Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2372/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1916/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.03.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
Der 1936 geborene Kläger ist Rentner und bei der Beklagten krankenversichert. Er erlitt im Januar 2009 nach einem Sturz bei Glatteis eine subdurale Blutung und einen Hirninfarkt (Embolie zerebraler Arterien). Seither leidet er an einer sensomotorischen Halbseitensymptomatik links, einem posttraumatischen hirnorganischen Psychosyndrom und einer neurogenen Blasenentleerungsstörung. Der Kläger bezieht Leistungen der Pflegestufe II, er ist überwiegend bettlägerig und rollstuhlpflichtig. Die Beklagte gewährt laufend ambulante Bewegungstherapie und Ergotherapie (zweimal wöchentlich).
Vom 02.03. bis 12.05.2009 war der Kläger stationär in den S.-Kliniken A. zur Frührehabilitation. In der Zeit vom 03.02. bis 03.03.2011 wurde erneut in den S.-Kliniken K. eine stationäre medizinische Rehabilitation durchgeführt. Im Entlassungsbericht vom 15.03.2011 regten die behandelnden Neurologen der S.-Kliniken weiterhin ambulante krankengymnastische und ergotherapeutische Betreuung an und empfahlen in einem zeitlichen Abstand von ein bis zwei Jahren eine Wiederholung der neurologischen stationären Rehabilitation.
Am 02.02.2012 verordnete der Hausarzt des Klägers, Dr O., erneut eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Aus seiner Sicht seien eine eventuelle Verbesserung der Hemiparese und der Teilhabe Rehabilitationsziele; aus Sicht des Patienten und der Angehörigen seien eine Rückbildung der Hemiparese und eine Entlastung der pflegenden Ehefrau Rehabilitationsziele. Zur Frage, ob vor Ablauf der gesetzlichen Wartefrist von vier Jahren die Leistung medizinisch dringend notwendig sei, machte Dr. O. keine Angaben. Die Beklagte holte eine Direktberatung bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein und lehnte sodann die Gewährung stationärer Leistungen medizinischer Rehabilitation mit Bescheid vom 06.03.2012 ab. Durch eine stationäre Rehabilitation sei keine Verbesserung der Mobilität zu erzielen, ein ausreichendes Rehabilitationspotential sei nicht zu erkennen.
Mit seinem Widerspruch vom 26.03.2012 machte der Kläger geltend, mit einer Verbesserung könne durch eine weitere Rehabilitation gerechnet werden; seine Pflegefähigkeit würde sich verbessern. Ergänzend legte der Kläger ein Attest von Dr. O. vom 21.05.2012 vor, in welchem ausgeführt wird, dass insbesondere die Ergotherapeutin der Auffassung sei, dass eine erneute Rehabilitation zur Erhaltung der Pflegefähigkeit zu Hause unerlässlich sei. Im ergotherapeutischen Kurzbericht vom 10.05.2012 führte Frau P. aus, aufgrund der regelmäßigen Therapie habe der Kläger inzwischen eine gute Rumpfstabilität, die Wahrnehmung der linken Körperseite sei deutlich verbessert und die Schmerzen im linken Schultergelenk seien deutlich verringert. Eine stationäre Rehabilitation könne aufgrund der täglichen Therapieeinheiten einen entscheidenden Anteil zur Mobilisation und Aktivierung und damit zum Erhalt der Pflegefähigkeit beitragen. Die Physiotherapeutin B.-v. der V. führte in einem Schreiben vom 14.05.2012 aus, dass durch die Behandlung die Bewegungsfähigkeit des linken Beines verbessert worden sei. Habe der Kläger im Mai 2011 nur einige Schritte mit zwei Pflegepersonen zurücklegen können, seien ihm jetzt schon (mit zwei Pflegepersonen) zweimal vier Meter möglich. Dabei müsse das linke Bein nicht mehr vollständig von der Ehefrau vorgeschoben werden, sondern der Kläger reagiere immer wieder auf Impulse und bewege das linke Bein leicht vorwärts. In einer Rehabilitation seien die Möglichkeiten zum Üben vielfältiger, weshalb der Kläger hierdurch vielleicht zu mehr Selbstständigkeit gelangen könne. Die Beklagte holte ein Gutachten beim MDK ein (vom 13.07.2012) und wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2012 zurück. Medizinisch inhaltliche Argumente bezüglich Rehabedürftigkeit, Rehafähigkeit und positiver Prognose seien den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Beübungen der linken Körperhälfte einschließlich der Handmotorik seien weiterhin im ambulanten Rahmen möglich und ausreichend. Die Weiterführung von Physiotherapie und Ergotherapie werde als ausreichend betrachtet.
Hiergegen richtet sich die am 19.09.2012 um Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Der Kläger beruft sich darauf, dass er auf Anraten seines Hausarztes einen erneuten Antrag auf stationäre Rehabilitation gestellt habe.
Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Dr. O. hat mit seinem am 05.11.2012 beim SG eingegangenen Schreiben ausgeführt, eine wesentliche Besserung sei durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht zu erwarten. Einer Verschlimmerung könne durch regelmäßige Physiotherapie und Ergotherapie am Wohnort ausreichend entgegen gewirkt werden. Zur Entlastung der Ehefrau werde jedoch empfohlen, den Kläger einige Wochen im Jahr in einer stationären Pflegeeinrichtung betreuen zu lassen. Der Neurologe G. (S.-Kliniken) hat mit Schreiben vom 15.01.2013 mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt im März 2011 gesehen. Ambulante Behandlungen am Wohnort seien möglichst hochfrequent nötig. Während einer stationären Maßnahme seien die Behandlungen höherfrequent als ambulant möglich, weshalb eine stationäre rehabilitative Behandlung in bestimmten Zeitabständen durchaus sinnvoll sei.
Mit Urteil vom 14.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Aufgrund der nicht hinreichenden Mobilität des Klägers komme allein eine stationäre Rehabilitation in Betracht, hierfür lägen aber die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger erhalte wegen seiner sensomotorischen spastischen Halbseitensymptomatik regelmäßig ambulante Heilmittelanwendungen in Form von Ergotherapie und Physiotherapie. Diese ambulanten Therapien seien nach Auskunft von Dr. O. erfolgreich und hätten den Zustand des Klägers stabilisieren, nach den vorgelegten Therapieberichten der Heilmittelerbringer sogar bessern können. Eine stationäre Maßnahme sei erst bei Erschöpfung oder Ungeeignetheit der ambulanten Therapien denkbar. Vorliegend könne die ambulante Heilmitteltherapie auch noch erweitert werden, worauf der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen habe. Jedenfalls stehe einer stationären Maßnahme beim Kläger § 40 Abs 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) entgegen, wonach eine solche Maßnahme nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Maßnahmen erbracht werden könne, es sei denn, eine vorzeitige Leistung sei aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Seit der im Februar/März 2011 durchgeführten Rehabilitation seien noch keine vier Jahre vergangen. Dringende medizinische Gründe für eine vorzeitige Rehabilitation seien weder dem Reha-Antrag oder den Aussagen von Dr. O. und Dr. G., noch dem MDK-Gutachten vom 13.07.2012 zu entnehmen. Dr. O. als gegenwärtig einziger behandelnder Arzt erwarte von einer erneuten Rehabilitation keine Veränderung des Krankheitsbildes, einer Verschlimmerung könne nach seiner Ansicht durch regelmäßige Heilmittelanwendungen am Wohnort entgegen gewirkt werden. In den Therapieberichten der Heilmittelerbringer werde eine Besserung dokumentiert; daraus könne nicht geschlossen werden, dass bei weiteren ambulanten Behandlungen, ggf in der Frequenz sogar noch erhöht, erhebliche gesundheitliche Schäden drohten. Dr. G. halte neurologische stationäre Rehabilitation allgemein im Zweijahresrhythmus für sinnvoll, könne aber keine andernfalls drohenden erheblichen gesundheitlichen Schäden oder Nachteile benennen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 04.04.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.05.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er aus, der Hausarzt Dr. O. selbst habe den Reha-Antrag befürwortet und auch im Widerspruchsverfahren mit seinem Attest vom 21.05.2012 unterstützt. Als sachverständiger Zeuge vom SG befragt habe er dann diametral widersprüchlich zu früheren Angaben ausgesagt, eine Besserung sei drei Jahre nach dem Schlaganfall (einen solchen habe der Kläger nie erlitten) nicht mehr zu erwarten. Dr. G. habe dagegen bekundet, dass die Wiederholung einer neurologischen stationären Rehabilitation auch bei chronischen schweren neurologischen Erkrankungen sinnvoll sei, da die Pflegebedürftigkeit erleichtert und eine weitere Verschlimmerung der Krankheitssymptome aufgehalten werden könne. Das SG habe sich schon nicht damit auseinandergesetzt, dass Dr. O. von einer völlig falschen Diagnose ausgegangen sei und im Verlauf des Verfahrens widersprüchliche Angaben gemacht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.03.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere eine stationäre Rehabilitation zu gewähren, hilfsweise, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dr. O. habe in seiner ursprünglichen Verordnung eine eventuelle Verbesserung der Hemiparese und der Teilhabe angegeben, das Rehabilitationsziel sei nicht eindeutig festgelegt gewesen. Im Attest vom 21.05.2012 habe er sich nur darauf bezogen, dass die Ergotherapeutin eine erneute Rehabilitation für unerlässlich halte. Es liege nahe, dass insoweit bereits Zweifel an einer positiven Rehabilitationsprognose bestanden hätten. Im gleichen Attest teile Dr. O. eine sensomotorische spastische Halbseitenlähmung links nach Schlaganfall mit, beziehe sich aber in Klammern auf das tatsächliche Ereignis, posttraumatischen subdurales Hämatom. Von einer völlig falschen Ausgangsdiagnose könne daher nicht ausgegangen werden. Dr. G. beziehe sich allein auf die letzte Behandlung des Klägers 2011, so dass davon auszugehen sei, dass Dr. O. genauere Angaben zur gesundheitlichen Situation des Klägers machen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Einwände hiergegen haben sie nicht erhoben.