Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 1944/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2475/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Heilbehandlung in Form von Chirotherapie streitig.
Der 1958 geborene, privat krankenversicherte Kläger ist niedergelassener Orthopäde und betreibt zusammen mit dem Orthopäden Dr. B. eine Gemeinschaftspraxis. Er erlitt am 29.04.2010 auf dem Weg zu seiner Praxis einen Verkehrsunfall, indem ein nachfolgender Verkehrsteilnehmer auf sein zum Stehen gebrachtes Fahrzeug auffuhr, wobei er selbst angeschnallt war. Die Polizei wurde nicht hinzugezogen. Die Schadenshöhe am Fahrzeug belief sich auf 3.315 EUR.
Er fuhr nach Aufnahme des Schadens selbständig weiter in die Gemeinschaftspraxis, arbeitete dort zunächst 2 Stunden und ließ sich durch Dr. B. untersuchen. Dieser stellte in seinem H-Arzt-Bericht - nach seinen Angaben 15 Minuten nach dem Unfallereignis - als Befund eine massiv schmerzhaft eingeschränkte Halswirbelsäulen-Beweglichkeit, schmerzhafte Myotendinosen cervical sowie aufsteigende Kopfschmerzen fest und diagnostizierte eine posttraumatische Halswirbelsäulen-Distorsion mit schmerzhaften Myotendinosen, Halswirbelsäulen-Blockierung und reaktiver Cervico-Encephalie. Die Behandlung wurde mit lokalen und oralen Antiphlogistika und Muskelrelaxantien sowie einer Kryotherapie durchgeführt. Am 29.04. und 03.05.2010 wurde er mit Chirotherapie behandelt, für die Dr. B. jeweils 10,22 EUR in Rechnung stellte (vgl. Rechnung vom 05.05.2011). Am 05.05.2010 erfolgte eine kernspintomographische Untersuchung beim Radiologen Dr. Sch ... Dieser beschrieb in seinem Befundbericht eine frisch imponierende Bandscheibenprotrusion rechtsbetont im Segment C5/6 mit vorbestehender leichter Unkovertebralarthrose in dieser Etage sowie eine mäßige Hypertrophie der Gelenkfacetten bei C4/5 und C6/7. Ansonsten habe sich kein knöcherner oder andersartiger discoligamentärer Verletzungsbefund, eine harmonisch erhaltene Halslordose und keine paravertebrale Einblutung gezeigt. Dr. B. führte in seinem weiteren Befundbericht aus, die Beschwerden seien zunächst unter Gabe von NSAR oral und Muskelrelaxantien abgeklungen, hätten aber sodann mit rechtsbetonter Ausstrahlung in die rechte Schultergürtelregion zugenommen. Weiterhin seien Antiphlogistika und bei Bedarf Analgetika einzunehmen und zusätzlich Physiotherapie durchzuführen. Der Kläger gab in einem von ihm ausgefüllten Fragebogen an, bis zum 14.05.2010 habe er zu 60 Prozent, danach zu 80 Prozent weitergearbeitet. Dr. B. bescheinigte eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit ab 27.05.2010. Daraufhin gewährte die Beklagte Verletztengeld vom 29.04.2010 bis zum 26.05.2010. Dr. B. hielt ab 11.06.2010 eine ärztliche Behandlung nicht mehr für erforderlich.
Am 02.05.2011 erfolgte eine weitere kernspintomographische Untersuchung bei Dr. Sch ... Dieser führte in seinem Befundbericht aus, im Vergleich zur Voruntersuchung sei eine Zunahme der degenerativen Veränderungen in dem unfallgeschädigten Segment C5/6 mit jetzt zunehmender Bandscheibendegeneration und eine leichte Zunahme der Protrusion und eine konsekutive leichte beginnende Unkovertebralarthrose festzustellen. Die übrigen Segmente, Spinalkanal und Paravertebral-Region zeigten sich unverändert. Mit erfasst worden sei eine leichte Hypertrophie der Tonsillen. Dr. B. führte in seinem Nachschaubericht aus, weiterhin bestünden rezidivierende wechselnde rechtsbetonte Nackenbeschwerden, ab und zu mit Ausstrahlung in die rechte Schulter, jedoch ohne periphere neurologische Ausfälle. Es werde ein Muskelaufbautraining betrieben. Es bleibe abzuwarten, inwieweit physiotherapeutische und ärztliche Behandlung notwendig werde.
Die B.-Versicherung führte auf Anfrage der Beklagten aus, von ihr seien im Erkrankungsbereich von Wirbelsäule, Kopf, Nacken und Schultern keine Leistungen erbracht worden. Arbeitsunfähigkeitszeiten seien nicht bekannt, da kein Krankentagegeldanspruch bestehe.
Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. Sch., Direktor der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken K., beschrieb in seinem Gutachten als Unfallfolgen eine stattgehabte Halswirbelsäulen-Distorsion mit Anzeichen frisch imponierender Bandscheibenprotrusion rechtsbetont im Segment C5/6 ohne Nervenausfallerscheinungen. Weiter bestehe eine endgradige Einschränkung der Vor- und Rückneigefähigkeit der Halswirbelsäule mit einer Einschränkung der Rechtsseitneigung aktiv um zwei Drittel und passiv um ein Drittel, einer endgradigen Einschränkung der Rechtsrotation aktiv und passiv und einer ab mittlerem Bewegungsausmaß schmerzhaften Rotation und Seitneigung nach rechts, eine persistierende Beschwerde- und Schmerzsymptomatik, eine Unmöglichkeit, als Bauchschläfer den Kopf rechts abzulegen und eine kernspintomographisch nachweisbare Zunahme eines Verschleißes des Bandscheibensegmentes C5/6. Er folge man der Einschätzung des Dr. Sch., wonach die Schädigung des Segmentes C5/6 als unfallbedingt anzusehen sei. Denn sowohl die Protrusion als auch Bandscheibendegeneration habe zugenommen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 vom Hundert (v. H.). Der Kläger betreibe selbst stabilisierende Halswirbelsäulengymnastik. Er arbeite, wenngleich auch nicht uneingeschränkt, voll in seiner bisherigen Tätigkeit. Spezifische Maßnahmen, die die Arbeitsfähigkeit über das jetzt mögliche Maß hinaus zu stärken in der Lage wären, gebe es nicht. Der weitere Verlauf diesbezüglich müsse abgewartet werden.
Der Chirurg Dr. K. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme aus, kernspintomographisch hätten sich am 05.05.2010 neben der Protrusion im Bereich C5/6 keine Begleitläsionen nachweisen lassen, so dass von einem schicksalhaften Schadensbild auszugehen sei, da nach der derzeit geltenden Lehrmeinung eine isolierte, traumatische Läsion einer Bandscheibe nicht vorstellbar sei. Segmentale Scher-, Torsions- und Kippungsbelastungen würden durch den knöchernen und ligametären Apparat so weit begrenzt, dass in jedem Bewegungssegment nur etwa die Hälfte der Bewegungsausschläge erfolgen könnten, die zur Schädigung der Bandscheiben notwendig wären. Die genannten Strukturen müssten daher zwangsläufig vor Eintritt eines Bandscheibenschadens mit geschädigt werden. Vorschäden im Sinne degenerativer Veränderungen seien aktenkundig. Insofern sei für den Arbeitsunfall von einer Distorsion Grad II auszugehen. Schadensbilder dieser Art heilten nach den Begutachtungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie nach einem Zeitraum von längstens 6 Wochen folgenlos aus. Solche Verhältnisse seien auch für den vorliegenden Fall anzunehmen.
