Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KN 122/09 KR
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 23/12 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Zahlung einer monatlichen Prämie für einen Mehr¬leistungsanspruch.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit dem 15.07.1981 Mitglied der Beklagten. Die Versicherung des Klägers umfasst auch den satzungsmäßigen Mehrleistungsanspruch. Dieser in § 59 der Satzung der Beklagten ver¬ankerte Anspruch sieht unter bestimmten Voraussetzungen für den Fall einer stationären Krankenhausbehandlung die Übernahme der Kosten der Unterbringung in einem 2-Bett-Zimmer einschließlich der Behandlung durch den Leitenden Arzt vor. Der Kläger befindet sich im Anpassungsgeldbezug. In der Vergangenheit zahlte das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle neben dem An¬passungsgeld (APG) auch die Beiträge für die seinerzeit sogenannte Aufstockungsversi¬cherung.
Mit der allgemeinen Öffnung der Beklagten zum 01.04.2007 wurde der Zugang zu diesem Anspruch geschlossen und nach § 173 Abs. 2a SGB V im Rahmen einer Besitzstandsre¬gelung ausschließlich den am 31.03.2007 mit Mehrleistungsanspruch versicherten Mitglie¬dern vorbehalten. Zu dem Kreis der weiterhin Anspruchsberechtigten gehört auch der Klä¬ger.
Während der Beitragssatz für die Zeit bis zum 31.12.2008 für Versicherte ohne Mehrleis-tungsanspruch 12,7 % betrug, galt sowohl für Pflicht- als auch für freiwillig Versicherte mit Mehrleistungsanspruch ein Beitragssatz in Höhe von 14,1 %. Für Rentner, die Mitglied der Krankenversicherung der Rentner waren, konnte die Mehrleistung im Wege der Aufsto¬ckungsversicherung beansprucht werden. Hierfür war ein weiterer Beitragssatz in Höhe von 4,5 % zu zahlen.
Aus Anlass der Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes für alle Krankenkassen zum 01.01.2009 änderte die Beklagte ihre Satzung und führte zur Finanzierung des Mehrleis¬tungsanspruchs mit Wirkung ab dem 01.01.2009 eine monatliche Prämie ein. Nach der Neufassung des § 59 Abs. 5 der Satzung ist die Höhe der Prämie bei Mitgliedern, die noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, abhängig von der Zugehörigkeit zu der jeweili¬gen Altersgruppe nach der Anlage 10 der Satzung. Bei pflicht- und freiwillig versicherten Rentnern, Rentenantragstellern nach § 189 SGB V sowie Mitgliedern ab Vollendung des 65. Lebensjahres richtet sich die Prämie nach den in der Anlage 11 der Satzung festgeleg¬ten Einkommensklassen.
Auf diese Neuregelung wies die Beklagte die betroffenen Versicherten, so auch den Klä-ger, mit Schreiben von November 2008 hin.
Mit Bescheid vom 28.01.2009 teilte sie dem Kläger die ab Januar 2009 zu zahlende Prä-mie in Höhe von monatlich 31,40 Euro mit.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 17.02.2009 Widerspruch. Er machte u. a. geltend, die Satzungsänderung führe zu einer einseitigen Entlasung des Arbeitgebers und zu Lasten des Versicherten. Er sei seit dem 15.07.1981 bei der Knappschaft mit dem Mehrleistungsanspruch zusatzversichert. Es sei bei ihm als junges Mitglied 28 Jahre lang abkassiert worden. Jetzt werde er als 53-Jähriger mit überhöhten Beiträgen aus dem Mehrleistungsanspruch herausgedrängt. Ein Wechsel zu einer anderen Versicherung würde aufgrund der fehlenden Rücklagen für ihn jetzt wesentlich teurer als bei einer im Jahre 1981 abgeschlossenen Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer. Versicherte gleichen Alters sollten unterschiedliche Beiträge zahlen. Als 55-jähriger Berufstätiger würde er einen Beitrag in Höhe von 35,55 Euro zahlen, als 55-jähriger Rentner müsste eine Prämie in Höhe von 124,37 Euro aufgebracht werden, obwohl ihm nur noch 60 Prozent seines Einkommens als Berufstätiger zur Verfügung stehe. Besonders hohe Einkommen bei Rentnern (ehemalige Führungskräfte) würden dagegen geschont werden (maximal 179,67 Euro) und bei Berufstätigen würde das Einkommen gar keine Rolle mehr spielen. Dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, welche rechtlichen und tatsächlichen Gründe die Knappschaft zur Änderung der Satzung und der damit verbundenen Beitragserhebung für die Gruppe der APG-Empfänger heranziehe.
