Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 6404/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5333/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. November 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1951 geborenen Kläger stellte am 12.04.2010 beim Landratsamt O. - Amt für Soziales und Versorgung - (LRA) einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung. Das LRA holte mit dem Einverständnis des Klägers Befundscheine und Auskünfte vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ne. vom 26.04.2010, vom HNO-Arzt Dr. K. vom 26.04.2010 und von der HNO-Abteilung der O. Klinik 29.04.2010 ein. Sämtliche Arztberichte wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.07.2010 ausgewertet.
Mit Bescheid vom 27.07.2010 stellte das LRA wegen Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 30), koronarer Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, Bluthochdruck (Teil-GdB 20), Lungenfunktionseinschränkung (Teil-GdB 10), Bandscheibenschaden (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB mit 40 seit 12.04.2010 fest.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch; das LRA holte den Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Ne. vom 26.08.2010 ein, dem der Bericht der Klinik für Hals- Nasen-Ohren-Krankheiten des O. Klinikums vom 16.07.2010 beigefügt war. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.10.2010 wurden die Arztberichte ausgewertet und darauf hingewiesen, der Gesamt-GdB sei mit 40 zutreffend bewertet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2010 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 15.12.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, den GdB mit wenigstens 50 festzustellen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen, nämlich den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ne. (Auskunft vom 14.02.2011) und den Orthopäden Dr. Ni. (Auskunft vom 07.03.2011); anschließend holte es von Amts wegen das internistische Gutachten von Prof. Dr. M. vom 06.06.2011 und das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. L. vom 21.07.2011 ein. Prof. Dr. M. gelangte in seinem gerichtlichen Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger lägen eine Belastungscoronarinsuffizienz, eine arterielle Hypertonie und ein beginnendes Lungenemphysem mit jeweils einem GdB von 20 vor. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf internistischem Fachgebiet seien mit einem Teil-GdB von 20 zu beurteilen und der Gesamt-GdB betrage 40. Prof. Dr. L. führte aus, beim Kläger lägen Funktionseinschränkungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule vor, der Teil-GdB für die Funktionseinschränkungen der HWS betrage 20 und der für die LWS 10; den Gesamt-GdB schätze er ebenfalls mit 40 ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.11.2012 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Aufgrund der medizinischen Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sei davon auszugehen, dass beim Kläger auf HNO-fachärztlichem Gebiet eine Schwerhörigkeit beiderseits (Teil-GdB 30), eine koronare Herzkrankheit nach abgelaufenem Herzinfarkt und Stentimplantation sowie ein Bluthochdruck (Teil-GdB 20) und eine Lungenfunktionseinschränkung (Teil-GdB 20) sowie auf orthopädischem Fachgebiet ein Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule (Teil-GdB 20) vorlägen. Unter Zugrundelegung dieser Einzel-GdB-Werte ergebe sich, dass der von dem Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 40 nicht zu beanstanden sei.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis - am 30.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte des Klägers am 21.12.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird geltend gemacht (Schriftsatz vom 15.11.2013), ein Gesamt-GdB von 40 sei nicht angemessen.
Die Schwerhörigkeit beiderseits sei mit einem Teil-GdB von 30 nicht angemessen bewertet, da es sich um eine kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts und links handele mit einem Hörverlust von etwa 10 %. Darüber hinaus beeinträchtigten die Herzkrankheit, der Bandscheibenschaden mit erheblichen Bewegungseinschränkungen und die Lungenfunktionsstörungen, die regelmäßig zu Kurzatmigkeit und Schwindelanfällen schon bei leichtesten körperlichen Anstrengungen führten, die Teilhabe am Leben der Gesellschaft in starkem Maße.
Des Weiteren hat der Bevollmächtigte des Klägers vorgetragen, beim Kläger hätten sich Symptome eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms gezeigt, die überhaupt noch keinen Eingang in die Bewertung gefunden hätten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.11.2012 aufzuheben und den Bescheid des Landratsamts O. vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen Grad von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Beklagten vom 17.10.2013, Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22.11.2013).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, ist rechtmäßig.
Beide gerichtliche Sachverständige haben den medizinischen Sachverhalt weiter aufgeklärt und sie haben die vom Beklagten bislang angenommenen Funktionsbeeinträchtigungen bestätigt. Die gerichtlichen Sachverständigen haben auch keinen höheren Gesamt-GdB als 40 vorgeschlagen. Prof. Dr. M. als auch Prof. Dr. L. sind vielmehr - unabhängig voneinander - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesamt-GdB zutreffend mit 40 zu beurteilen ist.
