Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KA 1507/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
1. die Befugnis zum Abschluss einer individuellen Richtgrößen- und Regressablösevereinbarung steht nicht nur dem Prüfungsausschuss, sondern nach Erhebung des Widerspruchs auch dem Beschwerdeausschuss zu.
2. Versäumt es der Arzt, bis zum Abschluss des
2. Versäumt es der Arzt, bis zum Abschluss des
I. Der Widerspruchsbescheid vom 11.10.2007 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 21.02.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren vor dem Beklagten war notwendig.
III. Der Streitwert wird auf 20.167,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Regresses im Ergebnis einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Arzneimittelverordnungen des Jahres 2003 auf der Grundlage von Richtgrößen. Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in G., Ortsteil H., an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 21.02.2007 setzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Sachsen einen Regress in Höhe von 50.257,03 EUR fest. Mit seinem am 20.03.2007 hiergegen erhobenen Widerspruch rügte der Kläger Mängel des Prüfungsverfahrens und des Prüfbescheides. Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 sei unwirksam. Die der Regressfestsetzung zu Grunde gelegten Verordnungskosten seien fehlerhaft ermittelt. Unter anderem seien Hilfsmittel, Impfstoffe und Sprechstundenbedarf mit zugeordnet und Zuzahlungen nicht abgezogen worden. Die Bereinigung um unvollständig übermittelte Verordnungsdaten der BKKVersicherten sei nicht transparent. Wirtschaftlicher Mehraufwand sei nur unvollständig berücksichtigt worden. Als Praxisbesonderheiten seien die Alterstruktur, insbesondere der hohe Anteil über 70 Jahre alter Patienten, der überdurchschnittliche Anteil von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, vor allem der Knappschaft, und von Diabetikern sowie drei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu berücksichtigen. Beispielhaft benannte der Kläger besonders kostenintensive Patienten. Ausweislich der überdurchschnittlichen Generika-Quote verordne er nicht unwirtschaftlich. Mit ergänzender Stellungnahme vom 07.05.2007 beantragte der Kläger die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien. Die eingesehene Unterlagen seien teilweise unvollständig oder unlesbar. Im Prüfbescheid erwähnte Spezialpräparate ließen sich nicht zuordnen. - 3 - S 18 KA 1507/07 Mit am 15.10.2007 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 11.10.2007 in der Fassung des ergänzenden Bescheides vom 07.09.2007, der am selben Tag abgesandt wurde, setzte der Beklagte die Höhe des Regresses auf 20.167,57 EUR fest. Der Regressberechnung legte er Verordnungskosten gemäß der Nachmeldung der Krankenkassen in Höhe von 692.683,08 EUR zu Grunde. Ausgehend von den Richtgrößen für Rentner von 109,42 EUR und für sonstige Mitglieder und Familienversicherte von 33,27 EUR ergebe sich ein Richtgrößenvolumen von 368.741,55 EUR, das um 87,85 % überschritten sei. Abzüglich des als wirtschaftlich anerkannten Mehraufwandes von 114.552,06 EUR reduziere sich die Überschreitung auf 56,8 % und der unwirtschaftliche Aufwand auf brutto 25.018,69 EUR. An Hand der Nettoverordnungskostenquote von 80,61 % ergebe sich hieraus der Nettoregress von 20.167,57 EUR. Der als wirtschaftlich anerkannte Mehraufwand von 114.552,06 EUR setze sich zusammen aus den Kosten für die Behandlung eines Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zuzüglich der analgetischen Begleitmedikation (Valorin, Tramundin) in Höhe von 959,37 EUR, den Kosten für Insulin in Höhe von 36.844,22 EUR, für orale Antidiabetika (Metformin, Glucobay, Amaryl, Avandia, Actos, Miglitol) in Höhe von 9.579,26 EUR, was den Verordnungskosten für 45 Patienten entspreche, da der Kläger mit 252 behandelten Diabetikern, davon 193 auf orale Antidiabetika eingestellten, den Fachgruppendurchschnitt um 40 % bzw. 30 % überschreite, ferner Antirheumatika für drei Patienten (Arava, Lentarel, Tilidalor, Vioxx, Tramal: 3.385,52 EUR) sowie die Analgetika Durogesic (10.628,85 EUR), Transtec, Oxygesic und Sevredol (2.541,21 EUR), außerdem Blutzuckerteststreifen (14.199,20 EUR), die Thrombozytenaggregationshemmer Plavix und Iscover (15.047,55 EUR), Broncholytika und Antiasthmatika (Viani, Spiriva, Berodual, Oxis TH, Symbicort, Foradil, Unilair) wegen des hohen Anteils an COPD- und Asthma bronchiale-Patienten (9.244,92 EUR), Verbandssstoffe für einen Patienten mit Dekubitus (1.573,85 EUR), Spezialpräparate - ohne Thrombozytenaggregationshemmer - (9.684,57 EUR). Darüber hinaus bereinigte der Beklagte das Verordnungsvolumen um die Kosten für Verordnungen aus dem Jahr 2002 (315,61 EUR) und Verordnungen ohne erkennbares Verordnungsdatum (493,92 EUR). Weiterer Mehraufwand sei nicht anzuerkennen. Der überproportionaler Anteil über 70-jähriger Patienten sei bereits in der Richtgröße der Versichertengruppe "Rentner" berücksichtigt. Die vorgefundenen Verordnungen von Hilfsmitteln und Impfstoffen seien nicht in die Brutto-Gesamtverordnungskosten einbezogen worden, sondern über die Registrierungszeichen "7" und "8" herausgefiltert worden; das Gleiche gelte hinsichtlich Hilfsmittelverordnungen aus dem Jahr 2002. Hiergegen richtet sich die am 14.11.2007 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage. Der Kläger beanstandet zunächst erneut das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss und den Bescheid des Prüfungsausschusses. Die Prüfung sei im Übrigen auf einer unzureichenden Rechtsgrundlage durchgeführt worden. Der Prüfungsvereinbarung sei durch die Neufassung des § 106 SGB V die Grundlage entzogen worden. Die Richtgrößenvereinbarung sei unwirksam. Der Beklagte habe zu Unrecht nicht die erweiterte Arzneimitteldatei vorgelegt. Verordnungskosten seien fehlerhaft zugeordnet. An Hand der Summennachweise spreche der Anschein gegen die behauptete Bereinigung der Verordnungskosten. Zuzahlungen und Rabatte seien - ausgenommen für Versicherte der Techniker Krankenkasse - nicht von den Kosten abgezogen worden. Die Bereinigung der Verordnungskosten um die Verordnungskosten für BKK-Versicherte und Hilfsmittelverordnungen sei nicht transparent. Die Vergleichsgruppendaten aus den Arzneimittelfrühinformationen seien nicht aussagekräftig genug, um das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zu verneinen. Mehraufwand sei zu Unrecht nicht oder nur unvoll- 4 - S 18 KA 1507/07 ständig berücksichtigt worden. Anzuerkennen sei Mehraufwand in Höhe von 222.764,83 EUR. Die nur teilweise Berücksichtigung oraler Antidiabetika sei willkürlich. Zu berücksichtigen seien weitere Spezialpräparate im Umfang von 22.106,84 EUR (Serotonin-Wideraufnahmehemmer: 12.498,52 EUR, fraktionierte Heparine: 4.729,92 EUR, Immunsuppressiva: 3.421,21 EUR, atypische Neuroleptika: 1.457,19 EUR). Als Praxisbesonderheiten seien die Überalterung der Bevölkerung mit Verbleib multimorbider Patienten, der überproportionale Anteil über 70-jähriger Patienten und von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung zu berücksichtigen. Die Verordnungskosten von 50.335,02 EUR für 28 COPD-Patienten seien insgesamt, ohne Beschränkung auf Atemwegstherapeutika, herauszurechnen. Allein die 7 kostenintensivsten Patienten begründeten einen Mehraufwand von 21.306,60 EUR. Die Zahl der Diabetes-Patienten liege ausweislich der abgerechneten Gebührenordnungsposition Nr. 3498 EBM-Ä im Schnitt um 41 % über dem Fachgruppendurchschnitt. Die Berücksichtigung nur des Insulins, der Teststreifen und oraler Antidiabetika sei nicht ausreichend. Auch die Medikation der typischen Begleiterkrankungen sei als Mehraufwand anzuerkennen. Auf 61 Patienten mit Diabetes mellitus entfalle eine Verordnungssumme von 139.115,64 EUR. Zu berücksichtigen seien insbesondere weitere orale Antidiabetika (Starlix, Novonorm, Glibenclamid), die Kosten nicht nur der Antirheumatika, sondern auch der Begleitmedikation für die drei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen (9.868,08 EUR) sowie Kosten der Behandlung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 zu verurteilen, über seinen Widerspruch vom 20.03.2007 gegen den Prüfbescheid vom 21.02.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss für notwendig zu erklären. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Richtgrößen seien ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien sei angesichts der erweiterte Übergangszone von 50 % als Sicherheitsabschlag entbehrlich, die Mitteilung des elektronisch ermittelten Verordnungsvolumens ausreichend. Die Fehlerquote bei der Stichprobeprüfung habe unter 5 % gelegen. Die Vermutung der Richtigkeit der elektronisch übermittelten Daten sei nicht erschüttert. Hilfsmittel und Impfstoffe seien nicht in das Verordnungsvolumen eingeflossen. Die Altersstruktur der Patientenschaft werde bereits in den Richtgrößen abgebildet. Dem hohen Anteil an COPD-Patienten sei bereits hinsichtlich der Medikamente Viani, Spiriva, Berodual, Oxis TH, Symbicort, Foradil, Unilair (9.244,92 EUR) Rechnung getragen worden. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht möglich, weil Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit in vielen Praxen der Fachgruppe behandelt würden und der Kläger sich mit der Zahl solcher Patienten nicht von der Fachgruppe abhebe. - 5 - S 18 KA 1507/07 Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Sinne der Verurteilung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Gegenstand der sozialgerichtlichen Nachprüfung von Entscheidungen in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren ist grundsätzlich nur der das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid des Beschwerdeausschusses. Eine gerichtliche Anfechtung eines Bescheids des Prüfungsausschusses kommt nur in bestimmten - hier nicht gegebenen - Ausnahmefällen in Betracht (Bundessozialgericht, Urteil vom 14.05.1997, Az. 6 RKa 63/95, Urteil vom 19.06.1996, Az. 6 RKa 40/95). Den umfangreichen Einwänden, die der Kläger gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 21.02.2007 erhoben hat, kommt damit von vorn herein keine rechtliche Bedeutung für das Verfahren zu. Die vom Kläger erhobenen Einwände gegen den Bescheid des Beklagten greifen - teilweise - durch. Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Regresses wegen Überschreitung der Richtgrößen für Arzneimittelverordnungen im Jahr 2003 sind § 84 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 106 Abs. 5a SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2001 (BGBl. I. S. 3773). Gemäß § 84 Abs. 6 SGB V vereinbaren die Vertragspartner zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach § 84 Abs. 1 SGB V getroffenen Arzneimittelvereinbarung, erstmals bis zum 31. März 2002. Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen. Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneiund Verbandmitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus. § 106 Abs. 5a SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2001 bestimmt, dass Prüfungen bei Überschreitung des Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 SGB V durchgeführt werden, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 % (Prüfungsvolumen) übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten der Prüfungsausschuss nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). Die nach § 84 Abs. 6 SGB V zur Bestimmung der Richtgrößen verwendeten Maßstäbe können zur Feststellung von Praxisbesonderheiten nicht erneut herangezogen werden. Liegt das Verordnungsvolumen nur geringfügig über dem Prüfungsvolumen und stellt der Prüfungsausschuss die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise fest, bestimmt er, welche Beratungen sowie Kon- 6 - S 18 KA 1507/07 trollmaßnahmen in den zwei darauf folgenden Kalenderjahren zu ergreifen sind. Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss darüber hinaus den sich aus der Überschreitung des Prüfungsvolumens ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Prüfungsausschuss kann auf Antrag den Erstattungsanspruch entsprechend § 76 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB IV stunden oder erlassen, soweit der Vertragsarzt nachweist, dass die Erstattung ihn wirtschaftlich gefährden würde. Der Prüfungsausschuss soll vor seinen Entscheidungen und Festsetzungen nach § 106 Abs. 5a Satz 3 und 4 SGB V auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann. Die in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V genannten Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen den Wert für die geringfügige Überschreitung des Prüfungsvolumens und das Verfahren der Erstattung des festgesetzten Betrages. Darüber hinaus bestand für die Vertragspartner nach § 106 Abs. 2 Satz 9 SGB V die Befugnis, Abweichungen von den in § 106 Abs. 5a Satz 1 und Satz 4 SGB V geregelten Vomhundertsätzen zu vereinbaren. Diese bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 106 SGB V ist Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der für das Jahr 2003 durchgeführten Richtgrößenprüfung. Zwar ist die Neufassung des § 106 SGB V zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Zeiträumen, die vor Inkrafttreten der Neufassung abgeschlossen waren, sind die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich. Etwas anderes kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lediglich in Betracht, wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen die Vorschriften über die Zusammensetzung der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Verwaltungsstelle oder andere Vorschriften über das formelle Verfahren ändert. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten Behörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behörden. Für sämtliche anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen (z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich. Dieses Prinzip kann indessen nicht auf die materiellrechtlichen Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung übertragen werden. Nach welchen Grundsätzen diese Prüfung stattfindet und was ihr Gegenstand ist, richtet sich nach den Vorschriften, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn es gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist. Eine gesetzliche Vorgabe, die Wirtschaftlichkeitsprüfung auch für Zeiträume bis zum Ende des Jahres 2003 nach den neuen materiell-rechtlichen Regelungen des § 106 SGB V durchzuführen, besteht nicht (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.04.2008, Az. B 6 KA 24/07 R). Danach ist die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Klägers unabhängig davon zu prüfen, welche Auswirkungen die Neufassung des § 106 SGB V zum 01.01.2004 ansonsten hat. - 7 - S 18 KA 1507/07 Allerdings ist die Richtgrößenvereinbarung für 2003 nicht rechtzeitig vor Jahresbeginn bekannt gemacht worden. Dies steht der Anwendung der für das Jahr 2003 beschlossenen Richtgrößen indessen nicht entgegen. Richtgrößenvereinbarungen sollen bereits vor Beginn des Jahres, für das sie gelten sollen, abgeschlossen und bekannt gemacht werden. Dies ergibt sich daraus, dass nach den maßgeblichen Bestimmungen Richtgrößen "für das jeweils folgende Kalenderjahr" festzulegen waren und sind. Die Notwendigkeit, Richtgrößen bereits vor Jahresbeginn zu vereinbaren, ergab und ergibt sich nicht nur aus den Regelungen, die von Richtgrößen "für das jeweils folgende Kalenderjahr" ausgehen, sondern auch aus der beabsichtigten Steuerungsfunktion der Richtgrößen-Festlegungen. Diese sollen nach der Gesetzeskonzeption das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte im Interesse einer Reduzierung des Ausgabenvolumens im Bereich vertragsärztlicher Verordnungen steuern (Deutscher Bundestag, Drucksache 12/3608, Seite 100). Dies ist seit dem 31.12.2001 in § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V ausdrücklich normiert. Danach leiten die Richtgrößen den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arznei- und Verbandmittel (ebenso gültig für Heilmittel, § 84 Abs. 8 Satz 1 SGB V). Sie bilden für ihn Orientierungsgrößen bei seinen Entscheidungen über Verordnungen für Arznei-, Verband- und Heilmittel. Hier ist Raum für eine Steuerung, weil der Vertragsarzt in vielen Fällen Entscheidungsspielräume hat, z.B. bei der Auswahl zwischen wirkungsgleichen, aber im Preis unterschiedlichen, Arznei-, Verband- und Heilmitteln. Unzutreffend ist der Einwand, eine Steuerungswirkung sei nicht gegeben, weil der Vertragsarzt sein Verordnungsverhalten ausschließlich nach medizinischen Kriterien auszurichten habe (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.09.1997, Az. 6 RK 36/07; Urteil vom 14.03.2001, Az. B 6 KA 54/00 R). Die steuernde Einwirkung auf ärztliche Entscheidungen ist aber nur denkbar, wenn die Richtgröße bereits zu Beginn des Zeitraums vorliegt, für den sie eine Orientierung bieten soll. Mithin müssen Vorgaben in Form von Richtgrößen nach ihrem Sinn und Zweck bereits vor Beginn des Kalenderjahres vereinbart und bekannt gemacht werden. Die mit ihnen verfolgten Ziele könnten sich nicht bei bereits getätigtem Verhalten entfalten; das Normziel der Verhaltenssteuerung ginge dann ins Leere (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 ist vor Jahresbeginn vereinbart worden. Von den Vertragspartnern nach § 84 Abs. 1 SGB V wurde die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 am 20.12.2002 abschließend unterzeichnet. Die Richtgrößenvereinbarung als solche wurde erst in Heft 2 der KVS-Mitteilungen im Februar 2003 bekannt gegeben. Dies steht jedoch der Anwendung der Richtgrößen für Verordnungen ab dem 01.01.2003 nicht entgegen. Denn in Anwendung der für die (echte) Rückwirkung von Rechtsnormen geltenden Maßstäbe kann der Kläger dem kein schützenswertes Vertrauen entgegen halten, weil der für ihn wesentliche Inhalt der Richtgrößenvereinbarung - nämlich die Richtgrößen - bereits mit Anlage 2 des an die Vertragsärzte gerichteten Rundschreibens der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung vom 20.12.2002 bekannt gemacht worden war. Gemäß § 19 der Satzung der Beigeladenen zu 1 in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung erfolgen Bekanntmachungen durch Rundschreiben oder im Publikationsorgan der Kassenärztlichen Vereini- 8 - S 18 KA 1507/07 gung. Das Schreiben der Landesgeschäftsstelle vom 20.12.2002 ist nach Form und Inhalt als Rundschreiben zu qualifizieren. Es lautet: Wegen des Redaktionsschlusses ist es der KV Sachsen leider nicht gelungen, im fast zeitgleich zu diesem Schreiben erscheinenden KVS-Mitteilungsheft 12/2002 alle notwendigen Informationen zu veröffentlichen. Dieser Brief soll rechtzeitig vor Beginn des neuen Jahres und damit eines neuen Abrechnungsquartals wichtige Änderungen vermitteln. ( ) 3. Richtgrößen 2003 Nachdem die Abstimmung mit den Sächsischen Krankenkassen zu den in den KVSMitteilungen 12/2002 veröffentlichten Richtgrößen für das Jahr 2003 abgeschlossen und eine diesbezügliche Vereinbarung unterzeichnet ist, treten sie ab 1. Januar 2003 in Kraft. Diese Richtgrößen basieren auf der aktuellen Ausgabensituation für Arznei- und Verbandmittel in den Fachgebieten. Unter Berücksichtigung des Wegfalls der KOLeistungen ab 1. Januar 2003 machte sich eine erneute Berechnung Hausärzten und hausärztlichen Internisten erforderlich. Die neuen Richtgrößen betragen für beide Fachgruppen bei M/F 33,27 EUR und bei R 109,42 EUR (Anlage 2). Einer Veröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung vor Jahresbeginn bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht. Maßgebend für die in § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V normierte Leistungssteuerung für den Vertragsarzt ist die Kenntnis der Richtgröße als solcher. Die spätere Veröffentlichung der ihr zu Grunde liegenden Vereinbarung hatte hier nur noch formellen Charakter, der aber für materielle Geltung der Richtgrößen ab Beginn des Jahres nicht mehr bestimmend war. Die teilweise Rückwirkung ist ausnahmsweise gerechtfertigt. Nur ergänzend merkt die Kammer hierzu noch an, dass selbst wenn die Rückwirkung der Bekanntmachung unzulässig gewesen wäre, die Richtgrößen für das Jahr 2003 nicht etwa generell unwirksam und eine Richtgrößenprüfung damit ausgeschlossen wäre. Vielmehr hätte dies lediglich zur Folge, dass diejenigen Richtgrößen, die niedriger als die des Vorjahres liegen, (erst) ab der rechtmäßigen Bekanntmachung wirken und bis dahin die Richtgrößen des Vorjahres weiter gelten; soweit danach im Verlauf eines Jahres unterschiedliche Richtgrößen maßgebend sind, ist für die Prüfung das Richtgrößenvolumen als zeitanteiliger Mischwert zu errechnen. Würde man für die Berechnung des Überschreitungsvolumens bis Februar 2003 noch die Richtgrößen des Jahres 2002 anteilig heranzuziehen, lägen die daraus resultierenden gewichteten Richtgrößen von 109,71 EUR für Rentner und 33,97 EUR für sonstige Mitglieder und Familienangehörige nur geringfügig über den vom Antragsgegner angewandten Richtgrößen. Ebenso wenig steht es der Wirksamkeit der Richtgrößen für das Jahr 2003 entgegen, dass diese lediglich zwischen den Versichertengruppen der Mitglieder und Familienangehörigen einerseits und der Rentner andererseits differenzieren. Die Rahmenvorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 84 Abs. 7 SGB V für Arzneimittel- Richtgrößenvereinbarungen nach § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V vom 31.01.2002 (Deutsches Ärzteblatt 99 [2002] Nr. 22 S. A-1540), auf die der Kläger sich insoweit beruft, sehen zwar in § 2 Abs. 2 Satz 1 in - 9 - S 18 KA 1507/07 Verbindung mit Anlage 2 eine Gliederung in vier Altersgruppen (0-15 Jahre, 16-49 Jahre, 50-64 Jahre und ) 65 Jahre) vor. Sie lassen jedoch gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich Abweichungen in den Vereinbarungen auf Landesebene zu, bis die Vertragspartner auf der Bundesebene die organisatorischen und datenlogistischen Voraussetzungen für die Lieferung der Verordnungsdaten und Fallzahlen geschaffen haben. Eine Pflicht zum Erlass von Rahmenvorgaben ordnet das Gesetz insoweit nicht an (§ 84 Abs. 7 Satz 5 SGB V: "sollen"). Zwingend vorzugeben ist gemäß § 84 Abs. 7 Satz 4 SGB V nur der Rahmen für die Gliederung der Arztgruppen und das Nähere zum Fallbezug. Hierzu schreibt § 1 Abs. 3 der Rahmenvorgabe lediglich vor, dass für die Herstellung des Fallbezugs zur Bildung von Richtgrößen die kurativ-allgemeinen Behandlungsfälle von Vertragsärzten getrennt nach den Versichertengruppen Mitglieder, Familienangehörige und Rentner heranzuziehen sind. Soweit die Prüfgremien in Umsetzung des Konzepts zur Bearbeitung der Altfälle, die nach Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2004 und der Neukonstituierung der Prüfgremien aufgelaufen waren, die Richtgrößenprüfung auf Praxen beschränkt haben, die im Jahr 2003 eine Richtgrößenüberschreitung von mindestens 50 % aufwiesen, widersprach diese Praxis § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V, wonach der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % den sich aus der Überschreitung des Prüfungsvolumens ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist, zu erstatten hat. Die Prüfgremien sind nicht befugt, die Anordnung von Regressen bei Überschreitung dieser Grenze durch die Einschränkung der Aufgreifkriterien für Richtgrößenprüfungen zu umgehen. Ein Ermessensspielraum steht ihnen insoweit nicht zu. Gleichwohl kann der Kläger die Rechtswidrigkeit dieser Verwaltungspraxis nicht rügen, weil er hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist. Das Altfallkonzept begünstigt in rechtswidriger Weise Arztpraxen mit einem zwischen 25 und 50 % liegenden Überschreitungsvolumen, indem von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abgesehen wird. Arztpraxen, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Regresses erfüllt sind, können hieraus jedoch keinen Anspruch herleiten, von den gesetzlich zwingenden Rechtsfolgen des § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V im Sinne einer "Gleichbehandlung im Unrecht" ausgenommen zu werden. Der Festsetzung eines Regresses steht schließlich nicht entgegen, dass der Beklagte dem Kläger nicht das Angebot einer individuellen Richtgrößenvereinbarung zur Ablösung des Regresses nach § 106 Abs. 5d SGB V in der am 01.01.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S.2190) unterbreitet hat. Nach dieser Vorschrift wird abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V ein vom Vertragsarzt zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet. In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich auf einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten. Die Richtgröße ist für den Zeitraum von vier Quartalen zu vereinbaren und für den folgenden Zeitraum zu überprüfen, soweit hierzu nichts anderes vereinbart ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Befugnis zum Abschluss einer individuellen Richtgrößen- und Regressablösevereinbarung nicht nur dem im Gesetz ausdrücklich genannten Prüfungsausschuss, sondern nach Erhebung des Widerspruchs dem Beschwerdeausschuss zu. Die Zuständig- 10 - S 18 KA 1507/07 keit des Beschwerdeausschusses wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Insbesondere lässt sich der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 S. 117) kein Anhalt dafür entnehmen, dass der Abschluss einer solchen Vereinbarung funktionell auf die Prüfungsausschüsse als Vertragspartner beschränkt sein sollte. Ab dem Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs ist der Beschwerdeausschuss ausschließlich funktionell zuständig. Die Besonderheiten der organisationsrechtlichen Stellung des Beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen Unterschiede in der Ausgestaltung des Vorverfahrens nach dem Sozialgerichtsgesetz einerseits und des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss andererseits rechtfertigen die Bewertung, dass die Funktion des Beschwerdeausschusses nicht auf die einer Widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt. Da § 106 Abs. 5 Satz 5 SGB V nicht auf § 85 Abs. 1 SGG verweist, endet mit Erhebung des Widerspruchs die Zuständigkeit der Prüfungsausschüsse mit der Folge, dass auf den Beklagten auch die Befugnis zur Vereinbarung einer Regressablösevereinbarung übergeht. Allerdings verletzt es keine Rechte des Klägers, dass weder der Prüfungsausschuss noch der Beklagte ihm ein Angebot zum Abschluss einer individuellen Richtgröße unterbreitet haben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger vor dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit einem Antrag auf Unterbreitung eines Angebots für eine individuelle Richtgrößen- und Regressablösevereinbarung an die jeweils zuständigen Prüfgremien herangetreten wäre. Der Kläger hat jedoch sein Recht auf fehlerfreie Ausübung des den Prüfgremien insoweit zustehenden Gestaltungsermessens nicht einmal geltend gemacht, so dass der Erlass des angefochtenen Bescheides ohne vorherige Verhandlung über den Abschluss einer Vereinbarung nach § 106 Abs. 5d SGB V ihn hierin auch nicht benachteiligt. Mit dem Wiedereintritt in das Verwaltungsverfahren zum Zwecke der Neubescheidung wird den Beteiligten die Möglichkeit des § 106 Abs. 5d SGB V erneut eröffnet. Zu Unrecht hat sich der Beklagte indessen bei der Ermittlung des dem Regress zu Grunde gelegten Überschreitungsvolumens auf die elektronisch ermittelten Verordnungsvolumina gestützt, ohne dem Kläger die erweiterten Arzneimitteldateien offenzulegen. Grundsätzlich ist zunächst von der Richtigkeit der elektronisch ermittelten Verordnungsvolumina auszugehen. Dies folgt aus der Konzeption der §§ 284 ff. in Verbindung mit §§ 296, 297 SGB V, wonach die elektronische Erfassung und Verarbeitung der verordnungsbezogenen Daten die Grundlage für die Verordnungsprüfung bilden sollen (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.04.2005, Az. B 6 KA 1/04 R; Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Die auf den Verordnungsblättern enthaltenen Informationen werden im Wege elektronischer Datenverarbeitung eingelesen, den einzelnen Ärzten über die angegebene Arztnummer zugeordnet und dann weiterverarbeitet. Hierdurch wird nicht nur die rationelle Bewältigung der massenhaft in Apotheken im gesamten Bundesgebiet anfallenden Datenmengen ermöglicht, sondern zugleich auch gewährleistet, dass möglicherweise sensible Gesundheitsdaten ohne unmittelbaren Versichertenbezug übermittelt und für Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgewertet werden. Die im Rahmen einer solchen elektronischen Datenverarbeitung möglichen Fehlerquellen sind dabei qualitativ nicht grundsätzlich anders als Fehlerfassungen, wie sie bei der Zusammenführung, Sortierung und Saldierung von in Papierform vorliegenden Verordnungsblättern auftreten können. Deshalb ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber als Basis für die - 11 - S 18 KA 1507/07 Wirtschaftlichkeitsprüfung der Verordnungsweise die auf Grund elektronischer Übermittlung und Zusammenfassung gewonnenen Verordnungsdaten des jeweiligen Arztes vorgegeben hat. Ergibt sich allerdings für die Prüfgremien der Verdacht von Fehlern bei der Berechnung des dem geprüften Arzt angelasteten Verordnungsvolumens oder macht der geprüfte Arzt substantiierte Zweifel geltend - d.h. konkrete und plausible Angaben, die die Richtigkeit der elektronisch