Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 03939/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2657/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2002 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2000 verurteilt, der Klägerin eine stationäre Leistung zur Rehabilitation wegen ihrer Schuppenflechte in einer geeigneten Einrichtung in Davos zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme streitig, und zwar durchzuführen in erster Linie am Toten Meer, hilfsweise in Davos (Schweiz).
Die am 1982 geborene ledige Klägerin war bis September 1999 bei der Techniker Krankenkasse (TK) familienversichert. Vom 01. September 1999 bis 31. August 2001 war sie im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses zur Einzelhandelskauffrau bei dem Warenhaus der K. AG in S. beschäftigt und bei der K. Betriebskrankenkasse (BKK) pflichtversichert. Diese ist seit 01. Januar 2004 mit der BKK Krupp Thyssen und Partner fusioniert. Das Beschäftigungsverhältnis wurde am 01. August 2001 zum 31. August 2001 durch die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen gekündigt, nachdem nach ihren Angaben zuvor ein Kündigungsversuch der K. AG im arbeitsgerichtlichen Verfahren gescheitert war. Die Klägerin bezog vom 01. September bis zur Erschöpfung des Anspruchs Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi). Sie nahm in der Zeit vom 02. April bis 26. Juni 2002 an einer von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit (jetzt: Bundesagentur für Arbeit – BA) geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme mit dem Ziel IT-Assistentin teil. Sie steht nunmehr seit 19. September 2002 in einer Ausbildungs-/Qualifizierungsmaßnahme zur Bürokauffrau bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Stuttgart mit einer von der BA getragenen Ausbildungsvergütung von EUR 200,- im Monat, die sie voraussichtlich im April/Mai 2005 beenden wird.
Die Klägerin leidet seit ihrem dritten Lebensjahr an einer Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) am ganzen Körper. Sie führte vom 27. Juli bis 24. August 1997, vom 13. August bis 03. September 1998 und vom 29. Mai bis 26. Juni 1999 Aufenthalte am Toten Meer durch. Hierüber liegen ärztliche Abschlussberichte des Dr. R. vom 03. September 1998 und vom 27. Juni 1999 vor, auf denen als Institution "M.R.E. - European Medical Center Ltd., Solarium Ein Bokek, Hotel Radisson Moriah Plaza, Hotel Caesar" angegeben ist. Die TK übernahm die Kosten hierfür. Nach Angaben der Klägerin ergab sich im Vergleich zu den zuvor durchgeführten Behandlungen eine Verbesserung des Hautbildes, jedoch kein längerfristiger Erfolg. Nachdem sich die Klägerin bei der Hautärztin Dr./Univ. Budapest H. im Dezember 1999 wiederum wegen zunehmender Krankheitserscheinungen vorgestellt hatte und die Krankheit zeitweise mit Salbe behandelt worden war, beantragte die Klägerin unter Vorlage der ärztlichen Äußerung der sie seit 1988 behandelnden Dr. H. am 10. März 2001 erneut eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer, nunmehr bei der Beklagten, da eine ambulante Behandlung wegen des außerordentlich großen täglichen Zeitaufwandes und ihrer derzeitigen schulischen Belastungen nicht möglich sei. Auf Rückfrage erläuterte Dr. H. mit Schreiben vom 16. März 2000 und ergänzend mit Schreiben vom 30. März 2000 den Befund und die durchgeführte Behandlung. Dr. W., der beratende Arzt des von der Beklagten eingeschalteten Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Essen kam in seiner Kurzstellungnahme auf der Basis der Erläuterungen zu dem Ergebnis, dass die Vierjahresfrist einzuhalten sei, da auch der Aufenthalt am Toten Meer im Juni 1999 nicht zu einer dauerhaften Stabilisierung geführt habe. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2000 die Übernahme der Kosten für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer ab. Den von der Klägerin mit dem Hinweis auf die dringende Notwendigkeit der Maßnahme begründeten Widerspruch, mit dem sie auch den ärztlichen Abschlussbericht des Dr. R. vom 27. Juni 1999 vorlegte, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Bescheid vom 13. Juli 2000 zurück, nachdem von Dr. H. vergeblich genauere Auskünfte über die Behandlung angefordert worden waren und Dr. O. vom MDK in S. in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 13. Juni 2000 zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Maßnahme u.a. wegen fehlender Ausschöpfung der ambulanten Möglichkeiten nicht zu empfehlen sei.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid wandte sich die Klägerin im Rahmen der am 10. Juni 2000 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobenen Untätigkeitsklage, die mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbunden war. Zu deren Begründung verwies sie auf ihre schlechte gesundheitliche Situation und die niedrigeren Kosten einer Kur in Israel.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen und holte die weitere Stellungnahme des Dr. Ho. vom MDK in L. ein, der die Voraussetzungen für eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer nicht für gegeben ansah. Das gestufte System bei inländischen Behandlungsmöglichkeiten sei ausreichend. Eine stationäre Leistung zur Rehabilitation sei im Inland durchzuführen, wobei im Falle des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentenversicherungsträger (RVT) für die Übernahme der Kosten vorrangig zuständig sei. Auch eine tagesstationäre Behandlung in der Hautklinik B. C. komme in Frage.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2000 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ab (S 12 KR 3914/00 ER).
