Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 668/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 995/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Unbegründetheit einer Beschwerde gegen die Verhängung von Ordnungsgeld gegen einen Sachverständigen.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 500.- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (Bf.) wendet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,- EUR.
Streitgegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht München (Az. S 15 R 668/10) war, ob die Klägerin Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hat. Das Sozialgericht München (SG) holte Befundberichte und ärztliche Unterlagen sowie Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. B. vom 19.10.2010, von Dr. F. vom 28.02.2011 und von Dr. G. vom 19.04.2011 ein.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG beauftragte das SG mit Beweisanordnung vom 28.07.2011 den Bf. mit Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung der Klägerin. Mit Schreiben vom 03.08.2011 übersandte das SG dem Bf. einen von der Klägerin vorgelegten Arztbrief von Dr. F ...
Mit Schreiben vom 02.12.2011 bat das SG den Bf. um Mitteilung, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei bzw. welche Gründe einer Fertigstellung entgegenstehen. Eine Reaktion des Bf. erfolgte nicht. Das SG setzte dem Bf. mit Schreiben vom 29.03.2012 für die Übersendung des Gutachtens Frist bis 27.04.2012 mit dem Hinweis, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro verhängt werde, wenn das Gutachten bis zur genannten Nachfrist der Geschäftsstelle nicht vorliege.
Daraufhin teilte der Bf. mit Schreiben vom 24.03.2012 mit, dass er die ungewöhnliche Verzögerung der Gutachtenserstellung, u.a. bedingt durch Krankheitsausfälle und Einbestellungsprobleme der Klägerin, bedauere, und dass das Gutachten hier von ungewöhnlichem Zeitaufwand und ungewöhnlichen Schwierigkeitsgrad sei angesichts der Vorbefunde und diagnostischer Fehlentscheidungen. Auf die Ausführungen hierzu wird Bezug genommen. In Anbetracht der Widersprüchlichkeiten und Unrichtigkeiten empfehle er eine Art "Kompromiss".
Am 24.04.2012 ging beim SG das Gutachten vom 20.04.2012 ein. Prof. A. schlug vor, zwar keine völlige Erwerbsunfähigkeit zuzuerkennen, aber eine anteilige Einschränkung des Zeitrahmens der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ab Dezember 2008 könne die Klägerin noch leichte Arbeiten "bis max. 6 Stunden" täglich verrichten.
Die Beklagte wies in ihrer Stellungnahme vom 21.05.2012 darauf hin, dass auch nach Dr. A. das Leistungsvermögen der Klägerin nicht auf unter sechs Stunden täglich gesunken sei. Daraufhin regte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 22.06.2012 an, eine ergänzende Stellungnahme von Dr. A. einzuholen. Zwar beurteile dieser tatsächlich das Leistungsvermögen der Klägerin mit "bis max. 6 Stunden", dass er zugleich von einer Erwerbsminderung der Kläger spreche, deute aber darauf hin, dass er "bis unter 6 Stunden" gemeint habe.
Das SG forderte den Bf. mit Schreiben vom 03.07.2012 auf, bis 03.08.2012, eine ergänzende Stellungnahme zu erstellen unter Übersendung des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 22.06.2012. Mit Schreiben vom 28.08.2012 setzte das SG dem Bf. eine Nachfrist für die Übersendung der ergänzenden Stellungnahme bis 19.09.2012 mit dem Hinweis, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro verhängt werde, wenn die ergänzende Stellungnahme der Geschäftsstelle bis zur genannten Nachfrist nicht vorliege. Eine Reaktion des Bf. erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 12.10.2012, dem Bf. zugestellt am 17.10.2012, verhängte das SG Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro gegen den Bf.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.10.2012 nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage zurück.