ermittelten Ergebnisse zweifelhaft erscheinen lassen -, müssen die Prüfgremien dem nachgehen und erforderlichenfalls weitergehende Ermittlungen anstellen (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.07.2008, Az. B 6 KA 57/07 R). Dabei sind drei Stufen zu unterscheiden: a) Lassen sich zwar nicht sogleich Fehler bei der Zuordnung von Verordnungen feststellen, bestehen aber aufgrund des Vorbringens des Arztes substantiierte Zweifel gegenüber dem elektronisch ermittelten Verordnungsvolumen und hat der Arzt zur weiteren Ermittlung - zumindest sinngemäß - die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien verlangt, so hat er Anspruch darauf, dass die Prüfgremien diese Dateien beiziehen. b) Wenn Darlegungen des geprüften Arztes oder Ermittlungen der Prüfgremien ergeben, dass Verordnungskosten ihm fehlerhafterweise zugerechnet oder in überhöhtem Ausmaß angelastet wurden, so ist der Betrag der ihm angelasteten Verordnungsgesamtkosten in entsprechendem Umfang zu korrigieren, indem - so der Regelfall - die fehlerhaften Verordnungsbeträge in Abzug gebracht werden. Dies gilt ebenso dann, wenn sich substantiiert geltend gemachte Zweifel nicht aufklären lassen, weil die davon betroffenen Verordnungsblätter bzw. Printimages nicht mehr vorgelegt werden können. c) Betrifft der Korrekturbedarf nicht nur Einzelfälle, sondern insgesamt ein erhebliches Verordnungsvolumen - hierfür hat das Bundessozialgericht eine Quote von mindestens 5 % der gesamten Verordnungskosten genannt -, ist der Anscheinsbeweis der Vermutung der Richtigkeit der elektronisch erfassten und verarbeiteten Verordnungsdaten derart erschüttert, dass die Prüfgremien sämtliche einzelne Originalverordnungsblätter bzw. Printimages des Arztes heranziehen müssen. Die vom Arzt tatsächlich veranlassten Verordnungskosten sind dann durch individuelle Auswertung sämtlicher noch vorhandener Verordnungsblätter bzw. Printimages zu ermitteln. Soweit die vollständige Beiziehung der Originalverordnungsblätter bzw. Printimages nicht gelingt, haben die Prüfgremien einen entsprechenden Sicherheitsabschlag von dem ggf. festzusetzenden Regress vorzunehmen. Hinsichtlich der Beiziehung der erweiterten Arzneimitteldateien (Stufe a) müssen die Zweifel nicht ein bestimmtes erhebliches Verordnungsvolumen von z.B. 5 % der Verordnungskosten betreffen. Vielmehr reicht es aus, wenn sie sich nur auf einzelne Verordnungsbeträge beziehen und zur Behebung der Zweifel die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien möglicherweise hilfreich sein kann. Die Anforderungen daran, von welchen Voraussetzungen die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien abhängig gemacht wird, dürfen nicht überspannt werden. Denn diesen Statistiken kann - vergleichbar den Häufigkeitsstatistiken im Honorarbereich - im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung erhebliche Bedeutung zukommen. Ihre Erstellung ist gemäß § 295 Abs. 3 Nr. 5 in Verbindung mit §§ 296 f. SGB V in Verbindung mit den dazu getroffenen näheren - 12 - S 18 KA 1507/07 Vereinbarungen vorgesehen, und sie enthalten eine für die Prüfpraxis ggf. aufschlussreiche Zusammenstellung zahlreicher Daten (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Insoweit hat das Bundessozialgericht im Falle eines Arzneikostenregresses auf der Grundlage der elektronisch ermittelten Verordnungskosten mit ergänzender Einzelfallprüfung unter Heranziehung von Originalverordnungsblättern bzw. Printimages, bei dem eine einzelne Hilfsmittelverordnung vorlag, im Urteil vom 16.07.2008, Az. B 6 KA 57/07 R) ausgeführt: "Befinden sich in den Prüfunterlagen nicht zum Prüfungsgegenstand gehörige Verordnungen, so kann dies nicht allein aufgrund der allgemeinen Angabe des Beklagten als unschädlich angesehen werden, dass es Kostenpositionen gebe, die in den Prüfungsunterlagen zwar enthalten, aber in das beanstandete Verordnungsvolumen nicht eingerechnet worden seien. Vielmehr ist dann, wenn der geprüfte Arzt dies substantiiert beanstandet hat, das Prüfgremium gehalten, die Nichteinbeziehung solcher Verordnungen nachvollziehbar darzustellen. Das setzt bei elektronisch erfassten Verordnungskosten voraus, dass die erweiterte Arzneimitteldatei als Basis der tatsächlich einbezogenen Verordnungen offengelegt wird; nur auf diese Weise kann belegt werden, dass weitere Posten nicht enthalten sind." Soweit die Prüfgremien auf entsprechende Darlegungen des Arztes hin verpflichtet gewesen wären, sich von den Krankenkassen die erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien vorlegen zu lassen oder die Originalverordnungsblätter bzw. Printimages beiziehen und sie dem Arzt zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, stellt ihre Nichteinbeziehung zur Sachverhaltsaufklärung einen Verfahrensfehler dar, der grundsätzlich zur Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses führt. Die ergänzende Beiziehung von Unterlagen mit anschließender Feststellung der daraus zu entnehmenden Tatsachen und deren Bewertung sind im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen grundsätzlich den Prüfgremien vorbehalten, weil diese bei der Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einen Beurteilungsspielraum haben, es sei denn, es wären lediglich rechnerische oder ähnliche Fragen betroffen. Erübrigen würde sich die an sich erforderliche Beiziehung weiterer Unterlagen - und dementsprechend die gerichtliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides - nur dann, falls es im Sinne des § 42 Satz 1 SGB X offensichtlich wäre, dass der Fehler die Entscheidung des Beschwerdeausschusses in der Sache nicht beeinflusste. Dies kann etwa dann in Betracht kommen, wenn im Gerichtsverfahren die erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien vorgelegt worden sind und an Hand dieser Unterlagen vom Beklagten bzw. von den Krankenkassen nachvollziehbar dargestellt wird, dass die vom geprüften Arzt erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit des ihm elektronisch zugeordneten Verordnungsvolumens nicht durchgreifen. Ohne solche Darlegungen kann jedoch nicht angenommen werden, es sei offensichtlich, dass das Fehlen dieser Dateien die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Nach diesen Maßstäben wären die Prüfgremien zur Offenlegung der erweiterten Arzneimitteldateien verpflichtet gewesen. Der Kläger hat im Widerspruchsverfahren nach Akteneinsicht ausdrücklich die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien beantragt und verschiedene Beanstandungen gegen die Richtigkeit der elektronisch ermittelten Arzneimittelkosten sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Verordnungsvolumens als auch des anzuerkennenden Mehraufwandes erhoben. Die Kammer hält diese Einwände insoweit - 13 - S 18 KA 1507/07 für beachtlich, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass in das vom Beklagten festgestellte Überschreitungsvolumen Verordnungen von Hilfsmitteln, Sprechstundenbedarf und Impfstoffen sowie Kostenanteile für Zuzahlungen einbezogen worden sind, die nicht der Begrenzung der Arzneimittelausgaben durch Richtgrößen unterliegen. Der Kläger muss sich insoweit nicht auf die Beteuerung des Beklagten einlassen, diese Verordnungen und Kostenanteile seien tatsächlich nicht in das maßgebliche Verordnungsvolumen eingeflossen, sondern an Hand der Registrierungskennzeichen ebenso herausgerechnet worden wie die Verordnungen zu Gunsten der BKK-Versicherten. Weder der Kläger noch das Gericht müssen die Behauptungen des Beklagten als Tatsache hinnehmen. Vielmehr hat der Kläger einen Anspruch darauf, die Behauptung des Beklagten an Hand der aufgeschlüsselten Arzneimitteldaten auf ihre Schlüssigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und die Zusammensetzung des vom Beklagten angesetzten Verordnungs- und Überschreitungsvolumens mit den eigenen Daten abzugleichen. Dies ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, damit der Kläger die Möglichkeit erhält, Mehraufwand auf der gleichen Datenbasis geltend zu machen, auf der die Prüfgremien das Verordnungsvolumen bestimmt haben, zumal die geprüfte Praxis ungerechtfertigt bevorzugt würde, wenn der Beklagte wegen Divergenzen der Datenbasis teilweise Mehraufwand auf Grund von Verordnungen anerkennen müsste, um die das Verordnungsvolumen bei der Ermittlung des Überschreitungsvolumens bereinigt worden ist. Die Verpflichtung zur Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien stellt sich unter diesen Umständen als Ausdruck des Gebots der prozessualen Waffengleichheit dar, um dem Arzt die Möglichkeit zu geben, die von den Prüfgremien verwendeten Arzneimitteldaten im gleichen Umfang und in gleicher Qualität auszuwerten und sich für die Begründung von Einwendungen erschließen zu können wie die Krankenkassen und Prüfgremien, bei denen diese Daten aggregiert wurden. Der Beklagte kann hiergegen nicht, wie im Schreiben vom 24.07.2008 (Blatt 401 der Sozialgerichtsakte), einwenden, die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien sei entbehrlich, weil mit Einräumung der erweiterten Übergangszone von 50 % der Verordnungskosten bereits ein hoher Sicherheitsabschlag verbunden sei. Der Ansatz des - einer rechtlichen Grundlage ohnehin entbehrenden - pauschalen Abschlags von 50 % macht die konkrete Zusammensetzung sowohl der Verordnungsvolumina als auch der als Mehraufwand anerkannten Verordnungskosten nicht transparenter und ist deshalb nicht geeignet, prozessuale Waffengleichheit zwischen den Beteiligten bei der Ermittlung und Beurteilung der für die Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Daten zu ermöglichen. Sollten die erweiterten Arzneimitteldateien tatsächlich nicht existieren, wird der Beklagte vor einer erneuten Entscheidung die für die Ermittlung des Verordnungsvolumens wie auch des Mehraufwandes maßgeblichen Daten in einer den Anforderungen der §§ 296 f. SGB V entsprechenden Aufschlüsselung rekonstruieren und dem Kläger zugänglich machen müssen. Darüber hinaus kann der Bescheid des Beklagten auch insoweit keinen Bestand haben, als der Beklagte konkreten, vom Kläger geltend gemachten Mehraufwand nicht als berechtigt anerkannt hat. Zutreffend rügt der Kläger zum Einen, dass die Höhe des vom Überschreitungsbetrag abgesetzten Verordnungsvolumens bestimmter, als Mehraufwand anerkannter Präparate im Bescheid nicht nachvollziehbar begründet ist. Das Gericht sah sich insoweit nicht zu einer vertieften Prüfung der Einwände des Klägers veranlasst, da die Beanstandung des Klägers sich als Ausdruck fehlender Transparenz - 14 - S 18 KA 1507/07 der vom Beklagten herangezogenen Daten darstellt. Mit der Vorlage der erweiterten Arzneimitteldaten wird der Beklagte dem Kläger nach Wiedereintritt in das Verwaltungsverfahren die Gelegenheit zum Abgleich der Verordnungsdaten mit seinen Aufzeichnungen einerseits und der einheitlichen Datenbasis für die Ermittlung sowohl des Verordnungsvolumens als auch des Mehraufwandes andererseits geben. Zum Anderen beanstandet der Kläger zu Recht, dass die Maßstäbe, an Hand derer der Beklagte Verordnungen dem Grunde oder der Höhe nach als Mehraufwand wegen Praxisbesonderheiten anerkannt bzw. nicht anerkannt hat, nicht nachvollziehbar sind. Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungs- bzw. Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.1995, Az. 6 RKa 33/94). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R), und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich erbrachten Leistungen auswirken (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 79/03 R). Praxisbesonderheiten liegen nur dann vor, wenn die betroffene Praxis einen spezifischen, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichenden Behandlungsbedarf der eigenen Patientenklientel sowie hierdurch hervorgerufene Mehrkosten aufweist (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2005, Az. B 6 KA 80/03 R). Zu den Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen und bei deren Beurteilung daher den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum zusteht (zu diesem Zusammenhang Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R), gehört auch, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände Praxisbesonderheiten angenommen und sachgerecht quantifiziert werden müssen (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2005, Az. B 6 KA 4/05 R). Sind Praxisbesonderheiten offenkundig, haben die Prüfgremien ihrem Vorliegen von Amts wegen nachzugehen. Sind sie nicht offenkundig, hat der Vertragsarzt ihr Vorliegen geltend zu machen, indem er die in seiner Sphäre vorliegenden Umstände, aus denen er eine Praxisbesonderheit ableitet, substantiiert darlegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2002, Az. B 6 KA 1/02 R; Urteil vom 27.06.2001, Az. B 6 KA 66/00 R; Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich hierbei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Darüber hinaus muss der Bescheid des Beklagten auch den Begründunganforderungen genügen. In der Begründung eines Verwaltungsaktes müssen gemäß § 35 Abs. 1 SGB X die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt werden, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründungsanforderungen sind aber von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und - 15 - S 18 KA 1507/07 nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.1994, Az. 6 RKa 18/92). In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass sich die in den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergehenden Bescheide an einen sachkundigen Personenkreis richten, der mit den Leistungs- und Verordnungsvoraussetzungen vertraut ist und zu dessen Pflichten es gehört, über die Grundlagen der wirtschaftlichen Praxisführung unter Wahrung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit Bescheid zu wissen, besondere Bedeutung zu. Dies erlaubt es den Prüfgremien, entsprechende Kenntnisse vorauszusetzen und die Begründung ihrer Bescheide darauf einzustellen. Praxisbesonderheiten liegen nur dann vor, wenn die betroffene Praxis einen spezifischen, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichenden Behandlungsbedarf der eigenen Patientenklientel sowie hierdurch hervorgerufene Mehrkosten aufweist (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2005, Az. B 6 KA 80/03 R). Zu den Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen und bei deren Beurteilung daher den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum zusteht (zu diesem Zusammenhang Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R), gehört auch, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände Praxisbesonderheiten angenommen und sachgerecht quantifiziert werden müssen (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2005, Az. B 6 KA 4/05 R). Sind Praxisbesonderheiten offenkundig, haben die Prüfgremien ihrem Vorliegen von Amts wegen nachzugehen. Sind sie nicht offenkundig, hat der Vertragsarzt ihr Vorliegen geltend zu machen, indem er die in seiner Sphäre vorliegenden Umstände, aus denen er eine Praxisbesonderheit ableitet, substantiiert darlegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2002, Az. B 6 KA 1/02 R; Urteil vom 27.06.2001, Az. B 6 KA 66/00 R; Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Für die Darlegung von Praxisbesonderheiten reicht es nicht aus, wenn der geprüfte Arzt lediglich eine Patientenliste mit der Angabe von Diagnosen, Behandlungen und Verordnungskosten vorlegt (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.11.1998, Az. B 6 KA 58/98 B). Vielmehr muss er spezielle Strukturen aufzeigen; hierfür ist es notwendig, dass er seine Patientenschaft und deren Erkrankungen so systematisiert, dass sich signifikante Abweichungen vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe erkennen lassen. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die Anerkennung von Praxisbesonderheiten eine Beurteilung der Arzneimittelverordnungen mit Bezug auf die Indikation der verschriebenen Arzneimittel an Hand der Patientenstruktur der Praxis im Vergleich mit der Patientenstruktur der Fachgruppe nach morbiditätsbezogenen Kriterien voraussetzt. Der angefochtene Bescheid lässt nicht erkennen, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung von diesen Maßstäben hat leiten lassen. Weder der Begründung des Bescheides noch den beigezogenen Verwaltungsakten lassen sich verwertbare Angaben zur Morbiditätsstruktur (Diagnose- und Behandlungsspektrum) der Praxis im Vergleich mit der Fachgruppe entnehmen, um beurteilen zu können, ob aus der Zusammensetzung des Patientenklientels herrührende Umstände, die sich auf das Verordnungsverhalten des Arztes auswirken, in den Praxen der Vergleichsgruppe in entsprechender Weise anzutreffen sind. Eine gewisse Ausnahme stellt hier die an der Relation zum Fachgruppendurchschnitt - 16 - S 18 KA 1507/07 orientierte teilweise Anerkennung des Mehraufwandes für orale Antidiabetika dar, die aber der Höhe nach nicht nachvollziehbar ist. Namentlich die vom Beklagten im Zusammenhang mit Verordnungen für COPD-Patienten angeführten Vergleichsgruppendaten in der Arzneimittel-Frühinformation sind als Basis für einen solchen Vergleich nicht ausreichend. Die dortigen Rangausweisungen sind nicht aussagekräftig genug. Dargestellt sind zudem nur der Arzneimittel-Bruttoumsatz und die Anzahl der Verordnungen des Klägers für bestimmte Präparategruppen sowie vergleichend die Anteile am Bruttoumsatz, die Kosten je definierter Tagesdosis und die Kosten je Verordnung, nicht dagegen das Verordnungsvolumen im Verhältnis zur Gesamtfallzahl und zur Fallzahl der Patienten mit einschlägiger Diagnose in der Praxis und der Vergleichsgruppe. Damit bleiben die Maßstäbe, die den Beklagten zur Anerkennung oder Nichtanerkennung von Mehraufwand als Ausdruck einer Praxisbesonderheit bewogen haben, an Hand der Begründung des Bescheides im Dunkeln. Die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichem Mehraufwand und unwirtschaftlichen Verordnungen stellt sich mangels offengelegter Kriterien nach außen als objektiv willkürlich dar. Hierin liegt zugleich insoweit ein Verfahrensfehler, als dem Arzt, der in der Regel gesicherte Aussagen nur zum Diagnose- und Behandlungsspektrum seiner Praxis machen kann, die Geltendmachung und der Nachweis von Praxisbesonderheiten unzumutbar erschwert wird, wenn ihm die vom Beklagten als maßgeblich erachteten Vergleichsdaten vorenthalten werden. Das Prinzip der Waffengleichheit im Verfahren gebietet auch insoweit, dass dem Arzt Daten in gleicher Qualität zur Verfügung gestellt werden, über die auch die Krankenkassen bzw. die Prüfgremien verfügen, um die Vermutung, dass Arzneimittelmehraufwand auf unwirtschaftlicher Verordnungsweise beruht, veri- oder falsifizieren zu können. Soweit der Beklagte Aufwendungen für orale Antidiabetika (nur) teilweise als Praxisbesonderheit anerkannt und sich bei der Bemessung des Mehraufwandes an der diagnosebezogenen Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts orientiert hat, ist dieser Ansatz zur Quantifizierung des Mehraufwandes nicht zu beanstanden. Zutreffend vertritt der Beklagte die Auffassung, dass der den Durchschnitt der Fachgruppe überschreitende anteilige Aufwand als durch Praxisbesonderheiten bedingt geschätzt werden darf. Allerdings müssen die Grundlagen für die Schätzung des anzuerkennenden Mehraufwandes offen gelegt werden. Dies ist hier nicht der Fall. Zudem korrespondiert der anerkannte Mehraufwand (für 45 von 193 oral eingestellten Patienten, also 23 %) nicht mit der festgestellten Überschreitung der durchschnittlichen Diagnosehäufigkeit im Fachgruppendurchschnitt (Diabetiker: + 40 %, oral eingestellte Diabetiker: + 30 %). Allein die Behauptung eigener Sachkunde des Beklagten vermag eine nachvollziehbare Begründung nicht ersetzen. Die Auswahl der als Praxisbesonderheit anerkannten Arzneimittel muss nachvollziehbaren Kriterien folgen, die sich an der Indikation bestimmter Arzneimittel nach Präparategruppen in Bezug auf die Häufigkeit der hierfür maßgeblichen Morbiditätsindikatoren orientiert. Bei Anerkennung bestimmter Präparate bedarf die Nichtanerkennung anderer Präparate gleicher oder ähnlicher Indikation der Begründung. Dies betrifft hier beispielhaft die Nichtanerkennung bestimmter oraler Antidiabetika (Starlix, Novonorm, Glibenclamid) neben anerkannten Präparaten (Metformin, Glucobay, Amaryl, Avandia, Actos, Miglitol). Entsprechendes gilt für die Verschreibung hochwirksamer Analgetika und analgetisch wirkender Antirheumatika, von denen der Beklagte einige (Durogesic, Transtec, Oxygesic, - 17 - S 18 KA 1507/07 Sevredol) präparatebezogen anerkannt hat, andere nur als Begleitmedikation bei der Behandlung bestimmter Erkrankungen, wieder andere dagegen überhaupt nicht. Die Nichtanerkennung von Analgetika bei überdurchschnittlichem Aufkommen an Schmerzpatienten mit Medikamentenpflicht auf der jeweiligen Indikationsstufe bedarf jedenfalls dann einer nachvollziehbaren Begründung, wenn andererseits die Verordnung von bestimmten (transdermalen) Analgetika ohne Beschränkung auf das Fachgruppenmittel pauschal als wirtschaftlich anerkannt wird. Im Ausgangspunkt zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass bestimmte Erkrankungen typischerweise mit Multimorbidität der Patienten einhergehen, so dass der Umfang der Arzneimittelverordnungen insgesamt wegen der Behandlung der Begleiterkrankungen selbst nach Bereinigung um die Kosten der Medikation der Leiterkrankung mit dem Anteil der betreffenden Patienten überpoportional steigt. Aus diesem Grunde kann beispielsweise die schwerpunktmäßige Behandlung insulinpflichtiger Diabetiker einen wirtschaftlichen Mehraufwand im Vergleich mit anderen Artzpraxen begründen, der über den erhöhten Umfang verordneter Antidiabetika hinausgeht und im Rahmen einer Durchschnittswertprüfung einen Spezialvergleich erforderlich machen kann (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 26.11.2009, Az. S 11 KA 828/06, betreffend eine an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende diabetologische Schwerpunktpraxis für Innere Medizin). Zu Unrecht leitet der Kläger hieraus indessen ab, dass der Beklagte deshalb sämtliche Kosten von Arzneimitteln, die er Patienten mit Diabetes und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung verschrieben hat, ohne Beschränkung auf Atemwegstherapeutika, Insulin, Diabetes-Teststreifen und orale Antidiabetika vom Überschreitungsvolumen abzusetzen seien. Grundsätzlich ist bei der Bestimmung des einem Regress zu Grunde zu legenden unwirtschaftlichen Aufwandes von den gesamten Verordnungskosten auszugehen. Soweit ausnahmsweise Verordnungen patientenbezogen vom Verordnungsvolumen ausgenommen werden, kann insoweit auch keine Richtgröße angesetzt werden, so dass sich das Richtgrößenvolumen anteilig verringert. Ein Grund, der eine solche patientenbezogene Ausnahme rechtfertigt, liegt hier indessen nicht vor. Vielmehr sind auch bei Verordnungen für mehrfacherkrankte Patienten, selbst wenn deren erhöhtes Aufkommen in der Praxis als Praxisbesonderheit bewertet wird, Arzneimittelverordnungen jeweils indikationsbezogen darauf zu prüfen, ob sich die Schwere der Krankheitsbilder in der Summe der jeweiligen Verordnungen auch zur Behandlung der Komorbiditäten als Besonderheit im Vergleich mit dem Fachgruppendurchschnitt darstellt. Das bedeutet, dass nur wenn der Kläger bei der Behandlung von Diabetikern Arzneimittel zur Behandlung weiterer Erkrankungen dieser Patienten (zum Beispiel Polyneuropathie und neuropathischer Schmerz, diabetisches Syndrom, periphere Verschlusskrankheit) überdurchschnittlich häufig verordnet und wenn solche Begleiterkrankungen auf Grund der Struktur der Patientenschaft wesentlich häufiger in der Praxis behandelt werden als in anderen Hausarztpraxen, kommt eine Anerkennung der hierfür aufgewandten Verordnungskosten als durch Praxisbesonderheiten bedingter Mehraufwand in Betracht. Betreut die Praxis tatsächlich auf Grund ihrer Spezialisierung einen überdurchschnittlichen Anteil besonders therapieintensiver multimorbider Patienten, wird sich dies zwangsläufig an Hand der Häufigkeit der behandelten Begleiterkrankungen im Vergleich mit der Morbiditätstruktur der durchschnittlichen Patientenklientel der Fachgruppe niederschlagen. Der durch die Praxisbesonderheit begründete Mehraufwand kann in diesen Fällen diagnose- bzw. indikationsbezogen quantifiziert werden. - 18 - S 18 KA 1507/07 Hinsichtlich der Verordnungen für Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen gilt das Gleiche. Allein die Lungenerkrankung stellt noch keinen Grund dar, die gesamte Medikation der betreffenden Patienten als durch Praxisbesonderheiten bedingt anzuerkennen. Allerdings spricht der in der Arzneimittel-Frühinformation ausgewiesene Anteil der Arzneimittelausgaben für Broncholytika und Antiasthmatika von 3,7 % des Arzneimittel-Bruttoumsatzes der Praxis im Vergleich mit dem Fachgruppendurchschnitt von 4,5 % schon gegen ein überdurchschnittliches Gewicht der COPDPatienten am Behandlungsaufkommen der Praxis, ohne dass diese Daten freilich eine hinreichend sichere Grundlage für die Bestätigung oder den Ausschluss einer Praxisbesonderheit bieten. Ein erhöhtes Aufkommen medikamentös zu behandelnder Begleiterkrankungen, das sich insgesamt in höheren Verordnungskosten in Folge der Konzentration solcher Patienten als Praxisbesonderheit niederschlägt, ist insoweit nicht konkret dargelegt. Allein die Summe der Arzneimittelausgaben für bestimmte Patienten bzw. die Häufigkeit der Verordnung kostenintensiver Präparate, auch im Vergleich zur Fachgruppe, belegt noch nicht, dass es sich hierbei um eine Praxisbesonderheit handelt; sie kann vielmehr selbst Ausdruck unwirtschaftlicher Verordnungsweise sein. Mangels ausreichender morbiditätsbezogener Daten zur Beurteilung einer Praxisbesonderheit muss die Frage nach deren Vorliegen und ggf. der Quantifizierung des hierdurch verursachten Mehraufwandes jedoch der erneuten Prüfung im Verwaltungsverfahren vorbehalten bleiben. Die exemplarische Auflistung der verordnungsintensivsten Patienten allein lässt im Übrigen keine besondere fachliche Ausrichtung erkennen, welche die Praxis des Klägers von denen anderer Hausärzte unterscheiden würde. Die pauschale Behauptung, polymorbide Patienten seien über- und sog. Auffüller- oder Verdünnerfälle unterrepräsentiert, ist nicht ausreichend um den das Richtgrößenvolumen überschreitenden Mehraufwand als wirtschaftlich erscheinen zu lassen. Die Wirtschaftlichkeit hoher Verordnungskosten lässt sich nicht mit der Feststellung belegen, bei Patienten fielen hohe Verordnungskosten an. Soweit der Kläger schließlich auf den hohen Anteil über 70 Jahre alter Patienten hinweist, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Alterstruktur der Patienten wird bereits durch die Festsetzung unterschiedlicher Richtgrößen für Rentner und für sonstige Mitglieder und Familienangehörige Rechnung getragen, so dass die Altersstruktur nicht nochmals als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden darf (§ 106 Abs. 5a Satz 2 SGB V; Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 68/05 B). Jenseits der Differenzierung der Richtgrößen nach Versicherten- und Altergruppen bietet sich ohnehin keine immanente Differenzierung an, die sich nach einheitlichen Maßstäben statistisch objektivieren ließe. Die Unterscheidung der Versichertengruppen durch die Gliederung der Richtgrößen ist insoweit als abschließend anzusehen, die sich innerhalb des Gestaltungsspielraumes der Partner der Prüfungsvereinbarung hält. Dem mit zunehmendem Alter steigenden Behandlungsbedarf der Versicherten ist vielmehr durch Morbiditätskriterien Rechnung zu tragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren hat die Kammer auf Grundlage von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Inso- 19 - S 18 KA 1507/07 weit bleibt es bei der Entscheidung des Beklagten in Nr. 3 der Entscheidungsformel des angefochtenen Bescheides in der Fassung der Ergänzung vom 07.09.2009. Der gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG nach der sich aus dem Klageantrag ergebenden Bedeutung der Sache festzusetzende Streitwert entspricht der Höhe der streitgegenständlichen Regressforderung (§ 52 Abs. 3 GKG).
- 20 - S 18 KA 1507/07 Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann hinsichtlich Entscheidung in der Hauptsache unter Ziffer I der Entscheidungsformel mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Sächsischen Landessozialgericht, Parkstraße 28, 09120 Chemnitz, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unter Ziffer II der Entscheidungsformel ist gemäß § 158 Abs. 1 VwGO, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache unter Ziffer I der Entscheidungsformel ein Rechtsmittel eingelegt wird. Die Festsetzung des Streitwerts unter Ziffer III der Entscheidungsformel kann gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Einzulegen ist die Beschwerde beim Sozialgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Spitzer Richter am Sozialgericht Hinweis: Die Berufungs- oder Beschwerdeschrift soll die angefochtene Entscheidung bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Rechtsmittelschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Ausgefertigt - Beglaubigt Sozialgericht Dresden Dresden, den als (stv.) Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren vor dem Beklagten war notwendig.
