L 1 AS 4279/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3569/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4279/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 30.08.2013 abgeändert und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 07.08.2013 bis 31.05.2014 Arbeitslosengeld II ohne Anrechnung monatlicher Mieteinnahmen von 844,00 EUR als Einkommen zu erbringen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ohne Berücksichtigung monatlicher Mietgutschriften als Einkommen.

Der ledige, 1973 geborene und von 2004 bis März 2013 selbständig gewesene Antragsteller übte ab dem 01.04.2013 eine Beschäftigung als Business Development Manager im Angestelltenverhältnis aus. Am 14.05.2013 wurde ihm arbeitgeberseitig zum 31.05.2013 gekündigt.

Er bewohnt seit 2008 eine 50 m² große 2-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad. Er entrichtet dafür 460,00 EUR monatliche Kaltmiete und 65,00 EUR Nebenkosten. Für die Gasheizung wendet er 55,00 EUR monatlich auf; 85,00 EUR/Monat entfallen auf einen Tiefgaragenstellplatz. Die jährliche Müllgebühr beträgt 127,92 EUR (monatlich 10,66 EUR).

Am 27.05.2013 beantragte er Leistungen beim Antragsgegner. Aus den von ihm vorgelegten Kontoauszügen seines Girokontos Nr ... bei der Sparkasse (im Folgenden: Sparkasse) konnte man ersehen, dass er - zumindest seit März 2013 - monatliche Gutschriften i.H.v. 844,00 EUR erhielt. Grundlage dafür war ein Dauerauftrag der Hausverwaltung B. K., E ... Als Verwendungszweck wurde angegeben: "MIETZAHLUNG GEM. VEREINB. S.STR. M.STR." Anlässlich einer Vorsprache am 03.06.2013 erklärte der Antragsteller dazu, es handele sich um Mieteinnahmen aus dem Nachlass seiner Mutter E. G ... Er führe zurzeit einen Rechtsstreit vor dem Nachlassgericht zur Klärung der Erbfolge, nachdem das Testament seiner Mutter angezweifelt werde. Aus dem Nachlass erhalte er monatliche Mieteinnahmen i.H.v. 844,00 EUR, welche er treuhänderisch bis zur Klärung des Rechtsstreits vereinnahmen und auf ein gesondertes Konto bei der Sparkasse einzahle. In diesem Zusammenhang legte der Antragsteller einen Kontoeröffnungsantrag für ein Privatgirokonto Nr ... bei der Sparkasse vom 29.05.2013 vor. Erstmals flossen am 05.07.2013 die monatlich vereinnahmten 844,00 EUR auf dieses Konto (Kontoauszug Bl. 34 der Akte des Sozialgerichts Freiburg – SG-Akte). Aus einem vom Antragsteller vorgelegten Schriftsatz seines Rechtsanwalts vom 26.04.2013 zur beim Notariat H. anhängigen Nachlasssache (Az. NG 201/2011) und der im Widerspruchsverfahren vorgelegten schriftsätzlichen Erwiderung des Rechtsanwaltes seines Vaters J. G. vom 29.05.2013 (Bl. 78 ff. Verwaltungsakte des Antragsgegners - VA) ergibt sich, dass die Mutter des Antragstellers am 31.10.2011 verstorben ist und zum Nachlass u.a. drei Hausgrundstücke gehören, eines in der D.straße. in H. (derzeit vom Vater des Antragstellers samt Lebensgefährtin und der Adoptivschwester des Antragstellers bewohnt), und zwei vermietete Hausgrundstücke in der S.straße (Dreifamilienhaus) und der M.straße (Elternhaus der Mutter) in W ... Der Antragsteller beruft sich auf ein Testament vom 15.03.2006, wonach er und seine Adoptivschwester C. G. die Immobilien in W. jeweils zur Hälfte geerbt hätten und ihm die Immobilie in der D.straße ... in H. gänzlich zugewandt worden sei. Der Vater des Antragstellers ist demgegenüber offenbar der Auffassung, dass diese letztwillige Verfügung von seiner verstorbenen Frau rückgängig gemacht worden sei und er Erbe, zumindest Miterbe, geworden sei.

