S 1 KA 36/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 1 KA 36/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten für das 1. und das 2. Quartal 2009 zur Berechnung des vertragsärztlichen Honorares die Zuweisung höherer Regelleistungsvolumina (RLV).

Die klagende Berufsausübungsgemeinschaft, eine Praxis niedergelassener Fachärzte für Radiologie und Nuklearmedizin in ..., nimmt an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der Beklagten teil. Ihr gehörten in den streitgegenständlichen Quartalen 1/2009 und 2/2009 drei Fachärzte für Radiologie (Dres ...), ein Facharzt für Nuklearmedizin (Dr ...) sowie ein Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin (Dr ...) an.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 wies die Beklagte der Klägerin für das 1. Quartal 2009 für alle Ärzte der Praxis insgesamt ein RLV in Höhe von 557.388,46 Euro zu. Sie stufte drei Ärzte der Praxis in die Arztgruppe der Fachärzte für Radiologie mit der Untergruppenkategorie konventionelles Behandlungsangebot, CT und MRT sowie zwei Ärzte der Praxis in die Arztgruppe der Fachärzte für Nuklearmedizin ein. Sie legte außerdem folgende Berechnungsdaten bei der Bestimmung des RLV zugrunde:

- Arzt
- RLV-relevante Arztfallzahl der Arztgruppe im Vorjahresquartal
- Fallwert der Arztgruppe in Euro
- Arztfallzahl des Arztes im Vorjahresquartal
- Altersfaktor
- RLV in Euro

Dr ...
2001 Radiologie
67,06
1.848
1,00
123.926,88

Herr ...
2001 Radiologie
67,06
1.667
1,00
111.789,02

Dr ...
2001 Radiologie
67,06
1.748
1,00
117.220,88

Dr ...
973 Nuklearmedizin
99,58
884
1,00
88.028,72

Dr ...
973 Nuklearmedizin
99,58
1.193
0,98
116.422,96

Eine Abstaffelung nach Fallzahlen enthielt die Berechnung des RLV nicht, weil die zugrunde gelegten Arztfallzahlen der Praxis nicht die Grenze von 150% der Arztfallzahlen der Fachgruppen überstiegen.

Gegen diese Festsetzung wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 31. Dezember 2008, bei der Beklagten eingegangen am 2. Januar 2009, und legte Widerspruch gegen die Höhe des zugewiesenen RLV mit der Begründung ein, sie habe zuwenig Zeit für eine Überprüfung des zugewiesenen Betrages gehabt. Auch könne sie nicht erkennen, ob ein Zuschlag von 10% für eine fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft berücksichtigt worden sei.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2009 wies die Beklagte der Klägerin für das 2. Quartal 2009 ein RLV in Höhe von insgesamt 583.573,93 Euro mit folgenden Datengrundlagen zu:

- Arzt
- RLV-relevante Arztfallzahl der Arztgruppe im Vorjahresquartal
- Fallwert der Arztgruppe in Euro
- Arztfallzahl des Arztes im Vorjahresquartal
- Altersfaktor
- RLV in Euro

Dr ...
1961 Radiologie
64,01
2.051
1,00
131.284,51

Herr ...
1961 Radiologie
64,01
1.604
1,01
103.698,76

Dr ...
1961 Radiologie
64,01
1.359
1,0
86.989,59

Dr ...
972 Nuklearmedizin
116,51
1.131
1,01
133.090,54

Dr ...
972 Nuklearmedizin
116,51
1.103
1,00
128.510,53

Auch in diesem Quartal enthielt die Berechnung des RLV keine Abstaffelung, weil die Arztfallzahlen der Praxis nicht die Grenze von 150% der Arztfallzahlen der Fachgruppen überstiegen.

Gegen diese Festsetzung legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. März 2009, bei der Beklagten am 17. März 2009 eingegangen, ebenfalls Widerspruch ein.

Zur Begründung der beiden Widersprüche führte die Klägerin anschließend aus, der Honorarverteilungsmaßstab, der der Zuweisung zugrunde liege, werde den Zielen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und den Vorgaben des Bewertungsausschusses nicht gerecht. Mangels transparenter Gestaltung könne sie die Berechnung nicht nachvollziehen. Insbesondere könne sie nicht prüfen, ob der Trennungsfaktor für die Ermittlung der Honorartöpfe der Haus- und der Fachärzte korrekt ermittelt worden sei. Die Beklagte habe vermutlich eine von der zu 2. beigeladenen Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erlassene Richtlinie angewendet, die zugunsten der Hausärzte von den Vorgaben des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBWA) vom 27. August 2008 abweiche. Für die Trennung und Bildung der Honorartöpfe seien von den Honoraren des Jahres 2007 nicht nur - wie vorgesehen - Leistungen des Kapitels 35.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) abgezogen worden. Die KBV habe empfohlen, auch die extrabudgetären Leistungen abzusetzen. Überdies sei die Differenzierung innerhalb der Facharztgruppe nicht sachgerecht gestaltet worden. Die getroffene Regelung habe zu einer Nivellierung geführt, welche die bestehenden Behandlungsschwerpunkte und individuellen Gegebenheiten der Praxis hinsichtlich Patientenklientel, Behandlungsangebot oder Kostenstruktur unzulässigerweise außer Acht lasse. Ein derart nivellierter Fallwert gefährde den ärztlichen Versorgungsauftrag. Angesichts des ihrer Einschätzung nach überdurchschnittlich hohen Anteils älterer Patienten habe sie zudem starke Zweifel an dem zugrunde gelegten Altersfaktor von nur 1,0 bzw. sogar 0,98 bei Dr ... Schließlich sei ihr das jeweilige RLV nicht fristgerecht mitgeteilt worden. Mit dem Widerspruch stellte die Klägerin zudem folgende Anträge:

1. Wegen der deutlichen Abweichung des für das 1. Quartal 2009 gezahlten Honorars gegenüber der Vergütung des entsprechenden Vorjahresquartals 1/2008 beantrage sie eine Ausgleichszahlung.

2. Außerdem beantrage sie, ihren Fallwert wegen Praxisbesonderheiten um mindestens 100% anzuheben.

In dem Zusammenhang führte sie aus, sie weise eine hohe Subspezialisierung auf, da sie im Gegensatz zu anderen Radiologen der Fachgruppe eine Untersuchung mittels eines offenen MRT anbieten könne, welche in den speziellen Fällen der Klaustrophobie, Adipositas sowie bei Funktionsuntersuchungen der Wirbelsäule und der Gelenke herangezogen werde.

Mit Honorarbescheid vom 12. August 2009 stellte die Beklagte für das 1. Quartal 2009 eine Vergütung in Höhe von 683.653,02 Euro und mit Honorarbescheid vom 19. Oktober 2009 für das 2. Quartal 2009 eine Vergütung von 687.642,14 Euro fest. Diese Bescheide griff die Klägerin nicht an.