Unter Berücksichtigung der beim Kläger vorliegenden Teil-GdB-Werte von 30 auf HNO-ärztlichem und 20 auf kardiologischem Fachgebiet ist die vom SG angenommene Bildung des Gesamt-GdB von 40 nicht zu beanstanden, denn die Teil-GdB-Werte auf lungenfachärztlichem und orthopädischem (HWS-/LWS-Beeinträchtigungen) Gebiet bedingen keine weitere Erhöhung.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und die VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung dieser Bewertungsgrundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Ausgehend vom höchsten Einzel-GdB von 30 für die Schwerhörigkeit beiderseits ergibt sich durch die Beeinträchtigungen auf internistischem Fachgebiet (Herzkrankheit und Lungenfunktionseinschränkung) eine Erhöhung um 10. Die beginnende Lungenemphysem-Erkrankung verursacht nach Prof. Dr. M. einen noch altersentsprechenden Normalbefund, wie den erhobenen Lungenfunktionswerten zu entnehmen ist. Die blutgasanalytisch nachgewiesene respiratorische Partialinsuffizienz bei guter Sauerstoffsättigung rechtfertigt den vom Sachverständigen bejahten Teil-GdB 20 für die Lungenfunktion nicht, vielmehr ist ein Teil-GdB 10 hierfür ausreichend. Die Funktionsbeeinträchtigungen durch den Wirbelsäulenschaden wirken sich nicht erhöhend aus, da es sich bei den Funktionseinschränkungen entsprechend den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. um lediglich mittelschwere (HWS) und leichte (LWS) Einschränkungen handelt. Im Bereich der HWS sind nur grenzwertig häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen beschrieben bei fehlendem Nachweis von Nervenwurzelkompression und Bewegungsblockaden in der segmentalen Untersuchung. Insofern ist davon auszugehen sein, dass es sich um einen schwachen Teil-GdB-Wert von 20 - wenn nicht gar nur ein Teil-GdB von 10 - hinsichtlich der Beeinträchtigungen von Seiten der Wirbelsäule handelt, der sich daher auch nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirkt.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 15.11.2013 vorgetragen hat, beim Kläger hätten sich Symptome eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms gezeigt, ist zu berücksichtigen, dass eine solche ärztliche Diagnose nicht dokumentiert ist und der Kläger eine fachärztliche Behandlung dieser Funktionsbeeinträchtigung offenbar nicht durchführt. Lediglich im internistischen Gutachten von Prof. Dr. M. ist als fachfremde Verdachtsdiagnose aufgeführt, dass eine diskrete depressive Grundstimmung nicht ausgeschlossen werden könne (S. 4 unten des Gutachtens vom 06.06.2011). Dies reicht nicht aus, um eine psychische Funktionsbeeinträchtigung feststellen zu können.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weshalb sie zurückzuweisen war.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1951 geborenen Kläger stellte am 12.04.2010 beim Landratsamt O. - Amt für Soziales und Versorgung - (LRA) einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung. Das LRA holte mit dem Einverständnis des Klägers Befundscheine und Auskünfte vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ne. vom 26.04.2010, vom HNO-Arzt Dr. K. vom 26.04.2010 und von der HNO-Abteilung der O. Klinik 29.04.2010 ein. Sämtliche Arztberichte wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.07.2010 ausgewertet.
Mit Bescheid vom 27.07.2010 stellte das LRA wegen Schwerhörigkeit beidseitig (Teil-GdB 30), koronarer Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, Bluthochdruck (Teil-GdB 20), Lungenfunktionseinschränkung (Teil-GdB 10), Bandscheibenschaden (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB mit 40 seit 12.04.2010 fest.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch; das LRA holte den Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Ne. vom 26.08.2010 ein, dem der Bericht der Klinik für Hals- Nasen-Ohren-Krankheiten des O. Klinikums vom 16.07.2010 beigefügt war. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.10.2010 wurden die Arztberichte ausgewertet und darauf hingewiesen, der Gesamt-GdB sei mit 40 zutreffend bewertet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2010 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 15.12.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, den GdB mit wenigstens 50 festzustellen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen, nämlich den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ne. (Auskunft vom 14.02.2011) und den Orthopäden Dr. Ni. (Auskunft vom 07.03.2011); anschließend holte es von Amts wegen das internistische Gutachten von Prof. Dr. M. vom 06.06.2011 und das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. L. vom 21.07.2011 ein. Prof. Dr. M. gelangte in seinem gerichtlichen Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger lägen eine Belastungscoronarinsuffizienz, eine arterielle Hypertonie und ein beginnendes Lungenemphysem mit jeweils einem GdB von 20 vor. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf internistischem Fachgebiet seien mit einem Teil-GdB von 20 zu beurteilen und der Gesamt-GdB betrage 40. Prof. Dr. L. führte aus, beim Kläger lägen Funktionseinschränkungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule vor, der Teil-GdB für die Funktionseinschränkungen der HWS betrage 20 und der für die LWS 10; den Gesamt-GdB schätze er ebenfalls mit 40 ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.11.2012 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Aufgrund der medizinischen Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sei davon auszugehen, dass beim Kläger auf HNO-fachärztlichem Gebiet eine Schwerhörigkeit beiderseits (Teil-GdB 30), eine koronare Herzkrankheit nach abgelaufenem Herzinfarkt und Stentimplantation sowie ein Bluthochdruck (Teil-GdB 20) und eine Lungenfunktionseinschränkung (Teil-GdB 20) sowie auf orthopädischem Fachgebiet ein Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule (Teil-GdB 20) vorlägen. Unter Zugrundelegung dieser Einzel-GdB-Werte ergebe sich, dass der von dem Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 40 nicht zu beanstanden sei.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis - am 30.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte des Klägers am 21.12.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird geltend gemacht (Schriftsatz vom 15.11.2013), ein Gesamt-GdB von 40 sei nicht angemessen.
