Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 131 AS 11395/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 1475/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Die 1959 geborene Klägerin übte langjährig eine angelernte Tätigkeit als Lektorin aus, bei der sie im geringen Umfang auch Buchhaltungsaufgaben wahrnahm. Im Rahmen der Lektorentätigkeit beschäftigte sie sich mit der Tages- und der so genannten "Regenbogenpresse".
Die Klägerin wohnte gemeinsam mit ihrer 1981 geborenen Tochter in einer Wohnung. Am 12. Januar 2005 sprach die Klägerin persönlich bei dem Beklagten vor und gab einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten, in welchem Gebäude die Klägerin vorstellig war. Auf dem aktenkundigen Antragsformular befinden sich in grüner Farbe mehrere handschriftliche Eintragungen, die nicht von der Klägerin stammen. Unter anderem ist bestätigt, dass sich die Antragstellerin durch Bundespersonalausweis ausgewiesen habe. Dieser Vermerk ist mit dem Kürzel "Sig" unterzeichnet und auf den 12. Januar 2005 datiert.
Die Klägerin wurde unter VII. des Antragsformulars wie folgt belehrt:
"Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Haben Sie und/oder die mit Ihnen im Haushalt lebenden Angehörigen Vermögen, z. B.
- Bank- und Sparguthaben, Bargeld usw. - Kraftfahrzeug, Wertpapiere, Aktien, Aktienfonds, - Kapitallebensversicherungen, private Rentenversicherungen, "Riester-Rente", Bauspar-verträge usw., - bebaute oder unbebaute Grundstücke, Hausbesitz (z. B. Ein- oder Mehrfamilienhaus), Eigentumswohnung, sonstige Immobilien, - sonstige Vermögensgegenstände, wie z. B. Wertsachen, Gemälde?"
Die Klägerin verneinte durch Ankreuzen folgende Angabe:
"Ich (Antragsteller) und/oder meine/e Partner/in (vgl. Abschnitt II) haben Vermögen, das den Wert von 4.850 Euro je Person (also bei Partnern insgesamt 9.700 Euro) übersteigt."
Die Klägerin füllte auch das "Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens" aus, in dem es einleitend unter anderem heißt:
"Vermögen ist die Gesamtheit der in Geld messbaren Güter einer Person, bewertet zum Zeitpunkt der Antragstellung, soweit das Vermögen nicht später erworben wurde.
Zum Vermögen gehören – unabhängig davon, ob es im In- oder Ausland vorhanden ist – insbesondere Bargeld, Bank- und Sparguthaben, Wertpapiere, Bausparguthaben, Aktien und Fondsanteile ebenso wie Forderungen, bewegliches Vermögen, Haus- und Grundeigentum sowie dingliche Rechte an Grundstücken."
Die Klägerin verneinte in dem Zusatzblatt die Frage danach, ob sie Freistellungsaufträge für Kapital- oder Zinserträge erteilt habe. Sie gab an, dass ihr Girokonto mit 3.128,79 Euro im Minus sei. Daneben gab sie an, über ein Sparbuch mit einem Guthaben von 751,- Euro zu
verfügen. Mit grünem Stift handschriftlich hinzugefügt ist, dass die Zinsen hierfür im letzten Jahr 21,- Euro betragen hätten. Die Inhaberschaft von Sparbriefen oder sonstigen Wertpapieren (z.B. Aktien, Fondsanteile usw.) verneinte sie. Dagegen gab sie unter dem Punkt "Kapitallebensversicherungen/private Rentenversicherungen" an, über eine A Lebensversicherung mit einem Auszahlungsbetrag bei Rückkauf in Höhe von 1.366,- Euro sowie eine Versicherung "D Rente" mit einem Auszahlungsbetrag bei Rückkauf in Höhe von 3.643,- Euro zu verfügen. Unterschriftlich versicherte die Klägerin, dass die Angaben zuträfen. Änderungen würde sie unverzüglich mitteilen. In den Verwaltungsakten des Beklagten befinden sich je eine Fotokopie zu einem Vertrag bei der A Lebensversicherung mit der Vertragsnummer 7 und der Rentenversicherung bei der D W mit der Versicherungsnummer 7-1.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 12. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 385,49 Euro und für den Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von monatlich 578,24 Euro. Der Betrag für Januar 2005 setzte sich zusammen aus 230,- Euro für die Regelleistung und 155,49 Euro für Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU). Der Betrag für die Monate Februar bis Juli 2005 setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345,- Euro und Leistungen für KdU in Höhe von 233,24 Euro.
