S 4 R 1224/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 R 1224/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Umfassende Aufklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers zum Hochrechnungsverfahren
Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 wird geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.11.2011 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung des im Zeitraum 01.08. bis 31.10.2011 erzielten tatsächlichen Einkommens von 13.285 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Altersrente.

Der 1949 geborene Kläger beendete im Juli 1966 seine Schulausbildung und war ab September 1966 versicherungspflichtig beschäftigt. Im April 2006 schloss er mit seinem Arbeitgeber, der Firma L. Z., eine Altersteilzeitvereinbarung im sogenannten Blockmodell mit einem Beendigungszeitpunkt zum 31.10.2011.

Am 05.07.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten in der Auskunfts- und Beratungsstelle in N. die Zahlung einer Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Rentenbeginn ab dem 01.11.2011. Hierbei unterschrieb er die Erklärung zur Einwilligung in ein Hochrechnungsverfahren, wodurch die Beklagte ermächtigt wurde, frühestens drei Monate vor Rentenbeginn eine Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume vom Arbeitgeber anzufordern und eine Hochrechnung der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für einen Zeitraum von maximal drei Monaten bis zum Rentenbeginn durchzuführen. Ferner enthielt die Erklärung den Hinweis, dass diese Entgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden und dass dem Kläger bekannt sei, dass kurzfristige Unterbrechungen der Beschäftigung im letzten Jahr von weniger als einem Kalendermonat sowie Sonderzahlungen in den letzten Monaten bis zum Rentenbeginn, die über die regelmäßigen Einmalzahlungen (wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) hinausgehen, bei der Hochrechnung der Arbeitsentgelte nicht berücksichtigt werden könnten. Sofern die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen von den hochgerechneten Beträgen abweichen würden, könnten diese erst bei einer später zu zahlenden Rente berücksichtigt werden. Der Arbeitgeber meldete auf Anforderung der Beklagten dann am 29.07.2011 das beitragspflichtige Arbeitsentgelt für den Zeitraum 01.01. – 31.07.2011 mit einem Betrag von 21.834,00 Euro. Die Beklagte berechnete daraufhin für den Zeitraum 01.08. – 31.10.2011 ein hochgerechnetes Entgelt mit einem Betrag von 9.438,00 Euro und ging hierbei von dem gemeldeten Entgelt für den Zeitraum 01.01. – 31.07.2011 sowie einem Betrag von 15.919,15 Euro aus dem Zeitraum 01.08. – 31.12.2010 aus.

Mit Bescheid vom 17.08.2011 bewilligte sie dem Kläger mit einem Rentenbeginn ab dem 01.11.2011 die Altersrente für langjährig Versicherte auf der Grundlage von 0,7797 Entgeltpunkten sowie 51,0517 Entgeltpunkten (Ost) mit einem Bruttorentenbetrag von 1.265,55 Euro. Für den Zeitraum August bis Oktober 2011 ergaben sich nach der Anlage 3 des Rentenbescheides 0,3564 Entgeltpunkte.

Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger am 05.09.2011 Widerspruch unter Hinweis darauf, dass ihm in der 36. Kalenderwoche eine Sonderzahlung des Arbeitgebers anlässlich der 45-jährigen Betriebszugehörigkeit gezahlt werde, so dass die Rente nicht auf der Grundlage der Hochrechnung, sondern anhand des tatsächlichen Verdienstes berechnet werden solle. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2011 zurückgewiesen. Darin führte die Beklagte aus, dass der Kläger in das Hochrechnungsverfahren eingewilligt habe, so dass keine Neuberechnung der Rente bei Änderung des hochgerechneten Entgeltes durch Einmalzahlungen erfolgen könne.

Mit der am 05.12.2011 zum Sozialgericht Halle erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor, dass er im September 2011 eine Zusatzvergütung für die 45-jährige Betriebszugehörigkeit sowie ein 13. Monatsgehalt für das gesamte Jahr 2011 erhalten habe und dass hiervon Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt worden seien. Diese Entgelte müssten daher rentenwirksam werden. Nach der Meldebescheinigung vom 25.10.2011 belaufe sich sein Verdienst in dem Zeitraum August bis Oktober 2011 auf insgesamt 13.285,00 Euro, woraus sich ein höherer Rentenzahlbetrag ergebe. Die Erklärung zum Hochrechnungsverfahren habe er zwar unterschrieben, er sei aber nicht auf die Endgültigkeit hingewiesen worden. Bei der Antragstellung habe er die Mitarbeiterin der Rentenversicherung auch nicht ausdrücklich zur Endgültigkeit der Angaben zum Einkommen befragt und aus dem betreffenden Abschnitt des Rentenantrages habe er keinen Hinweis auf die Endgültigkeit der Angaben entnehmen können, so dass er damit auch nicht gerechnet habe. Wäre ihm bei Beantragung der Altersrente die Endgültigkeit der hochgerechneten Arbeitsverdienste bewusst gewesen, hätte er sich für eine spätere Beantragung entschieden. Finanziell wäre er in der Lage gewesen, einen gewissen Zeitraum bis zum späteren Beginn der tatsächlichen Rentenzahlung zu überbrücken.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 zu ändern und