Während des Klageverfahrens führte die Klägerin auf Kosten der Beklagten vom 11. Juni bis 09. Juli 2001 eine stationäre Eil-Rehabehandlung in der Fachklinik für Hauterkrankungen, Allergologie S., B. M. durch. Nach dem Abschlussbericht der Oberärztin Dipl. Medizinerin K. vom 13. Juli 2001 fühlte sich die Klägerin insgesamt etwas stabilisiert, brachte jedoch deutliche Ängste wegen einer beruflichen Mobbingsituation zum Ausdruck. Nach Kenntnis von Triggermechanismen zur Auslösung bei Psoriasis seien auch massive psychogene Belastungssituationen vordergründig zu nennen.
Das SG holte die Auskunft der Dr. H. als sachverständige Zeugin über die Behandlung der Klägerin ab dem 09. Juli 2001 sowie das hautfachärztliche Zusammenhangsgutachten des Dr. Sc. von der Universitäts-Hautklinik des Universitätsklinikums T. vom 13. Dezember 2001 aufgrund der Untersuchung am 03. Dezember 2001 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass nach erfolgloser Ausschöpfung integraler Psoriasistherapiestandards (Cignolin, Psorcutan, UVA- und UVB-Lichttherapie) eine erneute Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer erfolgversprechend und auch notwendig sei. Andere prinzipiell zur Verfügung stehende Psoriasistherapeutika seien weniger geeignet (Retinoide, Cytostatika, PUVA-Therapie, topische und systemische Steroide, Teerpräparate, Einsatz von Fumarsäure).
Nach Überweisung durch Dr. H. in die Hautklinik B. C. führte die Klägerin dort tagesstationär ab 08. November 2001 Solebehandlungen und Ganzkörperbestrahlungen durch. Mit Beschluss vom 21. Februar 2002 lud das SG die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zum Verfahren bei. Mit Urteil vom 20. Juni 2002, das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 09. Juli und der Beigeladenen am 10. Juli 2002 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde, gab das SG der Klage insoweit statt, als die Beigeladene verurteilt wurde, der Klägerin eine stationäre Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe des SG wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beigeladene mit der am 26. Juli 2002 und die Klägerin mit der am 09. August 2002 jeweils durch Fernkopie beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Zu deren Begründung trägt die Beigeladene vor, auch bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei sie nicht der gemäß §§ 10, 13 Abs. 2 SGB VI zuständige Träger. Dass der Krankheitsverlauf bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben führen könne, sei allein nicht ausschlaggebend. Vielmehr komme es darauf an, dass bei richtiger Behandlung die Krankheit nicht dauerhaft zum Tragen komme und damit die Erwerbsfähigkeit nicht gefährdet bzw. gemindert werde. Eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit liege allenfalls dann vor, wenn die Schuppenflechte nicht behandelt werde und das Leiden dadurch zu einer erheblichen physischen und psychischen Beeinträchtigung heranwachsen könne. Davon könne aber keine Rede sein. Nach dem SG stehe im Vordergrund die Behandlung zur Besserung des Befundes am Hautorgan, wobei sich die durch die Schuppenflechte hervorgerufene psychische Belastungssituation automatisch stabilisiere. Die vorrangige ambulante Behandlung mit Einsatz einer systemischen Medikation und begleitender ambulanter Psychotherapie, sei bisher noch nicht durchgeführt worden, weshalb Leistungen zur Rehabilitation durch sie als RVT nicht in Betracht komme. Im Übrigen hätten die bisher durchgeführten Maßnahmen am Toten Meer keine dauerhaften Erfolge gehabt. So habe die Klägerin nach der Maßnahme im Juni 1999 schon im Dezember 1999 wiederum eine ambulante Behandlung aufnehmen müssen. Es sei durch diese Behandlungen am Toten Meer nur zu kurzzeitiger Unterdrückung des Krankheitsbildes gekommen, für eine medizinische Rehabilitation des RVT sei jedoch die Einbettung der einzelnen Therapiebausteine in ein rehabilitatives Gesamtsetting, das insbesondere auch ein auf den individuellen Schulungsbedarf ausgerichtetes Gesundheitstraining umfasse, entscheidend. Dies sei bei einer Maßnahme am Toten Meer nicht gegeben. Darüber hinaus sei die natürliche Bestrahlung am Toten Meer unkontrolliert. Im Übrigen gebe es Angebote für Rehabilitationsleistungen etwa in Davos, deren Gewährung sie erfolglos angeboten habe. Die Beigeladene hat aufforderungsgemäß drei in Davos gelegene stationäre Rehabilitationseinrichtungen, auch zur Behandlung von Hautkrankheiten, die auch von Krankenkassen belegt würden, benannt.