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung als originäre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V (idF vom 23.10.2012, BGBl I 2246). Danach setzt der Anspruch auf eine stationäre Rehabilitation voraus, dass eine ambulante Rehabilitation nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausreicht. Außerdem müssen Reha-Maßnahmen nach § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V notwendig sein, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Ambulante Rehabilitationsleistungen setzen nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB V wiederum voraus, dass eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die in § 11 Abs 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen. Aus diesen Vorschriften ergibt sich ein Stufenverhältnis (Urteile des Senats vom 13.03.2012, L 11 KR 1612/11, 28.04.2009, L 11 KR 4828/09 und vom 20.04.2010, L 11 KR 5047/09): Zuerst ist ambulante Krankenbehandlung iSd § 27 SGB V in Anspruch zu nehmen (erste Stufe). Reicht diese nicht aus, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, erbringt die Krankenkasse ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Rehabilitationseinrichtungen oder in wohnortnahmen Einrichtungen (§ 40 Abs 1 SGB V; zweite Stufe). Reichen solche ambulanten Maßnahmen zur Rehabilitation nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs 2 SGB V, dritte Stufe). Leistungen der jeweils höheren Stufe können nur in Anspruch genommen werden, wenn die Leistungen der vorherigen Stufe aus medizinischen Gründen nicht ausreichen. Maßgeblich ist, ob die Erbringung von Leistungen nach den vorrangigen Stufen bei einer prognostischen Beurteilung im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des § 11 Abs 2 SGB V erfolglos sein wird (Senatsurteil vom 13.03.2012, L 11 KR 1612/11).
Die Feststellung der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht einer beantragten Reha-Maßnahme gehört zu den gerichtlich voll überprüfbaren Anspruchsvoraussetzungen und nicht zu der "Art der Leistung" im Sinne von § 14 Abs 3 Satz 1 SGB V, die die Krankenkasse nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt (Bundessozialgericht (BSG) 25.03.2003, B 1 KR 33/01 R, SozR 4-1500 § 54 Nr 1). Darüber hinaus können Leistungen ua nach § 40 Abs 2 SGB V nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentliche-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (§ 40 Abs 3 Satz 4 SGB V). Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des Sechsten Buches (SGB VI) solche Leistungen nicht erbracht werden können.
Rehabilitationsbedürftigkeit besteht nach § 8 der Rehabilitations-Richtlinie (Rehabilitations-RL), wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung voraussichtlich nicht nur vorübergehend alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivität vorliegen, durch die in absehbarer Zeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe droht oder Beeinträchtigungen der Teilhabe bereits bestehen und über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist. Zu den Beeinträchtigungen der Teilhabe gehört auch der Zustand der Pflegebedürftigkeit. Rehabilitationsfähigkeit setzt nach § 9 der Rehabilitation-RL voraus, dass der Versicherte aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassungen die für die Durchführung und Mitwirkung bei der Leistung zur medizinischen Rehabilitation notwendige Belastbarkeit und Motivation oder Motivierbarkeit besitzt. Die Rehabilitationsprognose ist nach § 10 der Rehabilitations-RL eine medizinisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Erfolg der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auf der Basis der Erkrankung oder Behinderung, des bisherigen Verlaufs, des Kompensationspotentials oder der Rückbildungsfähigkeit unter Beachtung und Förderung individueller positiver Kontextfaktoren, über die Erreichbarkeit eines festgelegten Rehabilitationsziels durch eine geeignete Leistung zur medizinischen Rehabilitation, in einem notwendigen Zeitraum. Die Rehabilitations-RL beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 SGB V und besitzen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen. Sie sind verbindlich, soweit sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen (BSG 01.09.2005, B 3 KR 3/04 R, SozR 4-2500 § 40 Nr 2). Ein solcher Verstoß ist vorliegend nicht ersichtlich.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger derzeit keinen Anspruch auf die Gewährung einer Maßnahme zur stationären Rehabilitation nach § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V hat. Eine Beeinträchtigung der Teilhabe liegt bei dem pflegebedürftigen Kläger insbesondere aufgrund der bestehenden sensomotorischen Halbseitensymptomatik links zwar offensichtlich bereits vor. Die Milderung der Folgen der Pflegebedürftigkeit bzw die Verhütung einer Verschlimmerung der vorhandenen Pflegebedürftigkeit - beides zulässige Ziele einer Rehabilitation - können jedoch hinreichend durch ambulante Behandlung in Form der bereits durchgeführten Ergo- und Physiotherapie erreicht werden. Dies ergibt sich übereinstimmend aus der Aussage von Dr. O. im Verfahren vor dem SG, den vom Kläger vorgelegten Berichten der Ergotherapeutin P. vom 10.05.2012 und der Physiotherapeutin B.