die Beklagte zu verurteilen, ab dem 01.11.2011 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung des im Zeitraum 01.08. – 31.10.2011 erzielten tatsächlichen Einkommens von 13.285,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und weist ergänzend darauf hin, dass der Kläger ausdrücklich eine entsprechende Erklärung zum Hochrechnungsverfahren unterschrieben habe.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 ist in dem Umfang, in dem er mit der Klage angefochten ist, rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er hat Anspruch auf die Zahlung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung des im Zeitraum August bis Oktober tatsächlich gezahlten beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes in Höhe von 13.285,00 Euro.

Nach § 64 Sozialgesetzbuch 6. Buch – gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich nach § 66 SGB VI aus der Summe aller Entgeltpunkte unter anderem für Beitragszeiten. Nach § 70 Abs. 1 SGB VI werden Entgeltpunkte für Beitragszeiten ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Als Beitragsbemessungsgrundlage dient das durch Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge versicherte Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen.

Abweichend hiervon sind für eine Rente wegen Alters die voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für einen verbleibenden Zeitraum bis zum Beginn der Rente vom Rentenversicherungsträger zu errechnen und dann die daraus ermittelten Entgeltpunkte für die Rentenberechnung maßgeblich (§ 70 Abs. 4 SGB VI). Diese bleiben für die Rente auch dann maßgeblich, wenn die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen von den hochgerechneten Werten abweichen (§ 70 Abs. 4 S. 2 SGB VI). Diese Vorschrift hat die Beklagte bei der Ermittlung der Entgeltpunkte für den Zeitraum August bis Oktober 2011 auf der Grundlage der Erklärung des Klägers zur Einwilligung in das Hochrechnungsverfahren zutreffend angewandt. Dieses Hochrechnungsverfahren beruht auf § 194 SGB VI und danach hat der Arbeitgeber auf Verlangen des Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen für die abgelaufenen Zeiträume frühestens 3 Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden. Ansonsten besteht die Meldepflicht des Arbeitgebers erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres bzw. der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, so dass die Arbeitsentgelte im Fall des Klägers aus dem Jahre 2011 zum Zeitpunkt des begehrten Rentenbeginnes noch nicht gemeldet worden wären. Die Beklagte hat daher zutreffend auf dieser gesetzlichen Grundlage von dem früheren Arbeitgeber des Klägers die Entgeltmeldung für den Zeitraum 01.01. – 31.07.2011 angefordert und auf der Grundlage von § 194 Abs. 1 S. 2 SGB VI eine Berechnung der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn, also für die Monate August bis Oktober 2011, durchgeführt.

Die Berechnung erfolgt unter Verwendung der gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen der letzten 12 Kalendermonate, also der beitragspflichtigen Einnahmen des Jahres 2010 des Klägers. Hierbei hat sie jedoch nicht den gesamten Zeitraum des Jahres 2010 in die Berechnung einzustellen, sondern lediglich die für den 12 Monatszeitraum fehlenden Kalendermonate, also die Entgelte der Monate August bis Dezember 2010 und diese Werte hat sie aus dem Gesamteinkommen des Jahres 2010 rechnerisch ermittelt, so dass für die Monate August bis Dezember 2010 ein Durchschnittsentgelt mit der Anzahl der Monate multipliziert und dem gemeldeten Entgelt des Zeitraumes Januar bis August 2011 hinzugerechnet wurde. Aus diesem Entgelt eines 12 Monatszeitraums ergab sich somit rechnerisch richtig der von der Beklagten ermittelte Wert für die Monate August bis Oktober 2011 mit den voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 9.438,00 Euro, aus denen sich nach der Umrechnung mit dem Wert der Anlage 10 zum SGB VI gemäß § 256a Abs. 1 SGB VI 0,3564 Entgeltpunkte ergaben. Das tatsächliche Einkommen des Klägers im Zeitraum August bis Oktober 2011 belief sich auf 13.285,00 Euro, aus dem sich nach der Umrechnung mit dem Wert der Anlage 10 zum SGB VI ein Entgelt von 15.183,43 Euro errechnet, das geteilt durch das Durchschnittsentgelt mit einem Betrag von 30.268,00 Euro gem. der Anlage 1 zum SGB VI einen Wert von 0,5016 Entgeltpunkten ergibt.

