L 8 LW 15/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 LW 7/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 LW 15/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 24.10.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer Regelaltersrente (RAR).

Der am 00.00.1939 geborene Kläger unterlag im Zeitraum vom 1.7.1965 bis zum 30.6.2004 als Landwirt der Versicherungs- und Beitragspflicht zur Alterssicherung der Landwirte (AdL). Nach Vollendung des 65. Lebensjahres betrieb er als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein landwirtschaftliches Unternehmen weiter. Mit Ablauf des 31.1.2005 übertrug er seine Gesellschaftsanteile auf seinen Sohn und schied aus dem Unternehmen aus. Mit Bescheid vom 22.7.2005 bewilligte ihm die Beklagte Regelaltersrente für die Zeit ab 1.4.2005. Mit Bescheid vom 14.3.2006 wurde der Rentenbeginn auf den 1.2.2005 vorverlegt.

Seit dem 1.8.2005 betreibt der Kläger - seit dem 1.7.2006 die L KG mit dem Kläger als alleinigem Komplementär - erneut ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Bewirtschaftung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche (Grünland) von zumindest 44,79 ha und Haltung von mehr als 8.000 Mastschweinen. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29.9.2005 das Ruhen des Anspruchs auf Altersrente für die Zeit ab 1.9.2005 fest. Einen am 3.12.2008 gestellten Antrag des Klägers auf Rücknahme der Ruhensentscheidung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.1.2009 ab.

Am 24.3.2010 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Altersrente. Dieser Antrag des Klägers wurde von der Beklagten als erneuter Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 29.9.2005 ausgelegt. Mit Bescheid vom 7.4.2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 29.9.2005 mit der Begründung ab, dass der Kläger im Monat August 2005 wieder die Bewirtschaftung eines die Grenzwerte des § 21 Abs. 7 ALG überschreitenden landwirtschaftlichen Unternehmens übernommen habe und daher der Anspruch auf Rente ruhe. Hiergegen erhob der Kläger am 19.4.2010 Widerspruch und führte aus, er habe sein ehemaliges Unternehmen vollständig auf seinen Sohn übertragen und keine Flächen oder Stallungen zurückbehalten. Dass sein neu gegründetes Unternehmen an den Maßgaben des § 21 Abs. 7 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) gemessen werde, sei verfassungswidrig. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Entscheidung entspreche der Rechtslage. An der Verfassungskonformität des § 21 Abs. 7 ALG bestünden keine Zweifel.

Hiergegen hat der Kläger am 23.12.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhoben. Mit Beschluss vom 16.8.2011 hat dieses SG den Rechtsstreit an das örtlich zuständige SG Detmold verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, das Erfordernis der Hofabgabe sei verfassungswidrig.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7.4.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2010 zu verurteilen, das mit Bescheid vom 29.9.2005 angeordnete Ruhen der Regelaltersrente aufzuheben und ihm für die Zeit ab dem 1.9.2005 wieder Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das SG Detmold hat mit Gerichtsbescheid vom 24.10.2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 29.9.2005 gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen. Bei Erlass dieses Bescheides sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Vielmehr habe die Beklagte mit diesem Bescheid zu Recht das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Altersrente für die Zeit ab 1.9.2005 festgestellt. Übernehme der Empfänger einer Rente ein oder mehrere Unternehmen der Landwirtschaft oder Unternehmensteile, deren Wirtschaftswert allein oder zusammen mit demjenigen nicht abgegebener Unternehmensteile die Grenzwerte nach § 21 Abs. 7 ALG überschreite, ruhe nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Regelung 1 ALG der Anspruch auf die Rente vom Beginn des folgenden Kalendermonats an. Gem. § 21 Abs. 7 Satz 1 ALG i.V.m. § 84 Abs. 5 ALG gelte ein Unternehmen der Landwirtschaft u.a. dann als abgegeben, wenn der Flächenwert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens ohne Berücksichtigung erstaufgeforsteter Flächen 25 vom Hundert der nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße nicht überschreite. Die Mindestgröße für Unternehmen der reinen Landwirtschaft habe gemäß Ziff. 1. der gleichlautenden Beschlüsse der Vertreterversammlungen der Landwirtschaftlichen Alterskasse Berlin und der Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse zur Festsetzung der Mindestgrößen bei der Beklagten gem. § 1 Abs. 5 ALG vom 2.3.2004 für die Zeit ab 1.4.2004 nach dem Arbeitsbedarf betragen, ausgedrückt in Flächengröße, 4 ha landwirtschaftliche Nutzfläche; gem. Ziff. 1. des Beschlusses der Vertreterversammlung der Beklagten zur Festsetzung der Mindestgrößen gemäß § 1 Abs. 5 ALG vom 2.12.2009 betrage die Mindestgröße für die Zeit ab 1.1.2010 nach dem Arbeitsbedarf, ausgedrückt in Flächengröße, 8 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Kläger bewirtschafte seit dem 1.8.2005 landwirtschaftliche Flächen von 44,79 ha und damit in einer den zulässigen Rückbehalt übersteigenden Größe. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe und entsprechend des Unterlassens der erneuten Aufnahme eines Unternehmens als Voraussetzung des Anspruchs auf Regelaltersrente sei nicht verfassungswidrig (Art. 100 Abs. 1 GG). Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährung einer Altersrente von der vorherigen Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens abhängig zu machen, verstoße nicht gegen Art. 2, 3 Abs. 1, 12, 14, 20 Abs. 3 GG (Hinweis auf Senat, Urteil vom 19.10.2011, L 8 LW 8/11 mwN zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts).

