Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 15 KR 116/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 231/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung i. S. d. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht höchstrichterlich geklärt sind und trotz eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen die Verbeitragung einer monatlich ausgezahlten Versiche¬rungsleistung aus einer betrieblichen Altersvorsorge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1946 geborene Klägerin ist als Altersrentnerin bei der Beklagten und Berufungsbeklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ihr früherer Arbeitgeber schloss im Juli 1992 als Maßnahme der be¬trieblichen Altersvorsorge zu ihren Gunsten bei der A Lebensversicherungs-AG eine Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung ab; vereinbart wurde eine monatliche Auszahlung der Rente ab 1. Juli 2011. Die Versicherung wurde 2007 vom neuen Arbeitgeber als Versicherungsnehmer wei¬tergeführt.
Im Juni 2011 teilte die A Lebensversicherungs-AG der Beklagten mit, der Klägerin werde ab Juli 2011 ein monatlicher Versorgungsbezug in Höhe von 248,00 EUR ausgezahlt. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Beitragssatz zur Krankenversicherung 15,5 v. H. und zur Pflegeversicherung 1,95 v. H. bzw. 2,2 v. H. betrage und eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die erhal¬tenen Versorgungsbezüge bestehe, sofern die monatliche Einnahmeuntergrenze von 127,75 EUR überschritten werde. Soweit Beiträge zu zahlen seien, würden diese von der Zahl¬stelle einbehalten und an die Beklagte abgeführt.
Nachdem das Versicherungsunternehmen der Klägerin für August 2011 einen Betrag in Höhe von 161,44 EUR - unter Einbehaltung von 86,56 EUR für "Sozialvers." - ausgezahlt hatte, legte die Klägerin am 14. September 2011 Widerspruch sowohl gegen die grundsätzliche Beitrags¬pflicht als auch gegen die Höhe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge ein. Es han¬dele sich nicht um einen Anspruch auf Versorgung aus dem Arbeitsverhältnis. Der Versi¬cherungsbeitrag sei Teil des Nettoentgelts gewesen, pauschal versteuert und vom Arbeitgeber direkt an das Versicherungsunternehmen gezahlt worden. Damit liege eine private Versicherung vor. Ihre Rentenbezüge seien unverhältnismäßig verringert. Die am 1. Januar 2004 eingeführte Regelung des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei auf ihr Versicherungsverhältnis erst ab diesem Zeit¬punkt anzuwenden; sie genieße Vertrauensschutz.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2012 als unbe-gründet zurück. Die monatlichen Versorgungsbezüge unterfielen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ab 1. Juli 2011 sei ein Betrag von 43,28 EUR zu zahlen; die am 1. August 2011 abgebuchten 86,56 EUR beträfen den Zeitraum Juli und August 2011. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe entschieden, dass die Zugrundele¬gung des vollen allgemeinen Beitragssatzes für Versorgungsbezüge verfassungsgemäß sei. Die Klägerin habe auch nicht nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit Beiträge auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungs¬nehmers eingezahlt.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Februar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und ausgeführt, der 1992 abgeschlossene Versicherungsvertrag laufe unter zwei gesetzlichen Rahmenbedingungen; zum einen unter den von 1992 bis 2003 geltenden Rahmenbedingungen und zum anderen unter den ab 2004 geltenden Rahmenbedingungen. Das ab 2004 geltende Gesetz regele keine Wirksamkeit ab 1992. Ein abgeschlossener Vertrag sei unter den jeweils geltenden gesetzlichen Bedingungen einzuhalten. Die nach dem gültigen Vertrag im gesetzlichen Rahmen bis 2003 erarbeite¬ten und garantierten Leistungen unterlägen den Gesetzen, die in diesem Zeitraum gültig gewesen seien. Die neuen Bestimmungen könnten erst ab Gültigkeit der Gesetze auf den Vertrag angewendet werden. Aufgrund des Vertragsabschlusses im Jahre 1992 handele es sich um einen abgeschlossenen Sachverhalt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialge¬richts (BSG) vom 13. September 2006 (Az.: B 12 KR 1/06 R). Es werde um eine Einzelfallbetrachtung mit Härtefallvermeidung gebeten.
Das SG hat die Klägerin mit ausführlichem Schreiben vom 29. Juni 2012 unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG darauf hingewiesen, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Eine zeitliche Aufteilung wie von der Klägerin gefordert scheide aus. Dass die Versorgungsbezüge aus dem Nettoarbeitsentgelt finanziert worden seien, führe nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung. Eine Härtefallregelung enthalte das Gesetz nicht. Bei Fortführung des Rechtsstreites könnten Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verhängt werden.