Mit Bescheid vom 19.11.2009 hat der Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klä-gers zurückgewiesen. Die mit dem angefochtenen Prämienbescheid erhobene Prämie ent¬spreche der Regelung des § 59 Abs. 5 der Satzung in der ab dem 01.01.2009 gültigen Fassung. Anhaltspunkte, die gegen das formell rechtmäßige Zustandekommen der Sat-zungsänderung oder gegen ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz und sonstigem höherrangi¬gen Recht sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
Das Mehrleistungssystem unterliege sich verändernden Rahmenbedingungen. Hierzu zählten zum einen die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes zum 01.01.2009 und zum anderen die Schließung des Mehrleistungssystem für Neumitglieder unter Beibehal¬tung des vorhandenen Bestandes zum 31.03.2007. Durch die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes sei für die Knappschaft die Möglichkeit weggefallen, separate Beitragssät¬ze für den Mehrleistungsanspruch festzulegen. Darüber hinaus führe der Umstand, dass das System nur noch für Versicherte gelte, die bis zum 31.03.2007 mehrleistungsberech¬tigt gewesen seien, zu einem immer kleiner werdenden Mitgliederbestand im Bereich der Mehrleistung. Diese für das Mehrleistungssystem gravierenden Gesetzesänderungen hät¬ten seitens der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nicht mit dem Ar¬gument des Vertrauensschutzes außer Acht gelassen werden können. Vielmehr hätten sie die Umstellung der Finanzierung des Mehrleistungssystems erfordert. Auch sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Schutz des Vertrauens darauf, dass das Satzungsrecht für alle Zukunft unverändert bestehen bleibe, nicht anerkannt (Urteil vom 28.09.1973 – 1 RK 34/92 -). Vielmehr müssten die Mitglieder damit rechnen, dass der Versicherungsträger von der ihm eingeräumten Befugnis, autonomes Recht zu setzen, Gebrauch mache.
Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aufgrund der Unterscheidung zwischen Mitgliedern, die noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben und Mitgliedern, die Rentner oder Rentenantragsteller seien oder das 65. Lebensjahr vollendet haben, sei nach Auffassung des Widerspruchsausschusses nicht gegeben. Zwar treffe es zu, dass die Prämien nach unterschiedlichen Kriterien bemessen würden. Da aber gerade bei Rentnern eine altersabhängige Prämie, die sich mit zunehmendem Alter zwangsläufig erhöhe, zu unverhältnismäßigen Mehrbelastungen führen könne, werde anhand der einkommensabhängigen Prämien sozialen Härten vorgebeugt. Dem Prinzip der solidarischen Finanzierung folgend seien die Prämien so festgelegt, dass diejenigen Mitlieder, die ein geringes Einkommen haben, eine deutlich geringere Prämie zu zahlen hätten, als diejenigen Mitglieder, die über ein hohes Einkommen verfügten.
Darüber hinaus habe im Zuge der Neukonzeption der Finanzierung des Mehrleistungssys¬tems eine unter den freiwillig versicherten und pflichtversicherten Rentnern vorhandene Ungleichbehandlung behoben werden können. Denn während mehrleistungsberechtigte Rentner, die freiwillig versichert gewesen, für ihren Mehrleistungsanspruch nur mit einem Beitragssatzanteil von 1,4 Prozentpunkten belastet worden seien, hätten demgegenüber mehrleistungsberechtigte Rentner, die pflichtversichert gewesen seien, einen zusätzlichen Bei¬tragssatz in Höhe von 4,5 Prozentpunkten leisten müssen. Durch die Einführung der ein¬kommensabhängigen Prämie sei damit sichergestellt, dass die Finanzierung des Mehrleis¬tungssystems im Bereich der Rentner bzw. der Mitglieder, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten, - anders als bisher – einheitlich erfolge. Die zum 01.01.2009 erfolgte Än¬derung des § 59 der Satzung bewege sich daher nach Auffassung des Widerspruchsaus¬schusses innerhalb des der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See im Rahmen der Satzungsautonomie zustehenden Gestaltungsspielraums.
