L 5 KA 2647/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 5464/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2647/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.05.2012 und der Beschluss des Beklagten vom 06.04.2011/Bescheid vom 29.08.2011 aufgehoben.

Der Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 - 8 je zur Hälfte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladenen Ziff. 1 und 8 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 - 7 je zu einem Drittel.

Der Streitwert wird endgültig auf 302.250,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen Ziff. 1 erteilte Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Wege der Belegarzt-Ausnahmezulassung für die chirurgische Belegabteilung am Krankenhaus M., dessen Träger die Beigeladene Ziff. 8 ist.

Der 1951 geborene Kläger ist seit 25.08.1999 als Facharzt für Chirurgie in M. am N. zugelassen; der Praxisstandort liegt ca. 800 m vom Krankenhaus M. entfernt. Zuvor war er u.a. 9 Jahre lang als Oberarzt in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. als Oberarzt tätig. Dem 1962 geborenen Beigeladenen Ziff. 1 wurde am 27.01.1997 die Anerkennung als Facharzt für Chirurgie, am 26.07.1999 die Anerkennung im Teilgebiet Unfallchirurgie und am 09.01.2001 die Anerkennung im Bereich Notfallmedizin erteilt. Seit 3.6.2009 darf er auch die Schwerpunktbezeichnung Orthopädie führen. Er war seit dem 01.10.1995 als Oberarzt am Krankenhaus B. der Beigeladenen Ziff. 8 tätig.

Der Beigeladene Ziff. 8 betreibt Kliniken u.a. in L., B.-B., V. und M. und sichert nach eigenen Angaben in 5 Häusern mit insgesamt 4000 Mitarbeitern die Grundversorgung für rund eine halbe Million Menschen.

Das Krankenhaus M. verfügt nach dem Krankenhausplan 2010 für Baden-Württemberg über 78 Planbetten für die Gebiete Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Innere Medizin. Davon entfallen aktuell 22 Betten auf die chirurgische Belegabteilung, die zum 01.10.2000 durch Umwandlung aus der bis dahin betriebenen chirurgischen Hauptabteilung hervorgegangen ist. In dieser Belegabteilung waren bis zum Hinzutreten des Beigeladenen Ziff. 1 vier Belegärzte tätig und zwar die in chirurgischer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossenen Dres. T./L. (Schwerpunkt Hand- und Fußchirurgie) und die ebenfalls in chirurgischer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossenen Dres. H./Sch., die zuvor Chefarzt bzw. Oberarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. waren (Schwerpunkt Endoprothetik). Die Belegärzte haben ihre Praxisräume im Gebäude des Krankenhauses M ...

Für den Planungsbereich Landkreis L., zu dem M. gehört, sind für die Arztgruppe der Chirurgen Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet (Versorgungsgrad 177 % - Stand 24.2.2010).

Der Kläger hatte sich bereits im Jahr 2003 erfolglos gegen die Erteilung einer Belegarztausnahmezulassung des Handchirurgen Dr. T. am Krankenhaus M. gewendet. Gegen eine dem Beigeladenen Ziff. 1 mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 13.05.2009 erteilte Belegarztausnahmezulassung hatte der Kläger Widerspruch erhoben, da er eine Ausweitung der ambulanten Tätigkeit der Belegärzte zulasten der niedergelassenen Fachärzte befürchtete. Aufgrund seines Widerspruchs hob der Beklagte die dem Beigeladenen Ziff. 1 erteilte Belegarztausnahmezulassung mit Beschluss vom 18.11.2009 auf, da die Ausschreibung der Belegarztstelle nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Das Krankenhaus habe die Vergabe der Belegarztstelle zu Unrecht daran geknüpft, dass der Belegarzt sich einer am Krankenhaus M. angesiedelten Gemeinschaftspraxis anschließen müsse. Auch habe es an ernsthaften Verhandlungen mit dem Kläger gefehlt.

Sowohl der Kläger als auch der Beigeladene Ziff. 1 bewarben sich in der Folge auf eine von zwei vom Krankenhaus M. im Ärzteblatt Baden-Württemberg (Heft 10/2010) erneut ausgeschriebenen Belegarztstellen für die Chirurgische Belegabteilung. Gesucht wurde ein/e Facharzt/-ärztin für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung "Orthopädie/Unfallchirurgie" oder "spezielle Unfallchirurgie" mit langjähriger operativer Erfahrung und aktuellen Kenntnissen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks. Zudem bewarb sich ein weiterer der niedergelassenen Chirurgen auf die ausgeschriebene Stelle. Die Beigeladene Ziff. 8 schloss mit dem Beigeladenen Ziff. 1 am 06.04.2010 einen Belegarztvertrag.

Am 12.04.2010 beantragte der Beigeladene Ziff. 1 daraufhin beim Zulassungsausschuss für Ärzte (im Folgenden: Zulassungsausschuss) eine Belegarztausnahmezulassung nach § 103 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss nach Befragung der niedergelassenen Chirurgen mit Beschluss vom 06.07.2010/Bescheid vom 11.11.2010 ab. Es sei nicht zweifelsfrei festzustellen, ob tatsächlich eine belegärztliche Tätigkeit gewollt sei oder die Belegarztausnahmezulassung missbräuchlich zur Erlangung einer vertragsärztlichen Zulassung genutzt werden solle. Die für den Zulassungsausschuss erkennbaren Rahmenbedingungen ließen eine weitere belegärztliche Tätigkeit am Krankenhaus M. nicht zu. Leistungen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks könnten nach Auffassung des Zulassungsausschusses im Rahmen der Belegabteilung nicht erbracht werden; erforderlich sei ein Krankenhaus der Maximalversorgung. Für diese Eingriffe und Behandlungen sei eine Intensivüberwachung erforderlich, die auf der chirurgischen Belegabteilung des Krankenhauses M. nach Ansicht des Zulassungsausschusses nicht möglich sei. Das Krankenhaus M. sei nach dem Krankenhausplan Baden-Württemberg als ein Krankenhaus mit der Leistungsstufe der Grundversorgung ausgewiesen. Es sei höchst zweifelhaft, ob die entsprechende medizinische Infrastruktur für diese Leistungen auf der chirurgischen Belegabteilung vorgehalten werden könne. Die Möglichkeit einer Belegarzt-Ausnahmezulassung werde im vorliegenden Fall nach Auffassung des Zulassungsausschusses dazu genutzt, die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Chirurgen zu umgehen.

