Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2036/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4169/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12.08.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2008 hinaus.
Die am 1957 geborene Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung. Sie arbeitete bis 2003 als Löterin in einer Brillenfabrik, seitdem war sie arbeitslos und nur noch zeitweise in geringfügigem Umfang mit Reinigungsarbeiten beschäftigt gewesen. In Ausführung des Vergleichs vor dem Sozialgericht Mannheim (S 3 R 3839/05) vom 25.10.2007 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.2007 vom 01.07.2006 bis 31.12.2008 u.a. wegen einer somatoformen Schmerzstörung und rezidivierenden depressiven Episoden mittleren Schweregrades Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik G. über eine stationäre medizinische Rehabilitation im Februar/März 2008 wurden bei der Klägerin eine Dysthymia, sonstige rezidivierende depressive Störungen von gegenwärtig leichtgradiger Ausprägung, eine Panikstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie somatoforme Störungen diagnostiziert. Die Klägerin wurde für fähig erachtet, leichte Arbeiten in Wechselhaltung und Tagesschicht unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr zu verrichten; als Maschinenbedienerin könne sie nur drei bis unter sechs Stunden tätig sein.
Im Anschluss an ihren Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung vom Juni/Juli 2008 veranlasste die Beklagte die Erstellung eines Gutachtens durch die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K ... Dr. K. diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende leichte depressive Episode, einen suspekten Kalkherd im Bereich der rechten Brust mit Empfehlung weiterer Abklärung sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule. Trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin jedoch noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen sowie in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich durchzuführen. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Hocken, Knien, ständigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit sowie Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, häufig wechselnden Arbeitszeiten und häufigen Überkopfarbeiten.
Auf der Grundlage dieser Ermittlungen lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22.12.2008 ab, da über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder teilweise noch volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch der Klägerin, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht umfassend erkannt und berücksichtigt, wies die Beklagte nach Einholung einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme bei Dr. K. mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2009 zurück.
Das hiergegen am 23.06.2009 angerufene Sozialgericht Mannheim hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. K. hat trotz kontinuierlich verschlechterter Schmerzproblematik leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Die Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. und E. haben mit Blick auf ein vorliegendes ängstlich-depressives Zustandsbild lediglich noch eine halbschichtige Tätigkeit für möglich gehalten. Der Diplom-Psychologe Dr. P. hat eine Leistungsfähigkeit der Klägerin verneint. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. K.-S. hat bei bestehendem Schmerzsyndrom im höchsten Chronifizierungsstadium III leichte Tätigkeiten lediglich im Umfang von vier Stunden täglich für möglich gehalten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat in Anbetracht des aus seiner Sicht therapieresistenten Schmerzsyndroms lediglich noch drei Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeit für vertretbar erachtet.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. ein nervenärztliches Gutachten erstattet (Untersuchung der Klägerin im Februar 2010). Sie hat auf ihrem Fachgebiet eine Dysthymie, eine Somatisierungstendenz sowie eine Adipositas diagnostiziert. In Anbetracht des von der Klägerin geschilderten Tagesablaufs und der Gestaltung ihres alltäglichen Lebens liege keine Symptomatik vor, die die Diagnosekriterien einer Depression erfülle. Auch hat sie keine erheblichen Bewegungseinschränkungen der als betroffen angegebenen Gelenke feststellen können. Bei einer Blutuntersuchung hat sie - von ihr als Hinweis auf einen nicht erheblichen Leidensdruck und eine fehlende Behandlungswilligkeit der Klägerin interpretiert - im Medikamentenspiegel keinerlei Medikamente nachweisen können. Auf dieser Grundlage hat die Sachverständige die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet quantitativ nicht für beeinträchtigt gesehen. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien aus ihrer Sicht vollschichtig (bis zu acht Stunden arbeitstäglich) möglich. Es bestünden allenfalls qualitative Einschränkungen, die sich auf Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken oder regelmäßigem Heben und Tragen von mehr als 15 kg bezögen. Auch sollten der Klägerin - zur Vermeidung einer Verschlechterung des psychischen Befundes - keine Tätigkeiten in Nachtschicht, mit hoher Anforderung an die Anpassungsfähigkeit/Umstellungsfähigkeit oder mit hoher Verantwortung übertragen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei der (die Klägerin auch behandelnde) Anästhesiologin Dr. K.-S. veranlasst. Diese hat - nach Befragung und Untersuchung der Klägerin im April und Mai 2011 - einen chronischen Schmerz im Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, depressive Episoden, ein chronisch degeneratives HWS-Syndrom bei mehrsegmentalen Bandscheibenvorfällen, ein chronisch degeneratives Thorakalsyndrom, geringe degenerative Veränderungen der LWS, eine beginnende Gonarthrose und Chondropathia patellae Grad III im rechten Knie, eine Chondromalazie Grad III im linken Knie, eine Rhizarthrose Stadium II-III links, ein Narbenhernien-Re-Rezidiv umbilical, einen arteriellen Hypertonus, eine Schilddrüsenerkrankung und Adipositas diagnostiziert. Mit Blick auf diese Diagnosen hat die Gutachterin die Klägerin nur mehr in der Lage gesehen, leichte körperliche Arbeiten bis drei Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Zu vermeiden seien gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten bei Nässe und im Freien. Erschwerte Arbeitsbedingungen durch beispielsweise Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit seien auf Grund der psychischen Beeinträchtigungen nicht mehr möglich. Für eine Tätigkeit mit erhöhter Verantwortung sei die Klägerin nicht geeignet.
Mit Urteil vom 12.08.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Klägerin über den 31.12.2008 hinaus weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei. Mit dieser Einschätzung der Leistungsfähigkeit hat es sich dem Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. angeschlossen. Danach liege eine dysthyme Verstimmung vor, die aber nicht die Kriterien einer Depression erfülle. Bei der Klägerin sei weder ein Verlust der Tagesstruktur noch die Tendenz zu sozialem Rückzug erkennbar. Sie sei bis auf schwere Arbeiten noch in der Lage, ihren Haushalt zu bewältigen und die Kontakte innerhalb der Familie und dem - begrenzten - Freundeskreis zu pflegen. Organische Ursachen für die angegebenen Schmerzen hätten sich auf neurologischem Gebiet nicht feststellen lassen, wegen der Beschwerden des Bewegungsapparates sollten lediglich Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, häufigem Bücken oder regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten mehr als 15 kg unterbleiben. Demgegenüber sei das im Gutachten gemäß § 109 SGG von Dr. K.-S. als quantitativ eingeschränkt dargestellte Leistungsvermögen nicht nachgewiesen. Der von dieser Sachverständigen angenommene Schmerzgrad im höchsten Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen sei alleine aufgrund der Angaben der Klägerin ermittelt worden, ohne eine Plausibilitätskontrolle vorzunehmen und Auswirkungen der beklagten Schmerzproblematik auf die Alltagsbewältigung zu beschreiben. Auch den sachverständigen Zeugenauskünften seien keine überzeugenden Gründe zu entnehmen, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, ab 01.01.2009 noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.09.2011 Berufung eingelegt. Sie hat insbesondere gerügt, dass sich das Sozialgericht zu Unrecht den Schlussfolgerungen des Gutachtens der Sachverständigen H. und fälschlicherweise nicht der - aus ihrer Sicht - zutreffenden und widerspruchsfreien Leistungsein-schätzung der Gutachterin Dr. K.-S. angeschlossen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12.08.2011 und den Bescheid vom 22.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.01.2009 weiterhin Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zur Stützung ihres Berufungsbegehrens unter anderem einen Ambulanzbrief des D. Schmerz-Zentrums M. vom Dezember 2011 vorgelegt, in dem - bei Feststellung eines komplexen Beschwerdebildes im Zuge einer chronischen Schmerzstörung - in der Beurteilung und Therapieempfehlung der Klägerin kein sinnvolles Therapieangebot gemacht und - nach Abschluss des Rentenverfahrens - eine psychosomatische Rehabilitation empfohlen wird. Der Senat hat weitere sachverständige Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten der Klägerin, dem Internisten Dr. D. , dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie E. sowie der Fachärztin für Anästhesiologie Dr. K.-S. eingeholt. Alle haben keine signifikante Änderung der von der Klägerin beklagten chronischen Schmerzsituation geschildert.