Gegen den ihm am 29.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.11.2012 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Es dürfe nach Sinn und Zweck nicht rentenschädlich sein, dass er nach vollständiger Aufgabe seines ursprünglichen, mit der Beitragspflicht belasteten Betriebes einen davon völlig unabhängigen Betrieb neu gegründet habe. Die Abgabepflicht sei zudem verfassungswidrig, sodass der Rechtsstreit nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sei. Es liege insbesondere ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Ungleichbehandlung der nicht-abgebenden Landwirte gegenüber den abgebenden sei nicht durch legitime Zwecke gerechtfertigt. Das strukturpolitische Ziel des Gesetzgebers als legitimer Zweck der Hofabgabe sei heute nicht mehr gegeben. In den Fällen, in denen Hofnachfolger zur Verfügung stünden, hätten diese ohne weiteres ein dringliches Interesse, den elterlichen Hof möglichst schnell zu übernehmen. Bei dem Fehlen eines Hofnachfolgers könnten die bereits eigene Flächen und Betriebe wirtschaftlichen Landwirte davon ausgehen, dass ihnen laufend von anderen Landwirten Flächen nach Aufgabe der Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt würden. Spätestens mit dem Tod der Landwirte stünden diese Flächen den übrigen Landwirten zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Die kleinen Betriebe seien nicht mehr überlebensfähig, sodass die Inhaber aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen seien, den Hof abzugeben. Die wirtschaftlichen Zwänge seien so stark, dass es einer weiteren Verpflichtung, den Hof bereits im Alter von 65 Jahren abzugeben, heute nicht mehr bedürfe. Es wirke sich auf den Strukturwandel nicht aus, ob der Landwirt seinen Hof mit 65 Jahren oder erst später z.B. mit 75 Jahren an die übrigen Landwirte abgebe. Die Festlegung auf eine Altersgrenze von 65 Jahren sei willkürlich und daher diskriminierend. Nach dem im Auftrag der Bundesregierung vorgelegten Gutachten des K-Instituts (N, "Agrarstrukturelle Wirkungen der Hofabgabeklausel", VTI - Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei) habe der Gesetzgeber keine Belege dafür geliefert, dass sich die Hofabgabeklausel überhaupt noch auf die Agrarstruktur in Deutschland auswirke. Die strukturelle Wirkung der Hofabgabeklausel beruhe ausschließlich auf "Expertenvermutungen", denen kein belastbares statistisches Datenmaterial zu Grunde liege. Im Hinblick auf § 21 ALG sei der Gesetzgeber der verfassungsrechtlich gebotenen Verpflichtung zur Überprüfung der Wirksamkeit seiner Gesetzgebung nicht ausreichend nachgekommen. Das seinerzeitige Ziel des Gesetzgebers, die Übergabe an jüngere Landwirte zu fördern, könne heutzutage angesichts der hohen Anzahl von Nebenerwerbslandwirten nicht mehr erreicht werden. Diese seien gem. § 3 ALG von der Versicherungspflicht befreit und unterlägen damit nicht