Die Schwerhörigkeit beiderseits sei mit einem Teil-GdB von 30 nicht angemessen bewertet, da es sich um eine kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts und links handele mit einem Hörverlust von etwa 10 %. Darüber hinaus beeinträchtigten die Herzkrankheit, der Bandscheibenschaden mit erheblichen Bewegungseinschränkungen und die Lungenfunktionsstörungen, die regelmäßig zu Kurzatmigkeit und Schwindelanfällen schon bei leichtesten körperlichen Anstrengungen führten, die Teilhabe am Leben der Gesellschaft in starkem Maße.
Des Weiteren hat der Bevollmächtigte des Klägers vorgetragen, beim Kläger hätten sich Symptome eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms gezeigt, die überhaupt noch keinen Eingang in die Bewertung gefunden hätten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.11.2012 aufzuheben und den Bescheid des Landratsamts O. vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen Grad von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Beklagten vom 17.10.2013, Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22.11.2013).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, ist rechtmäßig.
Beide gerichtliche Sachverständige haben den medizinischen Sachverhalt weiter aufgeklärt und sie haben die vom Beklagten bislang angenommenen Funktionsbeeinträchtigungen bestätigt. Die gerichtlichen Sachverständigen haben auch keinen höheren Gesamt-GdB als 40 vorgeschlagen. Prof. Dr. M. als auch Prof. Dr. L. sind vielmehr - unabhängig voneinander - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesamt-GdB zutreffend mit 40 zu beurteilen ist.
Unter Berücksichtigung der beim Kläger vorliegenden Teil-GdB-Werte von 30 auf HNO-ärztlichem und 20 auf kardiologischem Fachgebiet ist die vom SG angenommene Bildung des Gesamt-GdB von 40 nicht zu beanstanden, denn die Teil-GdB-Werte auf lungenfachärztlichem und orthopädischem (HWS-/LWS-Beeinträchtigungen) Gebiet bedingen keine weitere Erhöhung.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und die VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung dieser Bewertungsgrundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Ausgehend vom höchsten Einzel-GdB von 30 für die Schwerhörigkeit beiderseits ergibt sich durch die Beeinträchtigungen auf internistischem Fachgebiet (Herzkrankheit und Lungenfunktionseinschränkung) eine Erhöhung um 10. Die beginnende Lungenemphysem-Erkrankung verursacht nach Prof. Dr. M. einen noch altersentsprechenden Normalbefund, wie den erhobenen Lungenfunktionswerten zu entnehmen ist. Die blutgasanalytisch nachgewiesene respiratorische Partialinsuffizienz bei guter Sauerstoffsättigung rechtfertigt den vom Sachverständigen bejahten Teil-GdB 20 für die Lungenfunktion nicht, vielmehr ist ein Teil-GdB 10 hierfür ausreichend. Die Funktionsbeeinträchtigungen durch den Wirbelsäulenschaden wirken sich nicht erhöhend aus, da es sich bei den Funktionseinschränkungen entsprechend den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. um lediglich mittelschwere (HWS) und leichte (LWS) Einschränkungen handelt. Im Bereich der HWS sind nur grenzwertig häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen beschrieben bei fehlendem Nachweis von Nervenwurzelkompression und Bewegungsblockaden in der segmentalen Untersuchung. Insofern ist davon auszugehen sein, dass es sich um einen schwachen Teil-GdB-Wert von 20 - wenn nicht gar nur ein Teil-GdB von 10 - hinsichtlich der Beeinträchtigungen von Seiten der Wirbelsäule handelt, der sich daher auch nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirkt.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 15.11.2013 vorgetragen hat, beim Kläger hätten sich Symptome eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms gezeigt, ist zu berücksichtigen, dass eine solche ärztliche Diagnose nicht dokumentiert ist und der Kläger eine fachärztliche Behandlung dieser Funktionsbeeinträchtigung offenbar nicht durchführt. Lediglich im internistischen Gutachten von Prof. Dr. M. ist als fachfremde Verdachtsdiagnose aufgeführt, dass eine diskrete depressive Grundstimmung nicht ausgeschlossen werden könne (S. 4 unten des Gutachtens vom 06.06.2011). Dies reicht nicht aus, um eine psychische Funktionsbeeinträchtigung feststellen zu können.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weshalb sie zurückzuweisen war.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
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