L 22 R 417/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 10 R 442/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 417/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Februar 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 01. Juli 2008 keinen Verfügungssatz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 enthaltenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI und der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte enthält. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und die Aufhebung der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI).

Der im November 1937 geborene Kläger ist Ingenieur in der Fachrichtung Schienenfahrzeuge (Urkunde der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau Wildau vom 01. Juli 1961).

Der Kläger war u. a. vom 01. Februar 1960 bis zum 29. Juni 1990 als Teilkonstrukteur, Konstrukteur und Gruppenleiter beim VEB Maschinenbau Karl-Marx Babelsberg beschäftigt. Infolge Umwandlung wurde dieser Betrieb am 29. Juni 1990 als Maschinenbau Babelsberg GmbH in das Handelsregister eingetragen.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2000 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI und das während dieser Zeit erzielte Arbeitsentgelt festgestellt.

Daraufhin war von der Beklagten als Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 11. Juli 2000 eine Neufeststellung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01. Dezember 1997 bei 64,8546 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) vorgenommen worden.

Mit Antrag vom 10. Oktober 2007 hatte der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) B 4 RS 4/06 R die Berücksichtigung der Jahresendprämie unter Hinweis darauf, dass keine Lohnunterlagen mehr vorhanden seien, begehrt.

Mit Bescheid vom 01. Juli 2008 war dieser Antrag von der Beklagten abgelehnt worden. Es habe sich zwar ergeben, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000 rechtswidrig sei. Die Aner-kennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sei jedoch bereits zu Unrecht erfolgt, weil das AAÜG nicht anzuwenden sei. Der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt, da der VEB MK-B schon vor dem 01. Juli 1990 privatisiert worden sei. Mit der Eintragung der GmbH sei der vor der Umwandlung bestandene Betrieb erloschen. Die Eintragung im Handelsregister sei am 29. Juni 1990 erfolgt. Aus diesem Grund sei der Bescheid vom 14. Juni 2000 fehlerhaft begünstigend und damit rechtswidrig. Eine teilweise oder vollständige Rücknahme sei jedoch nicht zulässig, weil der Kläger auf den Bestand dieses Bescheides habe vertrauen können und die für die Rücknahme von rechtswidrigen Bescheiden in solchen Fällen vorgesehene Frist bereits abgelaufen sei. Es verbleibe deshalb bei den in diesem Bescheid rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten. Die Bestandskraft dieses Bescheides erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten darauf im Zuge eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) jedoch nicht abgeleitet werden, denn für die Anerkennung höherer Entgelte sei keine Rechtsgrundlage vorhanden.

Mit Bescheid vom 22. August 2008 hatte die Beklagte als Rentenversicherungsträger eine Neufeststellung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01. Oktober 2008 wegen Änderung der Beitragszeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 durchgeführt. Eine Änderung der monatlichen Rente von 1.513,71 Euro (auf der Grundlage von 64,8546 persönlichen Entgeltpunkten [Ost] und einem aktuellen Rentenwert [Ost] zum 01. Juli 2008 von 23,34 Euro) erfolgte jedoch nicht. Ergänzend ist im Bescheid mitgeteilt: "Der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme hat am 11. Juli 2008 festgestellt, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000 fehlerhaft ist, aber nicht mehr zurückgenommen werden kann. Die mit dem genannten Bescheid festgestellten rentenrechtlichen Zeiten sind daher der Berechnung der Rente weiterhin zugrunde zu legen. § 48 Abs. 3 SGB X schreibt in diesen Fällen zwingend vor, dass die Rente auszusparen ist. Die sich aus den rechtswidrig anerkannten Zeiten ergebende höhere Rente wird solange unverändert gezahlt, bis die aus den rechtmäßigen Zeiten/Arbeitsverdiensten berechnete niedrigere Rente infolge von Rentenanpassungen diesen Betrag erreicht. Aus welchen Zeiten und Arbeitsverdiensten die Rente an sich zugestanden hätte, können sie aus den Anlagen dieses Bescheides ersehen. Ob die Rente deshalb künftig nicht oder nicht in voller Höhe angepasst wird, können sie der Mitteilung über die Rentenanpassung entnehmen." Aus dieser Anlage geht hervor, dass die Rente aus 45,9452 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) ermittelt wird. Diese persönlichen Entgeltpunkte (Ost) berechnete die Beklagte aus 47,5131 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) vervielfältigt mit einem Zugangsfaktor von 0,967.

Mit Bescheid vom 06. Mai 2009 hatte die Beklagte als Rentenversicherungsträger die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01. Oktober 2008 wegen eines falschen Zugangsfaktors nochmals neu festgestellt. Die monatliche Rente blieb dabei zum 01. Juli 2009 (ungeachtet eines aktuellen Rentenwertes [Ost] von 24,13 Euro) ab diesem Zeitpunkt unverändert. Dazu ist ausgeführt: "Die Berechnung der Rente führt zu einer niedrigeren Rentenhöhe. Wir zahlen die Rente jedoch in der bisherigen Höhe weiter, bis sich durch Rentenanpassungen ein höherer Zahlbetrag ergibt." Die niedrigere Rentenhöhe ermittelte die Beklagte aus 47,5131 persönlichen Entgeltpunkten (Ost).

