L 13 R 2615/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2720/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2615/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1966 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war im Zeitraum vom 12. Februar 1986 bis 31. Januar 1994 - mit Unterbrechungen, u.a. wegen Kindererziehung, Bezug von Sozialleistungen und Arbeitslosigkeit - u.a. in der Gastronomie im Bereich Küchenhilfe und Service rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend liegen - mit Unterbrechungen - weitere versicherungsrechtliche Zeiten wegen Kindererziehung (Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten), Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit mit Pflichtbeiträgen bis 15. November 2000 vor. Danach war die Klägerin vom 1. Januar 2002 bis 31. März 2009 geringfügig versicherungsfrei ohne Zuzahlung als Reinigungskraft beschäftigt. Berücksichtigungszeiten wegen Erziehung von Kindern liegen vom 18. April 1992 bis 30. August 2006 vor. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 30. und 31. Oktober 2013 verwiesen.

Vom 30. März bis 3. Mai 2000 erfolgte eine stationäre Heilbehandlung in der Reha-Klinik Gl. (Diagnosen [D]: Ängstlich-depressive Entwicklung mit Hyperventilationssyndrom, somatoforme Schmerzstörung, Spannungscephalgien, leichtgradiges Asthma Bronchiale mit Anstrengungsobstruktion, Struma diffusa et nodosa, Stressinkontinenz Grad I; Entlassung bei noch deutlicher, depressiver Symptomatik als arbeitsunfähig; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig möglich). Bei der Klägerin, die im weiteren Verlauf in Behandlung bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ho. war, erfolgte vom 31. Juli bis 11. September 2007 eine weitere stationäre Behandlung im Reha-Zentrum Bad Dü. (D: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, generalisierte Angststörung, Spannungskopfschmerzen, klassische Migräne; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten - ohne Nachtschichtorganisation - seien bei Beeinträchtigung des Konzentrations- und Reaktionsvermögens wie auch der Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, die deutlich eingeschränkt seien, drei bis unter sechs Stunden möglich).

Gemäß einer Bestätigung der Stadt La. vom 10. November 2011 sprach die Klägerin bei der Ortsbehörde im Juni 2008 wegen eines Antrags auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente vor. Ein Antrag wurde nach telefonischer Rückfrage bei der Beklagten hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, deren Vorliegen von dort verneint wurde, schließlich nicht aufgenommen.

Den Rentenantrag der Klägerin vom 25. Januar 2010, mit dem sie geltend machte, sie halte sich seit Juni 1997 wegen Borelliose, erhöhtem Puls, Angst-Depression, Schilddrüsenproblemen, Migräne, Gelenkschmerzen, RIS-Syndrom, Asthma, Hormonstörungen, Sehschwäche, erhöhtem Herzschlag sowie Vergesslichkeit für nicht mehr leistungsfähig, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Februar 2010 (weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien) und Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2010 (weil die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne und das Leistungsvermögen bis 31. Dezember 2000 nicht auf unter vollschichtig gesunken und sie damit auch nicht Erwerbs- oder Berufsunfähig gewesen sei) ab.

Grundlage dieser Entscheidungen waren die Entlassungsberichte über die o.g. stationären Reha-Behandlungen sowie Befundberichte des Hausarztes Mö. vom 9. April 2010, der einen Befundbericht des Lungenfacharztes Dr. He. vom 25. Februar 2010 beifügte, und des Neurologen und Psychiaters Dr. Ho. vom 12. April 2010, der einen Ausdruck der über die Klägerin gespeicherten Daten vorlegte. Ferner hatte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Re. in ihrem Gutachten vom 19. Mai 2010 die Diagnosen Angst und Depression gemischt, Dysthymia, anhaltend somatoforme Schmerzstörung und Migräne gestellt, wodurch die psychische Belastbarkeit sowie das Anpassungs- und Umstellungsvermögen herabgesetzt seien. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts - ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Akkordarbeit, Nachtschicht, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung für Personen oder Maschinen - könnten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden. Im Übrigen erfolge seit Ende Januar 2010 eine störungsgerechte und suffiziente Therapie, durch die die Klägerin ihren Angaben zufolge bereits eine erste Entlastung habe erfahren können. Dem hatte sich auch der beratende Arzt Riemekasten in der Stellungnahme vom 3. Juni 2010 im Wesentlichen angeschlossen.

Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidungen hat die Klägerin am 29. Juli 2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei nicht in der Lage, zu arbeiten. Sie sei so gut wie jeden Tag beim Arzt und müsse auch täglich mehrere Tabletten einnehmen, um überhaupt halbwegs den Alltag bewältigen zu können. Selbst die normalsten Dinge fielen ihr schwer. Im Übrigen habe sie bereits im Jahr 2008 einen Rentenantrag gestellt, der nur deshalb nicht abgesandt worden sei, weil die Beklagte die Auskunft erteilt habe, es fehlten versicherungsrechtliche Zeiten. Hierzu hat sie die Bestätigung der Stadt La. vom 10. November 2011, einen Arztbrief des Kreiskrankenhauses (KKH) Ta., Psychiatrische Abteilung, vom 28. November 2011 über eine stationäre Behandlung vom 22. September bis 29. November 2011 und Arztbriefe des Dr. Ho. aus der Zeit vom 8. März 2004 bis 4. September 2008 an ihren früheren Hausarzt vorgelegt.

Das SG hat Dr. Ho. und den Psychotherapeuten Dipl.-Psych. und Dipl.-Päd. Kl. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ho. hat am 5. September 2010 über die von ihm erhobenen Befunde und die erfolgten Therapien berichtet und auf Nachfrage des SG am 11. Oktober 2010 erklärt, er stimme der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung der Dr. Re. in vollem Umfang zu. Das Krankheitsbild sei in dem Gutachten zutreffend erfasst und auch die sozialmedizinisch relevanten Bereiche seien adäquat dargestellt. Auch aus seiner Sicht sei die Klägerin in der Lage, eine Tätigkeit als Reinigungskraft sowie Tätigkeiten leichter bis mittelschwerer Art in Tages- und Frühschicht zu verrichten. Der Psychotherapeut Kl. hat am 13. September 2010 berichtet, er habe mit der Klägerin seit Januar 2010 inzwischen 15 Sitzungen durchgeführt. Diese leide an einer somatoformen Schmerzstörung auf Grund lang bestehender Belastungen verbunden mit schwerer depressiver Symptomatik mit vegetativer und emotionaler Ausprägung. Auf Nachfrage der Beklagten hat er in der gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 2010 ausgeführt, es bestehe eine schwerwiegende psychische Problematik mit starkem emotionalem und verhaltensprägendem Störungsbild. Mit der Beurteilung der psychischen Belastungsfähigkeit durch Dr. Re. stimme er weitgehend überein. Allerdings betrachte er die Symptomatik in ihrer Ausprägung und in den sozialen Konsequenzen als wesentlich einschränkender, als dies in der Begutachtungssituation bei Dr. Re. deutlich werden könne. Zur Zeit sei die Klägerin nicht in der Lage, ihren häuslichen Alltag zu bewältigen. Er halte sie "nach Zusammenschau seiner "derzeitigen klinischen Befunde" nicht für in der Lage, auch nur leichte körperliche Tätigkeiten drei Stunden täglich zu verrichten.