mehr dem strukturpolitischen Zugriff des Gesetzgebers. Wegen der einfach zu erreichenden Befreiung von der Versicherungspflicht verringere sich die Zahl der Versicherten stetig. Haupterwerbslandwirte würden ohne ausreichende Rechtfertigung gegenüber Nebenerwerbslandwirten benachteiligt. Eine Kausalität zwischen Hofabgabeklausel und Strukturwandel bestehe nicht. Der Gesetzgeber habe mit der Hofabgabeklausel Regelungen geschaffen, die "zu rechtswidrigem Handeln geradezu einladen", da von 30-40 % Scheinabgaben auszugehen sei. Da in der Praxis keine ausreichende Überprüfung der Übergaben erfolge, ergäben sich Vollzugsdefiziten, die zur Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften führten. Als milderes, den Betroffenen oder Dritte weniger belastendes Mittel, das den Zweck ebenso gut zu fördern vermöge, könnte der Gesetzgeber ein alternatives Anreizsystem durch Übergabeprämien oder Rentenabschläge bei Nichtübergabe in Betracht ziehen. Die strikte Hofabgabeklausel sei auch unverhältnismäßig, da sie keinerlei systemgerechte Ausnahmen für Härtefälle vorsehe. Die Teilsicherung der Landwirte sei insgesamt eine systemwidrige Ausgestaltung der Sicherungssysteme. Es widerspreche dem bestehenden Sozialversicherungssystem, dass ein Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied in der AdL zu werden und die dementsprechenden Beiträge abzuführen, wenn er zugleich wegen der Ausgestaltung als Teilsicherung finanzielle Mittel benötige, um sich privat abzusichern. Es sei widersprüchlich, Beiträge der AdL zu verlangen und im Gegenzug keine Rente auszuzahlen. Dies sei mit dem Gebot der Beständigkeit staatlicher Regelungen, dem zentralen Element der Rechtssicherheit, nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus verstoße die Hofabgabeklausel gegen die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG. Die Verknüpfung zwischen Rentenanspruch und Hofabgabe stelle daher einen Eingriff in seine Rentenansprüche dar. Die Verknüpfung von Abgabepflicht und Rentenanspruch sei unverhältnismäßig. Es fehlten Ausnahmeregelungen für Härtefälle, die die Eingriffsintensität abmilderten. Die unbedingte Pflicht zur Abgabe in allen Fällen sei somit unangemessen. Aus den Ausführungen zu Art. 14 GG ergebe sich auch, dass dieser Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG, nämlich die Verknüpfung von Rentenanspruch und Abgabepflicht, nicht gerechtfertigt sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 24.10.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2010 zu verurteilen, den Bescheid vom 29.9.2005 zurückzunehmen und ihm ab dem 1.9.2005 Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide den Kläger nicht iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschweren. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 29.9.2005 gem. § 44 SGB X zurückzunehmen und dem Kläger erneut die RAR zu gewähren.

Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Dem Kläger sind durch den zu überprüfenden Bescheid keine Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden, da der Anspruch des Klägers auf RAR gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 Regelung 1 ALG seit dem 1.9.2005 wegen der Übernahme eines Unternehmens der Landwirtschaft mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche (Grünland) von zumindest 44,79 ha, das die Grenzwerte nach § 21 Abs. 7 ALG (bis 31.12.2009: 1 ha, ab 1.1.2010: 2 ha) überschreitet, ruht. Dieses Ergebnis, das auf dem Erfordernis der Unternehmensabgabe und des Unterlassens einer erneuten Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens beruht, ist verfassungsgemäß. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, insbesondere keine Abweichung, von der Rechtsprechung des BSG und des Senats zur Verfassungsmäßigkeit der Hofabgabe (vgl. zuletzt BSG, Beschlüsse vom 29.8.2012, B 10 LW 5 und 7/12 B, juris; Senat, Urteile vom 19.10.2011, L 8 LW 5/11 u.a., juris):

A.

Entgegen der Ansicht des Klägers entsprechen die hier maßgeblichen Regelungen in § 30 Abs. 2 Satz 1 Regelungen 1 und 2 ALG der Systematik der AdL, eine Rente nur zu gewähren, wenn ein landwirtschaftliches Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße nicht betrieben wird. Die Regelung des § 30 Abs. 2 Satz 1 ALG macht deutlich, dass die Abgabepflicht nicht betriebsbezogen, sondern personenbezogen ist. Nichts anderes würde der Gesamt-Systematik der AdL entsprechen. Wie die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens dienen auch die in § 30 Abs. 2 Satz 1 Regelung 1 und 2 ALG geregelten Ruhenstatbestände speziellen agrarstrukturellen Zielen, nämlich dazu, die Einstellung der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit auf Dauer (endgültig) zu gewährleisten (vgl. auch zu nachfolgenden Ausführungen BSG SozR 4-5868 § 30 Nr. 1). Die durch die Hofabgabe schutzbedürftig gewordenen Landwirte sollen jedenfalls dann nicht durch eine Einkommensersatzleistung angemessen für das Alter versorgt werden, wenn sie erneut als Unternehmer landwirtschaftliche Flächen bewirtschaften oder sich u.a. als Mitunternehmer an einem landwirtschaftlichen Unternehmen beteiligen, denn in diesem Fall ist ihre Schutzbedürftigkeit wieder entfallen. Aufgrund der engen inhaltlichen und systematischen Verknüpfung des Abgabeerfordernisses mit den Ruhenstatbeständen gelten die Erwägungen des BSG und des Senats zur Verfassungsmäßigkeit (vgl. BSG, Beschlüsse vom 29.8.2012, B 10 LW 5 und 7/12 B, juris, Senat, Urteile vom 19.10.2011, L 8 LW 5/11 u.a., juris) auch für vorliegende Fallkonstellation (vgl. auch die zur Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der ab dem 1.7.1976 geltenden Fassung ergangene, die Verfassungsmäßigkeit bestätigende Entscheidung des BSG vom 22.9.1981, 11 RLw 4/80, SozR 5850 § 1 Nr. 5).

B.

Die Ausführungen des Klägers zur vermeintlichen Verfassungswidrigkeit der Abgabeverpflichtung vermögen nicht zu überzeugen.

I. Zu Art. 3 GG

1. Der Kläger sieht eine sachlich durch strukturpolitische Ziele des Gesetzgebers nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen nicht-abgebenden und abgebenden Land- und Forstwirten, jedenfalls sei der Gesetzgeber seiner Überprüfungspflicht nicht nachgekommen.

Der Kläger übersieht dabei den weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers im Sozialrecht und die eingeschränkte verfassungsrechtliche Prüfungskompetenz auf offensichtlich verfehlte Erwägungen und Unvereinbarkeiten mit der Wertordnung des GG (vgl. BSG aaO, Senat aaO).

a. Soweit der Kläger behauptet, das mit der Abgabeverpflichtung verfolgte strukturpolitische Ziel sei nicht mehr gegeben, da die Abgabe in den dargestellten Fallkonstellationen (Vorhandensein eines Hofnachfolgers, geringe Betriebsgröße) ohnehin aus anderen Gründen erfolge, ist dies rechtlich irrelevant, da in diesen Fällen durch die Abgabe kein Rentenhindernis besteht (vgl. BSG aaO).

Soweit der Kläger weiter ausführt, in den Fällen, in denen ein Landwirt keinen Hofnachfolger habe, könnten die bereits eigene Flächen und Betriebe betreibenden Landwirte davon ausgehen, dass ihnen laufend, spätestens mit dessen Tod Flächen nach Aufgabe der Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt würden, und es sich auf den Strukturwandel nicht auswirke, wenn der Landwirt erst später als mit 65 Jahren z.B. mit 75 Jahren an die übrigen Landwirte abgebe, benennt der Kläger entgegen seiner Absicht Argumente dafür, dass der angestrebte strukturpolitische Zweck nicht entfallen ist. Ersichtlich gibt es nach seinem Vorbringen eine Gruppe von Landwirten, die sich nicht in der Lage sieht oder nicht willens ist, mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze ihr Unternehmen abzugeben (vgl. BSG aaO). Im Übrigen wird gerade durch eine Abgabe erst im höheren Alter über der Regelaltersgrenze eine Beeinträchtigung des Strukturwandels beschrieben, nämlich die um Jahre verspätete Bewirtschaftung durch jüngere Betriebsinhaber.