Hinsichtlich des Einwandes, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ab dem 01.01.2009 die Beiträge bzw. Prämien für die Mehrleistung nicht mehr übernehme bzw. sich nicht mehr daran beteilige, wies der Widerspruchsausschuss darauf hin, dass diese Entscheidung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Deutschen Rentenversi-cherung Knappschaft-Bahn-See falle und der angefochtene Bescheid hierzu keine Rege¬lung enthalte, die angefochten werden könne.
Die hiergegen erhobene Klage ist am 08.12.2009 bei Gericht eingegangen.
Der Kläger wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren und verbleibt bei seiner Auffassung, die Satzungsänderung verstoße gegen höherrangiges Recht, weil sie insbesondere vergleichbare Versicherte in der Prämieneinstufung un¬gleich behandele und in seinem Fall die Besonderheiten des APG-Bezuges nicht berück¬sichtigt worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 19.11.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und weist darauf hin, dass sie den Umstand, das das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sich nicht mehr an den Beiträgen bzw. Prämien für den Mehrleistungsanspruch beteilige, nicht zu verantworten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vor¬bereitenden Schriftsätze und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war, Bezug genom¬men.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht in seinen Rech¬ten verletzt. Die Bescheide sind rechtsfehlerfrei ergangen. Die Kammer nimmt insoweit auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 19.11.2009 vollinhaltlich Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Bereits mit ihrem Urteil vom 20.05.2010 (S 17 KN 97/09 KR) ist die Kammer den Urteilen des Sozialgerichts Duisburg vom 20.11.2009 (S 11 KN 14/09 KR) und vom 16.04.2010 (S 9 KN 29/09 KR) dahingehend gefolgt, dass gegen die der Prämienneuberechnung zugrun¬deliegende Neuregelung des § 59 Abs. 5 der Satzung keine durchgreifenden Bedenken be¬stehen. Die Satzungsregelung verstößt weder gegen formelles noch materielles Recht. Die Einführung einer Prämie ab dem 01.01.2009 war aufgrund der Festsetzung eines ein¬heitlichen Beitragssatzes ab diesem Zeitpunkt zwingend erforderlich. Die Satzungsneure¬gelung ist verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen und durch die zustän¬dige Aufsichtsbehörde genehmigt worden.
Die Beklagte ist auch nicht etwa unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verpflichtet, den Kläger über den 31.12.2008 hinaus in Anwendung der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen zu versichern. Mit der gesetzlich notwendigen Umstellung von einem Bei¬tragszuschlag auf ein Prämiensystem war sie hingegen berechtigt, im Rahmen ihrer Sat¬zungsautonomie auch die Prämienhöhe und -berechnung neu zu gestalten. Die von ihr ge¬wählte pauschalierte Prämienberechnung anhand der Einkünfte stellt eine zulässige sozial ausgleichende Möglichkeit dar, den fortbestehenden Mehrleistungsanspruch zu finanzie¬ren. Auch hat die Beklagte die unterschiedliche Prämienbemessung für Versicherte, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch im Erwerbsleben stehen und den Rentnern andererseits nachvollziehbar begründet. Insoweit verweist die Kammer erneut auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides.
