L 15 SF 191/11 B E

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SF 70/11 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 191/11 B E
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Berücksichtung einer Anreise von einem weiter entfernten Ort als dem Ladungsort ist nur möglich, wenn entweder der Berechtigte den Anreiseort unverzüglich anzeigt und das Gericht die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht aufhebt oder das Gericht der Hauptsache die erfolgte Anreise (nachträglich)genehmigt oder die weitere Anreise bei Berücksichtigung der entstehenden Gesamtkosten angezeigt ist oder der Berechtigte zur Anreise durch besondere Umstände genötigt gewesen ist und die Berücksichtigung der entstandenen Mehrkosten (ganz oder teilweise) ermessensgerecht ist.
2. Bei der im Rahmen des § 5 Abs. 5 JVEG zu treffenden Ermessensentscheidung geht das Ermessen in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
3. Eine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG kommt nicht in Betracht, wenn der Berechtigte bezahlten Urlaub oder Gleitzeit genommen hat.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom
19. Mai 2011 wird zurückgewiesen.



Gründe:


I.

Die Antragstellerin und jetzige Beschwerdeführerin begehrt über die festgesetzten Kosten hinaus die Erstattung von weiteren Kosten für die Anreise zu einem Erörterungstermin nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), die dadurch entstanden sind, dass sie von einem weiter vom Gericht entfernt liegenden Ort als dem Ladungsort angereist ist.

In dem am Sozialgericht Bayreuth (SG) unter dem Az. S 15 AS 176/08 geführten Klageverfahren nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch wurde dem Gericht von den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin als ladungsfähige Anschrift eine Adresse in A-Stadt in Oberfranken angegeben. In Zusammenhang mit dem Terminsverlegungsantrag vom 14.01.2011 informierten die Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin das Gericht darüber, dass die Beschwerdeführerin in Österreich arbeite. Sie baten "vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in Österreich berufstätig" sei, um eine Terminierung am Montag oder Freitag. Am 18.01.2011 lud das SG dem klägerischen Wunsch entsprechend für Montag, den 07.02.2011, zu einem Erörterungstermin. Das persönliche Erscheinen wurde angeordnet. Bei der Ladung, die an die angegebene Anschrift in A-Stadt zugestellt wurde, wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin es dem Gericht sofort mitzuteilen habe, wenn sie beabsichtige, die Reise zum Termin von einem anderen Ort als der Ladungsanschrift anzutreten, oder wenn andere Umstände die Anreise erheblich verteuern würden. Mit Schriftsatz vom 26.11.2011 wurde auf Anfrage des Gerichts von den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin die Anschrift der Arbeitsstelle mitgeteilt, nicht aber, dass die Beschwerdeführerin von dort anreisen werde. In der Gerichtsakte wurde daraufhin vermerkt, dass eine Anreise nur aus A-Stadt genehmigt werde. Die Beschwerdeführerin nahm am 07.02.2011 von 9.00 bis 9.30 Uhr am Erörterungstermin teil.

Mit Entschädigungsantrag vom 09.02.2011, beim SG eingegangen am 01.03.2011, machte die Beschwerdeführerin als Entschädigung Verdienstausfall geltend. Gleichzeitig gab sie, vom Arbeitgeber bestätigt, an, bezahlten Urlaub/Gleitzeit genommen zu haben. Weiter beantragte sie die Erstattung von Fahrtkosten für 950 km, da sie vom Arbeitsort in Österreich angereist sei. Sie sei - so die Beschwerdeführerin - von 01.00 Uhr bis 18.00 Uhr abwesend gewesen.

Die Kostenbeamtin des SG setzte mit Schreiben vom 11.05.2011 eine Entschädigung für die Teilnahme am Erörterungstermin am 07.02.2011 in Höhe von insgesamt 45,50 EUR fest. Sie ging dabei von einer Entschädigung für Nachteilsausgleich für eine Zeit von vier Stunden und Fahrtkosten für 134 km (Fahrtstrecke von und nach A-Stadt) aus. Eine Anreise aus Österreich - so die Kostenbeamtin - sei nicht genehmigt worden. Da bezahlter Urlaub/Gleitzeit genommen worden sei, sei ein Verdienstausfall nicht eingetreten. Es sei eine Entschädigung bei Nachteilsausgleich für vier Stunden zu gewähren.

Dieser Festsetzung hat die Beschwerdeführerin widersprochen. Sie sei - so die Beschwerdeführerin - extra wegen des Termins aus Österreich angereist. Am Samstag habe sie noch gearbeitet und am Montag frei nehmen müssen.