III. Der Streitwert wird auf 20.167,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Regresses im Ergebnis einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Arzneimittelverordnungen des Jahres 2003 auf der Grundlage von Richtgrößen. Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in G., Ortsteil H., an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 21.02.2007 setzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Sachsen einen Regress in Höhe von 50.257,03 EUR fest. Mit seinem am 20.03.2007 hiergegen erhobenen Widerspruch rügte der Kläger Mängel des Prüfungsverfahrens und des Prüfbescheides. Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 sei unwirksam. Die der Regressfestsetzung zu Grunde gelegten Verordnungskosten seien fehlerhaft ermittelt. Unter anderem seien Hilfsmittel, Impfstoffe und Sprechstundenbedarf mit zugeordnet und Zuzahlungen nicht abgezogen worden. Die Bereinigung um unvollständig übermittelte Verordnungsdaten der BKKVersicherten sei nicht transparent. Wirtschaftlicher Mehraufwand sei nur unvollständig berücksichtigt worden. Als Praxisbesonderheiten seien die Alterstruktur, insbesondere der hohe Anteil über 70 Jahre alter Patienten, der überdurchschnittliche Anteil von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, vor allem der Knappschaft, und von Diabetikern sowie drei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu berücksichtigen. Beispielhaft benannte der Kläger besonders kostenintensive Patienten. Ausweislich der überdurchschnittlichen Generika-Quote verordne er nicht unwirtschaftlich. Mit ergänzender Stellungnahme vom 07.05.2007 beantragte der Kläger die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien. Die eingesehene Unterlagen seien teilweise unvollständig oder unlesbar. Im Prüfbescheid erwähnte Spezialpräparate ließen sich nicht zuordnen. - 3 - S 18 KA 1507/07 Mit am 15.10.2007 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 11.10.2007 in der Fassung des ergänzenden Bescheides vom 07.09.2007, der am selben Tag abgesandt wurde, setzte der Beklagte die Höhe des Regresses auf 20.167,57 EUR fest. Der Regressberechnung legte er Verordnungskosten gemäß der Nachmeldung der Krankenkassen in Höhe von 692.683,08 EUR zu Grunde. Ausgehend von den Richtgrößen für Rentner von 109,42 EUR und für sonstige Mitglieder und Familienversicherte von 33,27 EUR ergebe sich ein Richtgrößenvolumen von 368.741,55 EUR, das um 87,85 % überschritten sei. Abzüglich des als wirtschaftlich anerkannten Mehraufwandes von 114.552,06 EUR reduziere sich die Überschreitung auf 56,8 % und der unwirtschaftliche Aufwand auf brutto 25.018,69 EUR. An Hand der Nettoverordnungskostenquote von 80,61 % ergebe sich hieraus der Nettoregress von 20.167,57 EUR. Der als wirtschaftlich anerkannte Mehraufwand von 114.552,06 EUR setze sich zusammen aus den Kosten für die Behandlung eines Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zuzüglich der analgetischen Begleitmedikation (Valorin, Tramundin) in Höhe von 959,37 EUR, den Kosten für Insulin in Höhe von 36.844,22 EUR, für orale Antidiabetika (Metformin, Glucobay, Amaryl, Avandia, Actos, Miglitol) in Höhe von 9.579,26 EUR, was den Verordnungskosten für 45 Patienten entspreche, da der Kläger mit 252 behandelten Diabetikern, davon 193 auf orale Antidiabetika eingestellten, den Fachgruppendurchschnitt um 40 % bzw. 30 % überschreite, ferner Antirheumatika für drei Patienten (Arava, Lentarel, Tilidalor, Vioxx, Tramal: 3.385,52 EUR) sowie die Analgetika Durogesic (10.628,85 EUR), Transtec, Oxygesic und Sevredol (2.541,21 EUR), außerdem Blutzuckerteststreifen (14.199,20 EUR), die Thrombozytenaggregationshemmer Plavix und Iscover (15.047,55 EUR), Broncholytika und Antiasthmatika (Viani, Spiriva, Berodual, Oxis TH, Symbicort, Foradil, Unilair) wegen des hohen Anteils an COPD- und Asthma bronchiale-Patienten (9.244,92 EUR), Verbandssstoffe für einen Patienten mit Dekubitus (1.573,85 EUR), Spezialpräparate - ohne Thrombozytenaggregationshemmer - (9.684,57 EUR). Darüber hinaus bereinigte der Beklagte das Verordnungsvolumen um die Kosten für Verordnungen aus dem Jahr 2002 (315,61 EUR) und Verordnungen ohne erkennbares Verordnungsdatum (493,92 EUR). Weiterer Mehraufwand sei nicht anzuerkennen. Der überproportionaler Anteil über 70-jähriger Patienten sei bereits in der Richtgröße der Versichertengruppe "Rentner" berücksichtigt. Die vorgefundenen Verordnungen von Hilfsmitteln und Impfstoffen seien nicht in die Brutto-Gesamtverordnungskosten einbezogen worden, sondern über die Registrierungszeichen "7" und "8" herausgefiltert worden; das Gleiche gelte hinsichtlich Hilfsmittelverordnungen aus dem Jahr 2002. Hiergegen richtet sich die am 14.11.2007 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage. Der Kläger beanstandet zunächst erneut das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss und den Bescheid des Prüfungsausschusses. Die Prüfung sei im Übrigen auf einer unzureichenden Rechtsgrundlage durchgeführt worden. Der Prüfungsvereinbarung sei durch die Neufassung des § 106 SGB V die Grundlage entzogen worden. Die Richtgrößenvereinbarung sei unwirksam. Der Beklagte habe zu Unrecht nicht die erweiterte Arzneimitteldatei vorgelegt. Verordnungskosten seien fehlerhaft zugeordnet. An Hand der Summennachweise spreche der Anschein gegen die behauptete Bereinigung der Verordnungskosten. Zuzahlungen und Rabatte seien - ausgenommen für Versicherte der Techniker Krankenkasse - nicht von den Kosten abgezogen worden. Die Bereinigung der Verordnungskosten um die Verordnungskosten für BKK-Versicherte und Hilfsmittelverordnungen sei nicht transparent. Die Vergleichsgruppendaten aus den Arzneimittelfrühinformationen seien nicht aussagekräftig genug, um das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zu verneinen. Mehraufwand sei zu Unrecht nicht oder nur unvoll- 4 - S 18 KA 1507/07 ständig berücksichtigt worden. Anzuerkennen sei Mehraufwand in Höhe von 222.764,83 EUR. Die nur teilweise Berücksichtigung oraler Antidiabetika sei willkürlich. Zu berücksichtigen seien weitere Spezialpräparate im Umfang von 22.106,84 EUR (Serotonin-Wideraufnahmehemmer: 12.498,52 EUR, fraktionierte Heparine: 4.729,92 EUR, Immunsuppressiva: 3.421,21 EUR, atypische Neuroleptika: 1.457,19 EUR). Als Praxisbesonderheiten seien die Überalterung der Bevölkerung mit Verbleib multimorbider Patienten, der überproportionale Anteil über 70-jähriger Patienten und von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung zu berücksichtigen. Die Verordnungskosten von 50.335,02 EUR für 28 COPD-Patienten seien insgesamt, ohne Beschränkung auf Atemwegstherapeutika, herauszurechnen. Allein die 7 kostenintensivsten Patienten begründeten einen Mehraufwand von 21.306,60 EUR. Die Zahl der Diabetes-Patienten liege ausweislich der abgerechneten Gebührenordnungsposition Nr. 3498 EBM-Ä im Schnitt um 41 % über dem Fachgruppendurchschnitt. Die Berücksichtigung nur des Insulins, der Teststreifen und oraler Antidiabetika sei nicht ausreichend. Auch die Medikation der typischen Begleiterkrankungen sei als Mehraufwand anzuerkennen. Auf 61 Patienten mit Diabetes mellitus entfalle eine Verordnungssumme von 139.115,64 EUR. Zu berücksichtigen seien insbesondere weitere orale Antidiabetika (Starlix, Novonorm, Glibenclamid), die Kosten nicht nur der Antirheumatika, sondern auch der Begleitmedikation für die drei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen (9.868,08 EUR) sowie Kosten der Behandlung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 zu verurteilen, über seinen Widerspruch vom 20.03.2007 gegen den Prüfbescheid vom 21.02.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss für notwendig zu erklären. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Richtgrößen seien ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien sei angesichts der erweiterte Übergangszone von 50 % als Sicherheitsabschlag entbehrlich, die Mitteilung des elektronisch ermittelten Verordnungsvolumens ausreichend. Die Fehlerquote bei der Stichprobeprüfung habe unter 5 % gelegen. Die Vermutung der Richtigkeit der elektronisch übermittelten Daten sei nicht erschüttert. Hilfsmittel und Impfstoffe seien nicht in das Verordnungsvolumen eingeflossen. Die Altersstruktur der Patientenschaft werde bereits in den Richtgrößen abgebildet. Dem hohen Anteil an COPD-Patienten sei bereits hinsichtlich der Medikamente Viani, Spiriva, Berodual, Oxis TH, Symbicort, Foradil, Unilair (9.244,92 EUR) Rechnung getragen worden. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht möglich, weil Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit in vielen Praxen der Fachgruppe behandelt würden und der Kläger sich mit der Zahl solcher Patienten nicht von der Fachgruppe abhebe. - 5 - S 18 KA 1507/07 Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Sinne der Verurteilung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Gegenstand der sozialgerichtlichen Nachprüfung von Entscheidungen in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren ist grundsätzlich nur der das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid des Beschwerdeausschusses. Eine gerichtliche Anfechtung eines Bescheids des Prüfungsausschusses kommt nur in bestimmten - hier nicht gegebenen - Ausnahmefällen in Betracht (Bundessozialgericht, Urteil vom 14.05.1997, Az. 6 RKa 63/95, Urteil vom 19.06.1996, Az. 6 RKa 40/95). Den umfangreichen Einwänden, die der Kläger gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 21.02.2007 erhoben hat, kommt damit von vorn herein keine rechtliche Bedeutung für das Verfahren zu. Die vom Kläger erhobenen Einwände gegen den Bescheid des Beklagten greifen - teilweise - durch. Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Regresses wegen Überschreitung der Richtgrößen für Arzneimittelverordnungen im Jahr 2003 sind § 84 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 106 Abs. 5a SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2001 (BGBl. I. S. 3773). Gemäß § 84 Abs. 6 SGB V vereinbaren die Vertragspartner zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach § 84 Abs. 1 SGB V getroffenen Arzneimittelvereinbarung, erstmals bis zum 31. März 2002. Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen. Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneiund Verbandmitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus. § 106 Abs. 5a SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2001 bestimmt, dass Prüfungen bei Überschreitung des Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 SGB V durchgeführt werden, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 % (Prüfungsvolumen) übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten der Prüfungsausschuss nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). Die nach § 84 Abs. 6 SGB V zur Bestimmung der Richtgrößen verwendeten Maßstäbe können zur Feststellung von Praxisbesonderheiten nicht erneut herangezogen werden. Liegt das Verordnungsvolumen nur geringfügig über dem Prüfungsvolumen und stellt der Prüfungsausschuss die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise fest, bestimmt er, welche Beratungen sowie Kon- 6 - S 18 KA 1507/07 trollmaßnahmen in den zwei darauf folgenden Kalenderjahren zu ergreifen sind. Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss darüber hinaus den sich aus der Überschreitung des Prüfungsvolumens ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Prüfungsausschuss kann auf Antrag den Erstattungsanspruch entsprechend § 76 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB IV stunden oder erlassen, soweit der Vertragsarzt nachweist, dass die Erstattung ihn wirtschaftlich gefährden würde. Der Prüfungsausschuss soll vor seinen Entscheidungen und Festsetzungen nach § 106 Abs. 5a Satz 3 und 4 SGB V auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann. Die in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V genannten Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen den Wert für die geringfügige Überschreitung des Prüfungsvolumens und das Verfahren der Erstattung des festgesetzten Betrages. Darüber hinaus bestand für die Vertragspartner nach § 106 Abs. 2 Satz 9 SGB V die Befugnis, Abweichungen von den in § 106 Abs. 5a Satz 1 und Satz 4 SGB V geregelten Vomhundertsätzen zu vereinbaren. Diese bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 106 SGB V ist Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der für das Jahr 2003 durchgeführten Richtgrößenprüfung. Zwar ist die Neufassung des § 106 SGB V zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Zeiträumen, die vor Inkrafttreten der Neufassung abgeschlossen waren, sind die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich. Etwas anderes kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lediglich in Betracht, wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen die Vorschriften über die Zusammensetzung der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Verwaltungsstelle oder andere Vorschriften über das formelle Verfahren ändert. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten Behörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behörden. Für sämtliche anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen (z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich. Dieses Prinzip kann indessen nicht auf die materiellrechtlichen Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung übertragen werden. Nach welchen Grundsätzen diese Prüfung stattfindet und was ihr Gegenstand ist, richtet sich nach den Vorschriften, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn es gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist. Eine gesetzliche Vorgabe, die Wirtschaftlichkeitsprüfung auch für Zeiträume bis zum Ende des Jahres 2003 nach den neuen materiell-rechtlichen Regelungen des § 106 SGB V durchzuführen, besteht nicht (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.04.2008, Az. B 6 KA 24/07 R). Danach ist die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Klägers unabhängig davon zu prüfen, welche Auswirkungen die Neufassung des § 106 SGB V zum 01.01.2004 ansonsten hat. - 7 - S 18 KA 1507/07 Allerdings ist die Richtgrößenvereinbarung für 2003 nicht rechtzeitig vor Jahresbeginn bekannt gemacht worden. Dies steht der Anwendung der für das Jahr 2003 beschlossenen Richtgrößen indessen nicht entgegen. Richtgrößenvereinbarungen sollen bereits vor Beginn des Jahres, für das sie gelten sollen, abgeschlossen und bekannt gemacht werden. Dies ergibt sich daraus, dass nach den maßgeblichen Bestimmungen Richtgrößen "für das jeweils folgende Kalenderjahr" festzulegen waren und sind. Die Notwendigkeit, Richtgrößen bereits vor Jahresbeginn zu vereinbaren, ergab und ergibt sich nicht nur aus den Regelungen, die von Richtgrößen "für das jeweils folgende Kalenderjahr" ausgehen, sondern auch aus der beabsichtigten Steuerungsfunktion der Richtgrößen-Festlegungen. Diese sollen nach der Gesetzeskonzeption das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte im Interesse einer Reduzierung des Ausgabenvolumens im Bereich vertragsärztlicher Verordnungen steuern (Deutscher Bundestag, Drucksache 12/3608, Seite 100). Dies ist seit dem 31.12.2001 in § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V ausdrücklich normiert. Danach leiten die Richtgrößen den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arznei- und Verbandmittel (ebenso gültig für Heilmittel, § 84 Abs. 8 Satz 1 SGB V). Sie bilden für ihn Orientierungsgrößen bei seinen Entscheidungen über Verordnungen für Arznei-, Verband- und Heilmittel. Hier ist Raum für eine Steuerung, weil der Vertragsarzt in vielen Fällen Entscheidungsspielräume hat, z.B. bei der Auswahl zwischen wirkungsgleichen, aber im Preis unterschiedlichen, Arznei-, Verband- und Heilmitteln. Unzutreffend ist der Einwand, eine Steuerungswirkung sei nicht gegeben, weil der Vertragsarzt sein Verordnungsverhalten ausschließlich nach medizinischen Kriterien auszurichten habe (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.09.1997, Az. 6 RK 36/07; Urteil vom 14.03.2001, Az. B 6 KA 54/00 R). Die steuernde Einwirkung auf ärztliche Entscheidungen ist aber nur denkbar, wenn die Richtgröße bereits zu Beginn des Zeitraums vorliegt, für den sie eine Orientierung bieten soll. Mithin müssen Vorgaben in Form von Richtgrößen nach ihrem Sinn und Zweck bereits vor Beginn des Kalenderjahres vereinbart und bekannt gemacht werden. Die mit ihnen verfolgten Ziele könnten sich nicht bei bereits getätigtem Verhalten entfalten; das Normziel der Verhaltenssteuerung ginge dann ins Leere (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 ist vor Jahresbeginn vereinbart worden. Von den Vertragspartnern nach § 84 Abs. 1 SGB V wurde die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 am 20.12.2002 abschließend unterzeichnet. Die Richtgrößenvereinbarung als solche wurde erst in Heft 2 der KVS-Mitteilungen im Februar 2003 bekannt gegeben. Dies steht jedoch der Anwendung der Richtgrößen für Verordnungen ab dem 01.01.2003 nicht entgegen. Denn in Anwendung der für die (echte) Rückwirkung von Rechtsnormen geltenden Maßstäbe kann der Kläger dem kein schützenswertes Vertrauen entgegen halten, weil der für ihn wesentliche Inhalt der Richtgrößenvereinbarung - nämlich die Richtgrößen - bereits mit Anlage 2 des an die Vertragsärzte gerichteten Rundschreibens der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung vom 20.12.2002 bekannt gemacht worden war. Gemäß § 19 der Satzung der Beigeladenen zu 1 in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung erfolgen Bekanntmachungen durch Rundschreiben oder im Publikationsorgan der Kassenärztlichen Vereini- 8 - S 18 KA 1507/07 gung. Das Schreiben der Landesgeschäftsstelle vom 20.12.2002 ist nach Form und Inhalt als Rundschreiben zu qualifizieren. Es lautet: Wegen des Redaktionsschlusses ist es der KV Sachsen leider nicht gelungen, im fast zeitgleich zu diesem Schreiben erscheinenden KVS-Mitteilungsheft 12/2002 alle notwendigen Informationen zu veröffentlichen. Dieser Brief soll rechtzeitig vor Beginn des neuen Jahres und damit eines neuen Abrechnungsquartals wichtige Änderungen vermitteln. ( ) 3. Richtgrößen 2003 Nachdem die Abstimmung mit den Sächsischen Krankenkassen zu den in den KVSMitteilungen 12/2002 veröffentlichten Richtgrößen für das Jahr 2003 abgeschlossen und eine diesbezügliche Vereinbarung unterzeichnet ist, treten sie ab 1. Januar 2003 in Kraft. Diese Richtgrößen basieren auf der aktuellen Ausgabensituation für Arznei- und Verbandmittel in den Fachgebieten. Unter Berücksichtigung des Wegfalls der KOLeistungen ab 1. Januar 2003 machte sich eine erneute Berechnung Hausärzten und hausärztlichen Internisten erforderlich. Die neuen Richtgrößen betragen für beide Fachgruppen bei M/F 33,27 EUR und bei R 109,42 EUR (Anlage 2). Einer Veröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung vor Jahresbeginn bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht. Maßgebend für die in § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V normierte Leistungssteuerung für den Vertragsarzt ist die Kenntnis der Richtgröße als solcher. Die spätere Veröffentlichung der ihr zu Grunde liegenden Vereinbarung hatte hier nur noch formellen Charakter, der aber für materielle Geltung der Richtgrößen ab Beginn des Jahres nicht mehr bestimmend war. Die teilweise Rückwirkung ist ausnahmsweise gerechtfertigt. Nur ergänzend merkt die Kammer hierzu noch an, dass selbst wenn die Rückwirkung der Bekanntmachung unzulässig gewesen wäre, die Richtgrößen für das Jahr 2003 nicht etwa generell unwirksam und eine Richtgrößenprüfung damit ausgeschlossen wäre. Vielmehr hätte dies lediglich zur Folge, dass diejenigen Richtgrößen, die niedriger als die des Vorjahres liegen, (erst) ab der rechtmäßigen Bekanntmachung wirken und bis dahin die Richtgrößen des Vorjahres weiter gelten; soweit danach im Verlauf eines Jahres unterschiedliche Richtgrößen maßgebend sind, ist für die Prüfung das Richtgrößenvolumen als zeitanteiliger Mischwert zu errechnen. Würde man für die Berechnung des Überschreitungsvolumens bis Februar 2003 noch die Richtgrößen des Jahres 2002 anteilig heranzuziehen, lägen die daraus resultierenden gewichteten Richtgrößen von 109,71 EUR für Rentner und 33,97 EUR für sonstige Mitglieder und Familienangehörige nur geringfügig über den vom Antragsgegner angewandten Richtgrößen. Ebenso wenig steht es der Wirksamkeit der Richtgrößen für das Jahr 2003 entgegen, dass diese lediglich zwischen den Versichertengruppen der Mitglieder und Familienangehörigen einerseits und der Rentner andererseits differenzieren. Die Rahmenvorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 84 Abs. 7 SGB V für Arzneimittel- Richtgrößenvereinbarungen nach § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V vom 31.01.2002 (Deutsches Ärzteblatt 99 [2002] Nr. 22 S. A-1540), auf die der Kläger sich insoweit beruft, sehen zwar in § 2 Abs. 2 Satz 1 in - 9 - S 18 KA 1507/07 Verbindung mit Anlage 2 eine Gliederung in vier Altersgruppen (0-15 Jahre, 16-49 Jahre, 50-64 Jahre und ) 65 Jahre) vor. Sie lassen jedoch gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich Abweichungen in den Vereinbarungen auf Landesebene zu, bis die Vertragspartner auf der Bundesebene die organisatorischen und datenlogistischen Voraussetzungen für die Lieferung der Verordnungsdaten und Fallzahlen geschaffen haben. Eine Pflicht zum Erlass von Rahmenvorgaben ordnet das Gesetz insoweit nicht an (§ 84 Abs. 7 Satz 5 SGB V: "sollen"). Zwingend vorzugeben ist gemäß § 84 Abs. 7 Satz 4 SGB V nur der Rahmen für die Gliederung der Arztgruppen und das Nähere zum Fallbezug. Hierzu schreibt § 1 Abs. 3 der Rahmenvorgabe lediglich vor, dass für die Herstellung des Fallbezugs zur Bildung von Richtgrößen die kurativ-allgemeinen Behandlungsfälle von Vertragsärzten getrennt nach den Versichertengruppen Mitglieder, Familienangehörige und Rentner heranzuziehen sind. Soweit die Prüfgremien in Umsetzung des Konzepts zur Bearbeitung der Altfälle, die nach Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2004 und der Neukonstituierung der Prüfgremien aufgelaufen waren, die Richtgrößenprüfung auf Praxen beschränkt haben, die im Jahr 2003 eine Richtgrößenüberschreitung von mindestens 50 % aufwiesen, widersprach diese Praxis § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V, wonach der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % den sich aus der Überschreitung des Prüfungsvolumens ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist, zu erstatten hat. Die Prüfgremien sind nicht befugt, die Anordnung von Regressen bei Überschreitung dieser Grenze durch die Einschränkung der Aufgreifkriterien für Richtgrößenprüfungen zu umgehen. Ein Ermessensspielraum steht ihnen insoweit nicht zu. Gleichwohl kann der Kläger die Rechtswidrigkeit dieser Verwaltungspraxis nicht rügen, weil er hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist. Das Altfallkonzept begünstigt in rechtswidriger Weise Arztpraxen mit einem zwischen 25 und 50 % liegenden Überschreitungsvolumen, indem von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abgesehen wird. Arztpraxen, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Regresses erfüllt sind, können hieraus jedoch keinen Anspruch herleiten, von den gesetzlich zwingenden Rechtsfolgen des § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V im Sinne einer "Gleichbehandlung im Unrecht" ausgenommen zu werden. Der Festsetzung eines Regresses steht schließlich nicht entgegen, dass der Beklagte dem Kläger nicht das Angebot einer individuellen Richtgrößenvereinbarung zur Ablösung des Regresses nach § 106 Abs. 5d SGB V in der am 01.01.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S.2190) unterbreitet hat. Nach dieser Vorschrift wird abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V ein vom Vertragsarzt zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet. In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich auf einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten. Die Richtgröße ist für den Zeitraum von vier Quartalen zu vereinbaren und für den folgenden Zeitraum zu überprüfen, soweit hierzu nichts anderes vereinbart ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Befugnis zum Abschluss einer individuellen Richtgrößen- und Regressablösevereinbarung nicht nur dem im Gesetz ausdrücklich genannten Prüfungsausschuss, sondern nach Erhebung des Widerspruchs dem Beschwerdeausschuss zu. Die Zuständig- 10 - S 18 KA 1507/07 keit des Beschwerdeausschusses wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Insbesondere lässt sich der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 S. 117) kein Anhalt dafür entnehmen, dass der Abschluss einer solchen Vereinbarung funktionell auf die Prüfungsausschüsse als Vertragspartner beschränkt sein sollte. Ab dem Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs ist der Beschwerdeausschuss ausschließlich funktionell zuständig. Die Besonderheiten der organisationsrechtlichen Stellung des Beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen Unterschiede in der Ausgestaltung des Vorverfahrens nach dem Sozialgerichtsgesetz einerseits und des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss andererseits rechtfertigen die Bewertung, dass die Funktion des Beschwerdeausschusses nicht auf die einer Widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt. Da § 106 Abs. 5 Satz 5 SGB V nicht auf § 85 Abs. 1 SGG verweist, endet mit Erhebung des Widerspruchs die Zuständigkeit der Prüfungsausschüsse mit der Folge, dass auf den Beklagten auch die Befugnis zur Vereinbarung einer Regressablösevereinbarung übergeht. Allerdings verletzt es keine Rechte des Klägers, dass weder der Prüfungsausschuss noch der Beklagte ihm ein Angebot zum Abschluss einer individuellen Richtgröße unterbreitet haben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger vor dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit einem Antrag auf Unterbreitung eines Angebots für eine individuelle Richtgrößen- und Regressablösevereinbarung an die jeweils zuständigen Prüfgremien herangetreten wäre. Der Kläger hat jedoch sein Recht auf fehlerfreie Ausübung des den Prüfgremien insoweit zustehenden Gestaltungsermessens nicht einmal geltend gemacht, so dass der Erlass des angefochtenen Bescheides ohne vorherige Verhandlung über den Abschluss einer Vereinbarung nach § 106 Abs. 5d SGB V ihn hierin auch nicht benachteiligt. Mit dem Wiedereintritt in das Verwaltungsverfahren zum Zwecke der Neubescheidung wird den Beteiligten die Möglichkeit des § 106 Abs. 5d SGB V erneut eröffnet. Zu Unrecht hat sich der Beklagte indessen bei der Ermittlung des dem Regress zu Grunde gelegten Überschreitungsvolumens auf die elektronisch ermittelten Verordnungsvolumina gestützt, ohne dem Kläger die erweiterten Arzneimitteldateien offenzulegen. Grundsätzlich ist zunächst von der Richtigkeit der elektronisch ermittelten Verordnungsvolumina auszugehen. Dies folgt aus der Konzeption der §§ 284 ff. in Verbindung mit §§ 296, 297 SGB V, wonach die elektronische Erfassung und Verarbeitung der verordnungsbezogenen Daten die Grundlage für die Verordnungsprüfung bilden sollen (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.04.2005, Az. B 6 KA 1/04 R; Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Die auf den Verordnungsblättern enthaltenen Informationen werden im Wege elektronischer Datenverarbeitung eingelesen, den einzelnen Ärzten über die angegebene Arztnummer zugeordnet und dann weiterverarbeitet. Hierdurch wird nicht nur die rationelle Bewältigung der massenhaft in Apotheken im gesamten Bundesgebiet anfallenden Datenmengen ermöglicht, sondern zugleich auch gewährleistet, dass möglicherweise sensible Gesundheitsdaten ohne unmittelbaren Versichertenbezug übermittelt und für Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgewertet werden. Die im Rahmen einer solchen elektronischen Datenverarbeitung möglichen Fehlerquellen sind dabei qualitativ nicht grundsätzlich anders als Fehlerfassungen, wie sie bei der Zusammenführung, Sortierung und Saldierung von in Papierform vorliegenden Verordnungsblättern auftreten können. Deshalb ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber als Basis für die - 11 - S 18 KA 1507/07 Wirtschaftlichkeitsprüfung der Verordnungsweise die auf Grund elektronischer Übermittlung und Zusammenfassung gewonnenen Verordnungsdaten des jeweiligen Arztes vorgegeben hat. Ergibt sich allerdings für die Prüfgremien der Verdacht von Fehlern bei der Berechnung des dem geprüften Arzt angelasteten Verordnungsvolumens oder macht der geprüfte Arzt substantiierte Zweifel geltend - d.h. konkrete und plausible Angaben, die die Richtigkeit der elektronisch ermittelten Ergebnisse zweifelhaft erscheinen lassen -, müssen die Prüfgremien dem nachgehen und erforderlichenfalls weitergehende Ermittlungen anstellen (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.07.2008, Az. B 6 KA 57/07 R). Dabei sind drei Stufen zu unterscheiden: a) Lassen sich zwar nicht sogleich Fehler