-v. den V. vom 14.05.2012. Dr. O. hat in seiner Aussage vor dem SG klar ausgeführt, dass eine maßgebende Besserung durch eine Reha-Maßnahme nicht mehr zu erwarten sei und einer Verschlimmerung durch ambulante Behandlung am Wohnort ausreichend entgegen gewirkt werden könne. Diese Aussage steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht in diametralem Widerspruch zum Verhalten des Hausarztes und seinen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren. Dass der allein behandelnde Hausarzt den Wunsch seines Patienten, nochmals eine Reha-Maßnahme zu erhalten, durch eine entsprechende Verordnung unterstützt, wird ihm der Kläger kaum zum Vorwurf machen können. Auffällig ist allerdings, dass bereits in der formularmäßigen Verordnung die Rehabilitationsziele sehr zurückhaltend formuliert waren (evtl Verbesserung der Hemiparese, evtl Verbesserung der Teilhabe) und auch die Frage nach der medizinischen Notwendigkeit vorzeitiger Rehabilitation nicht beantwortet worden war, obwohl Dr. O. die erst 2011 zuletzt durchgeführte Maßnahme bekannt war. Noch deutlicher wird in der Stellungnahme von Dr. O. vom 21.05.2012, dass nicht er selbst, sondern die Ergotherapeutin eine weitere Rehabilitation für unerlässlich hält. Der Verwertbarkeit der Aussage von Dr. O. steht auch nicht entgegen, dass er einen Schlaganfall erwähnt. Der Kläger erlitt nach einem Sturz eine subdurale Blutung und eine Embolie zerebraler Arterien (Hirninfarkt), wie sich aus den Berichten der S.-Kliniken vom 15.03.2011 und 05.05.2009 ergibt. Dass der Kläger ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt, ist Dr. O. sehr wohl bekannt, wie sich auch aus der am 05.11.2012 beim SG eingegangenen Aussage ergibt. Der Begriff Schlaganfall ist außerdem synonym zu Hirninfarkt bzw Gehirnschlag (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl, S 1718), so dass entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers keine falsche Diagnose genannt wird.
Soweit insbesondere Frau P. und Frau B.-v. den V. aufgrund der gesteigerten Übungsfrequenz während einer stationären Rehabilitation sich einen entscheidenden Beitrag zur Mobilisation und Aktivierung bzw eventuell mehr Selbstständigkeit für den Kläger erhoffen, ergeben ihre Ausführungen keinen Hinweis darauf, dass nicht auch im Rahmen der Fortführung der ambulanten Behandlung weiterhin - wie auch bisher - kleine Fortschritte möglich sind. Bestätigt wird dies auch durch das MDK-Gutachten vom 13.07.2012 und die Stellungnahme des MDK vom 18.10.2012. Auch aus der Aussage von Dr. G. vom 15.01.2013 ergibt sich nichts anderes. Er führt nur allgemein aus, dass auch bei chronischen neurologischen Erkrankungen Patienten von regelmäßigen Rehabilitationsmaßnahmen in Abständen von ein bis zwei Jahren profitieren. Konkret bezogen auf den Fall des Klägers enthält seine Aussage jedoch nichts dazu, warum hier nicht auch ambulante Maßnahmen ausreichen sollten.
Davon abgesehen, dass hier bereits ambulante Behandlung ausreichend ist, steht der hier begehrten Leistung auch § 40 Abs 3 Satz 4 SGB V entgegen, denn es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass vorzeitige Leistungen aus medizinischen Gründen dringend erforderlich wären. Eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers ist ohne die Gewährung sofortiger stationärer Rehabilitation keinesfalls zu erwarten, vielmehr ist nach den vorgelegten Berichten zur Ergo- und Physiotherapie davon auszugehen, dass der Zustand des Klägers jedenfalls stabil gehalten werden kann, sogar leichte Besserungen erreicht werden können.
Der Kläger kann die Gewährung der begehrten stationären Reha-Maßnahme auch nicht nach dem Leistungsrecht eines anderen Rehabilitationsträgers beanspruchen. Nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX oblag der Beklagten als erstangegangenem Reha-Träger die Prüfung aller weiter in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen, da sie keine fristgerechte Zuständigkeitsklärung unternommen hatte und damit im Außenverhältnis umfassend zuständig war (BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35). Im Ergebnis ergibt sich jedoch auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX kein Anspruch des Klägers, denn eine Leistungsgewährung nach rentenrechtlichen Vorschriften scheidet aus, da der Kläger als Bezieher einer Altersrente nach § 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI insoweit von Teilhabeleistungen ausgeschlossen ist. Für eine Leistungsgewährung nach sonstigen Vorschriften bestehen ersichtlich keine Anhaltspunkte.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Befundberichte und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
Der 1936 geborene Kläger ist Rentner und bei der Beklagten krankenversichert. Er erlitt im Januar 2009 nach einem Sturz bei Glatteis eine subdurale Blutung und einen Hirninfarkt (Embolie zerebraler Arterien). Seither leidet er an einer sensomotorischen Halbseitensymptomatik links, einem posttraumatischen hirnorganischen Psychosyndrom und einer neurogenen Blasenentleerungsstörung. Der Kläger bezieht Leistungen der Pflegestufe II, er ist überwiegend bettlägerig und rollstuhlpflichtig. Die Beklagte gewährt laufend ambulante Bewegungstherapie und Ergotherapie (zweimal wöchentlich).
