L 4 KR 5089/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 3628/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5089/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens streitig.

Der am 1956 geborene Kläger war im Beruf als Heizungsbauer wegen Kniegelenksarthrosen seit 21. April 2010 arbeitsunfähig und bezog von der Beklagten ab 2. Juni 2010 Krankengeld. Am 24. August 2010 stellte er bei der Beklagten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe für Versicherte (Rehabilitationsantrag). Die Beklagte leitete diesen Antrag an die zuständige Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg weiter. Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in O. erstattete das Gutachten vom 29. September 2010, eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und damit die medizinischen Voraussetzungen für eine Aufforderung zur Antragstellung auf Leistungen zur Rehabilitation lägen vor. Durch Bescheid (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) vom 29. September 2010 forderte die Beklagte "der Form halber heute nachträglich" den Kläger zur Stellung eines Antrags auf Rehabilitationsmaßnahmen auf. Der Antrag werde als fristgemäß gestellt gewertet. Es bestehe jedoch ein Mitspracherecht ihrerseits, wenn der Antrag geändert werde, entweder wenn der Antrag zurückgenommen werde oder auf Reha-Leistungen ganz oder teilweise verzichtet werde. Werde eine entsprechende Abstimmung nicht eingehalten, entfalle der Anspruch auf Krankengeld.

Durch Bescheid vom 13. Oktober 2010 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe ab. Diese seien derzeit nicht erfolgversprechend, da die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich nicht wesentlich verbessert oder wiederhergestellt werden könne. Ferner unterrichtete die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg den Kläger (Schreiben vom 14. Oktober 2010), es liege teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer vor. Demgemäß gelte gemäß § 116 Abs. 2 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe als Antrag auf Rente und der Kläger werde aufgefordert, sobald wie möglich einen formellen Rentenantrag zu stellen.

Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 29. September 2010 am 2. November 2010 Widerspruch. Ein freiwillig gestellter Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen könne nicht nachträglich so gestellt werden, als sei er durch Verwaltungszwangsmaßnahmen erfolgt. Im Übrigen habe der Widerspruch aufschiebende Wirkung. Es werde um Bestätigung gebeten, dass die Beklagte die aufschiebende Wirkung beachte, andernfalls werde einstweilige Anordnung vor dem Sozialgericht auf Wiederherstellung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Hierüber werde bis zum 10. November 2010 entsprechende Bestätigung erwartet. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 12. November 2010, die Regelung des § 86a Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei eine gesetzliche Vorschrift und eine Bestätigung solcher gesetzlicher Vorschriften müsse nicht abgegeben werden. Auch liege kein Anordnungsgrund im Sinne von § 86b SGG vor, da zum aktuellen Zeitpunkt keine Vollziehung beschieden oder angekündigt worden sei.

Am 19. November 2010 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) eine einstweilige Anordnung, die aufschiebende Wirkung (des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29. September 2010) anzuordnen bzw. festzustellen. Er habe nicht die Absicht, bereits in Rente zu gehen. Die Beklagte hätte eine Bestätigung abgeben müssen, dass sie sich an die gesetzliche Vorschrift der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs halte. Es dürfe kein Druck ausgeübt werden, einen Rentenantrag zu stellen. Die Beklagte müsse zu erkennen geben, ob sie sich an das Gesetz halten möchte oder nicht.

Die Beklagte trat dem Antrag auf einstweilige Anordnung entgegen. Sie habe die Folgen eines Verstoßes gegen das eingeschränkte Dispositionsrecht kurzfristig nicht verfolgen wollen. Dies sei hinreichend deutlich formuliert worden. Es bestehe kein Grund, Bestätigungen über existierende rechtliche Regelungen oder eventuell eintretende Rechtsfolgen abzugeben. Dies sei in keiner Weise verpflichtende Aufgabe der Krankenkasse.

Durch Beschluss vom 9. Februar 2011 lehnte das SG den Antrag ab. Widerspruch und Anfechtungsklage hätten nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung und ein Ausnahmefall nach Abs. 2 Nr. 1 bis 5 der Vorschrift liege nicht vor. Demgemäß komme dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zu. Auch lasse sich kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung begründen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht beachten zu wollen.