Mit Bescheid vom 3. November 2009 lehnte die Beklagte die Anhebung der zugewiesenen RLV für das 1. und das 2. Quartal 2009 ab. Sie habe die RLV entsprechend der Vorgaben des EBWA und der darauf gründenden Honorarverteilungsregeln fehlerfrei festgesetzt. Ein für fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften gewährter Aufschlag auf die RLV der beiden ersten Quartale des Jahres 2009 von jeweils 10% könne bei der Klägerin schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil mit zwei Nuklearmedizinern und drei Radiologen in der Berufsausübungsgemeinschaft Ärzte aus zwei unterschiedlichen Fachgruppen tätig seien. Dass die Klägerin überdies erst Anfang des laufenden Quartals von der Höhe des RLV habe Kenntnis nehmen können, sei rechtlich unerheblich, da es sich bei der gesetzlichen Regelung lediglich um eine Ordnungsfrist handele. Sie sei nicht daran gehindert, das RLV nachträglich festzusetzen und das vorläufig weiter geltende bisherige RLV zu ersetzen. Letztlich sei die Klägerin auch nicht beschwert gewesen, weil das RLV des 4. Quartals 2008 niedriger gewesen sei als das neue RLV für das 1. Quartal 2009. Überdies habe sie die RLV des hausärztlichen und des fachärztlichen Versorgungsbereiches korrekt auf der Grundlage des Beschlusses des EBWA und der Richtlinie der beigeladenen KBV ermittelt. Die Richtlinie weiche nicht von diesen Beschlüssen ab. Der Antrag auf Gewährung einer Ausgleichzahlung könne mangels eines feststellbaren Honorarverlustes keinen Erfolg haben. Das Gesamtbruttohonorar der Klägerin sei in den angefochtenen Quartalen höher ausgefallen als die Vergütung der entsprechenden Vorjahresquartale. Die mit Blick auf eine Spezialisierung von der Klägerin betonte Zunahme von radiologischen Untersuchungen mittels offenem MRT. um 10% gegenüber dem Vorjahresquartal 1/2008 rechtfertige eine Anhebung des Fallwertes nicht, weil dieser Umstand keine Praxisbesonderheit, sondern ausreichend in der Fallzahl und dem Fallwert abgebildet worden sei.

Den von der Klägerin noch im November 2009 eingelegten, aber nicht näher begründeten Widerspruch gegen diesen Bescheid, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 zurück und erhob hierfür eine Gebühr in Höhe von 100,00 Euro. Sie führte aus, aus den im Bescheid vom 3. November 2009 dargestellten Gründen habe sie weder dem Widerspruch gegen die Höhe der RLV durch Veränderung des Fallwerts abhelfen noch eine Ausgleichzahlung bewilligen können.

Am 23. März 2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. Zur Begründung hat sie das ihr für das 1. Quartal 2009 zugewiesene RLV dem für das 1. Quartal 2008 gezahlten Honorar gegenübergestellt. Daraus ergebe sich zu ihren Lasten eine Differenz in Höhe von 77.093,17 Euro. Gleiches gelte für das 2. Quartal 2009, denn dort errechne sich zu ihren Lasten eine Differenz von 33.461,33 Euro. Über diese konkrete Abweichung hinaus sei die Ermittlung der angegriffenen RLV aus mehreren Gründen fehlerhaft und rechtwidrig. Deren Berechnung beruhe auf dem Beschluss des EBWA, welcher seinerseits gesetzeswidrig sei. Die dort festgelegte Berechnungsgrundlage für den morbiditätsbezogenen Faktor knüpfe unzulässigerweise ausschließlich an das Alter an und nicht, wie es die Ermächtigungsgrundlage des § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V zwingend vorgebe, auch an das Geschlecht der Patienten. Der EBWA habe fehlerhaft angenommen, es gebe keine geschlechterbedingte Morbiditätsunterschiede, obwohl diese anerkannt seien. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die beanstandeten RLV höher ausfielen, wenn der morbiditätsbezogene Faktor auch das Geschlecht berücksichtige. In dem Zusammenhang halte sie außerdem den bei Dr ... im 1. Quartal 2009 ermittelten Faktor von 0,98 für falsch. Ferner seien die von der Beklagten herangezogenen Berechnungsgrundlagen nicht transparent. Bei der Bildung der RLV-relevanten Vergütungsanteile habe sie Vorwegabzüge, Rückstellungen etc. zu hoch bemessen. Der Teil der Gesamtvergütung, der für die Vergütung der RLV-relevanten Leistungen übrig geblieben sei, sei zu gering bemessen worden. Die Beklagte habe sämtliche Berechnungselemente, zumindest aber die Höhe der Gesamtvergütung sowie die jeweiligen Anteile für die Haus- und Fachärzte, die für die herangezogenen Arztgruppen ermittelten Fallwerte und die durchschnittlichen RLV-relevanten Fallzahlen der Arztgruppen des Vorjahresquartals offen zu legen, damit sie die Festlegung der RLV nachvollziehen könne. Der Gesetzgeber habe in seiner Begründung zu § 87b Abs. 2 SGB V darauf hingewiesen, dass die Abstaffelungsregelungen nicht dazu führen dürften, dass medizinisch erforderliche Leistungen in die Abstaffelung rutschten. Dies geschehe ihrer Ansicht nach aber durch die niedrige Bemessung der RLV, denn damit könne dem Leistungsbedarf einer radiologisch tätigen Praxis nicht Rechnung getragen werden. Die von ihr erbrachten Leistungen fielen regelmäßig in das RLV, so dass bereits die Abrechnung weniger EBM-Gebührenordnungspositionen das RLV vollständig ausschöpfe. Die anschließende abgestaffelte Honorierung mit der geringen Restpunktwertvergütung betreffe nahezu sämtliche RLV-relevanten Leistungen. Ein Ausgleich bei der Gesamtwirtschaftlichkeitsbetrachtung sei auch nicht durch extrabudgetäre Leistungen ("Freie Leistungen") zu erzielen, da solche in der radiologischen Praxis nur in einem verschwindend geringen Umfang erbracht würden. Auch dies belege, dass die Radiologen zu Unrecht einem RLV unterworfen und anders als z. B. die RLV-freien Laborärzte und Pathologen unter Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) ungerechtfertigt benachteiligt seien. Sie erbrächten ihre Leistungen genauso wie die erwähnten Facharztgruppen ausschließlich aufgrund einer Überweisung, weshalb sie überhaupt keinen Einfluss auf die von ihnen verursachte Leistungsmenge oder deren Ausweitung hätten. Sie sei deshalb gar nicht in der Lage, die Leistungsmenge zu steuern oder Budgetgrenzen einzuhalten. Gleichwohl müsse sie, wie keine andere Arztgruppe, eine kostenintensive Geräteinfrastruktur vorhalten. Die Anknüpfung an die individuelle Fallzahl der Praxis im Vorjahresquartal halte sie im Übrigen nicht für geeignet, einer übermäßigen Tätigkeitsausweitung entgegenzuwirken, denn die Vorjahrestätigkeit müsse nicht zwangsläufig angemessen gewesen sein und die Veränderung zu dem zu beurteilenden Quartal müsse nicht auf einer Ausdehnung der Tätigkeit beruhen. Eine solche Regelung erreiche nicht den vom § 87b Abs. 2 S. 1 SGB V vorgegebenen Zweck und sei daher rechtswidrig. Ohnehin vermute sie, dass die Beklagte bei ihr fehlerhafte Fallzahlen zugrunde gelegt habe, weil in der Honorarabrechnung für das 1. Quartals 2008 insgesamt in 7.587 Fällen nuklearmedizinische und radiologische Konsiliarpauschalen berücksichtigt, bei der Berechnung des RLV aber nur 7.340 Arztfälle herangezogen worden seien. Ihre Praxis werde benachteiligt, wenn über die Anzahl der radiologischen Grundpauschalen nur die Behandlungsfälle, nicht aber die Arztfälle erfasst würden, so dass die Behandlung eines Patienten durch mehrere Ärzte der Berufsausübungsgemeinschaft unberücksichtigt bliebe. Schließlich habe die Beklagte bei ihr Praxisbesonderheiten anzuerkennen, indem sie den Fallwert entsprechend anzuheben habe. In dem Zusammenhang halte sie die für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten festgelegte Grenze von 30% Abweichung des individuellen Fallwertes von dem Fallwert der Facharztgruppe für rechtswidrig. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits eine Verpflichtung zum Einschreiten des Normgebers angenommen, wenn der Punktwert in wesentlichen Leistungsbereichen einer Arztgruppe um 15% zurückgegangen sei.