Vom 02.03. bis 12.05.2009 war der Kläger stationär in den S.-Kliniken A. zur Frührehabilitation. In der Zeit vom 03.02. bis 03.03.2011 wurde erneut in den S.-Kliniken K. eine stationäre medizinische Rehabilitation durchgeführt. Im Entlassungsbericht vom 15.03.2011 regten die behandelnden Neurologen der S.-Kliniken weiterhin ambulante krankengymnastische und ergotherapeutische Betreuung an und empfahlen in einem zeitlichen Abstand von ein bis zwei Jahren eine Wiederholung der neurologischen stationären Rehabilitation.
Am 02.02.2012 verordnete der Hausarzt des Klägers, Dr O., erneut eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Aus seiner Sicht seien eine eventuelle Verbesserung der Hemiparese und der Teilhabe Rehabilitationsziele; aus Sicht des Patienten und der Angehörigen seien eine Rückbildung der Hemiparese und eine Entlastung der pflegenden Ehefrau Rehabilitationsziele. Zur Frage, ob vor Ablauf der gesetzlichen Wartefrist von vier Jahren die Leistung medizinisch dringend notwendig sei, machte Dr. O. keine Angaben. Die Beklagte holte eine Direktberatung bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein und lehnte sodann die Gewährung stationärer Leistungen medizinischer Rehabilitation mit Bescheid vom 06.03.2012 ab. Durch eine stationäre Rehabilitation sei keine Verbesserung der Mobilität zu erzielen, ein ausreichendes Rehabilitationspotential sei nicht zu erkennen.
Mit seinem Widerspruch vom 26.03.2012 machte der Kläger geltend, mit einer Verbesserung könne durch eine weitere Rehabilitation gerechnet werden; seine Pflegefähigkeit würde sich verbessern. Ergänzend legte der Kläger ein Attest von Dr. O. vom 21.05.2012 vor, in welchem ausgeführt wird, dass insbesondere die Ergotherapeutin der Auffassung sei, dass eine erneute Rehabilitation zur Erhaltung der Pflegefähigkeit zu Hause unerlässlich sei. Im ergotherapeutischen Kurzbericht vom 10.05.2012 führte Frau P. aus, aufgrund der regelmäßigen Therapie habe der Kläger inzwischen eine gute Rumpfstabilität, die Wahrnehmung der linken Körperseite sei deutlich verbessert und die Schmerzen im linken Schultergelenk seien deutlich verringert. Eine stationäre Rehabilitation könne aufgrund der täglichen Therapieeinheiten einen entscheidenden Anteil zur Mobilisation und Aktivierung und damit zum Erhalt der Pflegefähigkeit beitragen. Die Physiotherapeutin B.-v. der V. führte in einem Schreiben vom 14.05.2012 aus, dass durch die Behandlung die Bewegungsfähigkeit des linken Beines verbessert worden sei. Habe der Kläger im Mai 2011 nur einige Schritte mit zwei Pflegepersonen zurücklegen können, seien ihm jetzt schon (mit zwei Pflegepersonen) zweimal vier Meter möglich. Dabei müsse das linke Bein nicht mehr vollständig von der Ehefrau vorgeschoben werden, sondern der Kläger reagiere immer wieder auf Impulse und bewege das linke Bein leicht vorwärts. In einer Rehabilitation seien die Möglichkeiten zum Üben vielfältiger, weshalb der Kläger hierdurch vielleicht zu mehr Selbstständigkeit gelangen könne. Die Beklagte holte ein Gutachten beim MDK ein (vom 13.07.2012) und wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2012 zurück. Medizinisch inhaltliche Argumente bezüglich Rehabedürftigkeit, Rehafähigkeit und positiver Prognose seien den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Beübungen der linken Körperhälfte einschließlich der Handmotorik seien weiterhin im ambulanten Rahmen möglich und ausreichend. Die Weiterführung von Physiotherapie und Ergotherapie werde als ausreichend betrachtet.
Hiergegen richtet sich die am 19.09.2012 um Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Der Kläger beruft sich darauf, dass er auf Anraten seines Hausarztes einen erneuten Antrag auf stationäre Rehabilitation gestellt habe.
Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Dr. O. hat mit seinem am 05.11.2012 beim SG eingegangenen Schreiben ausgeführt, eine wesentliche Besserung sei durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht zu erwarten. Einer Verschlimmerung könne durch regelmäßige Physiotherapie und Ergotherapie am Wohnort ausreichend entgegen gewirkt werden. Zur Entlastung der Ehefrau werde jedoch empfohlen, den Kläger einige Wochen im Jahr in einer stationären Pflegeeinrichtung betreuen zu lassen. Der Neurologe G. (S.-Kliniken) hat mit Schreiben vom 15.01.2013 mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt im März 2011 gesehen. Ambulante Behandlungen am Wohnort seien möglichst hochfrequent nötig. Während einer stationären Maßnahme seien die Behandlungen höherfrequent als ambulant möglich, weshalb eine stationäre rehabilitative Behandlung in bestimmten Zeitabständen durchaus sinnvoll sei.
Mit Urteil vom 14.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Aufgrund der nicht hinreichenden Mobilität des Klägers komme allein eine stationäre Rehabilitation in Betracht, hierfür lägen aber die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger erhalte wegen seiner sensomotorischen spastischen Halbseitensymptomatik regelmäßig ambulante Heilmittelanwendungen in Form von Ergotherapie und Physiotherapie. Diese ambulanten Therapien seien nach Auskunft von Dr. O. erfolgreich und hätten den Zustand des Klägers stabilisieren, nach den vorgelegten Therapieberichten der Heilmittelerbringer sogar bessern können. Eine stationäre Maßnahme sei erst bei Erschöpfung oder Ungeeignetheit der ambulanten Therapien denkbar. Vorliegend könne die ambulante Heilmitteltherapie auch noch erweitert werden, worauf der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen habe. Jedenfalls stehe einer stationären Maßnahme beim Kläger § 40 Abs 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) entgegen, wonach eine solche Maßnahme nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Maßnahmen erbracht werden könne, es sei denn, eine vorzeitige Leistung sei aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Seit der im Februar/März 2011 durchgeführten Rehabilitation seien noch keine vier Jahre vergangen. Dringende medizinische Gründe für eine vorzeitige Rehabilitation seien weder dem Reha-Antrag oder den Aussagen von Dr. O. und Dr. G., noch dem MDK-Gutachten vom 13.07.2012 zu entnehmen. Dr. O. als gegenwärtig einziger behandelnder Arzt erwarte von einer erneuten Rehabilitation keine Veränderung des Krankheitsbildes, einer Verschlimmerung könne nach seiner Ansicht durch regelmäßige Heilmittelanwendungen am Wohnort entgegen gewirkt werden. In den Therapieberichten der Heilmittelerbringer werde eine Besserung dokumentiert; daraus könne nicht geschlossen werden, dass bei weiteren ambulanten Behandlungen, ggf in der Frequenz sogar noch erhöht, erhebliche gesundheitliche Schäden drohten. Dr. G. halte neurologische stationäre Rehabilitation allgemein im Zweijahresrhythmus für sinnvoll, könne aber keine andernfalls drohenden erheblichen gesundheitlichen Schäden oder Nachteile benennen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 04.04.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.05.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er aus, der Hausarzt Dr. O. selbst habe den Reha-Antrag befürwortet und auch im Widerspruchsverfahren mit seinem Attest vom 21.05.2012 unterstützt. Als sachverständiger Zeuge vom SG befragt habe er dann diametral widersprüchlich zu früheren Angaben ausgesagt, eine Besserung sei drei Jahre nach dem Schlaganfall (einen solchen habe der Kläger nie erlitten) nicht mehr zu erwarten. Dr. G. habe dagegen bekundet, dass die Wiederholung einer neurologischen stationären Rehabilitation auch bei chronischen schweren neurologischen Erkrankungen sinnvoll sei, da die Pflegebedürftigkeit erleichtert und eine weitere Verschlimmerung der Krankheitssymptome aufgehalten werden könne. Das SG habe sich schon nicht damit auseinandergesetzt, dass Dr. O. von einer völlig falschen Diagnose ausgegangen sei und im Verlauf des Verfahrens widersprüchliche Angaben gemacht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.03.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere eine stationäre Rehabilitation zu gewähren, hilfsweise, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dr. O. habe in seiner ursprünglichen Verordnung eine eventuelle Verbesserung der Hemiparese und der Teilhabe angegeben, das Rehabilitationsziel sei nicht eindeutig festgelegt gewesen. Im Attest vom 21.05.2012 habe er sich nur darauf bezogen, dass die Ergotherapeutin eine erneute Rehabilitation für unerlässlich halte. Es liege nahe, dass insoweit bereits Zweifel an einer positiven Rehabilitationsprognose bestanden hätten. Im gleichen Attest teile Dr. O. eine sensomotorische spastische Halbseitenlähmung links nach Schlaganfall mit, beziehe sich aber in Klammern auf das tatsächliche Ereignis, posttraumatischen subdurales Hämatom. Von einer völlig falschen Ausgangsdiagnose könne daher nicht ausgegangen werden. Dr. G. beziehe sich allein auf die letzte Behandlung des Klägers 2011, so dass davon auszugehen sei, dass Dr. O. genauere Angaben zur gesundheitlichen Situation des Klägers machen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Einwände hiergegen haben sie nicht erhoben.