Die Klägerin hat hierauf mit Schreiben vom 12. August 2012 insbesondere ausgeführt, es liege ihr fern, ein Gericht missbräuchlich zu bemühen. Für die erarbeitete Leistung sei ein Sozialversicherungsbeitrag abgeführt worden, die erarbeitete Leistung sei von ihrem Vertragspartner A jährlich bestätigt und garantiert worden. Ihr sei kein Gesetz bekannt, das vom Gesetzgeber zwölf Jahre rückwirkend für gültig erklärt worden sei. Sie könne sich nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber dies gewollt habe und sich deshalb auch nicht vorstellen, dass die von ihr gewünschte zeitliche Aufteilung ausscheide. Sie sei immer noch der Überzeugung, dass durch das geltende Recht die vertraglich erarbeiteten und garantierten Leistungen aus den Jahren 1992 bis 2003, somit die Auszahlungen hierzu ohne erneuten Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen gedeckt seien und die Klage nicht aussichtslos, sondern notwendig sei, um eine klare rechtliche Entscheidung herbeizuführen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 17. Oktober 2012, der 45 Minuten gedauert hat, hat die Vorsitzende ausweislich des Sitzungsprotokolls nochmals auf die bereits im Schreiben vom 29. Juni 2012 bezeichneten Entscheidungen hingewiesen, die Rechtslage erläutert und wiederum darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, nach § 192 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Mit Urteil vom gleichen Tag hat es die Klage abgewiesen und der Klägerin Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe von 150,00 EUR auferlegt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt:
"Der Beitragsbemessung für Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner wird gemäß § 237 Nr. 2 SGB V der Zahlbetrag einer der Rente vergleichbaren Einnahme (Versorgungsbezüge) entsprechend § 229 Abs. 1 SGB V zugrunde gelegt. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gelten als Versorgungsbezüge die Renten der betrieblichen Altersver¬sorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an die Stelle dieser Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der ab dem 01.01.2004 anzuwendenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge längstens für 120 Monate. Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V ist der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge i.S. des § 229 Abs. 1 SGB V, d.h. der nach An¬wendung einschlägiger Versagungs-, Kürzungs- oder Ruhensvorschriften auszuzahlende Bruttobetrag der Versorgungsbezüge zu Beiträgen heranzuziehen.
Im Fall der Klägerin stellt die Versicherungsleistung des Versicherungsunternehmens von monatlich 248 EUR eine der Rente vergleichbare Rente der betrieblichen Altersversorgung iS von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar.
Zu Renten der betrieblichen Altersversorgung gehören Leistungen, die entweder vom Ar-beitgeber oder, soweit sie von Dritten gezahlt werden, von Institutionen der betrieblichen Altersversorgung wie etwa Pensionskassen erbracht werden oder - wie hier - aus vom Ar-beitgeber zu Gunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherungen iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) stammen oder hierauf beruhen, da bei typisierender Betrachtung zwischen dem Erwerb der Versicherungsleistung und der früheren Berufstätigkeit ein hinreichender Zusammenhang besteht.
Die Versicherungsleistung aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin ist eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Zwar wurde sie nicht von einer Einrichtung der be¬trieblichen Altersversorgung, sondern von einem privaten Versicherungsunternehmen auf¬grund eines Rentenversicherungsvertrages gezahlt. Dieser Vertrag begründete jedoch eine Direktversicherung (vgl. zum Begriff BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 RdNr 14), weil er vom Arbeitgeber der Klägerin abgeschlossen worden war, um ihr eine zusätzliche Alters¬vorsorge zu verschaffen, und die Altersversorgung auf Prämien beruht, die in den Zeiträu¬men gezahlt worden sind, als nicht die Klägerin, sondern ihr Arbeitgeber Versicherungs¬nehmer war.
Zutreffend hat die Beklagte die gesamte Versicherungsleistung der Beitragspflicht unter¬worfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Aufteilung der Versicherungsleis¬tung in bis Ende 2003 erworbene und nach Einführung des Änderungsgesetzes erworbene Anteile nicht vorzunehmen. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz beru¬fen.
Der Einwand der Klägerin, § 229 SGB V beziehe erst seit der Gesetzesänderung ab 01.01.2004 Leistungen der betrieblichen Alterssicherung in die Leistungspflicht ein und deswegen sei die Einbeziehung der Versorgungsleistung auf diejenigen Teile beschränkt, die ab dem 01.01.2004 erfolgt sind, greift nicht. Dabei übersieht die Klägerin zum einen, dass lediglich Satz 3 des § 229 Abs. 1 SGB V zum 01.01.2004 eingeführt worden ist, der nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen und damit Kapital- bzw. Einmalzahlungen betrifft, und deswegen im Falle der Klägerin, die eine monatlich zu zahlende Rentenleis¬tung erhält, nicht anzuwenden ist. Zum anderen ist entscheidend auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles abzustellen. Versicherungsfall danach ist ausweislich des abgeschlossenen Versicherungsvertrages der 01.07.2011 als derjenige Zeitpunkt, ab dem der Versicherungsnehmer die Auszahlung an den Begünstigten verlangen kann und selber keine Versicherungsbeiträge mehr zu zahlen hat. Zu diesem Zeitpunkt (01.07.2011) ist zu prüfen, ob die Versicherungsleistung der Beitragspflicht unterliegt. Nach der ab 01.01.2004 durch Art. 1 Nr. 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Kran¬kenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) anzuwendenden Fassung von § 229 SGB V unterliegt die Versicherungsleistung in ihrem gesamten Umfang der Bei¬tragspflicht.