Die Klägerin hat wegen der Entscheidungen des BSG vom 15. August 2012 (B 6 KA 38/11 R) und vom 6. Februar 2013 (B 6 KA 2/12 R) in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nicht mehr an ihrem Vorbringen wegen der Frist zur Bekanntgabe des RLV sowie hinsichtlich der Zulässigkeit der Erhebung einer Widerspruchsgebühr festgehalten. Wegen des letztlich höheren Honorars gegenüber den Vorjahresquartalen hat sie auch nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung einer Ausgleichszahlung wegen überproportionalem Honorarverlustes verlangt und ihre Klage insoweit nicht mehr aufrechterhalten.

Die Klägerin beantragt,

die RLV-Zuweisungsbescheide vom 4. Dezember 2008 für das 1. Quartal 2009 und vom 27. Februar 2009 für das 2. Quartal 2009, beide in der Fassung des Bescheides der Beklagten vom 3. November 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2010, abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über eine Anhebung der Regelleistungsvolumina für das 1. und das 2. Quartal 2009 zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie sei an die Vorgaben des EBWA gebunden. Dieser lege den Orientierungspunktwert fest, von dem maßgeblich das Ausschöpfen des RLV abhänge. Genauso sei sie gebunden an seine Vorgaben hinsichtlich der Bestimmung des morbiditätsbezogenen Faktors und der Zuordnung der Radiologen zu den Arztgruppen, die einem RLV unterworfen sind. Radiologen könnten im Übrigen in Überweisungsfällen bei der Mitbehandlung sehr wohl über Indikation und Umfang der Leistungserbringung bestimmen, was auch das BSG bereits im Urteil vom 3. März 1999 (B 6 KA 56/97 R) berücksichtigt habe. Im Gegensatz dazu erbrächten die Laborärzte und Pathologen tatsächlich nur Auftragsleistungen. Ohnehin habe nicht sie, sondern der Bewertungsausschuss eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht, wenn sich Honorarverteilungsregelungen in der praktischen Anwendung als verfehlt herausstellten. Allerdings hätten sich die neuen Honorarregelungen zugunsten der Klägerin ausgewirkt, weil sie in den angefochtenen Quartalen einen Zuwachs des Bruttohonorars zu verzeichnen gehabt habe. Die Vorwegabzüge und Rückstellungen habe sie entsprechend der Vereinbarungen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen vorgenommen. Die angewendete Richtlinie der KBV zur Bestimmung des Trennungsfaktors bezüglich der haus- und fachärztlichen Vergütung weiche nicht von den Vorgaben des Bewertungsausschusses ab. Schließlich könne der Klägerin ein Anspruch auf Mitteilung der Daten zur Höhe der Gesamtvergütung, zu deren quartalsbezogenen Verteilung auf die Hausärzte und die jeweiligen Töpfe der Facharztgruppen und zum Umfang der Vorwegabzüge nur dann eingeräumt werden, wenn sie substantiierte Zweifel an der Berechnung vortrage.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag, haben sich aber im Verfahren zur Sache geäußert.

Der zu 1. beigeladene Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen vertritt die Auffassung, der EBWA habe seinen weiten Gestaltungsspielraum, der ihm bei neu zu regelnden Sachverhalten eingeräumt werde, nicht überschritten. Ihm sei sogar gestattet, bei der Ermittlung, Erprobung und Umsetzung vorhandene Spielräume auszunutzen. Vor diesem Hintergrund habe der EBWA das Morbiditätskriterium Geschlecht für die Ermittlung des Morbiditätsfaktors geprüft und herausgefunden, dass ein solcher Faktor das abgerechnete Volumen nicht signifikant beeinflusse, so dass das Kriterium sich nicht dafür eigne, bei der Bildung von RLV herangezogen zu werden. Das gefundene Ergebnis sei nicht zu beanstanden. Mit dieser Beurteilung habe sich der EBWA auch am EBM für die vertragsärztliche Vergütung orientiert, denn dieser differenziere in den Gebührenordnungspositionen für die arztgruppenspezifischen Versicherten- und Grundpauschalen zwar nach Altersklassen, nicht aber nach dem Geschlecht. Auch der Rückgriff auf die Vorjahreszahlen sei nicht rechtswidrig, sondern erforderlich gewesen, um an eine Berechnungsgrundlage anknüpfen zu können, die den bestehenden Zuschnitt der Arztpraxen abbilde. Der übermäßigen Ausdehnung werde entgegen gewirkt, indem der arztgruppenspezifische Fallwert für jeden Fall, der über eine Fallzahl von 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehe, gemindert werde. Eine Abstaffelung sei zwingend, weil die unveränderlich für den KV-Bezirk vereinbarte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht überschritten werden dürfe.