Nachdem der Kläger mit seinem Widerspruch gegen den Rentenbescheid geltend gemacht hatte, er habe mit derart gravierenden Fehlern der Beklagten nicht rechnen können, da bereits seinerzeit die Umwandlung des VEB in eine GmbH bekannt gewesen sei, und er habe in den Bekanntgaben über die Berücksichtigung der Jahresendprämien in den Medien keinen Hinweis darauf erhalten, dass eine ggf. notwendigerweise zu erfolgende Neuberechnung möglicherweise zum Nachteil des Rentenempfängers gehen könne, bat die Beklagte als Renten¬versicherungs¬träger die Beklagte (als Zusatzversorgungsträger) um Prüfung der vorgebrachten Einwände.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2009 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 01. Juli 2008 ab, da mit diesem Bescheid zutreffend festgestellt worden sei, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000, mit dem Pflichtbeitragszeiten für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 festgestellt worden seien, rechtswidrig sei. Außerdem verfügte sie, dass das AAÜG nach dessen § 1 Abs. 1 für den Kläger keine Anwendung findet.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die sogenannte Stichtagsregelung per 30. Juni 1990 sei nach dem Urteil des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 32/01 R – nicht nachvollziehbar, wies die Beklagte nach Beiziehung von Kopien der Umwandlungserklärung vom 27. Juni 1990 und eines Auszugs aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam zur MB GmbH mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 zurück: Die Ausführungen im vom Kläger genannten Urteil des BSG seien auf ihn nicht übertragbar, da der (dortige) Kläger bereits zu Zeiten der DDR im Besitz einer positiven Versorgungszusage gewesen sei, so dass eine Prüfung der Voraussetzungen der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nicht erforderlich gewesen sei.

Dagegen sowie gegen die Rentenbescheide hat der Kläger am 29. Juli 2009 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.

Mit Beschluss vom 21. September 2009 hat das Sozialgericht das Verfahren hinsichtlich der Rentenbescheide abgetrennt.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Zuerkennung von Zusatzversorgungszeiten sei nicht fehlerhaft. Die Stichtagsregelung per 30. Juni 1990 habe am Anfang überhaupt nicht existiert. Die nachträglich neu geschaffenen Gesetze zur rückwirkenden Anwendung widersprächen Rechtsgrundsätzen. Die anderen Urteile des BSG seien für ihn nicht relevant. Der Bescheid vom 01. Juli 2008 dürfe nicht als bestandskräftig angesehen werden, auch wenn er dagegen keinen Widerspruch erhoben gehabt habe, denn er sei unverständlich gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 01. Juli 2008 dem Kläger für den Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 weitere Arbeitsentgelte festzustellen, sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14. Juni 2000 aufzuheben.

Mit Urteil vom 23. Februar 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Beklagte gehe zu Recht davon aus, dass der Bescheid vom 01. Juli 2008 nicht aufzuheben gewesen und der Feststellungsbescheid vom 14. Mai 2000 rechtswidrig sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung nach dem AAÜG. Des Weiteren folge aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 14. Juni 2000 kein Anspruch des Klägers dahingehend, dass auch bisher nicht festgestellte Entgelte berücksichtigt werden müssten. Der Kläger unterfalle nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich in die AVtI einbezogen worden sei noch aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Umstände einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe, denn am 30. Juni 1990 sei er nicht in einem VEB, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen. Aus dem rechtswidrigen Feststellungsbescheid vom 14. Juni 2000 folge nicht, dass die Beklagte verpflichtet wäre, auch weitere Entgelte rechtswidrig zugunsten des Klägers festzustellen. Eine Bindungswirkung entfalte dieser bestandskräftige Bescheid nur im Hinblick auf die Zeiten und Entgelte, die in dem Bescheid festgestellt worden seien. Es finde sich dort insbesondere kein ausdrücklicher Tenor, wonach das AAÜG anwendbar sei.

Gegen das ihm am 20. April 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Mai 2012 eingelegte Berufung des Klägers.

Über sein bisheriges Vorbringen hinaus meint er, es liege ein eklatanter Vertrauensbruch vor. Der Bescheid vom 14. Juni 2000 sei rechtmäßig, so dass er nicht antastbar sei. Die Beklagte habe ausdrücklich im Bescheid vom 01. Juli 2008 ausgeführt, es bleibe bei den im Bescheid vom 14. Juni 2000 festgestellten Pflichtbeitragszeiten. Bereits vor dem Sozialgericht habe er seinen die Problematik auslösenden Antrag auf Berücksichtigung von Jahresendprämien zurückgenommen gehabt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Februar 2012 aufzuheben und

1. die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 zu verurteilen festzustellen, dass das AAÜG anwendbar ist, 2. die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 zu verpflichten, den Bescheid vom 01. Juli 2008 insoweit aufzuheben, als damit die im Bescheid vom 14. Juni 2000 festgestellte Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte als rechtswidrig festgestellt werden, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 01. Juli 2008 keinen Verfügungssatz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 getroffenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI und der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte enthält.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass aus der Bestandskraft des Bescheides vom 14. Juni 2000 nicht folge, dass der Kläger über die seinerzeitige fehlerhafte Feststellung hinaus einen weitergehenden Anspruch auf Verbesserung seiner Rechtsposition habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage allerdings zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Anwendbarkeit des AAÜG feststellt. Der Kläger hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworden, denn er erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI, da er zu diesem Zeitpunkt nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung beschäftigt war. Mit Bescheid vom 01. Juli 2008 wurde keine Verfügung zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 enthaltenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 getroffen, so dass allein deswegen keine Verpflichtung der Beklagten unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 01. Juli 2008 zur Aufhebung einer solchen Verfügung besteht.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung darauf, dass der Bescheid vom 01. Juli 2008 keine Verfügung zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 enthaltenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 enthält, ist hingegen begründet.

Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG besteht nicht.

