L 2 P 40/13 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 21 P 104/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 40/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage ist auch bei einem erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) für das Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg Prozesskostenhilfe zu gewähren war.

Streitig war im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg, das am 19. Juni 2012 durch Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten eingeleitet wurde, die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin lehnte dies mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2012 ab. Das Sozialgericht holte u.a. ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 12. Dezember 2012 ein, der den Hilfebedarf der Bf. im Bereich der Grundpflege auf 63 Minuten täglich, im Gericht der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 45 Minuten einschätzte. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nicht vor.

Am 4. Juli 2013 beantragte die Bf. durch Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tag die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Der Antrag wurde zum einen im Sitzungstermin vom 4. Juli 2013 der Kammer, der um 12.07 Uhr begann, übergeben, zum anderen durch Fax an das Sozialgericht um 10.17 Uhr gestellt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm die Prozessbevollmächtigte des Bf. die Klage zurück.

Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 16. Juli 2013 abgelehnt. Der Antrag sei erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2013 gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Sache keine Erfolgsaussicht mehr geboten. Die Ermittlungen seien abgeschlossen gewesen. Der gerichtliche Gutachter habe einen Zeitbedarf für die Verrichtungen der Grundpflege von 63 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten gesehen, so dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II bei Weitem nicht erfüllt seinen. In der Sache hätten daher keine Erfolgsaussichten mehr bestanden.

Zur Begründung der sofortigen Beschwerde hat die Bf. ausgeführt, dass der Antrag auf Prozesskostenhilfe unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellt worden sei. Dies allein rechtfertige jedoch nicht dessen Ablehnung. Denn ein mittelloser Kläger könne sich erst für die mündliche Verhandlung einen Anwalt nehmen, da es im Sozialgerichtsprozess keinen Vertretungszwang gebe. Auf den Beschluss des Sächsischen Landesozialgerichts vom 15. Dezember 2005 (Az.: L 6 B 10/05 R) wurde hingewiesen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht sei anzunehmen, da eine Beweisaufnahme durchgeführt worden sei. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes sei ebenfalls erforderlich gewesen.

Die Bg. hat den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend erachtet. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe sei erst während der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage durch die Kammervorsitzende gestellt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. §§ 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe. Voraussetzungen ist die Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit, des Ausschlusses der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Ist, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Zutreffend ist allerdings, dass der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe von der Bf. noch vor der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 gestellt wurde. Der Antrag ging per Fax bereits um 10.17 Uhr beim Sozialgericht ein, während die mündliche Verhandlung erst um 12.07 Uhr begann.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Auf einen früheren Zeitpunkt kann nur ausnahmsweise abzustellen werden, wenn sich die Entscheidung des Gerichts über den Antrag verzögert hat und die Änderung zum Nachteil des Antragstellers eingetreten ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73 a Rdnr. 7 d). Letzteres scheidet zweifelsfrei vorliegend aus. Zutreffend hat das Sozialgericht somit berücksichtigt, dass bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 für die Klage aufgrund des vom Gericht eingeholten Gutachtens des Dr. W. keine Erfolgsaussicht mehr bestand. Das Ergebnis der Beweisaufnahme war somit bei der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen.

Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich dabei auch wesentlich von dem vom Sächsischen Landessozialgericht (Az. siehe oben) entschiedenen Verfahren. Die Bf. war anders als dort bereits bei Klageerhebung anwaltlich vertreten. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb bei der "mittellosen" Bf. nicht bereits zum damaligen Zeitpunkt und somit vor der Durchführung der Beweisaufnahme durch das Sozialgericht ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden konnte. Im Übrigen weicht das Sächsische Landessozialgericht auch nicht von dem Grundsatz ab, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde somit zutreffend vom Sozialgericht abgelehnt. Damit scheidet auch eine Beiordnung der Prozessbevollmächtigten aus.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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