Am Montag, den 19.11.2012, legte der Bf. Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht gegen den Ordnungsgeldbeschluss ein und trug zur Begründung vor, dass er im ersten Halbjahr 2012 lebensbedrohlich schwer erkrankt gewesen und großenteils, auch in der Folgezeit, arbeitsunfähig gewesen sei. Dies habe bedauerlicherweise zu Verzögerungen beauftragter Gutachten / Stellungnahmen geführt. Gegenstand der "Strafandrohung" sei weder ein Gutachten noch eine Stellungnahme, sondern die Bewertung eines juristischen Terminus, der bezüglich der Leistungseinschätzung unterscheidet zwischen der Feststellung bis maximal sechs Stunden und bis unter sechs Stunden. Nach seinem Sprachverständnis bezeichne eine obere Maximalgrenze sinngemäß das Gleiche wie "bis unter diese Maximalgrenze". Nach seinen Unterlagen, die durch fehlende Postnachsendungen während seines Krankenstandes unvollständig sein könnten, gebe es in den Erinnerungs- bzw. Mahnungsschreiben des Sozialgerichts weder eine vom Sachverständigen zu beantwortende Beweisfrage noch eine sonstige Erläuterung zu der gewünschten Anfrage des abgesetzten Gutachtens gegeben. Es werde nur auf ein beigefügtes Schreiben der Rechtsvertretung verwiesen. Der Bf. habe versucht, die Angelegenheit über die Geschäftsstelle und den Klägerbevollmächtigten zu klären, was nicht möglich gewesen sei. Zudem erschiene das "Strafmaß" des Gerichtsbeschlusses unverhältnismäßig angesichts des Gutachtensumfangs. Die Nachfrage an ihn stamme vom Juli 2012, so dass die zu Grunde gelegte Untätigkeit für die vorliegende Nachfrage somit einige Monate, nicht mehr, betrage, aber auch nicht weniger. Im Übrigen sei dem Sachverständigen auch zum jetzigen Zeitpunkt die Beantwortung der Nachfrage in Anbetracht der eindeutigen Erläuterung des Klägerbevollmächtigten nach wie vor unklar.
II.
Die statthafte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 SGG); insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden, weil der Beschluss am 17.10.2012 zugestellt worden war und der 17.11.2012 ein Samstag war (§ 64 Abs. 3 SGG). Sie erweist sich aber als unbegründet.
Nach § 118 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 411 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung des (vollständigen) Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Voraussetzung einer Ordnungsgeldfestsetzung ist, dass der Sachverständige schuldhaft gehandelt hat, wobei ein Verschulden schon vorliegt, wenn er nicht unverzüglich mitgeteilt hat, dass er das Gutachten nicht fristgerecht erstatten kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller /Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, zu § 118 RdNr. 12q). Dementsprechend obliegt es dem Sachverständigen, das Gericht unverzüglich zu informieren, wenn sich die Gutachtenserstellung verzögert, z.B. wegen eigener Erkrankung oder Problemen bei der Vereinbarung von Terminen mit dem zu Untersuchenden. Der Justizgewährungsanspruch des Einzelnen verpflichtet die Gerichte, alle gesetzlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Rechtsschutz zu gewähren. Gerade wenn ein Sachverständiger für längere Zeit erkrankt ist, ist die rechtzeitige Information an das Gericht geboten, damit ggf. geprüft werden kann, ob unter Entbindung des bisher beauftragten Sachverständigen ein anderer Sachverständiger beauftragt wird.
Zwar hatte der Sachverständige am 24.04.2012 das schriftliche Gutachten vom 20.04.2012 vorgelegt. Allerdings wurde die Beantwortung der entscheidungserheblichen Beweisfrage nach dem zeitlichen Leistungsvermögen von den Beteiligten unterschiedlich interpretiert.
Mit Beweisfrage 2d) wurde der Sachverständige gefragt, wie viele Stunden täglich die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten verrichten kann, wobei zwischen folgenden Kategorien unterschieden wurde:
aa) weniger als drei Stunden
bb) drei bis unter sechs Stunden
cc) sechs Stunden
dd) sechs bis unter acht Stunden
ee) vollschichtig.
Der Bf. hat im Gutachten ausgeführt, die Klägerin könne leichte Arbeiten noch "bis max. 6 Stunden" täglich verrichten.
Während die Beklagte damit ein Leistungsvermögen der Kategorie cc) annahm, wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass zwar tatsächlich das Leistungsvermögen mit "bis max. 6 Stunden" beurteilt werde, Äußerungen an anderer Stelle des Gutachtens über eine nicht besserungsfähige Erwerbsminderung aber darauf hindeuteten, dass er "bis unter 6 Stunden" gemeint habe und damit die Kategorie bb). Er regte deswegen - also wegen der Widersprüchlichkeit des Gutachtens - die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme beim Bf. an.