Mit Bescheid vom 31.07.2013 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 in Höhe von monatlich 158,66 EUR unter Anrechnung der Mieteinnahmen von monatlich 844,00 EUR als Einkommen. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 07.08.2013 Widerspruch und berief sich darauf, dass die Mieteinnahmen treuhänderisch auf ein separates Konto eingezahlt würden und der Antragsteller damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er diese Gelder auf keinen Fall für seinen Lebensunterhalt verbrauchen dürfe. Er sei als Verwalter im Auftrag der Erbengemeinschaft dafür eingesetzt, die Einnahmen zu verwalten, bis der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden sei.

Unter Vorlage der Kopie eines Gesellschaftsvertrages der Firma G. International Logistics GmbH & Co. KG in H. ließ der Antragsteller weiter ausführen, zwar sei er Kommanditist einer Gesellschaft, jedoch sei ihm nicht erlaubt, Privatentnahmen vorzunehmen. Zudem dürfe er nicht über die Geschäftsanteile verfügen, was sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages ist persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft der Vater des Antragstellers mit einem Kapitalanteil von 50,66 % entsprechend 132.600,00 EUR. Der Antragsteller ist mit einem Kapitalanteil von 24,83 % entsprechend 65.000,00 EUR aufgeführt. Geschäftsführer der Gesellschaft sind die G. Verwaltungsgesellschaft mbH und der Vater des Antragstellers. In § 12 des Vertrages ist geregelt, dass über gutgeschriebene Tätigkeits- und Haftungsvergütungen bzw. auf die Beteiligung an der KG entfallende Ertragssteuern hinausgehende Entnahmen vom Darlehenskonto eines mit einfacher Mehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschlusses bedürfen. Aus § 5 des Gesellschaftervertrages ergibt sich, dass nicht von der Regelung des § 12 erfasste Gewinne einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben werden.

Ebenfalls legte der Antragsteller im Widerspruchsverfahren einen Bescheid für 2011 über Einkommensteuer des Finanzamts F. (Bl. 77 VA) vom 01.03.2013 vor, wonach er im Jahr 2011 einen Verlust aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer von 6.296,00 EUR gemacht habe und ein Gewinn aus Beteiligungen 1.601,00 EUR betragen habe, ferner einen Bescheid vom 01.03.2013 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2011.

Ebenfalls am 07.08.2013 hat der Ast. beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und neben der Wiederholung des Vortrages im Widerspruchsverfahren ausgeführt, dass das Erbauseinandersetzungsverfahren seit fast zwei Jahren andauere, ohne dass ein Ende absehbar sei. Aufgrund des laufenden Nachlassverfahrens bilde der Antragsteller mit den weiteren Erben eine Gesamthandsgemeinschaft, weshalb jede zum Nachlass gehörende Forderung allen Miterben gemeinschaftlich gehöre. Bis zur Teilung des Nachlasses dürfe ein Miterbe nie über einen einzelnen Nachlassgegenstand allein verfügen. Ein Alleinverwaltungsrecht bestehe nur für absolut notwendige Erhaltungsmaßnahmen unter sehr engen Voraussetzungen. Die Verwendung der Mieteinnahmen für seinen Lebensunterhalt verbiete dem Antragsteller das Gesetz.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers seien völlig unklar; dieser dürfte im Besitz beträchtlicher Vermögenswerte sein. Über bereits vererbtes Vermögen der verstorbenen Mutter bzw. das als Erbschaft ausstehende Privatvermögen habe der Antragsteller keine Angaben gemacht und keine aktuellen Unterlagen über die Erbauseinandersetzung vorgelegt. Das Konto bei der Sparkasse, auf welches die Mieteinnahmen überwiesen würden, sei kein Treuhandkonto, zudem gingen die Mieteinnahmen erst ab Juli 2013 auf das gesonderte Konto. Ein Nachweis, dass der Antragsteller als Treuhänder für die Mieteinnahmen bestellt sei, fehle. Über das im Gesellschaftsvertrag erwähnte Darlehenskonto lägen keine Nachweise vor.