Die ebenfalls vom Gericht zur Stellungnahme aufgeforderte zu 2. beigeladene KBV vertritt die Ansicht, die Beklagte habe bei der Zuweisung der RLV keine Vorschriften verletzt. Die Ärzte der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft hätten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keinen Anspruch auf eine bestimmte Vergütung, sondern nur auf einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung. Ein Anspruch auf ein höheres Honorar könne nur in Betracht kommen, wenn die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte einerseits und damit das vertragsärztliche Versorgungssystem andererseits zumindest in Teilbereichen gefährdet seien. Die Klägerin habe hierzu nichts vorgetragen und es seien auch keine Anzeichen für eine solche Gefährdung ersichtlich. Der der Bildung der RLV zugrunde liegende Beschluss des EBWA vom 27./28. August 2008 stehe im Einklang mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser Grundsatz sei durch die Einbeziehung der Radiologen in die in Anlage 1 des Beschlusses aufgeführten, einem arztgruppenspezifischen RLV unterworfenen Arztgruppen nicht verletzt. Ein Verstoß komme nur in Betracht, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen werde und zwischen den betroffenen Ärzten bzw. Arztgruppen keine Unterscheidung von solcher Art und solchem Gewicht bestände, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Der Anteil der anhand von RLV an die Ärzte auszukehrenden Vergütung sei gemäß § 87b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB V (a. F.) begrenzt durch die mit den Krankenkassen vereinbarte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung und durch die Vorwegabzüge für den Fremdkassenausgleich sowie für Leistungen, die außerhalb der RLV vergütet werden. Der danach zur Bildung der RLV verbleibende Anteil der Gesamtvergütung limitiere zwingend auch die Höhe des Fallwertes und damit das dem einzelnen Arzt bzw. der Praxis zuzuweisende RLV. Dies schließe den Anspruch eines einzelnen Vertragsarztes auf eine bestimmte abweichende Höhe des RLV-Fallwertes aus. Die Vorgabe, besonders definierte, z. B. förderwürdige Leistungen, im Vorwegabzug zu vergüten, sei ausweislich der Regelung in § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V a. F. rechtmäßig. Einer nicht vorhersehbaren Mengenausweitung solcher "Freien Leistungen" sei der Bewertungsausschuss bereits mit dem "Konvergenzbeschluss zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina" vom 15. Januar 2009 entgegen getreten. Ergänzend hierzu sei der Beschluss vom 20. April 2009 gefasst worden, wonach Leistungen, die durch die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung honoriert, aber nicht von den RLV erfasst werden, ebenfalls einer Steuerung unterzogen werden können, um eine nachteilige Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte entgegenzuwirken. Die geänderten Regelungen seien letztlich ab 1. Juli 2010 in die Bildung und Festsetzung qualifikationsgebundener Zusatzvolumina eingemündet. Ferner sei auch die gerügten Vorschriften zur Trennung der Vergütungsbestandteile für die Hausärzte und die Fachärzte in ihrer Richtlinie vom 25. November 2008 nicht zu beanstanden. Sie - die Beigeladene - sei gemäß § 75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V zur Regelung befugt gewesen. Die Regelung, extrabudgetäre Leistungen erst nach der Aufteilung des RLV-Vergütungsvolumens auf die Versorgungsbereiche der Haus- und Fachärzte abzusetzen, sei nicht nur eine gesetzeskonforme Interpretation der Vorgabe des EBWA, sondern auch sachgerecht gewesen, da andernfalls die Höhe der RLV-Vergütung der jeweiligen Versorgungsbereiche durch Leistungen beeinflusst worden wäre, die dem RLV überhaupt nicht unterfielen. Ferner sei die Entscheidung des EBWA, den Faktor "Geschlecht" bei der Bildung des Morbiditätsfaktors nicht zu berücksichtigen, rechtmäßig, denn er bewege sich damit im Rahmen der ihm eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Sowohl die Datenanalyse und als auch eine Gesamtbetrachtung hätten ergeben, dass der Faktor "Geschlecht" nicht sinnvoll in die Bestimmung des Morbiditätsfaktors habe eingerechnet werden können, so dass der Bewertungsausschuss letztlich auf seine Verwendung verzichtet habe. Die Auswertung habe gezeigt, dass sich das Geschlecht nur gering auf die Pauschalvergütung auswirken werde und dass bestehende geschlechterspezifische Unterschiede in den einzelnen Altersstufen unterschiedlich ausgeprägt seien. Bezogen auf das Geschlecht seien auch arztgruppenspezifische Unterschiede festgestellt worden. Die Berücksichtigung des Faktors "Geschlechts" hätte eine erhebliche, vom Gesetzgeber nicht intendierte Verkomplizierung der Berechnung des Morbiditätsfaktors nach sich gezogen, die nicht durch die festgestellten geringen Unterschieden gerechtfertigt gewesen wäre. Den besonderen Versorgungsstrukturen und der Vermeidung von im Einzelfall Existenz bedrohenden Honorarverlusten habe der EBWA im Übrigen in seinem Beschluss vom 27./28.8.2008 ausreichend Rechnung getragen. Praxisbesonderheiten und überproportionale Honorarverluste könnten ausgeglichen sowie Fallzahlerhöhungen aus besonderen Gründen berücksichtigt werden. Auch die konkrete Vorschrift zur Annahme von Praxisbesonderheiten sei nicht zu beanstanden. Die Voraussetzung einer - durch eine fachliche Spezialisierung bedingte - Abweichung des individuellen Fallwertes um mindestens 30% von dem Fallwert der Fachgruppe verstoße nicht gegen die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 29. Juni 2011 (B 6 KA 17/10 R). Zwar habe das BSG in jenem Fall einen Anteil von Spezialleistungen von mindestens 20% der vertragsärztlich von der Arztgruppe erbrachten Leistungen als überdurchschnittlich angesehen, damit aber zugleich keine Grenze festgelegt, ab der Praxisbesonderheiten anerkannt werden müssten. Diese Rechtsprechung habe jedenfalls den EBWA nicht verpflichtet, die Annahme von Praxisbesonderheiten ab einer Abweichung von 20% vorzugeben. Vielmehr habe nach der neuen Systematik nicht jeder als Praxisbesonderheit aufgefasster Umstand zu einer Erhöhung des RLV führen sollen, sondern es sollten lediglich die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die sich tatsächlich erheblich auf den Fallwert auswirken. Angesichts der neu zu regelnden Strukturen habe der Bewertungsausschuss auch hier über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt. Die Entwicklung belege, dass der Bewertungsausschuss seiner Verpflichtung, das Vergütungsgeschehen zu beobachten und auf systemwidrige Umstände zu reagieren, nachgekommen sei.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte mitgeteilt, sie habe der Klägerin im 1. Quartal 2008 ein Honorar in Höhe von 647.882,34 Euro und im 2. Quartal 2008 in Höhe von 628.325,58 Euro gezahlt.

Die Beklagte hat außerdem Daten über die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung der Quartale 1/2009 und 2/2009 übersandt (Höhe des Betrages, Höhe der Vorwegabzüge und Rückstellungen, Anteile der Versorgungsbereiche, Vorwegabzüge der Versorgungsbereiche, Höhe der Fachgruppentöpfe, hier z. B. FÄ für Radiologie - konventionell, CT, MRT - 1/2009: 4.664.028,00 Euro; 2/2009: 4.399.338,00 Euro).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer entscheidet gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der für die Angelegenheiten der Vertragsärzte vorgesehenen Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte.

Gegenstand des Verfahrens ist die isolierte Zuweisung der RLV für die Quartale 1/2009 und 2/2009 sowie der Antrag auf Anhebung des Fallwerts und damit der RLV. Diesen Streitgegenstand hatte die Beklagte in den Zuweisungsbescheiden vom 4. Dezember 2008 und 27. Februar 2009 sowie dem Bescheid vom 3. November 2009 geregelt. Über die Widersprüche der Klägerin gegen diese Regelungen hat die Beklagte insgesamt mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 entschieden. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist die Ablehnung des Antrags auf Ausgleichszahlung für die genannten Quartale, weil die Klägerin ihren Klageantrag mangels feststellbaren Honorarverlustes insoweit zurückgenommen hat (§ 102 Abs. 1 SGG).

Die auf den verbliebenen Streitgegenstand gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist nicht deswegen unzulässig, weil die Klägerin zwar isoliert die Zuweisung der RLV für die beiden ersten Quartale des Jahres 2009, nicht aber die nachfolgenden Honorarbescheide mit dem Widerspruch angegriffen hat, so dass sie bestandskräftig geworden sind (§ 77 SGG). Nach dem Urteil des BSG vom 15. August 2012 (B 6 KA 38/11 R, www.bsg.bund.de) können Vertragsärzte bis zum Zeitpunkt dieser (klarstellenden) Entscheidung noch verfahrensrechtlichen Schutz ihres möglichen Vertrauens darauf genießen, dass eine Anfechtung der Zuweisung des RLV genügte und die zusätzliche Anfechtung des entsprechenden Honorarbescheides entbehrlich war. Zwar sollte sich in der die Vertragsärzte beratenden Fachanwaltschaft spätestens nach Veröffentlichung des Urteils des BSG vom 3. Februar 2010 (B 6 KA 31/08 R, insbes. Rn. 12 und 14, www.bsg.bund.de) die Ansicht verfestigt haben, dass es zur Wahrung des Rechtsschutzes nicht mehr ausreicht, nur den RLV-Zuweisungsbescheid und nicht auch den folgenden Honorarbescheid für das betroffene Quartal anzufechten. Denn das BSG hatte bereits in dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Klage gegen den Zuweisungsbescheid nur besteht, solange der Quartalshonorarbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist. Die hier angefochtenen Quartale lagen allerdings zeitlich vor der genannten Rechtsprechung, so dass die Kammer von einem geschützten Vertrauen der Klägerin ausgeht.

Die zwar auch im Übrigen zulässige Klage hat jedoch letztlich keinen Erfolg, denn sie ist nicht begründet.

Die Entscheidungen der Beklagten über die Festsetzung der RLV für die Quartale 1/2009 und 2/2009 sowie die Ablehnung der Anträge der Klägerin auf Anhebung der RLV waren rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie halten im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen Gründe im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung stand. Die Festlegung der RLV war nicht rechtswidrig, denn sowohl die konkrete Festsetzung der Werte durch die Beklagte als auch zugrunde liegende Umsetzung des gesetzlichen Auftrages durch den (Erweiterten) Bewertungsausschuss einerseits und die an diese Vorgaben anknüpfende Umsetzungsvereinbarung der Beklagten mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen andererseits sind im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Zuweisung der RLV für die angefochtenen Quartale findet ihre Rechtsgrundlage in § 87b Abs. 2 Satz 1 ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V, in der Fassung des Gesetzes vom 26.3.2007, BGBl. I S. 378). Danach sind arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, um eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis zu verhindern. Mit dem RLV wird die in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge vertragsärztlicher Leistungen eines Arztes oder einer Arztpraxis festgelegt, welche mit den für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist, die auf der Basis der Orientierungswerte regional in der Euro-Gebührenordnung vereinbart worden sind. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist mit abgestaffelten Preisen zu vergüten. Das Gesetz geht demnach davon aus, dass mit dieser Zielsetzung grundsätzlich jeder Vertragsarzt einem RLV unterworfen ist, es lässt aber Ausnahmen zu. Außerhalb des RLV sind antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen zu vergüten (Satz 6 der Vorschrift). Nach Satz 7 der Vorschrift können weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb des RLV vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Der Bewertungsausschuss hat Vorgaben für die Umsetzung dieser Ausnahmen zu beschließen (§ 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V). Diese Vorgaben haben die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten bei der gemeinsamen Feststellung der Berechnungsformel heranzuziehen, welche bei der konkreten Zuweisung des RLV an den Arzt oder die Arztpraxis anzuwenden ist (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V).