Es kann dahinstehen, ob angesichts der Widersprüchlichkeiten im Gutachten vom 20.04.2012 die Beweisfrage vom Bf. hinreichend bestimmt beantwortet und damit der Gutachtensauftrag erfüllt worden war. Denn das SG hat dem Bf. mit Schreiben vom 03.07.2012 das Schreiben des Klägerbevollmächtigten - wie beantragt - zur ergänzenden Stellungnahme unter Fristsetzung übersandt und ihn damit zur Klarstellung hinsichtlich des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin aufgefordert.
Mit Schreiben vom 28.08.2012 hat das SG dem Bf. dafür eine Nachfrist gemäß § 118 SGG i.V.m. § 411 Abs. 2 ZPO gesetzt unter Ordnungsgeldandrohung. Trotzdem hat der Bf. keine gutachterliche Stellungnahme bzw. Klarstellung an das SG übersandt. Die von ihm vorgetragenen Versuche einer Klärung über die Geschäftsstelle sind aus den Akten nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Bf. schriftlich weder dazu Stellung genommen noch nachgefragt, dass und weshalb ihm eine Beantwortung nicht möglich ist. Dabei ist dem Senat nicht ersichtlich, welche Klärung oder Nachfrage über die Geschäftsstelle erforderlich gewesen wäre, um die ergänzende Stellungnahme abgeben zu können.
Die Frist bis 03.08.2012 und die Nachfrist bis 19.09.2012 waren auch mehr als angemessen. Denn letztlich war nur eine Klarstellung der eigenen Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin vom Bf. gefordert worden und damit die eindeutige Beantwortung der Beweisfragen. Gefordert wurde weder eine Bewertung eines juristischen Terminus noch eine erneute eigenständige Meinungsbildung, sondern lediglich die Klarstellung, ob die Beantwortung der Beweisfrage mit "bis max. 6 Stunden" "6 Stunden" oder "unter 6 Stunden" bedeutet - also die Klarstellung der eigenen Formulierung.
Gerade wenn - so die Beschwerdeschrift - der Bf. selbst davon ausging, dass damit ein Leistungsvermögen "bis unter die Maximalgrenze" gemeint sei, ist unklar, weshalb er innerhalb von über zwei Monaten nicht in der Lage war, dies dem SG schriftlich mitzuteilen.
Der Bf. hat die Frist auch nicht unverschuldet versäumt. Zum einen ist nicht ersichtlich, weshalb die schwere Erkrankung im ersten Halbjahr 2012 der angeforderten Klarstellung der eigenen Formulierung im August und September 2012 im Wege stand. Zum anderen hätte es dem Bf. oblegen, ggf. bei Verzögerungen aufgrund Erkrankung dies dem SG mitzuteilen. Außerdem hat der Bf. selbst seine Antwort für eindeutig gehalten und hätte dies dem SG mit kurzem Schreiben mitteilen können. Der Bf. ist im Übrigen auch einer Aufforderung durch den Senat zu weiteren Abklärung nicht nachgekommen.
Auch die Höhe des Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Beschwerdeführer sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen sowie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Das ist hier bei der Festsetzung von 500,- Euro der Fall.
Soweit der Bf. vorträgt, dass zwischen der gerichtlichen Nachfrage vom Juli 2012 und dem Beschluss "einige Monate, nicht mehr" lägen, ist darauf hinzuweisen, dass üblicherweise ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten als ausreichend für die Erstellung eines vollständigen Gutachtens mit Untersuchung anzusehen ist, der Bf. bereits über acht Monate Zeit für das Gutachten hatte und hier lediglich eine Klarstellung seiner eigenen Antwort auf die Beweisfragen angefordert wurde. Dass sich der Bf. letztlich erst mit der Beschwerdeschrift am 19.11.2012 gegenüber dem LSG dazu geäußert hat, spricht nicht gegen, sondern für eine erhebliche Pflichtwidrigkeit.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. § 197a SGG findet hier Anwendung, weil der Bf. nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte an einem Rechtsstreit vor den Sozialgerichten beteiligt sind. Der Bf. ist als Sachverständiger nicht diesem Personenkreis zuzuordnen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 176 Anm. 5).