Mit Bescheid vom 27.12.2011 führte die Beklagte aus, sie übernehme ab dem 12.06.2010 keine Leistungen mehr. Der Kläger habe sich bei dem Arbeitsunfall eine Distorsion der Halswirbelsäule ohne weitere strukturelle Verletzungen zugezogen. Diese sei am 11.06.2010 weitgehend ausgeheilt gewesen. Die danach bestehenden Beschwerden seien nicht mehr Folge des Arbeitsunfalls, sondern auf die vorbestehenden Bandscheibenschäden zurückzuführen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und stimmte einer Zusammenhangsbegutachtung im Widerspruchsverfahren nicht zu. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin ohne weitere Ermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2012 zurück.
Der Kläger hat am 25.05.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und eine eidesstattliche Versicherung seines Bevollmächtigten bzw. dessen Büroangestellten vorgelegt, dass die am 04.05.2012 unterzeichnete Klageschrift noch am selben Tag in den Briefkasten geworfen worden sei. Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beklagten dem Antrag auf Wiedereinsetzung mit Beschluss vom 18.06.2012 stattgegeben.
Der Kläger hat zur Begründung der Klage u. a. den Befundbericht von Dr. Sch. vorgelegt, der am 21.06.2012 nochmals eine kernspintomographische Untersuchung durchgeführt hat. Dieser hat eine im Vergleich zur Erstuntersuchung progrediente Deformierung des Segmentes C5/6 mit zunehmenden knöchernen Anbauten mit jetzt hochgradiger Neuroforaminaenge auf der rechten Seite, etwas geringer links und eine unverändert leichte Intervertebralarthrose zwischen C4 und C7 festgestellt. Eine Listhesis sei nicht eingetreten. Die Bandscheibendegeneration habe sich nicht weiter verschlechtert und es sei zu keinem Prolaps gekommen. Die übrigen Etagen, Paravertebralregion und Myelon seien regelrecht.
Der Orthopäde Prof. Dr. H. hat hierzu in seiner von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die 6 Tage nach dem Arbeitsunfall kernspintomographisch festgestellten Spondylarthrosen der Segmente C4/5 und C6/7 sowie die Unkarthrose C5/6 und auch die dortige Bandscheibenprotrusion sprächen für einen Vorschaden im Sinne einer zumindest stummen Schadensanlage. Der Kläger sei binnen kurzer Zeit nach dem Arbeitsunfall weitergefahren, Bei der Erstuntersuchung seien detaillierte Befunde nicht erhoben worden. Im Rahmen der ersten kernspintomographischen Untersuchung seien zunächst regelrechte knöcherne Anteile und Bandstrukturen, also auch keine für unfallbedingte oder sonstige Gesundheitsstörungen sprechende Sekundäranzeichen in diesen Geweben bekundet worden. Die Bandscheibenprotrusion sei als frisch imponierend beurteilt worden, doch fehlten Urteilsfindungen und -begründungen dafür. Er ist zusammenfassend zu der Beurteilung gelangt, der Kläger habe ein Ereignis, das geeignet wäre, eine Bandscheibe traumatisch zu zerreißen, nicht erlitten. Eine leichte Halswirbelsäulen-Distorsion mit verzögertem Beschwerdebeginn sei möglich und plausibel. Ebenso plausibel sei, dass die Folgen binnen weniger Wochen ausgeheilt gewesen seien. Dafür spreche die volle Arbeitsfähigkeit ab 27.05.2010. Die Bandscheibenprotrusion im Segment C5/6 sei nicht unfallbedingt. Für ihre Degenerationen sprächen die Begleitbefunde der Uncarthrosen (Verschleißerscheinung im Uncovertebralgelenk) und Spondylarthrosen. In seiner weiteren Stellungnahme hat Prof. Dr. H. auch nach Sichtung der Kernspintomographie-Bilder an seiner Beurteilung festgehalten.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. H. eingeholt. Der Sachverständige hat als unfallbedingte Gesundheitsstörungen eine anhaltende schmerzhafte Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinungen bei umfassenden Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich mit sekundären, teils autonomen Verspannungen der Rumpfmuskulatur beschrieben. Aufgrund der radiologischen Bilder sei davon auszugehen, dass sich schon zum Unfallzeitpunkt und davor diskrete degenerative Bandscheibenschäden C5/6 entwickelt hätten. Diese unfallunabhängigen Schäden seien für das aktuelle Beschwerdebild nicht verantwortlich. Die aktuellen krankhaften Untersuchungsbefunde (schmerbedingte Schlafstörungen, bei Bedarf medikamentös behandelt) beträfen die Brustwirbelsäule, nicht die untere Halsregion. Die diskreten degenerativen Bandscheibenveränderungen seien klinisch völlig bedeutungslos und nicht geeignet, eine anhaltende Schmerzsymptomatik über Monate oder Jahre zu begründen. Der Kläger habe erst eine halbe Stunde nach dem Unfall Schmerzen verspürt, zwar nach dem Unfall weitergearbeitet, allerdings in einem um 60 % reduzierten Umfang während der ersten 3 Wochen. Im Übrigen sei das betroffene Bewegungssegment im Rahmen der heutigen körperlichen Untersuchung völlig unauffällig. Die aktuellen Beschwerden seien ausschließlich oder überwiegend auf prinzipiell therapierbare Funktionsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule, die er als Folge des Arbeitsunfalls betrachte, zurückzuführen. Diese Funktionsstörungen sollten sich in kompetenten Händen innerhalb weniger Wochen durch einige ambulante Chirotherapien, gegebenenfalls in Verbindung mit lokalen Friktionsmassagen, dauerhaft beseitigen lassen.
Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, aus den vorliegenden Unterlagen ließen sich Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule zeitnah nach dem Arbeitsunfall nicht entnehmen.
Hierzu hat Dr. H. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme ausgeführt, Blockierungen an den oberen Brustwirbelsäulenabschnitten führten regelmäßig zu Beschwerden auch in der Nackenregion und in der Halswirbelsäule. Eine strukturelle Ursache für die Beschwerden des Klägers nach dem Arbeitsunfall habe er nicht feststellen können. Überzeugende Hinweise für eine gestörte psycho-soziale Verarbeitung habe er nicht festgestellt. Damit verblieben nur die von ihm festgestellten Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich als Ursache der Beschwerden. Dies sei der Grund, warum diese thorakalen Blockierungen in ihrer Gesamtheit für die Beschwerdesymptomatik verantwortlich zu machen seien. Die Frage der Kausalität dieser Blockierungen beantworte sich quasi von selbst, wenn auf der einen Seite unterstellt werde, dass diese Blockierungen im vorliegenden Fall symptomatisch seien und wenn auf der anderen Seite den Angaben des Klägers gefolgt werde, wonach er erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall entsprechende Beschwerden und Funktionsstörungen entwickelt habe. Mit dem Unfallereignis konkurrierende Ursachen für die Beschwerden und Funktionsstörungen könne er nicht erkennen. Wenn diese symptomatischen Blockierungen unfallunabhängig vorbestanden hätten, hätte der Kläger schon im Vorfeld eine entsprechende Beschwerdesymptomatik haben müssen. Im Übrigen sei das Unfallereignis auch durchaus geeignet, diese Blockierungen auszulösen. Es sei eher wahrscheinlich, dass im Vorfeld einige stumme Blockierungen vorgelegen hätten, zu denen sich dann unfallbedingt noch einige weitere Blockierungen dazugesellten. Zusammen hätten sie dann letztlich zu einer Beschwerdesymptomatik geführt.
