L 10 R 3909/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 6771/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3909/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.07.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit abschlagsfrei zu gewähren hat.

Der am 1943 geborene Kläger war zuletzt bei der B. Quellen Mineral- und Heilbrunnen AG, N. W. Deutschland AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde von der Arbeitgeberin zum 30.09.2002 gekündigt. Danach war der Kläger arbeitslos und bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 17.05.2005 Arbeitslosengeld; er wies zu diesem Zeitpunkt insgesamt 548 Monate an Pflichtbeitragszeiten auf (vgl. Kontoübersicht Bl. 19 ff VA).

Der Kläger beantragte am 17.01.2005 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zum 01.06.2005. Mit Bescheid vom 08.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01.06.2005 in Höhe von monatlich 1.611,08 EUR brutto (netto 1.473,33 EUR). Bei der Rentenberechnung verminderte sie den für diese Rente geltenden Zugangsfaktor von 1,000 für jeden Kalendermonat, für den er die Rente vorzeitig in Anspruch genommen habe, um 0,003, damit insgesamt für 37 Kalendermonate um 0,111, und berücksichtigte dementsprechend einen Zugangsfaktor von 0,889. Ausgehend von der Summe aller Entgeltpunkte in Höhe von 69,3547 legte sie der Rentenberechnung danach 61,6563 persönliche Entgeltpunkte zu Grunde.

Am 19.10.2009 bat der Kläger u.a. um Überprüfung der Abschläge. Er zähle zu den sogenannten rentennahen Jahrgängen und unterfalle daher der Vertrauensschutzregelung. Mit Bescheid vom 01.12.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 08.04.2005 ab, da sie weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Soweit der Kläger die Berechnung seiner Altersrente ohne Rentenabschläge bzw. mit niedrigeren Rentenabschlägen begehrte, verwies sie darauf, dass Vertrauensschutzregelungen nur für vor dem 01.01.1942 geborene Versicherte existierten. Das Bundesverfassungsgericht habe am 11.11.2008 entschieden, dass sowohl die Vertrauensschutzregelung "45 Jahre" für vor dem 01.01.1942 Geborene wie auch die dauerhafte Verminderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Dem hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger u.a. mit seiner Beschäftigung in seinen ersten Arbeitsjahren bei den Hüttenwerken S. AG, welche zur Montanindustrie gehörten. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Soweit der Kläger eine abschlagsfreie Zahlung seiner Altersrente begehre, verweise man neuerlich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.11.2008. Im Übrigen sei der Kläger nicht auf Grund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die vor dem 14.02.1996 genehmigt worden wäre, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden. Vielmehr sei der Kläger von 1972 bis 2002 bei der N. W. Deutschland AG beschäftigt gewesen und dort auf Grund betriebsbedingter Kündigung ausgeschieden. Die Beschäftigung bei den Hüttenwerken S. AG in der Zeit vom April 1955 bis Dezember 1962 sei ohne Belang.

Am 29.10.2010 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und zu deren Begründung geltend gemacht, bei ihm würden die Voraussetzungen des § 237 Abs. 5 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vorliegen. Das letzte Arbeitsverhältnis sei vor dem 01.01.2004 beendet und er am 01.01.2004 auch beschäftigungslos gewesen. Daher dürfe kein Abschlag für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erfolgen. Der deshalb rechtswidrige Rentenbescheid sei nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und der Kläger neu zu bescheiden. Zwar sei § 237 Abs. 5 SGB VI erst zum 01.01.2006 in Kraft getreten. Gemäß § 100 Abs. 1 SGB VI müsse die Rente aber, sofern sich aus den tatsächlichen rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn änderten, in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet werden, zu dessen Beginn die Änderungen wirksam würden.

Mit Urteil vom 09.07.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Anwendung des § 237 Abs. 5 SGB VI stehe § 306 SGB VI entgegen. Nach dessen Absatz 1 würden aus Anlass der Rechtsänderung die einer Rente zu Grunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte nicht neu bestimmt, wenn ein Anspruch auf Leistungen einer Rente vor dem Zeitpunkt einer Änderung rentenrechtlicher Vorschriften bestand, soweit dies nicht explizit in den nachfolgenden Vorschriften anders bestimmt sei. Gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI seien, sofern eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen ist und hierbei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln sind, diejenigen Vorschriften maßgebend, die bei der erstmaligen Feststellung der Rente anzuwenden waren. Für den Kläger finde damit § 237 Abs. 5 SGB VI keine Anwendung.