Mit Beschluss vom 19.05.2011 hat das SG die Entschädigung wie bereits die Kostenbeamtin auf 45,50 EUR festgesetzt. Die Anreise aus Österreich hätte - so das SG - das Erscheinen erheblich verteuert. Dies habe die Beschwerdeführerin dem Gericht nicht vorher mitgeteilt; die Information über die Arbeitsstelle in Österreich sei insofern ohne Bedeutung. Es sei daher von einer An- und Rückreise von und nach A-Stadt auszugehen. Da die Beschwerdeführerin bezahlten Urlaub genommen habe, sei kein Verdienstausfall entstanden.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27.05.2011 Beschwerde eingelegt. Sie habe ihrem Anwalt mitgeteilt, dass sie in Österreich arbeite und nun auch wohne und dass sie am Samstag und Montag arbeiten müsse, und ihn gebeten, dies an das Gericht weiterzuleiten.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 14.07.2011 ist die Sach- und Rechtslage der Beschwerdeführerin eingehend erläutert und nahe gelegt worden, die Beschwerde zurückzunehmen. Die Beschwerdeführerin hat sich dazu mit Schreiben vom 17.07.2011 dahingehend geäußert, dass ihr Wohnsitz in A-Stadt die Adresse ihrer Eltern sei; ihren Hauptwohnsitz habe sie nicht ändern müssen. Ihrer Meinung nach sei es nachvollziehbar, dass sie nicht rund 1.000 km auf der Straße verbringen werde, wenn sie am Samstag und Montag arbeiten müsse.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert unter Zugrundelegung der begehrten Entschädigung für eine Reise aus und nach Österreich und für Verdienstausfall erreicht. Sie ist aber unbegründet.

Gegenstand der Entscheidung des Gerichts ist die Entschädigung der Beschwerdeführerin wegen des persönlichen Erscheinens beim Erörterungstermin am 07.02.2011.

Wie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu entnehmen ist, wendet sie sich gegen die Kostenentscheidung des SG unter beiden hier für die Entschädigung maßgeblichen Gesichtspunkten, nämlich einerseits wegen der Fahrtkosten, andererseits wegen des Verdienstausfalls. Damit kann die Beschwerdeführerin aber nicht durchdringen.

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet; dazu gehören u.a. der Fahrtkostenersatz (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG), die Entschädigung für Verdienstausfall (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 22 JVEG) und die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 20 JVEG).

1. Anzuwendendes Recht

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz -
2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn die Beschwerdeführerin als Berechtigte ist vor dem gemäß Art. 55
2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

2. Fahrtkosten

Das SG hat es zutreffend abgelehnt, die geltend gemachten Kosten für eine An- und Rückreise aus bzw. nach Österreich zu erstatten, soweit diese über die Kosten hinausgehen, die bei der An- und Rückreise vom bzw. zum Ladungsort, also A-Stadt, entstanden wären. Für die Reise von und nach A-Stadt sind unter Zugrundelegung der sich aus im Internet jedermann zugänglichen Routenplanern (z.B. von Falk) ergebenden Informationen insgesamt 134 km (für die schnellste Strecke, auch wenn diese nicht die kürzeste ist [vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12]) anzusetzen und damit 33,50 EUR zu entschädigen, wie dies das SG im angegriffenen Beschluss zutreffend gemacht hat.

Der Gesetzgeber hat den Fahrtkostenersatz in § 5 JVEG - soweit hier einschlägig - wie folgt geregelt:

"(2) Bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs werden
1. dem Zeugen oder dem Dritten (§ 23) zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,25 Euro,
2. den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Anspruchsberechtigten zur Abgeltung der Anschaffungs-?, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,30 Euro
für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Bei der Benutzung durch mehrere Personen kann die Pauschale nur einmal geltend gemacht werden. Bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs, das nicht zu den Fahrzeugen nach Absatz 1 oder Satz 1 zählt, werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der in Satz 1 genannten Fahrtkosten ersetzt; zusätzlich werden die durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise angefallenen regelmäßigen baren Auslagen, insbesondere die Parkentgelte, ersetzt, soweit sie der Berechtigte zu tragen hat.

...
(5) Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als zu diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war."