Im Anschluss daran hat der Senat eine weitere Begutachtung der Klägerin nach Untersuchung im September 2012 bei dem Neurologen und Psychiater Dr. B. veranlasst. Dr. B. hat aus dem Gespräch mit der Klägerin berichtet, dass diese den Haushalt weitgehend selbst erledige, beim Putzen oder Saugen helfe der Ehemann. Der Sachverständige hat massive Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeformulierung durch die Klägerin und dem vermittelten Aspekt beschrieben. Er hat beklagte Beschwerden im Bereich der LWS, HWS und BWS (klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für richtungsweisende neurologische Komplikationen) und im Bereich des Bewegungsapparates (beide Knie-, Hüft-, Handgelenke und Sprunggelenk) diagnostiziert, ohne Funktionsstörungen abzubilden, die zu quantitativen Leistungseinschränkungen führten. Neben einem Verdacht auf ein latentes Carpaltunnelsyndrom links ohne überdauernde sensomotorische Ausfälle hat Dr. B. eine funktionelle Überlagerung der somatischen Beschwerden (insbesondere: Bewegungsapparat) im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung sowie funktionelle Schlafstörungen (unter Medikation gut remittiert) und eine Adipositas diagnostiziert. Aus seiner primär nervenärztlichen Sicht sei die Klägerin in der Lage, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu ebener Erde, ohne regelmäßige Zwangshaltungen, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht sowie ohne ständigen Zeitdruck noch vollschichtig zu verrichten.
Nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. P. die Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG wegen Aufgabe seiner Tätigkeit Ende März 2013 abgelehnt hatte, hat die Klägerin zwei - weitgehend identische - Gutachten des Dr. P. vom März 2013 vorgelegt. Darin hat Dr. P. eine chronifizierte Schmerzstörung bei polymorph nosophobischer Somatisierungs¬störung, eine mit-telgradige depressive Reaktion sowie ein zervicozephales Syndrom diagnostiziert. Insbesondere wegen der restlosen Niedergeschlagenheit, Antriebsminderung, Freud- und Lustlosigkeit sowie weit eingeschlichener und fortgeschrittener Müdigkeit sei der Klägerin eine Tätigkeit von mehr als drei Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Lasten von mehr als 8 kg; lange einseitige Arbeitshaltungen; Zwangskörperhaltungen; Zeitdruck-, Fließband- und Akkordarbeiten; Tätigkeiten unter psychischem Stress, Publikumsverkehr oder mit großer Verantwortung) nicht mehr zuzumuten. Hierzu hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vorgelegt, die vor allem methodische Defizite im Gutachten des Dr. P. dargelegt hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid vom 22.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert. Ihr steht daher ab 01.01.2009 weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Es hat sich dabei mit zutreffender Argumentation dem Gutachten der Sachverständigen H. angeschlossen und ebenfalls zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K.-S. nicht überzeugt. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die weiteren Ermittlungen im Rahmen des Berufungsverfahrens, insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. , bestätigen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Im Vordergrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin steht eine funktionelle Überlagerung der somatischen Beschwerden im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Sowohl der von Dr. B. erhobene ausführliche neurologische Befund als auch der ebensolche psychische Befund haben keine Funktionsbeeinträchtigungen enthalten, die sich in wesentlicher Weise nachteilig auf die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirken könnten. Der neurologische Befund ist als weitestgehend unauffällig beschrieben worden (lediglich Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Großzehe). Die Feinmotorik sowie das Handling hat Dr. B. als äußerst geschickt mit kräftigem Griff beim Ablegen