Der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidungen des BSG vom 13.09.2006 - B 12 KR 1/06 R - geht fehl. In der Entscheidung führt das BSG aus:
§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V nF erweitert die Beitragspflicht erst ab dem Inkrafttreten der Änderung am 01. Januar 2004 auf von vorne herein oder jedenfalls vor Eintritt des Versicherungsfalls als nicht regelmäßig wiederkehrende zugesagte oder vereinbarte Leistungen der betrieblichen Alterssicherung. Ein darüber hinaus gehender gesetzli¬cher Anwendungsbefehl, die Neuregelung auch auf bereits vorher abgeschlossene Sachverhalte anzuwenden und in der Vergangenheit bereits eingetretene Rechtsfolgen nachträglich wieder zu ändern, ist nicht ergangen. Vor dem 1. Januar 2004 beitrags¬freie Versorgungsbezüge bleibt dies damit endgültig (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32 S 149 f).
Der Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG zugrunde lag, ist mit dem der Klägerin nicht vergleichbar. Denn es handelt sich im Fall der Klägerin nicht um einen vor dem 01.01.2004 abgeschlossenen Sachverhalt. Wann der Sachverhalt abgeschlossen ist, ist aus dem Versicherungsvertrag zu entnehmen. Das BSG führt dazu weiter aus:
Die Entscheidung über die Beitragspflicht nach dem bis zum 31. Dezember 2003 gel¬tenden Recht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung danach getroffen, welche Leistung im Zeitpunkt des Versicherungsfalls konkret geschuldet war (vgl. Urteile vom 30. März 1995, 12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr. 10 S 57 f, vom 26. März 1996,12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff, und vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr. 3 RdNr 11). Versicherungsfall ist dabei je nach Art des Versorgungsbezuges der Eintritt der Berufsunfähigkeit, bei Altersrenten das Erreichen des Rentenalters oder der vereinbarte Auszahlungstermin. Waren Kapital¬leistungen zu diesem Zeitpunkt bereits geschuldet, waren sie nach altem Recht bei¬tragsfrei, war dagegen bei Eintritt des Versicherungsfalls eine Rente geschuldet und trat die Kapitalleistung erst später an deren Stelle, unterlag sie bereits nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF der Beitragspflicht (vgl die vorstehend genannten Urteile des Se¬nats, aaO). Liegt dagegen der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versiche¬rungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeit¬punkt, unterliegt sie nach § 229 Abs 1 Satz 3 Regelung 2 SGB V der Beitragspflicht.
Dass der Gesetzgeber keine Übergangsregelung geschaffen hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Neuregelung der Beitragspflicht auf einmalige Kapitalleistungen ab 01.01.2004 durch § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG; Beschluss vom 07.04.2008 - 1 BvR 1924/07 - in ju¬ris) nicht gegen den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz, weil sie ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis erst mit Wirkung für die Zukunft gestaltet und die Betroffenen nicht auf den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, uneingeschränkt vertrauen durften. Gleiches gilt erst recht für regelmäßig wiederkehrende Leistungen wie die Klägerin eine bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Auferlegung von Verschuldenskosten folgt aus § 192 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, weil sich das Aufrechterhalten des Klagebegehrens zur Überzeugung des Gerichts als rechts-missbräuchlich erweist: Missbrauch liegt vor, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Ein¬sichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Auf ein subjektives Element, wie z.B. ein Handeln wider besseren Wissens und damit eine entsprechende Einsichtsfähigkeit des betroffenen Beteiligten, kommt es nicht an. Die Klägerin wurde mit richterlichem Hinweis vom 29.06.2012 vorab mit den die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Rege¬lung behandelnden Urteile des BVerfG konfrontiert, worüber im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederum eingehend debattiert wurde. Die Klägerin beruft sich selektiv auf die sie begünstigenden Sätze von Entscheidungen des BSG, ignoriert aber zum einen die Nichtvergleichbarkeit der Sachverhalte und weiter die Erwägungen des BVerfG. Ange¬sichts der höchstrichterlich erfolgten Klärung der maßgeblichen Rechtsfragen hat die Klä¬gerin hier die Missbrauchsschwelle des § 192 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG überschritten, so dass ihr ein kostenfreies Ausschöpfen des sozialgerichtlichen Rechtsweges nicht mehr zu¬zubilligen ist, wobei sich die verhängte Gebühr unabhängig vom tatsächlichen Kostenan-satz am untersten Rahmen des § 192 Abs 1 Satz 3 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG bewegt."