Am 14. Juli 2005 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II und gab hier in Bezug auf ihre Vermögensverhältnisse an, dass es zu keinen Änderungen gekommen sei. Mit Bescheid vom 18. Juli 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 in Höhe von monatlich 581,22 Euro. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345,- Euro sowie Leistungen für KdU in Höhe von 236,22 Euro. Für Juli 2005 bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung einer entsprechenden Mieterhöhung 2,98 Euro für KdU nach.
Im Jahr 2007 brachte der Beklagte in Erfahrung, dass die Klägerin einen Freistellungsauftrag für Kapital- und Zinserträge bei der Dbank erteilt habe. Hierüber setzte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Juni 2007 in Kenntnis und forderte sie auf, einen Nachweis über ihre Konten und Geldanlagen bei dem genannten Institut sowie lückenlos die Kontoauszüge des Jahres 2005 in Kopie zu übersenden.
Mit Schreiben vom 7. und vom 20. August 2007 erklärte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin, die Durchsicht der Unterlagen der Klägerin sowie die Anforderung weiterer Unterlagen habe hier zur Kenntnis geführt, dass bei der G Lebensversicherung zu Gunsten der Klägerin eine Rentenversicherung bestehe. Der Bevollmächtigte fügte auch Unterlagen bei, denen sich entnehmen ließ, dass die Klägerin über ein Depot bei der Dbank verfügte.
Die Klägerin verfügte im Jahr 2005 über folgendes Vermögen:
- Eine Rentenversicherung mit der Vertragsnummer 01 bei der G Lebensversicherung AG mit Rückkaufswerten zwischen 4.316,- am 31. Januar 2005 Euro und 5.579,- Euro am 31. Dezember 2005; die Versicherung war zum 1. Mai 2001 von der Mutter der Klägerin, I P, abgeschlossen worden; Ablauf der Versicherung ist der 1. Mai 2019; sie konnte im Jahr 2005 innerhalb von vier Wochen zum nächsten Zahlungsabschnitt gekündigt werden; - eine Rentenversicherung bei der D Lebensversicherung AG mit der Vertragsnummer 7-1 mit Rückkaufswerten zwischen 3.669,60 Euro am 1. Februar 2005 und 4.151,04 Euro am 1. Januar 2006; die Versicherung war zum 1. Dezember 1994 von der Klägerin abgeschlossen worden; Beginn der Rentenzahlung aus der Versicherung ist der 1. Dezember 2024; sie konnte im Jahr 2005 gekündigt werden; - eine Lebensversicherung bei der A Lebensversicherungs-AG mit der Vertragsnummer 7 mit Rückkaufswerten zwischen 1.480,80 Euro am 1. Januar 2005 und 1.883,60 Euro am 1. Dezember 2005; die Versicherung war zum 1. Dezember 1999 von der Klägerin abgeschlossen worden; Vertragsablauf ist der 1. Dezember 2014; sie konnte im Jahr 2005 verwertet werden.