Ein Verwaltungsakt, der dies bereits zugunsten des Klägers festgestellt und ihn dadurch der Geltung des AAÜG unterstellt hätte, liegt nicht vor. Zwar stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Juni 2000 die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Damit wurde aber nicht zugleich entschieden, dass das AAÜG anwendbar ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2) muss eine solche positive Status-Entscheidung in einem nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG zu erteilenden Bescheid des Zusatzversorgungsträgers grundsätzlich als feststellender Entscheidungssatz kenntlich gemacht oder unzweifelhaft zu erkennen sein; aus der bloßen Anwendung von Vorschriften eines Gesetzes oder deren Erwähnung in der Begründung eines anderen Verwaltungsaktes kann, so das BSG, nicht entnommen werden, dass der Bescheid eine eigenständige Feststellung i. S. v. § 31 Satz 1 SGB X verlautbart. Der Bescheid vom 14. Juni 2000 enthält keine eigenständige Feststellung über die Anwendbarkeit des AAÜG auf den Kläger; vielmehr werden lediglich einige Vorschriften dieses Gesetzes auf ihn angewandt. Damit ist nicht bereits durch einen Verwaltungsakt entschieden, dass das AAÜG im vorliegenden Fall gilt.

Soweit die Beklagte mit dem Bescheid vom 14. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2009 erstmalig eine für den Kläger negative Status-Entscheidung (über die Nichtanwendbarkeit des AAÜG) traf, holte sie diese eigenständige Feststellung als Verwaltungsakt nach § 31 Satz 1 SGB X nach. Diese Entscheidung ist rechtmäßig.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1, Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme (§ 1 Abs. 2 und 3 AAÜG).

Zu den Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 AAÜG zählt die AVtI (Anlage 1 Ziffer 1 AAÜG).

Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der AVtI sind vorliegend nicht vorhanden.

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Der bundesrechtliche Begriff der Zugehörigkeit in § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG umfasst zunächst die konkret in ein Versorgungssystem der DDR Einbezogenen. Die Aufnahme in das Versorgungssystem hing von vielfältigen Voraussetzungen ab und erfolgte grundsätzlich durch einen individuellen Einzelakt in Form konkreter Einzelzusagen (Versorgungszusagen), sonstiger Einzelentscheidungen oder Einzelverträgen. Nach der Wende in der DDR änderte sich die Rechtslage. Der Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 (BGBl II 1990, 537) - Staatsvertrag - sah eine schrittweise Angleichung des Sozialversicherungsrechts der DDR an das bundesdeutsche Recht vor. Die bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sollten grundsätzlich zum 01. Juli 1990 geschlossen und die Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung überführt werden. Diese Festlegungen des Staatsvertrages setzte die DDR im Wesentlichen mit dem Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990(GBl DDR I 495) - RAnglG - um. § 22 Abs 1 RAnglG schloss die bestehenden Zusatzversorgungssysteme mit Wirkung zum 30. Juni 1990 und verbot Neueinbeziehungen. Auf Grund des Neueinbeziehungsverbots in § 22 Abs 1 Satz 2 RAnglG erfasst der Einigungsvertrag (EV) im Kern nur Personen, die die zuständigen Stellen der DDR vor dem 01. Juli 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen hatten. Bereits der EV, der noch den hergebrachten Begriff der Einbeziehung zu Grunde legt, enthielt allerdings der Sache nach eine Modifikation des Neueinbeziehungsverbotes in § 22 Abs 1 Satz 2 RAnglG (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R, abgedruckt in BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 17, B 5 RS 2/09 R, B 5 RS 6/09 R, B 5 RS 9/09 R, B 5 RS 16/09 R und B 5 RS 17/09 R, jeweils zitiert nach juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 7),nämlich, so das BSG, mit Art. 17 Satz 1 und 2 EV i. V. m. § 13 Abs. 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BGBl I 1997, 1625) und Art. 19 Satz 2 EV. In beiden Fällen waren die Betroffenen daher zwar historisch betrachtet am 30. Juni 1990 nicht durch einen konkreten Akt der DDR "einbezogen". Insofern wird auf der Grundlage nachträglicher bundesrechtlicher Entscheidungen und hierzu ergangener bundesrechtlicher Anordnungen im Sinne der Herstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse zum Stichtag jeweils tatbestandlich partiell an fiktive Verhältnisse angeknüpft. Unter anderem dieser bereits im EV angelegten bundesrechtlichen Modifikation des Verbots der Neueinbeziehung bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung dieses Verbots trägt § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG auch sprachlich Rechnung, indem er den umfassenden Begriff der "Zugehörigkeit" an Stelle des engeren Begriffs der "Einbeziehung" verwendet (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a.). Ansprüche und Anwartschaften können daher nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als willkürfrei gebilligten (Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a., abgedruckt in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG, der sich der 5. Senat des BSG im Ergebnis ebenfalls angeschlossen hat, auch dann als durch "Zugehörigkeit" erworben angesehen werden, wenn nach der am 01. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage ein "Anspruch auf Versorgungszusage" bestanden hätte (Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 4, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 7, sowie Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Dieser fiktive "Anspruch" besteht nach Bundesrecht unabhängig von einer gesicherten Rechtsposition in der DDR, wenn nach den leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems - mit Ausnahme des Versorgungsfalls - alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zusatzversorgungsrente gegeben waren. Entscheidend ist, ob zum Stichtag der Tatbestand der Versorgungsordnungen, die insofern bis zum 31. Dezember 1991 nachrangig und lückenfüllend ("soweit") als Bundesrecht anzuwenden sind, erfüllt war. Die Versorgungsordnungen sind dabei im Sinne verbindlicher Handlungsanweisungen für die Verwaltung als Tatbestände einer ohne Entscheidungsspielraum zwingend zu gewährenden Vergünstigung zu verstehen und sind auch nur insoweit Bundesrecht geworden. Maßgeblich sind, soweit originäre bundesrechtliche Regelungen nicht eingreifen, die in der DDR grundsätzlich am 30. Juni 1990 geltenden "letzten Fassungen" des Teils der Versorgungsregelungen, der am 03. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden ist (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R) Eines Rückgriffs auf eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG (so BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R) bedarf es daher nicht (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a.; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R, abgedruckt in SozR 4-8570 § 1 Nr. 18 = BSGE 108, 300).