Dagegen erhob der Beigeladene Ziff. 1 am 26.11.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführen ließ, endoprothetische Leistungen könnten entgegen der Annahme des Zulassungsausschusses an jedem dafür geeigneten Krankenhaus ungeachtet der Versorgungsstufe durchgeführt werden. Das Krankenhaus M. verfüge im Rahmen der internistischen Hauptabteilung über vier Planbetten zur Intensivüberwachung. Eine darüber hinausgehende Vorhaltung von Intensivbetten für die chirurgische Belegarztabteilung sei medizinisch nicht erforderlich. Für die Versorgung stationärer Notfälle einschließlich der chirurgischen Patienten stehe ein Krankenhausarzt in 24-stündigem Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Zudem befinde sich jeweils einer der chirurgischen Belegärzte in ständiger Rufbereitschaft. An den Wochenenden und Feiertags werde von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr von den chirurgischen Belegärzten eine Notfallsprechstunde angeboten, während der auch die stationären Patienten visitiert würden. Die chirurgische Notfallversorgung sei im Übrigen dadurch gewährleistet, dass mit dem am Krankenhaus M. stationierten Rettungswagen Notfallpatienten an das Klinikum L. verbracht werden könnten. Der Grund für die Ausschreibung der zwei Belegarztstellen für die chirurgische Belegabteilung am Krankenhaus M. im Ärzteblatt Baden-Württemberg sei die starke Inanspruchnahme der Abteilung gewesen, die sich aufgrund der hervorragenden und hochqualifizierten Leistungen der vier Belegärzte großer Beliebtheit erfreue. Die Krankenhausträgerin und die beiden bislang in der Abteilung vertretenen Gemeinschaftspraxen erwarteten sich davon eine Entlastung der dort tätigen vier Belegärzte. Ziel der Ausschreibung sei damit auch eine Sicherung der Einhaltung des § 39 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä, wonach die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden dürfe. Ausweislich des Schreibens der Kliniken L.-B. gGmbH vom 26.05.2010 seien mit allen drei Bewerbern ernsthafte und ausführliche Bewerbungsgespräche geführt worden. Im Ergebnis habe nur der Beigeladene Ziff. 1 alle Vorgaben der Ausschreibung erfüllt. Nur er beherrsche nachweislich die in der Abteilung angebotenen OP-Methoden und verfüge über aktuelle Operationserfahrungen. Demgegenüber fehle dem Kläger als Mitbewerber bereits die formale Qualifikation. Er führe weder die geforderte Gebietsbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie noch sei er berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung spezielle Unfallchirurgie zu führen. Von aktuellen Kenntnissen in der Endoprothetik der großen Gelenke (Schulter-, Knie- und Hüftgelenke) habe der Kläger ebenfalls nicht berichten können. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 27/08 R -, SozR 4-2500 § 103 Nr. 5) und des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 22.03.2000 - L 5 KA 3059/99 -) sei es einem Krankenhausträger nicht verwehrt, bestimmte Vorstellungen über die Ausgestaltung einer Belegabteilung an seinem Krankenhaus zu äußern. Das ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs. 7 SGB V, der ausdrücklich auch auf die Eignung des Arztes abstelle, mit welchem ein Belegarztvertrag geschlossen werden könne. Dementsprechend und auch gemäß dem Urteil des BSG vom 02.09.2009 sei die Krankenhausträgerin berechtigt, sich bei der Ausschreibung der Belegarztstelle auf ein Qualifikations- und Leistungsspektrum zu beschränken, welches der bisherigen Ausrichtung der Abteilung entspreche. Die Krankenhausträgerin sei nicht verpflichtet, das Leistungsangebot der Belegabteilung auszuweiten oder von begründeten Qualifikationsvoraussetzungen abzusehen, nur um den im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzten eine Bewerbung zu erleichtern. Denn Ziel der belegärztlichen Versorgung sei die Sicherstellung der stationären Versorgung. Auf die Bedarfsdeckung bei der vertragsärztlich-ambulanten Versorgung komme es nach dem Willen des Gesetzgebers dann nicht an, wenn anderenfalls die stationäre Versorgung darunter leiden würde. Während der Kläger - und ihm folgend der Zulassungsausschuss - der Krankenhausträgerin vorwerfe, die Sonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V zu missbrauchen, sei dem entgegen zu halten, dass ein Rechtsmissbrauch allein durch den Kläger selbst erfolge, indem er sich im Bewusstsein seiner mangelnden Qualifikation offensichtlich nur zum Schein auf die ausgeschriebene Belegarztstelle beworben habe. In einem Rundschreiben des Klägers, das dieser unter dem 09.03.2011 an seine niedergelassenen Kollegen versandt habe, heiße es ausdrücklich: "Für uns (alle niedergelassenen Chirurgen) ist es wichtig, weitere Ausnahmezulassungen im bereits dramatisch überversorgten Gebiet zu verhindern." Der Kläger verfolge daher unübersehbar allein eine Verhinderungsstrategie. Seine formale Bewerbung diene ausschließlich dem Ziel, sich darüber die Position eines Verfahrensbeteiligten zu verschaffen. Die Behauptungen des Klägers, die Krankenhausträgerin beabsichtige über die Ausschreibung einer Belegarztstelle die Übernahme der ambulanten Versorgung, entbehrten einer realen Grundlage. Im Rahmen der belegärztlichen Versorgung würden systembedingt nur stationäre Patienten behandelt. Die ambulante Versorgung bleibe den niedergelassenen Vertragsärzten vorbehalten. Die Krankenhausträgerin sei an einer (eigenen) ambulanten Versorgung im Fachbereich der Chirurgie am Krankenhaus M. nicht interessiert.

Von den vom Beklagten im Widerspruchsverfahren bezüglich eines Interesses an der ausgeschriebenen Belegarzttätigkeit befragten niedergelassen 24 Fachärzten für Chirurgie teilten 13 Ärzte mit, kein Interesse an der Belegarzttätigkeit zu haben, darunter die bereits in den Gemeinschaftspraxen am KH M. tätigen vier Belegärzte. Zehn Ärzte äußerten zum Teil erhebliche Bedenken gegen die beabsichtigte Erteilung einer weiteren Belegarztzulassung, darunter der Kläger.

Dieser nahm zur Begründung des Widerspruchs des Beigeladenen Ziff. 1 mit Schreiben vom 01.04.2011 und 3.4.2011 Stellung und führte aus, am Krankenhaus M. gebe es weder einen durchgehenden chirurgischen Bereitschaftsdienst, noch einen Anästhesie- und Bereitschaftsdienst des OP-Personals nachts und am Wochenende. Es sei zwar möglich, am Krankenhaus M. bei ausgewählten Patienten endoprothetische Leistungen vorzunehmen, sofern keine postoperativen Probleme zu erwarten seien. Bei derartigen Problemen bestünden allerdings hohe Risiken. Das Krankenhaus M. könne lediglich eine Notfallüberwachung, nicht aber eine Notfallbehandlung vornehmen. Deswegen könne die Endoprothetik im Krankenhaus M. nicht als Begründung für eine weitere Ausnahmezulassung herhalten. Der maßgebliche Grund gegen die Zulassung des Beigeladenen Ziff. 1 liege aber darin, dass der Schwerpunkt der Belegabteilung in der ambulanten Behandlung bestehe. So würden bei etwa 880 stationären Behandlungen im Jahr in der allgemein- und unfallchirurgischen Abteilung auf jeden der dort tätigen Belegärzte nur 110 stationäre Patienten im Quartal kommen. Hinzu kämen 800-900 Patienten pro Arzt und Quartal im Bereich der ambulanten Behandlung. Auch in der Presse sei von fünf ambulanten Operationen am Tag die Rede. Der Kläger legte hierzu einen Artikel aus der L. Kreiszeitung vom 10.05.2010 vor. Er bekräftigte seine Auffassung, dass es der Beigeladenen Ziff. 8 darauf ankomme, durch Ausweitung der ambulanten Behandlungen die umliegenden Praxen zum Aufgeben zu zwingen, um das Monopol in der ambulanten und stationären Behandlung im Landkreis zu erhalten. Seine Qualifikation sei nicht in Zweifel zu ziehen. Er sei genau in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. fast 9 Jahre als Oberarzt tätig gewesen und habe persönlich alle notwendigen Operationen zur Zufriedenheit seines Arbeitgebers durchgeführt. Wenn er abgelehnt werde, müsse dies andere Gründe haben.