Grundsätzlich zu entschädigen sind die objektiv erforderlichen Fahrtkosten. Was objektiv erforderlich ist, ist unter Berücksichtigung des aus dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (in Bayern: Art. 7 Bayerische Haushaltsordnung), der im Bereich des gesamten Kostenrechts, also auch der Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen, Dritten, ehrenamtlichen Richtern und Beteiligten gilt, resultierenden Gebots der Kostendämpfung und Kostenminimierung (vgl. Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B; Thüringer Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 27.09.2005, Az.: L 6 SF 408/05; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 5.3; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 5 JVEG, Rdnr. 2) zu ermitteln (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Dies bedeutet, dass der Kostenerstattung die Kosten für die kürzeste Anreisestrecke zugrunde zu legen sind, sofern nicht eine andere Strecke aus nachvollziehbaren Gründen, insbesondere aus Zeitgründen, naheliegend ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass grundsätzlich auch die Kosten für die schnellste Strecke zu ersetzen sind. Weitere Ausnahmen sind dann zu akzeptieren, wenn die höheren Kosten durch besondere Umstände gerechtfertigt sind, z.B. Unzumutbarkeit der kürzesten bzw. schnellsten Strecke oder Umwege durch Straßensperrungen (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Bei der Ermittlung der Streckenlänge stützt sich der Senat auf die im Internet jedermann zugänglichen Routenplaner (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, und vom 20.07.2009, Az.: L 15 SF 152/09).

In diesem Licht hat der Gesetzgeber auch die Regelung des § 5 Abs. 5 JVEG getroffen. Mit § 5 Abs. 5 JVEG wird sichergestellt, dass auf das Gericht nicht unvorhergesehen hohe Kosten zukommen. Das Gericht hat gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG über § 202 SGG entsprechend heranzuziehen ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 10. Aufl. 2012, § 111, Rdnr. 2b), bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Prozessbeteiligten neben dem Gesichtspunkt der Verfahrensförderung regelmäßig auch zu berücksichtigen, ob ein persönliches Erscheinen für den Beteiligten wegen der großen Entfernung oder aus einem anderen wichtigen Grund unzumutbar ist. Damit spielt faktisch für das Gericht auch eine Rolle, ob der durch eine weite Anreise entstehende Kostenaufwand in einem vertretbaren Verhältnis zu den für das Verfahren zu erwartenden Erkenntnissen steht. Um dem Gericht eine sämtliche Gesichtpunkte berücksichtigende Entscheidung bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu ermöglichen, sieht der Gesetzgeber grundsätzlich nur die Kosten der Anreise vom Ladungsort oder von einem vom Prozessbeteiligten unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, angezeigten anderen Ort als erstattungsfähig an. Dadurch ist gewährleistet, dass es der Entscheidung des Gerichts überlassen bleibt, ob es das Erscheinen des Beteiligten auch angesichts der entstehenden, zunächst aber nicht absehbaren Kosten weiterhin für angezeigt hält oder ob es durch Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Entstehung unverhältnismäßig hoher Kosten entgegen wirken will.

Wird die Anreise von einem weiter entfernten Ort angetreten, ohne dies vorher entweder überhaupt nicht oder nicht unverzüglich dem Gericht angezeigt zu haben, sind dem Beteiligten nur die Kosten einer Anreise vom Ladungsort zu erstatten, es sei denn, dass der Betroffene "zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war", wobei gemäß Art. 5 Abs. 5 JVEG in einem solchen Fall die Erstattung der "Mehrkosten nach billigem Ermessen" zu erfolgen hat.

Was unter "durch besondere Umstände genötigt" zu verstehen ist und welche Ermessensgesichtspunkte der Gesetzgeber als maßgeblich erachtet hat, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Hatte die Bundesregierung in dem von ihr am 21.06.1956 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften (dort Art. 6 - Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen - ZuSEG - [vgl. Bundestags-Drucksache 2/2545 S. 49 f]) noch in § 8 Abs. 5 ZuSEG die erstattungsfähigen Kosten auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Anreise vom Ladungsort ergeben hätte, ist erst infolge der Beschlüsse des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuss) (vgl. Bundestags-Drucksache 2/3378 S. 106) eine Erweiterung dahingehend erfolgt, dass - wie auch in der heutigen Regelung des § 5 Abs. 5 JVEG - Mehrkosten nach billigem Ermessen dann zu erstatten sind, wenn der Betroffene zu der Fahrt vom/zum weiter entfernt liegenden Ort durch besondere Umstände genötigt war. Welche Gründe Anlass für diese Änderung waren und insbesondere welche Konstellationen der Gesetzgeber dabei im Auge gehabt hat, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.

Einigkeit besteht in der Literatur zum Begriff der Nötigung durch besondere Umstände dahingehend, dass die Umstände, die zur weiteren Anreise geführt haben, vom Betroffenen nicht zu vertreten sein dürfen (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 5.23 Buchst. h; Hartmann, a.a.O., § 5 JVEG, Rdnr. 26 - m.w.N.). Die Umstände können sowohl in der Person des Betroffenen als auch in anderen Gründen liegen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 5 JVEG, Rdnr. 26).