Dabei bleibt es wegen der den gesamten Anwendungsbereich der Norm umfassenden Stichtagsregelung auch im Rahmen des weiten ("erweiternden"/"ausdehnenden") Verständnisses dabei, dass die genannten Voraussetzungen eines "Anspruchs" auf Einbeziehung gerade am 30. Juni 1990 erfüllt sein müssen. Namentlich sind daher Personen, die ohne rechtlich wirksame Einbeziehung irgendwann einmal vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme die damals geltenden Regeln für die Einbeziehung in Zusatzversorgungssysteme erfüllt hatten, bundesrechtlich ohne Gleichheitsverstoß nicht als Zugehörige anzusehen. Gesetzgebung und Rechtsprechung durften ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anknüpfen und waren nicht etwa gehalten, sich hieraus ergebende Ungleichheiten zu Lasten der heutigen Steuer- und Beitragszahler zu kompensieren (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a. unter Hinweis auf BSG Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R, zitiert nach juris; vgl. zum Stichtag des 30. Juni 1990 auch BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 20/03 R, abgedruckt in SozR 4-8570 § 1 Nr. 2).

Die genannte Rechtsprechung des BSG zur sogenannten Stichtagsregelung des 30. Juni 1990 galt bereits immer. Sie wurde auch nicht durch nachträglich neu geschaffene Gesetze zur rückwirkenden Anwendung, wie der Kläger meint, herbeigeführt. Das vom Kläger angeführte Urteil des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 32/01 R – fügt sich zwanglos in diese Rechtsprechung ein. In diesem Urteil heißt es u.a.: "Zwar finden die Vorschriften des AAÜG auf den Kläger Anwendung. Der Kläger ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG anspruchsberechtigt, weil er vor dem 30. Juni 1990, nämlich vom 01. November 1965 bis 31. März 1969 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren System eine Versorgungsanwartschaft aufgrund einer Versorgungszusage im Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) erlangt hatte; diese entfiel nach den Regeln des Versorgungssystems, nachdem der Kläger aus seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität ausgeschieden war. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG fingiert jedoch insoweit das Fortbestehen der Versorgungsanwartschaft; in diesem Fall gilt der Verlust als nicht eingetreten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft somit – anders als § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG – ausdrücklich an eine in der ehemaligen DDR einmal erlangte formale Rechtsposition an, bestimmt jedoch bundesrechtlich, dass ein nach den Regelungen der Versorgungssysteme eingetretener Verlust der Anwartschaft unbeachtlich und daher davon auszugehen ist, dass am 30. Juni 1990 eine Versorgungsanwartschaft bestanden hat.". In diesem vom BSG entschiedenen Fall musste daher gerade nicht für die Anwendbarkeit des AAÜG geprüft und festgestellt werden, ob jener Kläger am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in ein Versorgungssystem erfüllte. Im Unterschied dazu war dem hiesigen Kläger keine Versorgungszusage durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde gemacht worden, so dass das AAÜG für ihn nur dann anwendbar ist, wenn bei ihm am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen zur Einbeziehung in ein Versorgungssystem, hier also der AVtI, vorlagen.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, traf dies auf den Kläger nicht zu.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.

Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVtI sind dies die im streitigen Zeitraum gültige Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950, 8440) AVtI VO und die Zweite Durchführungs-bestimmung zur AVtI VO vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR 1951, 487) 2. DB zur AVtI VO.

Allerdings sind nicht alle Regelungen der AVtI zu Bundesrecht geworden. Dies gilt u. a. zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 1 Abs. 3 2. DB zur AVtI VO). Insgesamt sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Zu Bundesrecht sind nur diejenigen Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 B 4 RA 18/01 R).

Nach § 1 AVtI VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Nach § 5 AVtI VO waren die erforderlichen Durchführungsbestimmungen vom Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen zu erlassen. Davon wurde u. a. mit der 2. DB zur AVtI VO Gebrauch gemacht, die zum 01. Mai 1951 in Kraft trat (§ 10 Abs. 1 2. DB zur AVtI VO) und mit der zugleich die 1. DB zur AVtI VO außer Kraft gesetzt wurde (§ 10 Abs. 2 2. DB zur AVtI VO).

Generell war dieses System eingerichtet für 1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R).

Zwar enthält weder die AVtI-VO noch die 2. DB zur AVtI-VO eine Definition des volkseigenen Betriebes. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO bestimmt insoweit lediglich: Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

§ 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO lässt aber erkennen, dass es als originären volkseigenen Betrieb im Sinne von § 1 AVtI-VO lediglich den volkseigenen Produktionsbetrieb ansieht. Das BSG versteht darunter nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). In jenem Urteil hat das BSG ausgeführt, dass der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet sei.

Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck "Betrieb" im Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO). Eine wesentliche Eingrenzung erfolgt jedoch bereits durch das Merkmal "volkseigen". Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVtI auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums. Damit sind nur Betriebe erfasst, die formalrechtlich den Status des volkseigenen Betriebes hatten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

Schließlich erfolgt eine weitere Begrenzung auf (volkseigene) "Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens" (BSG, Urteil vom 09. April 2002 B 4 RA 41/01 R). Darunter ist die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen zu verstehen (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und vom 08. Juni 2004 B 4 RA 57/03 R). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteile vom 10. April 2002 B 4 RA 10/02 R , vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R , vom 06. Mai 2004 B 4 RA 44/03 R , vom 27. Juli 2004 B 4 RA 11/04 R). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangläufig mitausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden. Entscheidend ist, welches Produkt im Ergebnis erstellt werden sollte, nicht aber die Hilfsgeschäfte, die im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Produktes getätigt wurden (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- beziehungsweise nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R , vom 06. Mai 2004 B 4 RA 44/03 R und vom 27. Juli 2004 B 4 RA 11/04 R).