Mit Beschluss vom 06.04.2011/Bescheid vom 29.08.2011 ließ der Berufungsausschuss für Ärzte (im Folgenden: Berufungsausschuss) den Beigeladenen Ziff. 1 zur vertragsärztlichen Versorgung zu und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen der Sonderbelegarztzulassung nach § 103 Absatz 7 SGB V seien erfüllt. Die Ausschreibung der hier fraglichen Belegarztstelle sei ordnungsgemäß gewesen. Weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 13/7264, 115) seien Vorgaben hinsichtlich der Ausschreibung zu entnehmen. Ausweislich der Ausschreibung werde für die chirurgische Belegabteilung ein/e Facharzt/-ärztin für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung "Orthopädie/Unfallchirurgie" oder "Spezielle Unfallchirurgie" mit langjähriger operativer Erfahrung und aktuellen Kenntnissen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks gesucht. Dieses Anforderungsprofil habe weder nur allein vom Beigeladenen Ziff. 1 erfüllt werden können, noch die niedergelassenen Fachärzte von vorneherein ausgeschlossen. Diese seien zudem von der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses nach ihrem Interesse für die vakante Belegarztstelle befragt worden. Lediglich der Kläger und ein weiterer Kollege hätten Interesse an der Belegarztstelle bekundet. Die Beigeladene Ziff. 8 habe damit den Vorrang der bereits im Planungsbereich Landkreis L. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzte für Chirurgie ausreichend berücksichtigt. Sie habe mit den im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzten, auch mit dem Kläger, die Möglichkeit einer Einigung ernsthaft ausgelotet und nicht nur Scheinverhandlungen geführt, um den Weg für die Zulassung nach § 103 Absatz 7 SGB V freizumachen. Allerdings sei der Kläger nicht als Partner eines Belegarztvertrages in Betracht gekommen, da er weder über die geforderten Qualifikationen noch über langjährige operative Erfahrungen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks verfüge. Demgegenüber verfüge der Beigeladene Ziff. 1 über die Anerkennung im Teilgebiet Unfallchirurgie (Chirurgie) und über die Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie. Außerdem verfüge er nach eigenem Bekunden über Erfahrungen im Bereich der Endoprothetik; er habe bereits ca. 700 Knieprothesen (inklusive Wechsel) und ca. 700 Hüftprothesen operiert, im Bereich der Schulterprothetik sei seine Erfahrung geringer. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung der Belegarztzulassung seien nicht gegeben. Der Beigeladene Ziff. 1 wolle tatsächlich die belegärztliche Tätigkeit ausüben. Nach Angaben des Geschäftsführers des Krankenhauses M. verfüge dieses gegenwärtig über 22 Belegbetten, die gemäß § 4 Absatz 1 des Belegarztvertrages vom 06.04.2010 insgesamt allen Belegärzten zur Verfügung gestellt würden. Rein rechnerisch würden auf den Beigeladenen Ziff. 1 4,4 beziehungsweise - bei Einbeziehung eines weiteren Belegarztes - knapp vier Belegbetten entfallen. Ausweislich des Belegarztvertrages stünden die Belegbetten den Belegärzten in ihrer Gesamtheit zur Verfügung. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass dem Beigeladenen Ziff. 1 lediglich vier Belegbetten zur Verfügung stünden, wäre dies noch kein Indiz dafür, dass von diesem eine belegärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden solle (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 02.09.2009, a.a.O., zu einer Belegabteilung mit (lediglich) vier Betten, in der bereits ein Belegarzt tätig sei). Nach den schlüssigen Ausführungen des Beigeladenen Ziff. 1 fordere die permanent hohe und kontinuierlich steigende Anzahl der stationären Patienten der Belegabteilung dringend eine personelle Verstärkung durch zusätzliche Belegärzte, um die bereits tätigen Belegärzte auch im Hinblick auf die Vorrangregelung des § 39 Absatz 2 Satz 1 BMV-Ä/§ 31 Absatz 2 Satz 1 EKV-Ä, wonach die stationäre Tätigkeit nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden dürfe, zu entlasten. Nach den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 würden in der belegärztlichen Abteilung des Krankenhauses M. jährlich 95 bis 125 Knieendoprothesen implantiert und damit etwa doppelt so viel wie die durch die Mindestmengenvereinbarung vorgeschriebenen 50 Operationen. Die Komplikationsrate der Chirurgischen Abteilung liege deutlich unter dem Durchschnitt des Landes. Die Intensivüberwachung sei ausreichend gesichert.

Dagegen erhob der Kläger am 20.09.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung ließ er ausführen, die Zulassung des Beigeladenen Ziff. 1 sei zu Unrecht erfolgt. Mit ihm selbst seien nur "Scheinverhandlungen" geführt worden, da das geforderte Leistungsprofil genau auf den bereits im Krankenhaus M. als Oberarzt tätigen Beigeladenen Ziff. 1 zugeschnitten gewesen sei. In einem kleinen Krankenhaus wie M. sei es hochriskant, die Endoprothetik großer Gelenke im Rahmen einer Belegabteilung durchzuführen, ohne eine Intensivbehandlung anbieten zu können. Eine Intensivüberwachung reiche nicht aus. Dies habe der Zulassungsausschuss zu Recht festgestellt. Vorliegend sei offensichtlich, dass die Beigeladene Ziff. 8 durch die Ausweitung der belegärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus M. auf den nunmehr fünften Chirurgen für 22 Betten nichts anderes bezwecke, als in die ambulante Behandlung einzudringen und die Ärzte als Zuweiser für die stationäre Behandlung am Krankenhaus zu gewinnen. Gleichzeitig solle den niedergelassenen Chirurgen "das Wasser abgegraben werden", um sich eine Monopolstellung zu sichern. Wenn das Krankenhaus M. in der mündlichen Verhandlung beim Beklagten habe ausführen lassen, dass die kontinuierlich steigende Zahl der stationären Patienten der Belegabteilung dringend die Mitarbeit zusätzlicher Belegärzte erfordere, sei dies unzutreffend. Die Zahl der Belegbetten sei von ehemals 25 auf 22 zurückgegangen, die Zahl der stationären Behandlungsfälle pro Arzt von 110 auf 98,9 Behandlungsfälle je Quartal. Mit dem Beigeladenen Ziff. 1 würde die Anzahl von stationären Patienten auf 65,9 pro Quartal und Arzt absinken. Daraus werde deutlich, dass die ambulante Versorgung den weitaus größeren Teil der Tätigkeit der Belegärzte ausmache. Dies hätte der Beklagte erkennen und kritisch hinterfragen müssen. Die durchschnittliche Fallzahl von Chirurgen liege demgegenüber bei ca. 866 Patienten pro Quartal. Deshalb sei davon auszugehen, dass Dres. H. und Sch. in weitaus überwiegendem Umfang ambulant und nicht stationär tätig seien. Sie stünden damit in einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis zu den im Planungsbereich niedergelassenen Chirurgen. Die belegärztliche Tätigkeit werde daher vorliegend ausschließlich oder doch ganz überwiegend als Durchgangsstation für die Erlangung einer Zulassung missbraucht. Dies gelte umso mehr, als die niedergelassenen Chirurgen Anfangs- und Erhaltungsinvestitionen in mehrfach sechsstelligem Bereich zu tätigen hätten, während die am Krankenhaus tätigen Chirurgen dieselbe Patientenklientel ohne jegliche Investitionen behandeln könnten. Eine derartige Wettbewerbsverzerrung verstoße gegen den Vorrang der niedergelassenen Ärzte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht gab der Kläger ergänzend an, er habe während seiner früheren Tätigkeit als Oberarzt im Krankenhaus M. Hüftendoprothetik gemacht; Knie- und Schulterendoprothetik habe er noch nicht gemacht, dies könne er aber auch in seinem Alter noch lernen. Zwischenzeitlich sei eine weitere Ausschreibung einer Belegarztstelle am Krankenhaus M. erfolgt und zwar eine halbe Stelle als Nachfolge von Dr. H., der nächstes Jahr 65 Jahre alt werde. Er habe sich auch auf diese Stelle beworben. In der Sitzung des Zulassungsausschusses sei die Ausschreibung aufgehoben worden.

Der Beklagte trat dem entgegen und machte geltend, dem Kläger fehle bereits die Anfechtungsbefugnis. Ihm gehe es allein um die - defensive - Abwehr eines weiteren Konkurrenten, während der Abschluss eines Belegarztvertrages mit der Beigeladenen Ziff. 8 nicht angestrebt werde. Ein solcher Abschluss eines Belegarztvertrages komme auch nicht in Betracht, da der Kläger mangels Qualifikation und ohne langjährige OP-Erfahrung dem Anforderungsprofil nicht entspreche. Die Klage sei außerdem unbegründet, die erfolgte Sonderzulassung auf der Grundlage der Bestimmung des § 103 Abs. 7 SGB V genüge den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen. Weder seien mit dem Kläger nur "Scheinverhandlungen" geführt worden, noch werde die belegärztliche Tätigkeit nur "pro forma" ausgeübt und dem Beigeladenen Ziff. 1 über den Weg des § 103 Abs. 7 SGB V der Zugang zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verschafft. Aufgrund der vergleichsweise hohen Anzahl an Leistungen der Endoprothetik der Gelenke sei die Hinzunahme eines weiteren Belegarztes sinnvoll. Nicht zuletzt sei auch die Regelung des § 39 Abs. 2 S. 1 BMV-Ä/§ 31 Abs. 2 S. 1 EKV zu beachten, wonach die stationäre Tätigkeit nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Belegarztes bilden dürfe.