Mit Urteil vom 17.05.2013 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 27.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 12.06.2010 hinaus medizinische Behandlungen in Form von Chirotherapie zur Behandlung der Blockierung der Brustwirbelsäule zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger leide nach dem Gutachten des Dr. H. an einer über den 12.06.2010 hinaus fortbestehenden schmerzhaften und damit behandlungsbedürftigen Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule bei umfassenden Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich mit sekundären, teils autonomen Verspannungen der Rumpfmuskulatur. Diese Erkrankung sei durch den Arbeitsunfall zumindest im Sinne einer Teilursache wesentlich verursacht worden. Hierfür spreche der zeitliche und lokale Zusammenhang der sich hieraus ergebenden Beschwerden der Halswirbelsäule. Dr. H. habe schlüssig dargelegt, dass Blockierungen in den Brustwirbelsäulenabschnitten regelmäßig zu Beschwerden auch in der Nackenregion und der Halswirbelsäule führten, da diese funktionell zusammengehörten.
Hiergegen hat die Beklagte am 14.06.2013 Berufung eingelegt. Sie hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. vorgelegt. Er hat ausgeführt, der H-Arztbericht sei 15 Minuten nach dem Unfall, aber vor dem Auftreten von Schmerzen erhoben worden. Am Unfalltag sei eine Röntgenuntersuchung, die bei einer fraglichen Verletzung der Halswirbelsäule unbedingt notwendig gewesen wäre, nicht durchgeführt worden. Die ihm H-Arzt-Bericht vom Unfalltag aufgeführten Diagnosen seien unzutreffend. Eine Distorsion sei ein Unfallhergang und keine Verletzung. Eine Myotendinose sei eine verschleißbedingte Veränderung, nämlich eine bakterielle Entzündung der Sehnen, und könne eine Viertelstunde nach einem Unfall keine Verletzung sein. Eine Blockierung sei eine reversible Sperre des Bewegungsablaufes im Gelenk und damit keine nachweisbare Schädigung nach einem Unfallereignis. Eine Cervico-Encephalie sei ein Austritt von Hirngewebe bei angeborener Fehlbildung, die hier in jeder Hinsicht ausscheide. Es sei absolut unverständlich, zu derartigen sogenannten Diagnosen zu kommen, die keine seien, und das Ganze noch dazu ohne Röntgenbild und ohne Untersuchungsbefunde, die diese sogenannten Diagnosen erklären würden. Auch die im Kernspintomographie-Befund vom 05.05.2010 erfolgte Bezeichnung der Bandscheibenprotrusion als "frisch imponierend" sei falsch, da in der Beschreibung keinerlei Hinweise auf eine Verletzung in dem Segment C5/6 Bänder oder Knochen zu finden seien. Hinweise darauf, dass Bänder oder Knochen im Sinne einer Verletzung verändert gewesen seien, fehlten. Somit könne eine Bandscheibenprotrusion, die sowieso keine Verletzung darstelle, sondern eine verschleißbedingte Veränderung sei, nie frisch imponieren. Aus dieser Kernspintomographie resultierten lediglich die verschleißbedingten Veränderungen Unkovertebralarthrose und Hypertrophie der Gelenkfacetten C4/5 und C6/7 sowie eine harmonisch erhaltene Halslordose, so dass auch keine muskuläre Verspannung zu einer Steilstellung der Halswirbelsäule geführt haben könne und damit kein "unfallgeschädigtes" Segment C5/6, da gerade in der Kernspintomographie vom 05.05.2010 in diesem Segment keine Verletzung festgestellt worden sei. In Kenntnis dieses Verlaufes könne durch den Arbeitsunfall allenfalls eine leichtgradige Halsweichteilzerrung entstanden sein. Sogenannte Verletzungszeichen seien nicht kernspintomographisch erfassbar gewesen. Dies habe auch Dr. H. bestätigt, nach dessen Einschätzung die minimale Bandscheibenprotrusion C5/6 keine Unfallfolge sei. Funktionelle Störungen im Bereich der Brustwirbelsäule seien dem Unfallereignis nicht zuzuordnen, weil hier keine Verletzung vorgelegen habe. Eine in einem Auto sitzend eintretende Verletzung einer Brustwirbelsäule durch ein sogenanntes Schleudertrauma sei nicht erklärbar. Ferner sei zu bedenken, dass eine Blockierung keine Verletzungsfolge sei und die Chirotherapie möglicherweise keine schulmedizinische Maßnahme darstelle.
Ergänzend hat die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung ausgeführt, die Chirotherapie sei eine alternativ- und komplementärmedizinische Behandlungsmethode und wissenschaftlich nicht begründet. Eine Kostenübernahme würde allein aus diesem Grund bereits ausscheiden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend darauf verwiesen, dass die manuelle Therapie wissenschaftlich begründet und deren Kosten seit vielen Jahren erstattet werde.
Seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Senat mit Beschluss vom 24.09.2013 als unzulässig verworfen, da er nur die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil hätte beantragen müssen, so dass es am Rechtsschutzbedürfnis fehle (L 6 U 3521/13 ER).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Rechtsgrundlagen für die Gewährung von Heilbehandlung in Form der Heilmittelversorgung sind §§ 7, 8, 26, 27 und 30 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte haben Anspruch auf Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Die Heilbehandlung umfasst insbesondere die Versorgung mit Heilmitteln (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII). Heilmittel sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (§ 30 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie (§ 30 Satz 2 SGB VII).
In Bezug auf diese gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - zitiert nach juris; inzwischen mit anderer Begrifflichkeit BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris) die folgenden Grundsätze entwickelt:
Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich ist für die Gewährung von Heilbehandlung, dass längerandauernde behandlungsbedürftige Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität).
Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten längerandauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.
Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.
Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.
Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger nach Ansicht des Senats wegen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 29.04.2010 keinen Anspruch auf Heilbehandlung über den 11.06.2010 hinaus, insbesondere nicht auf Heilmittelversorgung in Form von Chirotherapie zur Behandlung einer Blockierung der Brustwirbelsäule.
Denn es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass die über den 11.06.2010 hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Nach Überzeugung des Senats hat sich der Kläger durch den Arbeitsunfall vom 29.04.2010 nur eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad II zugezogen. Dass durch den Unfall ein Strukturschaden der Halswirbelsäule eingetreten ist, hat bereits der gerichtliche Sachverständige Dr. H. für den Senat zutreffend ausgeschlossen, da die Bandscheibenprotrusion allein degenerativer Natur ist und auch keinen Krankheitswert hat. Auch die Brustwirbelsäule hat durch den Unfall keinen Schaden erlitten. Der Senat stützt sich dabei auf die überzeugenden beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. K., des Prof. Dr. H. und des Prof. Dr. H., wohingegen er sich der Einschätzung des Sachverständigen Dr. H. und des im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Prof. Dr. Sch. nicht anschließen konnte.