b. Die behauptete Ungeeignetheit der Abgabeverpflichtung zur Erreichung der strukturpolitischen Ziele wird weder schlüssig dargelegt noch belegt.

aa. Zunächst übersieht der Kläger, dass das strukturpolitische Ziel darin liegt, die Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen zu fördern, aber nicht monokausal zu bewirken. Nach den Ausführungen von Dr. N in seinem im Tatbestand genannten Gutachten hat sich bei seiner Untersuchung gezeigt, wie vielfältig und individuell unterschiedlich Hofabgabe- und Aufgabeentscheidungen motiviert sind, was es schwierig macht, den Beitrag der Hofabgabeklausel zu isolieren oder gar die Folgen einer etwaigen Abschaffung zu bestimmen (N, Agrarstrukturelle Wirkungen der Hofabgabeklausel, S. 106 f). Darüber hinaus hat die Untersuchung von Dr. N verschiedene Belege dafür erbracht, dass die Hofabgabeklausel positiv in Richtung der angestrebten agrarstrukturellen Ziele wirkt (N aaO, S. 109 f).

bb. Nicht berücksichtigt werden vom Kläger die Systematik und das Gesamtregelungskonzept der AdL.

Die Abgabe dient nicht nur (final) strukturpolitischen Zwecken, sondern soll von ihrer Systematik her dem Landwirt eine Teil-Sicherung verschaffen, weil (kausal) er mit der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens seine Existenzgrundlage verliert. Auf der anderen Seite soll der abgegebene Betrieb zur landwirtschaftlichen Nutzung durch einen jüngeren Dritten dauerhaft zur Verfügung stehen. Dieses Ziel wird mit dem System der AdL, Rente nur gegen Hofabgabe zu gewähren, logischerweise immer erreicht. Bedingung ist aber, dass Rentenbezug und Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmenes sich ausschließen. Das ist agrarstrukturpolitisch immer sinnvoll, da landwirtschaftlich genutzte Fläche in der Bundesrepublik Deutschland naturgemäß begrenzt ist. Der Landwirt, der seinen Hof noch nicht abgibt, bedarf also keiner Rente, weil ihm als Existenzgrundlage sein landwirtschaftliches Unternehmen zur Verfügung steht. Da landwirtschaftliche Flächen nicht beliebig vermehrbar sind, ist es nahezu zwingend, dafür zu sorgen, dass bei einem Rentenbezug auf der anderen Seite durch die Bewirtschaftung durch einen neuen jüngeren Betriebsinhaber ein potentieller Beitragszahler gewonnen wird, um die (Teil-)Stabilität des Systems zu erhalten. Dieser Umstand ist von seiner Bedeutung umso gewichtiger, als die AdL zu ca. ¾ nicht beitragsfinanziert ist.

Der legitime Zweck der Ungleichbehandlung von nicht-abgebenden und abgebenden Landwirten besteht neben den damit verfolgten strukturpoltischen Zielen darin, dass der nicht-abgebende Landwirt der Rente zur Existenzsicherung nicht bedarf.

cc. Die Ausführungen unter Hinweis auf die große Zahl von Nebenerwerbslandwirten und die "Scheinabgaben" enthalten ebenfalls keine neuen Gesichtspunkte. Mit den Ausführungen des BSG in dessen Beschlüssen vom 29.8.2012 (B 10 LW 5 und 7/12 B) sowie des Senats in seinen Urteilen vom 19.10.2011 (L 8 LW 5/11 u.a.) setzt sich der Kläger nicht auseinander.

dd. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Voraussetzungen der Befreiung gem. § 3 ALG leicht herbeizuführen seien, belegt er, dass die Hofabgabeklausel kein besonderes Rentenhindernis darstellt.

c. Unzutreffend ist die Ansicht, dass die Hofabgabeklausel deshalb gegen Art. 3 GG verstoße, weil zur Erreichung der strukturpolitischen Ziele weniger belastende Mittel zur Verfügung stünden, wie z.B. ein Anreizsystem durch Übergabeprämien oder Rentenabschläge bei Nichtübergabe. Der Kläger verkennt den Prüfungsmaßstab. Zu prüfen ist vorliegend, ob die Erwägungen des Gesetzgebers offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind, was ersichtlich - erneut bestätigt durch das Gutachten von Dr. N - nicht der Fall ist (vgl. BSG aaO; Senat aaO).

