L 11 R 2759/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 2653/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2759/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.05.2012 und vom 21.03.2013 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Beklagten an den Kläger gezahlten Erwerbsminderungsrente streitig. Der Kläger begehrt in zwei Verfahren, welche der Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, von der Beklagten eine höhere Erwerbsminderungsrente, zum einen unter Außerachtlassung des verminderten Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrente, zum anderen unter Berücksichtigung von Einmalzahlungen des früheren Arbeitsgebers.

Der 1957 geborene Kläger war vom 01.01.1988 bis zum 31.05.2009 als Stadtbahnfahrer bei der S. Straßenbahnen AG S. versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 06.02.2008 war er arbeitsunfähig und erhielt Krankengeld. Nach einem kortikalen Mediaterritorialteilinfarkt links am 19.02.2009 fand vom 12.03.2009 bis 08.04.2009 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme statt, anschließend war er weiter arbeitsunfähig. Im Reha-Entlassungsbericht ist ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich sowohl für die letzte berufliche Tätigkeit als auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beschrieben.

Am 16.04.2009 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten.

Diese stellte einen Eintritt der Erwerbsminderung am 19.02.2009 fest und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 30.04.2009 (Bl. 35 Senatsakte) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 01.03.2009 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 913,10 Euro. Dabei legte die Beklagte der Rente einen Zugangsfaktor von 0,892 zu Grunde. Der Zugangsfaktor von 1,0 werde gemindert. Die Minderung ergebe sich aus der Anzahl der Kalendermonate für die Zeit vom 01.10.2017 bis 30.09.2020, vervielfältigt mit dem Faktor 0,003 (36 Kalendermonate, Verminderung von 0,108).

Mit Bescheid vom 08.05.2009 stellte die Beklagte die Rente ab 01.07.2009 unter Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten neu fest. Für die Zeit ab 01.07.2009 wurden monatlich 938,22 Euro ausbezahlt.

Im Mai 2009 wurden dem Kläger seitens des Arbeitgebers nachträglich zur Abgeltung des Urlaubsanspruchs für die Jahre 2008 und 2009 eine Zahlung in Höhe von 4.119 Euro in Form einer Einmalzahlung sowie eine Überstundenvergütung für das Jahr 2008 in Höhe von 105 Euro geleistet (Bl. 29 ff. Verwaltungsakte/Rentenakte). Die Arbeitgeberin teilte der Beklagten mit, dass vom 01.03.2009 bis 31.05.2009 Arbeitsunfähigkeit ohne Lohnfortzahlung vorgelegen habe.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 22.05.2009 legte der Kläger Widerspruch bezüglich der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente ein.

Am 04.08.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Berücksichtigung der o.a. Einmalzahlungen in Höhe von 4.119 Euro und 105 Euro bei der Rentenberechnung. Zur Begründung führte er aus, dass sein Arbeitgeber aufgrund einer neuen richterlichen Entscheidung in Sachen Urlaubsabgeltung bereit gewesen sei, die wegen Krankheit nicht verbrauchten Urlaubstage aus 2008 und 2009 anteilig zu vergüten. Zwar sei eine Wertstellung der Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 25.04.2009 bis 24.05.2009 und für die Überstundenabgeltung vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 erfolgt. Da diese Ansprüche bereits vor Rentenbeginn in seinen Besitzstand übergegangen seien, müssten sie im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit habe er nicht mehr die Möglichkeit gehabt, Überstunden und Urlaub abzugelten.

Mit Bescheid vom 17.08.2009 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Einmalzahlungen in Höhe von 4.119 Euro und 105 Euro für die Zeiten vom 25.04.2009 bis 24.05.2009 und 01.05.2009 bis 31.05.2009 nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen würden, da im laufenden Kalenderjahr kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt worden sei, dem die Einmalzahlungen hätten zugeordnet werden können. Es handle sich daher nicht um rentenrechtliche Zeiten. Da von dem früheren Arbeitgeber bereits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten worden seien, werde empfohlen, sich diesbezüglich an diesen zu wenden.

Am 01.09.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.08.2009. Er habe die Sache mit seinem ehemaligen Arbeitgeber besprochen. Dieser sei anderer Meinung als die Beklagte. Die S. habe sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Lohnsteuer von den Einmalzahlungen abgeführt. Das Bundesarbeitsgericht habe mit Urteil vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) entschieden, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Krankheit auf jeden Fall Urlaubstage und Überstunden zu vergüten seien. Man habe aber offensichtlich nicht weitergedacht, was z.B. mit den geleisteten Beiträgen geschehe. Es stelle sich also die Frage, ob die Beiträge anzurechnen oder zu erstatten seien.