Die Beigeladene beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen, hilfsweise die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2000 zu verurteilen, ihr eine stationäre Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer, höchst hilfsweise in Davos, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie hält ihre Zuständigkeit für eine stationäre Rehabilitation am Toten Meer nicht für gegeben.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 16. Juli 2003 erörtert und die Klägerin angehört, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG L 1 KR 187/93, das Gegenstand des Revisionsverfahrens beim Bundessozialgericht (BSG) 1 BK 28/94 war, die die Klägerin betreffenden Leistungsakten des früheren Arbeitsamtes Stuttgart (jetzt Agentur für Arbeit) sowie die Akten über die berufliche Rehabilitation der Klägerin beigezogen.
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit in Stuttgart, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind statthaft und zulässig. Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Die Berufung der Klägerin ist, soweit sie hilfsweise eine Leistung zur Rehabilitation durch die Beklagte für Behandlungen am Toten Meer erstrebt, unbegründet, jedoch hinsichtlich einer Behandlung in Davos begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2000 verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten, als eine Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer abgelehnt wird. Sie hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Kosten einer solchen Leistung am Toten Meer. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 27 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin, bei der eine Psoriasis vulgaris besteht, gehört zu diesem Personenkreis, der Anspruch auf Krankenbehandlung hat. Zwar ruht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Von dieser Regelung kennt das Gesetz jedoch Ausnahmen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB V vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2325) kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Die Gewährung einer Behandlung im Ausland setzt zunächst voraus, dass eine ausreichende und rechtzeitige Behandlung im Inland nicht möglich ist. Davon kann jedoch nicht schon dann ausgegangen werden, wenn die zu behandelnde Krankheit generell auch mit Erfolg im Inland behandelt werden kann. Vielmehr ist stets auf den Gesundheitszustand des Antragstellers abzustellen. Dies bedeutet: Dem Antragsteller darf eine Auslandsbehandlung dann nicht versagt werden, wenn zwar generell die Möglichkeit einer Behandlung im Inland besteht, diese aber aus im spezifischen Krankheitsbild liegenden Gründen im zu beurteilenden Einzelfall keinen Erfolg verspricht. Ein solcher Fall könnte etwa vorliegen, wenn bei dem Antragsteller eine besondere Kombination von Krankheiten besteht, für die die Behandlungsmöglichkeiten im Inland nicht ausreichen. Dass insoweit statt eines generell abstrakten Maßstabes eine individuelle Beurteilung der Behandlungsmöglichkeiten zu erfolgen hat, entnimmt der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) aus § 1 Satz 1 SGB V. Danach hat die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Dieser Aufgabe können die Krankenkassen aber nur gerecht werden, wenn sie eine Krankenbehandlung zur Verfügung stellen, die den Erfordernissen des Einzelfalls entspricht (vgl. BSG Urteil vom 23. November 1995 - 1 RK 5/95, SozR 3-2500 § 18 Nr. 1).
Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich einer Behandlung am Toten Meer nicht erfüllt. Zwar sind die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten erschöpft, wie sich aus dem Gutachten des Dr. Sc. sowie aus den verschiedenen ambulanten und teilstationären Behandlungszyklen, die die Klägerin durchgeführt hat, ergibt. Auch nach der teilstationären Behandlung in der Hautklinik Bad Cannstatt kam es bald zu einem Rezidiv, ebenso wie bei den stationären Behandlungen 1997 bis 1999 am Toten Meer. Die Behandlung am Toten Meer entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die an eine von der Solidargemeinschaft der Versicherten zu tragende Maßnahme zu stellen sind. Auch die vorgelegten beiden ärztlichen Abschlussberichte des Dr. R. von 1998 und 1999 zeigen eine weitgehende Einförmigkeit und mangelnde Individualisierung, so dass nicht von einer deutschen Qualitätsmaßstäben entsprechenden Behandlung ausgegangen werden kann. Sie enthalten keine eingehende Feststellung und Zustandsbeschreibung am Anfang und Ende des Aufenthalts. Die ärztliche Kontrolle der Sonneneinstrahlung am Toten Meer sowie die Dokumentation der Behandlung und deren Auswirkungen entspricht nicht dem notwendigen Standard. Er ermöglicht auch im Hinblick auf § 12 SGB V keine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme.