Der Beigeladene Ziff. 1 ließ ergänzend hierzu vortragen, die Reduzierung von 25 auf 22 Betten sei auf die Verkürzung der Verweildauer der Patienten in der stationären Versorgung zurückzuführen. Der geringfügige Rückgang der stationären Fallzahlen von 880 im Jahr 2008 auf 791 im Jahr 2009 sei darauf zurückzuführen, dass Dres. H./Sch. im Jahr 2008 bis an die Grenze der physischen Belastbarkeit operiert hätten und diesen Tätigkeitsumfang nicht weiter hätten aufrecht erhalten können. Aufgrund der hervorragenden Leistungsqualität beider Ärzte steige zudem die Nachfrage nach einer entsprechenden Versorgung im Krankenhaus M., welcher mit der bisherigen Anzahl an Belegärzten am Krankenhaus M. nicht entsprochen werden könne. Ziel der Hinzunahme eines weiteren Belegarztes im Bereich Endoprothetik sei deshalb nicht nur die Entlastung der bisherigen Belegärzte, sondern auch die Versorgung weiterer Patienten, die derzeit auf Wartelisten gesetzt bzw. auf die Versorgung durch andere Krankenhäuser verwiesen werden müssten. Die Beigeladene Ziff. 8 habe sich mit Hilfe ihrer Belegärzte einen hervorragenden Ruf und eine entsprechende Klientel und Nachfrage erworben, die sie durch die Ausschreibung der Belegarztstelle mit einem entsprechenden Anforderungsprofil aufrecht zu erhalten und auszubauen versuche.

Mit Urteil vom 11.05.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klagebefugnis des Klägers sei bereits zweifelhaft. Der für die Erteilung der Belegarztausnahmezulassung maßgeblichen Regelung des § 103 Abs. 7 SGB V komme eine drittschützende Wirkung mit der Folge einer verfahrensrechtlichen Position bei Ablehnung als Mitbewerber zwar dem Grundsatz nach zu, allerdings nur für diejenigen niedergelassenen Ärzte, die sich auf die Ausschreibung der belegärztlichen Tätigkeit hin beworben hätten oder - wenn die Ausschreibung nicht in der gebotenen Form erfolgt sei (vgl. dazu Wagener, MedR 1998, 410) - sonst unmissverständlich gegenüber dem Krankenhausträger ihr Interesse an der belegärztlichen Tätigkeit bekundet hätten. Weiterhin sei Voraussetzung für eine Klagebefugnis, dass der niedergelassene Arzt geltend mache, die vom Krankenhaus ausgeschriebene belegärztliche Tätigkeit ausüben zu können und nach seiner Beurteilung zu Unrecht beim Abschluss eines Belegarztvertrages übergangen worden zu sein (vgl. BSG, Urteile vom 14.03.2001 - B 6 KA 34/00 R -, SozR 3-2500 § 103 Nr. 6 und vom 10.05.2000 - BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 4 S 22; BVerwGNJW 2001, 909). Ziel des Klägers sei aber in erster Linie, die Besetzung der Belegarztstelle und die befürchtete daraus resultierende Ausweitung der bestehenden Überversorgung im Bereich der ambulanten chirurgischen Versorgung im Plangebiet Landkreis L. zu verhindern. Aufgrund des Vortrags des Klägers sei zudem zweifelhaft, ob er aufgrund seiner Qualifikationen und Kenntnisse aktuell dazu in der Lage sei, die auf das Gebiet der Endoprothetik spezialisierte Belegarztstelle ausfüllen zu können. Die Anfechtungsbefugnis des Klägers könne jedoch dahinstehen, da die Klage unbegründet sei. Die beim Abschluss eines Belegarztvertrages nicht zum Zuge gekommenen, im Planungsbereich niedergelassenen Ärzte könnten keine umfassende Nachprüfung der Entscheidung des Berufungsausschusses verlangen, sondern nur die Verletzung eigener, ihnen durch § 103 Abs. 7 SGB V eingeräumter Rechte geltend machen. Sie könnten zur Verhinderung einer weiteren Überversorgung nur rügen, dass die Belegarztstelle nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben worden sei, dass sie nach ihrer Qualifikation, ihrer Schwerpunktsetzung und der räumlichen Lage ihrer Praxis grundsätzlich geeignet und persönlich auch willens seien, unter den üblichen Bedingungen im Krankenhaus belegärztlich tätig zu werden, und dass die Entscheidung des Krankenhausträgers, mit ihnen einen Belegarztvertrag nicht abzuschließen, auch unter Beachtung der dem Krankenhausträger insoweit zukommenden Auswahl- und Abschlussfreiheit im Hinblick auf den Vorrang der bereits niedergelassenen Ärzte nicht sachgerecht sei (BSG, Urteil vom 14.03.2001, a.a.O., Rdnr. 36). Die angefochtene Entscheidung des Beklagten genüge diesen Kriterien. Die Stellenausschreibung im Ärzteblatt Baden-Württemberg habe gewährleistet, dass alle vorrangig zu berücksichtigen Vertragsärzte von der Ausschreibung Kenntnis erhielten. Nach der Auffassung der fachkundig besetzten Kammer sei auch nicht zu erkennen, dass die in Aussicht genommene belegärztliche Tätigkeit vom Beigeladenen Ziff. 1 nur pro forma ausgeübt werde und faktisch völlig gegenüber der Tätigkeit in der niedergelassenen Praxis, die nach derzeitigem Stand in den Räumen des Krankenhauses M. angesiedelt sei, in den Hintergrund treten würde. Dies ergebe sich weder aus der Zahl der Belegbetten (aktuell 22) noch aus dem anstehenden Operationsaufkommen bzw. dem sonstigen Tätigkeitsprofil. Die auf den Beigeladenen Ziff. 1 entfallende Belegbettenzahl von 4,4 stehe weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Operationsaufkommen einer substantiellen belegärztlichen Tätigkeit entgegen. Im Krankenhaus M. würden nach den vorliegenden Zahlen im Bereich der Allgemein- und Unfallchirurgie jährlich ca. 800 stationäre Fälle versorgt, was bei drei Ärzten ca. 266 Fälle pro Jahr und Arzt bzw. 66 Fälle pro Quartal und Arzt ausmache. Aufgrund dieses Operationsvolumens in Verbindung mit der notwendigen Vor- und Nachversorgung der stationären Patienten bestünden keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Beigeladene Ziff. 1 jedenfalls zu einem erheblichen Teil seiner Arbeitszeit mit der belegärztlichen Tätigkeit ausgelastet sein werde. Eine "Vollauslastung" werde nicht verlangt, da die belegärztliche Tätigkeit nicht den Schwerpunkt der Gesamttätigkeit bilden müsse und dürfe. In einem vergleichbaren Fall habe das LSG Schleswig-Holstein (Urteil vom 17.11.2009 - L 4 KA 25/07 -, NZS 2010, 582) eine erhebliche Auslastung eines Facharztes (für Orthopädie) bei 100 - 150 Hüft-Endoprothesen pro Jahr in Verbindung mit der Betreuung von insgesamt 14 Belegbetten durch sieben Belegärzte angenommen. Gegen eine missbräuchliche Nutzung der Belegarztzulassung spreche zudem, dass der Beigeladene Ziff. 8 aus wirtschaftlichen Gründen den Ausbau der belegärztlichen Abteilung auf dem Spezialgebiet der Endoprothetik anstrebe und durch das Hinzutreten eines sehr erfahrenen, fachlich besonders qualifizierten Operateurs wie dem Beigeladenen Ziff. 1 die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des - kleinen - Krankenhauses M. weiter verbessern wolle. Vor diesem Hintergrund sei auch die Auswahlentscheidung des Beigeladenen Ziff. 8 nicht zu beanstanden. Der Beigeladene Ziff. 1 habe mit zwei Facharztbezeichnungen (Chirurgie und Unfallchirurgie/Orthopädie) das Ausschreibungsprofil im Vergleich zum Kläger besser erfüllt, ohne dass erkennbar wäre, dass die Ausschreibung speziell auf ihn zugeschnitten gewesen sei. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Kläger nur "Scheinverhandlungen" geführt worden seien oder eine negative Voreingenommenheit ihm gegenüber bestanden habe, auch wenn dieser offenbar nicht der Wunschkandidat des Beigeladenen Ziff. 8, seines früheren Arbeitgebers, gewesen sei.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.06.2012 Berufung eingelegt. Er lässt erneut darauf hinweisen, dass die Zahl der Belegbetten zwischen 2008 und 2009 um 12 %, die Zahl der stationären allgemein-chirurgischen Fälle um 10 % zurückgegangen sei. Im Jahr 2008 seien täglich im Durchschnitt zwei Eingriffe pro Arzt erfolgt, im Jahr 2009 4,7 Eingriffe pro Tag durch alle vier Chirurgen zusammen. Die durchschnittliche Fallzahl für Chirurgen im ambulanten Bereich habe im Quartal 3/10 bei 866 Patienten gelegen. Sofern die vier Belegärzte im stationären und ambulanten Bereich insgesamt mindestens die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe der Chirurgen erreichten, würde sich eine Zahl von 736 ambulanten Behandlungen im Jahr 2009 ergeben. Die weit überwiegende Tätigkeit werde mithin ambulant und nicht stationär ausgeübt. Der Kläger sei anfechtungsberechtigt. Hierfür sei nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 14.03.2001 ausreichend, dass sich ein Arzt auf die Stellenausschreibung bewerbe und geltend mache, die ausgeschriebene Tätigkeit ausüben zu können und nach seiner Beurteilung zu Unrecht beim Abschluss des Belegarztvertrages übergangen worden zu sein. Es komme deshalb für die Zulässigkeit der Klage nicht darauf an, ob der Arzt tatsächlich (objektiv) zur Ausübung der konkreten belegärztlichen Tätigkeit in der Lage sei. Die Sonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V sei wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG nichtig. Sie setze im Gegensatz zu allen anderen Zulassungsvorschriften keine Bedarfsprüfung voraus und gewähre - systemwidrig - für alle Facharztgruppen einen vollen Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Der Abschluss eines Belegarztvertrages führe per se noch nicht zur Teilnahme des Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung. Da Belegärzte aber eine vertragsärztliche Zulassung benötigten, komme es zu der abstrusen Situation, dass nicht die Belegarztgenehmigung einem zugelassenen Arzt die stationäre Behandlung eröffne, sondern dass mit einem Arzt ein Belegarztvertrag geschlossen werde und dieser aufgrund dessen eine (ambulante) vertragsärztliche Zulassung erhalte. So komme es - wie im vorliegenden Fall - zu immer weiter ansteigenden Überversorgungsraten in dem betroffenen fachärztlichen Gebiet. Der Gesetzgeber habe bei Einführung des § 103 Abs. 7 SGB V zwar die Gefahr der "Unterwanderung" der Bedarfsplanung gesehen (BT-Drucksache 13/7264). Allerdings habe der Gesetzgeber daraus nicht den Schluss gezogen, die Sonderzulassung für Belegärzte unter Sicherstellungsgesichtspunkte zu stellen. Dies greife unzulässig in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ein. Zwar solle in überversorgten Gebieten der grundsätzliche Vorrang der niedergelassenen Ärzte durch eine nur ausnahmsweise Zulassung eines Belegarztes erreicht werden, und zwar dann, wenn sich in dem Plangebiet kein Vertragsarzt für die Tätigkeit finde. Es sei dem Kläger aber nicht zumutbar, einen weiteren direkten Konkurrenten in seinem Planungsbereich zu dulden. Falls am Krankenhaus M. ein fünfter Belegarzt zugelassen werde, sei ihm ein weiterer Betrieb seiner Praxis aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich. Der Beklagte habe es versäumt, dem Einwand des Zulassungsausschusses nachzugehen, es könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob die belegärztliche Tätigkeit tatsächlich gewollt sei oder lediglich missbräuchlich zur Erlangung einer vertragsärztlichen Tätigkeit genutzt werden solle. Hierzu habe aufgrund der dargestellten Zahlen Veranlassung bestanden. Der Beklagte habe insoweit seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt und sich lediglich auf den Vortrag des Bevollmächtigten des Beigeladenen Ziff. 1 gestützt. Dies habe das Sozialgericht unberücksichtigt gelassen. Auch das BSG gehe von einem unzulässigen Unterlaufen von Zulassungsbeschränkungen als eigentlichem Beweggrund für den Abschluss eines Belegarztvertrages dann aus, wenn die belegärztliche Tätigkeit faktisch völlig gegenüber der Tätigkeit in der niedergelassenen Praxis in den Hintergrund treten solle. Zwar habe das Krankenhaus M. kein Interesse an der ambulanten Versorgung, da es selbst nicht an der ambulanten Versorgung teilnehme. Ein erhebliche Interesse bestehe aber daran, die niedergelassenen Chirurgen der dem Krankenhaus M. angegliederten Gemeinschaftspraxen an sich zu binden, durch gegenseitige Zuweisungen im vor- und nachoperativen Bereich die Patienten "im Krankenhaus" zu halten und dadurch die übrigen niedergelassenen Ärzte "auszutrocknen". Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts seien mit ihm, dem Kläger, nur Scheinverhandlungen geführt worden. Dies folge bereits daraus, dass bei seinem Vorstellungsgespräch im März 2010 Dr. Sch. anwesend gewesen sei, der als Belegarzt nicht in die administrative Struktur des Krankenhauses M. eingebunden sei, allerdings ein Interesse an einem Bewerber habe, der sich in seine Berufsausübungsgemeinschaft einkaufen werde. Diese Verknüpfung sei nach der Rechtsprechung des BSG jedoch gerade unzulässig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.05.2012 und den Beschluss des Beklagten vom 06.04.21011/Bescheid vom 26.08.2011 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladenen Ziff. 1 und 8 beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

der Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt auf seinen bisherigen Vortrag Bezug. Lediglich zusammenfassend sei nochmals festzuhalten, dass der Kläger nicht anfechtungsbefugt sei. Ihm gehe es lediglich um die Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten, nicht aber um den Abschluss eines eigenen Belegarztvertrages. Auch nach seinem eigenen Vortrag fehle ihm die erforderliche Schwerpunktbezeichnung Orthopädie/Unfallchirurgie bzw. spezielle Unfallchirurgie sowie die geforderte langjährige Operationserfahrung in Endoprothetik zumindest des Knie- und des Hüftgelenks. Damit fehle es an der für die Anfechtungsbefugnis vom BSG geforderten Voraussetzung, dass der Konkurrent geltend machen müsse, die belegärztliche Tätigkeit auch ausüben zu können und zu Unrecht bei der Auswahl übergangen worden zu sein. Die Regelung des § 103 Abs. 7 SGB V sei auch nicht verfassungswidrig, sondern biete mit der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeiten gerade eine Möglichkeit, trotz angeordneter Zulassungsbeschränkung eine Zulassung zu erlangen und damit die Verhältnismäßigkeit der Zulassungssperren im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG zu gewährleisten. Es seien auch keine Scheinverhandlungen mit dem Kläger geführt worden. Vielmehr habe der Kläger bei dem Vorstellungsgespräch im März 2010 einräumen müssen, weder über die geforderte formale noch materielle Qualifikation zu verfügen. Es stelle sich daher eher die Frage, ob nicht von Seiten des Klägers zum Schein verhandelt worden sei. Ebenso spreche nichts dafür, dass die belegärztliche Tätigkeit nur pro forma ausgeübt werden solle, da dem Beigeladenen Ziff. 1 tatsächlich rechnerische 4,4 Belegbetten zur Verfügung stehen würden.

Der Beigeladene Ziff. 1 hat mit Schriftsatz vom 13.11.2013 Stellung genommen und wiederholt seine Auffassung, dem Kläger gehe es nicht um die Ausübung einer belegärztlichen Tätigkeit, sondern allein um die Verhinderung weiterer Belegarztstellen, um den Beigeladenen Ziff. 1 als Konkurrenten fernzuhalten. Im Übrigen schließe er sich der Auffassung des Beklagten an.

Die Beigeladene Ziff. 8 hat sich den Ausführungen des Beigeladenen Ziff. 1 angeschlossen. Die übrigen Beteiligten haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 SGG statthaft und gem. § 151 SGG auch sonst zulässig.

