Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 182 KR 1258/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 115/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, ihr für die Durchführung einer Positronen-Emissions-Tomographie mit Computertomographie (PET-CET) entstandene Kosten zu erstatten.
Sie ist 1975 geboren und Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie litt 2008 an einem Marginalzonenlymphom des Magens mit hochmalignen Anteilen gestellt. Nach sechs Chemotherapiezyklen war endoskopisch-histologisch im Magen kein Tumor mehr nachweisbar. Mit Schreiben vom 21. April 2009 beantragte der Facharzt für Nuklearmedizin Dipl.-Med. A bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine PET-CT-Untersuchung. Er verwies auf die schriftliche Einschätzung des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. H vom 21. April 2009, wonach die Standardtherapie im Falle der Klägerin eine konsolidierende Strahlentherapie sei. Die Prognose der Erkrankung sei jedoch sehr gut. Im Falle einer durch Endoskopie/Magenhistologie und PET-CT nachzuweisenden kompletten Remission könne auf die potentiell belastende und häufig morbiditätsassoziierte Strahlentherapie verzichtet werden. Dazu bedürfe es einer PET-Untersuchung, um radiologisch nicht nachzuweisende hochmaligne Lymphomanteile nicht zu übersehen. Dipl.-Med. A führte ergänzend aus, dass es sich bei der PET-CT-Untersuchung vielen internationalen Studien zufolge um das sensitivste Verfahren zur Detektion von Karzinomen mit unbekanntem Primärtumor handele.
Mit Bescheid vom 27. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab. Da die Wirksamkeit für das beantragte Verfahren nicht durch eindeutige wissenschaftliche Studien bewiesen sei, habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Methode nicht anerkannt. Daher dürften die gesetzlichen Krankenkassen für diese Methode keine Kosten übernehmen.
Die Untersuchung wurde am 30. April 2009 durchgeführt. Der Klägerin wurden 1.272,57 EUR in Rechnung gestellt.
Den gegen den ablehnenden Bescheid vom 27. April 2009 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2009 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Durchführung einer PET-CT sei notwendig gewesen, um die Erforderlichkeit einer Strahlenbehandlung zu beurteilen. Andere ähnliche oder gleich sichere Methoden hätten nicht zur Verfügung gestanden. Dabei sei auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung getragen worden, weil durch diese Diagnosemaßnahme eine wesentlich teurere Standardtherapie habe gespart werden können. Die Strahlentherapie hätte für die Klägerin eine unnötige und damit unzumutbare gesundheitliche Belastung dargestellt. Auch seien die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien (lebensbedrohliche Erkrankung, es stehen kein gleich gut geeigneten oder besseren Möglichkeiten zur Verfügung, ausreichende wissenschaftliche Nachweise der Wirksamkeit der Methode mit begründeter Aussicht, dass diese alsbald auch vom GBA anerkannt werde) bei der Klägerin erfüllt. Im Übrigen gehöre die PET-CT-Untersuchung als vorstationäre Maßnahme in einem geeigneten Krankenhaus zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2012 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, weil die Voraussetzungen der einzig möglichen Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs des § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht vorlägen. Die Beklagte habe die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch reiche nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setze daher voraus, dass die selbst beschaffte Untersuchung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten (Bezugnahme auf Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 17. Februar 2010 -B 1 KR 10/09 R). Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil die PET-CT-Untersuchung zum Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht zu den im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen gehört habe. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden seien nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben habe (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26. September 2006 -B 1 KR 3/06 R) In Ziffer 39 der Anlage II zur Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden der vertragsärztlichen Versorgung - MVV RL) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, 5. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 18. Januar 2007 (BAnz 2007, S. 4362, Nr. 79) sei die PET jedoch ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen worden, sofern nicht ausnahmsweise eine in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführte und hier nicht einschlägigen Ausnahmen gegeben sei. Der GBA habe sich in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und der PET-CT bei malignen Lymphomen befasst. Das entscheidende Bewertungskriterium seien dabei die Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Patienten, die der PET bzw. PET-CT verlässlich zugeschrieben werden könnten. Dadurch habe vermieden werden sollen, dass Patienten auf Grund eines negativen PET-Befundes ein gravierender gesundheitlicher Schaden entstehen könnte, weil eine ansonsten durchgeführte Therapie unterlassen werde. Die Bewertung sei dabei auf der Grundlage der klinisch relevanten und in Leitlinien abgebildeten Unterscheidung der malignen Lymphome in Hodgkin-Lymphome, aggressive und indolente Non-Hodgkin-Lymphome differenziert vorgenommen worden. Der GBA sei zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Anwendung der PET bzw. PET-CT bei der Erkennung von Rezidiven bei indolenten Non Hodgkin-Lymphomen sowie zum initialen Staging und zum Restaging bei aggressiven Non Hodgkin-Lymphomen ein Nutzen für den Patienten nicht erkannt werden könne, so dass die PET bzw. PET-CT hier faktisch zu einer unnötigen Belastung des Patienten führe (Bezugnahme auf "Tragende Gründe" zum Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie [PET] und PET/Computertomographie [CT] bei malignen Lymphomen, vom 21. Oktober 2010, geändert am 24. November 2011 S. 3 f.). Das bei der Klägerin diagnostizierte Marginalzonenlymphom des Magens mit hochmalignen Anteilen, Stadium II AE, sei als aggressives Non-Hodgkin-Lymphom zu qualifizieren (Bezugnahme auf die WHO-Klassifikation der Non-Hodgkin-Lymphome, Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage, S. 1089 sowie zur Aggressivität hochmaligner Non-Hodgkin-Lymphome S.2 des Umdrucks zur Pilotstudie "Therapie hochmaligner Marginalzonenlymphome des Magens vom MALT-Typ im Frühstadium (E1) mittels Eradikation von Helicobacter pylori, chirurgischer Resektion und adjuvanter Chemotherapie oder primärer Chemotherapie” http://calvin.med.uni marburg.de/stpg/ukmllblhaematoonlcol/forschung/Studien/DSGLO400.PDF). Bei der Klägerin habe die PET-CT dem Restaging, also der Beurteilung dienen sollen, wie gut der Behandlungserfolg einer Tumorerkrankung nach Chemotherapie gewesen sei. Für dieses Verfahren habe der GBA keinen Nutzen für die Patienten erkennen können.
Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Bezugnahme auf Beschluss vom 6. Dezember 2005 -1 BvR 347/98, juris), wonach es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leide, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Wie der GBA festgestellt habe, stünden für die untersuchten, möglichen Anwendungsfelder der PET bzw. PET-CT Standardverfahren der Diagnostik zur Verfügung, insbesondere auch für die Gewinnung derjenigen diagnostischen Informationen, die für die Therapieentscheidung erforderlich seien (Bezugnahme auf die "Tragende Gründe" zum Beschluss des GBA vom 21. Oktober 2010 S. 4). Die Klägerin könne eine Kostenerstattung auch nicht über einen entsprechenden Sachleistungsanspruch für das diagnostische Verfahren im Rahmen einer vorstationären Maßnahme nach § 115a SGB V herleiten, weil diese Norm voraussetze, dass die Maßnahme in einem Krankenhaus durchgeführt werde. Dies sei aber hier unstreitig jedoch nicht der Fall gewesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie angeregt, den Rechtsstreit zunächst zum Ruhen zu bringen, bis der GBA über eine weitere Erprobung der PET/CT beschlossen habe. Sie hat insbesondere auf den Beschluss des GBA vom 22. November 2012 verwiesen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2012 und den Bescheid vom 27. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Kosten in Höhe von 1.272,57 EUR für die Durchführung einer Positronen-Emissions-Tomographie mit Computertomographie zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen:
Das SG hat insbesondere richtig darauf abgestellt, dass es sich bei der Untersuchung im Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht um eine im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung gehandelt hat. Es fehlt hier das Erfordernis der positiven Empfehlung durch den GBA. Dieser hält -wie das SG aufgeführt hat-, die Methode für zu unsicher für eine Feststellung der Tumorfreiheit.