bei der Zuordnung von Verordnungen feststellen, bestehen aber aufgrund des Vorbringens des Arztes substantiierte Zweifel gegenüber dem elektronisch ermittelten Verordnungsvolumen und hat der Arzt zur weiteren Ermittlung - zumindest sinngemäß - die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien verlangt, so hat er Anspruch darauf, dass die Prüfgremien diese Dateien beiziehen. b) Wenn Darlegungen des geprüften Arztes oder Ermittlungen der Prüfgremien ergeben, dass Verordnungskosten ihm fehlerhafterweise zugerechnet oder in überhöhtem Ausmaß angelastet wurden, so ist der Betrag der ihm angelasteten Verordnungsgesamtkosten in entsprechendem Umfang zu korrigieren, indem - so der Regelfall - die fehlerhaften Verordnungsbeträge in Abzug gebracht werden. Dies gilt ebenso dann, wenn sich substantiiert geltend gemachte Zweifel nicht aufklären lassen, weil die davon betroffenen Verordnungsblätter bzw. Printimages nicht mehr vorgelegt werden können. c) Betrifft der Korrekturbedarf nicht nur Einzelfälle, sondern insgesamt ein erhebliches Verordnungsvolumen - hierfür hat das Bundessozialgericht eine Quote von mindestens 5 % der gesamten Verordnungskosten genannt -, ist der Anscheinsbeweis der Vermutung der Richtigkeit der elektronisch erfassten und verarbeiteten Verordnungsdaten derart erschüttert, dass die Prüfgremien sämtliche einzelne Originalverordnungsblätter bzw. Printimages des Arztes heranziehen müssen. Die vom Arzt tatsächlich veranlassten Verordnungskosten sind dann durch individuelle Auswertung sämtlicher noch vorhandener Verordnungsblätter bzw. Printimages zu ermitteln. Soweit die vollständige Beiziehung der Originalverordnungsblätter bzw. Printimages nicht gelingt, haben die Prüfgremien einen entsprechenden Sicherheitsabschlag von dem ggf. festzusetzenden Regress vorzunehmen. Hinsichtlich der Beiziehung der erweiterten Arzneimitteldateien (Stufe a) müssen die Zweifel nicht ein bestimmtes erhebliches Verordnungsvolumen von z.B. 5 % der Verordnungskosten betreffen. Vielmehr reicht es aus, wenn sie sich nur auf einzelne Verordnungsbeträge beziehen und zur Behebung der Zweifel die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien möglicherweise hilfreich sein kann. Die Anforderungen daran, von welchen Voraussetzungen die Heranziehung der erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien abhängig gemacht wird, dürfen nicht überspannt werden. Denn diesen Statistiken kann - vergleichbar den Häufigkeitsstatistiken im Honorarbereich - im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung erhebliche Bedeutung zukommen. Ihre Erstellung ist gemäß § 295 Abs. 3 Nr. 5 in Verbindung mit §§ 296 f. SGB V in Verbindung mit den dazu getroffenen näheren - 12 - S 18 KA 1507/07 Vereinbarungen vorgesehen, und sie enthalten eine für die Prüfpraxis ggf. aufschlussreiche Zusammenstellung zahlreicher Daten (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R). Insoweit hat das Bundessozialgericht im Falle eines Arzneikostenregresses auf der Grundlage der elektronisch ermittelten Verordnungskosten mit ergänzender Einzelfallprüfung unter Heranziehung von Originalverordnungsblättern bzw. Printimages, bei dem eine einzelne Hilfsmittelverordnung vorlag, im Urteil vom 16.07.2008, Az. B 6 KA 57/07 R) ausgeführt: "Befinden sich in den Prüfunterlagen nicht zum Prüfungsgegenstand gehörige Verordnungen, so kann dies nicht allein aufgrund der allgemeinen Angabe des Beklagten als unschädlich angesehen werden, dass es Kostenpositionen gebe, die in den Prüfungsunterlagen zwar enthalten, aber in das beanstandete Verordnungsvolumen nicht eingerechnet worden seien. Vielmehr ist dann, wenn der geprüfte Arzt dies substantiiert beanstandet hat, das Prüfgremium gehalten, die Nichteinbeziehung solcher Verordnungen nachvollziehbar darzustellen. Das setzt bei elektronisch erfassten Verordnungskosten voraus, dass die erweiterte Arzneimitteldatei als Basis der tatsächlich einbezogenen Verordnungen offengelegt wird; nur auf diese Weise kann belegt werden, dass weitere Posten nicht enthalten sind." Soweit die Prüfgremien auf entsprechende Darlegungen des Arztes hin verpflichtet gewesen wären, sich von den Krankenkassen die erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien vorlegen zu lassen oder die Originalverordnungsblätter bzw. Printimages beiziehen und sie dem Arzt zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, stellt ihre Nichteinbeziehung zur Sachverhaltsaufklärung einen Verfahrensfehler dar, der grundsätzlich zur Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses führt. Die ergänzende Beiziehung von Unterlagen mit anschließender Feststellung der daraus zu entnehmenden Tatsachen und deren Bewertung sind im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen grundsätzlich den Prüfgremien vorbehalten, weil diese bei der Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einen Beurteilungsspielraum haben, es sei denn, es wären lediglich rechnerische oder ähnliche Fragen betroffen. Erübrigen würde sich die an sich erforderliche Beiziehung weiterer Unterlagen - und dementsprechend die gerichtliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides - nur dann, falls es im Sinne des § 42 Satz 1 SGB X offensichtlich wäre, dass der Fehler die Entscheidung des Beschwerdeausschusses in der Sache nicht beeinflusste. Dies kann etwa dann in Betracht kommen, wenn im Gerichtsverfahren die erweiterten Arznei- bzw. Heilmitteldateien vorgelegt worden sind und an Hand dieser Unterlagen vom Beklagten bzw. von den Krankenkassen nachvollziehbar dargestellt wird, dass die vom geprüften Arzt erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit des ihm elektronisch zugeordneten Verordnungsvolumens nicht durchgreifen. Ohne solche Darlegungen kann jedoch nicht angenommen werden, es sei offensichtlich, dass das Fehlen dieser Dateien die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Nach diesen Maßstäben wären die Prüfgremien zur Offenlegung der erweiterten Arzneimitteldateien verpflichtet gewesen. Der Kläger hat im Widerspruchsverfahren nach Akteneinsicht ausdrücklich die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien beantragt und verschiedene Beanstandungen gegen die Richtigkeit der elektronisch ermittelten Arzneimittelkosten sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Verordnungsvolumens als auch des anzuerkennenden Mehraufwandes erhoben. Die Kammer hält diese Einwände insoweit - 13 - S 18 KA 1507/07 für beachtlich, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass in das vom Beklagten festgestellte Überschreitungsvolumen Verordnungen von Hilfsmitteln, Sprechstundenbedarf und Impfstoffen sowie Kostenanteile für Zuzahlungen einbezogen worden sind, die nicht der Begrenzung der Arzneimittelausgaben durch Richtgrößen unterliegen. Der Kläger muss sich insoweit nicht auf die Beteuerung des Beklagten einlassen, diese Verordnungen und Kostenanteile seien tatsächlich nicht in das maßgebliche Verordnungsvolumen eingeflossen, sondern an Hand der Registrierungskennzeichen ebenso herausgerechnet worden wie die Verordnungen zu Gunsten der BKK-Versicherten. Weder der Kläger noch das Gericht müssen die Behauptungen des Beklagten als Tatsache hinnehmen. Vielmehr hat der Kläger einen Anspruch darauf, die Behauptung des Beklagten an Hand der aufgeschlüsselten Arzneimitteldaten auf ihre Schlüssigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und die Zusammensetzung des vom Beklagten angesetzten Verordnungs- und Überschreitungsvolumens mit den eigenen Daten abzugleichen. Dies ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, damit der Kläger die Möglichkeit erhält, Mehraufwand auf der gleichen Datenbasis geltend zu machen, auf der die Prüfgremien das Verordnungsvolumen bestimmt haben, zumal die geprüfte Praxis ungerechtfertigt bevorzugt würde, wenn der Beklagte wegen Divergenzen der Datenbasis teilweise Mehraufwand auf Grund von Verordnungen anerkennen müsste, um die das Verordnungsvolumen bei der Ermittlung des Überschreitungsvolumens bereinigt worden ist. Die Verpflichtung zur Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien stellt sich unter diesen Umständen als Ausdruck des Gebots der prozessualen Waffengleichheit dar, um dem Arzt die Möglichkeit zu geben, die von den Prüfgremien verwendeten Arzneimitteldaten im gleichen Umfang und in gleicher Qualität auszuwerten und sich für die Begründung von Einwendungen erschließen zu können wie die Krankenkassen und Prüfgremien, bei denen diese Daten aggregiert wurden. Der Beklagte kann hiergegen nicht, wie im Schreiben vom 24.07.2008 (Blatt 401 der Sozialgerichtsakte), einwenden, die Vorlage der erweiterten Arzneimitteldateien sei entbehrlich, weil mit Einräumung der erweiterten Übergangszone von 50 % der Verordnungskosten bereits ein hoher Sicherheitsabschlag verbunden sei. Der Ansatz des - einer rechtlichen Grundlage ohnehin entbehrenden - pauschalen Abschlags von 50 % macht die konkrete Zusammensetzung sowohl der Verordnungsvolumina als auch der als Mehraufwand anerkannten Verordnungskosten nicht transparenter und ist deshalb nicht geeignet, prozessuale Waffengleichheit zwischen den Beteiligten bei der Ermittlung und Beurteilung der für die Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Daten zu ermöglichen. Sollten die erweiterten Arzneimitteldateien tatsächlich nicht existieren, wird der Beklagte vor einer erneuten Entscheidung die für die Ermittlung des Verordnungsvolumens wie auch des Mehraufwandes maßgeblichen Daten in einer den Anforderungen der §§ 296 f. SGB V entsprechenden Aufschlüsselung rekonstruieren und dem Kläger zugänglich machen müssen. Darüber hinaus kann der Bescheid des Beklagten auch insoweit keinen Bestand haben, als der Beklagte konkreten, vom Kläger geltend gemachten Mehraufwand nicht als berechtigt anerkannt hat. Zutreffend rügt der Kläger zum Einen, dass die Höhe des vom Überschreitungsbetrag abgesetzten Verordnungsvolumens bestimmter, als Mehraufwand anerkannter Präparate im Bescheid nicht nachvollziehbar begründet ist. Das Gericht sah sich insoweit nicht zu einer vertieften Prüfung der Einwände des Klägers veranlasst, da die Beanstandung des Klägers sich als Ausdruck fehlender Transparenz - 14 - S 18 KA 1507/07 der vom Beklagten herangezogenen Daten darstellt. Mit der Vorlage der erweiterten Arzneimitteldaten wird der Beklagte dem Kläger nach Wiedereintritt in das Verwaltungsverfahren die Gelegenheit zum Abgleich der Verordnungsdaten mit seinen Aufzeichnungen einerseits und der einheitlichen Datenbasis für die Ermittlung sowohl des Verordnungsvolumens als auch des Mehraufwandes andererseits geben. Zum Anderen beanstandet der Kläger zu Recht, dass die Maßstäbe, an Hand derer der Beklagte Verordnungen dem Grunde oder der Höhe nach als Mehraufwand wegen Praxisbesonderheiten anerkannt bzw. nicht anerkannt hat, nicht nachvollziehbar sind. Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungs- bzw. Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.1995, Az. 6 RKa 33/94). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R), und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich erbrachten Leistungen auswirken (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 79/03 R). Praxisbesonderheiten liegen nur dann vor, wenn die betroffene Praxis einen spezifischen, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichenden Behandlungsbedarf der eigenen Patientenklientel sowie hierdurch hervorgerufene Mehrkosten aufweist (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2005, Az. B 6 KA 80/03 R). Zu den Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen und bei deren Beurteilung daher den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum zusteht (zu diesem Zusammenhang Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R), gehört auch, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände Praxisbesonderheiten angenommen und sachgerecht quantifiziert werden müssen (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2005, Az. B 6 KA 4/05 R). Sind Praxisbesonderheiten offenkundig, haben die Prüfgremien ihrem Vorliegen von Amts wegen nachzugehen. Sind sie nicht offenkundig, hat der Vertragsarzt ihr Vorliegen geltend zu machen, indem er die in seiner Sphäre vorliegenden Umstände, aus denen er eine Praxisbesonderheit ableitet, substantiiert darlegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2002, Az. B 6 KA 1/02 R; Urteil vom 27.06.2001, Az. B 6 KA 66/00 R; Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich hierbei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Darüber hinaus muss der Bescheid des Beklagten auch den Begründunganforderungen genügen. In der Begründung eines Verwaltungsaktes müssen gemäß § 35 Abs. 1 SGB X die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt werden, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründungsanforderungen sind aber von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und - 15 - S 18 KA 1507/07 nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.1994, Az. 6 RKa 18/92). In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass sich die in den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergehenden Bescheide an einen sachkundigen Personenkreis richten, der mit den Leistungs- und Verordnungsvoraussetzungen vertraut ist und zu dessen Pflichten es gehört, über die Grundlagen der wirtschaftlichen Praxisführung unter Wahrung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit Bescheid zu wissen, besondere Bedeutung zu. Dies erlaubt es den Prüfgremien, entsprechende Kenntnisse vorauszusetzen und die Begründung ihrer Bescheide darauf einzustellen. Praxisbesonderheiten liegen nur dann vor, wenn die betroffene Praxis einen spezifischen, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichenden Behandlungsbedarf der eigenen Patientenklientel sowie hierdurch hervorgerufene Mehrkosten aufweist (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2005, Az. B 6 KA 80/03 R). Zu den Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen und bei deren Beurteilung daher den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum zusteht (zu diesem Zusammenhang Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2005, Az. B 6 KA 63/04 R), gehört auch, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände Praxisbesonderheiten angenommen und sachgerecht quantifiziert werden müssen (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2005, Az. B 6 KA 4/05 R). Sind Praxisbesonderheiten offenkundig, haben die Prüfgremien ihrem Vorliegen von Amts wegen nachzugehen. Sind sie nicht offenkundig, hat der Vertragsarzt ihr Vorliegen geltend zu machen, indem er die in seiner Sphäre vorliegenden Umstände, aus denen er eine Praxisbesonderheit ableitet, substantiiert darlegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2002, Az. B 6 KA 1/02 R; Urteil vom 27.06.2001, Az. B 6 KA 66/00 R; Urteil vom 06.09.2000, Az. B 6 KA 24/99 R). Für die Darlegung von Praxisbesonderheiten reicht es nicht aus, wenn der geprüfte Arzt lediglich eine Patientenliste mit der Angabe von Diagnosen, Behandlungen und Verordnungskosten vorlegt (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.11.1998, Az. B 6 KA 58/98 B). Vielmehr muss er spezielle Strukturen aufzeigen; hierfür ist es notwendig, dass er seine Patientenschaft und deren Erkrankungen so systematisiert, dass sich signifikante Abweichungen vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe erkennen lassen. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die Anerkennung von Praxisbesonderheiten eine Beurteilung der Arzneimittelverordnungen mit Bezug auf die Indikation der verschriebenen Arzneimittel an Hand der Patientenstruktur der Praxis im Vergleich mit der Patientenstruktur der Fachgruppe nach morbiditätsbezogenen Kriterien voraussetzt. Der angefochtene Bescheid lässt nicht erkennen, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung von diesen Maßstäben hat leiten lassen. Weder der Begründung des Bescheides noch den beigezogenen Verwaltungsakten lassen sich verwertbare Angaben zur Morbiditätsstruktur (Diagnose- und Behandlungsspektrum) der Praxis im Vergleich mit der Fachgruppe entnehmen, um beurteilen zu können, ob aus der Zusammensetzung des Patientenklientels herrührende Umstände, die sich auf das Verordnungsverhalten des Arztes auswirken, in den Praxen der Vergleichsgruppe in entsprechender Weise anzutreffen sind. Eine gewisse Ausnahme stellt hier die an der Relation zum Fachgruppendurchschnitt - 16 - S 18 KA 1507/07 orientierte teilweise Anerkennung des Mehraufwandes für orale Antidiabetika dar, die aber der Höhe nach nicht nachvollziehbar ist. Namentlich die vom Beklagten im Zusammenhang mit Verordnungen für COPD-Patienten angeführten Vergleichsgruppendaten in der Arzneimittel-Frühinformation sind als Basis für einen solchen Vergleich nicht ausreichend. Die dortigen Rangausweisungen sind nicht aussagekräftig genug. Dargestellt sind zudem nur der Arzneimittel-Bruttoumsatz und die Anzahl der Verordnungen des Klägers für bestimmte Präparategruppen sowie vergleichend die Anteile am Bruttoumsatz, die Kosten je definierter Tagesdosis und die Kosten je Verordnung, nicht dagegen das Verordnungsvolumen im Verhältnis zur Gesamtfallzahl und zur Fallzahl der Patienten mit einschlägiger Diagnose in der Praxis und der Vergleichsgruppe. Damit bleiben die Maßstäbe, die den Beklagten zur Anerkennung oder Nichtanerkennung von Mehraufwand als Ausdruck einer Praxisbesonderheit bewogen haben, an Hand der Begründung des Bescheides im Dunkeln. Die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichem Mehraufwand und unwirtschaftlichen Verordnungen stellt sich mangels offengelegter Kriterien nach außen als objektiv willkürlich dar. Hierin liegt zugleich insoweit ein Verfahrensfehler, als dem Arzt, der in der Regel gesicherte Aussagen nur zum Diagnose- und Behandlungsspektrum seiner Praxis machen kann, die Geltendmachung und der Nachweis von Praxisbesonderheiten unzumutbar erschwert wird, wenn ihm die vom Beklagten als maßgeblich erachteten Vergleichsdaten vorenthalten werden. Das Prinzip der Waffengleichheit im Verfahren gebietet auch insoweit, dass dem Arzt Daten in gleicher Qualität zur Verfügung gestellt werden, über die auch die Krankenkassen bzw. die Prüfgremien verfügen, um die Vermutung, dass Arzneimittelmehraufwand auf unwirtschaftlicher Verordnungsweise beruht, veri- oder falsifizieren zu können. Soweit der Beklagte Aufwendungen für orale Antidiabetika (nur) teilweise als Praxisbesonderheit anerkannt und sich bei der Bemessung des Mehraufwandes an der diagnosebezogenen Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts orientiert hat, ist dieser Ansatz zur Quantifizierung des Mehraufwandes nicht zu beanstanden. Zutreffend vertritt der Beklagte die Auffassung, dass der den Durchschnitt der Fachgruppe überschreitende anteilige Aufwand als durch Praxisbesonderheiten bedingt geschätzt werden darf. Allerdings müssen die Grundlagen für die Schätzung des anzuerkennenden Mehraufwandes offen gelegt werden. Dies ist hier nicht der Fall. Zudem korrespondiert der anerkannte Mehraufwand (für 45 von 193 oral eingestellten Patienten, also 23 %) nicht mit der festgestellten Überschreitung der durchschnittlichen Diagnosehäufigkeit im Fachgruppendurchschnitt (Diabetiker: + 40 %, oral eingestellte Diabetiker: + 30 %). Allein die Behauptung eigener Sachkunde des Beklagten vermag eine nachvollziehbare Begründung nicht ersetzen. Die Auswahl der als Praxisbesonderheit anerkannten Arzneimittel muss nachvollziehbaren Kriterien folgen, die sich an der Indikation bestimmter Arzneimittel nach Präparategruppen in Bezug auf die Häufigkeit der hierfür maßgeblichen Morbiditätsindikatoren orientiert. Bei Anerkennung bestimmter Präparate bedarf die Nichtanerkennung anderer Präparate gleicher oder ähnlicher Indikation der Begründung. Dies betrifft hier beispielhaft die Nichtanerkennung bestimmter oraler Antidiabetika (Starlix, Novonorm, Glibenclamid) neben anerkannten Präparaten (Metformin, Glucobay, Amaryl, Avandia, Actos, Miglitol). Entsprechendes gilt für die Verschreibung hochwirksamer Analgetika und analgetisch wirkender Antirheumatika, von denen der Beklagte einige (Durogesic, Transtec, Oxygesic, - 17 - S 18 KA 1507/07 Sevredol) präparatebezogen anerkannt hat, andere nur als Begleitmedikation bei der Behandlung bestimmter Erkrankungen, wieder andere dagegen überhaupt nicht. Die Nichtanerkennung von Analgetika bei überdurchschnittlichem Aufkommen an Schmerzpatienten mit Medikamentenpflicht auf der jeweiligen Indikationsstufe bedarf jedenfalls dann einer nachvollziehbaren Begründung, wenn andererseits die Verordnung von bestimmten (transdermalen) Analgetika ohne Beschränkung auf das Fachgruppenmittel pauschal als wirtschaftlich anerkannt wird. Im Ausgangspunkt zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass bestimmte Erkrankungen typischerweise mit Multimorbidität der Patienten einhergehen, so dass der Umfang der Arzneimittelverordnungen insgesamt wegen der Behandlung der Begleiterkrankungen selbst nach Bereinigung um die Kosten der Medikation der Leiterkrankung mit dem Anteil der betreffenden Patienten überpoportional steigt. Aus diesem Grunde kann beispielsweise die schwerpunktmäßige Behandlung insulinpflichtiger Diabetiker einen wirtschaftlichen Mehraufwand im Vergleich mit anderen Artzpraxen begründen, der über den erhöhten Umfang verordneter Antidiabetika hinausgeht und im Rahmen einer Durchschnittswertprüfung einen Spezialvergleich erforderlich machen kann (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 26.11.2009, Az. S 11 KA 828/06, betreffend eine an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende diabetologische Schwerpunktpraxis für Innere Medizin). Zu Unrecht leitet der Kläger hieraus indessen ab, dass der Beklagte deshalb sämtliche Kosten von Arzneimitteln, die er Patienten mit Diabetes und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung verschrieben hat, ohne Beschränkung auf Atemwegstherapeutika, Insulin, Diabetes-Teststreifen und orale Antidiabetika vom Überschreitungsvolumen abzusetzen seien. Grundsätzlich ist bei der Bestimmung des einem Regress zu Grunde zu legenden unwirtschaftlichen Aufwandes von den gesamten Verordnungskosten auszugehen. Soweit ausnahmsweise Verordnungen patientenbezogen vom Verordnungsvolumen ausgenommen werden, kann insoweit auch keine Richtgröße angesetzt werden, so dass sich das Richtgrößenvolumen anteilig verringert. Ein Grund, der eine solche patientenbezogene Ausnahme rechtfertigt, liegt hier indessen nicht vor. Vielmehr sind auch bei Verordnungen für mehrfacherkrankte Patienten, selbst wenn deren erhöhtes Aufkommen in der Praxis als Praxisbesonderheit bewertet wird, Arzneimittelverordnungen jeweils indikationsbezogen darauf zu prüfen, ob sich die Schwere der Krankheitsbilder in der Summe der jeweiligen Verordnungen auch zur Behandlung der Komorbiditäten als Besonderheit im Vergleich mit dem Fachgruppendurchschnitt darstellt. Das bedeutet, dass nur wenn der Kläger bei der Behandlung von Diabetikern Arzneimittel zur Behandlung weiterer Erkrankungen dieser Patienten (zum Beispiel Polyneuropathie und neuropathischer Schmerz, diabetisches Syndrom, periphere Verschlusskrankheit) überdurchschnittlich häufig verordnet und wenn solche Begleiterkrankungen auf Grund der Struktur der Patientenschaft wesentlich häufiger in der Praxis behandelt werden als in anderen Hausarztpraxen, kommt eine Anerkennung der hierfür aufgewandten Verordnungskosten als durch Praxisbesonderheiten bedingter Mehraufwand in Betracht. Betreut die Praxis tatsächlich auf Grund ihrer Spezialisierung einen überdurchschnittlichen Anteil besonders therapieintensiver multimorbider Patienten, wird sich dies zwangsläufig an Hand der Häufigkeit der behandelten Begleiterkrankungen im Vergleich mit der Morbiditätstruktur der durchschnittlichen Patientenklientel der Fachgruppe niederschlagen. Der durch die Praxisbesonderheit begründete Mehraufwand kann in diesen Fällen diagnose- bzw. indikationsbezogen quantifiziert werden. - 18 - S 18 KA 1507/07 Hinsichtlich der Verordnungen für Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen gilt das Gleiche. Allein die Lungenerkrankung stellt noch keinen Grund dar, die gesamte Medikation der betreffenden Patienten als durch Praxisbesonderheiten bedingt anzuerkennen. Allerdings spricht der in der Arzneimittel-Frühinformation ausgewiesene Anteil der Arzneimittelausgaben für Broncholytika und Antiasthmatika von 3,7 % des Arzneimittel-Bruttoumsatzes der Praxis im Vergleich mit dem Fachgruppendurchschnitt von 4,5 % schon gegen ein überdurchschnittliches Gewicht der COPDPatienten am Behandlungsaufkommen der Praxis, ohne dass diese Daten freilich eine hinreichend sichere Grundlage für die Bestätigung oder den Ausschluss einer Praxisbesonderheit bieten. Ein erhöhtes Aufkommen medikamentös zu behandelnder Begleiterkrankungen, das sich insgesamt in höheren Verordnungskosten in Folge der Konzentration solcher Patienten als Praxisbesonderheit niederschlägt, ist insoweit nicht konkret dargelegt. Allein die Summe der Arzneimittelausgaben für bestimmte Patienten bzw. die Häufigkeit der Verordnung kostenintensiver Präparate, auch im Vergleich zur Fachgruppe, belegt noch nicht, dass es sich hierbei um eine Praxisbesonderheit handelt; sie kann vielmehr selbst Ausdruck unwirtschaftlicher Verordnungsweise sein. Mangels ausreichender morbiditätsbezogener Daten zur Beurteilung einer Praxisbesonderheit muss die Frage nach deren Vorliegen und ggf. der Quantifizierung des hierdurch verursachten Mehraufwandes jedoch der erneuten Prüfung im Verwaltungsverfahren vorbehalten bleiben. Die exemplarische Auflistung der verordnungsintensivsten Patienten allein lässt im Übrigen keine besondere fachliche Ausrichtung erkennen, welche die Praxis des Klägers von denen anderer Hausärzte unterscheiden würde. Die pauschale Behauptung, polymorbide Patienten seien über- und sog. Auffüller- oder Verdünnerfälle unterrepräsentiert, ist nicht ausreichend um den das Richtgrößenvolumen überschreitenden Mehraufwand als wirtschaftlich erscheinen zu lassen. Die Wirtschaftlichkeit hoher Verordnungskosten lässt sich nicht mit der Feststellung belegen, bei Patienten fielen hohe Verordnungskosten an. Soweit der Kläger schließlich auf den hohen Anteil über 70 Jahre alter Patienten hinweist, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Alterstruktur der Patienten wird bereits durch die Festsetzung unterschiedlicher Richtgrößen für Rentner und für sonstige Mitglieder und Familienangehörige Rechnung getragen, so dass die Altersstruktur nicht nochmals als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden darf (§ 106 Abs. 5a Satz 2 SGB V; Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 68/05 B). Jenseits der Differenzierung der Richtgrößen nach Versicherten- und Altergruppen bietet sich ohnehin keine immanente Differenzierung an, die sich nach einheitlichen Maßstäben statistisch objektivieren ließe. Die Unterscheidung der Versichertengruppen durch die Gliederung der Richtgrößen ist insoweit als abschließend anzusehen, die sich innerhalb des Gestaltungsspielraumes der Partner der Prüfungsvereinbarung hält. Dem mit zunehmendem Alter steigenden Behandlungsbedarf der Versicherten ist vielmehr durch Morbiditätskriterien Rechnung zu tragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren hat die Kammer auf Grundlage von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Inso- 19 - S 18 KA 1507/07 weit bleibt es bei der Entscheidung des Beklagten in Nr. 3 der Entscheidungsformel des angefochtenen Bescheides in der Fassung der Ergänzung vom 07.09.2009. Der gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG nach der sich aus dem Klageantrag ergebenden Bedeutung der Sache festzusetzende Streitwert entspricht der Höhe der streitgegenständlichen Regressforderung (§ 52 Abs. 3 GKG).
- 20 - S 18 KA 1507/07 Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann hinsichtlich Entscheidung in der Hauptsache unter Ziffer I der Entscheidungsformel mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Sächsischen Landessozialgericht, Parkstraße 28, 09120 Chemnitz, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unter Ziffer II der Entscheidungsformel ist gemäß § 158 Abs. 1 VwGO, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache unter Ziffer I der Entscheidungsformel ein Rechtsmittel eingelegt wird. Die Festsetzung des Streitwerts unter Ziffer III der Entscheidungsformel kann gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Einzulegen ist die Beschwerde beim Sozialgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Spitzer Richter am Sozialgericht Hinweis: Die Berufungs- oder Beschwerdeschrift soll die angefochtene Entscheidung bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Rechtsmittelschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Ausgefertigt - Beglaubigt Sozialgericht Dresden Dresden, den als (stv.) Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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