Sie ist auch begründet. Der Beklagte hat dem Beigeladenen Ziff. 1 zu Unrecht mit Beschluss vom 06.04.2011/Bescheid vom 29.08.2011 die Belegarztsonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V beim Krankenhaus M. erteilt. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor. Die Erteilung der Sonderzulassung verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Der Kläger ist anfechtungsberechtigt.

Er hat sich als im - für Chirurgen gesperrten - Planungsbereich Landkreis L. niedergelassener Facharzt für Chirurgie auf die streitgegenständliche Belegarztstelle beworben und ist im Bewerbungsverfahren gegenüber dem Beigeladenen Ziff. 1 unterlegen. Das BSG hat zur Anfechtungsbefugnis der Mitbewerber gegen die Zulassung eines externen Bewerbers, mit dem das ausschreibende Krankenhaus den Belegarztvertrag abgeschlossen hat, bereits in seinem Grundsatzurteil vom 14.03.2001 (B 6 KA 34/00 R - in Juris) ausgeführt, den an der belegärztlichen Tätigkeit interessierten, im Planungsbereich bereits niedergelassenen Ärzten seien Rechtspositionen eingeräumt, die ihre förmliche Beteiligung am Zulassungsverfahren gebieten würden. Deshalb müssten sie nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich auch befugt sein, diese Rechte im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen. Dies könne nach der derzeitigen Rechtslage nur im Verfahren der Anfechtung (§ 54 Abs. 1 SGG) der Entscheidung des Berufungsausschusses geschehen, einen externen Bewerber, mit dem das Krankenhaus einen Belegarztvertrag abgeschlossen hat, zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Zur Anfechtung befugt seien dabei nur diejenigen Ärzte, die sich auf die Ausschreibung der belegärztlichen Tätigkeit hin beworben haben oder - wenn die Ausschreibung nicht in der gebotenen Form erfolgt sei (vgl. dazu Wagener, MedR 1998, 410) - sonst unmissverständlich gegenüber dem Krankenhausträger ihr Interesse an der belegärztlichen Tätigkeit kundgetan hätten. Weiterhin ist Voraussetzung für eine Klagebefugnis, dass der niedergelassene Arzt geltend mache, die vom Krankenhaus ausgeschriebene belegärztliche Tätigkeit ausüben zu können und nach seiner Beurteilung zu Unrecht beim Abschluss eines Belegarztvertrages übergangen worden zu sein (a.a.O. RdNr. 35).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger erfüllt. Er hat sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben und macht geltend, die Tätigkeit ebenfalls ausüben zu können sowie zu Unrecht beim Abschluss des Belegarztvertrages nicht berücksichtigt worden zu sein. Dem Kläger fehlt entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts auch nicht schon deshalb die Anfechtungsbefugnis, weil nach seinen eigenen Angaben zweifelhaft sein könnte, ob er aufgrund seiner Qualifikation derzeit aktuell in der Lage sei, die Anforderungen an die Belegarzttätigkeit zu erfüllen. Für die Frage der Anfechtungsbefugnis ist vielmehr ausreichend, worauf der Kläger-Vertreter zutreffend hingewiesen hat, dass der Kläger dies subjektiv geltend macht, ohne dass - im Rahmen der Anfechtungsbefugnis - bereits eine objektiv Überprüfung zu erfolgen hätte. Dies ist der Begründetheitsprüfung vorbehalten, zumal auch die Anforderungen an die Belegarzttätigkeit als solche der materiell-rechtlichen Prüfung unterliegen. Das BSG hat in seinem Urteil vom 02.09.2009 (- B 6 KA 27/08 R -, in Juris) nochmals die Abhängigkeit der Anfechtungsbefugnis von den formellen Voraussetzungen des Besetzungsverfahrens herausgestellt. Es hat hierzu ausgeführt, das Rechtschutzkonzept des BSG gehe davon aus, dass sich auf eine Ausschreibung jedermann formell bewerben könne. Wenn dann ein konkurrierender Interessent, der sich ebenfalls beworben habe, die Auswahl für rechtswidrig halte, könne er dies mit Widerspruch und Klage überprüfen lassen (a.a.O.RdNr. 32). Auf die Frage, ob er nach objektiven Kriterien als Bewerber tatsächlich in Betracht gekommen ist, kommt es für die Frage der Anfechtungsbefugnis danach nicht an.

Da die Klage bereits als offensive Konkurrentenklage (vgl. hierzu zuletzt BSG Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R -) zulässig ist, braucht nicht abschließend entschieden werden, ob die Klage auch als defensive Konkurrentenklage zulässig wäre. Nach Auffassung des Senats ist dies allerdings hilfsweise zu bejahen. Vertragsärzte sind nach der Rspr. des BSG (Urt. v. 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - m.w.N) berechtigt, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet und (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist. Letzteres hat das BSG angenommen, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Leistungserbringern nicht abgedeckt wird (BSG SozR 4-1500 § 53 Nr 26). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der räumlichen Nähe und der Eröffnung der Teilnahme des Beigeladenen Ziff. 1 an der vertragsärztlichen Versorgung, die gemäß § 39 Abs. 2 BMV-Ä den Schwerpunkt der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 bilden muss, hier unzweifelhaft vor. Die Einräumung des Status als Belegarzt hängt davon ab, dass das Krankenhaus einen Bedarf an operativen Leistungen hat, der von den übrigen zugelassenen Vertragsärzten nach Meinung des Krankenhauses nicht gedeckt werden kann. Insoweit liegt hinsichtlich der Voraussetzung (3.) bei der Sonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V eine vergleichbare Ausgangssituation vor wie bei der Zulassung eines Vertragsarztes im Wege der Sonderbedarfszulassung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (grundlegend Beschluss v. 17.08.2004 - 1BvR 378/00) kann eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat, das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigen, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel steht. Eine solche Situation hat das BVerfG für das System des Vertragsarztrechts wegen der Zulassungsbeschränkungen und der Deckelung der Gesamtvergütung angenommen. Kommt es durch hoheitliche Maßnahmen zu weiter gehenden Eingriffen in die gesetzlich durchstrukturierten Marktbedingungen, können die im System eingebundenen Leistungserbringer in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sein. Von der Möglichkeit einer solchen Rechtsbeeinträchtigung des Klägers als bereits niedergelassenem Arzt ist vorliegend auszugehen. Bei Überversorgung mit 177 % führt die Entscheidung des Krankenhausträgers zur Ausschreibung einer weiteren (hier sogar der fünften) Belegarztstelle dazu, dass Überversorgung in einem solchen Maße verstärkt wird, dass dadurch dem einzelnen Arzt erhebliche Wettbewerbsnachteile erwachsen. Ihm muss deshalb die Möglichkeit gegeben sein, die Rechtmäßigkeit der Zulassung des weiteren Belegarztes zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtlich prüfen zu lassen.

In Bezug auf die offensive Konkurrentenklage ist zu beachten, dass entsprechend dem Urteil des BSG vom 14.03.2001 die beim Abschluss eines Belegarztvertrages unterlegenen Bewerber die getroffenen Auswahlentscheidung allerdings nicht umfassend zur Überprüfung stellen können, sondern nur die Verletzung eigener, ihnen nach § 103 Abs. 7 SGB V eingeräumter Rechte geltend machen können. Die Vorschrift lautet:

"In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluss von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren."