Mit Schreiben vom 29.09.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Auffassung der S. hinsichtlich der Beitragsabführung für die Einmalzahlungen korrekt sei. Allerdings seien diese Beiträge nicht dem Jahr 2008 sondern dem Monat Mai 2009 zuzuordnen. Da rentenrechtliche Zeiten stets nur bis zum Monat des Eintritts der Erwerbsminderung zu berücksichtigen seien - hier: Februar 2009 – hätten diese Beiträge nicht bei der Berechnung der Rente wegen Erwerbsminderung berücksichtigt werden können, sondern erst bei der später zu zahlenden Altersrente. Eine Neuberechnung der jetzigen Rente komme daher weiterhin nicht in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass gem. § 75 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Entgeltpunkte nur für die Beitrags- und Anrechnungszeiten ermittelt würden, die vor Eintritt der Erwerbsminderung lägen. Dies gelte auch für Beiträge aus Einmalzahlungen, die nach Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt worden seien. Die volle Erwerbsminderung sei am 19.02.2009 eingetreten. Die von dem Arbeitgeber geleistete Urlaubsabgeltung bzw. Überstundenvergütung sei dem Monat Mai 2009 zuzuordnen und liege damit nach dem Eintritt der Erwerbsminderung. Die geleisteten Beiträge seien daher erst bei einer später zu zahlenden Altersrente zu berücksichtigen.

Am 03.05.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.05.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach der Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit würden keine Beitragszeiten bzw. Entgeltpunkte mehr ermittelt, weshalb der Kläger keine höhere Rente beanspruchen könne.

Gegen den Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 28.06.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Während des laufenden Gerichtsverfahrens vor dem SG wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 08.05.2009 wegen der Minderung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung als unbegründet zurück. Die Minderung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten sei Gegenstand zweier Verfahren beim Bundesverfassungsgericht gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die Berücksichtigung eines geminderten Zugangsfaktors sei demnach rechtmäßig.

Hiergegen hat der Kläger am 15.11.2011 Klage zum SG erhoben und zur Begründung vorgebracht, er fühle sich durch den geminderten Zugangsfaktor benachteiligt, da die Voraussetzungen für die so genannte "Riester-Rente" bei ihm nicht mehr vorliegen würden und dies ihm aufgrund seiner geringen Rente finanziell auch nicht möglich sei. Aufgrund der Scheidungsfolgen wie auch dem Erwerbsminderungsabschlag würden ihm ca. 250 Euro monatlich fehlen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da die Bescheide rechtmäßig seien. Die Minderung des Zugangsfaktors sei nicht zu beanstanden.

Gegen den ihm am 26.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 09.04.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (L 11 1554/13). Mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei er nicht einverstanden.

Der Kläger beantragt,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.05.2012 und vom 21.03.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30.04.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.05.2009, des Bescheids vom 17.08.2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2011 zu verurteilen, ihm eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung mit einem Zugangsfaktor 1 und unter Berücksichtigung von Einmalzahlungen des Arbeitgebers zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 13.05.2013 hat der Senat die beiden Rechtssachen L 11 1554/13 und L 11 2759/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 11 R 2759/12 verbunden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klagen abgewiesen.

Der Streitgegenstand bestimmt sich vorliegend nach den Verfügungssätzen zur Rentenhöhe im Bescheid vom 30.04.2009 in der Fassung des Bescheids vom 08.05.2009. Im laufenden Widerspruchsverfahren stellt sich der Antrag des Klägers vom 04.08.2009 auf Berücksichtigung der Einmalzahlungen als neues Tatsachenvorbringen dar. Sowohl der Bescheid vom 17.08.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2010 als auch der Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 enthalten jeweils die Einzelfallentscheidung der Beklagten im Sinne eines (wiederholenden) Verfügungssatzes, dass es keine höhere Rentenzahlung gibt. Insofern hätte es eines zweiten Klageverfahrens nicht bedurft, da der weitere Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens vor dem SG unter dem Az. S 23 R 2653/10 geworden ist und insofern auch eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung enthielt. Der Senat hat daher aus prozessökonomischen Gründen die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

In der Sache hat das Begehren des Klägers keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 30.04.2009 in der Fassung des Bescheids vom 08.05.2009 das Recht richtig angewandt, indem sie einen verminderten Zugangsfaktor berücksichtigt hat. Die nach Eintritt der Erwerbsminderung und nach Rentenbeginn erhaltenen Einmalzahlungen des Arbeitgebers bleiben außer Betracht; sie werden indes später bei der Berechnung der Altersrente zu berücksichtigen sein, worauf die Beklagte Widerspruchsverfahren bereits zutreffend hingewiesen hat.