Die Klägerin hat am 27. November 2012 Berufung gegen das Urteil eingelegt. Hinsichtlich der Begründung wird auf Bl. 66 bis 71 der Gerichtsakte verwiesen. Soweit ihr das SG Verschuldenskosten i.H.v. 150,00 EUR auferlegt hat, hat sie ausgeführt, die Begründung der Klage und der Berufung rechtfertigten, dass ein Urteil gefällt werden könne und müsse. Weder die Klage noch die Berufung seien verantwortungslos oder fahrlässig Aufwand verursachend geführt. Es liege auch kein Wiederholungsfall oder Ähnliches vor, so dass von Missbrauch keine Rede sein könne. Der Hinweis des Gerichts, dass die geforderte Zeitaufteilung 1992 bis 2003 und ab 2004 ausscheide, sei eine nicht begründete Feststellung, die nicht ausreiche, eine Klage, deren Hauptanliegen diese Aufteilung sei, zurückzuziehen. Außerdem sei bekannt, dass ein Urteil des BSG vom BVerfG korrigiert worden sei, was heiße, dass bestehende Gerichtsurteile nicht automatisch voll richtig sein müssten. Dass die Klage in den Hinweisen vom 21. Juni 2012 als völlig aussichtslos bezeichnet worden sei, sei deshalb nicht nachvollziehbar.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2012 zu verurteilen, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur hinsichtlich nach dem 1. Januar 2004 erbrachter Zahlungen zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung unterliegen Versorgungsbezüge aus Versicherungen zur betriebli¬chen Altersversorgung der Beitragspflicht, wenn der Versicherungsfall zeitlich nach der Gesetzesänderung liege. Es liege kein Verfassungsverstoß vor. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der Entscheidung des SG, der sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung anschließt, Bezug genommen. In seiner Entscheidung hat das SG nicht nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen genannt, sondern auch ausführlich zu den von der Klägerin vorgebrachten Einwänden Stellung genommen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Soweit sie vorgetragen hat, die Beklagte verletze mit der von ihr vorgenommenen Beitragserhebung Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und das Urteil des SG schaffe dieser Verletzung keine Abhilfe, hat sie offensichtlich weder die Darlegungen des SG im Schreiben vom 29. Juni 2012 noch die Hinweise des SG im Termin zur mündlichen Verhandlung noch den Inhalt des Urteils des SG mit den darin enthaltenen Ausführungen zur Rechtslage einschließlich höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Kenntnis genommen und an ihrer, mit dieser Rechtsprechung nicht in Übereinstimmung stehenden, Rechtsauffassung festgehalten.
Zu ergänzen ist lediglich, dass – soweit die Klägerin im Berufungsverfahren gerügt hat, die Beklagte habe auch den Zinsanteil des Kapitals in die Beitragserhebung einbezogen, was eine weitere nicht hinnehmbare Handlungsweise der Beklagten darstelle – die Beklagte zur Erhebung von Beiträgen auch bezüglich des auf den Zinsanteil entfallenden Betrages berechtigt ist. Nach dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gelten die Renten der betrieblichen Altersversorgung als der Rente vergleichbare Einnahmen. Damit sind die zu zahlenden Beiträge aus den gezahlten Versorgungsbezügen und nicht aus dem Teil der gezahlten Versorgungsbezüge, der der Höhe nach den eingezahlten Beiträgen entspricht, zu berechnen. Dem entsprechend hat das BSG in einer Entscheidung vom 30. März 2011 u. a. ausgeführt, dass laufende Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unter Einschluss aller über die gesamte Laufzeit angesammelten Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen einschließlich der Beteiligungen an den Bewertungsreserven unterliegen (Az.: B 12 KR 16/10 R - juris Rn. 33). In der gleichen Entscheidung hat das BSG zudem bestätigt, dass maßgeblich für die Frage, ob Versorgungsbezüge beitragsfrei sind, der Zeitpunkt des Versicherungsfalles ist, dass also dann, wenn eine Kapitalleistung zu einem nach dem 31. Dezember 2013 liegenden Zeitpunkt geschuldet war, diese Leistung der Beitragspflicht unterliegt (a.a.O., Rn. 23 ff.).
Auch soweit sich die Klägerin gegen die Verhängung von Verschuldenskosten wendet, hat sie mit ihrem Begehren keinen Erfolg. Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung i.S. des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist nach Ansicht des Senates jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht höchstrichterlich geklärt sind und trotz eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird. Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klageverfahren fortzuführen, damit war die weitere Rechtsverfolgung missbräuchlich i. S. d. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG (vgl. BVerfG zu § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Beschluss vom 3. Juli 1995 – 2 BvR 1379/95 – juris Rn. 10; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage, XII. Kapitel, Rn. 35; a.A. wohl Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 10. Auflage 2012, § 192 Rn. 9 f.) Da die Klägerin darüber hinaus vom SG sowohl im Schreiben vom 29. Juni 2012 als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2012 auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist, konnte das SG ihr Verschuldenskosten auferlegen. Auch hinsichtlich der Höhe der auferlegten Kosten (Mindestgebühr gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG) ist die vom SG getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Dr. Wietek Schanzenbach Klotzbücher
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen die Verbeitragung einer monatlich ausgezahlten Versiche¬rungsleistung aus einer betrieblichen Altersvorsorge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1946 geborene Klägerin ist als Altersrentnerin bei der Beklagten und Berufungsbeklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ihr früherer Arbeitgeber schloss im Juli 1992 als Maßnahme der be¬trieblichen Altersvorsorge zu ihren Gunsten bei der A Lebensversicherungs-AG eine Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung ab; vereinbart wurde eine monatliche Auszahlung der Rente ab 1. Juli 2011. Die Versicherung wurde 2007 vom neuen Arbeitgeber als Versicherungsnehmer wei¬tergeführt.