Soweit die Beigeladene Berufung eingelegt hat, war das Urteil schon deshalb aufzuheben, weil der, wenn auch ärztlich begleitete Aufenthalt am Toten Meer, wie oben schon ausgeführt, in seiner Qualität medizinisch und wirtschaftlich nicht geeignet ist, den Einsatz von Mitteln der Rentenversicherung zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass es bei der Behandlung am Toten Meer an dem rehabilitativen Gesamtplan fehlt, in das eine vom RVT zu tragende medizinische Rehabilitation einzubetten ist.
Die Rentenversicherungsträger haben deshalb auch trotz verschiedener Versuche bisher keine Versorgungsverträge mit Einrichtungen am Toten Meer abschließen können. Insoweit erweist sich die Berufung der Beigeladenen als begründet, die der Klägerin hinsichtlich des Hauptantrags als unbegründet.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zu einer stationären Leistung zur Rehabilitation in Davos beantragt hat, ist ihre Berufung begründet. Mit den auch auf Hautkrankheiten spezialisierten Kliniken in Davos, insbesondere deutscher Trägerschaft, bestehen Versorgungsverträge mit deutschen Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen. Mit der Höhenklinik Davos Wolfgang besteht ein Rahmenvertrag mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen in Nordrhein-Westfalen. Diese Vertragsbeziehungen bedeuten, dass die Beklagte die begehrte Leistung grundsätzlich erbringen kann, wenn auch nur in analoger Anwendung der Regelungen dieses Rahmenvertrags. Da durch die genannten Vertragsbeziehungen die Einhaltung von Qualitätsstandards gewährleistet und die Wirtschaftlichkeit der von den genannten Kliniken angebotenen Leistungen überprüft ist, besteht die Verpflichtung der Beklagten, bei entsprechender medizinischer Notwendigkeit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren. Wie sich aus dem in sich schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. Sc. ergibt, ist die medizinische Voraussetzung für eine derartige Leistung zur Rehabilitation bei der Klägerin gegeben. Dieser Beurteilung schließt sich der erkennende Senat an.
Die Kliniken in Davos sind auch zur Behandlung der bei der Klägerin gegebenen schweren Psoriasis vulgaris geeignet. Dies ergibt sich aus den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen über Behandlungsmöglichkeiten in Davos. Danach basiert die Klimatherapie der Psoriasis vulgaris, wie auch bei den anderen der Klimatherapie zugänglichen Dermatosen, auf Umstimmung und klimatischer Schonung des Organismus sowie auf der spezifischen Reizwirkung des Hochgebirgsklimas. Die Möglichkeit der natürlichen Heliotherapie ergibt sich danach im Vergleich zu anderen Klimaten daraus, dass die Globalstrahlung ca. 15 vom Hundert (v.H.) und die UV-Strahlung ca. 20 v.H. stärker ist als im Flachland und das Solarspektrum in Davos bereits mit 295nm Wellenlänge gegenüber 325nm in Industriegebieten beginnt. Nach Dr. Siegfried Borelli summieren sich bei dem Krankheitsbild der Psoriasis vulgaris im Hochgebirge von Davos höhenklimatische und heliotherapeutische Heilwirkung. Wegen des positiven Therapieerfolgs hat die Zahl der Einweisungen von Patienten mit Psoriasis in den vergangenen Jahren zugenommen und ist mitunter auf 40 v.H. der Klientel in Davos gestiegen. Zugleich ist die Erzielung langfristiger Remissionen eindeutig nachgewiesen. So treten sieben Monate nach Klimatherapie in Davos Psoriasisrezidive nur bei 51 v.H. der Behandelten, hingegen auf Norderney bei 60 v.H. schon nach sechs Monaten auf. Wesentlich schlechter liegt nach diesen Erkenntnissen u.a. die Rezidivrate bei Behandlungen am Toten Meer mit 80 v.H. Rezidiven (Dr. Siegfried Borelli, Chronische Hautkrankheiten im Hochgebirgsklimatherapie Frankfurt/Main 1995 S. 40).