Dass die Unfallfolgen bereits anfangs nicht ausgeprägt waren und dann rasch abgeklungen sind, wird aus Sicht des Senats dadurch belegt, dass der Kläger selbständig die Praxis hat aufsuchen und danach arbeiten können und er nur eine sehr niedrig frequente Behandlung hat durchführen müssen, was der Senat den abgerechneten Posten der Rechnung vom 05.05.2010 entnimmt. Danach war über ein Jahr nur zweimal ein therapeutisches Vorgehen erforderlich, obwohl - worauf der klägerische Bevollmächtigte zu Recht hinweist - der Kläger die Behandlung als eine solche nach § 19 Abs. 3 Ziffer 2 der Heilmittel-Richtlinie ohne Weiteres hätte zu Lasten seiner privaten Krankenkasse hätte durchführen können. Dass er insoweit aber keine Leistungen hat in Anspruch nehmen müssen, was durch die Auskunft der B.-Versicherung bestätigt wird, belegt nach der Rechtsprechung des Senats einen fehlenden Leidensdruck (zuletzt Urteil vom 24.10.2013 - L 6 SB 4754/12) und somit, dass die Unfallfolgen nicht nennenswert waren. Dies hat auch Prof. Dr. H. überzeugend dargelegt, der darauf verwiesen hat, dass bei der Erstuntersuchung am Unfalltag durch Dr. B. detaillierte Befunde nicht erhoben worden sind. So hat auch Prof. Dr. H. für den Senat aufschlussreich erklärt, dass eine bei einer fraglichen Verletzung der Halswirbelsäule unbedingt notwendige Röntgenuntersuchung nicht durchgeführt worden ist und die im H-Arzt-Bericht von Dr. B. vom Unfalltag aufgeführten Diagnosen unzutreffend sind. Allein diese Umstände sprechen schon gegen eine schwerwiegende, eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit verursachende Verletzung der Halswirbelsäule. In der am 05.05.2010, also knapp eine Woche nach dem Arbeitsunfall, durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung haben sich nach den schlüssigen Darlegungen des Dr. K. keine Begleitläsionen nachweisen lassen. Dies hat auch Prof. Dr. H. bestätigt, indem er ausgeführt hat, dass kernspintomographisch regelrechte knöcherne Anteile und Bandstrukturen, also keine für unfallbedingte oder sonstige Gesundheitsstörungen sprechenden Sekundäranzeichen in diesen Geweben festgestellt worden sind. Auch Prof. Dr. H. hat überzeugend dargelegt, dass in der Beschreibung dieses kernspintomographischen Befundes keine Hinweise auf eine Verletzung in dem Segment C5/6 zu finden sind und Hinweise darauf, dass Bänder oder Knochen im Sinne einer Verletzung verändert gewesen sind, fehlen. Auch lag nach seinen gut begründeten Darlegungen eine harmonisch erhaltene Halslordose vor, so dass auch keine muskuläre Verspannung zu einer Steilstellung der Halswirbelsäule geführt haben konnte. Ferner haben keine Einblutungen vorgelegen. Hieraus ergibt sich, dass die kernspintomographisch festgestellte Protrusion im Bereich C5/6 nicht unfallbedingt ist, sondern einem schicksalhaften Schadensbild entspricht. Nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.2.6.2), ist jedenfalls eine isolierte, traumatische Läsion einer Bandscheibe nicht vorstellbar. Nach den zutreffenden Ausführungen des Dr. K. werden segmentale Scher-, Torsions- und Kippungsbelastungen durch den knöchernen und ligamentären Apparat so weit begrenzt, dass in jedem Bewegungssegment nur etwa die Hälfte der Bewegungsausschläge erfolgen können, die zur Schädigung der Bandscheiben notwendig wären (so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.2.6.2). Diese Strukturen müssen daher zwangsläufig vor Eintritt eines Bandscheibenschadens mit geschädigt werden. Nach alledem kann der Senat weder der von Dr. Sch. am 05.05.2010 getroffenen Beurteilung, die Bandscheibenprotrusion imponiere als frisch, noch dessen am 02.05.2011 erfolgten Hinweis auf ein unfallgeschädigtes Segment C5/6, folgen, zumal seine Befundberichte jegliche Begründung diesbezüglich vermissen lassen.
Doch selbst wenn man eine Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls für eine über den 11.06.2010 hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit annehmen würde, wäre diese Ursächlichkeit jedenfalls nicht wesentlich im Rechtssinne. Denn nach den überzeugenden beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. K., des Prof. Dr. H. und des Prof. Dr. H. sind am 05.05.2010 kernspintomographisch Spondylarthrosen der Segmente C4/5 und C6/7 sowie eine Unkarthrose C5/6 und damit ein Vorschaden im Sinne einer Schadensanlage, der eine überragende Bedeutung für die jetzt noch geklagten Beschwerden zukommt, festgestellt worden.
Dass die unfallbedingte Distorsion der Halswirbelsäule Grad II nach einem Zeitraum von längstens 6 Wochen folgenlos ausgeheilt sind, hat Dr. K. schlüssig dargelegt (so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.4.2.1). Hierfür spricht auch, worauf Prof. Dr. H. plausibel hingewiesen hat, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits ab 27.05.2010 voll arbeitsfähig gewesen ist und die letzte Chirobehandlung am 03.05.2010 in Anspruch genommen hat.
Demgegenüber folgte der Senat nicht der Einschätzung des Sachverständigen Dr. H., es handele sich um dem Arbeitsunfall zuordenbare funktionelle Störungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Prof. Dr. H. hat schlüssig dargelegt, dass im Bereich der Brustwirbelsäule keine Verletzung vorlag. Weder dem von Dr. B. erhobenen Erstbefund noch den nachfolgenden kernspintomographischen Befunden sind irgend welche pathologischen Veränderungen der Brustwirbelsäule zu entnehmen.
Dr. H. hat seine Ansicht für den Senat nicht schlüssig nachvollziehbar begründen können. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger nach seinen Angaben erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall entsprechende Beschwerden und Funktionsstörungen entwickelt habe, so dass sich die Frage der Kausalität der Blockierungen "quasi von selbst" beantworte. Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Beginn der Beschwerden genügt aber gerade nicht, um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs annehmen zu können (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 60). Auch der Hinweis des Sachverständigen auf das Fehlen mit dem Unfallereignis konkurrierender Ursachen für die Beschwerden und Funktionsstörungen verfängt nicht. Denn auf der ersten Prüfungsstufe ist die Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls und erst auf der zweiten Prüfungsstufe das Vorliegen von konkurrierenden Ursachen zu prüfen und eine wertende Betrachtung vorzunehmen. Die Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls kann aber nicht allein mit dem Nichtvorliegen konkurrierender Ursachen erklärt werden (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 78, 79). Selbst wenn Hinweise auf eine traumatische Schädigung vorlägen, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang nicht regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 53). Dies verkennt Dr. H ...
Dies gilt umso mehr, als eine Blockierung keine dauerhafte Unfallfolge darstellt, sondern nur eine funktionelle Problematik, worauf Prof. Dr. H. zu Recht hinweist. Davon geht letztlich auch der Sachverständige Dr. H. aus, indem er darauf verweist, dass sich die Blockaden innerhalb nur weniger Wochen durch ambulante Chirotherapien ggf. mit lokalen Friktionsmassagen dauerhaft beseitigen lassen. Insoweit ist sein Gutachten widersprüchlich, wenn er gleichzeitig die Restbeschwerden als dauerhafte Unfallfolge bewertet wissen will.
Nach alledem hat die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2012 zu Recht die Gewährung von Heilbehandlung über den 11.06.2010 hinaus abgelehnt und hat das Sozialgericht zu Unrecht mit Urteil vom 17.05.2013 diese Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 12.06.2010 hinaus medizinische Behandlungen in Form von Chirotherapie zur Behandlung der Blockierung der Brustwirbelsäule zu gewähren.
Somit war das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Heilbehandlung in Form von Chirotherapie streitig.