Selbst wenn eine solche künftig erfolgen sollte, gälte dies nicht rückwirkend. § 135 Abs. 1 SGB V bestimmt nämlich, dass eine solche neue Methode nur, also erst dann, zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Empfehlung abgegeben ist. Sinn und Zweck des § 135 SGB V ist es, vorab verbindlich den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen festzulegen (vgl. Flint, in Hauck/Noftz SGB V, § 135 Rdnr. 15 unter Bezugnahme u. a. auf BSG, Urteil vom 7. November 2006, -B 1 KR 24/06 R- SozR 4-2500 § 27 Nr. 12 S. 83 Rdnr. 16).
Gegenstand der Erprobung im Beschluss des GBA vom 22. November 2012 der PET bzw. PET-CT ist nicht die Indikation bei Maligen Lymphomen gewesen:
Im Beschluss vom 22. November 2012 hat der GBA beschlossen, aus 13 Indikationen, zu denen bislang noch keine Änderungen der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlungen und der MVV-RL beschlossen worden sind, bis zu drei Indikationen auszuwählen, welche für Erprobungs-Richtlinien gemäß § 137e SGB V geeignet seien. In den Erläuterungen zum Beschluss heißt es zum Einsatz der PET und PET-CT bei Maligen-Lymphomen, insoweit sei bereits eine Änderung der Krankenhausrichtlinien sowie der MVV-RL erfolgt.
In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) (Stand. 7. Juni 2013) ist in Anlage II "Methoden, deren Bewertungsverfahren ausgesetzt sind" unter Nr. 9 Positronen-Emissions-Tomographie (PET; PET-CT) in 9.1 diese Untersuchungsmethode "zum Interim Staging bei Hodgkin-Lymphom und bei aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen nach 2 bis 4 Zyklen Chemotherapie/Chemoimmuntherapie zur Entscheidung über die Fortführung der Chemotherapie/Chemoimmuntherapie" aufgeführt. Entsprechendes ist für die ambulante Versorgung in der MVV-RL beschlossen worden. Auch dort ist (in Anlage III: Methoden, deren Bewertungsverfahren ausgesetzt ist unter Nr. 4. die PET bzw. PET-CT bei Malignen Lymphomen durch die bereits vom SG herangezogene (Änderungs-) Richtlinie vom 21. Oktober 2010 aufgenommen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, ihr für die Durchführung einer Positronen-Emissions-Tomographie mit Computertomographie (PET-CET) entstandene Kosten zu erstatten.
Sie ist 1975 geboren und Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie litt 2008 an einem Marginalzonenlymphom des Magens mit hochmalignen Anteilen gestellt. Nach sechs Chemotherapiezyklen war endoskopisch-histologisch im Magen kein Tumor mehr nachweisbar. Mit Schreiben vom 21. April 2009 beantragte der Facharzt für Nuklearmedizin Dipl.-Med. A bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine PET-CT-Untersuchung. Er verwies auf die schriftliche Einschätzung des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. H vom 21. April 2009, wonach die Standardtherapie im Falle der Klägerin eine konsolidierende Strahlentherapie sei. Die Prognose der Erkrankung sei jedoch sehr gut. Im Falle einer durch Endoskopie/Magenhistologie und PET-CT nachzuweisenden kompletten Remission könne auf die potentiell belastende und häufig morbiditätsassoziierte Strahlentherapie verzichtet werden. Dazu bedürfe es einer PET-Untersuchung, um radiologisch nicht nachzuweisende hochmaligne Lymphomanteile nicht zu übersehen. Dipl.-Med. A führte ergänzend aus, dass es sich bei der PET-CT-Untersuchung vielen internationalen Studien zufolge um das sensitivste Verfahren zur Detektion von Karzinomen mit unbekanntem Primärtumor handele.
Mit Bescheid vom 27. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab. Da die Wirksamkeit für das beantragte Verfahren nicht durch eindeutige wissenschaftliche Studien bewiesen sei, habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Methode nicht anerkannt. Daher dürften die gesetzlichen Krankenkassen für diese Methode keine Kosten übernehmen.
Die Untersuchung wurde am 30. April 2009 durchgeführt. Der Klägerin wurden 1.272,57 EUR in Rechnung gestellt.