Das SG hat sodann ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. He. vom 31. Januar 2012 eingeholt. Er hat die erhobenen Befunde dargelegt und die Angaben der Klägerin zu Tagesablauf referiert. Auf Grund dessen und der in den Akten enthaltenen Befunden ist er zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden ein Restless-Legs-Syndrom ohne überdauernde funktionelle Leistungseinschränkung, eine Migräne, außerhalb akuter schwerer Kopfschmerzattacken ohne funktionelle Leistungseinschränkung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit angegebenem Dauerkopfschmerz sowie eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leichter depressiver Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode. Die Kriterien einer eigenständigen Angsterkrankung seien nicht erfüllt. Selbst wenn man vom Vorliegen einer solchen Erkrankung auszugehen hätte, hätte dies keine Auswirkung auf die Leistungsbeurteilung. Die Klägerin könne ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder besonderen Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung - mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Das SG hat ferner Entlassungsberichte vom 16. Dezember 2011 über die stationäre Behandlung im KKH Ta., Psychiatrische Klinik, vom 22. September bis 29. November 2011 sowie den Bericht des KKH Ta., Innere Abteilung, über die stationäre Behandlung vom 10. bis 21. April 2012 (Einweisung wegen unklarer CRP-Erhöhung, Entlassung in gutem Allgemeinzustand) beigezogen.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, wobei letztlich dahinstehen könne, ob zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 25. Januar 2010 oder gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt die für die Rentengewährung erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, da die Klägerin jedenfalls aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. Sie sei in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, was sich auch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere dem Gutachten des Dr. He., ergebe. Dieses sei schlüssig. Der Leistungseinschätzung des behandelnden Diplompsychologen Kl. sei hingegen nicht zu folgen. Aus dem von Dr. He. erhobenen Befund ergebe sich keine derartige Einschränkung des Leistungsvermögens. Ferner ergebe sich auch aus den weiteren beigezogenen Entlassungsberichten keine weitergehende Einschränkung. Gegenstand des Verfahrens sei im Übrigen lediglich der Rentenantrag vom 25. Januar 2010. Nicht Gegenstand des Verfahrens sei der möglicherweise bereits im Jahr 2008 gestellte Rentenantrag bzw. die Frage, ob dieser auf Grund der damaligen Auskunft zu Recht nicht weiterverfolgt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 31. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25. Juni 2013 Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat sie vorgetragen, sie fühle sich unrichtig behandelt und bitte um ein erneutes Gutachten. Es bestehe eine Depression und sie sei seit Jahren in neurologischer/psychiatrischer Behandlung und medikamentös eingestellt. Die Beschwerdesymptomatik werde dadurch allerdings nur bedingt gelindert. Sie habe auch Schmerzen im Bereich der gesamten Skelettmuskulatur und leide unter Luftnot sowie Asthma bronchiale und rezidivierenden Bauchschmerzen unklarer Ursache. Sie fühle sich auch ständig müde und erschöpft.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. Februar 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2010 zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 2010 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die angefochtenen Entscheidungen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall spätestens am 30. September 2008 eingetreten wäre. Hierzu hat sie den Versicherungsverlauf vom 30. und 31. Oktober 2013 vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das Begehren der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ist nicht begründet, denn die Klägerin ist weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung auf Grund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

Anrechnungszeiten sind u.a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, wenn sie u.a. vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Nach Maßgabe der vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil schon im maßgeblichen Zeitraum vor Eintritt einer - hier auch nicht nachgewiesenen - Erwerbsminderung im Sinne der genannten Bestimmungen, die bewiesen sein müsste, Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht in ausreichender Zahl nachgewiesen sind.

Der letzte Pflichtbeitrag wurde am 31. August 2008 entrichtet (Pflichtbeitrag auf Grund Bezuges von Arbeitslosengeld II). Der letzte Pflichtbeitrag auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung wurde am 31. Januar 1994 entrichtet, die letzte Pflichtbeitragszeit wegen Arbeitslosigkeit endete am 15. November 2000. Auf Grund der am 30. August 2006 endenden letzten Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, die den Fünf-Jahres-Zeitraum, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorliegen müssen, verlängert, müsste der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 30. September 2008 eingetreten sein.

Der Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich hier nicht durch weitere Zeiten im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB VI. Es liegt auch kein sonstiger Tatbestand vor, auf Grund dessen das Erfordernis von 3 Jahren Beitragszeiten im dem Leistungsfall vorhergegangenen Fünf-Jahres-Zeitraum entfiele. Die bereits dargelegten Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI sind nicht gegeben.

Eine einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung begründende Einschränkung des Leistungsvermögens ist weder in der Zeit seit Rentenantragstellung bis zur Entscheidung des Senats, noch gar bis spätestens 30. September 2008 feststellbar.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen und medizinischen Voraussetzungen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin, auch im Berufungsverfahren, sowie der vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass das Gutachten des Dr. He. schlüssig und nachvollziehbar belegt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Sie leidet im Wesentlichen unter einem Restless-Legs-Syndrom ohne überdauernde funktionelle Leistungseinschränkung, einer Migräne, außerhalb akuter schwerer Kopfschmerzattacken ohne funktionelle Leistungseinschränkung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit angegebenem Dauerkopfschmerz sowie einer rezidivierenden depressiven Störung mit im Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. He. leichter depressiver Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode. Die Kriterien einer eigenständigen Angsterkrankung sind nicht erfüllt, selbst wenn man vom Vorliegen einer solchen Erkrankung auszugehen hätte, hätte dies keine Auswirkung auf die Leistungsbeurteilung, so Dr. He ... Die Klägerin könne ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder besonderen Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung - mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Darüber hinausgehende, wesentlich schwerer wiegende und dauerhafte Befunde, die zu mehr als sechs Monate anhaltenden und andauernden funktionellen Einschränkungen des beruflichen quantitativen Leistungsvermögens oder zu erheblichen Einschränkungen des qualitativen Leistungsvermögens führen würden, sind auch durch die weiteren vorliegenden ärztlichen Äußerungen nicht belegt.