Der 1958 geborene, privat krankenversicherte Kläger ist niedergelassener Orthopäde und betreibt zusammen mit dem Orthopäden Dr. B. eine Gemeinschaftspraxis. Er erlitt am 29.04.2010 auf dem Weg zu seiner Praxis einen Verkehrsunfall, indem ein nachfolgender Verkehrsteilnehmer auf sein zum Stehen gebrachtes Fahrzeug auffuhr, wobei er selbst angeschnallt war. Die Polizei wurde nicht hinzugezogen. Die Schadenshöhe am Fahrzeug belief sich auf 3.315 EUR.
Er fuhr nach Aufnahme des Schadens selbständig weiter in die Gemeinschaftspraxis, arbeitete dort zunächst 2 Stunden und ließ sich durch Dr. B. untersuchen. Dieser stellte in seinem H-Arzt-Bericht - nach seinen Angaben 15 Minuten nach dem Unfallereignis - als Befund eine massiv schmerzhaft eingeschränkte Halswirbelsäulen-Beweglichkeit, schmerzhafte Myotendinosen cervical sowie aufsteigende Kopfschmerzen fest und diagnostizierte eine posttraumatische Halswirbelsäulen-Distorsion mit schmerzhaften Myotendinosen, Halswirbelsäulen-Blockierung und reaktiver Cervico-Encephalie. Die Behandlung wurde mit lokalen und oralen Antiphlogistika und Muskelrelaxantien sowie einer Kryotherapie durchgeführt. Am 29.04. und 03.05.2010 wurde er mit Chirotherapie behandelt, für die Dr. B. jeweils 10,22 EUR in Rechnung stellte (vgl. Rechnung vom 05.05.2011). Am 05.05.2010 erfolgte eine kernspintomographische Untersuchung beim Radiologen Dr. Sch ... Dieser beschrieb in seinem Befundbericht eine frisch imponierende Bandscheibenprotrusion rechtsbetont im Segment C5/6 mit vorbestehender leichter Unkovertebralarthrose in dieser Etage sowie eine mäßige Hypertrophie der Gelenkfacetten bei C4/5 und C6/7. Ansonsten habe sich kein knöcherner oder andersartiger discoligamentärer Verletzungsbefund, eine harmonisch erhaltene Halslordose und keine paravertebrale Einblutung gezeigt. Dr. B. führte in seinem weiteren Befundbericht aus, die Beschwerden seien zunächst unter Gabe von NSAR oral und Muskelrelaxantien abgeklungen, hätten aber sodann mit rechtsbetonter Ausstrahlung in die rechte Schultergürtelregion zugenommen. Weiterhin seien Antiphlogistika und bei Bedarf Analgetika einzunehmen und zusätzlich Physiotherapie durchzuführen. Der Kläger gab in einem von ihm ausgefüllten Fragebogen an, bis zum 14.05.2010 habe er zu 60 Prozent, danach zu 80 Prozent weitergearbeitet. Dr. B. bescheinigte eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit ab 27.05.2010. Daraufhin gewährte die Beklagte Verletztengeld vom 29.04.2010 bis zum 26.05.2010. Dr. B. hielt ab 11.06.2010 eine ärztliche Behandlung nicht mehr für erforderlich.
Am 02.05.2011 erfolgte eine weitere kernspintomographische Untersuchung bei Dr. Sch ... Dieser führte in seinem Befundbericht aus, im Vergleich zur Voruntersuchung sei eine Zunahme der degenerativen Veränderungen in dem unfallgeschädigten Segment C5/6 mit jetzt zunehmender Bandscheibendegeneration und eine leichte Zunahme der Protrusion und eine konsekutive leichte beginnende Unkovertebralarthrose festzustellen. Die übrigen Segmente, Spinalkanal und Paravertebral-Region zeigten sich unverändert. Mit erfasst worden sei eine leichte Hypertrophie der Tonsillen. Dr. B. führte in seinem Nachschaubericht aus, weiterhin bestünden rezidivierende wechselnde rechtsbetonte Nackenbeschwerden, ab und zu mit Ausstrahlung in die rechte Schulter, jedoch ohne periphere neurologische Ausfälle. Es werde ein Muskelaufbautraining betrieben. Es bleibe abzuwarten, inwieweit physiotherapeutische und ärztliche Behandlung notwendig werde.
Die B.-Versicherung führte auf Anfrage der Beklagten aus, von ihr seien im Erkrankungsbereich von Wirbelsäule, Kopf, Nacken und Schultern keine Leistungen erbracht worden. Arbeitsunfähigkeitszeiten seien nicht bekannt, da kein Krankentagegeldanspruch bestehe.
Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. Sch., Direktor der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken K., beschrieb in seinem Gutachten als Unfallfolgen eine stattgehabte Halswirbelsäulen-Distorsion mit Anzeichen frisch imponierender Bandscheibenprotrusion rechtsbetont im Segment C5/6 ohne Nervenausfallerscheinungen. Weiter bestehe eine endgradige Einschränkung der Vor- und Rückneigefähigkeit der Halswirbelsäule mit einer Einschränkung der Rechtsseitneigung aktiv um zwei Drittel und passiv um ein Drittel, einer endgradigen Einschränkung der Rechtsrotation aktiv und passiv und einer ab mittlerem Bewegungsausmaß schmerzhaften Rotation und Seitneigung nach rechts, eine persistierende Beschwerde- und Schmerzsymptomatik, eine Unmöglichkeit, als Bauchschläfer den Kopf rechts abzulegen und eine kernspintomographisch nachweisbare Zunahme eines Verschleißes des Bandscheibensegmentes C5/6. Er folge man der Einschätzung des Dr. Sch., wonach die Schädigung des Segmentes C5/6 als unfallbedingt anzusehen sei. Denn sowohl die Protrusion als auch Bandscheibendegeneration habe zugenommen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 vom Hundert (v. H.). Der Kläger betreibe selbst stabilisierende Halswirbelsäulengymnastik. Er arbeite, wenngleich auch nicht uneingeschränkt, voll in seiner bisherigen Tätigkeit. Spezifische Maßnahmen, die die Arbeitsfähigkeit über das jetzt mögliche Maß hinaus zu stärken in der Lage wären, gebe es nicht. Der weitere Verlauf diesbezüglich müsse abgewartet werden.
Der Chirurg Dr. K. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme aus, kernspintomographisch hätten sich am 05.05.2010 neben der Protrusion im Bereich C5/6 keine Begleitläsionen nachweisen lassen, so dass von einem schicksalhaften Schadensbild auszugehen sei, da nach der derzeit geltenden Lehrmeinung eine isolierte, traumatische Läsion einer Bandscheibe nicht vorstellbar sei. Segmentale Scher-, Torsions- und Kippungsbelastungen würden durch den knöchernen und ligametären Apparat so weit begrenzt, dass in jedem Bewegungssegment nur etwa die Hälfte der Bewegungsausschläge erfolgen könnten, die zur Schädigung der Bandscheiben notwendig wären. Die genannten Strukturen müssten daher zwangsläufig vor Eintritt eines Bandscheibenschadens mit geschädigt werden. Vorschäden im Sinne degenerativer Veränderungen seien aktenkundig. Insofern sei für den Arbeitsunfall von einer Distorsion Grad II auszugehen. Schadensbilder dieser Art heilten nach den Begutachtungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie nach einem Zeitraum von längstens 6 Wochen folgenlos aus. Solche Verhältnisse seien auch für den vorliegenden Fall anzunehmen.