Wird an dem gesellschaftsrechtlichen Status bzw. der Gesellschaftsform angeknüpft, ist ausgeschlossen, die Maschinenbau Babelsberg GmbH als volkseigenen Betrieb anzusehen.

Mit Beschluss zur Gründung der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (Treuhandanstalt) vom 01. März 1990 (GBl DDR I 1990, 107) - THA - B - (aufgehoben zum 01. Juli 1990 durch § 24 Abs. 2 und 3 Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens ([Treuhandgesetz] vom 17. Juni 1990, GBl DDR I 1990, 300) wurde zur Wahrung des Volkseigentums mit Wirkung vom 01. März 1990 die Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums als Anstalt öffentlichen Rechts gegründet (Ziffer 1 Sätze 1 und 3 THA-B). Mit der Gründung übernahm die Treuhandanstalt die Treuhandschaft über das volkseigene Vermögen, das sich in Fondsinhaberschaft von Betrieben, Einrichtungen, Kombinaten sowie wirtschaftsleitenden Organen und sonstigen im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragenen Wirtschaftseinheiten befand (Ziffer 2 Satz 1 THA-B). Der Verantwortungsbereich der Anstalt umfasste nicht das volkseigene Vermögen, das sich in Rechtsträgerschaft der den Städten und Gemeinden unterstellten Betriebe und Einrichtungen befand sowie das volkseigene Vermögen der als Staatsunternehmen zu organisierenden Bereiche und durch LPG genutztes Volkseigentum (Ziffer 6 THA-B). Die Treuhandanstalt war berechtigt, juristische oder natürliche Personen zu beauftragen, als Gründer und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften zu fungieren oder die sich aus den Beteiligungen ergebenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen (Ziffer 3 THA-B).

Die Umwandlung der volkseigenen Betriebe erfolgte aufgrund der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl DDR I 1990, 107) - Umwandlungs-VO -, die für volkseigene Kombinate, Betriebe, juristisch selbständige Einrichtungen und wirtschaftsleitende Organe sowie sonstige, im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragene Wirtschaftseinheiten, nicht jedoch für das Staatsunternehmen Deutsche Post mit seiner Generaldirektion, die Eisenbahn, die Verwaltung der Wasserstraßen und die Verwaltung des öffentlichen Straßennetzes galt (§ 1 Abs. 1 und 2 Umwandlungs-VO). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Umwandlungs-VO waren Betriebe in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder in eine Aktiengesellschaft (AG) umzuwandeln. Die Geschäftsanteile bzw. Aktien der durch Umwandlung gebildeten Kapitalgesellschaft übernahm die Treuhandanstalt (§ 3 Abs. 1 Umwandlungs-VO). Nach § 3 Abs. 2 Umwandlungs-VO beauftragte die Treuhandanstalt entsprechend ihrem Statut juristische oder natürliche Personen als Gesellschafter zu fungieren bzw. die sich aus Beteiligungen ergebenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Umwandlungs-VO bedurfte es zur Umwandlung einer Umwandlungserklärung des umzuwandelnden Betriebes und der Treuhandanstalt als Übernehmender der Anteile, die notariell zu beurkunden waren (§ 4 Abs. 1 Satz 3 Umwandlungs-VO). Nach § 4 Abs. 3 Umwandlungs-VO galt für die Gründung und Tätigkeit einer GmbH das GmbH-Gesetz, für die einer AG das Aktiengesetz. Nach § 6 Umwandlungs-VO war die durch die Umwandlung entstandene Gesellschaft beim Staatlichen Vertragsgericht zur Eintragung in das Register anzumelden, welches nach Vorlage der beizufügenden Dokumente die Eintragung in das Register vornahm. Nach § 7 Umwandlungs-VO wurde die Umwandlung mit der Eintragung der GmbH bzw. der AG in das Register wirksam. Mit der Eintragung wurde die GmbH bzw. AG Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes. Der vor der Umwandlung bestehende Betrieb war damit erloschen. Das Erlöschen des Betriebes war von Amts wegen in das Register der volkseigenen Wirtschaft einzutragen.

§ 7 Umwandlungs-VO macht damit deutlich, dass mit der Eintragung in das Register der zuvor bestandene volkseigene Betrieb untergegangen und der neue Betrieb, die GmbH bzw. AG, kein volkseigener Betrieb mehr ist.

Nicht wesentlich ist ausgehend von diesem neuen gesellschaftlichen Status bzw. dieser Gesellschaftsform, dass die Treuhandanstalt als Anstalt des öffentlichen Rechts die Treuhandschaft über das nach wie vor vorhandene volkseigene Vermögen inne hatte und zum Verkauf von Gesellschaftsanteilen bzw. Aktien (so genannte Privatisierung) nach § 10 Satz 1 Umwandlungs-VO nur befugt war, sofern das durch Gesetz geregelt war.

Die Eintragung der Maschinenbau Babelsberg GmbH erfolgte nach dem Auszug aus dem Handelregister des Amtsgerichts Potsdam am 29. Juni 1990. Zu diesem Zeitpunkt erlosch mithin der VEB Maschinenbau Karl-Marx Babelsberg. Der Kläger war somit am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem volkseigenen Betrieb beschäftigt.

Die Maschinenbau Babelsberg GmbH, bei der er an diesem Tag in einem Beschäftigungsverhältnis stand, gehörte auch nicht zu den gleichgestellten Einrichtungen i. S. d. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO, denn sie wird dort nicht erwähnt.

Ein Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem war noch vor dessen Schließung durch die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit dem VEB erloschen (§ 2, 2. DB z. AVtI-VO). Mit der durch den DDR-Gesetzgeber erfolgten Schließung der Versorgungssysteme bestand daher beim Kläger kein bundesrechtlich schutzwürdiges Vertrauen in eine Versorgungsanwartschaft.