Gegen das ihm am 03.09.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.09.2012 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. § 237 Abs. 5 SGB VI sei auf ihn anzuwenden und ab 01.01.2006 eine Rente ohne Abschlag nach einem Zugangsfaktor 1,0 zu bezahlen. Maßgeblich sei hierbei die Vorschrift des § 100 Abs. 1 SGB VI. Dieser sei lex specialis gegenüber § 48 SGB X. Für den Kläger stelle die Nichtanwendung des Vertrauensschutztatbestandes des § 237 Abs. 5 SGB VI eine unbillige Härte dar. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum er schlechter gestellt werden könne, als solche Versicherte, die nach dem 01.01.2006 einen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei ansonsten gleichen Voraussetzungen hatten. Er erfülle die Voraussetzungen des § 237 Abs. 5 SGB VI, weshalb für ihn eine vorzeitige Inanspruchnahme der begehrten Altersrente ohne Abschläge möglich sei. Da nach dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen einer Übergangsfrist gerade Einbußen bei einem vorzeitigen Bezug der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vermieden werden sollten, sei ihm auf Grund des Vertrauensschutzes die Rente abschlagsfrei zu bezahlen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.07.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2010 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 08.04.2005 höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 ab 01.01.2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn soweit die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.2005 der Berechnung der dem Kläger bewilligten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit einen auf 0,889 geminderten Zugangsfaktor zu Grunde legte - und nur dies ist Gegenstand des Rechtsstreits - und diesen auch über den 01.01.2006 hinaus beibehielt, ist dies nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Der Bescheid vom 08.04.2005 war zum einen im Zeitpunkt seines Erlasses nicht rechtswidrig,

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Die Höhe der Altersrente des Klägers bestimmt sich nach den Regelungen der §§ 63 ff. SGB VI. Danach richtet sich die Höhe der Rente zunächst nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß § 64 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn vervielfältigt werden.

Der Zugangsfaktor richtet sich gemäß § 77 Abs. 1 SGB VI nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Nach Abs. 2 Nr. 1 dieser Regelung ist der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnt, 1,0; bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, ist er für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 (Nr. 2 Buchst. a).

Auf dieser Grundlage legte die Beklagte der Rentenberechnung zutreffend einen auf 0,889 geminderten Zugangsfaktor zu Grunde. Der Kläger nahm die bewilligte Rente im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI nämlich nicht mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für ihn maßgebenden niedrigeren Rentenalters in Anspruch, was die Zugrundelegung des Zugangsfaktors von 1,0 erlaubt hätte, sondern im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI vorzeitig.

Ausgangspunkt der Prüfung der Altersgrenze ist die von der Beklagten dem Kläger antragsgemäß und bestandskräftig bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Damit ist für die Frage der Altersgrenze und davon abhängig die Frage der vorzeitigen Inanspruchnahme allein auf § 237 SGB VI in der im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente geltenden und deshalb hier anzuwendenden Fassung vom 21.07.2004 (BGBl. I 2004, S. 1791) abzustellen, der die Voraussetzungen dieser Rentenart regelt. Die für den Kläger maßgebliche Altersgrenze von 65 Lebensjahren ergibt sich aus § 237 Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit der zugehörigen Anlage 19 in der im Zeitpunkt der Rentenbewilligung geltenden und deshalb hier anzuwendenden Fassung vom 19.02.2002 (BGBl. I 2002, S. 754). Diese Vorschrift regelt - insoweit bis heute unverändert - die stufenweise Anhebung der eigentlichen Altersgrenze von 60 Jahren (Abs. 1 der Regelung) bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind. Auf Grund des Geburtsmonats des Klägers Juni 1943 weist die Anlage 19 eine für diesen gültige Altersgrenze von 65 Jahren aus. Der Kläger nahm demgemäß die Altersrente mit ihrer Inanspruchnahme ab 01.06.2005 insgesamt 37 Monate vorzeitig in Anspruch, woraus sich gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI Abschläge in Form einer Minderung des Zugangsfaktors von 37 x 0,003, mithin 0,111, und dementsprechend ein Zugangsfaktor von 0,889 errechnen.