Mit dieser - durch Art. 1 Nr. 36 des 2. Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz) vom 23.06.1997 (BGBl I S 1520) eingeführten Regelung trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass es zwischen dem Ziel einer Förderung der als ökonomisch sinnvoll bewerteten belegärztlichen Tätigkeit und den auf der Grundlage der §§ 101 und 103 SGB V angeordneten Zulassungsbeschränkungen zu Verwerfungen kommen kann (BSG, Urteil vom 14.03.2001, a.a.O.) Da die belegärztliche Tätigkeit nach § 121 Abs. 2 SGB V an die Zulassung des Behandlers zur vertragsärztlichen Versorgung gebunden ist, kann der Krankenhausträger eine belegärztliche Versorgung nur anbieten, wenn ein zugelassener Vertragsarzt der jeweiligen Fachrichtung zur Verfügung steht. In Planungsbereichen, die wegen Überversorgung für die Neuzulassung von Vertragsärzten der jeweils betroffenen Arztgruppe gesperrt sind, könnte belegärztliche Tätigkeit ohne die Sonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V nicht realisiert werden, wenn bereits zugelassene Ärzte zur Übernahme der Funktion eines Belegarztes nicht fähig und/oder nicht willens sind (vgl. Wagener, MedR 1998, 410). Nur für diesen Fall nimmt der Gesetzgeber die grundsätzlich unerwünschte Ausweitung einer bereits bestehenden Überversorgungssituation in Kauf. Deshalb darf in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich ein Krankenhausträger einen Belegarztvertrag mit einem dort nicht bereits niedergelassenen Vertragsarzt nur abschließen, wenn sich in dem Planungsbereich kein Vertragsarzt für die Tätigkeit findet (Ausschussbegründung zu Art. 1 Nr. 27d des 2. GKV-NOG, BT-Drucks 13/7264 S 66). Den niedergelassenen Ärzten kommt im Hinblick auf die Besetzung von Belegarztstellen damit ein Vorrang zu, der sie vor der Ausweitung der Überversorgung schützen soll.

§ 103 Abs. 7 SGB V räumt dem mit seiner Bewerbung unterlegenen niedergelassenen Facharzt dementsprechend eigene Rechte auch nur insoweit ein, als eine Steigerung der bestehenden Überversorgung möglichst vermieden werden soll. Daraus folgt, dass der unterlegene Bewerber die Überprüfung der Zulassungsentscheidung, in der die Zulassungsgremien die Ordnungsgemäßheit der Auswahlentscheidung zu überprüfen haben, nur unter daraufhin überprüfen lassen kann,

- ob die Belegarztstelle ordnungsgemäß ausgeschrieben worden ist,

- ob er als Mitbewerber nach Qualifikation, Schwerpunktsetzung und der räumlichen Lage seiner Praxis als grundsätzlich geeignet und persönlich auch willens anzusehen ist, unter den üblichen Bedingungen im Krankenhaus belegärztlich tätig zu werden,

- ob die Entscheidung des Krankenhausträgers, mit ihm keinen Belegarztvertrag abzuschließen, auch unter Beachtung der dem Krankenhausträger insoweit zukommenden Auswahl- und Abschlussfreiheit im Hinblick auf den Vorrang der bereits niedergelassenen Ärzte sachgerecht ist.

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der ordnungsgemäßen Ausschreibung der Belegarztstelle, so dass der Kläger in seinen nach § 103 Abs. 7 SGB V geschützten materiellen Rechten verletzt ist.

Der Senat hält das vom Krankenhaus M. gewählte Anforderungsprofil seinem Spezialisierungsgrad nach für zu eng gefasst mit der Folge, dass den niedergelassenen Fachärzten für Chirurgie von vorneherein die - realistische - Möglichkeit einer erfolgreichen Bewerbung verschlossen bleibt. Damit verstößt bereits die Ausschreibung der Belegarztstelle gegen den nach § 103 Abs. 7 SGB V grundsätzlich zu beachtenden Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte.

Für die Auswahlentscheidung ist ein transparentes, allen Bewerbern gegenüber gleiches Anforderungsprofil der konkreten belegärztlichen Tätigkeiten in qualitativer wie quantitativer Hinsicht sowie die Angabe von Kriterien für die Auswahlentscheidung unerlässliche Voraussetzung (BSG, Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 27/08 R - a.a.O. RdNr. 33). Dem würde es nicht entsprechen, wenn die maßgeblichen Kriterien derart speziell wären, dass sie allein von einer bestimmten - nämlich der vom Krankenhausträger favorisierten - Person erfüllt werden könnten. Diese Vorgaben sind nicht allein bei den Verhandlungen mit Bewerbern zu berücksichtigen, sondern ihnen muss bereits die diesen vorausgehende Ausschreibung und das darin beschriebene Anforderungsprofil entsprechen, da das Aufstellen eines Anforderungsprofils bereits eine Maßnahme der Vorauswahl darstellt.

Neben speziellen Schwerpunktbezeichnungen fordert das Krankenhaus M. in der Ausschreibung der Belegarztstelle im Ärzteblatt Baden-Württemberg Heft 10/2010 insbesondere langjährige operative Erfahrung und aktuelle Kenntnisse in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks. Mit diesem Ausschreibungsprofil verfolgt das Krankenhaus M. sein Ziel, die Belegarztabteilung im Bereich der Endoprothetik aufrecht zu erhalten und auch weiter auszubauen. Der Beigeladene Ziff. 1 hat hierzu vortragen lassen, durch die Erweiterung der Zahl der Belegärzte im Bereich der Endoprothetik solle nicht nur eine Entlastung der bisher dort tätigen zwei Belegärzte erreicht werden, sondern auch die Versorgung von Patienten ermöglicht werden, die derzeit auf Wartelisten gesetzt würden oder an andere Krankenhäuser verwiesen werden müssten. Ein derartiges wirtschaftliches Interesse des Krankenhauses M. an Auslastung und Ausbau seiner mit 22 Betten eher kleinen Belegabteilung ist zwar nachvollziehbar; die Durchsetzung dieses Interesse vollzieht sich hier aber in nicht durch § 103 Abs. 7 SGB V gedeckter Weise auf Kosten der niedergelassenen Vertragsärzte. Denn diesen ist aufgrund des spezialisierten Anforderungsprofils von vorneherein die Möglichkeit verwehrt, sich mit Erfolgsaussicht auf die ausgeschriebene Belegarztstelle zu bewerben. Über die geforderte langjährige Operationserfahrung in Endoprothetik der großen Gelenke einschließlich aktueller Kenntnisse hierzu wird regelmäßig nur ein klinisch tätiger Krankenhausarzt oder ein bereits als Belegarzt tätiger niedergelassener Chirurg verfügen, nicht jedoch ein mehrjährig niedergelassener Facharzt für Chirurgie. Derartige Eingriffe gehören nicht zum Behandlungsspektrum niedergelassener Chirurgen im Rahmen ihrer ambulanten Operationen. Die endoprothetischen Operationen der Schulter-, Knie und Hüftgelenke sind vielmehr zweifelsohne dem Kernbereich der Krankenhausleistungen zuzuordnen, wobei dahinstehen kann, ob die Durchführung an einem Krankenhaus der Grundversorgung möglich ist oder ob, was der Kläger und ihm folgend der Zulassungsausschuss im Hinblick auf die Sicherstellung etwaiger Notfallbehandlungen für erforderlich halten, derartige Eingriffe nur einem Krankenhaus der Maximalversorgung vorgenommen werden dürfen. Sachlich gerechtfertigt ist es durchaus, aufgrund der Komplexität derartiger prothetischer Leistungen hierfür eine entsprechende langjährige OP-Erfahrung mit einem aktuellen Kenntnisstand zu fordern. Diese Anforderungen an den Operateur werden niedergelassenen Fachärzte für Chirurgie aber regelmäßig fehlen. Dies spricht zum einen dafür, dass sie - entgegen den Vorgaben des § 103 Abs. 7 SGB V - von der Bewerbung um die ausgeschriebene Belegarzttätigkeit generell ausgeschlossen sind, zum anderen dafür, dass eine derartige Operationstätigkeit - unter den Bedingungen des § 103 Abs. 7 SGB V in gesperrten Planungsbereichen mit Überversorgung - nicht Gegenstand belegärztlicher Tätigkeit sein kann.