Soweit der Kläger davon ausgeht, die Hofabgabeklausel sei auch deshalb unverhältnismäßig, da sie keinerlei systemgerechte Ausnahmen für Härtefälle vorsehe, ist dies nicht schlüssig. Er stellt schon nicht dar, warum es in vorliegendem konkreten Fall einer und ggf. welcher Härtefallregelung bedurft hätte.

d. Dem Kläger ist auch nicht darin zu folgen, dass der Gesetzgeber seiner Überprüfungspflicht nicht nachgekommen sei. In seinen Beschlüssen vom 29.8.2012 hat das BSG (B 10 LW 7/12 B u.a., juris) festgestellt, dass der Gesetzgeber seiner Überprüfungspflicht nachgekommen ist. Es hat zudem darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber nicht nur eine - rechtlich durch das GG begrenzte - Gestaltungsfreiheit, sondern hinsichtlich tatsächlicher Umstände auch einen Einschätzungsspielraum hat, der sich insbesondere auf die zu erwartenden Wirkungen gesetzlicher Vorschriften bezieht (BSG aaO mwN). Für eine Verletzung der Überprüfungspflicht liefert der Kläger zudem keine schlüssige Begründung. Die Geeignetheit der von ihm verlangten Erhebung von statistischen Daten ist nicht ersichtlich. Dr. N weist vielmehr in seinem Gutachten darauf hin, dass angesichts der Vielfalt der relevanten Entscheidungsfaktoren in Bezug auf die familiären und betrieblichen Situationen und die verschiedenen institutionellen Rahmenbedingungen, von denen die Hofabgabeklausel nur eine sei, konkrete Aussagen über die Folgen einer Abschaffung des Hofabgabeerfordernisses auf die Agrarstruktur, den Bodenmarkt, oder die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft nicht zu leisten seien. Es sind seit den Entscheidungen des BSG keine Umstände eingetreten, die den Gesetzgeber bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor den Tatsachengerichten zu einer erneuten Überprüfung gezwungen hätten.

2. Die Ungleichbehandlung von befreiten (Nebenerwerbs-) und nicht-befreiten (Haupterwerbs-)Landwirten wird sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die nicht-befreiten Landwirte den Versicherungsschutz der AdL genießen, die befreiten nicht.

3. Die Ausführungen zur "Altersgrenze von 65 Jahren" sind unzutreffend. Die Festlegung der Regelaltersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente ist offensichtlich nicht diskriminierend und willkürlich. Der Kläger übersieht, dass er bei ihrem Erreichen sein Unternehmen nicht abgeben muss, sondern kann. Das Erreichen der Regelaltersgrenze markiert - bei dem Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen - den Zeitpunkt des frühestmöglichen Bezugs einer Regelaltersrente, eröffnet daher die Wahlmöglichkeit zwischen Bezug einer Regelaltersrente und Weiterbewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens, die ein jüngerer Landwirt gerade nicht hat.

II. Zu Art. 2 und 14 GG

Der Kläger verkennt, dass es mit der Hofabgabeklausel keinen Eingriff in erworbene Rechte gibt, sondern es sich um eine Anspruchsvoraussetzung handelt. Die Ruhenstatbestände haben den Anspruch des Klägers im Sinne einer negativen Anspruchsvoraussetzung von vornherein belastet. Sie sind wie die Abgabepflicht ein notwendiger Bestandteil der Gesamtregelung im Bereich der Renten aus der AdL, mit der auch die vorgenannten agrarstrukturellen Ziele verfolgt werden, und gelten bereits seit dem 1.5.1965 (vgl. § 10 Abs. 6 GAL in der ab dem 1.5.1965 geltenden Fassung, BGBl. I S. 1448). Die Verfassungsmäßigkeit der Ruhenstatbestände, insbesondere die Vereinbarkeit mit Art 14 GG ist ebenfalls höchstrichterlich geklärt (vgl. zu § 10 Abs. 6 GAL in der ab dem 1.7.1976 geltenden Fassung: BSG, Urteil vom 22.9.1981, 11 RLw 4/80, SozR 5850 § 1 Nr. 5).

Die Ausführungen zur Versicherungspflicht in der AdL betreffen nicht den Streitgegenstand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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