Mit Beschluss vom 30.08.2013 hat das SG den auf die Gewährung höherer Leistungen ohne Berücksichtigung der Mietzahlungen von monatlich 844,00 EUR als Einnahmen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht glaubhaft gemacht sei, dass der Antragsteller die Mieteinnahmen als (verdeckter) Treuhänder vereinnahme. Dass der Antragsteller als Verwalter im Auftrag der Erbengemeinschaft fungiere sei lediglich behauptet, jedoch sei nicht angegeben worden, wann, von wem und mit welchem Inhalt ein derartiger Auftrag erteilt worden sei. Zudem habe der Antragsteller zumindest bis Mai 2013 ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge die Mieteinnahmen selbst vereinnahmt und verbraucht. Dann habe der Antragsteller ein Konto nicht im Namen der Erbengemeinschaft oder unter Beteiligung der Miterbin eröffnet, sondern ein Konto als Alleinberechtigter. Auch eine Hinterlegung der Mieteinnahmen nach zivilrechtlichen Vorschriften sei nicht erfolgt. Der einseitige und rechtlich nicht verbindliche Willensentschluss des Antragstellers, die Mieteinnahmen zukünftig auf einem gesonderten Konto anzusparen, um für eventuelle spätere Ansprüche Dritter vorzusorgen, stehe einer Berücksichtigung dieser Mittel als Einkommen nicht entgegen, denn der Antragsteller sei auch rechtlich befugt über das Einkommen zu verfügen, weshalb es bedürftigkeitsmindernd anzurechnen sei.

Gegen den am 04.09.2013 zugestellten Beschluss des SG hat der Antragsteller vertreten durch seine Bevollmächtigte am 04.10.2013 Beschwerde beim Landessozialgericht eingelegt. Er trägt vor, er sei durch seine Mutter zusammen mit seiner Schwester als Erbe benannt worden. Dies sei durch seinen Vater in Streit gestellt, weshalb er über das Erbe nicht verfügen könne, weil nicht auszuschließen sei, dass zum Ende des Rechtsstreits die Erbengemeinschaft aus drei anstatt aus zwei Mitgliedern bestehe. Der Antragsteller fungiere aus eigenem Auftrag als treuhänderischer Verwalter. Sein Vater wende sich mit jedem ihm tauglichen Mittel gegen ihn; seine Schwester habe sich auf die Seite des Vaters geschlagen. Während der Erbauseinandersetzung stünden dem Antragsteller keine "bereiten Mittel" zur Verfügung; erst nach Einigung über die Erbschaft sei eine Anrechnung möglich. Die Eröffnung eines gemeinsamen Kontos sei wegen des Streits mit dem Vater nicht möglich gewesen. Zwar dürfe der Antragsteller die Mieteinnahme nicht zum Lebensunterhalt verwenden, müsse dies derzeit aber aus der Not heraus tun, bis die Angelegenheit gerichtlich geklärt sei.

Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 30.08.2013 (S 9 AS 3569/13 ER) aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu bewilligen, ohne dass Einnahmen aus Vermietung/Untervermietung in Höhe von 844,00 Euro berücksichtigt werden.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde gestützt auf die Gründe des Beschlusses entgegen getreten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2013 hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 31.07.2013 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Freiburg Klage erhoben (S 6 AS 4439/13).

Mit Bescheid vom 04.12.2013 hat der Antragsgegner dem Antragsteller für den Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 wiederum Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 158,66 EUR monatlich (für Dezember 2013) bzw. von 168,39 EUR monatlich (für den Zeitraum vom 31.01.2013 bis 31.05.2014), erneut jeweils unter Anrechnung der Mietzahlungen in Höhe von 844,00 EUR monatlich als Einkommen, gewährt.

II.