2.1. Grundsätze für den der An-/Rückreise zugrunde zu legenden Abfahrts-/Rückkehrort

Aus der Regelung des § 5 Abs. 2 und 5 JVEG ergibt sich, welcher Ort einer zu entschädigenden An-/Rückreise zugrunde zu legen ist. Dies ist grundsätzlich der in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichnete Ort.

Wird die die Anreise von einem anderen Ort angetreten und liegt dieser Ort näher, verursacht er also geringere Anfahrtskosten als der in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichnete Ort, ist der Entschädigung der andere, näher liegende Ort zugrunde zu legen, weil nur die tatsächlich (weniger) gefahrenen Kilometer zu entschädigen sind (vgl. auch Beschluss des Senats vom 24.04.2013, Az.: L 15 SF 62/13).

Wird die die Anreise von einem anderen Ort angetreten und liegt dieser Ort weiter entfernt, verursacht er also höhere Anfahrtskosten als der in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichnete Ort, ist der andere, weiter entfernt liegende Ort dann zugrunde zu legen, wenn er dem Gericht als zuständiger Stelle unverzüglich angezeigt worden ist, wobei der Gesetzgeber in § 5 Abs. 5 JVEG das Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung der Anreise von dem angezeigten, weiter entfernt liegenden Ort nicht vorgesehen hat. Ist die Angabe des weiter entfernt liegenden Abfahrts-/Rückkehrorts so rechtzeitig erfolgt, dass das Gericht darauf durch eine Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens hätte reagieren können, sind mangels Abladung des Gerichts die höheren Reisekosten zu erstatten (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 5.23, Buchst. h; Hartmann, a.a.O., § 5 JVEG, Rdnr. 23 - m.w.N.).

Wird die die Anreise von einem weiter entfernten Ort als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten Ort angetreten und wird dies nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt, kann eine Berücksichtigung der dadurch entstandenen Mehrkosten nicht schon wegen der Unterlassung der (unverzüglichen) Anzeige abgelehnt werden. Denn die Anzeigepflicht in § 5 Abs. 5 JVEG stellt keinen Selbstzweck dar (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.12.2011,
Az.: L 2 SF 319/11 B). Sinn der Anzeigepflicht ist es vielmehr, dem Gericht die Abladung zu ermöglichen. Kann diese aber wegen Umständen, die der Berechtigte zu vertreten hat, nicht oder nicht mehr rechtzeitig erfolgen, trägt der Berechtigte das Risiko einer geringeren Fahrtkostenerstattung. Beim Fehlen einer (rechtzeitigen) Anzeige sind daher die durch eine längere Anreise entstandenen Mehrkosten nach billigem Ermessen zu ersetzen. Voraussetzung dafür ist, dass der Berechtigte zu der Fahrt vom weiter entfernt liegenden Ort durch besondere Umstände genötigt war (§ 5 Abs. 5 letzter Halbsatz JVEG).

Ist die Fahrt von einem weiter entfernten Ort als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten Ort angetreten worden und sind die vom Gesetzgeber vorgegebenen Voraussetzungen für die Erstattung dadurch entstandener Mehrkosten nicht erfüllt, ist der Entschädigung eine fiktive Anreise vom dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten Ort zugrunde zu legen.

2.2. Konstellationen, die die Berücksichtigung von durch eine weitere Anreise als vom Ladungsort entstandenen Fahrtkosten zulassen

Neben den unter Ziff. 2.1. aufgezeigten Gründen sind bei zwei Sachverhalten die erhöhten Fahrtosten zu berücksichtigen:

2.2.1. (Nachträgliche) Genehmigung durch das Gericht der Hauptsache

Gleichzustellen mit einer rechtzeitigen Anzeige gegenüber dem Gericht ist die Konstellation, dass das Gericht der Hauptsache nachträglich die Anreise vom weiter entfernt liegenden Ort genehmigt. Die Frage der Nötigung der weiteren Anreise durch vom Beteiligten nicht zu vertretende Umstände stellt sich in diesem Fall - wie bei der vorherigen rechtzeitigen Anzeige des weiter entfernt liegenden Orts der Anreise - nicht, da das Gericht mit der Genehmigung der weiteren Anreise die dadurch erhöhten Anreisekosten dem Grunde nach billigt. Es handelt sich daher bei der Frage der (nachträglichen) Genehmigung der Anreise vom weiter entfernten Ort nicht um einen Gesichtspunkt, der im Rahmen der Ermessensausübung bei § 5 Abs. 5 JVEG relevant sein könnte.