Das BSG hat in seiner Ausgangsentscheidung zu § 103 Abs. 7 SGB V vom 14.03.2001 (B 6 KA 34/00 R, a.a.O. Rd. Nr. 33) zum Normzweck dieser Regelung ausgeführt, die der Vorschrift immanente Begünstigung der in einem gesperrten Planungsbereich niedergelassenen Ärzte sei nicht das eigentliche Ziel des Gesetzes; es liege vielmehr darin, die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit zu fördern und gleichzeitig einen Anstieg der Überversorgung zu verhindern. Um dies erreichen zu können, werde das Interesse der im Planungsbereich niedergelassenen Ärzte an der Ausübung auch einer belegärztlichen Tätigkeit mobilisiert. Damit solle einerseits verhindert werden, dass jedes neue Angebot einer belegärztlichen Tätigkeit zu einer weiteren Steigerung der Überversorgung führe, und andererseits, dass die belegärztliche Tätigkeit als Durchgangsstation für die Erlangung einer Zulassung missbraucht werden könne. Diese Vorgaben des BSG erfordern nach Auffassung des erkennenden Senates, dass die belegärztliche Tätigkeit grundsätzlich ein Spektrum umfasst, das von niedergelassenen Ärzten des jeweiligen Fachgebietes auch ausgeübt werden kann. Nur in diesem Fall kann bei diesen Ärzten ein Interesse an der belegärztlichen Tätigkeit, das es zu mobilisieren gilt, überhaupt bestehen. Wird hingegen eine belegärztliche Tätigkeit des Inhalts ausgeschrieben, die allein von aktuell tätigen Krankenhausärzten oder an anderen Kliniken behandelnden Belegärzten ausgeübt werden kann, so wird ein solches Interesse generell nicht vorliegen können. Die niedergelassenen Ärzte werden in einem solchen Fall vor dem Dilemma stehen, sich mangels Erfolgsaussichten entweder gar nicht auf eine solche Tätigkeit zu bewerben oder aber im Falle einer Bewerbung dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, sich lediglich zum Zwecke der defensiven Konkurrentenabwehr beworben zu haben, da sie das Anforderungsprofil nicht erfüllen.

So ist es dem Kläger im vorliegenden Fall ergangen: er hat sich beworben, musste sich aber vom Beklagten entgegenhalten lassen, das Anforderungsprofil nicht erfüllt zu haben, da er weder über eine der geforderten Schwerpunktbezeichnungen noch über die entsprechende Operationserfahrung verfügt. Dass ihm letzteres nicht allein, sondern auch allen anderen niedergelassenen Fachärzten für Chirurgie unmöglich war, hat der Berufungsausschuss nicht gesehen. Nicht maßgeblich ist dabei, ob das vom Krankenhaus M. gewählte Anforderungsprofil speziell auf den Beigeladenen Ziff. 1 zugeschnitten war. Die Benachteiligung der niedergelassenen Fachärzte für Chirurgie besteht schon darin, dass dieses Profil für sie "auf etwas Unmögliches" gerichtet war (BSG, Urteil vom 02.09.2009, a.a.O. RdNr. 34). Die Ausgliederung der endoprothetischen Versorgung von Krankenhäusern auf Belegärzte führt daher in gesperrten Planungsbereichen zwangsläufig zu einer Ausweitung der Überversorgung, da eine derartige Belegarzttätigkeit nur von aktuell noch tätigen Klinikärzten ausgeübt werden kann, die stets einer Sonderzulassung bedürfen und damit zusätzliche Behandlungskapazitäten im Bereich der ambulanten Versorgung schaffen werden. Endoprothetische Operationen unterfallen deshalb dem Spektrum der Krankenhausleistungen, sind von erfahrenen Klinikärzten durchzuführen; und damit einer Ausübung im Rahmen belegärztlicher Tätigkeit - in gesperrten Planungsgebieten - nicht zugänglich.

Der Senat sieht sich an dieser Bewertung auch nicht durch die Ausführungen des BSG im Urteil vom 09.02.2009 (- B 6 KA 27/08 R -, a.a.O. RdNr. 35) gehindert. Darin hat das BSG zwar geäußert, es teile nicht die Ansicht, das Anforderungsprofil für eine Belegarzttätigkeit stets dem entsprechen müsse, was von niedergelassenen, dem operativen Krankenhausbetrieb seit längerem entwachsenen (HNO-)Ärzten (noch) geleistet werden könne. Es erscheine nicht von vornherein unzulässig, in ein Anforderungsprofil auch solche Leistungen aufzunehmen, die zwar grundsätzlich belegärztlich, fachlich jedoch allein von noch vor kurzem an einem Krankenhaus operativ tätigen Ärzten mit entsprechender Erfahrung erbracht werden könnten. In dem vom BSG entschiedenen Fall ging es um eine Belegarzttätigkeit auf HNO-ärztlichen Fachgebiet und das BSG hatte bereits festgestellt, dass die im zu entscheidenden Fall umschriebenen Leistungsbereiche der konkreten belegärztlichen Tätigkeit die typischen Leistungsbereiche HNO-ärztlicher, namentlich HNO-belegärztlicher Tätigkeit wiedergegeben hätten. Dies ist für die chirurgischen Leistungen der Endoprothetik - wie dargestellt - nicht anzunehmen. Die Frage, ob das Ausschreibungsprofil der belegärztlichen Tätigkeit für die niedergelassenen Ärzte auf etwas Unmögliches gerichtet war, hatte das BSG in dem genannten Urteil letztlich nicht zu entscheiden.

Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Durchführung endoprothetischer Leistungen als mögliche ärztliche Tätigkeit im Rahmen einer Belegarztsonderzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V angesehen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 17.11.2009 - L 4 KA 25/27 - in Juris). Im dort zu entscheidenden Fall stellte sich die Frage nach dem speziellen Ausschreibungsprofil der Belegarzttätigkeit jedoch nicht in gleicher Weise wie im vorliegenden Fall, obwohl das Belegkrankenhaus dort, um die Zukunft des Hauses zu sichern, einen noch nicht niedergelassenen (!) orthopädischen Facharzt mit der nötigen fachlichen und persönlichen Qualifikation gewinnen wollte. Denn die Konfliktlage bestand dort allein in der Konkurrenzsituation zu den bereits tätigen Belegärzten, die mit ihren Behandlungszahlen den vom Krankenhaus gewünschten Umfang nicht erreichten. Es ging deshalb vorrangig darum, ob Kriterien der Bedarfsplanung bei der Entscheidung über die Belegarztsonderzulassung herangezogen werden konnten. Auf die konkrete Fassung der Ausschreibung in Hinblick auf den Schutz der niedergelassenen Fachärzte vor Ausweitung der Überversorgung nach § 103 Abs. 7 SGB V kam es hingegen nicht an.

Die Erteilung der Belegarzt-Ausnahmezulassung des Beklagten zugunsten des Beigeladenen Ziff. 1 ist daher schon mangels ordnungsgemäßer Stellenausschreibung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Frage, ob die Belegarzttätigkeit tatsächlich in nennenswertem Umfang ausgeübt werden sollte oder die Sonderzulassung nur pro forma zur Erlangung einer Zulassung trotz gesperrten Planbereichs genutzt werden sollte, bedarf daher keiner weitergehenden Prüfung durch den Senat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da die Beigeladenen Ziff. 2 bis 8 im erstinstanzlichen Verfahren (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen haben, entsprach es nicht der Billigkeit, dem Beklagten und dem Beigeladenen Ziff. 1 auch ihre außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz aufzuerlegen. Für das Berufungsverfahren entsprach es aus dem gleichen Grund nicht der Billigkeit, dem Beklagten und den Beigeladenen Ziff. 1 und 8 auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 bis 7 aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und C. X. 16.5, 16.8 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. 2012. Die Beteiligten waren sich über die Höhe des zu erwartenden Gewinns für drei Jahre im Bereich der gesetzlich Versicherten, bemessen mit 302.250, 00 EUR im erstinstanzlichen Verfahren einig.

Der Senat verkennt nicht, dass die Freiheit des Krankenhausträgers, nach Belieben Stellen von angestellten Krankenhausärzten in Belegarztstellen umzuwandeln, durch die obenstehende Entscheidung zu Gunsten der bereits niedergelassenen (und bei Überversorgung mit jeder neuen Belegarztstelle in ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten weiter eingeschränkten) Ärzte begrenzt wird. Eine Regelung, wonach der Errichtung neuer Belegarztstellen auch im überversorgten Gebiet grundsätzlich der Vorrang zukommt vor den Interessen der niedergelassenen Ärzte, vermag der Senat dem Gesetz (§§ 73 Abs. 6, 115 Abs. 1, 121 Abs. 1 bis 5 SGB V, §18 KHEntgG, 38-41 BMV-Ä) nicht, wie dargelegt auch nicht § 103 Abs. 7 SGB V, zu entnehmen. Er hat deshalb die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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