Im Juni 2011 teilte die A Lebensversicherungs-AG der Beklagten mit, der Klägerin werde ab Juli 2011 ein monatlicher Versorgungsbezug in Höhe von 248,00 EUR ausgezahlt. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Beitragssatz zur Krankenversicherung 15,5 v. H. und zur Pflegeversicherung 1,95 v. H. bzw. 2,2 v. H. betrage und eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die erhal¬tenen Versorgungsbezüge bestehe, sofern die monatliche Einnahmeuntergrenze von 127,75 EUR überschritten werde. Soweit Beiträge zu zahlen seien, würden diese von der Zahl¬stelle einbehalten und an die Beklagte abgeführt.
Nachdem das Versicherungsunternehmen der Klägerin für August 2011 einen Betrag in Höhe von 161,44 EUR - unter Einbehaltung von 86,56 EUR für "Sozialvers." - ausgezahlt hatte, legte die Klägerin am 14. September 2011 Widerspruch sowohl gegen die grundsätzliche Beitrags¬pflicht als auch gegen die Höhe der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge ein. Es han¬dele sich nicht um einen Anspruch auf Versorgung aus dem Arbeitsverhältnis. Der Versi¬cherungsbeitrag sei Teil des Nettoentgelts gewesen, pauschal versteuert und vom Arbeitgeber direkt an das Versicherungsunternehmen gezahlt worden. Damit liege eine private Versicherung vor. Ihre Rentenbezüge seien unverhältnismäßig verringert. Die am 1. Januar 2004 eingeführte Regelung des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei auf ihr Versicherungsverhältnis erst ab diesem Zeit¬punkt anzuwenden; sie genieße Vertrauensschutz.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2012 als unbe-gründet zurück. Die monatlichen Versorgungsbezüge unterfielen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ab 1. Juli 2011 sei ein Betrag von 43,28 EUR zu zahlen; die am 1. August 2011 abgebuchten 86,56 EUR beträfen den Zeitraum Juli und August 2011. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe entschieden, dass die Zugrundele¬gung des vollen allgemeinen Beitragssatzes für Versorgungsbezüge verfassungsgemäß sei. Die Klägerin habe auch nicht nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit Beiträge auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungs¬nehmers eingezahlt.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Februar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und ausgeführt, der 1992 abgeschlossene Versicherungsvertrag laufe unter zwei gesetzlichen Rahmenbedingungen; zum einen unter den von 1992 bis 2003 geltenden Rahmenbedingungen und zum anderen unter den ab 2004 geltenden Rahmenbedingungen. Das ab 2004 geltende Gesetz regele keine Wirksamkeit ab 1992. Ein abgeschlossener Vertrag sei unter den jeweils geltenden gesetzlichen Bedingungen einzuhalten. Die nach dem gültigen Vertrag im gesetzlichen Rahmen bis 2003 erarbeite¬ten und garantierten Leistungen unterlägen den Gesetzen, die in diesem Zeitraum gültig gewesen seien. Die neuen Bestimmungen könnten erst ab Gültigkeit der Gesetze auf den Vertrag angewendet werden. Aufgrund des Vertragsabschlusses im Jahre 1992 handele es sich um einen abgeschlossenen Sachverhalt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialge¬richts (BSG) vom 13. September 2006 (Az.: B 12 KR 1/06 R). Es werde um eine Einzelfallbetrachtung mit Härtefallvermeidung gebeten.
Das SG hat die Klägerin mit ausführlichem Schreiben vom 29. Juni 2012 unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG darauf hingewiesen, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Eine zeitliche Aufteilung wie von der Klägerin gefordert scheide aus. Dass die Versorgungsbezüge aus dem Nettoarbeitsentgelt finanziert worden seien, führe nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung. Eine Härtefallregelung enthalte das Gesetz nicht. Bei Fortführung des Rechtsstreites könnten Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verhängt werden.