2.2.2. Gesamtkostenvergleich

In seltenen Fällen kann auch aus wirtschaftlichen Gründen eine Berücksichtigung erhöhter Fahrtkosten geboten sein. Dies ist dann der Fall, wenn bei der tatsächlich erfolgten weiteren Anreise andere, sonst erstattungsfähige Kosten reduziert worden sind, sodass bei Berücksichtigung der entstehenden Gesamtkosten die Anreise vom weiter entfernten Ort der Staatskasse nicht "teurer gekommen ist" (vgl. so zu den Kosten der Inanspruchnahme einer Begleitperson, die bei einem anderen Beförderungsmittel nicht nötig gewesen wäre: Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B).

2.2.3. Zwischenergebnis

In folgenden Konstellationen sind daher die durch eine weitere Anreise verursachten Mehrkosten berücksichtigungsfähig:
* Der Berechtigte zeigt den Anreiseort unverzüglich an und das Gericht hebt die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht auf.
* Der Berechtigte zeigt den Anreiseort nicht (unverzüglich) an, das Gericht der Hauptsache genehmigt aber die erfolgte Anreise (nachträglich).
* Der Berechtigte zeigt den Anreiseort nicht (unverzüglich) an, die weitere Anreise ist aber bei Berücksichtigung der entstehenden Gesamtkosten angezeigt.
* Der Berechtigte zeigt den Anreiseort nicht (unverzüglich) an, ist aber zur Anreise von dort durch besondere Umstände genötigt und die Berücksichtigung der entstandenen Mehrkosten ist (ganz oder teilweise) ermessensgerecht.

2.3. Keine Berücksichtigung der Mehrkosten im hier zu entscheidenden Fall

Die der Beschwerdeführerin durch die An- und Rückreise aus/nach Österreich entstandenen Mehrkosten können nicht ersetzt werden. Der Entschädigung ist eine An- und Rückreise aus/nach A-Stadt zugrunde zu legen.

2.3.1. Keine Erstattung der Mehrkosten wegen fehlender unverzüglicher Anzeige gegenüber dem Gericht

Die Beschwerdeführerin hat es dem Gericht der Hauptsache nicht angezeigt, dass sie vom Ort ihrer Arbeitsstelle in Österreich zum Gerichtstermin anreisen werde.

Auch bei einer für die Beschwerdeführerin wohlwollendsten Auslegung kann ihre Mitteilung des Arbeitsorts nicht mit einer Anzeige, dass sie auch von dort anreisen werde, gleichgestellt werden. Allein aus der Information des Gerichts darüber, dass die Beschwerdeführerin eine Arbeitsstelle in Österreich hat, lässt sich nicht erkennen, dass sie auch von dort zum Gerichtstermin anreisen würde. Dazu hätte die Beschwerdeführerin Genaueres vortragen und klarstellen müssen, dass sie auch vom Arbeitsort anreisen würde. Vielmehr deutet das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin sogar darauf hin, dass sie nicht von Österreich anreisen werde. Denn ihre Bitte um eine Terminierung am Freitag oder Montag kann nicht anders interpretiert werden, als dass sich die Beschwerdeführerin am Wochenende ohnehin in A-Stadt aufhält und daher an den genannten Tagen mit wenig Aufwand bei Gericht erscheinen kann.

Ob die Beschwerdeführerin ihren Prozessbevollmächtigten darüber informiert hat, dass sie von Österreich anreisen werde, ist unbeachtlich (vgl. Hartmann, a.a.O., § 5 JVEG, Rdnr. 25). Allein entscheidend ist, dass das Gericht von der Absicht einer weiteren Anreise Kenntnis erlangt und auf der Grundlage dieser Kenntnis die Entscheidung treffen kann, ob die Anordnung des persönlichen Erscheinens angesichts der dadurch entstehenden Kosten aufgehoben wird. Wenn der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin dem Gericht entgegen einer Anweisung der Beschwerdeführerin die weitere Anreise nicht mitgeteilt haben sollte, fällt dies in den Verantwortungsbereich der Beschwerdeführerin, die sich eine schuldhaft unterlassene Mitteilung ihres Prozessbevollmächtigten zurechen lassen muss. Eine derartige Zurechnung ergibt sich aus § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO, was der Beschwerdeführerin im Übrigen bereits infolge des gerichtlichen Schreibens vom 15.01.2009 im zugrunde liegenden Hauptsachverfahren bekannt sein muss.