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige und nach § 172 SGG auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist überwiegend - in dem aus dem Tenor zu entnehmenden Umfang - begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragsteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sieht es der Senat nach summarischer Prüfung als glaubhaft gemacht an, dass die monatlichen Zahlungen in Höhe von 844,00 EUR, welche seit Juli 2013 jeweils zu Monatsbeginn dem Sparkassenkonto Nr. 10708628 gutgeschrieben werden, nicht dem Antragsteller, sondern der Erbengemeinschaft zugeflossen sind bzw. zufließen. Der Antragsteller ist bis zur Auseinandersetzung des Erbes seiner Mutter über die Mieteinnahmen nicht verfügungsbefugt, weshalb es sich nicht um "bereite Mittel" im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr 47, juris, Rn. 22 m.w.N.). Es handelt es sich um zwar nicht treuhänderisch, wohl aber gesamthänderisch gebundene Zahlungen, welche der Antragsteller für die Erbengemeinschaft vereinnahmt hat. Mangels Verfügungsbefugnis des Antragstellers bis zur Erbauseinandersetzung ist nach summarischer Prüfung eine Anrechnung als bedarfsmindernde Einnahmen zu Unrecht erfolgt.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 , und 4 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten kann.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Als Vermögen sind grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Wie die für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen bereits entschieden haben, ist Einkommen dabei grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG-Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R -, a.a.O., Rn. 19 m.w.N.).

Ausgehend davon handelt es sich bei dem Kapitalanteil von 24,83 % (entsprechend 65.000,00 EUR) an der der Firma G. International Logistics GmbH & Co. KG in H., nachdem der Antragsteller diesen bereits vor der Antragstellung vom 27.05.2013 gehalten hat, um Vermögen, welches durch die Regelungen des Gesellschaftsvertrages einer Nutzung durch den Antragsteller entzogen ist, weshalb der Antragsgegner, was nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden ist, keine Anrechnung vorgenommen hat. Vermögen ist nur dann verwertbar, wenn es sich um "bereite Mittel" handelt, mithin Verbrauch, Übertragung und Belastung rechtlich und tatsächlich möglich sind. Ist der Inhaber in der Verfügung dagegen beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen. Vorliegend sind ausweislich des Gesellschaftsvertrages Entnahmen dadurch erschwert, dass diese grundsätzlich der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen (§ 5 Abs. 3 und 5 sowie § 12 Gesellschaftsvertrag) in welcher der Vater des Antragstellers, mit welchem dieser zerstritten ist, die Mehrheit hält.

Ebenfalls vor Antragstellung - am 31.10.2011 - ist dem Antragsteller die Erbschaft seiner verstorbenen Mutter zugeflossen, denn der rechtlich maßgebliche (andere) Zufluss ergibt sich bei einem Erbfall aus § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben übergeht, wobei ohne Belang ist, dass der Antragsteller derzeit wegen des noch andauernden Erbschaftsstreits keine tatsächlichen Vorteile im Sinne des Zuflusses eines Auseinandersetzungsguthabens aus seiner Erbenstellung ziehen kann. Entscheidend ist, dass der Erbfall vor der ersten Antragstellung eingetreten ist (BSG a.a.O. Rn. 20). Gleichwohl mindert auch dieses Vermögen den Bedarf des Antragstellers grundsätzlich erst, wenn es ihm tatsächlich als "bereite Mittel" zugeflossen ist und zur Bedarfsdeckung tatsächlich zur Verfügung steht (Rn. 22). Derzeit ist dies im Hinblick auf den Erbteil des Antragstellers nicht der Fall. Während des laufenden Erbenstreits ist der Anspruch auf Auseinandersetzung des Erbes faktisch wertlos, da er kaum veräußert oder beliehen (vgl. dazu BSG-Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R -, juris, Rn. 27 ff.) werden kann, solange weder Höhe noch Werthaltigkeit dieses Anspruchs rechtsverbindlich geklärt sind. Auch die tatsächliche Erbauseinandersetzung ist bis dato noch nicht erfolgt.