Der von der Beklagten für die Bestimmung der RLV ermittelte Anteil an der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung war im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin nicht fehlerhaft. Für die Bestimmung der RLV ist die Summe der für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen zugrunde zu legen (§ 87b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Diese sind um die zu erwartenden Zahlungen zu bereinigen, die im Fremdkassenzahlungsausgleich (§ 87b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 iVm § 75 Abs. 7 und 7a SGB V) und für die ausnahmsweise außerhalb der RLV zu vergütenden Leistungsmengen sowie für das Honorar für die abgestaffelt zu vergütenden Leistungen (§ 87b Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB V) verwendet werden müssen. Außerdem können nach Vorgaben des Bewertungsausschusses Teile der genannten Vergütung abgesetzt und für Rückstellungen zur Berücksichtigung einer Zunahme von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, für Sicherstellungsaufgaben und zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten verwendet werden (§ 87b Abs. 3 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Der verbleibende Rest der Gesamtvergütung ist auf die Arztgruppen aufzuteilen. Wie diese zu differenzieren sind und ob eine Arztgruppe gemäß § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V von der Zuweisung eines RLV freizustellen ist, hat der Bewertungsausschuss vorzugeben (§ 87b Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB V).

Die Umsetzung dieses gesetzlichen Auftrags durch den EBWA ist nach Ansicht der Kammer rechtlich nicht zu beanstanden. Der EBWA hat im Teil F seines Beschlusses vom 27./28. August 2008 nebst den dazugehörigen Anlagen 1 und 2, welcher durch Teil B des Beschlusses vom 17. Oktober 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 abgeändert und ergänzt wurde, Vorgaben zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV geregelt. Die insoweit dagegen von der Klägerin erhobenen Rügen greifen nicht durch.

Der EBWA hat zur Bestimmung der RLV für die Versorgungsbereiche der Hausärzte und der Fachärzte angeordnet, dass die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung um die erwarteten Beträge zu bereinigen ist, die - wie gesetzlich vorgesehen - für die außerhalb der RLV aufzubringenden Posten zu verwenden sind. Die dabei vom EBWA gewählte und von der Klägerin gerügte Systematik lag noch in seinem Gestaltungsspielraum. Denn es ist nicht zu beanstanden, dass die vorhersehbare morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zunächst unter Berücksichtigung der zu erwartenden Zahlungen im Fremdkassenzahlungsausgleich um die zu erwartende Vergütung für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts 35.2 des EBM zu bereinigen war (Teil F Nrn. 2.2 und 3.1 iVm mit Teil G des Beschlusses vom 27./28. August 2008 in der Fassung der Nrn. 2, 3 und 18 Teil B des Beschlusses vom 17. Oktober 2008), anschließend die verbliebene Gesamtvergütung nach der in Anlage 2 Nr. 1 des Teils F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 auf die Versorgungsbereiche der Hausärzte und der Fachärzte aufzuteilen war und erst danach die weiteren Abzüge getrennt nach Versorgungsbereichen vorgegeben wurden (Nr. 2.2 des Teils F des Beschlusses des EBWA vom 27./28. August 2008 in Verbindung mit Nr. 2 der Anlage 2 des Beschlusses in der Fassung der Nrn. 6 bis 17 Teil B des Beschlusses vom 17. Oktober 2008), um letztlich die jeweiligen versorgungsbereichsbezogenen Vergütungsanteile der Arztgruppen zu bestimmen, für die ein RLV festzusetzen war (Nr. 3 der Anlage 2 zum Beschluss des EBWA vom 27./28. August 2008). Die Logik dieser auf die versorgungsbereichsspezifischen Bereinigung abzielenden Reihenfolge lässt sich nach Auffassung der Kammer beispielsweise daran nachvollziehen, dass die zu erwartenden Honorarzahlungen an Facharztgruppen, die nicht in Nr. 4 der Anlage 1 des Beschlusses vom 27./28. August 2008 aufgeführt sind und daher nicht einem RLV unterlagen (z. B. Fachärzte für Labormedizin), als Vorwegabzüge nur von dem Vergütungsvolumen des fachärztlichen und nicht des hausärztlichen Versorgungsbereiches abzusetzen waren. Das Gesetz verbietet die vom EBWA gewählte Reihenfolge nicht; vielmehr hat der EBWA den Besonderheiten, die die in §§ 73 Abs. 1 und 1a, 87 Abs. 2a SGB V gesetzlich vorgeschriebene Trennung in die Versorgungsbereiche mit sich bringt, Rechnung getragen. An der gewählten Systematik lehnen sich auch die Empfehlungen an, die die beigeladene KBV in ihrer Richtlinie vom 25. November 2008 herausgegeben hatte. Die Klägerin hat allein die - von der Kammer für rechtmäßig gehaltene - Abfolge der Vorwegabzüge mit ihrer Auswirkung auf die Höhe der jeweiligen Vergütungsvolumina der Versorgungsbereiche beanstandet. Ihre Vermutung, die Richtlinie verstoße gegen die Beschlüsse des EBWA, hat sie im Übrigen nicht weiter konkret untersetzt. Die Kammer hat daher keine Veranlassung gehabt, den nicht näher belegten Zweifeln an der Berechtigung der Vorwegabzüge im Einzelnen nachzugehen.

Ohne Beanstandung bleibt auch die Formel in Nr. 1 der Anlage 2 zum Beschluss des EBWA vom 27./28. August 2008, mit der die Anteile der Versorgungsbereiche an dem Vergütungsvolumen zu errechnen sind. Die Anteile ergeben sich aus der Multiplikation des nach Nr. 3.1 angepassten RLV-Vergütungsvolumens mit dem Faktor, der sich aus der Division des ungeteilten Vergütungsvolumens des Jahres 2007 (dieses bereinigt um die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapie nach Abschnitt 35.2 des EBM und multipliziert mit dem Faktor für die EBM2008-Anpassungen aller Arztgruppen) durch das entsprechend angepasste und bereinigte Vergütungsvolumen desselben Jahres für den jeweiligen Versorgungsbereich der Hausärzte bzw. der Fachärzte errechnet. Der EBWA hat mit der Bestimmung dieses Trennungsfaktors seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht verletzt. Vielmehr drängt sich die dargestellte Berechnung auf, um die Anteile der jeweiligen Versorgungsbereiche einschätzen zu können. Es ist nicht fehlerhaft, dass der EBWA das angepasste und bereinigte Vergütungsvolumen des Jahres 2007 herangezogen hat. Auch das Gesetz sieht vor, bei der Bestimmung der RLV die Zahl und den Tätigkeitsumfang der Ärzte der jeweiligen Arztgruppen zu berücksichtigen. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass bei der Bestimmung der RLV an die Größe angeknüpft werden soll, mit der die Arztgruppen unter Berücksichtigung der Anzahl der zugehörigen Ärzte einerseits und des Umfangs der von ihnen (bislang) erbrachten Leistungsmenge andererseits bisher an der Gesamtvergütung partizipiert haben (§ 87b Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 und Satz 7 SGB V). Eine solche Vorgabe lässt sich - wie vom EBWA vorgesehen - achgerecht auf der Basis von Bestandsdaten, etwa der des Vorjahresquartals, umsetzen. Damit hat der EBWA zulässigerweise ohne Rechtsverletzung den Spielraum ausgenutzt, der ihm bei der Gestaltung abstrakter Vergütungsregeln vom ermächtigenden Gesetz eingeräumt wird (vgl. BSG, Urteil vom 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R, www.bsg.bund.de). Der von der Klägerin gerügte Rückgriff auf Daten der Vorjahre bei der Bestimmung der RLV ist deshalb weder bei den abstrakten Regeln noch später bei der konkreten Umsetzung zu beanstanden (Anknüpfung an ein Basisjahr vgl. z. B. BSG, Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 56/97 R und Beschluss vom 17.9.2008 - B 6 KA 62/07 B, www.juris.de).

