L 10 AL 69/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 285/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 69/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Kein Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld, da früherer Anspruch erschöpft und kein neuer Anspruch erworben worden ist.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.02.2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.09.2009.

Der Kläger war ab dem 01.12.2006 bei der Firma A. GmbH (A) bis zu seiner Kündigung durch die Arbeitgeberin zum 31.07.2008 beschäftigt. Im Rahmen eines Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht B-Stadt (Az. 4 Sa 484/09) einigten sich der Kläger und A darauf, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 30.07.2008 mit dem 31.08.2008 sein Ende gefunden habe.

Aufgrund seiner Arbeitslosmeldung und dem Antrag auf Alg am 04.08.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Alg für die Zeit vom 04.08.2008 bis 30.11.2008 und anschließend antragsgemäß mit Bescheid vom 21.01.2009 einen Gründungszuschusses in Höhe des bisherigen Alg zuzüglich einer Pauschale iHv 300 EUR für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bis 31.08.2009. Nach einem Vermerk der Beklagten vom 12.05.2010 wurde die bei A im Hinblick auf den Arbeitsgerichtsprozess geltend gemachte Erstattung für die Zeit vom 04.08.2008 bis 31.08.2008 nach § 143 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) iVm § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in voller Höhe beglichen.

Mit Wirkung zum 01.09.2009 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2009 ab. Der Kläger habe innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 04.08.2008 bis 31.08.2009 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, weshalb die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Ein am 04.08.2008 erworbener Anspruch auf Alg sei vollständig erfüllt und damit verbraucht.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Da die von A ausgesprochene Kündigung vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt worden sei, habe das Arbeitsverhältnis und damit ein Versicherungspflichtverhältnis über den 30.07.2008 hinaus fortbestanden. Zudem habe wegen des fortgesetzten Arbeitsverhältnisses auch der Alg-Anspruch geruht. Mit Urteil vom 08.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Für die Versicherungspflichtigkeit komme es nicht auf ein Arbeitsverhältnis sondern ein Beschäftigungsverhältnis an, das aber nicht vorgelegen habe. Es bestehe auch kein Restanspruch, da die vorhergehende Alg-Bewilligung zu Recht erfolgt sei.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Aufgrund des Ergebnisses des arbeitsgerichtlichen Verfahrens habe sich die Anspruchsdauer des Alg-Anspruchs verlängert.

Der Kläger beantragt:

I. Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.02.2012 wird aufgehoben.

II. Der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 09.10.2009 wird aufgehoben. Dem Kläger wird antragsgemäß Arbeitslosengeld gewährt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.02.2012 als unbegründet zurückzuweisen.

Sie verweist insofern zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil des SG.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Der Senat kann die Berufung vorliegend nach erfolgter Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückweisen, da kein Fall des § 105 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt und er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs 4 Sätze 1 und 2 SGG).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg ab 01.09.2009. Nach § 118 Abs 1 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) setzt ein solcher Anspruch Arbeitslosigkeit (Nr 1), eine Arbeitslosmeldung (Nr 2) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit (Nr 3) voraus. Der Kläger hat insofern die für einen Anspruch auf Alg ab 01.09.2009 notwendige Anwartschaftszeit iSv § 118 Abs 1 Nr 3 SGB III nicht erfüllt.

Nach § 123 Satz 1 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 124 Abs 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Sie reicht aber nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit bereits erfüllt hatte (§ 124 Abs 2 SGB III). Unabhängig davon, ob man insofern von einer Rahmenfrist vom 01.09.2008 bis 31.08.2009 oder bereits vom 04.08.2008 bis 31.08.2009 ausgehen wollte, hat der Kläger in diesen Zeiträumen nicht mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er war zunächst bis 30.11.2008 arbeitslos und ab dem 01.12.2008 selbständig, ohne dass ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag (§ 28a SGB III) bestanden hätte. Mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit hat der Kläger somit zum 01.09.2009 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben.

Es bestand ab dem 01.09.2009 auch kein Restanspruch mehr aus dem am 04.08.2008 erworbenen Alg-Anspruch. Dieser Anspruch ist vollumfänglich erfüllt worden. Der Kläger hatte das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet, so dass nach § 127 Abs 2 SGB III die Dauer seines Alg-Anspruches nur 12 Monate (nach § 339 Satz 2 SGB III: 360 Tage) umfassen konnte. Diese Anspruchsdauer minderte sich aufgrund der Gewährung von Alg in der Zeit vom 01.09.2008 bis 30.11.2008 um 90 Tage (§ 128 Abs 1 Nr 1 SGB III). Eine Minderung des Anspruchs für die Zeit der sog. Gleichwohlgewährung vom 04.08.2008 bis 31.08.2008 trat nicht ein, da die von der Beklagten bei A geltend gemachte Erstattungsforderung voll erfüllt worden ist (vgl BSG, Urteil vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 58/06 R - SozR 4-4300 § 128 Nr 2; Brand in: Brand, SGB III, 6. Aufl, § 148 Rn 3). Ein weitergehender Aufschub der Minderung ergibt sich aber aus dem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht nicht. Danach bestand das Arbeitsverhältnis über den 31.08.2008 hinaus nicht fort. Durch die Zahlung des Gründungszuschusses für die Zeit vom 01.12.2008 bis 31.08.2009 wurde der ursprüngliche Alg-Anspruch um weitere 270 Tage gemindert (§ 128 Abs 1 Nr 9 SGB III). Der Anspruch auf Alg im Umfange von 360 Tagen ist damit in voller Höhe gemindert worden. Ein Restanspruch besteht nicht mehr.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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