Hinsichtlich der Mietzahlungen in Höhe von 844,00 EUR, die seit Anfang Juli 2013 jeweils dem neu eingerichteten Konto Nr ... bei der Sparkasse gutgeschrieben werden, kann sich der Antragsteller, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der sog. "verdeckten Treuhand" berufen. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des SG an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG darauf Bezug. Ergänzend ist auszuführen, dass eine gewillkürte treuhänderische Bindung nach den Grundsätzen der "verdeckten Treuhand" bereits deshalb ausscheidet, weil der Antragsteller mit den potentiellen Miterben nach seinem Vortrag im Beschwerdeverfahren völlig zerstritten ist und weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass und unter welchen Bedingungen mit den (potentiellen) Miterben eine wirksame rechtsgeschäftliche Treuhandvereinbarung zustande gekommen sein soll.

Bei den Mietzahlungen in Höhe von monatlich 844,00 EUR handelt es sich nach summarischer Prüfung gleichwohl nicht um Einkommen des Antragstellers, sondern um Einnahmen der Erbengemeinschaft, deren Mitglied der Antragsteller zu einem derzeit nicht abschließend feststellbaren Anteil ist. Vorliegend bewirken §§ 2038 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 i.Vm. § 743 Abs. 1, 2039 BGB eine gesamthänderische Verfügungsbeschränkung, so dass ungeachtet einer tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit der Antragsteller grundsätzlich bis zur Erbauseinandersetzung rechtlich gehindert ist, über seinen Anteil an den Mieteinnahmen zu verfügen. Es handelt sich um Früchte der Erbmasse, die den Miterben im Verhältnis ihrer (im vorliegenden Fall erst noch verbindlich festzustellenden) Erbteile gebühren, und die bis zur endgültigen Erbauseinandersetzung gemeinsam mit dem Erbe zu verwalten sind (Weidlich in: Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 2038 Rn. 15).

Wirksam mit Erfüllungswirkung leisten kann der Schuldner einer Erbengemeinschaft nur, wenn er an die ungeteilte Erbengemeinschaft leistet, nicht an einen einzelnen Miterben (§§ 2039, 432 Abs. 1 Satz 1 BGB; OLG Koblenz, Urteil vom 11.07.2005 - 12 U 647/04 -, juris, Rn. 10; Weidlich in Palandt, a.a.O. § 2039 Rn. 8). Unproblematisch ist dies stets der Fall bei der Leistung auf ein Konto des Verstorbenen, welches als Teil des Gesamthandsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft übergeht. Aber auch im vorliegenden Fall, in welchem der Antragsteller selbst im eigenem Namen, aber mit der Zusatzbezeichnung "Treuhandkonto" (vgl. Kontoauszug, Bl. 87 VA) ein Konto eröffnet hat, geht der Senat davon aus, dass sowohl die Hausverwaltung K. als Einzahlerin der Miete als auch der Antragsteller sich rechtmäßig verhalten woll(t)en, so dass jedenfalls ab Juli 2013 die Zahlungen der Erbengemeinschaft zuzurechnen sind. Das ergibt sich darüber hinaus auch aus folgenden Überlegungen: Die Einziehung von Mieteinnahmen gehört zur sog. ordnungsgemäßen Verwaltung i.S.d. § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB. Für die Wirksamkeit zu diesem Zweck getroffener Maßnahmen, hier etwa der Eröffnung und Zuweisung eines Kontos für die Mieteinnahmen der Erbengemeinschaft an den Mieter, ist erforderlich, dass ein zugrunde liegender Beschluss mit "Stimmenmehrheit", welche nach der Größe der Erbteile zu berechnen ist, gefasst worden ist (Weidlich in Palandt, a.a.O., § 2038, Rn. 4, 7, 9). Hier hat nach seinen Angaben im Beschwerdeverfahren der Antragsteller allein den Beschluss gefasst, für Mieteinnahmen der Erbengemeinschaft ab Juli 2013 ein gesondertes Konto zu eröffnen und der Hausverwaltung zuzuweisen (über Zeiträume vor dem Antrag auf einstweilige Anordnung vom 07.08.2013 hatte der Senat vorliegend nicht zu entscheiden). Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller mehr als die Hälfte des gesamten Erbes repräsentiert, wofür spricht, dass er durch seinen Rechtsanwalt im Verfahren über die Erbauseinandersetzung hat vortragen lassen, dass er mit Ausnahme des Anwesens in der D.straße ..., welches ihm allein zugewendet worden sei (Schriftsatz vom 26.04.2013, Bl. 30 ff. [31, 33] VA), gemeinsam mit seiner Schwester (hälftig) Erbe geworden sei, müssen die übrigen Erben die Eröffnung eines Mietkontos durch den Antragsteller als Verwalter der Erbengemeinschaft gegen sich gelten lassen und konnte die Hausverwaltung die Miete mit Erfüllungswirkung darauf leisten, zumal das Konto bei der Sparkasse offensichtlich als Treuhandkonto geführt wird, auch wenn im Antrag über die Kontoeröffnung die Frage nach einem Handeln in fremden Interesse im Sinne einer treuhänderischen Bindung verneint worden ist. Dann aber handelt es sich um ein gesamthänderisch gebundenes Konto, auf welches der Antragsteller nicht befugt ist, eigenmächtig zuzugreifen. Ob der Antragsteller aber mehr als die Hälfte der Stimmenanteile am Gesamterbe auf sich vereint, wird endgültig erst im Verfahren NG 201/2011 geklärt werden.