Mit Bescheid vom 27.12.2011 führte die Beklagte aus, sie übernehme ab dem 12.06.2010 keine Leistungen mehr. Der Kläger habe sich bei dem Arbeitsunfall eine Distorsion der Halswirbelsäule ohne weitere strukturelle Verletzungen zugezogen. Diese sei am 11.06.2010 weitgehend ausgeheilt gewesen. Die danach bestehenden Beschwerden seien nicht mehr Folge des Arbeitsunfalls, sondern auf die vorbestehenden Bandscheibenschäden zurückzuführen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und stimmte einer Zusammenhangsbegutachtung im Widerspruchsverfahren nicht zu. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin ohne weitere Ermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2012 zurück.
Der Kläger hat am 25.05.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und eine eidesstattliche Versicherung seines Bevollmächtigten bzw. dessen Büroangestellten vorgelegt, dass die am 04.05.2012 unterzeichnete Klageschrift noch am selben Tag in den Briefkasten geworfen worden sei. Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beklagten dem Antrag auf Wiedereinsetzung mit Beschluss vom 18.06.2012 stattgegeben.
Der Kläger hat zur Begründung der Klage u. a. den Befundbericht von Dr. Sch. vorgelegt, der am 21.06.2012 nochmals eine kernspintomographische Untersuchung durchgeführt hat. Dieser hat eine im Vergleich zur Erstuntersuchung progrediente Deformierung des Segmentes C5/6 mit zunehmenden knöchernen Anbauten mit jetzt hochgradiger Neuroforaminaenge auf der rechten Seite, etwas geringer links und eine unverändert leichte Intervertebralarthrose zwischen C4 und C7 festgestellt. Eine Listhesis sei nicht eingetreten. Die Bandscheibendegeneration habe sich nicht weiter verschlechtert und es sei zu keinem Prolaps gekommen. Die übrigen Etagen, Paravertebralregion und Myelon seien regelrecht.
Der Orthopäde Prof. Dr. H. hat hierzu in seiner von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die 6 Tage nach dem Arbeitsunfall kernspintomographisch festgestellten Spondylarthrosen der Segmente C4/5 und C6/7 sowie die Unkarthrose C5/6 und auch die dortige Bandscheibenprotrusion sprächen für einen Vorschaden im Sinne einer zumindest stummen Schadensanlage. Der Kläger sei binnen kurzer Zeit nach dem Arbeitsunfall weitergefahren, Bei der Erstuntersuchung seien detaillierte Befunde nicht erhoben worden. Im Rahmen der ersten kernspintomographischen Untersuchung seien zunächst regelrechte knöcherne Anteile und Bandstrukturen, also auch keine für unfallbedingte oder sonstige Gesundheitsstörungen sprechende Sekundäranzeichen in diesen Geweben bekundet worden. Die Bandscheibenprotrusion sei als frisch imponierend beurteilt worden, doch fehlten Urteilsfindungen und -begründungen dafür. Er ist zusammenfassend zu der Beurteilung gelangt, der Kläger habe ein Ereignis, das geeignet wäre, eine Bandscheibe traumatisch zu zerreißen, nicht erlitten. Eine leichte Halswirbelsäulen-Distorsion mit verzögertem Beschwerdebeginn sei möglich und plausibel. Ebenso plausibel sei, dass die Folgen binnen weniger Wochen ausgeheilt gewesen seien. Dafür spreche die volle Arbeitsfähigkeit ab 27.05.2010. Die Bandscheibenprotrusion im Segment C5/6 sei nicht unfallbedingt. Für ihre Degenerationen sprächen die Begleitbefunde der Uncarthrosen (Verschleißerscheinung im Uncovertebralgelenk) und Spondylarthrosen. In seiner weiteren Stellungnahme hat Prof. Dr. H. auch nach Sichtung der Kernspintomographie-Bilder an seiner Beurteilung festgehalten.
Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. H. eingeholt. Der Sachverständige hat als unfallbedingte Gesundheitsstörungen eine anhaltende schmerzhafte Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinungen bei umfassenden Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich mit sekundären, teils autonomen Verspannungen der Rumpfmuskulatur beschrieben. Aufgrund der radiologischen Bilder sei davon auszugehen, dass sich schon zum Unfallzeitpunkt und davor diskrete degenerative Bandscheibenschäden C5/6 entwickelt hätten. Diese unfallunabhängigen Schäden seien für das aktuelle Beschwerdebild nicht verantwortlich. Die aktuellen krankhaften Untersuchungsbefunde (schmerbedingte Schlafstörungen, bei Bedarf medikamentös behandelt) beträfen die Brustwirbelsäule, nicht die untere Halsregion. Die diskreten degenerativen Bandscheibenveränderungen seien klinisch völlig bedeutungslos und nicht geeignet, eine anhaltende Schmerzsymptomatik über Monate oder Jahre zu begründen. Der Kläger habe erst eine halbe Stunde nach dem Unfall Schmerzen verspürt, zwar nach dem Unfall weitergearbeitet, allerdings in einem um 60 % reduzierten Umfang während der ersten 3 Wochen. Im Übrigen sei das betroffene Bewegungssegment im Rahmen der heutigen körperlichen Untersuchung völlig unauffällig. Die aktuellen Beschwerden seien ausschließlich oder überwiegend auf prinzipiell therapierbare Funktionsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule, die er als Folge des Arbeitsunfalls betrachte, zurückzuführen. Diese Funktionsstörungen sollten sich in kompetenten Händen innerhalb weniger Wochen durch einige ambulante Chirotherapien, gegebenenfalls in Verbindung mit lokalen Friktionsmassagen, dauerhaft beseitigen lassen.
Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, aus den vorliegenden Unterlagen ließen sich Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule zeitnah nach dem Arbeitsunfall nicht entnehmen.
Hierzu hat Dr. H. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme ausgeführt, Blockierungen an den oberen Brustwirbelsäulenabschnitten führten regelmäßig zu Beschwerden auch in der Nackenregion und in der Halswirbelsäule. Eine strukturelle Ursache für die Beschwerden des Klägers nach dem Arbeitsunfall habe er nicht feststellen können. Überzeugende Hinweise für eine gestörte psycho-soziale Verarbeitung habe er nicht festgestellt. Damit verblieben nur die von ihm festgestellten Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich als Ursache der Beschwerden. Dies sei der Grund, warum diese thorakalen Blockierungen in ihrer Gesamtheit für die Beschwerdesymptomatik verantwortlich zu machen seien. Die Frage der Kausalität dieser Blockierungen beantworte sich quasi von selbst, wenn auf der einen Seite unterstellt werde, dass diese Blockierungen im vorliegenden Fall symptomatisch seien und wenn auf der anderen Seite den Angaben des Klägers gefolgt werde, wonach er erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall entsprechende Beschwerden und Funktionsstörungen entwickelt habe. Mit dem Unfallereignis konkurrierende Ursachen für die Beschwerden und Funktionsstörungen könne er nicht erkennen. Wenn diese symptomatischen Blockierungen unfallunabhängig vorbestanden hätten, hätte der Kläger schon im Vorfeld eine entsprechende Beschwerdesymptomatik haben müssen. Im Übrigen sei das Unfallereignis auch durchaus geeignet, diese Blockierungen auszulösen. Es sei eher wahrscheinlich, dass im Vorfeld einige stumme Blockierungen vorgelegen hätten, zu denen sich dann unfallbedingt noch einige weitere Blockierungen dazugesellten. Zusammen hätten sie dann letztlich zu einer Beschwerdesymptomatik geführt.