Die Rentenhöhe richtet sich vor allem nach der Höhe des durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelts, das in Entgeltpunkte (EP) umgerechnet wird (§ 63 Abs 1 SGB VI). Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs 6, § 64 Nr 1 bis 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen EP, dessen Höhe in § 77 SGB VI näher geregelt ist. Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, ob die vom Versicherten während des Erwerbslebens erzielten EP in vollem Umfang oder nur zu einem Anteil bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche EP zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für EP, die noch nicht Grundlage von persönlichen EP einer Rente waren, gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0. So liegt der Fall beim Kläger.

Die vorgenommene Minderung des Zugangsfaktors entspricht der Gesetzeslage und ist rechtmäßig. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 30.04.2009 und im Widerspruchsbescheid vom 3.11.2011 die Rechtslage zutreffend dargestellt.

Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres, so bestimmt § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" maßgebend ist. § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI ist als Berechnungsregel zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze zur Rentenhöhe iS des § 63 Abs 5 iVm § 64 Nr 1 SGB VI zu verstehen. Im Ergebnis ist der Zugangsfaktor bei Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres um maximal 0,108 zu mindern und somit auf mindestens 0,892 festzulegen (BSG 14.08.2008, B 5 R 32/07 R, BSGE 101, 193, SozR 4-2600 § 77 Nr 5), wie vorliegend geschehen.

Die bei der Berechnung von Erwerbsminderungsrenten angewandte Absenkung des Zugangsfaktors auch bei einem Rentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten ist rechtmäßig. Der Senat schließt sich der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an (BSG 14.08.2008, B 5 R 32/07 R, BSGE 101, 193, SozR 4-2600 § 77 Nr 5; 26.06.2008, B 13 R 9/08 S; ebenso LSG Baden-Württemberg 17.02.2009, L 9 R 3441/07). An der Verfassungsmäßigkeit der Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung nach § 77 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB VI auch in Fällen des Rentenbezugs vor der Vollendung des 60. Lebensjahres bestehen keine Zweifel (BVerfG 11.01.2011, 1 BvR 3588/08 u.a., BVerfGE 128, 138, SozR 4-2600 § 77 Nr 9).

Auch die Entscheidung der Beklagten der Beklagten vom 17.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Einmalzahlungen, die nach dem Eintritt des Leistungsfalles der Erwerbsminderung erfolgten, werden bei der Ermittlung der EP nicht berücksichtigt, weshalb sich kein höherer Rentenanspruch ergibt.

Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach der hier anzuwendenden Sondervorschrift des § 75 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit liegen, keine EP mehr ermittelt. Diese Vorschrift ist Ausdruck des Versicherungsprinzips und trägt dem Gedanken Rechnung, dass ein bereits eingetretener Versicherungsfall nicht nachträglich, auch nicht in anderer werthaltigerer Weise, versicherbar ist. Daher werden auch aus Einmalzahlungen, die nach Eintritt der Erwerbsminderung geleistet werden, keine EP ermittelt.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist vorliegend ausweislich der vorliegenden medizinischen Unterlagen zur Überzeugung des Senats am 19.02.2009 eingetreten, als der bereits längere Zeit arbeitsunfähige Kläger einen kortikalen Mediaterritorialteilinfarkt links erlitt. Der Entlassungsbericht des anschließenden Reha-Verfahrens beschreibt ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich und sieht eine negative Erwerbsprognose. Die Beklagte hat daher zutreffend den 19.02.2009 als Leistungsfall festgestellt. Die Arbeitgeberin hat mitgeteilt (Bl. 30 ff. Verwaltungsakte), dass die Einmalzahlungen im Monat Mai 2009 ausgezahlt wurden. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt versicherungspflichtig Beschäftigter ist dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird (§ 23a Abs 1 S 3 SGB IV). Es findet auch dann keine beitragsmäßige Berücksichtigung statt, wenn die nach Eintritt der Erwerbsminderung ausgezahlten Einmalzahlungen einem Abrechnungszeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung zuzuordnen sind (Polster in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 75 SGB VI Rn 11a). Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 24.03.2009 – 9 AZR 983/07) betrifft das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und hat keine Auswirkungen auf die Gesetzeslage nach dem SGB VI.

Die Voraussetzungen der (Rück-)Ausnahmetatbestände der § 75 Abs 2 S 2, Abs 3 SGB VI, wonach in bestimmten Fällen auch bei Erwerbsminderungsrenten nach Eintritt des Leistungsfalls EP ermittelt werden (freiwillige Beträge, bzw. Beitragszeiten von 20 Jahren), liegen ersichtlich nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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