Die Erhebung der Prämien im Rahmen des fortbestehenden Mehrleistungsanspruch ab dem 01.01.2009 ist danach weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Ein Ver¬stoß der Satzung der Beklagten gegen höherrangiges Recht ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
Der Umstand, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Prämien für die Mehrleistung ab dem 01.01.2009 nicht übernimmt bzw. sich nicht daran beteiligt, kann der Beklagten nicht entgegen gehalten werden und musste insoweit auch in der Satzung keine Berücksichtigung finden. Insbesondere vermag die Kammer keine Berechtigung oder so¬gar Verpflichtung der Beklagten zu erkennen, APG-Beziehern die Prämie teilweise oder ganz zu erlassen und danach die übrigen Versicherten umso mehr zu belasten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Zahlung einer monatlichen Prämie für einen Mehr¬leistungsanspruch.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit dem 15.07.1981 Mitglied der Beklagten. Die Versicherung des Klägers umfasst auch den satzungsmäßigen Mehrleistungsanspruch. Dieser in § 59 der Satzung der Beklagten ver¬ankerte Anspruch sieht unter bestimmten Voraussetzungen für den Fall einer stationären Krankenhausbehandlung die Übernahme der Kosten der Unterbringung in einem 2-Bett-Zimmer einschließlich der Behandlung durch den Leitenden Arzt vor. Der Kläger befindet sich im Anpassungsgeldbezug. In der Vergangenheit zahlte das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle neben dem An¬passungsgeld (APG) auch die Beiträge für die seinerzeit sogenannte Aufstockungsversi¬cherung.
Mit der allgemeinen Öffnung der Beklagten zum 01.04.2007 wurde der Zugang zu diesem Anspruch geschlossen und nach § 173 Abs. 2a SGB V im Rahmen einer Besitzstandsre¬gelung ausschließlich den am 31.03.2007 mit Mehrleistungsanspruch versicherten Mitglie¬dern vorbehalten. Zu dem Kreis der weiterhin Anspruchsberechtigten gehört auch der Klä¬ger.
Während der Beitragssatz für die Zeit bis zum 31.12.2008 für Versicherte ohne Mehrleis-tungsanspruch 12,7 % betrug, galt sowohl für Pflicht- als auch für freiwillig Versicherte mit Mehrleistungsanspruch ein Beitragssatz in Höhe von 14,1 %. Für Rentner, die Mitglied der Krankenversicherung der Rentner waren, konnte die Mehrleistung im Wege der Aufsto¬ckungsversicherung beansprucht werden. Hierfür war ein weiterer Beitragssatz in Höhe von 4,5 % zu zahlen.
Aus Anlass der Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes für alle Krankenkassen zum 01.01.2009 änderte die Beklagte ihre Satzung und führte zur Finanzierung des Mehrleis¬tungsanspruchs mit Wirkung ab dem 01.01.2009 eine monatliche Prämie ein. Nach der Neufassung des § 59 Abs. 5 der Satzung ist die Höhe der Prämie bei Mitgliedern, die noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, abhängig von der Zugehörigkeit zu der jeweili¬gen Altersgruppe nach der Anlage 10 der Satzung. Bei pflicht- und freiwillig versicherten Rentnern, Rentenantragstellern nach § 189 SGB V sowie Mitgliedern ab Vollendung des 65. Lebensjahres richtet sich die Prämie nach den in der Anlage 11 der Satzung festgeleg¬ten Einkommensklassen.
Auf diese Neuregelung wies die Beklagte die betroffenen Versicherten, so auch den Klä-ger, mit Schreiben von November 2008 hin.
Mit Bescheid vom 28.01.2009 teilte sie dem Kläger die ab Januar 2009 zu zahlende Prä-mie in Höhe von monatlich 31,40 Euro mit.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 17.02.2009 Widerspruch. Er machte u. a. geltend, die Satzungsänderung führe zu einer einseitigen Entlasung des Arbeitgebers und zu Lasten des Versicherten. Er sei seit dem 15.07.1981 bei der Knappschaft mit dem Mehrleistungsanspruch zusatzversichert. Es sei bei ihm als junges Mitglied 28 Jahre lang abkassiert worden. Jetzt werde er als 53-Jähriger mit überhöhten Beiträgen aus dem Mehrleistungsanspruch herausgedrängt. Ein Wechsel zu einer anderen Versicherung würde aufgrund der fehlenden Rücklagen für ihn jetzt wesentlich teurer als bei einer im Jahre 1981 abgeschlossenen Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer. Versicherte gleichen Alters sollten unterschiedliche Beiträge zahlen. Als 55-jähriger Berufstätiger würde er einen Beitrag in Höhe von 35,55 Euro zahlen, als 55-jähriger Rentner müsste eine Prämie in Höhe von 124,37 Euro aufgebracht werden, obwohl ihm nur noch 60 Prozent seines Einkommens als Berufstätiger zur Verfügung stehe. Besonders hohe Einkommen bei Rentnern (ehemalige Führungskräfte) würden dagegen geschont werden (maximal 179,67 Euro) und bei Berufstätigen würde das Einkommen gar keine Rolle mehr spielen. Dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, welche rechtlichen und tatsächlichen Gründe die Knappschaft zur Änderung der Satzung und der damit verbundenen Beitragserhebung für die Gruppe der APG-Empfänger heranziehe.
