L 9 SO 46/13 B

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 32 SO 268/12 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 46/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Februar 2013 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt K , O , wird abgelehnt. &8195;

Gründe:

Die am 6. März 2013 erhobene Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Februar 2013 mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Februar 2013 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr – der Antragstellerin – eine einmalige Beihilfe für eine Rollstuhlverladehilfe zu bewilligen und ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K , O , zu bewilligen,

hat keinen Erfolg.

In dem angegriffenen Beschluss hat das Sozialgericht die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend aufgeführt und im Einzelnen dargestellt, dass die Antragstellerin weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.

Auch im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass die Vorwegnahme der Hauptsache geboten wäre. Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG –), ist von diesem Grundsatz dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 –; Beschluss vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 –; Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –; Hessisches LSG, Beschluss vom 17. Mai 2013 – L 9 AS 247/13 B ER –). Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist dem Sozialgericht darin zuzustimmen, dass die Antragstellerin auf den Ausgang des Widerspruchs- bzw. ggfs. eines Klage- und Berufungsverfahrens verwiesen werden kann. Sie ist seit dem Jahre 2011 im Besitz eines Leichtrollstuhls der Marke Sopur Helium. Nach der amtsärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen E vom 4. September 2012 nebst der ergänzenden Stellungnahme vom 12. September 2012 wurde eine Verladehilfe für den Rollstuhl befürwortet, sofern sie nur über einen üblichen schweren Rollstuhl verfüge. Das Heben eines Leichtrollstuhls sei möglich, wenn dieser maximal 10 kg wiege. Laut Prospekt der Firma Sopur wiegen die Modelle der Ausführung Helium 6,5 bis 9 kg (Gesamtgewicht) und 4,2 bis 5,6 kg (Transportgewicht). Bei dem Transportgewicht ist berücksichtigt, dass die Leichtgewichträder für den einfachen Transport abgenommen werden können. Die Antragstellerin trägt vor, ihr Rollstuhl wiege 11,4 kg. Insoweit ist nicht klar, ob es sich dabei um den Leichtrollstuhl handelt oder den normalen, schwergewichtigeren Rollstuhl, über den die Antragstellerin ebenfalls verfügt. Sollte es sich dabei tatsächlich um den Leichtrollstuhl Sopur Helium handeln, so ist die Erhöhung des Gewichts auf Umstände zurückzuführen, die die Antragstellerin selbst zu vertreten hat. Offenbar hat sie durch zusätzliche Einrichtungen an dem Rollstuhl selbst das Gewicht erheblich erhöht. Das kann nicht zu Lasten des Antragsgegners gehen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Räder abgenommen werden können. Die Antragstellerin selbst hat nicht vorgetragen, welche Ausführung des Leichtrollstuhls sie hat. Selbst bei der Ausführung "Neutron" mit einem Gesamtgewicht von 9 kg und einem Transportgewicht von 5,6 kg läge das Gewicht bei Abnahme der Räder inklusive der Zusatzeinrichtungen immer noch unter 10 kg. Es ist der Antragstellerin zuzumuten, jedenfalls für eine Übergangszeit den Rollstuhl in Einzelteilen in ihren Pkw zu heben. Dies ist ihr gewichtsmäßig möglich.

Im Übrigen hat die Antragstellerin – abgesehen von Zitaten von Grundrechtsartikeln (Art. 1, 2, 3 und 20 GG) sowie von Vorschriften des Sozialgesetzbuches, Neuntes Buch (SGB IX) – keine drohenden, unzumutbaren Beeinträchtigungen vorgetragen, die ihr gegenwärtig ohne Verladehilfe entstünden. Aus den Verwaltungsvorgängen ist ersichtlich, dass sie diverse Ärzte in Hamburg und andernorts aufsucht und wiederholt an Aktionen teilnimmt, um auf Beeinträchtigungen von Behinderten auch im öffentlichen Raum hinzuweisen. Sie kann also offenbar auch ohne Verladehilfe Fahrten mit ihrem Pkw unternehmen. Das Sozialgericht hat weiterhin zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Pflegegeld nach dem Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI), noch Pflegegeld nach § 64 SGB XII in Verbindung mit Art. 51 Pflegeversicherungsgesetz im Zuge der Besitzstands-wahrungsgarantie, Hilfen zur Weiterführung des Haushalts von sieben Stunden in der Woche und Eingliederungshilfe in Form eines persönlichen Budgets erhält. Diese Hilfen können teilweise dazu eingesetzt werden, vereinzelt Personen zu bitten, den Rollstuhl in den Pkw der Antragstellerin zu verbringen. Durch die Hilfe anderer und/oder selbst ist die Antragstellerin gegenwärtig in der Lage, nicht nur Ärzte zu besuchen, sondern auch ihren Anspruch auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wahrzunehmen. Bei einem Zuspruch der Kostenübernahme für die Verladehilfe und einem entsprechenden Einbau in den Pkw der Antragstellerin wäre die Vorwegnahme der Hauptsache erfüllt ohne die Möglichkeit, das wieder rückgängig zu machen. In Anbetracht der hohen Kosten (7.439,88 EUR bzw. 8.911,91 EUR) kann der Antragsgegner hierzu im Rahmen der einstweiligen Anordnung nicht verpflichtet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kann nicht bewilligt werden, denn die dafür erforderlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung sind – wie aus diesem Beschluss ersichtlich – nicht gegeben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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