2.3.2. Keine Erstattung wegen (nachträglicher) Genehmigung durch das Gericht

Das Gericht der Hauptsache hat eine Anreise von Österreich und die Rückreise nicht nachträglich genehmigt. Auch von einer vorherigen Zustimmung zu einer möglicherweise anstehenden noch mitzuteilenden Anreise aus Österreich kann nicht ausgegangen werden, da der Richter der Hauptsache nach Mitteilung der Arbeitsstelle der Beschwerdeführerin in Österreich in der Akte vermerkt hat, dass eine Anreise aus Österreich nicht genehmigt werde.

2.3.3.
Keine Erstattung wegen durch besondere Umstände genötigter weiterer Anreise nach billigem Ermessen

Eine Erstattung scheitert schon daran, dass nicht nachgewiesen ist, dass die Beschwerdeführerin durch besondere Umstände zur Anreise aus Österreich genötigt gewesen wäre.

2.3.3.1. Allgemeines

Bei der Frage einer Erstattung der erhöhten Anreisekosten nach § 5 Abs. 5 JVEG nach billigem Ermessen ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Beteiligte wegen besonderer Umstände genötigt war, die Reise vom weiter entfernten Ort anzutreten bzw. dorthin zurückzukehren. Der Nachweis der besonderen Umstände ist den allgemeinen Grundsätzen folgend im Vollbeweis zu erbringen. Vollbeweis bedeutet, dass die erforderlichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen (vgl. Urteil des Senats vom 19.07.2011, Az.: L 15 VS 7/10; Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Dies bedeutet, dass kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R).

Ist der Nachweis erbracht, dass der Beteiligte durch besondere Umstände zur weiteren An- bzw. Abreise genötigt worden ist, ist in einem zweiten Schritt eine Ermessensentscheidung über die zu entschädigenden Mehrkosten zu treffen.

Sofern das Bayer. LSG in seinem Beschluss vom 24.02.1964, Az.:
L 18/KO 7/64, davon ausgegangen ist, dass mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens automatisch auch die Kosten der An-/Abreise von einem weiter entfernten Ort unabhängig von einer Benachrichtigung des Gerichts zu erstatten seien, kann dem nicht gefolgt werden. Das Bayer. LSG hat dies damals damit begründet, dass das persönliche Erscheinen eines Beteiligten nur dann angeordnet werden dürfe, wenn das Gericht die persönliche Anwesenheit des Beteiligten im Termin aus Sach- oder Rechtsgründen für erforderlich halte und diese sachliche Erforderlichkeit der Anwesenheit sich nicht durch einen Wohnortwechsel ändern könne. Wenn bei der Ladung das Erfordernis des persönlichen Erscheinens bestanden hätte, dann wäre das Gericht auch verpflichtet gewesen, das persönliche Erscheinen auch vom weiter entfernten Ort aus anzuordnen und nach § 191 SGG die dadurch entstandenen Kosten zu erstatten. Diese Begründung kann nicht überzeugen. Denn sie verkennt, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht nur der Aufklärung des Sachverhalts im engeren Sinn , sondern auch der Verfahrensförderung im weiteren Sinn, nämlich zur Verfahrensbeschleunigung oder auch der Herbeiführung einer konsensualen Konfliktlösung (vgl. Leitherer, a.a.O, § 111, Rdnr. 2) dient. Im Rahmen der vom Gericht zu treffenden Ermessenentscheidung ist daher auch zu berücksichtigten, ob wegen der großen Entfernung und aus sonstigen wichtigen Gründen der Partei ein persönliches Erscheinen überhaupt zumutbar ist (vgl. Reichhold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl. 2012, § 141, Rdnr. 2; Leitherer, a.a.O, § 111, Rdnr. 2b). Bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens hat das Gericht daher auch zu berücksichtigen, ob Zeit und Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zur Bedeutung der Anhörung stehen (vgl. Stadler, in: Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 141, Rdnr. 4). Im Übrigen würde die im Jahr 1964 getroffene Auslegung auch in einem Widerspruch zum ausdrücklichen Wortlaut des § 5 Abs. 5 JVEG stehen. Denn dieser kennt eine automatische Erstattung der Reisekosten von/zu einem weiter entfernt als dem Ladungsort gelegenen Ort nicht, sondern eröffnet eine Berücksichtigung des weiter entfernt liegenden Ortes nur unter weitergehenden Voraussetzungen.