Den gegen den ablehnenden Bescheid vom 27. April 2009 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2009 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Durchführung einer PET-CT sei notwendig gewesen, um die Erforderlichkeit einer Strahlenbehandlung zu beurteilen. Andere ähnliche oder gleich sichere Methoden hätten nicht zur Verfügung gestanden. Dabei sei auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung getragen worden, weil durch diese Diagnosemaßnahme eine wesentlich teurere Standardtherapie habe gespart werden können. Die Strahlentherapie hätte für die Klägerin eine unnötige und damit unzumutbare gesundheitliche Belastung dargestellt. Auch seien die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien (lebensbedrohliche Erkrankung, es stehen kein gleich gut geeigneten oder besseren Möglichkeiten zur Verfügung, ausreichende wissenschaftliche Nachweise der Wirksamkeit der Methode mit begründeter Aussicht, dass diese alsbald auch vom GBA anerkannt werde) bei der Klägerin erfüllt. Im Übrigen gehöre die PET-CT-Untersuchung als vorstationäre Maßnahme in einem geeigneten Krankenhaus zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2012 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, weil die Voraussetzungen der einzig möglichen Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs des § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht vorlägen. Die Beklagte habe die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch reiche nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setze daher voraus, dass die selbst beschaffte Untersuchung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten (Bezugnahme auf Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 17. Februar 2010 -B 1 KR 10/09 R). Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil die PET-CT-Untersuchung zum Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht zu den im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen gehört habe. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden seien nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben habe (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 26. September 2006 -B 1 KR 3/06 R) In Ziffer 39 der Anlage II zur Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden der vertragsärztlichen Versorgung - MVV RL) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, 5. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 18. Januar 2007 (BAnz 2007, S. 4362, Nr. 79) sei die PET jedoch ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen worden, sofern nicht ausnahmsweise eine in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführte und hier nicht einschlägigen Ausnahmen gegeben sei. Der GBA habe sich in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und der PET-CT bei malignen Lymphomen befasst. Das entscheidende Bewertungskriterium seien dabei die Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Patienten, die der PET bzw. PET-CT verlässlich zugeschrieben werden könnten. Dadurch habe vermieden werden sollen, dass Patienten auf Grund eines negativen PET-Befundes ein gravierender gesundheitlicher Schaden entstehen könnte, weil eine ansonsten durchgeführte Therapie unterlassen werde. Die Bewertung sei dabei auf der Grundlage der klinisch relevanten und in Leitlinien abgebildeten Unterscheidung der malignen Lymphome in Hodgkin-Lymphome, aggressive und indolente Non-Hodgkin-Lymphome differenziert vorgenommen worden. Der GBA sei zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Anwendung der PET bzw. PET-CT bei der Erkennung von Rezidiven bei indolenten Non Hodgkin-Lymphomen sowie zum initialen Staging und zum Restaging bei aggressiven Non Hodgkin-Lymphomen ein Nutzen für den Patienten nicht erkannt werden könne, so dass die PET bzw. PET-CT hier faktisch zu einer unnötigen Belastung des Patienten führe (Bezugnahme auf "Tragende Gründe" zum Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie [PET] und PET/Computertomographie [CT] bei malignen Lymphomen, vom 21. Oktober 2010, geändert am 24. November 2011 S. 3 f.). Das bei der Klägerin diagnostizierte Marginalzonenlymphom des Magens mit hochmalignen Anteilen, Stadium II AE, sei als aggressives Non-Hodgkin-Lymphom zu qualifizieren (Bezugnahme auf die WHO-Klassifikation der Non-Hodgkin-Lymphome, Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage, S. 1089 sowie zur Aggressivität hochmaligner Non-Hodgkin-Lymphome S.2 des Umdrucks zur Pilotstudie "Therapie hochmaligner Marginalzonenlymphome des Magens vom MALT-Typ im Frühstadium (E1) mittels Eradikation von Helicobacter pylori, chirurgischer Resektion und adjuvanter Chemotherapie oder primärer Chemotherapie” http://calvin.med.uni marburg.de/stpg/ukmllblhaematoonlcol/forschung/Studien/DSGLO400.PDF). Bei der Klägerin habe die PET-CT dem Restaging, also der Beurteilung dienen sollen, wie gut der Behandlungserfolg einer Tumorerkrankung nach Chemotherapie gewesen sei. Für dieses Verfahren habe der GBA keinen Nutzen für die Patienten erkennen können.
Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Bezugnahme auf Beschluss vom 6. Dezember 2005 -1 BvR 347/98, juris), wonach es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leide, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Wie der GBA festgestellt habe, stünden für die untersuchten, möglichen Anwendungsfelder der PET bzw. PET-CT Standardverfahren der Diagnostik zur Verfügung, insbesondere auch für die Gewinnung derjenigen diagnostischen Informationen, die für die Therapieentscheidung erforderlich seien (Bezugnahme auf die "Tragende Gründe" zum Beschluss des GBA vom 21. Oktober 2010 S. 4). Die Klägerin könne eine Kostenerstattung auch nicht über einen entsprechenden Sachleistungsanspruch für das diagnostische Verfahren im Rahmen einer vorstationären Maßnahme nach § 115a SGB V herleiten, weil diese Norm voraussetze, dass die Maßnahme in einem Krankenhaus durchgeführt werde. Dies sei aber hier unstreitig jedoch nicht der Fall gewesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie angeregt, den Rechtsstreit zunächst zum Ruhen zu bringen, bis der GBA über eine weitere Erprobung der PET/CT beschlossen habe. Sie hat insbesondere auf den Beschluss des GBA vom 22. November 2012 verwiesen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2012 und den Bescheid vom 27. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Kosten in Höhe von 1.272,57 EUR für die Durchführung einer Positronen-Emissions-Tomographie mit Computertomographie zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen:
Das SG hat insbesondere richtig darauf abgestellt, dass es sich bei der Untersuchung im Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht um eine im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung gehandelt hat. Es fehlt hier das Erfordernis der positiven Empfehlung durch den GBA. Dieser hält -wie das SG aufgeführt hat-, die Methode für zu unsicher für eine Feststellung der Tumorfreiheit.
Selbst wenn eine solche künftig erfolgen sollte, gälte dies nicht rückwirkend. § 135 Abs. 1 SGB V bestimmt nämlich, dass eine solche neue Methode nur, also erst dann, zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Empfehlung abgegeben ist. Sinn und Zweck des § 135 SGB V ist es, vorab verbindlich den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen festzulegen (vgl. Flint, in Hauck/Noftz SGB V, § 135 Rdnr. 15 unter Bezugnahme u. a. auf BSG, Urteil vom 7. November 2006, -B 1 KR 24/06 R- SozR 4-2500 § 27 Nr. 12 S. 83 Rdnr. 16).
Gegenstand der Erprobung im Beschluss des GBA vom 22. November 2012 der PET bzw. PET-CT ist nicht die Indikation bei Maligen Lymphomen gewesen:
Im Beschluss vom 22. November 2012 hat der GBA beschlossen, aus 13 Indikationen, zu denen bislang noch keine Änderungen der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlungen und der MVV-RL beschlossen worden sind, bis zu drei Indikationen auszuwählen, welche für Erprobungs-Richtlinien gemäß § 137e SGB V geeignet seien. In den Erläuterungen zum Beschluss heißt es zum Einsatz der PET und PET-CT bei Maligen-Lymphomen, insoweit sei bereits eine Änderung der Krankenhausrichtlinien sowie der MVV-RL erfolgt.
In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) (Stand. 7. Juni 2013) ist in Anlage II "Methoden, deren Bewertungsverfahren ausgesetzt sind" unter Nr. 9 Positronen-Emissions-Tomographie (PET; PET-CT) in 9.1 diese Untersuchungsmethode "zum Interim Staging bei Hodgkin-Lymphom und bei aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen nach 2 bis 4 Zyklen Chemotherapie/Chemoimmuntherapie zur Entscheidung über die Fortführung der Chemotherapie/Chemoimmuntherapie" aufgeführt. Entsprechendes ist für die ambulante Versorgung in der MVV-RL beschlossen worden. Auch dort ist (in Anlage III: Methoden, deren Bewertungsverfahren ausgesetzt ist unter Nr. 4. die PET bzw. PET-CT bei Malignen Lymphomen durch die bereits vom SG herangezogene (Änderungs-) Richtlinie vom 21. Oktober 2010 aufgenommen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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