Die Klägerin hat hierauf mit Schreiben vom 12. August 2012 insbesondere ausgeführt, es liege ihr fern, ein Gericht missbräuchlich zu bemühen. Für die erarbeitete Leistung sei ein Sozialversicherungsbeitrag abgeführt worden, die erarbeitete Leistung sei von ihrem Vertragspartner A jährlich bestätigt und garantiert worden. Ihr sei kein Gesetz bekannt, das vom Gesetzgeber zwölf Jahre rückwirkend für gültig erklärt worden sei. Sie könne sich nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber dies gewollt habe und sich deshalb auch nicht vorstellen, dass die von ihr gewünschte zeitliche Aufteilung ausscheide. Sie sei immer noch der Überzeugung, dass durch das geltende Recht die vertraglich erarbeiteten und garantierten Leistungen aus den Jahren 1992 bis 2003, somit die Auszahlungen hierzu ohne erneuten Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen gedeckt seien und die Klage nicht aussichtslos, sondern notwendig sei, um eine klare rechtliche Entscheidung herbeizuführen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 17. Oktober 2012, der 45 Minuten gedauert hat, hat die Vorsitzende ausweislich des Sitzungsprotokolls nochmals auf die bereits im Schreiben vom 29. Juni 2012 bezeichneten Entscheidungen hingewiesen, die Rechtslage erläutert und wiederum darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, nach § 192 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Mit Urteil vom gleichen Tag hat es die Klage abgewiesen und der Klägerin Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe von 150,00 EUR auferlegt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt:
"Der Beitragsbemessung für Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner wird gemäß § 237 Nr. 2 SGB V der Zahlbetrag einer der Rente vergleichbaren Einnahme (Versorgungsbezüge) entsprechend § 229 Abs. 1 SGB V zugrunde gelegt. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gelten als Versorgungsbezüge die Renten der betrieblichen Altersver¬sorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an die Stelle dieser Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der ab dem 01.01.2004 anzuwendenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge längstens für 120 Monate. Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V ist der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge i.S. des § 229 Abs. 1 SGB V, d.h. der nach An¬wendung einschlägiger Versagungs-, Kürzungs- oder Ruhensvorschriften auszuzahlende Bruttobetrag der Versorgungsbezüge zu Beiträgen heranzuziehen.
Im Fall der Klägerin stellt die Versicherungsleistung des Versicherungsunternehmens von monatlich 248 EUR eine der Rente vergleichbare Rente der betrieblichen Altersversorgung iS von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar.
Zu Renten der betrieblichen Altersversorgung gehören Leistungen, die entweder vom Ar-beitgeber oder, soweit sie von Dritten gezahlt werden, von Institutionen der betrieblichen Altersversorgung wie etwa Pensionskassen erbracht werden oder - wie hier - aus vom Ar-beitgeber zu Gunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherungen iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) stammen oder hierauf beruhen, da bei typisierender Betrachtung zwischen dem Erwerb der Versicherungsleistung und der früheren Berufstätigkeit ein hinreichender Zusammenhang besteht.
Die Versicherungsleistung aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin ist eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Zwar wurde sie nicht von einer Einrichtung der be¬trieblichen Altersversorgung, sondern von einem privaten Versicherungsunternehmen auf¬grund eines Rentenversicherungsvertrages gezahlt. Dieser Vertrag begründete jedoch eine Direktversicherung (vgl. zum Begriff BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 RdNr 14), weil er vom Arbeitgeber der Klägerin abgeschlossen worden war, um ihr eine zusätzliche Alters¬vorsorge zu verschaffen, und die Altersversorgung auf Prämien beruht, die in den Zeiträu¬men gezahlt worden sind, als nicht die Klägerin, sondern ihr Arbeitgeber Versicherungs¬nehmer war.
Zutreffend hat die Beklagte die gesamte Versicherungsleistung der Beitragspflicht unter¬worfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Aufteilung der Versicherungsleis¬tung in bis Ende 2003 erworbene und nach Einführung des Änderungsgesetzes erworbene Anteile nicht vorzunehmen. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz beru¬fen.
Der Einwand der Klägerin, § 229 SGB V beziehe erst seit der Gesetzesänderung ab 01.01.2004 Leistungen der betrieblichen Alterssicherung in die Leistungspflicht ein und deswegen sei die Einbeziehung der Versorgungsleistung auf diejenigen Teile beschränkt, die ab dem 01.01.2004 erfolgt sind, greift nicht. Dabei übersieht die Klägerin zum einen, dass lediglich Satz 3 des § 229 Abs. 1 SGB V zum 01.01.2004 eingeführt worden ist, der nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen und damit Kapital- bzw. Einmalzahlungen betrifft, und deswegen im Falle der Klägerin, die eine monatlich zu zahlende Rentenleis¬tung erhält, nicht anzuwenden ist. Zum anderen ist entscheidend auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles abzustellen. Versicherungsfall danach ist ausweislich des abgeschlossenen Versicherungsvertrages der 01.07.2011 als derjenige Zeitpunkt, ab dem der Versicherungsnehmer die Auszahlung an den Begünstigten verlangen kann und selber keine Versicherungsbeiträge mehr zu zahlen hat. Zu diesem Zeitpunkt (01.07.2011) ist zu prüfen, ob die Versicherungsleistung der Beitragspflicht unterliegt. Nach der ab 01.01.2004 durch Art. 1 Nr. 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Kran¬kenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) anzuwendenden Fassung von § 229 SGB V unterliegt die Versicherungsleistung in ihrem gesamten Umfang der Bei¬tragspflicht.