Der Streitwert richtet sich nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 500.- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (Bf.) wendet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,- EUR.
Streitgegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht München (Az. S 15 R 668/10) war, ob die Klägerin Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hat. Das Sozialgericht München (SG) holte Befundberichte und ärztliche Unterlagen sowie Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. B. vom 19.10.2010, von Dr. F. vom 28.02.2011 und von Dr. G. vom 19.04.2011 ein.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG beauftragte das SG mit Beweisanordnung vom 28.07.2011 den Bf. mit Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung der Klägerin. Mit Schreiben vom 03.08.2011 übersandte das SG dem Bf. einen von der Klägerin vorgelegten Arztbrief von Dr. F ...
Mit Schreiben vom 02.12.2011 bat das SG den Bf. um Mitteilung, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei bzw. welche Gründe einer Fertigstellung entgegenstehen. Eine Reaktion des Bf. erfolgte nicht. Das SG setzte dem Bf. mit Schreiben vom 29.03.2012 für die Übersendung des Gutachtens Frist bis 27.04.2012 mit dem Hinweis, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro verhängt werde, wenn das Gutachten bis zur genannten Nachfrist der Geschäftsstelle nicht vorliege.
Daraufhin teilte der Bf. mit Schreiben vom 24.03.2012 mit, dass er die ungewöhnliche Verzögerung der Gutachtenserstellung, u.a. bedingt durch Krankheitsausfälle und Einbestellungsprobleme der Klägerin, bedauere, und dass das Gutachten hier von ungewöhnlichem Zeitaufwand und ungewöhnlichen Schwierigkeitsgrad sei angesichts der Vorbefunde und diagnostischer Fehlentscheidungen. Auf die Ausführungen hierzu wird Bezug genommen. In Anbetracht der Widersprüchlichkeiten und Unrichtigkeiten empfehle er eine Art "Kompromiss".
Am 24.04.2012 ging beim SG das Gutachten vom 20.04.2012 ein. Prof. A. schlug vor, zwar keine völlige Erwerbsunfähigkeit zuzuerkennen, aber eine anteilige Einschränkung des Zeitrahmens der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ab Dezember 2008 könne die Klägerin noch leichte Arbeiten "bis max. 6 Stunden" täglich verrichten.
Die Beklagte wies in ihrer Stellungnahme vom 21.05.2012 darauf hin, dass auch nach Dr. A. das Leistungsvermögen der Klägerin nicht auf unter sechs Stunden täglich gesunken sei. Daraufhin regte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 22.06.2012 an, eine ergänzende Stellungnahme von Dr. A. einzuholen. Zwar beurteile dieser tatsächlich das Leistungsvermögen der Klägerin mit "bis max. 6 Stunden", dass er zugleich von einer Erwerbsminderung der Kläger spreche, deute aber darauf hin, dass er "bis unter 6 Stunden" gemeint habe.
Das SG forderte den Bf. mit Schreiben vom 03.07.2012 auf, bis 03.08.2012, eine ergänzende Stellungnahme zu erstellen unter Übersendung des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 22.06.2012. Mit Schreiben vom 28.08.2012 setzte das SG dem Bf. eine Nachfrist für die Übersendung der ergänzenden Stellungnahme bis 19.09.2012 mit dem Hinweis, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro verhängt werde, wenn die ergänzende Stellungnahme der Geschäftsstelle bis zur genannten Nachfrist nicht vorliege. Eine Reaktion des Bf. erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 12.10.2012, dem Bf. zugestellt am 17.10.2012, verhängte das SG Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro gegen den Bf.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.10.2012 nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage zurück.