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung als originäre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V (idF vom 23.10.2012, BGBl I 2246). Danach setzt der Anspruch auf eine stationäre Rehabilitation voraus, dass eine ambulante Rehabilitation nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht ausreicht. Außerdem müssen Reha-Maßnahmen nach § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V notwendig sein, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Ambulante Rehabilitationsleistungen setzen nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB V wiederum voraus, dass eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die in § 11 Abs 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen. Aus diesen Vorschriften ergibt sich ein Stufenverhältnis (Urteile des Senats vom 13.03.2012, L 11 KR 1612/11, 28.04.2009, L 11 KR 4828/09 und vom 20.04.2010, L 11 KR 5047/09): Zuerst ist ambulante Krankenbehandlung iSd § 27 SGB V in Anspruch zu nehmen (erste Stufe). Reicht diese nicht aus, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, erbringt die Krankenkasse ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Rehabilitationseinrichtungen oder in wohnortnahmen Einrichtungen (§ 40 Abs 1 SGB V; zweite Stufe). Reichen solche ambulanten Maßnahmen zur Rehabilitation nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs 2 SGB V, dritte Stufe). Leistungen der jeweils höheren Stufe können nur in Anspruch genommen werden, wenn die Leistungen der vorherigen Stufe aus medizinischen Gründen nicht ausreichen. Maßgeblich ist, ob die Erbringung von Leistungen nach den vorrangigen Stufen bei einer prognostischen Beurteilung im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des § 11 Abs 2 SGB V erfolglos sein wird (Senatsurteil vom 13.03.2012, L 11 KR 1612/11).
Die Feststellung der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht einer beantragten Reha-Maßnahme gehört zu den gerichtlich voll überprüfbaren Anspruchsvoraussetzungen und nicht zu der "Art der Leistung" im Sinne von § 14 Abs 3 Satz 1 SGB V, die die Krankenkasse nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt (Bundessozialgericht (BSG) 25.03.2003, B 1 KR 33/01 R, SozR 4-1500 § 54 Nr 1). Darüber hinaus können Leistungen ua nach § 40 Abs 2 SGB V nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentliche-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (§ 40 Abs 3 Satz 4 SGB V). Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des Sechsten Buches (SGB VI) solche Leistungen nicht erbracht werden können.
Rehabilitationsbedürftigkeit besteht nach § 8 der Rehabilitations-Richtlinie (Rehabilitations-RL), wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung voraussichtlich nicht nur vorübergehend alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivität vorliegen, durch die in absehbarer Zeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe droht oder Beeinträchtigungen der Teilhabe bereits bestehen und über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist. Zu den Beeinträchtigungen der Teilhabe gehört auch der Zustand der Pflegebedürftigkeit. Rehabilitationsfähigkeit setzt nach § 9 der Rehabilitation-RL voraus, dass der Versicherte aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassungen die für die Durchführung und Mitwirkung bei der Leistung zur medizinischen Rehabilitation notwendige Belastbarkeit und Motivation oder Motivierbarkeit besitzt. Die Rehabilitationsprognose ist nach § 10 der Rehabilitations-RL eine medizinisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Erfolg der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auf der Basis der Erkrankung oder Behinderung, des bisherigen Verlaufs, des Kompensationspotentials oder der Rückbildungsfähigkeit unter Beachtung und Förderung individueller positiver Kontextfaktoren, über die Erreichbarkeit eines festgelegten Rehabilitationsziels durch eine geeignete Leistung zur medizinischen Rehabilitation, in einem notwendigen Zeitraum. Die Rehabilitations-RL beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 SGB V und besitzen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen. Sie sind verbindlich, soweit sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen (BSG 01.09.2005, B 3 KR 3/04 R, SozR 4-2500 § 40 Nr 2). Ein solcher Verstoß ist vorliegend nicht ersichtlich.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger derzeit keinen Anspruch auf die Gewährung einer Maßnahme zur stationären Rehabilitation nach § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V hat. Eine Beeinträchtigung der Teilhabe liegt bei dem pflegebedürftigen Kläger insbesondere aufgrund der bestehenden sensomotorischen Halbseitensymptomatik links zwar offensichtlich bereits vor. Die Milderung der Folgen der Pflegebedürftigkeit bzw die Verhütung einer Verschlimmerung der vorhandenen Pflegebedürftigkeit - beides zulässige Ziele einer Rehabilitation - können jedoch hinreichend durch ambulante Behandlung in Form der bereits durchgeführten Ergo- und Physiotherapie erreicht werden. Dies ergibt sich übereinstimmend aus der Aussage von Dr. O. im Verfahren vor dem SG, den vom Kläger vorgelegten Berichten der Ergotherapeutin P. vom 10.05.2012 und der Physiotherapeutin B.