An den insoweit bestimmten Anteil an der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung knüpft die Ermittlung der arzt- bzw. praxisbezogenen RLV an. Nach Nrn. 1.2.2 ff., 2.1 und 3.2 des Teils F des Beschlusses vom 27./28.8.2008 in Verbindung mit der Anlage 2 zum Beschluss wird ein RLV festgesetzt, wenn der Arzt einer in Anlage 1 des Beschlusses aufgeführten Arztgruppe angehört. Die Höhe des individuellen RLV ergibt sich aus der Multiplikation der Fallzahl jedes einzelnen Arztes im Vorjahresquartal und mit einem altersbezogenen Morbiditätsfaktor sowie mit einem KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwert, der bei Überschreiten der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe um 150% ab dem überschreitenden Anteil abgestaffelt gemindert wird. Für das 1. und das 2. Quartal 2009 werden die Arztfälle des 1. bzw. des 2. Quartals 2008 verwendet (Nr. 7 Anlage 2 zum o. g. Beschluss des EBWA). Die so ermittelten RLV der Ärzte einer Berufsausübungsgemeinschaft werden addiert und die Summe der Praxis als RLV zugeordnet.

Für die Bestimmung der RLV hat die Beklagte, abgeleitet aus dem jeweiligen Versorgungsauftrag der Ärzte der Klägerin, zutreffend die Gruppen der Fachärzte für Radiologie mit konventionellem Behandlungsangebot, CT und MRT sowie Nuklearmedizin herangezogen. Dabei hatte sie die – im Wege eines bestandskräftigen Schiedsspruchs – geschlossene "Vereinbarung zur regionalen Umsetzung der Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses" anzuwenden. In deren § 2 Abs. 1 hatten die Partner der Gesamtverträge geregelt, dass die Arztgruppen einem RLV unterliegen, die in Anlage 1 Nr. 4 des Teils F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 vom EBWA genannt worden sind. Hierzu gehörten auch die Fachärzte für Nuklearmedizin und die Fachärzte für Diagnostische Radiologie, diese aufgeteilt in vier Gruppen (1. ohne Vorhaltung von CT und MRT; 2. mit Vorhaltung von CT; 3. mit Vorhaltung von MRT und 4. mit Vorhaltung von CT und MRT), wobei jede Differenzierung jeweils eine eigene Arztgruppe bildete. Von der in Nr. 2 der Anlage 1 zum Beschlussteil F eröffneten Möglichkeit einer weiteren, abweichenden Differenzierung oder Zusammenfassung von relevanten Arztgruppen hatten die Gesamtvertragspartner keinen Gebrauch gemacht. Diese Anknüpfung an die Vorgaben des EBWA ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, von der Einbeziehung in die RLV-relevanten Arztgruppen ausgenommen zu werden. Der Beschluss des EBWA knüpft mit Nr. 2.1 und den eben genannten Vorschriften rechtsfehlerfrei an die gesetzliche Bestimmung in § 87b Abs. 2 Satz 1 ff. SGB V an, wonach grundsätzlich alle Vertragsärzte einem arzt- und praxisbezogenem RLV unterworfen sind und Ausnahmen hiervon nur bestimmte Leistungen betreffen. Bei den weiteren Vorgaben, die der EBWA hierfür gemäß § 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V zu beschließen hat, ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt. Die Gestaltungsfreiheit findet allerdings ihre Grenzen, die das Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs 1 GG ziehen. Danach darf der Normgeber ohne hinreichende Rechtfertigung wesentlich gleiche Sachverhalte nicht ungleich und wesentlich ungleiche Sachverhalte nicht gleich gestalten (BSG, Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 35/06 R, Rn 15 m. w. A. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Das BSG hat die Gestaltungsfreiheit des BWA, soweit er sich im Rahmen der ihm zugewiesenen Regelungsermächtigung bewegt (s. dazu BSG, Urteil vom 27.6.2012 - B6 KA 28/11 R, Rn 28, www.bsg.bund.de), weit gefasst, denn er darf "auswählen und gewichten, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht; er darf auch pauschalieren, typisieren, generalisieren und schematisieren. Nur wenn für die gleiche oder ungleiche Behandlung ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt, ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt" (BSG, Urteil vom 29.8.2007, a. a. O.).

Der EBWA durfte bestimmte Arztgruppen von der Bindung an ein RLV ausnehmen. Dies hat das BSG bereits mit seinem Urteil vom 3. Februar 2010 (B 6 KA 31/08 R, www.bsg.bund.de) für die die Honorarverteilung vor dem 1. Januar 2009 betreffende Regelung aus § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V entschieden. Es hat hierzu ausgeführt, dass "sich der Bestimmung nicht entnehmen lässt, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten" (a. a. O. Rn 26, vgl. auch Rn 30). Der Gesetzgeber hat in der Neuregelung der Vergütungsvorschriften in § 87b SGB V ab 1. Januar 2009 an der Verwendung von RLV festgehalten. Dass er den BWA bei deren Gestaltung einengen wollte, ist nicht ersichtlich. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass sich insoweit inhaltlich an der systemimmanenten Gestaltungsfreiheit des (E)BWA nichts Grundlegendes geändert hat.

Der EBWA und diesem folgend die Gesamtvertragspartner in Sachsen-Anhalt haben die Grenzen ihrer Gestaltungsfreiheit auch konkret bezogen auf die Arztgruppen der klagenden Praxis nicht verletzt. Weder die Fachärzte für Diagnostische Radiologen noch die Fachärzte für Nuklearmedizin weisen Besonderheiten auf, die den EBWA dazu hätten bewegen müssen, diese Arztgruppen von der Unterwerfung unter ein RLV auszunehmen. Grundsätzlich soll aus Gründen der Kalkulationssicherheit allen Ärzten ein RLV als garantierter Anteil an der vereinbarten vertragsärztlichen Gesamtvergütung zugewiesen werden. Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, sie erbringe ihre Leistungen regelmäßig auf Überweisung und könne daher die Menge nicht beeinflussen, ist keine Besonderheit, die das überragende Interesse an der proportionalen Verteilung der Vergütung aufwiegen könnte, zumal ein Vertragsarzt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG keinen Anspruch auf Vergütung jeder erbrachten Leistung oder auf ein Honorar in bestimmter Höhe hat, sondern lediglich einen Anspruch auf einen nach den Vorgaben der Honorarverteilungsgremien näher bestimmbaren Anteil an der Gesamtvergütung hat (Beschluss vom 11.3.2009 - B 6 KA 31/08 B, www.juris.de). Das BSG hat daher auch Honorarkontingente für eine Arztgruppe, die auf das Überweisungsverhalten anderer Vertragsärzte angewiesen sind, grundsätzlich für zulässig gehalten (BSG, Urteile vom 3.3.1999 - B 6 KA 56/97 R (bzgl. Radiologen); vom 28.1.1998 - B 6 KA 96/96 R und vom 11.10.2006 - B 6 KA 46/05 R, insbes. Rn 50 f., www.juris.de). Der EBWA war deshalb nicht verpflichtet, die Radiologen und Nuklearmediziner wie die Labormediziner und Pathologen von einem RLV frei zu stellen (vgl. Sozialgericht Marburg, Urteil vom 6.10.2010 - S 11 KA340/09 Rn 154, www.juris.de). Der EBWA hatte einen weiten Gestaltungsspielraum, jene Facharztgruppen auszunehmen, etwa weil diese in der Regel Auftragsleistungen erbringen (vgl. auch Nr. 14 der Legende zu Kapitel 32 EBM). Auch waren der EBWA und die Gesamtvertragspartner nicht verpflichtet, die Arztgruppe der Radiologen noch weiter zu differenzieren, etwa wegen des Angebots eines offenen MRT.