Die Berufung der Klägerin erwies sich somit hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrags als begründet. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme streitig, und zwar durchzuführen in erster Linie am Toten Meer, hilfsweise in Davos (Schweiz).
Die am 1982 geborene ledige Klägerin war bis September 1999 bei der Techniker Krankenkasse (TK) familienversichert. Vom 01. September 1999 bis 31. August 2001 war sie im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses zur Einzelhandelskauffrau bei dem Warenhaus der K. AG in S. beschäftigt und bei der K. Betriebskrankenkasse (BKK) pflichtversichert. Diese ist seit 01. Januar 2004 mit der BKK Krupp Thyssen und Partner fusioniert. Das Beschäftigungsverhältnis wurde am 01. August 2001 zum 31. August 2001 durch die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen gekündigt, nachdem nach ihren Angaben zuvor ein Kündigungsversuch der K. AG im arbeitsgerichtlichen Verfahren gescheitert war. Die Klägerin bezog vom 01. September bis zur Erschöpfung des Anspruchs Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi). Sie nahm in der Zeit vom 02. April bis 26. Juni 2002 an einer von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit (jetzt: Bundesagentur für Arbeit – BA) geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme mit dem Ziel IT-Assistentin teil. Sie steht nunmehr seit 19. September 2002 in einer Ausbildungs-/Qualifizierungsmaßnahme zur Bürokauffrau bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Stuttgart mit einer von der BA getragenen Ausbildungsvergütung von EUR 200,- im Monat, die sie voraussichtlich im April/Mai 2005 beenden wird.
Die Klägerin leidet seit ihrem dritten Lebensjahr an einer Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) am ganzen Körper. Sie führte vom 27. Juli bis 24. August 1997, vom 13. August bis 03. September 1998 und vom 29. Mai bis 26. Juni 1999 Aufenthalte am Toten Meer durch. Hierüber liegen ärztliche Abschlussberichte des Dr. R. vom 03. September 1998 und vom 27. Juni 1999 vor, auf denen als Institution "M.R.E. - European Medical Center Ltd., Solarium Ein Bokek, Hotel Radisson Moriah Plaza, Hotel Caesar" angegeben ist. Die TK übernahm die Kosten hierfür. Nach Angaben der Klägerin ergab sich im Vergleich zu den zuvor durchgeführten Behandlungen eine Verbesserung des Hautbildes, jedoch kein längerfristiger Erfolg. Nachdem sich die Klägerin bei der Hautärztin Dr./Univ. Budapest H. im Dezember 1999 wiederum wegen zunehmender Krankheitserscheinungen vorgestellt hatte und die Krankheit zeitweise mit Salbe behandelt worden war, beantragte die Klägerin unter Vorlage der ärztlichen Äußerung der sie seit 1988 behandelnden Dr. H. am 10. März 2001 erneut eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer, nunmehr bei der Beklagten, da eine ambulante Behandlung wegen des außerordentlich großen täglichen Zeitaufwandes und ihrer derzeitigen schulischen Belastungen nicht möglich sei. Auf Rückfrage erläuterte Dr. H. mit Schreiben vom 16. März 2000 und ergänzend mit Schreiben vom 30. März 2000 den Befund und die durchgeführte Behandlung. Dr. W., der beratende Arzt des von der Beklagten eingeschalteten Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Essen kam in seiner Kurzstellungnahme auf der Basis der Erläuterungen zu dem Ergebnis, dass die Vierjahresfrist einzuhalten sei, da auch der Aufenthalt am Toten Meer im Juni 1999 nicht zu einer dauerhaften Stabilisierung geführt habe. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2000 die Übernahme der Kosten für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer ab. Den von der Klägerin mit dem Hinweis auf die dringende Notwendigkeit der Maßnahme begründeten Widerspruch, mit dem sie auch den ärztlichen Abschlussbericht des Dr. R. vom 27. Juni 1999 vorlegte, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Bescheid vom 13. Juli 2000 zurück, nachdem von Dr. H. vergeblich genauere Auskünfte über die Behandlung angefordert worden waren und Dr. O. vom MDK in S. in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 13. Juni 2000 zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Maßnahme u.a. wegen fehlender Ausschöpfung der ambulanten Möglichkeiten nicht zu empfehlen sei.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid wandte sich die Klägerin im Rahmen der am 10. Juni 2000 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobenen Untätigkeitsklage, die mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbunden war. Zu deren Begründung verwies sie auf ihre schlechte gesundheitliche Situation und die niedrigeren Kosten einer Kur in Israel.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen und holte die weitere Stellungnahme des Dr. Ho. vom MDK in L. ein, der die Voraussetzungen für eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer nicht für gegeben ansah. Das gestufte System bei inländischen Behandlungsmöglichkeiten sei ausreichend. Eine stationäre Leistung zur Rehabilitation sei im Inland durchzuführen, wobei im Falle des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentenversicherungsträger (RVT) für die Übernahme der Kosten vorrangig zuständig sei. Auch eine tagesstationäre Behandlung in der Hautklinik B. C. komme in Frage.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2000 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ab (S 12 KR 3914/00 ER).