Mit Urteil vom 17.05.2013 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 27.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 12.06.2010 hinaus medizinische Behandlungen in Form von Chirotherapie zur Behandlung der Blockierung der Brustwirbelsäule zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger leide nach dem Gutachten des Dr. H. an einer über den 12.06.2010 hinaus fortbestehenden schmerzhaften und damit behandlungsbedürftigen Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule bei umfassenden Blockierungen im Brustwirbelsäulenbereich mit sekundären, teils autonomen Verspannungen der Rumpfmuskulatur. Diese Erkrankung sei durch den Arbeitsunfall zumindest im Sinne einer Teilursache wesentlich verursacht worden. Hierfür spreche der zeitliche und lokale Zusammenhang der sich hieraus ergebenden Beschwerden der Halswirbelsäule. Dr. H. habe schlüssig dargelegt, dass Blockierungen in den Brustwirbelsäulenabschnitten regelmäßig zu Beschwerden auch in der Nackenregion und der Halswirbelsäule führten, da diese funktionell zusammengehörten.
Hiergegen hat die Beklagte am 14.06.2013 Berufung eingelegt. Sie hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. vorgelegt. Er hat ausgeführt, der H-Arztbericht sei 15 Minuten nach dem Unfall, aber vor dem Auftreten von Schmerzen erhoben worden. Am Unfalltag sei eine Röntgenuntersuchung, die bei einer fraglichen Verletzung der Halswirbelsäule unbedingt notwendig gewesen wäre, nicht durchgeführt worden. Die ihm H-Arzt-Bericht vom Unfalltag aufgeführten Diagnosen seien unzutreffend. Eine Distorsion sei ein Unfallhergang und keine Verletzung. Eine Myotendinose sei eine verschleißbedingte Veränderung, nämlich eine bakterielle Entzündung der Sehnen, und könne eine Viertelstunde nach einem Unfall keine Verletzung sein. Eine Blockierung sei eine reversible Sperre des Bewegungsablaufes im Gelenk und damit keine nachweisbare Schädigung nach einem Unfallereignis. Eine Cervico-Encephalie sei ein Austritt von Hirngewebe bei angeborener Fehlbildung, die hier in jeder Hinsicht ausscheide. Es sei absolut unverständlich, zu derartigen sogenannten Diagnosen zu kommen, die keine seien, und das Ganze noch dazu ohne Röntgenbild und ohne Untersuchungsbefunde, die diese sogenannten Diagnosen erklären würden. Auch die im Kernspintomographie-Befund vom 05.05.2010 erfolgte Bezeichnung der Bandscheibenprotrusion als "frisch imponierend" sei falsch, da in der Beschreibung keinerlei Hinweise auf eine Verletzung in dem Segment C5/6 Bänder oder Knochen zu finden seien. Hinweise darauf, dass Bänder oder Knochen im Sinne einer Verletzung verändert gewesen seien, fehlten. Somit könne eine Bandscheibenprotrusion, die sowieso keine Verletzung darstelle, sondern eine verschleißbedingte Veränderung sei, nie frisch imponieren. Aus dieser Kernspintomographie resultierten lediglich die verschleißbedingten Veränderungen Unkovertebralarthrose und Hypertrophie der Gelenkfacetten C4/5 und C6/7 sowie eine harmonisch erhaltene Halslordose, so dass auch keine muskuläre Verspannung zu einer Steilstellung der Halswirbelsäule geführt haben könne und damit kein "unfallgeschädigtes" Segment C5/6, da gerade in der Kernspintomographie vom 05.05.2010 in diesem Segment keine Verletzung festgestellt worden sei. In Kenntnis dieses Verlaufes könne durch den Arbeitsunfall allenfalls eine leichtgradige Halsweichteilzerrung entstanden sein. Sogenannte Verletzungszeichen seien nicht kernspintomographisch erfassbar gewesen. Dies habe auch Dr. H. bestätigt, nach dessen Einschätzung die minimale Bandscheibenprotrusion C5/6 keine Unfallfolge sei. Funktionelle Störungen im Bereich der Brustwirbelsäule seien dem Unfallereignis nicht zuzuordnen, weil hier keine Verletzung vorgelegen habe. Eine in einem Auto sitzend eintretende Verletzung einer Brustwirbelsäule durch ein sogenanntes Schleudertrauma sei nicht erklärbar. Ferner sei zu bedenken, dass eine Blockierung keine Verletzungsfolge sei und die Chirotherapie möglicherweise keine schulmedizinische Maßnahme darstelle.
Ergänzend hat die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung ausgeführt, die Chirotherapie sei eine alternativ- und komplementärmedizinische Behandlungsmethode und wissenschaftlich nicht begründet. Eine Kostenübernahme würde allein aus diesem Grund bereits ausscheiden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend darauf verwiesen, dass die manuelle Therapie wissenschaftlich begründet und deren Kosten seit vielen Jahren erstattet werde.
Seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Senat mit Beschluss vom 24.09.2013 als unzulässig verworfen, da er nur die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil hätte beantragen müssen, so dass es am Rechtsschutzbedürfnis fehle (L 6 U 3521/13 ER).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Rechtsgrundlagen für die Gewährung von Heilbehandlung in Form der Heilmittelversorgung sind §§ 7, 8, 26, 27 und 30 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte haben Anspruch auf Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Die Heilbehandlung umfasst insbesondere die Versorgung mit Heilmitteln (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII). Heilmittel sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (§ 30 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie (§ 30 Satz 2 SGB VII).
In Bezug auf diese gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - zitiert nach juris; inzwischen mit anderer Begrifflichkeit BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris) die folgenden Grundsätze entwickelt:
Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich ist für die Gewährung von Heilbehandlung, dass längerandauernde behandlungsbedürftige Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität).
Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten längerandauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.
Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.
Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.
Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger nach Ansicht des Senats wegen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 29.04.2010 keinen Anspruch auf Heilbehandlung über den 11.06.2010 hinaus, insbesondere nicht auf Heilmittelversorgung in Form von Chirotherapie zur Behandlung einer Blockierung der Brustwirbelsäule.
Denn es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass die über den 11.06.2010 hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Nach Überzeugung des Senats hat sich der Kläger durch den Arbeitsunfall vom 29.04.2010 nur eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad II zugezogen. Dass durch den Unfall ein Strukturschaden der Halswirbelsäule eingetreten ist, hat bereits der gerichtliche Sachverständige Dr. H. für den Senat zutreffend ausgeschlossen, da die Bandscheibenprotrusion allein degenerativer Natur ist und auch keinen Krankheitswert hat. Auch die Brustwirbelsäule hat durch den Unfall keinen Schaden erlitten. Der Senat stützt sich dabei auf die überzeugenden beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. K., des Prof. Dr. H. und des Prof. Dr. H., wohingegen er sich der Einschätzung des Sachverständigen Dr. H. und des im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Prof. Dr. Sch. nicht anschließen konnte.
