L 8 SB 2114/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2599/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2114/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung des Nachteilsausgleiches B (Freifahrt für eine Begleitperson wegen der Notwendigkeit ständiger Begleitung).

Bei dem 1968 geborenen Kläger sind mit Bescheid vom 02.01.2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 und der Nachteilsausgleich "G" (erhebliche Gehbehinderung) festgestellt. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen liegen vor: Seelische Störung, Verbrühungsnarben, funktionelle Organbeschwerden, Verhaltensstörungen (Teil-GdB 70), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform (Teil-GdB 20), Adipositas permagna (Teil-GdB 20), Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes (Teil-GdB 10), Allergie (Teil-GdB 10). Dieser Anerkennung der Funktionsstörungen lag das ärztliche Gutachten des Landkreis K. - Amt für Gesundheit und Versorgung - Versorgungsamt, Dr. W. vom 07.12.2011 zugrunde. Zu den beantragten Merkzeichen war in diesem Gutachten ausgeführt, die Voraussetzungen für die Merkzeichen B und RF seien nicht erfüllt.

Am 10.05.2012 beantragte der Kläger erneut die Feststellung des Merkzeichens B, was nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.07.2012 mit Bescheid vom 05.07.2012 abgelehnt wurde.

Am 10.05.2012 beantragte der Kläger erneut die Anerkennung des Merkzeichens B. Dieser Antrag wurde als Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.07.2012 gewertet. Zur Begründung gab der Kläger an, er gehe nur in Begleitung aus dem Hause und das Merkzeichen B werde benötigt, damit die Begleitperson kostenlos öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne, da er nur wenig Geld habe. Er könne nicht gut laufen und die Begleitperson könne ihn beim Gehen unterstützen.

Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.08.2012, mit der die Voraussetzungen zur Feststellung des Nachteilsausgleiches B verneint wurden, wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2012 zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz, indem er seinen Schriftsatz vom 13.10.2012 persönlich am 16.10.2012 beim SG abgab. Zur Begründung gab er an, er sei nicht so gut zu Fuß und könne hauptsächlich nur mit Begleitung die Wohnung verlassen. Deswegen sei es wichtig, dass ihm der Nachteilsausgleich B zugesprochen werde. Sein behandelnder Arzt Dr. Z. habe sehr deutlich gemacht, dass er den Nachteilsausgleich B benötige, um wieder mehr Lebensqualität und Mobilität zu erhalten.

Zur mündlichen Verhandlung vom 13.02.2013 erschien der Kläger nicht, obwohl das SG das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet hatte.

Das SG hörte Dr. Z. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte am 20.02.2013 mit, der Kläger befinde sich seit 18.07.2006 regelmäßig in seiner ambulanten nervenärztlichen Behandlung. Das Krankheitsbild habe sich seit 11.03.2011 weiter verschlechtert. Besonders die Schmerzen im Bereich der Knie, in der letzten Zeit links mehr als rechts, hätten zugenommen. Eine Gehstrecke von 2 km schaffe der Kläger nicht mehr in einer halben Stunde. Auf ständige Begleitung sei der Kläger jedoch nicht angewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2013 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, im Falle des Klägers sei eine ständige Begleitung nicht notwendig. Der ihn behandelnde Arzt Dr. Z. habe das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens B verneint. Diese Einschätzung des Arztes decke sich mit den Beobachtungen des Gerichts. Es sei gerichtsbekannt, dass der Kläger im Rahmen seiner häufigen Klageverfahren beim Sozialgericht mit einem Roller vorfahre und dann persönlich Schreiben an der Rechtsantragsstelle übergebe. Der Kläger nehme damit eigenständig am öffentlichen Verkehr teil. Anhaltspunkte dafür, dass er auf ständige Begleitung angewiesen sei, bestünden nicht.

Gegen den - dem Kläger mit Zustellungsurkunde am 03.05.2013 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.05.2013 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B seien von Anfang an geboten gewesen. Dr. Z. habe nicht ausgeschlossen, dass der Kläger das Merkzeichen B nicht benötige, nur weil man nicht ständig eine Begleitung benötige. Nur weil man mit dem Motorroller hin und wieder rumfahre, bedeute dies nicht, dass man das Merkzeichen B nicht benötige. Es gebe genügend behinderte Menschen, die das Merkzeichen B zusätzlich zum Merkzeichen G hätten und mit einem Auto oder Motorroller unterwegs seien und nicht ständig eine Begleitperson dabei hätten. Davon könne und dürfe man es nicht abhängig machen. Zudem könne er sich nicht nur mit Medikamenten vollpumpen, um rausgehen zu können. Er müsse jederzeit die Möglichkeit haben, eine Begleitperson kostenlos mitnehmen zu können. Gerade wenn man körperlich und psychisch angeschlagen sei, sei dies wichtig, um so in jedem Fall am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Daher könne er die Entscheidung des SG und die des Beklagten nicht nachvollziehen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. April 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 5. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm den Nachteilsausgleich "B" (Berechtigung für eine ständige Begleitung) zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Konstanz mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 29.04.2013 die Klage gegen den Bescheid vom 05.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2012, mit dem der Beklagte die Gewährung des Nachteilsausgleiches "B" abgelehnt hat, abgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B sind in der Person des Klägers nicht erfüllt.

Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl oder H vorliegen) gegeben, die bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind.

Beim Kläger ist zwar das Merkzeichen G anerkannt, aber für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel besteht nicht die Notwendigkeit einer Begleitperson, da der Kläger regelmäßig in der Lage ist, ohne eine Begleitperson öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig aus der sachverständigen Zeugenauskunft seines behandelnden Arztes Dr. Z. Dieser hat in seinem Schreiben vom 20.02.2013 gegenüber dem SG die beim Kläger von ihm erhobenen Befunde mitgeteilt, darauf hingewiesen, dass seines Erachtens die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G (erhebliche Gehbehinderung) beim Kläger erfüllt sind und dass der Kläger auf eine ständige Begleitung nicht angewiesen ist. Dies stimmt mit der Beurteilung der Versorgungsärztin Dr. W. vom 07.12.2011 überein und ist für den Senat daher überzeugend.

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er könne hauptsächlich nur mit Begleitung die Wohnung verlassen, reicht dies nicht aus, um feststellen zu können, dass der Kläger "regelmäßig" bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf fremde Hilfe angewiesen ist, zumal der Kläger hierfür keinen Grund angegeben hat und im übrigen auch nicht dargelegt hat, weshalb er bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen sei. Ebensowenig kann sich der Kläger auf Personen in seinem Bekanntenkreis berufen, die seiner Ansicht nach das Merkzeichen B zu Unrecht hätten, weshalb er es auch für sich beanspruchen dürfe, wie er es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat. Denn "Gleichheit im Unrecht" kann nicht beansprucht werden.

Angesichts der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen gelangt der Senat auch unter Berücksichtigung der Auskunft des Dr. Z. - ebenso wie das SG und der Beklagte - zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen zur Annahme einer Notwendigkeit einer Begleitperson zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel beim Kläger nicht gegeben ist.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers somit keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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