Der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidungen des BSG vom 13.09.2006 - B 12 KR 1/06 R - geht fehl. In der Entscheidung führt das BSG aus:
§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V nF erweitert die Beitragspflicht erst ab dem Inkrafttreten der Änderung am 01. Januar 2004 auf von vorne herein oder jedenfalls vor Eintritt des Versicherungsfalls als nicht regelmäßig wiederkehrende zugesagte oder vereinbarte Leistungen der betrieblichen Alterssicherung. Ein darüber hinaus gehender gesetzli¬cher Anwendungsbefehl, die Neuregelung auch auf bereits vorher abgeschlossene Sachverhalte anzuwenden und in der Vergangenheit bereits eingetretene Rechtsfolgen nachträglich wieder zu ändern, ist nicht ergangen. Vor dem 1. Januar 2004 beitrags¬freie Versorgungsbezüge bleibt dies damit endgültig (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32 S 149 f).
Der Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG zugrunde lag, ist mit dem der Klägerin nicht vergleichbar. Denn es handelt sich im Fall der Klägerin nicht um einen vor dem 01.01.2004 abgeschlossenen Sachverhalt. Wann der Sachverhalt abgeschlossen ist, ist aus dem Versicherungsvertrag zu entnehmen. Das BSG führt dazu weiter aus:
Die Entscheidung über die Beitragspflicht nach dem bis zum 31. Dezember 2003 gel¬tenden Recht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung danach getroffen, welche Leistung im Zeitpunkt des Versicherungsfalls konkret geschuldet war (vgl. Urteile vom 30. März 1995, 12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr. 10 S 57 f, vom 26. März 1996,12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66 ff, und vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr. 3 RdNr 11). Versicherungsfall ist dabei je nach Art des Versorgungsbezuges der Eintritt der Berufsunfähigkeit, bei Altersrenten das Erreichen des Rentenalters oder der vereinbarte Auszahlungstermin. Waren Kapital¬leistungen zu diesem Zeitpunkt bereits geschuldet, waren sie nach altem Recht bei¬tragsfrei, war dagegen bei Eintritt des Versicherungsfalls eine Rente geschuldet und trat die Kapitalleistung erst später an deren Stelle, unterlag sie bereits nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF der Beitragspflicht (vgl die vorstehend genannten Urteile des Se¬nats, aaO). Liegt dagegen der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versiche¬rungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeit¬punkt, unterliegt sie nach § 229 Abs 1 Satz 3 Regelung 2 SGB V der Beitragspflicht.
Dass der Gesetzgeber keine Übergangsregelung geschaffen hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Neuregelung der Beitragspflicht auf einmalige Kapitalleistungen ab 01.01.2004 durch § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG; Beschluss vom 07.04.2008 - 1 BvR 1924/07 - in ju¬ris) nicht gegen den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz, weil sie ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis erst mit Wirkung für die Zukunft gestaltet und die Betroffenen nicht auf den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, uneingeschränkt vertrauen durften. Gleiches gilt erst recht für regelmäßig wiederkehrende Leistungen wie die Klägerin eine bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Auferlegung von Verschuldenskosten folgt aus § 192 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, weil sich das Aufrechterhalten des Klagebegehrens zur Überzeugung des Gerichts als rechts-missbräuchlich erweist: Missbrauch liegt vor, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Ein¬sichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Auf ein subjektives Element, wie z.B. ein Handeln wider besseren Wissens und damit eine entsprechende Einsichtsfähigkeit des betroffenen Beteiligten, kommt es nicht an. Die Klägerin wurde mit richterlichem Hinweis vom 29.06.2012 vorab mit den die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Rege¬lung behandelnden Urteile des BVerfG konfrontiert, worüber im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederum eingehend debattiert wurde. Die Klägerin beruft sich selektiv auf die sie begünstigenden Sätze von Entscheidungen des BSG, ignoriert aber zum einen die Nichtvergleichbarkeit der Sachverhalte und weiter die Erwägungen des BVerfG. Ange¬sichts der höchstrichterlich erfolgten Klärung der maßgeblichen Rechtsfragen hat die Klä¬gerin hier die Missbrauchsschwelle des § 192 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG überschritten, so dass ihr ein kostenfreies Ausschöpfen des sozialgerichtlichen Rechtsweges nicht mehr zu¬zubilligen ist, wobei sich die verhängte Gebühr unabhängig vom tatsächlichen Kostenan-satz am untersten Rahmen des § 192 Abs 1 Satz 3 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG bewegt."