von Lendenmieder, Kniegelenks- und Sprunggelenksorthese bezeichnet. Entgegen des - entsprechend der Klägerschilderung - zu erwartenden eingeschränkten psychopathologischen Befunds hat sich die Klägerin auch am Ende der ausführlichen Untersuchung noch ohne jede Erschöpfung und Ermüdung gezeigt. Deutlich hat Dr. B. die Diskrepanz zwischen der Beschwerdeformulierung durch die Klägerin und ihrem dabei an den Tag gelegten Verhalten geschildert und dies an zahlreichen Beispielen aus der Untersuchung belegt. So hat die Klägerin nach Schilderung durch den Sachverständigen auch nach sehr langer Exploration keine Eile gehabt, sie sei weiterhin plaudernd und nicht angespannt gewesen. Dr. B. hat während der Begutachtung kein - schmerzbedingtes - Umsetzen oder Aufstehen sowie einen flotten Bewegungsablauf mit spontanem Bücken beobachtet. Die von ihm getroffene Leistungseinschätzung der Klägerin ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar und überzeugend. Damit hat er mit seiner Leistungseinschätzung die Ergebnisse des durch das Sozialgericht eingeholten Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. weitestgehend bestätigt, die ebenfalls angesichts der Widersprüche zwischen den Angaben der Klägerin und den - aus dem von der Klägerin geschilderten und von der Sachverständigen beobachteten Verhalten - objektivierbaren Befunden kein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen gesehen hat.
Hingegen vermögen die vorliegend als Privatgutachten zu verwertenden Ausführungen des Neurologen und Psychiaters Dr. P. nicht zu überzeugen.
Dr. P. hat - wie auch bereits die Fachärztin für Anästhesie Dr. K.-S. im nach § 109 SGG eingeholten Gutachten - kritiklos Vorbefunde übernommen und sich in seiner Diagnostik wie auch der Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin weitestgehend auf deren subjektive Beschwerdeschilderungen verlassen, ohne ihre Angaben auf Plausibilität und Konsistenz zu hinterfragen sowie das Beschwerdebild zu objektivieren. Dr. P. hat gerade nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit den ausdifferenzierten Befunderhebungen und Schlussfolgerungen im Gutachten Dr. B. s gesucht, sondern hat dessen Gutachten pauschal als tendenziös und in dem Sinne abgewertet, dass dieser die Klägerin nicht verstanden habe. Dabei hat Dr. B. dokumentiert, die Klägerin spreche gut deutsch. Wie die ausführlichen Schilderungen von Dr. B. nicht nur über die Angaben der Klägerin, sondern auch über deren Verhalten in der Untersuchungssituation zustande gekommen sein sollen, hat Dr. P. noch nicht einmal zu erklären vermocht. Angesichts der somit entstandenen Diskrepanzen zwischen der Selbsteinschätzung der Klägerin und ihrem Verhalten bzw. den Befunden, wie dies Dr. B. , aber auch die Sachverständige H. beschrieben haben, hätte auch für Dr. P. Anlass bestanden, die Angaben der Klägerin einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass auch im Ambulanzbrief des D. Schmerz-Zentrums M. vom Dezember 2011 Hinweise auf ein demonstratives Verhalten der Klägerin enthalten sind, wenn es dort heißt: "Zehen- und Fersenstand beidseitig ausführbar (Zehenstand jedoch nicht bei konkreter Aufforderung!)."
Für die von Dr. P. diagnostizierte mittelgradige Ausprägung einer depressiven Symptomatik findet sich in dem von ihm selbst erhobenen psychopathologischen Befund keine ausreichenden Grundlage. Hierauf hat Dr. E. zutreffend hingewiesen. Zudem sprechen der - zuletzt noch im Gutachten Dr. B. s geschilderte - geregelte Tagesablauf sowie die erhaltenen Sozialkontakte gegen eine schwerergradige und damit die quantitative Leistungsfähigkeit beeinträchtigende depressive Erkrankung der Klägerin. Darüber hinaus hat Dr. E. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme zu Recht weitere gewichtige methodische Defizite im (Privat-)Gut¬achten von Dr. P. dargelegt, die nicht den Standards sozialmedizinischer Begutachtung im Bereich der Neurologie und Psychiatrie entsprechen.