Damit kann die Klägerin ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder besonderen Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung - noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies ergibt sich vor dem Senat schlüssig aus dem Sachverständigengutachten des Dr. He ... Hierfür sprechen auch der von der Klägerin selbst angegebene Tagesablauf und die von ihr eingeräumten Aktivitäten. So verrichtet sie Hausarbeiten, zumindest "die kleinen Sachen". Sie ist auch in der Lage, zu kochen. Ferner ist sie vielfältig interessiert, sie schaut Fernsehen, liest viel und ist auch im Stande, mit der Familie auszugehen oder spazieren zu gehen. Ferner hat sie Kontakt zu Freundinnen und befreundeten Ehepaaren. Damit ist ein sozialer Rückzug als Hinweis auf eine schwerere und andauernde erhebliche depressive Erkrankung nicht erkennbar. Die Tatsache, dass sie erst gegen 9:00 Uhr oder 10:00 Uhr aufsteht, dürfte schlicht der Tatsache geschuldet sein, dass sie erst zwischen 2:00 Uhr und 3:00 Uhr zu Bett geht. Zwingende Gründe hierfür, die einer Umstrukturierung des Tagesablaufs entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Ferner belegt auch der von Dr. He. erhobene psychische Befund dessen gutachterliche Einschätzung des Leistungsvermögens. Die Klägerin war bewusstseinsklar, allseits orientiert. Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen zeigten keine Einschränkungen. Auch mnestisches Störungen waren nicht nachweisbar, weder im Hinblick auf die Merkfähigkeit oder das Kurzzeitgedächtnis, noch auf das Langzeitgedächtnis. Sie war in der Lage, ihre Lebensgeschichte flüssig, konzentriert und präzise zu berichten. Ihr formaler Gedankengang war geordnet und nicht verlangsamt. Es zeigten sich keine inhaltlichen Denkstörungen. Die Stimmungslage war zwar insgesamt leicht gedrückt, streckenweise mäßig gedrückt, andererseits kam es themenabhängig auch zu einer Auflockerung und einem Lächeln und leichtem Lachen. Die Akkreditive Schwingungsfähigkeit war insgesamt nur leicht reduziert.

Diese Einschätzung des Leistungsvermögens steht in Übereinstimmung mit der in der Dr. Re., deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertbar war sowie der Einschätzung des die Klägerin langjährig behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. Ho ... Soweit hiervon abweichend der Psychotherapeut Kl. die Auffassung vertreten hat, die Klägerin könne keine drei Stunden täglich arbeiten, fehlt es an einer den Senat überzeugenden schlüssigen Begründung. Der Psychotherapeut Kl. hat insofern keine neuen wesentlichen Befunde dauerhafter Art mitgeteilt, die seine Einschätzung stützen könnten. Dies ergibt sich für den Senat auch plausibel aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. He ... Der sachverständige Zeuge Kl. hat im Übrigen auch die Angaben der Klägerin nicht kritisch hinterfragt, was für eine sozialmedizinische Beurteilung in Rentenverfahren allerdings erforderlich ist. Als behandelnder Therapeut ist dies aber schließlich auch nicht seine Aufgabe. Eine kritische Hinterfragung könnte die laufende Therapie negativ beeinflussen.

Im Übrigen ergeben sich auch aus den vom SG zuletzt beigezogenen Entlassungsberichten des KKH Ta. keine dauerhaften neuen wesentlichen Befunde, die das Rentenbegehren stützen würden.

Unter Berücksichtigung der sonach vorliegenden Gutachten und sonstigen ärztlichen Äußerungen ist der Sachverhalt geklärt, sodass es auch der Einholung eines weiteren Gutachtens, wie von der Klägerin angeregt, nicht bedarf. Entgegen deren Auffassung ist der Sachverständige Dr. He. durchaus in der Lage gewesen, die Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Sein Gutachten beruht nicht allein auf der Untersuchung der Klägerin in der Begutachtungssituation, sondern auch auf den vorliegenden weiteren ärztlichen Äußerungen und denen des Psychotherapeuten Kl., die er berücksichtigt hat.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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