Soweit die Regelung des § 237 Abs. 4 SGB VI eine Ausnahmevorschrift zu der oben erläuterten, die stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit regelnden Norm des § 237 Abs. 3 SGB VI darstellt, erfüllte der Kläger die dortigen Voraussetzungen nicht. Insbesondere war der Kläger nicht auf Grund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, welche vor dem 14.02.1996 genehmigt worden wäre, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden (§ 237 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI). Nach § 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte, die vor dem 01.01.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, stufenweise lediglich auf das Alter von 60 Jahren und zehn Monaten angehoben. Hierbei handelt es sich um eine Begünstigung der bei Inkrafttreten der Vorschrift rentennahen Versichertenjahrgänge, in deren Genuss der Kläger, der eineinhalb Jahre nach dem genannten Stichtag geboren ist, nicht mehr kommt. Dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung lediglich die rentennahen Jahrgänge der langjährig Versicherten mit zumindest 45 Pflichtbeitragsjahren begünstigt, nicht aber später geborene, die ebenfalls entsprechende Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt haben, stellt keinen Verstoß gegen Verfassungsrecht dar (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 in SozR 4-2600 § 237 Nr. 16). Insbesondere ist die Festsetzung des 01.01.1942 als Stichtag für die günstigeren Altersgrenzen nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sachgerecht und verstößt nicht gegen das Grundgesetz, da nur die Versicherten der rentennahen Jahrgänge in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der früheren Regelungen geschützt werden sollten (BVerfG a.a.O.).

Soweit der Kläger zuletzt, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, Vertrauensschutz nach "allgemeinen Erwägungen" in Anspruch nehmen möchte, vermag der Senat eine rechtliche Grundlage für dieses Vorbringen nicht zu erkennen. Der Gesetzgeber hat mit § 237 Abs. 4 SGB VI eine abschließende Vertrauensschutzregelung geschaffen, deren Voraussetzungen der Kläger aber, wie dargelegt, nicht erfüllt. Im Übrigen hat das BVerfG in dem erwähnten Beschluss aus verfassungsrechtlichen Gründen keinen weitergehenden Vertrauensschutz angenommen.

Damit erweist sich der Bescheid vom 08.04.2005 für den Zeitpunkt seines Erlasses als rechtmäßig

Zum anderen und entgegen der Auffassung des Klägers ist durch die Einführung des § 237 Abs. 5 SGB VI ab 01.01.2006 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu seinen Gunsten nicht eingetreten.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. § 237 Abs. 5 SGB VI ist auf den Kläger nicht anwendbar.

§ 237 Abs. 5 SGB VI ist gemäß Artikel 15 Abs. 12 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21.07.2004 (BGBl. I 2004, S. 1791) am 01.01.2006 in Kraft getreten. Nach dieser Regelung wird die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme (der Rente) für Versicherte unter den weiteren dort aufgeführten Voraussetzungen, die der Kläger bei sich als erfüllt ansieht, nicht angehoben. Diese Regelung betrifft somit nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Anhebung der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und damit den Fall des Klägers gerade nicht. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation, dass er seine Altersrente zwar vorzeitig in Anspruch nahm, aber nach einer nicht angehobenen Altersgrenze für diese vorzeitige Inanspruchnahme. Nach der gesetzlichen Systematik und Terminologie ist zwischen der Altersgrenze für die reguläre Inanspruchnahme der Altersrente und deren Anhebung einerseits und der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme und deren Anhebung andererseits zu unterscheiden. Von der Anhebung der Altersgrenze für die reguläre Inanspruchnahme der Altersrente ist der Kläger betroffen, nicht aber von der Anhebung der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme; nur für letzteres enthält § 237 Abs. 5 SGB VI eine Vertrauensschutzregelung.