Vor diesem Hintergrund ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2008 hinaus.
Die am 1957 geborene Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung. Sie arbeitete bis 2003 als Löterin in einer Brillenfabrik, seitdem war sie arbeitslos und nur noch zeitweise in geringfügigem Umfang mit Reinigungsarbeiten beschäftigt gewesen. In Ausführung des Vergleichs vor dem Sozialgericht Mannheim (S 3 R 3839/05) vom 25.10.2007 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.2007 vom 01.07.2006 bis 31.12.2008 u.a. wegen einer somatoformen Schmerzstörung und rezidivierenden depressiven Episoden mittleren Schweregrades Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik G. über eine stationäre medizinische Rehabilitation im Februar/März 2008 wurden bei der Klägerin eine Dysthymia, sonstige rezidivierende depressive Störungen von gegenwärtig leichtgradiger Ausprägung, eine Panikstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie somatoforme Störungen diagnostiziert. Die Klägerin wurde für fähig erachtet, leichte Arbeiten in Wechselhaltung und Tagesschicht unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr zu verrichten; als Maschinenbedienerin könne sie nur drei bis unter sechs Stunden tätig sein.
Im Anschluss an ihren Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung vom Juni/Juli 2008 veranlasste die Beklagte die Erstellung eines Gutachtens durch die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K ... Dr. K. diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende leichte depressive Episode, einen suspekten Kalkherd im Bereich der rechten Brust mit Empfehlung weiterer Abklärung sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule. Trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin jedoch noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen sowie in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich durchzuführen. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Hocken, Knien, ständigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit sowie Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, häufig wechselnden Arbeitszeiten und häufigen Überkopfarbeiten.
Auf der Grundlage dieser Ermittlungen lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22.12.2008 ab, da über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder teilweise noch volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch der Klägerin, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht umfassend erkannt und berücksichtigt, wies die Beklagte nach Einholung einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme bei Dr. K. mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2009 zurück.
Das hiergegen am 23.06.2009 angerufene Sozialgericht Mannheim hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. K. hat trotz kontinuierlich verschlechterter Schmerzproblematik leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Die Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. und E. haben mit Blick auf ein vorliegendes ängstlich-depressives Zustandsbild lediglich noch eine halbschichtige Tätigkeit für möglich gehalten. Der Diplom-Psychologe Dr. P. hat eine Leistungsfähigkeit der Klägerin verneint. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. K.-S. hat bei bestehendem Schmerzsyndrom im höchsten Chronifizierungsstadium III leichte Tätigkeiten lediglich im Umfang von vier Stunden täglich für möglich gehalten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat in Anbetracht des aus seiner Sicht therapieresistenten Schmerzsyndroms lediglich noch drei Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeit für vertretbar erachtet.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. ein nervenärztliches Gutachten erstattet (Untersuchung der Klägerin im Februar 2010). Sie hat auf ihrem Fachgebiet eine Dysthymie, eine Somatisierungstendenz sowie eine Adipositas diagnostiziert. In Anbetracht des von der Klägerin geschilderten Tagesablaufs und der Gestaltung ihres alltäglichen Lebens liege keine Symptomatik vor, die die Diagnosekriterien einer Depression erfülle. Auch hat sie keine erheblichen Bewegungseinschränkungen der als betroffen angegebenen Gelenke feststellen können. Bei einer Blutuntersuchung hat sie - von ihr als Hinweis auf einen nicht erheblichen Leidensdruck und eine fehlende Behandlungswilligkeit der Klägerin interpretiert - im Medikamentenspiegel keinerlei Medikamente nachweisen können. Auf dieser Grundlage hat die Sachverständige die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet quantitativ nicht für beeinträchtigt gesehen. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien aus ihrer Sicht vollschichtig (bis zu acht Stunden arbeitstäglich) möglich. Es bestünden allenfalls qualitative Einschränkungen, die sich auf Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken oder regelmäßigem Heben und Tragen von mehr als 15 kg bezögen. Auch sollten der Klägerin - zur Vermeidung einer Verschlechterung des psychischen Befundes - keine Tätigkeiten in Nachtschicht, mit hoher Anforderung an die Anpassungsfähigkeit/Umstellungsfähigkeit oder mit hoher Verantwortung übertragen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei der (die Klägerin auch behandelnde) Anästhesiologin Dr. K.-S. veranlasst. Diese hat - nach Befragung und Untersuchung der Klägerin im April und Mai 2011 - einen chronischen Schmerz im Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, depressive Episoden, ein chronisch degeneratives HWS-Syndrom bei mehrsegmentalen Bandscheibenvorfällen, ein chronisch degeneratives Thorakalsyndrom, geringe degenerative Veränderungen der LWS, eine beginnende Gonarthrose und Chondropathia patellae Grad III im rechten Knie, eine Chondromalazie Grad III im linken Knie, eine Rhizarthrose Stadium II-III links, ein Narbenhernien-Re-Rezidiv umbilical, einen arteriellen Hypertonus, eine Schilddrüsenerkrankung und Adipositas diagnostiziert. Mit Blick auf diese Diagnosen hat die Gutachterin die Klägerin nur mehr in der Lage gesehen, leichte körperliche Arbeiten bis drei Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Zu vermeiden seien gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten bei Nässe und im Freien. Erschwerte Arbeitsbedingungen durch beispielsweise Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit seien auf Grund der psychischen Beeinträchtigungen nicht mehr möglich. Für eine Tätigkeit mit erhöhter Verantwortung sei die Klägerin nicht geeignet.
Mit Urteil vom 12.08.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Klägerin über den 31.12.2008 hinaus weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei. Mit dieser Einschätzung der Leistungsfähigkeit hat es sich dem Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. angeschlossen. Danach liege eine dysthyme Verstimmung vor, die aber nicht die Kriterien einer Depression erfülle. Bei der Klägerin sei weder ein Verlust der Tagesstruktur noch die Tendenz zu sozialem Rückzug erkennbar. Sie sei bis auf schwere Arbeiten noch in der Lage, ihren Haushalt zu bewältigen und die Kontakte innerhalb der Familie und dem - begrenzten - Freundeskreis zu pflegen. Organische Ursachen für die angegebenen Schmerzen hätten sich auf neurologischem Gebiet nicht feststellen lassen, wegen der Beschwerden des Bewegungsapparates sollten lediglich Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, häufigem Bücken oder regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten mehr als 15 kg unterbleiben. Demgegenüber sei das im Gutachten gemäß § 109 SGG von Dr. K.-S. als quantitativ eingeschränkt dargestellte Leistungsvermögen nicht nachgewiesen. Der von dieser Sachverständigen angenommene Schmerzgrad im höchsten Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen sei alleine aufgrund der Angaben der Klägerin ermittelt worden, ohne eine Plausibilitätskontrolle vorzunehmen und Auswirkungen der beklagten Schmerzproblematik auf die Alltagsbewältigung zu beschreiben. Auch den sachverständigen Zeugenauskünften seien keine überzeugenden Gründe zu entnehmen, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, ab 01.01.2009 noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.09.2011 Berufung eingelegt. Sie hat insbesondere gerügt, dass sich das Sozialgericht zu Unrecht den Schlussfolgerungen des Gutachtens der Sachverständigen H. und fälschlicherweise nicht der - aus ihrer Sicht - zutreffenden und widerspruchsfreien Leistungsein-schätzung der Gutachterin Dr. K.-S. angeschlossen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12.08.2011 und den Bescheid vom 22.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.01.2009 weiterhin Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zur Stützung ihres Berufungsbegehrens unter anderem einen Ambulanzbrief des D. Schmerz-Zentrums M. vom Dezember 2011 vorgelegt, in dem - bei Feststellung eines komplexen Beschwerdebildes im Zuge einer chronischen Schmerzstörung - in der Beurteilung und Therapieempfehlung der Klägerin kein sinnvolles Therapieangebot gemacht und - nach Abschluss des Rentenverfahrens - eine psychosomatische Rehabilitation empfohlen wird. Der Senat hat weitere sachverständige Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten der Klägerin, dem Internisten Dr. D. , dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie E. sowie der Fachärztin für Anästhesiologie Dr. K.-S. eingeholt. Alle haben keine signifikante Änderung der von der Klägerin beklagten chronischen Schmerzsituation geschildert.