Dass die Unfallfolgen bereits anfangs nicht ausgeprägt waren und dann rasch abgeklungen sind, wird aus Sicht des Senats dadurch belegt, dass der Kläger selbständig die Praxis hat aufsuchen und danach arbeiten können und er nur eine sehr niedrig frequente Behandlung hat durchführen müssen, was der Senat den abgerechneten Posten der Rechnung vom 05.05.2010 entnimmt. Danach war über ein Jahr nur zweimal ein therapeutisches Vorgehen erforderlich, obwohl - worauf der klägerische Bevollmächtigte zu Recht hinweist - der Kläger die Behandlung als eine solche nach § 19 Abs. 3 Ziffer 2 der Heilmittel-Richtlinie ohne Weiteres hätte zu Lasten seiner privaten Krankenkasse hätte durchführen können. Dass er insoweit aber keine Leistungen hat in Anspruch nehmen müssen, was durch die Auskunft der B.-Versicherung bestätigt wird, belegt nach der Rechtsprechung des Senats einen fehlenden Leidensdruck (zuletzt Urteil vom 24.10.2013 - L 6 SB 4754/12) und somit, dass die Unfallfolgen nicht nennenswert waren. Dies hat auch Prof. Dr. H. überzeugend dargelegt, der darauf verwiesen hat, dass bei der Erstuntersuchung am Unfalltag durch Dr. B. detaillierte Befunde nicht erhoben worden sind. So hat auch Prof. Dr. H. für den Senat aufschlussreich erklärt, dass eine bei einer fraglichen Verletzung der Halswirbelsäule unbedingt notwendige Röntgenuntersuchung nicht durchgeführt worden ist und die im H-Arzt-Bericht von Dr. B. vom Unfalltag aufgeführten Diagnosen unzutreffend sind. Allein diese Umstände sprechen schon gegen eine schwerwiegende, eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit verursachende Verletzung der Halswirbelsäule. In der am 05.05.2010, also knapp eine Woche nach dem Arbeitsunfall, durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung haben sich nach den schlüssigen Darlegungen des Dr. K. keine Begleitläsionen nachweisen lassen. Dies hat auch Prof. Dr. H. bestätigt, indem er ausgeführt hat, dass kernspintomographisch regelrechte knöcherne Anteile und Bandstrukturen, also keine für unfallbedingte oder sonstige Gesundheitsstörungen sprechenden Sekundäranzeichen in diesen Geweben festgestellt worden sind. Auch Prof. Dr. H. hat überzeugend dargelegt, dass in der Beschreibung dieses kernspintomographischen Befundes keine Hinweise auf eine Verletzung in dem Segment C5/6 zu finden sind und Hinweise darauf, dass Bänder oder Knochen im Sinne einer Verletzung verändert gewesen sind, fehlen. Auch lag nach seinen gut begründeten Darlegungen eine harmonisch erhaltene Halslordose vor, so dass auch keine muskuläre Verspannung zu einer Steilstellung der Halswirbelsäule geführt haben konnte. Ferner haben keine Einblutungen vorgelegen. Hieraus ergibt sich, dass die kernspintomographisch festgestellte Protrusion im Bereich C5/6 nicht unfallbedingt ist, sondern einem schicksalhaften Schadensbild entspricht. Nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.2.6.2), ist jedenfalls eine isolierte, traumatische Läsion einer Bandscheibe nicht vorstellbar. Nach den zutreffenden Ausführungen des Dr. K. werden segmentale Scher-, Torsions- und Kippungsbelastungen durch den knöchernen und ligamentären Apparat so weit begrenzt, dass in jedem Bewegungssegment nur etwa die Hälfte der Bewegungsausschläge erfolgen können, die zur Schädigung der Bandscheiben notwendig wären (so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.2.6.2). Diese Strukturen müssen daher zwangsläufig vor Eintritt eines Bandscheibenschadens mit geschädigt werden. Nach alledem kann der Senat weder der von Dr. Sch. am 05.05.2010 getroffenen Beurteilung, die Bandscheibenprotrusion imponiere als frisch, noch dessen am 02.05.2011 erfolgten Hinweis auf ein unfallgeschädigtes Segment C5/6, folgen, zumal seine Befundberichte jegliche Begründung diesbezüglich vermissen lassen.
Doch selbst wenn man eine Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls für eine über den 11.06.2010 hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit annehmen würde, wäre diese Ursächlichkeit jedenfalls nicht wesentlich im Rechtssinne. Denn nach den überzeugenden beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. K., des Prof. Dr. H. und des Prof. Dr. H. sind am 05.05.2010 kernspintomographisch Spondylarthrosen der Segmente C4/5 und C6/7 sowie eine Unkarthrose C5/6 und damit ein Vorschaden im Sinne einer Schadensanlage, der eine überragende Bedeutung für die jetzt noch geklagten Beschwerden zukommt, festgestellt worden.
Dass die unfallbedingte Distorsion der Halswirbelsäule Grad II nach einem Zeitraum von längstens 6 Wochen folgenlos ausgeheilt sind, hat Dr. K. schlüssig dargelegt (so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Nr. 8.3.4.2.1). Hierfür spricht auch, worauf Prof. Dr. H. plausibel hingewiesen hat, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits ab 27.05.2010 voll arbeitsfähig gewesen ist und die letzte Chirobehandlung am 03.05.2010 in Anspruch genommen hat.
Demgegenüber folgte der Senat nicht der Einschätzung des Sachverständigen Dr. H., es handele sich um dem Arbeitsunfall zuordenbare funktionelle Störungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Prof. Dr. H. hat schlüssig dargelegt, dass im Bereich der Brustwirbelsäule keine Verletzung vorlag. Weder dem von Dr. B. erhobenen Erstbefund noch den nachfolgenden kernspintomographischen Befunden sind irgend welche pathologischen Veränderungen der Brustwirbelsäule zu entnehmen.
Dr. H. hat seine Ansicht für den Senat nicht schlüssig nachvollziehbar begründen können. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger nach seinen Angaben erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall entsprechende Beschwerden und Funktionsstörungen entwickelt habe, so dass sich die Frage der Kausalität der Blockierungen "quasi von selbst" beantworte. Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Beginn der Beschwerden genügt aber gerade nicht, um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs annehmen zu können (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 60). Auch der Hinweis des Sachverständigen auf das Fehlen mit dem Unfallereignis konkurrierender Ursachen für die Beschwerden und Funktionsstörungen verfängt nicht. Denn auf der ersten Prüfungsstufe ist die Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls und erst auf der zweiten Prüfungsstufe das Vorliegen von konkurrierenden Ursachen zu prüfen und eine wertende Betrachtung vorzunehmen. Die Ursächlichkeit des Arbeitsunfalls kann aber nicht allein mit dem Nichtvorliegen konkurrierender Ursachen erklärt werden (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 78, 79). Selbst wenn Hinweise auf eine traumatische Schädigung vorlägen, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang nicht regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - zitiert nach juris, Rz. 53). Dies verkennt Dr. H ...
Dies gilt umso mehr, als eine Blockierung keine dauerhafte Unfallfolge darstellt, sondern nur eine funktionelle Problematik, worauf Prof. Dr. H. zu Recht hinweist. Davon geht letztlich auch der Sachverständige Dr. H. aus, indem er darauf verweist, dass sich die Blockaden innerhalb nur weniger Wochen durch ambulante Chirotherapien ggf. mit lokalen Friktionsmassagen dauerhaft beseitigen lassen. Insoweit ist sein Gutachten widersprüchlich, wenn er gleichzeitig die Restbeschwerden als dauerhafte Unfallfolge bewertet wissen will.
Nach alledem hat die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2012 zu Recht die Gewährung von Heilbehandlung über den 11.06.2010 hinaus abgelehnt und hat das Sozialgericht zu Unrecht mit Urteil vom 17.05.2013 diese Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 12.06.2010 hinaus medizinische Behandlungen in Form von Chirotherapie zur Behandlung der Blockierung der Brustwirbelsäule zu gewähren.
Somit war das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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