein Verlust entsteht. Dem Sinn und Zweck, eine Besserstellung von freiwilligen Mitgliedern gegenüber den Pflichtmitgliedern zu verhindern, entspricht es daher allein, die bei freiwilligen Mitgliedern beitragspflichtigen Einnahmen denselben Grundsätzen zu unterwerfen, die für die beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtig Beschäftigten gelten. Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist daher nicht möglich. Hiergegen bestehen auch verfassungsrechtlich keine Bedenken (BayLSG 10.12.2009, L 4 KR 236/08, juris). Eine Ausnahme hiervon ist auch nicht in den Fällen zu machen, in denen die Verluste nicht nur vereinzelt, sondern über einen längeren Zeitraum aufgetreten sind. Die Zeitdauer des Verlustes stellt keine Rechtfertigung dar, vom grundsätzlichen Saldierungsverbot abzuweichen.

Für die Berechnung des Pflegeversicherungsbeitrages gilt gemäß § 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI iVm § 240 SGB V Entsprechendes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor
Rechtskraft
Aus
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