Im Anschluss daran hat der Senat eine weitere Begutachtung der Klägerin nach Untersuchung im September 2012 bei dem Neurologen und Psychiater Dr. B. veranlasst. Dr. B. hat aus dem Gespräch mit der Klägerin berichtet, dass diese den Haushalt weitgehend selbst erledige, beim Putzen oder Saugen helfe der Ehemann. Der Sachverständige hat massive Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeformulierung durch die Klägerin und dem vermittelten Aspekt beschrieben. Er hat beklagte Beschwerden im Bereich der LWS, HWS und BWS (klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für richtungsweisende neurologische Komplikationen) und im Bereich des Bewegungsapparates (beide Knie-, Hüft-, Handgelenke und Sprunggelenk) diagnostiziert, ohne Funktionsstörungen abzubilden, die zu quantitativen Leistungseinschränkungen führten. Neben einem Verdacht auf ein latentes Carpaltunnelsyndrom links ohne überdauernde sensomotorische Ausfälle hat Dr. B. eine funktionelle Überlagerung der somatischen Beschwerden (insbesondere: Bewegungsapparat) im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung sowie funktionelle Schlafstörungen (unter Medikation gut remittiert) und eine Adipositas diagnostiziert. Aus seiner primär nervenärztlichen Sicht sei die Klägerin in der Lage, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu ebener Erde, ohne regelmäßige Zwangshaltungen, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht sowie ohne ständigen Zeitdruck noch vollschichtig zu verrichten.
Nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. P. die Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG wegen Aufgabe seiner Tätigkeit Ende März 2013 abgelehnt hatte, hat die Klägerin zwei - weitgehend identische - Gutachten des Dr. P. vom März 2013 vorgelegt. Darin hat Dr. P. eine chronifizierte Schmerzstörung bei polymorph nosophobischer Somatisierungs¬störung, eine mit-telgradige depressive Reaktion sowie ein zervicozephales Syndrom diagnostiziert. Insbesondere wegen der restlosen Niedergeschlagenheit, Antriebsminderung, Freud- und Lustlosigkeit sowie weit eingeschlichener und fortgeschrittener Müdigkeit sei der Klägerin eine Tätigkeit von mehr als drei Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Lasten von mehr als 8 kg; lange einseitige Arbeitshaltungen; Zwangskörperhaltungen; Zeitdruck-, Fließband- und Akkordarbeiten; Tätigkeiten unter psychischem Stress, Publikumsverkehr oder mit großer Verantwortung) nicht mehr zuzumuten. Hierzu hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vorgelegt, die vor allem methodische Defizite im Gutachten des Dr. P. dargelegt hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid vom 22.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert. Ihr steht daher ab 01.01.2009 weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Es hat sich dabei mit zutreffender Argumentation dem Gutachten der Sachverständigen H. angeschlossen und ebenfalls zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K.-S. nicht überzeugt. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die weiteren Ermittlungen im Rahmen des Berufungsverfahrens, insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. , bestätigen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Im Vordergrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin steht eine funktionelle Überlagerung der somatischen Beschwerden im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Sowohl der von Dr. B. erhobene ausführliche neurologische Befund als auch der ebensolche psychische Befund haben keine Funktionsbeeinträchtigungen enthalten, die sich in wesentlicher Weise nachteilig auf die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirken könnten. Der neurologische Befund ist als weitestgehend unauffällig beschrieben worden (lediglich Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Großzehe). Die Feinmotorik sowie das Handling hat Dr. B. als äußerst geschickt mit kräftigem Griff beim Ablegen von Lendenmieder, Kniegelenks- und Sprunggelenksorthese