L 13 R 5001/13 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 6270/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 5001/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2013 aufgehoben.

Dem Kläger wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung für das Klageverfahren S 13 R 6270/12 gewährt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg; sie ist zulässig und begründet.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Sie ist auch begründet; dem Kläger ist für das Klageverfahren S 13 R 6270/12 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29. September 2004 - 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12. Januar 1993 - 2 BvR 1584/92 - alle veröffentlicht in Juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH - Antrags (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Oktober 2011, L 13 R 395/11 B m.w. N, veröffentlicht in Juris, BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2003 - 1 BvR 1152/02 - beide veröffentlicht in Juris). Entscheidungsreife tritt dann ein, wenn alle für die Bewilligung der PKH erforderlichen Unterlagen vorgelegt sind, insbesondere der vollständig ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die entsprechenden Belege (vgl. §§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO) sowie der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sind die Bewilligungsvoraussetzungen erst aufgrund eines später hinzutretenden Umstands erfüllt, ist dieser vom Beschwerdegericht bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zu berücksichtigen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH sind gegeben; der Kläger ist nach der beim SG am 17. Juni 2013 eingegangenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (nebst beigefügten Arbeitslosengeld II – Bewilligungsbescheid vom 21. Januar 2013) nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung auch nur zum Teil oder in Raten aufzubringen. Darüber hinaus kann auch eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage unter Beachtung der obigen Maßstäbe zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife nicht verneint werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist die für die Bewilligung von PKH erforderlichen hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (BVerfG a.a.O., BSG a.a.O).

Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, in auf Gewährung von Erwerbsminderungsrenten gerichteten Verfahren trotz bereits eingetretener Spruchreife des PKH-Gesuchs zunächst den Sachverhalt durch Befragung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen (i. d. R verbunden mit gutachtlichen Fragen zum beruflichen Leistungsvermögen) weiter aufzuklären (Schreiben des SG an Dres. Sa., Tu., Bä. vom 3. Juli 2013) um dann - wie hier - unter Würdigung des Ergebnisses der (bisherigen) Beweisaufnahme (Sachverständige Zeugenauskünfte vom 22. Juli 2013, 11. September 2013) über das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussicht zu entscheiden. Eine solche Verfahrensweise führt gerade zu der nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zulässigen Verlagerung der Sachverhaltsaufklärung vom Hauptsache- in das Nebenverfahren (Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Oktober 2011, L 13 R 395/11 B a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar ( § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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