Befindet sich der Kostenstreit im Beschwerdeverfahren, hat das Beschwerdegericht eine volle eigene Ermessensentscheidung zu treffen und nicht nur die erstinstanzliche Entscheidung auf Ermessensfehler zu überprüfen. Wenn das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) im Beschluss vom 05.06.2009, Az.: 6 W 68/09, demgegenüber die Ansicht vertritt, dass das Beschwerdegericht nur feststellen könne, ob der Richter in der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung die Grenzen seines pflichtgemäßen Ermessens überschritten habe, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Denn die Befugnis zur Ausübung des Ermessens ist in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen (vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.2012, Az.: L 15 SB 123/12 B - mit ausführlichen und grundsätzlichen Ausführungen zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Ermessensentscheidungen gemäß § 109 SGG des erstinstanzlichen Gerichts). Im Übrigen verkennt das Brandenburgische OLG bei seiner Entscheidung auch, dass Gericht der Hauptsache und Kostenspruchkörper oft nicht identisch sind. Das Argument, dass das Beschwerdegericht die (Ermessens-)Entscheidung des Ausgangsgerichts grundsätzlich nicht im Einzelnen zu überprüfen habe, da die Entscheidungshoheit darüber, ob ein Zeuge unverzichtbar gewesen sei oder nicht, bei dem Gericht liege, das den Zeugen herangezogen habe, und nicht beim Beschwerdegericht, das mit der Sache selbst nicht befasst gewesen sei, geht daher ins Leere. Denn auch der Kostenspruchkörper der Ausgangsentscheidung wird regelmäßig nicht die Entscheidungshoheit über die (Un-)Verzichtbarkeit des Zeugen gehabt haben.

2.3.3.2. Hier zu entscheidender Einzelfall

Eine Berücksichtigung der Anreise aus Österreich scheitert vorliegend schon daran, dass nicht nachgewiesen ist, dass die Beschwerdeführerin zur Anreise aus Österreich durch besondere Umstände im Sinn des § 5 Abs. 5 JVEG genötigt gewesen wäre.

Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin wesentlich wegen des Gerichtstermins aus Österreich angereist ist. Vielmehr deuten die Angaben der Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie aus anderen Gründen von Österreich angereist ist - und nicht wegen des Gerichtstermins. Denn sie selbst hat im Terminsverlegungsantrag vom 14.01.2011 darum bitten lassen, den Erörterungstermin auf einen Montag oder Freitag zu verlegen, und zwar "vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in Österreich berufstätig ist." Dieser Vortrag legt es nahe, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig am Wochenende in A-Stadt ist und daher ein Gerichtstermin am Montag oder Freitag mit weniger Aufwand verbunden ist, also mit der wöchentlichen Rückkehr problemlos verbunden werden kann. Irgendein anderer Grund für diesen Terminswunsch ist nicht plausibel. Denn eine An- und Rückreise von Österreich am selben Tag, wie sie die Beschwerdeführerin im Entschädigungsantrag vorträgt, wäre an jedem anderen Wochentag möglich gewesen. Es liegt der Eindruck nicht fern, dass die Beschwerdeführerin mit dem Entschädigungsantrag den Versuch unternommen hat, sich die regelmäßige wöchentliche Heimkehr auf Gerichtskosten finanzieren zu lassen. Eine Nötigung durch besondere Umstände, die eine Kostenerstattung für eine Anreise aus Österreich eröffnen würde, ist nicht im Vollbeweis nachgewiesen.

Da bereits der Nachweis der Nötigung durch besondere Umstände nicht geführt ist, scheidet eine Kostenerstattung schon aus diesem Grund aus; eine Ermessensentscheidung des Gerichts ist nicht eröffnet.

2.3.4. Keine Berücksichtigung der erhöhten Fahrtkosten aus Wirtschaftlichkeitsgründen

Eine Berücksichtigung aus wirtschaftlichen Gründen, d.h. bei Berücksichtigung der entstehenden Gesamtkosten, ist nicht angezeigt. Durch die weitere Anreise ist eine Reduzierung anderer im Raum stehender und zu entschädigender Kosten nicht erfolgt.

3. Verdienstausfall

Eine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG setzt voraus, dass ein solcher Ausfall tatsächlich entstanden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Beschwerdeführerin hat im Entschädigungsantrag vom 09.02.2011 angegeben, für den Tag des Erörterungstermins bezahlten Urlaub oder Gleitzeit genommen zu haben. Diese Angaben hat der Arbeitgeber der Klägerin bestätigt.