Am Montag, den 19.11.2012, legte der Bf. Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht gegen den Ordnungsgeldbeschluss ein und trug zur Begründung vor, dass er im ersten Halbjahr 2012 lebensbedrohlich schwer erkrankt gewesen und großenteils, auch in der Folgezeit, arbeitsunfähig gewesen sei. Dies habe bedauerlicherweise zu Verzögerungen beauftragter Gutachten / Stellungnahmen geführt. Gegenstand der "Strafandrohung" sei weder ein Gutachten noch eine Stellungnahme, sondern die Bewertung eines juristischen Terminus, der bezüglich der Leistungseinschätzung unterscheidet zwischen der Feststellung bis maximal sechs Stunden und bis unter sechs Stunden. Nach seinem Sprachverständnis bezeichne eine obere Maximalgrenze sinngemäß das Gleiche wie "bis unter diese Maximalgrenze". Nach seinen Unterlagen, die durch fehlende Postnachsendungen während seines Krankenstandes unvollständig sein könnten, gebe es in den Erinnerungs- bzw. Mahnungsschreiben des Sozialgerichts weder eine vom Sachverständigen zu beantwortende Beweisfrage noch eine sonstige Erläuterung zu der gewünschten Anfrage des abgesetzten Gutachtens gegeben. Es werde nur auf ein beigefügtes Schreiben der Rechtsvertretung verwiesen. Der Bf. habe versucht, die Angelegenheit über die Geschäftsstelle und den Klägerbevollmächtigten zu klären, was nicht möglich gewesen sei. Zudem erschiene das "Strafmaß" des Gerichtsbeschlusses unverhältnismäßig angesichts des Gutachtensumfangs. Die Nachfrage an ihn stamme vom Juli 2012, so dass die zu Grunde gelegte Untätigkeit für die vorliegende Nachfrage somit einige Monate, nicht mehr, betrage, aber auch nicht weniger. Im Übrigen sei dem Sachverständigen auch zum jetzigen Zeitpunkt die Beantwortung der Nachfrage in Anbetracht der eindeutigen Erläuterung des Klägerbevollmächtigten nach wie vor unklar.
II.
Die statthafte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 SGG); insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden, weil der Beschluss am 17.10.2012 zugestellt worden war und der 17.11.2012 ein Samstag war (§ 64 Abs. 3 SGG). Sie erweist sich aber als unbegründet.
Nach § 118 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 411 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung des (vollständigen) Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Voraussetzung einer Ordnungsgeldfestsetzung ist, dass der Sachverständige schuldhaft gehandelt hat, wobei ein Verschulden schon vorliegt, wenn er nicht unverzüglich mitgeteilt hat, dass er das Gutachten nicht fristgerecht erstatten kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller /Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, zu § 118 RdNr. 12q). Dementsprechend obliegt es dem Sachverständigen, das Gericht unverzüglich zu informieren, wenn sich die Gutachtenserstellung verzögert, z.B. wegen eigener Erkrankung oder Problemen bei der Vereinbarung von Terminen mit dem zu Untersuchenden. Der Justizgewährungsanspruch des Einzelnen verpflichtet die Gerichte, alle gesetzlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Rechtsschutz zu gewähren. Gerade wenn ein Sachverständiger für längere Zeit erkrankt ist, ist die rechtzeitige Information an das Gericht geboten, damit ggf. geprüft werden kann, ob unter Entbindung des bisher beauftragten Sachverständigen ein anderer Sachverständiger beauftragt wird.
Zwar hatte der Sachverständige am 24.04.2012 das schriftliche Gutachten vom 20.04.2012 vorgelegt. Allerdings wurde die Beantwortung der entscheidungserheblichen Beweisfrage nach dem zeitlichen Leistungsvermögen von den Beteiligten unterschiedlich interpretiert.
Mit Beweisfrage 2d) wurde der Sachverständige gefragt, wie viele Stunden täglich die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten verrichten kann, wobei zwischen folgenden Kategorien unterschieden wurde:
aa) weniger als drei Stunden
bb) drei bis unter sechs Stunden
cc) sechs Stunden
dd) sechs bis unter acht Stunden
ee) vollschichtig.
Der Bf. hat im Gutachten ausgeführt, die Klägerin könne leichte Arbeiten noch "bis max. 6 Stunden" täglich verrichten.
Während die Beklagte damit ein Leistungsvermögen der Kategorie cc) annahm, wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass zwar tatsächlich das Leistungsvermögen mit "bis max. 6 Stunden" beurteilt werde, Äußerungen an anderer Stelle des Gutachtens über eine nicht besserungsfähige Erwerbsminderung aber darauf hindeuteten, dass er "bis unter 6 Stunden" gemeint habe und damit die Kategorie bb). Er regte deswegen - also wegen der Widersprüchlichkeit des Gutachtens - die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme beim Bf. an.