Damit hat die Beklagte auf der Grundlage des geltenden Rechts das für die Monate August bis Oktober 2011 maßgebliche hochgerechnete beitragspflichtige Entgelt zutreffend ermittelt und in dem Rentenbescheid für die Ermittlung der Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die so ermittelte Altersrente im Nachhinein aus dem tatsächlich erzielten Entgelt neu zu berechnen, denn nach § 70 Abs. 4 S. 2 SGB VI bleiben diese beitragspflichtigen Einnahmen für diese Rente außer Betracht. Dies gilt unabhängig davon, dass nach § 194 Abs. 3 SGB VI bei der Beitragsberechnung die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen maßgeblich bleiben. Aus den tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten werden also Beiträge erhoben, ohne dass diese Einnahmen in vollem Umfang in die Rentenberechnung einfließen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist grundsätzlich nicht zu beanstanden vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelung. Mit dem Hochrechnungsverfahren soll nämlich erreicht werden, dass die dem Rentenantragsteller zustehenden Rentenzahlungen zeitnah mit dem Rentenbeginn aufgenommen werden können, ohne dass erst der Eingang der Meldung der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte abgewartet werden muss. Hier könnte es durchaus zu einer mehrere Monate umfassenden Verzögerung der Rentenwertermittlung kommen, die nicht jeder Rentenantragsteller in Kauf nehmen würde. Der Gesetzgeber hat mit der Hochrechnung also ein Verfahren geschaffen, das es dem Rentenversicherungsträger ermöglicht, eine nahtlose Zahlung der Rente vorzunehmen. Die hierbei unter Umständen entstehenden Nachteile, wie sie sich gerade auch beim Kläger darstellen, hat der Rentenbezieher daher in Kauf zu nehmen, wenn ihm diese Umstände bekannt sind. Es liegt in der freien Entscheidung des Rentenantragstellers, die Vorzüge des Hochrechnungsverfahrens mit einem pünktlichen Rentenzahlbeginn in Anspruch zu nehmen. Er kann jedoch auf diesen Vorteil verzichten, um den Nachteil eines geringfügig geringeren Rentenzahlbetrages zu vermeiden. Grundsätzliche Bedenken gegen dieses Verfahren bestehen daher nicht (vgl. hierzu Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12.12.2011, B 13 R 29/11 R, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de, Randziffer 34).

Allerdings setzt dies voraus, dass der Rentenantragsteller in dieser Hinsicht vollumfänglich aufgeklärt wurde, woran es im konkreten Fall des Klägers fehlt, so dass er auf der Grundlage des richterrechtlich entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruches (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 17.12.1980, 12 RK 34/80, zitiert nach Juris, Randziffer 23) verlangen kann, dass seine Altersrente für langjährige Versicherte auf der Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen des Zeitraumes August bis Oktober 2011 berechnet wird. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine aufgrund eines Gesetzes oder eines bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht zur Auskunft und Beratung verletzt hat und dass diesem dadurch ein rechtlicher Nachteil entstanden ist. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme derjenigen Amtshandlung oder auf die Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte.

Hier hat der Kläger bei der Beantragung der Altersrente am 05.07.2011 in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung die Erklärung unterschrieben, dass er mit dem Hochrechnungsverfahren einverstanden ist und dass er damit einverstanden ist, dass die sich aus der Hochrechnung ergebenen voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden. Ferner hat er die Erklärung unterschrieben, dass ihm bekannt ist, dass Sonderzahlungen in den letzten Monaten bis zum Rentenbeginn, die über die regelmäßigen Einmalzahlungen hinausgehen, bei der Hochrechnung der Arbeitsentgelte nicht berücksichtigt werden können. Ferner ist ihm schriftlich erklärt worden, dass bei einem Abweichen der tatsächlichen von den hochgerechneten Beträgen diese erst bei einer später zu zahlenden Rente berücksichtigt werden könnten. Diese Erklärung, die als Auskunft bzw. Beratung im Sinne von § 14, 15 SGB I zu werten ist, ist jedoch unvollständig. Für den Kläger war auf dieser Grundlage zwar erkennbar, dass eine über die regelmäßigen Sonderzahlungen hinausgehende Zahlung wie hier im konkreten Fall anlässlich der 45-jährigen Betriebszugehörigkeit bei der Hochrechnung außer Betracht bleibt. Nicht erkennbar war jedoch, dass eine im Hochrechnungszeitraum zu erwartende regelmäßige Einmalzahlung wie das Weihnachtsgeld nur anteilmäßig in die Berechnung einfließen wird.