Nach alledem lagen die Voraussetzungen der Einbeziehung zur AVtI am 30. Juni 1990 nicht vor, so dass der Kläger die Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG nicht beanspruchen kann.

Mit dem Bescheid vom 01. Juli 2008 ist keine Verfügung zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 enthaltenen Feststellungen der Zugehörigkeit zur AVtI für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 und der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte getroffen worden, so dass der Kläger unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 01. Juli 2008 die Aufhebung einer solchen Verfügung nicht beanspruchen kann.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Vorschrift ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG als Teil des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des SGB X anwendbar.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Die Feststellung der Rechtswidrigkeit darf die Beklagte allerdings durch Verwaltungsakt aussprechen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Nach § 8 Abs. 3 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den durch § 8 Abs. 2 AAÜG bestimmten Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben. Die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des SGB X sind anzuwenden. Damit gilt auch § 48 Abs. 3 SGB X.

Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X darf, wenn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 und 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Dies gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann (§ 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X).

Der Sinn der Regelung ergibt sich aus dem Zusammenhang mit § 48 Abs. 1 (oder Abs. 2) SGB X: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Er soll bei Erfüllung der in § 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X genannten Voraussetzungen aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Zweck ist es, den von nach § 48 Abs. 1 (oder Abs. 2) SGB X zu seinen Gunsten eintretenden Änderungen, z. B. einer Rentenanpassung, Begünstigten auszunehmen, soweit die ihm gewährte Begünstigung rechtswidrig war und er nach § 45 SGB X Bestandsschutz genießt. Mit dieser Regelung wird ein Ausgleich zwischen dem Bestandsschutzinteresse des Begünstigten und dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchsetzung der materiell-rechtlich zutreffenden Rechtslage geschaffen. Es bleibt zwar der Bestandsschutz nach § 45 SGB X erhalten; jedoch wird der Begünstigte von zu seinen Gunsten eintretenden Änderungen solange ausgespart, bis die Begünstigung von der materiellen Rechtslage (wieder) gedeckt ist. Dadurch wird der zu Unrecht gewährte Vorteil im Lauf der Zeit "abgeschmolzen" (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, Kommentar, 7. Auflage 2010, § 48 Rdnr. 29). Mit dem durch Art. 7 Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24. Juni 1993 (BGBl I 1993, 1038) eingefügten § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X wird die Rechtsfolge des § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X in Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 16. März 1989 – 4/11a RA 70/87 (abgedruckt in BSGE 65,8 = SozR 1300 § 48 Nr. 55), wonach der Rentenversicherungsträger an einen nicht nach § 45 SGB X rücknehmbaren Vormerkungsbescheid mit dort rechtswidrig begünstigend zugunsten des Betroffenen festgestellten rentenrechtlichen Zeiten auch im Rahmen von § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X gebunden war, auf darauf beruhende und somit rechtmäßige Verwaltungsakte ausgedehnt. Es reicht für die Anwendbarkeit des § 48 SGB Abs. 3 SGB X aus, wenn der abzuschmelzende z. B. Rentenzahlbetrag selbst rechtmäßig ist, er jedoch auf einem zuvor rechtswidrig begünstigend ergangenen Bescheid (z. B. die Vormerkung einer Versicherungszeit nach der VuVO: so Rüfner in Wannagat, SGB X, § 48 Rdnr. 81) beruht. Damit greift der Bescheid in die Bestandskraft insoweit ein, als der frühere Bescheid entgegen seinem Inhalt keine Basis mehr hergibt, um künftige Leistungsverbesserungen darauf aufzubauen. Dies ist im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes nur hinnehmbar, wenn die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Anerkennungsbescheides durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt festgestellt wird (BSG, Urteil vom 31. Januar 1989 – 2 RU 16/88, abgedruckt in SozR 1300 § 48 Nr. 54; BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 – 9/9a RV 46/86, abgedruckt in BSGE 63, 266 = SozR 3642 § 9 Nr. 3). Die Wirkungen des § 48 Abs. 3 SGB X treten ein, sobald die Verwaltung durch gesonderten Verwaltungsakt die Aussparung künftiger Änderungen wegen Rechtswidrigkeit des zugrunde liegenden Bescheides verfügt hat (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, a. a. O., § 48 Rdnr. 29; zum Verfahren des § 48 Abs. 3 SGB X im Einzelnen vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 1989 – 2 RU 16/88; BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 – 9/9a RV 46/86). Die Vorschrift setzt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ursprungsbescheides oder, wenn der Ursprungsbescheid, nämlich ein Rentenbescheid, selbst rechtmäßig ist, er jedoch auf einem rechtswidrig begünstigenden Bescheid, nämlich einem so genannten Grundlagenbescheid beruht, die Rechtswidrigkeit eines begünstigenden Verwaltungsaktes sowie darüber hinaus voraus, dass dieser Verwaltungsakt nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden "kann".

Ein solcher Grundlagenbescheid ist auch der Bescheid des Zusatzversorgungsträgers über die Feststellung von Zeiten, da die Berechnung der Rente auf diesem Bescheid beruht.

Der Zusatzversorgungsträger hat auch im Rahmen seiner Zuständigkeit, Vorabentscheidungen über Anspruchselemente für die dem Rentenversicherungsträger vorbehaltene Entscheidung über u. a. die Höhe einer Rente zu treffen, die alleinige Zuständigkeit, in einem selbständigen Bescheid die Rechtswidrigkeit des zuvor von ihm erlassenen Bescheides festzustellen. Denn die allein vom Rentenversicherungsträger zu verfügende Aussparung einer Erhöhung der Rente setzt verfahrensmäßig die Feststellung der Rechtswidrigkeit des bei der Feststellung der Rente zu berücksichtigenden Grundlagenbescheides des Zusatzversorgungsträgers voraus. Der Rentenversicherungsträger darf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ihm vom Zusatzversorgungsträger nach § 8 Abs. 2 AAÜG mitgeteilten Daten nicht selbst treffen, denn nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG i. V. m. mit dem Dritten Abschnitt des Ersten Kapitels des SGB X ist es dem Zusatzversorgungsträger vorbehalten, über Rücknahme, Widerruf oder Aufhebung des Feststellungsbescheides zu befinden (vgl. zur Zuständigkeit und dem Aufgabenbereich des Zusatzversorgungsträgers: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95, abgedruckt in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2).