Mit Bescheid vom 19.11.2009 hat der Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klä-gers zurückgewiesen. Die mit dem angefochtenen Prämienbescheid erhobene Prämie ent¬spreche der Regelung des § 59 Abs. 5 der Satzung in der ab dem 01.01.2009 gültigen Fassung. Anhaltspunkte, die gegen das formell rechtmäßige Zustandekommen der Sat-zungsänderung oder gegen ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz und sonstigem höherrangi¬gen Recht sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
Das Mehrleistungssystem unterliege sich verändernden Rahmenbedingungen. Hierzu zählten zum einen die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes zum 01.01.2009 und zum anderen die Schließung des Mehrleistungssystem für Neumitglieder unter Beibehal¬tung des vorhandenen Bestandes zum 31.03.2007. Durch die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes sei für die Knappschaft die Möglichkeit weggefallen, separate Beitragssät¬ze für den Mehrleistungsanspruch festzulegen. Darüber hinaus führe der Umstand, dass das System nur noch für Versicherte gelte, die bis zum 31.03.2007 mehrleistungsberech¬tigt gewesen seien, zu einem immer kleiner werdenden Mitgliederbestand im Bereich der Mehrleistung. Diese für das Mehrleistungssystem gravierenden Gesetzesänderungen hät¬ten seitens der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nicht mit dem Ar¬gument des Vertrauensschutzes außer Acht gelassen werden können. Vielmehr hätten sie die Umstellung der Finanzierung des Mehrleistungssystems erfordert. Auch sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Schutz des Vertrauens darauf, dass das Satzungsrecht für alle Zukunft unverändert bestehen bleibe, nicht anerkannt (Urteil vom 28.09.1973 – 1 RK 34/92 -). Vielmehr müssten die Mitglieder damit rechnen, dass der Versicherungsträger von der ihm eingeräumten Befugnis, autonomes Recht zu setzen, Gebrauch mache.
Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aufgrund der Unterscheidung zwischen Mitgliedern, die noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben und Mitgliedern, die Rentner oder Rentenantragsteller seien oder das 65. Lebensjahr vollendet haben, sei nach Auffassung des Widerspruchsausschusses nicht gegeben. Zwar treffe es zu, dass die Prämien nach unterschiedlichen Kriterien bemessen würden. Da aber gerade bei Rentnern eine altersabhängige Prämie, die sich mit zunehmendem Alter zwangsläufig erhöhe, zu unverhältnismäßigen Mehrbelastungen führen könne, werde anhand der einkommensabhängigen Prämien sozialen Härten vorgebeugt. Dem Prinzip der solidarischen Finanzierung folgend seien die Prämien so festgelegt, dass diejenigen Mitlieder, die ein geringes Einkommen haben, eine deutlich geringere Prämie zu zahlen hätten, als diejenigen Mitglieder, die über ein hohes Einkommen verfügten.
Darüber hinaus habe im Zuge der Neukonzeption der Finanzierung des Mehrleistungssys¬tems eine unter den freiwillig versicherten und pflichtversicherten Rentnern vorhandene Ungleichbehandlung behoben werden können. Denn während mehrleistungsberechtigte Rentner, die freiwillig versichert gewesen, für ihren Mehrleistungsanspruch nur mit einem Beitragssatzanteil von 1,4 Prozentpunkten belastet worden seien, hätten demgegenüber mehrleistungsberechtigte Rentner, die pflichtversichert gewesen seien, einen zusätzlichen Bei¬tragssatz in Höhe von 4,5 Prozentpunkten leisten müssen. Durch die Einführung der ein¬kommensabhängigen Prämie sei damit sichergestellt, dass die Finanzierung des Mehrleis¬tungssystems im Bereich der Rentner bzw. der Mitglieder, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten, - anders als bisher – einheitlich erfolge. Die zum 01.01.2009 erfolgte Än¬derung des § 59 der Satzung bewege sich daher nach Auffassung des Widerspruchsaus¬schusses innerhalb des der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See im Rahmen der Satzungsautonomie zustehenden Gestaltungsspielraums.