Die Beklagte hat bei der individuellen Bestimmung des RLV der Klägerin auch den Morbiditätsfaktor nicht - wie dies die Klägerin vorträgt - dadurch fehlerhaft festgelegt, dass sie das Geschlecht der Versicherten unberücksichtigt gelassen hat (vgl. Sozialgerichte Marburg, Urteil vom 6.10.2010, a. a. O. Rn 165; Berlin, Urteil vom 19.9.2012 - S 83 KA 399/11; Düsseldorf, Urteil vom 25.7.2012 - S 33 KA 115/09 alle www.juris.de). Sie hat damit die Vorgaben des EBWA zugrunde gelegt, die im Ergebnis nicht rechtswidrig waren. Gemäß § 87b Abs. 3 Sätze 1 und 6 SGB V sind die Werte für die RLV morbiditätsgewichtet mit Hilfe des Alters und des Geschlechts (der Versicherten) zu bestimmen. Der EBWA hat in Nr. 3.2.2 Satz 1 des Teils F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 hierzu ausgeführt, "dass das Kriterium Geschlecht sich zur Abbildung der Morbidität nicht eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht beeinflusst wird". Diese Vorgabe des Beschlusses würde gegen die eben zitierte gesetzliche Vorschrift verstoßen und wäre rechtswidrig, wenn der EBWA das Kriterium Geschlecht ignoriert hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat er eine Beurteilung vorgenommen, die letztlich die Bewertung des geschlechtsspezifischen Faktors mit 1,0 zum Ergebnis hatte. Seinen Angaben nach hat er die Parameter geprüft und ist zu der - nach Auffassung der Kammer - zulässigen Erkenntnis gelangt, dass die vertragsärztliche Leistungserbringung im Rahmen der ambulanten Behandlung von Frauen und Männern keine derart gewichtigen Unterschiede bewirkt, die es, auch unter Berücksichtigung der Praktikabilität von Honorarverteilungsregeln, in der Gesamtbetrachtung rechtfertigen, bei der Verteilung der Vergütung eine differenzierende wertende Bestimmung bezüglich der Behandlung von Frauen und Männern vorzunehmen. Die Kammer kann das Ergebnis nachvollziehen, da der weit überwiegende Teil der RLV-relevanten Leistungen des EBM sowohl bei Männern als auch bei Frauen erbracht werden kann. Geschlechtsspezifische Schwerpunkte, die eine Leistungserbringung vorwiegend bei Männern (z. B. Urologen) oder bei Frauen (Gynäkologen) erwarten lassen, finden nach Auffassung der Kammer bei der Differenzierung der Arztgruppen hinreichend Berücksichtigung. Damit hat der EBWA in den Grenzen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraumes eine abgewogene Entscheidung getroffen, gegen die die Kammer, auch im Lichte verfassungsrechtlicher Überlegungen, keine Bedenken hat. Die honorarwirksame Berücksichtigung des Geschlechts würde bedeuten, anhand der Behandlung zu gewichten, ob bei Männern oder bei Frauen mehr oder weniger Leistungen erbracht werden, um danach einen Faktor zu bestimmen, der sich ausweitend oder einengend auf das RLV des einzelnen Arztes oder der Praxis auswirkt. Ein auf dieser Ebene eingefügter Faktor ist geeignet, verfehlte Anreize zu schaffen, wenn die Behandlung des Geschlechts mit dem höheren Faktor ein höheres RLV und damit ein höheres Honorar bedingt. Eine derart auf- oder abwertende Anknüpfung an das Geschlecht birgt die Gefahr einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung der männlichen oder der weiblichen Patienten, welche mit Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GG nicht vereinbar wäre. Das BVerfG hat zwar den Morbiditätsfaktor "Geschlecht" in seinem Urteil zum Risikostrukturausgleich (Urteil vom 18.7.2005 - 2 BvF 2/01, www.juris.de) unbeanstandet gelassen, in diesem Zusammenhang und auf dieser übergeordneten Ebene liegt allerdings die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter fern. Wird die Geschlechterbezogenheit als Parameter der arztbezogenen Vergütung jedoch auf die kleinste Einheit, nämlich die Arztpraxis, heruntergebrochen, erhält die Benachteiligung der Geschlechter ein "Gesicht". Es erwächst die Gefahr, dass Ärzte der Behandlung des (in Bezug auf das Honorar) aufgewerteten Geschlechts den Vorzug geben. Dieser drohenden Benachteiligung hat der Staat entgegen zu wirken; er darf sie jedenfalls nicht durch seine Regelungen fördern. Einer Vorlage der Vorschrift nach Art. 100 GG bedurfte es aber nicht, weil die konkrete Anwendung durch die Beklagte keine Grundlage für eine Benachteiligung eines Geschlechtes bietet und die Klägerin keine konkreten Belege dafür aufgezeigt hat, dass sie durch den geschlechtsneutralen Altersfaktor rechtlich und finanziell bei der Bestimmung der Höhe des Honorars beschwert worden ist.

Der von der Klägerin vorgetragene Zweifel, der bei dem RLV für Dr ... im 1. Quartal 2009 herangezogene Altersfaktor von 0,98 sei falsch, weil er dem Eindruck der Ärzte, sie behandelten vorwiegend ältere Patienten, nicht entspreche, kann ohne belastbare Belege eine Rechtswidrigkeit der Festlegung nicht begründen. Die Beklagte hat unter Anwendung der von der Klägerin nicht angegriffenen Rechenformel des EBWA in Nr. 6 der Anlage 2 zum Teil F des Beschlusses vom 27./28.8.2008 den arztspezifischen Altersfaktor bestimmt, indem sie die Anzahl der Arztfälle des Bezugszeitraums nach dem Alter der Patienten aufgeschlüsselt herangezogen hat. Dabei hat sie die Daten verwendet, die die Klägerin für die Honorarabrechnung angegeben hat. Diese Anknüpfung ist nicht zu beanstanden; die Klägerin hat nicht vorgetragen, welche Fehler die Beklagte dabei gemacht hat.

Für die Festlegung der RLV hat die Beklagte die Ärzte der Klägerin entsprechend ihrem Versorgungsauftrag und dem Behandlungsangebot in die zutreffenden Gruppen der Fachärzte für Radiologie mit konventionellem Behandlungsangebot, CT und MRT sowie Nuklearmedizin eingeordnet und danach die entsprechenden Daten (Fallwerte) herangezogen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, in ihren Bescheiden sämtliche Berechnungsgrößen, die mittelbar und/oder unmittelbar Einfluss auf das festgelegte RLV hatten, im Einzelnen darzustellen. Ungeachtet dessen, dass die Begründungsdichte eines Honorarbescheides besonderen Regeln unterliegt und Begründungsdefizite eine Aufhebung der Bescheide aus formellen Gründen nicht rechtfertigen (§ 42 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X, vgl. BSG, Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 84/03 R, Rn 29 ff, 33.; a. A. Sozialgericht Berlin, Urteil vom 20.4.2011 - S 71 KA 632/09, s. a. § 87c SGB V i. d. Fassung ab 1.1.2012), hat die Beklagte die von der Klägerin geforderten Daten im Klageverfahren mitgeteilt. Dies hat allerdings nicht dazu geführt, dass die Klägerin hieran anknüpfend eine rechtswidrige Rechenoperation aufgezeigt hätte. Die Kammer hat sich deshalb nicht veranlasst gesehen, den nicht näher substantiierten Zweifeln der Klägerin nachzugehen.