Eine Behörde ist zu der in § 48 Abs. 3 SGB X vorgesehenen sogenannten Abschmelzung berechtigt und verpflichtet, wenn sie davon Kenntnis erlangt, dass sie einen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt erlassen hat, den sie nicht mehr nach § 45 SGB X zurücknehmen kann. Dabei ist es gleichgültig, auf welche Art und Weise ihr diese Rechtswidrigkeit bekannt geworden ist. Dies kann aufgrund einer eigenen Überprüfung von Amts wegen, des Hinweises eines Dritten oder der Mitteilung des Betroffenen oder im Zusammenhang mit einem anderen Antrag oder Verfahren des Betroffenen geschehen. Hat die Behörde einmal Kenntnis von der Rechtswidrigkeit eines Bescheides erlangt, kann diese Kenntnis nicht dadurch ungeschehen gemacht werden, dass insbesondere der Betroffene seinen diese Kenntnis auslösenden Antrag wieder zurücknimmt. Eine Behörde ist an Recht und Gesetz gebunden und hat demzufolge bei Kenntnis von Rechtswidrigkeit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG –) zu handeln.

Sieht das Gesetz mit § 48 Abs. 3 SGB X ein sogenanntes Abschmelzen vor, ist ausgeschlossen, wenn die Beklagte dieses Gesetz anwendet, darin den vom Kläger gesehenen eklatanten Vertrauensbruch zu erblicken. Dies gilt auch deswegen, weil durch dieses Gesetz der Kläger lediglich von zukünftigen Vergünstigungen, nämlich Rentenanpassungen, ausgenommen wird. Das Gesetz stellt ihn damit gerade nicht so, wie er stehen würde, wenn die Beklagte rechtmäßig gehandelt und keinen rechtswidrigen Verwaltungsakt gesetzt hätte. In diesem Fall wäre dem Kläger ab 01. Dezember 1997 eine deutlich niedrigere monatliche Rente bewilligt worden. Der Bescheid vom 06. Mai 2009 verdeutlicht dies sehr anschaulich. Während ab 01. Oktober 2008 die rechtswidrige monatliche Rente 1.513,71 Euro beträgt, würde die rechtmäßig bewilligte Rente nur 1.108,96 Euro betragen. Dem Kläger bleibt damit die rechtswidrige Vergünstigung erhalten.

Allerdings muss der Verwaltungsakt, der die Feststellung der Rechtswidrigkeit ausspricht, nach § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt sein, denn mit dieser Feststellung wird in die Bestandskraft des früheren Verwaltungsaktes eingegriffen. Dieses Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht jedoch auf dessen Gründe (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4 2600 § 96 a Nr. 9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Februar 1989 11/7 RAr 103/87, abgedruckt in SozR 1500 § 55 Nr. 35). Wie das BSG im Urteil vom 09. April 2002 B 4 RA 31/01 R (abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2) zu der als feststellendem Verwaltungsakt zu ergehenden Status Entscheidung über die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 AAÜG entschieden hat, muss ein solcher feststellender Verwaltungsakt grundsätzlich als feststellender Entscheidungssatz kenntlich gemacht oder unzweifelhaft zu erkennen sein. Es genügt dafür die bloße Anwendung von Vorschriften eines Gesetzes oder dessen Erwähnung in der Begründung eines anderen Verwaltungsaktes nicht. Dies muss erst recht gelten, wenn wie vorliegend durch einen feststellenden Verwaltungsakt nicht lediglich ein Anspruch anerkannt oder abgelehnt, sondern in ein bestehendes Recht, nämlich in die Bestandskraft des Feststellungsbescheides, eingegriffen werden soll. Dies folgt daraus, dass - gerade bei Eingriffsverwaltungsakten - aus dem Verfügungssatz für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde will. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 B 8 KN 3/06 R). Eine Aufhebung früherer Bescheide muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen. Es genügt, wenn aus Formulierungen, Hinweisen und Auskünften des Verwaltungsaktes für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger klar zum Ausdruck kommt, dass der frühere Bescheid diesbezüglich keine Bindungswirkung mehr entfaltet (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 B 5 RJ 42/99 R, zitiert nach juris). Nicht ausreichend ist allerdings, dass im Bescheid lediglich noch hinreichend deutlich das Ergebnis behördlicher Überlegungen verlautbart wird, nicht an einen früheren Bescheid gebunden zu sein; erforderlich ist vielmehr, dass zugleich zum Ausdruck gebracht wird, dass sie zu diesem Ergebnis (Wegfall der Bindungswirkung des früheren Bescheides) gerade auf dem Weg einer Aufhebung dieses Bescheides gelangt ist (BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96, zitiert nach juris).