Selbst wenn aber der Antragsteller die Mehrheit der Stimmenanteile am Gesamterbe nicht auf sich vereinen sollte, müssten die Miterben die Einziehung der Miete, welche nach den glaubhaften Angaben des Antragstellers jedenfalls seit Juli 2013 nicht für eigene Rechnung, sondern für die Erbengemeinschaft erfolgt, gleichwohl gegen sich gelten lassen. Es ist nicht vorstellbar, dass den Miterben nicht bekannt ist, dass der Antragsteller die Miete für die Anwesen S.straße und M.straße in W. vereinnahmt. Erfolgt aber die Vereinnahmung als Vertreter der Erbengemeinschaft für diese, wofür die Bezeichnung des Kontos Nr ... - jedenfalls auf dem zur Akte gereichten Kontoauszug - als "Treuhandkonto" spricht, und lassen die Miterben den Antragsteller dabei gewähren und nehmen die Einziehung der Miete durch den Antragsteller hin, so liegt darin nach summarischer Prüfung eine stillschweigende Bevollmächtigung zur Einziehung der Mieteinnahmen (vgl. Weidlich in Palandt, a.a.O. § 2038 Rn. 10 mit Verweis auf BGH NJW 1959, 2114 und KG NJW 61,734).

Nachdem der Antragsteller nicht zur Deckung seines aktuellen Bedarfs auf den Verbrauch der für die Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft vereinnahmten Mietzahlungen verwiesen werden kann, und nach summarischer Prüfung weder über anderes Einkommen noch über kurzfristig zu verwertendes Vermögen verfügt, liegt nicht nur ein Anordnungsanspruch, sondern auch ein Anordnungsgrund vor.

Aufgrund des Gegenwartsbezuges der Regelungsanordnung und mangels Anhaltspunkten für einen vergangenheitsbezogenen sog. "Nachholbedarf" (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 28.03.2007, L 7 AS 1214/07 ER-B, juris), war eine Anordnung erst ab dem Tag der Anhängigkeit des auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens beim SG, mithin ab dem 07.08.2013, zu treffen, und nicht ab dem 01.06.2013, dem Beginn des ersten Bewilligungszeitraumes, weshalb der zeitlich unbeschränkt gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung klarstellend im Übrigen zurückzuweisen war. Die Anordnung war auf den laufenden Bedarfszeitraum zu erstrecken, nachdem der Antragsgegner über den Zeitraum vom 01.12.2013 bis zum 31.05.2014 in gleicher Weise wie über den vorangegangenen Bedarfszeitraum entschieden hat. Für darüber hinausgehende Zeiträume wird der Antragsteller auf ein gesondertes Verfahren verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §§ 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller im Wesentlichen obsiegt hat.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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