Die im Bescheid vom 3. November 2009 getroffene Entscheidung der Beklagten, den Antrag der Klägerin auf Anhebung der Fallwerte wegen Praxisbesonderheiten abzulehnen, ist rechtmäßig. Die Klägerin hat hierauf keinen Anspruch; auch ein Ermessen hierüber war der Beklagten nicht eröffnet. Gemäß Nr. 3.6 des Teils F des Beschlusses des EBWA vom 27./28.8.2008 in Verbindung mit § 5 der Vereinbarung der Beklagten mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen zur regionalen Umsetzung kann der arztgruppenspezifische Fallwert des Arztes erhöht werden, wenn sich eine Praxisbesonderheit aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergibt, zusätzlich hieraus eine Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% verursacht wird und bei dem Arzt bis dahin keine Unwirtschaftlichkeit festgestellt wurde. Die Einschätzung der Beklagten, dass bei der Klägerin bereits tatbestandlich keine Praxisbesonderheit vorliegt, weil sie weder einen besonderen Versorgungsauftrag noch eine für die Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung aufzuweisen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ihr war daher kein Ermessen auf der Rechtsfolgenseite eröffnet, welches sie pflichtgemäß hätte ausüben müssen. Darum kann die Kammer auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage offen lassen, ob die Vorgabe des zusätzlich einschränkenden Merkmals, nämlich die Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe um mindestens 30%, der Höhe nach rechtswidrig war. Mangels des Vorliegens von Praxisbesonderheiten kommt es hierauf nicht mehr an.

In Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Begriff des "besonderen Versorgungsbedarfes" und der Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit (BSG, Urteile vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R und B 6 KA 20/10 R, www.bsg.bund.de) kann eine Praxisbesonderheit im Sinne der oben genannten Vorschriften nur angenommen werden, wenn der Arzt nicht nur ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen, sondern einen besonders hohen Anteil an solchen Leistungen erbringt, die typischerweise in einem speziellen - arztgruppenübergreifenden - Bereich erbracht werden, welcher auch gesondert im EBM ausgewiesen ist, und für die er eine besondere (Zusatz-)Qualifikation sowie eine besondere Praxisausstattung benötigt. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung anerkannte Praxisbesonderheiten sind bei der Honorarverteilung nicht zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 22.6.2005 - B 6 KA 80/03 R, www.juris.de). Die von der Beklagten vorzunehmende Beurteilung einer Praxisbesonderheit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (BSG, B 6 KA 17/10 R, a. a. O.).

Die Klägerin weist keine Praxisbesonderheiten auf, denn sie erbringt die typischen Leistungen ihrer ausdifferenzierten Facharztgruppe. Das allein von ihr vorgetragene Argument, sie biete im Gegensatz zu den anderen Ärzten ihrer Facharztgruppe eine relevante Besonderheit an, weil sie besondere Patientengruppen mittels offenem MRT behandeln könne, ist nach Auffassung der Kammer keine fachliche Spezialisierung, sondern eine apparative Modernisierung. Weder benötigen die Ärzte der Klägerin eine besonders vereinbarte Qualifikation zur Abrechnung einer mittels offenem MRT durchgeführten Behandlung noch ist die Diagnostik im EBM gesondert ausgewiesen. Das offene MRT ist eine Behandlungsvariante, die für die Patienten, insbesondere diejenigen mit klaustrophobischen Einschränkungen, schonender und komfortabler ist. Die Kammer ist der Ansicht, dass mit dem erzielten apparativen Fortschritt nicht zugleich eine fachärztliche Spezialisierung einhergegangen ist (ähnlich Sozialgericht Marburg, Urteil vom 29.3.2012 - S 11 KA 405/10, zu einer zeitintensiven Myocardszintigraphie als Schwerpunkt der Praxistätigkeit).

Die Beklagte hat ferner zu Recht keinen Zuschlag für das Bestehen der Berufsausübungsgemeinschaft berücksichtigt. Ein Zuschlag für Berufsausübungsgemeinschaften war vom EBWA zunächst nicht vorgegeben worden. Vielmehr beabsichtigte er, die Honorarentwicklung bei den Berufsausübungsgemeinschaften zu beobachten (s. Nr. 1.2.4 letzter Satz des Teils F des Beschlusses vom 27./28.8.2008). Damit hatte er die gesetzliche Anordnung in § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V, die Werte für die RLV u. a. unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen, nicht vollständig umgesetzt. Hierdurch ist die Klägerin in den angefochtenen Quartalen nicht beschwert gewesen, da den Berechnungen ohnehin die Arztfallzahlen zugrunde gelegen haben. Es war dem EBWA zuzugestehen, zunächst die Auswirkungen der Honorarreform ab 1. Januar 2009 in einem überschaubaren Zeitraum zu beobachten, um feststellen zu können, welche Besonderheiten von kooperativen Versorgungsformen in welcher Weise zu berücksichtigen sind. Nachteile hatte die Klägerin dadurch angesichts des gezahlten höheren Honorars offenkundig nicht. Die spätestens ab dem 3. Quartal 2009 eingeführte gestaffelte Privilegierung für fach- und schwerpunktgleiche (10% Anhebung des RLV) und fach- und schwerpunktübergreifende (5%) Berufsausübungsgemeinschaften (Teil A des Beschlusses des BWA vom 20.4.2009) belegt, dass der BWA seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht bei Honorarregelungen, die sich in einer Einführungs- und Erprobungsphase befinden, nachgekommen ist (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 11.3.2009 - B 6 KA 31/08 B, www.juris.de). Die Änderung ist aber für den vorliegenden Rechtstreit nicht relevant.

Im Übrigen war die Festsetzung der RLV weder im Hinblick auf das Vorliegen eines Härtefalls noch - wie die Klägerin zu Recht durch Rücknahme der Klage gegen die Ablehnung einer Ausgleichszahlung erkannt hat - bezüglich Honorarverluste zu überprüfen. Die Klägerin hat in den angegriffenen Quartalen ein deutlich höheres Honorar eingenommen als in den Vorjahresquartalen. Diese Entwicklung lässt nicht darauf schließen, dass die Klägerin durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit oder gar in der Existenz gefährdet wäre. Bei der Härtefallprüfung wäre ohnehin zusätzlich das ärztliche Gesamteinkommen einschließlich des Honorars für Privatversicherte zu prüfen. Noch gibt es aber genügend Anreize für die Ausübung des Berufs in den hier betroffenen Facharztgruppen, so dass die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht gefährdet ist (vgl. auch BSG, Urteile vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R und vom 29.6.2011 - B 6 KA 20/10 R, www.bsg.bund.de).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG in Verbindung mit der entsprechenden Anwendung der § 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin ist in den Rechtsstreiten unterlegen, so dass sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten der Verfahren zu tragen hat. Die Erstattung von Kosten der Beigeladenen war der Klägerin nicht aufzuerlegen, da die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO, vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Aufl., § 197a Rn 28 ff. m. w. N.).

Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Sprungrevision zugelassen (§§ 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Rechtsfrage, wie weit der Gestaltungsspielraum des EBWA bei der Bestimmung des Morbiditätsfaktors reicht, wenn die gesetzliche Vorgabe von der Berücksichtigung sowohl des Alters als auch des Geschlechts ausgeht, bedarf nach Auffassung der Kammer einer grundsätzlichen Klärung.
Rechtskraft
Aus
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