Hiergegen legte der Kläger am 3. März 2011 beim SG Beschwerde ein, die das Landesozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 25. April 2012 wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verwarf (L 4 KR 1036/11 ER-B).

Mit Bescheid vom 24. März 2011 nahm die Beklagte "unter Bezugnahme auf Ihren Widerspruch vom 02.11.2010" den angegriffenen Bescheid vom 29. September 2010 zurück. Dem Widerspruch sei damit verwaltungsseitig abgeholfen. Anschließend legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 29. März 2011 folgende Kostenrechnung vor:

Geschäftsgebühr Sozialrecht gem. § 3 RVG i.V.m. Nr. 2400 (VV) RVG EUR 520,00 Einigungs- oder Erledigungsgebühr sozialrechtliche Angelegenheit gem. § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 1005 Vergütungsverzeichnis (VV RVG) EUR 520,00 Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG EUR 20,00 Dokumentenpauschale (5 Kopien) gem. Nr. 7000 VV RVG EUR 2,50 Nettobetrag EUR 1.062,50 19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG EUR 201,88 Gesamtbetrag EUR 1.264,38

Mit Bescheid vom 26. April 2011 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten wie folgt fest: Geschäftsgebühr Sozialrecht gem. § 3 RVG i.V.m. Nr. 2400 VV RVG EUR 240,00 Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG EUR 20,00 Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG EUR 2,50 Nettobetrag EUR 262,50 19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG EUR 49,88 Gesamtbetrag EUR 312,38

Eine Geschäftsgebühr von mehr als EUR 240,00 könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Hiervon sei vorliegend nicht auszugehen. Eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da der Bevollmächtigte keine besondere Tätigkeit zur Erledigung des Verfahrens entfaltet habe. Das Bundessozialgericht (BSG) verlange beispielsweise in seinem Urteil vom 7. November 2006 (B 1 KR 23/06 R, in juris), dass die anwaltliche Mitwirkung kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sei. Der Bevollmächtigte habe jedoch nur Widerspruch eingelegt und diesen begründet, was durch die Geschäftsgebühr abgegolten sei.

Der Kläger erhob am 27. April 2011 über seinen Bevollmächtigten Widerspruch. Nicht nachzuvollziehen sei, dass grundsätzlich lediglich EUR 240,00 vergütet würden. Seit 1994 seien die Gebühren nicht angepasst worden. Dieses "Untätigbleiben" des Gesetzgebers erreiche zwischenzeitlich einen verfassungswidrigen Zustand, denn es handele sich um eine Gebührenordnung und nicht um Sozialhilferichtlinien.

Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2011 unter Hinweis auf die gesetzlichen Vorgaben und die einschlägige Rechtsprechung des BSG zurück.

Der Kläger erhob über seinen Bevollmächtigten am 5. Juli 2011 Klage beim SG. In Angelegenheiten der Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) könne im Rahmen der Geschäftsgebühr eine Höchstgebühr angesetzt werden, da es sich fast ausnahmslos um Probleme mit überdurchschnittlicher Bedeutung handele. Schließlich würden Menschen aus dem Arbeitsmarkt in die Rente gedrängt. Ihm sei kein einziger Fall bekannt, in dem die Krankenkassen zu einer Kostenübernahme von EUR 520,00 verurteilt worden seien. Das RVG werde missbraucht, um Kosten zu sparen und die Gerichte würden dies nicht erkennen. Die Beklagte verstoße insofern auch gegen die Rechtsprechung des BSG. Die Sprungrevision sei daher zuzulassen.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG und Vorlage des Urteils des LSG vom 20. Juli 2010 (L 11 KR 5344/09; nicht veröffentlicht) in einem gleichgelagerten Fall entgegen.