Die Klägerin hat am 27. November 2012 Berufung gegen das Urteil eingelegt. Hinsichtlich der Begründung wird auf Bl. 66 bis 71 der Gerichtsakte verwiesen. Soweit ihr das SG Verschuldenskosten i.H.v. 150,00 EUR auferlegt hat, hat sie ausgeführt, die Begründung der Klage und der Berufung rechtfertigten, dass ein Urteil gefällt werden könne und müsse. Weder die Klage noch die Berufung seien verantwortungslos oder fahrlässig Aufwand verursachend geführt. Es liege auch kein Wiederholungsfall oder Ähnliches vor, so dass von Missbrauch keine Rede sein könne. Der Hinweis des Gerichts, dass die geforderte Zeitaufteilung 1992 bis 2003 und ab 2004 ausscheide, sei eine nicht begründete Feststellung, die nicht ausreiche, eine Klage, deren Hauptanliegen diese Aufteilung sei, zurückzuziehen. Außerdem sei bekannt, dass ein Urteil des BSG vom BVerfG korrigiert worden sei, was heiße, dass bestehende Gerichtsurteile nicht automatisch voll richtig sein müssten. Dass die Klage in den Hinweisen vom 21. Juni 2012 als völlig aussichtslos bezeichnet worden sei, sei deshalb nicht nachvollziehbar.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2012 zu verurteilen, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur hinsichtlich nach dem 1. Januar 2004 erbrachter Zahlungen zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung unterliegen Versorgungsbezüge aus Versicherungen zur betriebli¬chen Altersversorgung der Beitragspflicht, wenn der Versicherungsfall zeitlich nach der Gesetzesänderung liege. Es liege kein Verfassungsverstoß vor. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der Entscheidung des SG, der sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung anschließt, Bezug genommen. In seiner Entscheidung hat das SG nicht nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen genannt, sondern auch ausführlich zu den von der Klägerin vorgebrachten Einwänden Stellung genommen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Soweit sie vorgetragen hat, die Beklagte verletze mit der von ihr vorgenommenen Beitragserhebung Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und das Urteil des SG schaffe dieser Verletzung keine Abhilfe, hat sie offensichtlich weder die Darlegungen des SG im Schreiben vom 29. Juni 2012 noch die Hinweise des SG im Termin zur mündlichen Verhandlung noch den Inhalt des Urteils des SG mit den darin enthaltenen Ausführungen zur Rechtslage einschließlich höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Kenntnis genommen und an ihrer, mit dieser Rechtsprechung nicht in Übereinstimmung stehenden, Rechtsauffassung festgehalten.
Zu ergänzen ist lediglich, dass – soweit die Klägerin im Berufungsverfahren gerügt hat, die Beklagte habe auch den Zinsanteil des Kapitals in die Beitragserhebung einbezogen, was eine weitere nicht hinnehmbare Handlungsweise der Beklagten darstelle – die Beklagte zur Erhebung von Beiträgen auch bezüglich des auf den Zinsanteil entfallenden Betrages berechtigt ist. Nach dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gelten die Renten der betrieblichen Altersversorgung als der Rente vergleichbare Einnahmen. Damit sind die zu zahlenden Beiträge aus den gezahlten Versorgungsbezügen und nicht aus dem Teil der gezahlten Versorgungsbezüge, der der Höhe nach den eingezahlten Beiträgen entspricht, zu berechnen. Dem entsprechend hat das BSG in einer Entscheidung vom 30. März 2011 u. a. ausgeführt, dass laufende Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unter Einschluss aller über die gesamte Laufzeit angesammelten Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen einschließlich der Beteiligungen an den Bewertungsreserven unterliegen (Az.: B 12 KR 16/10 R - juris Rn. 33). In der gleichen Entscheidung hat das BSG zudem bestätigt, dass maßgeblich für die Frage, ob Versorgungsbezüge beitragsfrei sind, der Zeitpunkt des Versicherungsfalles ist, dass also dann, wenn eine Kapitalleistung zu einem nach dem 31. Dezember 2013 liegenden Zeitpunkt geschuldet war, diese Leistung der Beitragspflicht unterliegt (a.a.O., Rn. 23 ff.).
Auch soweit sich die Klägerin gegen die Verhängung von Verschuldenskosten wendet, hat sie mit ihrem Begehren keinen Erfolg. Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung i.S. des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist nach Ansicht des Senates jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht höchstrichterlich geklärt sind und trotz eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird. Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klageverfahren fortzuführen, damit war die weitere Rechtsverfolgung missbräuchlich i. S. d. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG (vgl. BVerfG zu § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Beschluss vom 3. Juli 1995 – 2 BvR 1379/95 – juris Rn. 10; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage, XII. Kapitel, Rn. 35; a.A. wohl Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 10. Auflage 2012, § 192 Rn. 9 f.) Da die Klägerin darüber hinaus vom SG sowohl im Schreiben vom 29. Juni 2012 als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2012 auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist, konnte das SG ihr Verschuldenskosten auferlegen. Auch hinsichtlich der Höhe der auferlegten Kosten (Mindestgebühr gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG) ist die vom SG getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Dr. Wietek Schanzenbach Klotzbücher
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