Wie bereits ausgeführt, erfolgt die Hochrechnung auf der Grundlage eines in einem 12 Monatszeitraum erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts. Hierfür wird das nach § 194 Abs. 1 S. 1 SGB IV gesondert gemeldete Entgelt der Monate Januar bis Juli 2011 mit einem rechnerisch ermittelten Durchschnittsentgelt der Monate August bis Dezember 2010 addiert. In dem gemeldeten Entgelt des Zeitraumes Januar bis Juli 2011 ist keine Sonderzahlung für das Jahr 2011 enthalten, da diese erst zum Jahresende anfiel. Die Jahressonderzahlung, also das Weihnachtsgeld des Jahres 2010, fließt hingegen nicht voll in die Hochrechnung ein, da die Beklagte ausgehend von dem gemeldeten beitragspflichtigen Entgelt des Jahres 2010 (38.206,00 Euro) rechnerisch einen Durchschnittsbetrag für jeden Monat des Jahres 2010 (3.183,83 Euro) ermittelt und diesen mit 5 multipliziert (15.919,15 Euro) sowie dem gemeldeten Entgelt des Zeitraumes Januar bis Juli 2011 hinzugerechnet hat. Die dem Kläger zugeflossene Sonderzahlung des Jahres 2010 wird also nur zu 5/12 bei der Feststellung des Entgelts des Jahres 2011 berücksichtigt, wohingegen der Wortlaut der von ihm unterschriebenen Erklärung den Eindruck erweckt, dass eine zu erwartende Sonderzahlung in vollem Umfang bei dem Hochrechnungsverfahren berücksichtigt wird. Damit liegt eine unvollständig Aufklärung seitens der Beklagten im Hinblick auf die Auswirkungen des Hochrechnungsverfahrens für die tatsächliche Rentenhöhe vor, ohne dass es darauf ankommt, dass der Kläger diesen Umstand im Laufe des Verfahrens nicht gerügt hat. Nach seinem Vorbringen hat er sich nämlich nur hinsichtlich der Auswirkungen der nicht berücksichtigten Sonderzahlung anlässlich der 45-jährigen Betriebszugehörigkeit getäuscht gesehen, wobei das Außerachtlassen einer derartigen Zahlung angesichts des Wortlautes der Erklärung durchaus vorhersehbar war. Jedenfalls liegt aber aufgrund des nicht vollständigen Hinweises im Hinblick auf die regelmäßigen Jahressonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld eine unvollständige Aufklärung des Klägers vor und hierdurch ist ihm ein rentenrechtlicher Nachteil im Sinne geringerer Entgeltpunkte mit einem daraus folgenden geringerem Rentenzahlbetrag erwachsen. Bei Berücksichtigung der im Hochrechnungszeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte hat er Anspruch auf einen geringfügig höheren Rentenzahlbetrag, dies auch für die gesamte Laufzeit der ihm bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte, da hierbei kein Wechsel der Rente eintritt. Der Wortlaut der Erklärung in dem Vordruck erweckt außerdem den Eindruck, dass die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen bei einem Wechsel von der vorgezogenen in die Regelaltersrente im Sinne einer " ... später zu zahlenden Rente ..." berücksichtigt werden. Hierauf kommt es aber für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an.

Rechtsfolge dieses sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist, dass der Kläger so zu stellen ist, wie er bei umfassender und zutreffender Aufklärung über die Umstände und Auswirkungen des Hochrechnungsverfahrens stehen würde. Dann hätte der Kläger nach seinem glaubhaften Vorbringen auf das Hochrechnungsverfahren verzichtet und eine Rentenberechnung auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens aus dem Zeitraum August bis Oktober 2011 erhalten. Das Gericht hält diese Erklärung für glaubhaft, da es nach den vorliegenden Unterlagen nicht unwahrscheinlich ist, dass er aus finanziellen Gründen nicht auf den unmittelbaren Rentenzahlbeginn am 01.11.2011 angewiesen war. Damit hat die Beklagte den Kläger so zu stellen, als ob er auf das Hochrechnungsverfahren verzichtet hätte und eine Rentenberechnung unter Berücksichtigung der tatsächlich im Zeitraum August bis Oktober 2011 erzielten beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 13.285,00 Euro durchzuführen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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