Das SG wies die Klage - nach Anhörung der Beteiligten zu der beabsichtigten Verfahrensweise - mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2011 ab. Eine Geschäftsgebühr von mehr als EUR 240,00 könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig gewesen sei. Hiervon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Die Tätigkeit habe sich lediglich auf die Erhebung des Widerspruchs, den Hinweis darauf, dass die Beklagte die Dispositionsbefugnis des Klägers nicht im Nachhinein habe einschränken können und dass sie ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe, beschränkt. Der bevollmächtigte Rentenberater habe nur feststellen müssen, dass der Kläger weiterhin arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und einen Antrag auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation gestellt habe. Die Rechtsfolgen des § 51 SGB V gehörten hingegen zum üblichen Wissen eines Rentenberaters und könnten daher nicht als besonders schwierig eingestuft werden. Dies gelte auch für den Schriftwechsel im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, der im Übrigen einen gesonderten Gebührentatbestand erfülle. Auch die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV sei nicht anzusetzen. Die setze nämlich die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinaus gehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei indessen nicht erkennbar.

Gegen den über seinen Bevollmächtigten am 28. Oktober 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens über seinen Bevollmächtigten am 21. November 2011 Berufung beim LSG eingelegt. Die Bedeutung der Angelegenheit für ihn (den Kläger) sei weit überdurchschnittlich. Dies habe das SG unberücksichtigt gelassen und daher die Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 1. Juli 2009 (B 4 AS 21/09 R, in juris) verkannt. Zu berücksichtigen sei auch, dass die seit 17 Jahren nicht angepassten Höhe der Gebühren in der Struktur unangemessen seien. Hinsichtlich der Erledigungsgebühr werde weiterhin eine andere Auffassung vertreten. Egal in welchem Umfang man auch tätig werde, gebe es die Erledigungsgebühr nicht. Die Revision müsse wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Oktober 2012 aufzuheben, den Bescheid vom 26. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von EUR 952,00 zu erstatten, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Berichterstatterin hat den Kläger und seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 25. Juli 2013 darauf hingewiesen, dass die Berufung - insbesondere nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, der die Senate des LSG folgen - keine Aussicht auf Erfolg hat. Es bestehe vorliegend kein Anspruch auf eine Erledigungsgebühr oder (höhere) Geschäftsgebühr, so dass die Fortführung des Rechtsstreits missbräuchlich erscheine und die Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme. Dem ist der Bevollmächtigte des Klägers entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach §§ 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, ist zulässig und auch sonst statthaft. Da der Kläger mit der Berufung die Erstattung weiterer Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von EUR 952,00 geltend macht, ist der Beschwerdewert von mehr als EUR 750,00 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten.

2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 26. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen für die Vertretung durch den bevollmächtigten Rentenberater im isolierten Vorverfahren. Zu Recht hat die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf EUR 312,38 festgesetzt.

3. Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Inhaber eines solchen Kostenerstattungsanspruchs ist alleine der Widerspruchsführer; ihm allein, nicht dagegen seinem Bevollmächtigten, steht ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen den Rechtsträger zu, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Dabei kann der Widerspruchsführer - soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war - diejenigen Aufwendungen geltend machen, die durch die Beauftragung und das Tätigwerden eines Bevollmächtigten entstanden sind. Insoweit ist aber Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist. Fehlt es daran oder sind tatsächlich keine Aufwendungen entstanden, steht dem Widerspruchsführer kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu. Demzufolge muss der Widerspruchsführer gegenüber dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, geltend machen, er sei tatsächlich einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzt (zum Ganzen und auch zu den wesentlichen Darlegungen zum Rechtsgrund der Rechnungsstellung: vgl. LSG, Urteil vom 14. Februar 2012 - L 11 KR 4076/11 -; nicht veröffentlicht).

Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Beklagte hat dem Widerspruch vom 2. November 2010 abgeholfen und mit Bescheid vom 24. März 2011 den angegriffenen Bescheid vom 29. September 2010 zurückgenommen. Mit Bescheid vom 26. April 2011 setzte die Beklagte die für das Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten auf EUR 312,38 fest. Zu Gunsten des Klägers geht der Senat davon aus, dass er persönlich oder zumindest seine Rechtschutzversicherung einer Forderung seines Bevollmächtigten in der gegenüber der Beklagten geltend gemachten Höhe ausgesetzt ist, obgleich nicht dargetan ist, dass sein Bevollmächtigter mit einer Forderung in der geltend gemachten Höhe an ihn oder die Rechtschutzversicherung herangetreten ist.

a) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sind nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs. 3, 1. Halbsatz SGB X). Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig gehalten und die Erstattung der Kosten in Höhe von EUR 312,38 zugesagt.

b) Der Umfang der notwendigen Aufwendungen richtet sich nach dem RVG i.V.m. mit dem VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 gültigen Fassung des Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I 2004, S. 717 ff, 788 ff, 850), da der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit dem Bevollmächtigten nach dem 30. Juni 2004 und vor dem 1. August 2013 erteilt worden war (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG).

aa) Gemäß § 4 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (EGRDG) gilt für die Vergütung von Rentenberatern das RVG. § 3 RVG sieht vor, dass in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (Abs. 1 Satz 1). Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (Abs. 2). Nach dem eigenständigen Gebührentatbestand für sozialrechtliche Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten u.a. eine Geschäftsgebühr. Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr. 2400 VV RVG i.V.m. § 14 RVG. Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nr. 2400 VV RVG in der hier noch maßgeblichen, bis zum 31. Juli 2013 gültigen Fassung umfasst einen Betragsrahmen von EUR 40,00 bis EUR 520,00. Eine Gebühr von mehr als EUR 240,00 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog. Schwellengebühr). Das BSG (Urteil vom 5. Mai 2010 - B 11 AL 14/09 R-; in juris) hat insoweit entschieden, dass es bei dieser Einordnung nicht angebracht sei, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw. Teilrechtsgebieten zu differenzieren. Abzustellen sei in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (BSG a.a.O.; LSG, Urteil vom 14. Februar 2012 - L 11 KR 5366/11 -; nicht veröffentlicht).

bb) Das SG hat zutreffend entschieden, dass sowohl der Umfang als auch die Schwierigkeit der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers maximal als durchschnittlich zu bewerten waren.

Der bevollmächtigte Rentenberater hat weder auf einen besonderen Umfang seiner Tätigkeit hingewiesen noch ist ein solcher ersichtlich. Denn eine durchschnittliche Tätigkeit umfasst bezüglich des (zeitlichen) Umfangs den Aufwand für eine Besprechung und Beratung, das Anfordern von Unterlagen, deren Sichtung, eine Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, die Auseinandersetzung hiermit und mit dem von der Behörde herangezogenen Sachverhalt einschließlich Beweismitteln, den Schriftverkehr mit dem Mandanten und der Behörde sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -; in juris). Gründe, warum ein über den durchschnittlichen Aufwand hinausgehender Umfang erforderlich gewesen sein soll, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Denn die Tätigkeit des Bevollmächtigten erschöpfte sich im Widerspruchsverfahren lediglich in der Abfassung eines kurz begründeten Widerspruchs, dem Hinweis, dass die Beklagte die Dispositionsbefugnis des Klägers nicht nachträglich einschränken könne und dass sie ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Damit kann maximal ein durchschnittlicher Umfang angenommen werden.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend ebenfalls nur durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit beispielsweise dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten (BSG a.a.O.). Diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Vorliegend sind weder Probleme im Umgang mit dem Mandanten noch rechtliche Probleme ersichtlich. Der bevollmächtigte Rentenberater hatte lediglich festzustellen, dass beim Kläger Arbeitsunfähigkeit vorlag und dieser einen Rentenantrag gestellt hatte. Hieraus resultierende Folgen mit sozialversicherungsrechtlicher Relevanz sowie die Voraussetzungen einer Aufforderung der beklagten Krankenkasse an den Kläger nach § 51 SGB V gehören zum Grundwissen eines Rentenberaters. Insgesamt hat es sich daher um einen Normal- bzw. Routinefall ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur gehandelt. Eine grundsätzliche Einstufung als schwierig war damit nicht gerechtfertigt. Etwas anderes gilt nicht unter Berücksichtigung des zwischen dem Bevollmächtigen und der Beklagten geführten Schriftwechsels zur Frage der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29. September 2010. Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschrift des § 86a SGG gehört ebenfalls zum Grundwissen eines Rentenberaters.