bezeichnet. Entgegen des - entsprechend der Klägerschilderung - zu erwartenden eingeschränkten psychopathologischen Befunds hat sich die Klägerin auch am Ende der ausführlichen Untersuchung noch ohne jede Erschöpfung und Ermüdung gezeigt. Deutlich hat Dr. B. die Diskrepanz zwischen der Beschwerdeformulierung durch die Klägerin und ihrem dabei an den Tag gelegten Verhalten geschildert und dies an zahlreichen Beispielen aus der Untersuchung belegt. So hat die Klägerin nach Schilderung durch den Sachverständigen auch nach sehr langer Exploration keine Eile gehabt, sie sei weiterhin plaudernd und nicht angespannt gewesen. Dr. B. hat während der Begutachtung kein - schmerzbedingtes - Umsetzen oder Aufstehen sowie einen flotten Bewegungsablauf mit spontanem Bücken beobachtet. Die von ihm getroffene Leistungseinschätzung der Klägerin ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar und überzeugend. Damit hat er mit seiner Leistungseinschätzung die Ergebnisse des durch das Sozialgericht eingeholten Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. weitestgehend bestätigt, die ebenfalls angesichts der Widersprüche zwischen den Angaben der Klägerin und den - aus dem von der Klägerin geschilderten und von der Sachverständigen beobachteten Verhalten - objektivierbaren Befunden kein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen gesehen hat.
Hingegen vermögen die vorliegend als Privatgutachten zu verwertenden Ausführungen des Neurologen und Psychiaters Dr. P. nicht zu überzeugen.
Dr. P. hat - wie auch bereits die Fachärztin für Anästhesie Dr. K.-S. im nach § 109 SGG eingeholten Gutachten - kritiklos Vorbefunde übernommen und sich in seiner Diagnostik wie auch der Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin weitestgehend auf deren subjektive Beschwerdeschilderungen verlassen, ohne ihre Angaben auf Plausibilität und Konsistenz zu hinterfragen sowie das Beschwerdebild zu objektivieren. Dr. P. hat gerade nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit den ausdifferenzierten Befunderhebungen und Schlussfolgerungen im Gutachten Dr. B. s gesucht, sondern hat dessen Gutachten pauschal als tendenziös und in dem Sinne abgewertet, dass dieser die Klägerin nicht verstanden habe. Dabei hat Dr. B. dokumentiert, die Klägerin spreche gut deutsch. Wie die ausführlichen Schilderungen von Dr. B. nicht nur über die Angaben der Klägerin, sondern auch über deren Verhalten in der Untersuchungssituation zustande gekommen sein sollen, hat Dr. P. noch nicht einmal zu erklären vermocht. Angesichts der somit entstandenen Diskrepanzen zwischen der Selbsteinschätzung der Klägerin und ihrem Verhalten bzw. den Befunden, wie dies Dr. B. , aber auch die Sachverständige H. beschrieben haben, hätte auch für Dr. P. Anlass bestanden, die Angaben der Klägerin einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass auch im Ambulanzbrief des D. Schmerz-Zentrums M. vom Dezember 2011 Hinweise auf ein demonstratives Verhalten der Klägerin enthalten sind, wenn es dort heißt: "Zehen- und Fersenstand beidseitig ausführbar (Zehenstand jedoch nicht bei konkreter Aufforderung!)."
Für die von Dr. P. diagnostizierte mittelgradige Ausprägung einer depressiven Symptomatik findet sich in dem von ihm selbst erhobenen psychopathologischen Befund keine ausreichenden Grundlage. Hierauf hat Dr. E. zutreffend hingewiesen. Zudem sprechen der - zuletzt noch im Gutachten Dr. B. s geschilderte - geregelte Tagesablauf sowie die erhaltenen Sozialkontakte gegen eine schwerergradige und damit die quantitative Leistungsfähigkeit beeinträchtigende depressive Erkrankung der Klägerin. Darüber hinaus hat Dr. E. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme zu Recht weitere gewichtige methodische Defizite im (Privat-)Gut¬achten von Dr. P. dargelegt, die nicht den Standards sozialmedizinischer Begutachtung im Bereich der Neurologie und Psychiatrie entsprechen.
Vor diesem Hintergrund ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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