Während des Klageverfahrens führte die Klägerin auf Kosten der Beklagten vom 11. Juni bis 09. Juli 2001 eine stationäre Eil-Rehabehandlung in der Fachklinik für Hauterkrankungen, Allergologie S., B. M. durch. Nach dem Abschlussbericht der Oberärztin Dipl. Medizinerin K. vom 13. Juli 2001 fühlte sich die Klägerin insgesamt etwas stabilisiert, brachte jedoch deutliche Ängste wegen einer beruflichen Mobbingsituation zum Ausdruck. Nach Kenntnis von Triggermechanismen zur Auslösung bei Psoriasis seien auch massive psychogene Belastungssituationen vordergründig zu nennen.
Das SG holte die Auskunft der Dr. H. als sachverständige Zeugin über die Behandlung der Klägerin ab dem 09. Juli 2001 sowie das hautfachärztliche Zusammenhangsgutachten des Dr. Sc. von der Universitäts-Hautklinik des Universitätsklinikums T. vom 13. Dezember 2001 aufgrund der Untersuchung am 03. Dezember 2001 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass nach erfolgloser Ausschöpfung integraler Psoriasistherapiestandards (Cignolin, Psorcutan, UVA- und UVB-Lichttherapie) eine erneute Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer erfolgversprechend und auch notwendig sei. Andere prinzipiell zur Verfügung stehende Psoriasistherapeutika seien weniger geeignet (Retinoide, Cytostatika, PUVA-Therapie, topische und systemische Steroide, Teerpräparate, Einsatz von Fumarsäure).
Nach Überweisung durch Dr. H. in die Hautklinik B. C. führte die Klägerin dort tagesstationär ab 08. November 2001 Solebehandlungen und Ganzkörperbestrahlungen durch. Mit Beschluss vom 21. Februar 2002 lud das SG die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zum Verfahren bei. Mit Urteil vom 20. Juni 2002, das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 09. Juli und der Beigeladenen am 10. Juli 2002 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde, gab das SG der Klage insoweit statt, als die Beigeladene verurteilt wurde, der Klägerin eine stationäre Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe des SG wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beigeladene mit der am 26. Juli 2002 und die Klägerin mit der am 09. August 2002 jeweils durch Fernkopie beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Zu deren Begründung trägt die Beigeladene vor, auch bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei sie nicht der gemäß §§ 10, 13 Abs. 2 SGB VI zuständige Träger. Dass der Krankheitsverlauf bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben führen könne, sei allein nicht ausschlaggebend. Vielmehr komme es darauf an, dass bei richtiger Behandlung die Krankheit nicht dauerhaft zum Tragen komme und damit die Erwerbsfähigkeit nicht gefährdet bzw. gemindert werde. Eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit liege allenfalls dann vor, wenn die Schuppenflechte nicht behandelt werde und das Leiden dadurch zu einer erheblichen physischen und psychischen Beeinträchtigung heranwachsen könne. Davon könne aber keine Rede sein. Nach dem SG stehe im Vordergrund die Behandlung zur Besserung des Befundes am Hautorgan, wobei sich die durch die Schuppenflechte hervorgerufene psychische Belastungssituation automatisch stabilisiere. Die vorrangige ambulante Behandlung mit Einsatz einer systemischen Medikation und begleitender ambulanter Psychotherapie, sei bisher noch nicht durchgeführt worden, weshalb Leistungen zur Rehabilitation durch sie als RVT nicht in Betracht komme. Im Übrigen hätten die bisher durchgeführten Maßnahmen am Toten Meer keine dauerhaften Erfolge gehabt. So habe die Klägerin nach der Maßnahme im Juni 1999 schon im Dezember 1999 wiederum eine ambulante Behandlung aufnehmen müssen. Es sei durch diese Behandlungen am Toten Meer nur zu kurzzeitiger Unterdrückung des Krankheitsbildes gekommen, für eine medizinische Rehabilitation des RVT sei jedoch die Einbettung der einzelnen Therapiebausteine in ein rehabilitatives Gesamtsetting, das insbesondere auch ein auf den individuellen Schulungsbedarf ausgerichtetes Gesundheitstraining umfasse, entscheidend. Dies sei bei einer Maßnahme am Toten Meer nicht gegeben. Darüber hinaus sei die natürliche Bestrahlung am Toten Meer unkontrolliert. Im Übrigen gebe es Angebote für Rehabilitationsleistungen etwa in Davos, deren Gewährung sie erfolglos angeboten habe. Die Beigeladene hat aufforderungsgemäß drei in Davos gelegene stationäre Rehabilitationseinrichtungen, auch zur Behandlung von Hautkrankheiten, die auch von Krankenkassen belegt würden, benannt.