Hinsichtlich des Einwandes, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ab dem 01.01.2009 die Beiträge bzw. Prämien für die Mehrleistung nicht mehr übernehme bzw. sich nicht mehr daran beteilige, wies der Widerspruchsausschuss darauf hin, dass diese Entscheidung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Deutschen Rentenversi-cherung Knappschaft-Bahn-See falle und der angefochtene Bescheid hierzu keine Rege¬lung enthalte, die angefochten werden könne.
Die hiergegen erhobene Klage ist am 08.12.2009 bei Gericht eingegangen.
Der Kläger wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren und verbleibt bei seiner Auffassung, die Satzungsänderung verstoße gegen höherrangiges Recht, weil sie insbesondere vergleichbare Versicherte in der Prämieneinstufung un¬gleich behandele und in seinem Fall die Besonderheiten des APG-Bezuges nicht berück¬sichtigt worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 19.11.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und weist darauf hin, dass sie den Umstand, das das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sich nicht mehr an den Beiträgen bzw. Prämien für den Mehrleistungsanspruch beteilige, nicht zu verantworten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vor¬bereitenden Schriftsätze und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war, Bezug genom¬men.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht in seinen Rech¬ten verletzt. Die Bescheide sind rechtsfehlerfrei ergangen. Die Kammer nimmt insoweit auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 19.11.2009 vollinhaltlich Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Bereits mit ihrem Urteil vom 20.05.2010 (S 17 KN 97/09 KR) ist die Kammer den Urteilen des Sozialgerichts Duisburg vom 20.11.2009 (S 11 KN 14/09 KR) und vom 16.04.2010 (S 9 KN 29/09 KR) dahingehend gefolgt, dass gegen die der Prämienneuberechnung zugrun¬deliegende Neuregelung des § 59 Abs. 5 der Satzung keine durchgreifenden Bedenken be¬stehen. Die Satzungsregelung verstößt weder gegen formelles noch materielles Recht. Die Einführung einer Prämie ab dem 01.01.2009 war aufgrund der Festsetzung eines ein¬heitlichen Beitragssatzes ab diesem Zeitpunkt zwingend erforderlich. Die Satzungsneure¬gelung ist verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen und durch die zustän¬dige Aufsichtsbehörde genehmigt worden.
Die Beklagte ist auch nicht etwa unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verpflichtet, den Kläger über den 31.12.2008 hinaus in Anwendung der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen zu versichern. Mit der gesetzlich notwendigen Umstellung von einem Bei¬tragszuschlag auf ein Prämiensystem war sie hingegen berechtigt, im Rahmen ihrer Sat¬zungsautonomie auch die Prämienhöhe und -berechnung neu zu gestalten. Die von ihr ge¬wählte pauschalierte Prämienberechnung anhand der Einkünfte stellt eine zulässige sozial ausgleichende Möglichkeit dar, den fortbestehenden Mehrleistungsanspruch zu finanzie¬ren. Auch hat die Beklagte die unterschiedliche Prämienbemessung für Versicherte, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch im Erwerbsleben stehen und den Rentnern andererseits nachvollziehbar begründet. Insoweit verweist die Kammer erneut auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides.
Die Erhebung der Prämien im Rahmen des fortbestehenden Mehrleistungsanspruch ab dem 01.01.2009 ist danach weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Ein Ver¬stoß der Satzung der Beklagten gegen höherrangiges Recht ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
Der Umstand, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Prämien für die Mehrleistung ab dem 01.01.2009 nicht übernimmt bzw. sich nicht daran beteiligt, kann der Beklagten nicht entgegen gehalten werden und musste insoweit auch in der Satzung keine Berücksichtigung finden. Insbesondere vermag die Kammer keine Berechtigung oder so¬gar Verpflichtung der Beklagten zu erkennen, APG-Beziehern die Prämie teilweise oder ganz zu erlassen und danach die übrigen Versicherten umso mehr zu belasten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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