Ausgehend von einem verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ist dem Bescheid vom 01. Juli 2008 schon kein Verfügungssatz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit zu entnehmen, denn die Verfügung beschränkt sich darauf, der "Antrag vom 04. September 2007 auf Feststellung höherer Entgelte (Jahresendprämie) in der Zusatzversorgung wird abgelehnt." Es ist auch aus dem weiteren Inhalt dieses Bescheides nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu erkennen, dass mit der Setzung von Rechtsfolgen die Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 getroffenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 verlautbart werden sollte. Die Beklagte hat lediglich mitgeteilt, dass sich bei der Prüfung dieses Bescheides nach § 44 SGB X herausgestellt habe, dass sich die Zuerkennung von Zeiten der Zusatzversorgung als von Anfang an fehlerhaft erwiesen habe. Dies wird im Weiteren damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1 AAÜG nicht gegeben seien und damit das AAÜG nicht eröffnet sei. Die Beklagte hat daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000 fehlerhaft begünstigend und damit rechtswidrig ist. Die Beklagte hat durch die Bezugnahme auf die Bestandskraft auch nicht andeutungsweise kenntlich gemacht, dass insoweit die Bestandskraft zumindest mit Wirkung für die Zukunft durchbrochen werden soll. Sie hat zwar geprüft, ob eine teilweise oder vollständige Rücknahme des Bescheides vom 14. Juni 2000 zulässig ist. Als Ergebnis dieser Prüfung hat sie allerdings angegeben, dass es bei den im Feststellungsbescheid vom 14. Juni 2000 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG verbleibt. Abschließend wird in diesem Bescheid an der o. g. Eingangsverfügung angeknüpft und ausgeführt, dass weitere Rechte im Zuge eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nicht abgeleitet werden können. Als Begründung hat sich die Beklagte auf ein Urteil des BSG bezogen, wonach aufgrund des Normzwecks der Vorschrift des § 48 Abs. 3 SGB X kein Unrecht erweitert werden dürfe. Die Beklagte hat damit zwar die o. g. maßgebende Vorschrift zur Feststellung der Rechtswidrigkeit erwähnt. Der Zusammenhang, in dem dies geschieht, lässt für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger allein die Schlussfolgerung zu, dass die Anerkennung höherer Entgelte als insoweit unrechtserweiternde Verfügung ausgeschlossen ist. Hingegen wird daraus gerade nicht deutlich, dass die schon festgestellten Entgelte einer in die Bestandskraft des Bescheides vom 14. Juni 2000 eingreifenden Regelung unterworfen werden. Darin fügt sich ein, dass die Beklagte dem Bescheid vom 01. Juli 2008 als Anlage zwar den Wortlaut des § 45 SGB X, nicht jedoch den Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB X beifügte. Der (schlichten) Mitteilung im Rahmen der Prüfung des § 45 SGB X, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000 bezüglich der festgestellten Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI und der während dieses Zeitraums erzielten Arbeitsentgelte rechtswidrig ist, kommt mithin nicht die hinreichende Bestimmtheit einer Verfügung mit der Herbeiführung einer Rechtsfolge zu.

Fehlt es somit an einem Verwaltungsakt, mit dem eine solche Rechtswidrigkeit festgestellt ist, kann eine Aufhebung auch nicht verlangt werden.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung darauf, dass der Bescheid vom 01. Juli 2008 keinen Verfügungssatz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 getroffenen Feststellungen für die Zeit vom 01. Juli 1961 bis 30. Juni 1990 enthält, ist hingegen zulässig und begründet.

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Eine solche allgemeine Feststellungsklage ist vorliegend zulässig, da die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem aktuellen Rechtsverhältnis begehrt wird.

Dazu ist zunächst das Bestehen eines Rechtsverhältnisses erforderlich. Darunter versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 55 Rdnr. 4). Da ein solches Rechtsverhältnis durch subjektive Rechte und Pflichten gekennzeichnet ist, muss hinzukommen, dass konkrete Rechte und Pflichten im Streit stehen, denn zur Klärung abstrakter Rechtsfragen dient die allgemeine Feststellungsklage nicht (Meyer-Ladewig a.a.O., § 55 Rdnr. 5).

Ein solches konkretes Rechtsverhältnis besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten resultieren daraus, dass die Beklagte eine Zugehörigkeit des Klägers zur AVtI feststellte. Daraus resultierende Rechte und Pflichten sind zwischen den Beteiligten insoweit streitig, als es um die Befugnis der Beklagten geht, mit bzw. im Bescheid vom 01. Juli 2008 die Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 getroffenen Regelungen festzustellen.

Eine andere vorrangige Klageart kommt nicht in Betracht, denn wie ausgeführt, enthält der Bescheid vom 01. Juli 2008 keine Verfügung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit, so dass die darauf gerichtete Anfechtungsklage keinen Erfolg haben kann.

Der Kläger hat auch ein eigenes berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere bei Unsicherheit über die Rechtslage vor, insbesondere wenn sich die Beklagte eines Anspruchs berühmt (Meyer-Ladewig a.a.O., § 55 Rdnr. 15 und 15a).

Wie im Bescheid vom 22. August 2008 mitgeteilt habe der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme am 11. Juli 2008 festgestellt, dass der Bescheid vom 14. Juni 2000 fehlerhaft sei. Damit erhebt die Beklagte die Rechtsbehauptung, sie habe diese Feststellung durch einen, wie oben ausgeführt, erforderlichen Verwaltungsakt getroffen, denn allein ein solcher Verwaltungsakt berechtigt den Rentenversicherungsträger zur Aussparung der Rente bei der Rentenanpassung. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger hat diese Mitteilung der Beklagten (als Zusatzversorgungsträger) ersichtlich in diesem Sinne verstanden, denn mit Bescheid vom 06. Mai 2009 wurde die Altersrente zum 01. Juli 2009 nicht angepasst.

Die Feststellungsklage ist auch begründet, denn wie dargelegt enthält der Bescheid vom 01. Juli 2008 keine Verfügung zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 14. Juni 2000 enthaltenen Feststellungen. Der Kläger wird dadurch in eigenen Rechten verletzt, da ohne einen solchen feststellenden Verwaltungsakt der Rentenversicherungsträger zur Aussparung der Rente nicht befugt ist.

Die Berufung hat daher teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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