Die Beigeladene beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen, hilfsweise die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2000 zu verurteilen, ihr eine stationäre Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer, höchst hilfsweise in Davos, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie hält ihre Zuständigkeit für eine stationäre Rehabilitation am Toten Meer nicht für gegeben.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 16. Juli 2003 erörtert und die Klägerin angehört, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG L 1 KR 187/93, das Gegenstand des Revisionsverfahrens beim Bundessozialgericht (BSG) 1 BK 28/94 war, die die Klägerin betreffenden Leistungsakten des früheren Arbeitsamtes Stuttgart (jetzt Agentur für Arbeit) sowie die Akten über die berufliche Rehabilitation der Klägerin beigezogen.
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit in Stuttgart, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind statthaft und zulässig. Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Die Berufung der Klägerin ist, soweit sie hilfsweise eine Leistung zur Rehabilitation durch die Beklagte für Behandlungen am Toten Meer erstrebt, unbegründet, jedoch hinsichtlich einer Behandlung in Davos begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2000 verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten, als eine Leistung zur Rehabilitation am Toten Meer abgelehnt wird. Sie hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Kosten einer solchen Leistung am Toten Meer. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 27 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin, bei der eine Psoriasis vulgaris besteht, gehört zu diesem Personenkreis, der Anspruch auf Krankenbehandlung hat. Zwar ruht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Von dieser Regelung kennt das Gesetz jedoch Ausnahmen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB V vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2325) kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Die Gewährung einer Behandlung im Ausland setzt zunächst voraus, dass eine ausreichende und rechtzeitige Behandlung im Inland nicht möglich ist. Davon kann jedoch nicht schon dann ausgegangen werden, wenn die zu behandelnde Krankheit generell auch mit Erfolg im Inland behandelt werden kann. Vielmehr ist stets auf den Gesundheitszustand des Antragstellers abzustellen. Dies bedeutet: Dem Antragsteller darf eine Auslandsbehandlung dann nicht versagt werden, wenn zwar generell die Möglichkeit einer Behandlung im Inland besteht, diese aber aus im spezifischen Krankheitsbild liegenden Gründen im zu beurteilenden Einzelfall keinen Erfolg verspricht. Ein solcher Fall könnte etwa vorliegen, wenn bei dem Antragsteller eine besondere Kombination von Krankheiten besteht, für die die Behandlungsmöglichkeiten im Inland nicht ausreichen. Dass insoweit statt eines generell abstrakten Maßstabes eine individuelle Beurteilung der Behandlungsmöglichkeiten zu erfolgen hat, entnimmt der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) aus § 1 Satz 1 SGB V. Danach hat die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Dieser Aufgabe können die Krankenkassen aber nur gerecht werden, wenn sie eine Krankenbehandlung zur Verfügung stellen, die den Erfordernissen des Einzelfalls entspricht (vgl. BSG Urteil vom 23. November 1995 - 1 RK 5/95, SozR 3-2500 § 18 Nr. 1).
Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich einer Behandlung am Toten Meer nicht erfüllt. Zwar sind die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten erschöpft, wie sich aus dem Gutachten des Dr. Sc. sowie aus den verschiedenen ambulanten und teilstationären Behandlungszyklen, die die Klägerin durchgeführt hat, ergibt. Auch nach der teilstationären Behandlung in der Hautklinik Bad Cannstatt kam es bald zu einem Rezidiv, ebenso wie bei den stationären Behandlungen 1997 bis 1999 am Toten Meer. Die Behandlung am Toten Meer entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die an eine von der Solidargemeinschaft der Versicherten zu tragende Maßnahme zu stellen sind. Auch die vorgelegten beiden ärztlichen Abschlussberichte des Dr. R. von 1998 und 1999 zeigen eine weitgehende Einförmigkeit und mangelnde Individualisierung, so dass nicht von einer deutschen Qualitätsmaßstäben entsprechenden Behandlung ausgegangen werden kann. Sie enthalten keine eingehende Feststellung und Zustandsbeschreibung am Anfang und Ende des Aufenthalts. Die ärztliche Kontrolle der Sonneneinstrahlung am Toten Meer sowie die Dokumentation der Behandlung und deren Auswirkungen entspricht nicht dem notwendigen Standard. Er ermöglicht auch im Hinblick auf § 12 SGB V keine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme.