Der Kostensenat des Bayer. LSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Ausgleich im Rahmen des Gleitzeitkontos oder ein bezahlter Urlaub entschädigungsrechtlich als Verlust von Freizeit anzusehen ist (vgl. Beschlüsse vom 16.05.2007, Az. L 15 SB 118/06. Ko, vom 06.12.2007, Az.: L 15 SF 79/07 R KO, vom 23.10.2008, Az.: L 15 SF 191/08 SB KO, und vom 09.10.2009, Az.: L 15 SF 289/09). Denn nur dann, wenn die Wahrnehmung eines Gerichtstermins einen tatsächlichen finanziellen Nachteil in Form eines Verdienstausfalles mit sich bringt, ist dies nach § 22 JVEG entschädigungspflichtig. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 26.01.2012, Az.: VII ZB 60/09 - mit weitergehenden Erläuterungen und Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien).

4. Entschädigung für Zeitversäumnis

Eine höhere Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne des § 20 JVEG als für vier Stunden und damit in Höhe von 12,- EUR ist nicht zu leisten.

Das SG hat es zutreffend abgelehnt, den für eine An- und Rückreise aus bzw. nach Österreich geltend gemachten Zeitaufwand zu entschädigen, soweit dieser über den hinausgeht, der bei der An- und Rückreise vom bzw. zum Ladungsort, also A-Stadt, entstanden wäre.

Eine Entschädigung für Zeitversäumnis wird regelmäßig dann zu erbringen sein, wenn weder ein Verdienstausfall noch Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Denn bei dieser Entschädigung für sonstige Nachteile ist es nicht erforderlich, dass dem Betroffenen geldwerte Vorteile entgehen (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.5). Zudem besteht mit § 20 letzter Halbsatz JVEG eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist. Lediglich dann, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist, wobei von ersterem dann auszugehen sein wird, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf eine Zeitversäumnis hindeutet und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist, hat eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu erfolgen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 18.06.2012, Az.: L 15 SF 307/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, und vom 24.04.2013, Az.: L 15 SF 62/13),

Zwar hat die Beschwerdeführerin im Antragsformular zur Frage der Zeitversäumnis keinerlei Angaben gemacht, was darauf hindeuten könnte, dass sie die Zeit, die sie für den Gerichtstermin aufgewandt hat, nicht anderweitig zweckvoll und nutzbringend hätte verwenden können (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 18.06.2012, Az.: L 15 SF 307/11). Die fehlenden Angaben der Beschwerdeführerin sind aber vorliegend damit zu erklären, dass sie eine Entschädigung für Verdienstausfall angestrebt hat. Es kann ihr daher nicht zum Nachteil gereichen, dass sie im Antrag zur Zeitversäumnis keine Angaben gemacht hat (vgl. Beschlüsse des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, und vom 24.04.2013, Az: L 15 SF 62/13).

Die Dauer der zu entschädigenden Zeit ergibt sich aus § 19 Abs. 2 JVEG. Danach ist die gesamte notwendige Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten zu berücksichtigen. Begrenzt ist die Dauer auf zehn Stunden je Tag. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet.

Da - wie oben unter Ziff. 2.3.3.2. erläutert - nicht nachgewiesen ist, dass die Beschwerdeführerin durch besondere Umstände im Sinn des § 5 Abs. 5 JVEG genötigt gewesen wäre, von Österreich zum Gerichtstermin anzureisen, kann - wie schon bei den Fahrtkosten - auch bei der Entschädigung für Zeitversäumnis nur eine An- und Rückreise von und nach A-Stadt zugrunde gelegt werden. Für die Abwesenheit von A-Stadt sind unter Zugrundelegung der Fahrtzeit, wie sie sich aus im Internet jedermann zugänglichen Routenplanern (z.B. von Falk) ergibt (Zeitaufwand für die schnellste Strecke, die auch der Berechnung der Fahrstrecke zugrunde gelegt worden ist: 40 Minuten), der Verhandlungszeit vor Gericht und einem einzukalkulierenden Zeitpolster für die rechtzeitige Ankunft keinesfalls mehr als vier Stunden anzusetzen und damit 12,- EUR zu entschädigen, wie dies das SG im angegriffenen Beschluss zutreffend gemacht hat.

Die Beschwerdeführerin ist daher für ihr Erscheinen beim Erörterungstermin am 07.02.2011 so zu entschädigen, wie wenn sie von A-Stadt angereist und dorthin zurückgekehrt wäre. Dies beinhaltet eine Fahrtkostenentschädigung für insgesamt 134 km und eine Entschädigung für eine Zeitversäumnis von vier Stunden. Dies hat das SG bei der Festsetzung der Entschädigung zutreffend berücksichtigt und die Entschädigung mit 45,50 EUR festgesetzt.

Der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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