Auch ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger nicht überdurchschnittlich. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (BSG a.a.O.). Vorliegend war das Begehren des Klägers vorrangig darauf gerichtet, den Anspruch auf Gewährung von Krankengeld aufrechtzuerhalten und nicht zu einem früheren Zeitpunkt als nötig Rente wegen Erwerbsminderung zu beziehen. Allerdings ist das Begehren des Klägers nicht gleichbedeutend mit der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Denn auch bei Beendigung der Gewährung von Krankengeld ist die Gewährung weiterer Sozialleistungen wie z.B. Arbeitslosengeld I und II, Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Sozialhilfe möglich. Deshalb ist die Bedeutung nicht als sehr hoch einzustufen (vgl. hierzu auch: LSG, Urteil vom 20. Juli 2010 – L 11 KR 5344/09 –; nicht veröffentlicht). Soweit der Kläger meint, eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit ergebe sich daraus, mit der Aufforderung nach § 51 SGB V würden Versicherte aus dem Arbeitsmarkt in eine Rente mit Abschlägen gedrängt, trifft dies nicht zu. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger besteht darin, wie lange er Krankengeld beziehen kann, insbesondere ob er den Anspruch auf Krankengeld bis zu der gesetzlichen Höchstgrenze von 78 Wochen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V) ausschöpfen kann. Selbst wenn dauerhafte Arbeitsunfähigkeit besteht, bedeutet dies noch nicht, dass eine geminderte Erwerbsfähigkeit nach § 43 SGB VI vorliegt. Denn die Arbeitsunfähigkeit stellt allein auf die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit ab, während für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der allgemeinen Arbeitsmarkt maßgeblich ist.

Nachdem die geltend gemachten Kosten insoweit von einem realistischen Kostenansatz weit entfernt liegen und damit unbillig sind, ist der Senat an die Kostenbestimmung des Prozessbevollmächtigten nicht gebunden (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

cc) Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in der hier noch maßgeblichen, bis zum 31. Juli 2013 gültigen Fassung kann der Kläger nicht beanspruchen. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr. 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Daher wird schon aus dem Wortlaut der Vorschrift deutlich, dass nur eine anwaltliche Mitwirkung die Erledigungsgebühr begründen kann (LSG, Urteil vom 14. Februar 2012 - L 11 KR 5366/11 -; nicht veröffentlicht). Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 9. Dezember 2010 - B 13 R 63/09 R - und 14. Februar 2013 - B 14 AS 62/12 R -, jeweils m.w.N; beide in juris) kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr. 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Bevollmächtigten an (BSG, a.a.O.; LSG, Urteil vom 14. Februar 2012 - L 11 KR 5366/11; nicht veröffentlicht).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat über die Widerspruchseinlegung und die notwendige Begründung hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichteten Maßnahmen ergriffen. Er hat den Widerspruch lediglich eingelegt und kurz begründet; eine darüber hinausgehende Tätigkeit hat er nicht entfaltet. Eine weitere Tätigkeit war aus Sicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht notwendig. Denn mit der Einlegung des Widerspruchs ging es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers allein darum, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung herbeizuführen, damit die Beklagte wegen einer unterbliebenen Antragstellung auf Rehabilitationsleistungen oder Rente nicht die weitere Zahlung von Krankengeld ablehnen kann.

Hat der Prozessbevollmächtigte keine über die bloße, bereits mit der Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG abgegoltene Widerspruchseinlegung bzw. Widerspruchsbegründung hinausgehende und auf Erledigung gerichtete Mitwirkung gezeigt, steht ihm eine Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG nicht zu; der Senat ist nicht an die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Bestimmung gebunden (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

dd) Im Übrigen hat die Beklagte die vom Prozessbevollmächtigten geforderte Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG i.H.v. EUR 20,00 sowie die Dokumentenpauschale gemäß Nr. VV RVG i.H.v. EUR 2,50 erstattet und die sich nach Nr. 7002 VV RVG ergebende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG zutreffend berechnet.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat aufgrund der Erörterung der Rechtssache mit dem Kläger davon abgesehen, dem Kläger Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen.

5. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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