Soweit die Beigeladene Berufung eingelegt hat, war das Urteil schon deshalb aufzuheben, weil der, wenn auch ärztlich begleitete Aufenthalt am Toten Meer, wie oben schon ausgeführt, in seiner Qualität medizinisch und wirtschaftlich nicht geeignet ist, den Einsatz von Mitteln der Rentenversicherung zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass es bei der Behandlung am Toten Meer an dem rehabilitativen Gesamtplan fehlt, in das eine vom RVT zu tragende medizinische Rehabilitation einzubetten ist.
Die Rentenversicherungsträger haben deshalb auch trotz verschiedener Versuche bisher keine Versorgungsverträge mit Einrichtungen am Toten Meer abschließen können. Insoweit erweist sich die Berufung der Beigeladenen als begründet, die der Klägerin hinsichtlich des Hauptantrags als unbegründet.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zu einer stationären Leistung zur Rehabilitation in Davos beantragt hat, ist ihre Berufung begründet. Mit den auch auf Hautkrankheiten spezialisierten Kliniken in Davos, insbesondere deutscher Trägerschaft, bestehen Versorgungsverträge mit deutschen Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen. Mit der Höhenklinik Davos Wolfgang besteht ein Rahmenvertrag mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen in Nordrhein-Westfalen. Diese Vertragsbeziehungen bedeuten, dass die Beklagte die begehrte Leistung grundsätzlich erbringen kann, wenn auch nur in analoger Anwendung der Regelungen dieses Rahmenvertrags. Da durch die genannten Vertragsbeziehungen die Einhaltung von Qualitätsstandards gewährleistet und die Wirtschaftlichkeit der von den genannten Kliniken angebotenen Leistungen überprüft ist, besteht die Verpflichtung der Beklagten, bei entsprechender medizinischer Notwendigkeit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren. Wie sich aus dem in sich schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. Sc. ergibt, ist die medizinische Voraussetzung für eine derartige Leistung zur Rehabilitation bei der Klägerin gegeben. Dieser Beurteilung schließt sich der erkennende Senat an.
Die Kliniken in Davos sind auch zur Behandlung der bei der Klägerin gegebenen schweren Psoriasis vulgaris geeignet. Dies ergibt sich aus den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen über Behandlungsmöglichkeiten in Davos. Danach basiert die Klimatherapie der Psoriasis vulgaris, wie auch bei den anderen der Klimatherapie zugänglichen Dermatosen, auf Umstimmung und klimatischer Schonung des Organismus sowie auf der spezifischen Reizwirkung des Hochgebirgsklimas. Die Möglichkeit der natürlichen Heliotherapie ergibt sich danach im Vergleich zu anderen Klimaten daraus, dass die Globalstrahlung ca. 15 vom Hundert (v.H.) und die UV-Strahlung ca. 20 v.H. stärker ist als im Flachland und das Solarspektrum in Davos bereits mit 295nm Wellenlänge gegenüber 325nm in Industriegebieten beginnt. Nach Dr. Siegfried Borelli summieren sich bei dem Krankheitsbild der Psoriasis vulgaris im Hochgebirge von Davos höhenklimatische und heliotherapeutische Heilwirkung. Wegen des positiven Therapieerfolgs hat die Zahl der Einweisungen von Patienten mit Psoriasis in den vergangenen Jahren zugenommen und ist mitunter auf 40 v.H. der Klientel in Davos gestiegen. Zugleich ist die Erzielung langfristiger Remissionen eindeutig nachgewiesen. So treten sieben Monate nach Klimatherapie in Davos Psoriasisrezidive nur bei 51 v.H. der Behandelten, hingegen auf Norderney bei 60 v.H. schon nach sechs Monaten auf. Wesentlich schlechter liegt nach diesen Erkenntnissen u.a. die Rezidivrate bei Behandlungen am Toten Meer mit 80 v.H. Rezidiven (Dr. Siegfried Borelli, Chronische Hautkrankheiten im Hochgebirgsklimatherapie Frankfurt/Main 1995 S. 40).
Die Berufung der Klägerin erwies sich somit hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrags als begründet. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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