Für den Kläger galt im Zeitpunkt des Rentenbeginns für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit - wie dargelegt - an Stelle der normalen Altersgrenze des 60. Lebensjahres (§ 237 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) die angehobene Altersgrenze von 65 Jahren (§ 237 Abs. 3 SGB VI i.V.m. Anlage 19 in der damaligen und heutigen Fassung). Ein normaler Rentenbeginn, also ohne vorzeitige Inanspruchnahme, wäre dem Kläger somit erst mit 65 Jahren und damit ab 01.07.2008 möglich gewesen (sofern die übrigen Voraussetzungen vorgelegen hätten). Eine vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente war aber nach der bisherigen Altersgrenze von 60 Jahren möglich, im Falle des Klägers also ab 01.07.2003 (falls die übrigen Voraussetzungen vorgelegen hätten). Dies ergibt sich ebenfalls aus § 237 Abs. 3 i.V.m. Anlage 19, wo ausdrücklich - Anlage 19 in der damaligen und heutigen Fassung - die vorzeitige Inanspruchnahme mit 60 Jahren geregelt war und ist. Damit galt für den Kläger zwar eine angehobene Altersgrenze für die reguläre Inanspruchnahme der Altersrente (65 Jahre statt 60 Jahre), nicht aber eine Anhebung der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme (weiterhin 60 Jahre).

In der Folgezeit wurde diese Regelung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz insoweit geändert, als in Anlage 19 erstmals die Altersgrenze auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente schrittweise angehoben wurde, allerdings - vgl. die Anlage 19 in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetz - nur für Jahrgänge ab 1946 (z.B. für einen im Januar 1946 geborenen Versicherten auf 60 Jahre und einen Monat). Der somit im Januar 1946 Geborene konnte dem entsprechend die Altersrente regulär mit 65 Jahren oder vorgezogen mit 60 Jahren und einem Monat erhalten (sofern die übrigen Voraussetzungen vorlagen). Für vor 1946 Geborene wie den Kläger blieb es bei den bisherigen Regelungen (Anlage 19 in der vor und nach dem 01.10.2006 geltenden Fassung).

Hieran knüpft § 237 Abs. 5 SGB VI mit seinem Einleitungssatz "die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme" an. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird für bestimmte Versicherte, die von der Neuregelung betroffen sind (also nur Jahrgänge ab 1946) die neu geregelte Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente nicht angehoben (s. hierzu ausführlich die Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 15/2149 Seite 27; so auch die Literatur hierzu, vgl. Störmann, in Lilge, SGB VI, § 237 Rdnr. 23; Fichte, in Hauck/Haines, SGB VI, § 237 SGB VI, S. 51).

Beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 237 Abs. 5 SGB VI somit aber auf die angehobene Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente, kann diese Regelung für die im Falle des Klägers gerade nicht angehobene Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente (weiterhin 60 Jahre) nicht gelten. Die Rechtsfolge der Vorschrift kann im Falle des Klägers nicht eintreten. Denn als Rechtsfolge regelt § 237 Abs. 5 SGB VI, dass die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme nicht angehoben wird. Im Falle des Klägers war und ist aber diese Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahmen nicht angehoben worden (nach wie vor 60 Jahre).

Zwar wurde - und hiervon ist, wie dargelegt, auch der Kläger betroffen - die Altersgrenze für die reguläre Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit angehoben (wie ausgeführt im Falle des Klägers von 60 auf 65 Jahre). Die diesbezügliche Vertrauensschutzregelung enthält § 237 Abs. 4 SGB VI, wobei - wie ebenfalls dargelegt - der Kläger die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt. § 237 Abs. 5 SGB VI betrifft diese Anhebung der Altersgrenze für eine reguläre Inanspruchnahme der Rente aber gerade nicht, sondern - wie ausgeführt - nur jene für die vorzeitige Inanspruchnahme.

Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Erwägungen zur Frage der Geltung und des Verhältnisses der von den Beteiligten und dem Sozialgericht erwähnten §§ 48 SGB X, 306 Abs. 1 und 100 Abs. 1 SGB VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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