Es kann dahinstehen, ob angesichts der Widersprüchlichkeiten im Gutachten vom 20.04.2012 die Beweisfrage vom Bf. hinreichend bestimmt beantwortet und damit der Gutachtensauftrag erfüllt worden war. Denn das SG hat dem Bf. mit Schreiben vom 03.07.2012 das Schreiben des Klägerbevollmächtigten - wie beantragt - zur ergänzenden Stellungnahme unter Fristsetzung übersandt und ihn damit zur Klarstellung hinsichtlich des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin aufgefordert.
Mit Schreiben vom 28.08.2012 hat das SG dem Bf. dafür eine Nachfrist gemäß § 118 SGG i.V.m. § 411 Abs. 2 ZPO gesetzt unter Ordnungsgeldandrohung. Trotzdem hat der Bf. keine gutachterliche Stellungnahme bzw. Klarstellung an das SG übersandt. Die von ihm vorgetragenen Versuche einer Klärung über die Geschäftsstelle sind aus den Akten nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Bf. schriftlich weder dazu Stellung genommen noch nachgefragt, dass und weshalb ihm eine Beantwortung nicht möglich ist. Dabei ist dem Senat nicht ersichtlich, welche Klärung oder Nachfrage über die Geschäftsstelle erforderlich gewesen wäre, um die ergänzende Stellungnahme abgeben zu können.
Die Frist bis 03.08.2012 und die Nachfrist bis 19.09.2012 waren auch mehr als angemessen. Denn letztlich war nur eine Klarstellung der eigenen Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin vom Bf. gefordert worden und damit die eindeutige Beantwortung der Beweisfragen. Gefordert wurde weder eine Bewertung eines juristischen Terminus noch eine erneute eigenständige Meinungsbildung, sondern lediglich die Klarstellung, ob die Beantwortung der Beweisfrage mit "bis max. 6 Stunden" "6 Stunden" oder "unter 6 Stunden" bedeutet - also die Klarstellung der eigenen Formulierung.
Gerade wenn - so die Beschwerdeschrift - der Bf. selbst davon ausging, dass damit ein Leistungsvermögen "bis unter die Maximalgrenze" gemeint sei, ist unklar, weshalb er innerhalb von über zwei Monaten nicht in der Lage war, dies dem SG schriftlich mitzuteilen.
Der Bf. hat die Frist auch nicht unverschuldet versäumt. Zum einen ist nicht ersichtlich, weshalb die schwere Erkrankung im ersten Halbjahr 2012 der angeforderten Klarstellung der eigenen Formulierung im August und September 2012 im Wege stand. Zum anderen hätte es dem Bf. oblegen, ggf. bei Verzögerungen aufgrund Erkrankung dies dem SG mitzuteilen. Außerdem hat der Bf. selbst seine Antwort für eindeutig gehalten und hätte dies dem SG mit kurzem Schreiben mitteilen können. Der Bf. ist im Übrigen auch einer Aufforderung durch den Senat zu weiteren Abklärung nicht nachgekommen.
Auch die Höhe des Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Beschwerdeführer sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen sowie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Das ist hier bei der Festsetzung von 500,- Euro der Fall.
Soweit der Bf. vorträgt, dass zwischen der gerichtlichen Nachfrage vom Juli 2012 und dem Beschluss "einige Monate, nicht mehr" lägen, ist darauf hinzuweisen, dass üblicherweise ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten als ausreichend für die Erstellung eines vollständigen Gutachtens mit Untersuchung anzusehen ist, der Bf. bereits über acht Monate Zeit für das Gutachten hatte und hier lediglich eine Klarstellung seiner eigenen Antwort auf die Beweisfragen angefordert wurde. Dass sich der Bf. letztlich erst mit der Beschwerdeschrift am 19.11.2012 gegenüber dem LSG dazu geäußert hat, spricht nicht gegen, sondern für eine erhebliche Pflichtwidrigkeit.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. § 197a SGG findet hier Anwendung, weil der Bf. nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte an einem Rechtsstreit vor den Sozialgerichten beteiligt sind. Der Bf. ist als Sachverständiger nicht diesem Personenkreis zuzuordnen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 176 Anm. 5).
Der Streitwert richtet sich nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
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