-v. den V. vom 14.05.2012. Dr. O. hat in seiner Aussage vor dem SG klar ausgeführt, dass eine maßgebende Besserung durch eine Reha-Maßnahme nicht mehr zu erwarten sei und einer Verschlimmerung durch ambulante Behandlung am Wohnort ausreichend entgegen gewirkt werden könne. Diese Aussage steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht in diametralem Widerspruch zum Verhalten des Hausarztes und seinen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren. Dass der allein behandelnde Hausarzt den Wunsch seines Patienten, nochmals eine Reha-Maßnahme zu erhalten, durch eine entsprechende Verordnung unterstützt, wird ihm der Kläger kaum zum Vorwurf machen können. Auffällig ist allerdings, dass bereits in der formularmäßigen Verordnung die Rehabilitationsziele sehr zurückhaltend formuliert waren (evtl Verbesserung der Hemiparese, evtl Verbesserung der Teilhabe) und auch die Frage nach der medizinischen Notwendigkeit vorzeitiger Rehabilitation nicht beantwortet worden war, obwohl Dr. O. die erst 2011 zuletzt durchgeführte Maßnahme bekannt war. Noch deutlicher wird in der Stellungnahme von Dr. O. vom 21.05.2012, dass nicht er selbst, sondern die Ergotherapeutin eine weitere Rehabilitation für unerlässlich hält. Der Verwertbarkeit der Aussage von Dr. O. steht auch nicht entgegen, dass er einen Schlaganfall erwähnt. Der Kläger erlitt nach einem Sturz eine subdurale Blutung und eine Embolie zerebraler Arterien (Hirninfarkt), wie sich aus den Berichten der S.-Kliniken vom 15.03.2011 und 05.05.2009 ergibt. Dass der Kläger ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt, ist Dr. O. sehr wohl bekannt, wie sich auch aus der am 05.11.2012 beim SG eingegangenen Aussage ergibt. Der Begriff Schlaganfall ist außerdem synonym zu Hirninfarkt bzw Gehirnschlag (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl, S 1718), so dass entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers keine falsche Diagnose genannt wird.
Soweit insbesondere Frau P. und Frau B.-v. den V. aufgrund der gesteigerten Übungsfrequenz während einer stationären Rehabilitation sich einen entscheidenden Beitrag zur Mobilisation und Aktivierung bzw eventuell mehr Selbstständigkeit für den Kläger erhoffen, ergeben ihre Ausführungen keinen Hinweis darauf, dass nicht auch im Rahmen der Fortführung der ambulanten Behandlung weiterhin - wie auch bisher - kleine Fortschritte möglich sind. Bestätigt wird dies auch durch das MDK-Gutachten vom 13.07.2012 und die Stellungnahme des MDK vom 18.10.2012. Auch aus der Aussage von Dr. G. vom 15.01.2013 ergibt sich nichts anderes. Er führt nur allgemein aus, dass auch bei chronischen neurologischen Erkrankungen Patienten von regelmäßigen Rehabilitationsmaßnahmen in Abständen von ein bis zwei Jahren profitieren. Konkret bezogen auf den Fall des Klägers enthält seine Aussage jedoch nichts dazu, warum hier nicht auch ambulante Maßnahmen ausreichen sollten.
Davon abgesehen, dass hier bereits ambulante Behandlung ausreichend ist, steht der hier begehrten Leistung auch § 40 Abs 3 Satz 4 SGB V entgegen, denn es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass vorzeitige Leistungen aus medizinischen Gründen dringend erforderlich wären. Eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers ist ohne die Gewährung sofortiger stationärer Rehabilitation keinesfalls zu erwarten, vielmehr ist nach den vorgelegten Berichten zur Ergo- und Physiotherapie davon auszugehen, dass der Zustand des Klägers jedenfalls stabil gehalten werden kann, sogar leichte Besserungen erreicht werden können.
Der Kläger kann die Gewährung der begehrten stationären Reha-Maßnahme auch nicht nach dem Leistungsrecht eines anderen Rehabilitationsträgers beanspruchen. Nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX oblag der Beklagten als erstangegangenem Reha-Träger die Prüfung aller weiter in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen, da sie keine fristgerechte Zuständigkeitsklärung unternommen hatte und damit im Außenverhältnis umfassend zuständig war (BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35). Im Ergebnis ergibt sich jedoch auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX kein Anspruch des Klägers, denn eine Leistungsgewährung nach rentenrechtlichen Vorschriften scheidet aus, da der Kläger als Bezieher einer Altersrente nach § 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI insoweit von Teilhabeleistungen ausgeschlossen ist. Für eine Leistungsgewährung nach sonstigen Vorschriften bestehen ersichtlich keine Anhaltspunkte.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Befundberichte und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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