Insbesondere verfügte die Klägerin aber auch über ein D Depot bei der Dbank mit der Depot-Nr. 0178. Diesem lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Mutter der Klägerin, Frau I P, verfügte bei der Dbank über ein D Depot mit der Depot-Nr. 0144. In diesem Depot wurden Fonds mit einem Gesamt-Rückkaufswert in Höhe von 35.432,95 Euro (Stand: 26. August 2002) verwahrt. Am 27. August 2002 verstarb die Mutter der Klägerin, die alleinige Erbin war. Die Klägerin beantragte bei der Dbank die Eröffnung eines neuen und die Löschung des alten, "ererbten" Depots. Mit Schreiben vom 11. September 2002 bestätigte die Dbank den Auftrag der Klägerin vom 10. September 2002 und erklärte unter anderem, gesetzlich verpflichtet zu sein, Vermögenswerte des Erblassers dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Eine entsprechende Kopie der Erbschaftssteueranzeige an das zuständige Finanzamt vom 11. September 2002, aus der sich Einzelbestände der im Depot verwahrten Fonds sowie der Gesamtbestand ergaben, war in der Anlage beigefügt.
Das "neue" Depot wurde über die B Sparkasse im Auftrag der Klägerin eröffnet. In dem Depot verwahrte die Dbank die Fonds D-Immobilien Europa, B Sicherheit und jedenfalls bis zum 30. Dezember 2002 auch B D. Zu dem Depot erteilte die Klägerin bei der Dbank unter dem 8. November 2002 einen Freistellungsauftrag auf Investmenterträge bis zu einem Betrag von 1.501,- Euro.
Die Fonds wiesen Stand 30. September 2002 folgende Bestände auf:
- B D: 5.050,31 Euro, - D-Immobilien Europa: 16.766,95 Euro, - B Sicherheit: 13.375,91 Euro.
Der Fonds B D bestand jedenfalls zum 31. Januar 2003 nicht mehr. Die übrigen Fonds wiesen folgende Bestände auf:
- D-Immobilien Europa: 16.978,23 Euro, - B Sicherheit: 13.409,78 Euro.
Die Fondsbestände unterlagen in der Folgezeit Schwankungen. Zum 30. Dezember 2004 wie-sen sie folgende Werte auf:
- D-Immobilien Europa: 12.271,05 Euro, - B Sicherheit: 9.785,82 Euro.
Im Jahr 2005 wiesen die Fonds folgende Werte auf.
Zum 31. Januar 2005:
- D-Immobilien Europa: 9.296,37 Euro, - B Sicherheit: 9.855,42 Euro.
Zum 28. Februar 2005:
- D-Immobilien Europa: 9.341,80 Euro, - B Sicherheit: 9.978,89 Euro.
Zum 31. März 2005:
- D-Immobilien Europa: 6.355,76 Euro, - B Sicherheit: 9.188,04 Euro.
Zum 29. April 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.370,66 Euro, - B Sicherheit: 9.156,88 Euro.
Zum 31. Mai 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.384,23 Euro, - B Sicherheit: 9.309,77 Euro.
Zum 30. Juni 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.398,92 Euro, - B Sicherheit: 9.466,92 Euro.
Zum 29. Juli 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.208,97 Euro, - B Sicherheit: 9.537,00 Euro.
Zum 31. August 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.209,85 Euro, - B Sicherheit: 9.553,99 Euro.
Zum 30. September 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.210,73 Euro, - B Sicherheit: 9.683,52 Euro.
Zum 31. Oktober 2005:
- D-Immobilien Europa: 717,50 Euro, - B Sicherheit: 9.507,27 Euro.
Zum 30. November 2005:
- D-Immobilien Europa: 718,70 Euro, - B Sicherheit: 9.709,01 Euro.
Zum 30. Dezember 2005:
- D-Immobilien Europa: 720,79 Euro, - B Sicherheit: 7.317,21 Euro.
Seinem Schreiben an den Beklagten vom 7. August 2007 fügte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin mehrere an die Klägerin gerichtete Schreiben der Dbank bei, unter anderem eine Umsatz-Jahresübersicht für 2005 und ein Schreiben vom 6. Januar 2005, in dem die Klägerin über eine Ertragsausschüttung des Fonds D-Immobilien Europa und über den aktuell noch verfügbaren Freistellungsauftrag – 1.109,15 Euro – in Kenntnis gesetzt worden war. Der Umsatz-Jahresübersicht lassen sich mehrere Anteilsverkäufe entnehmen. Der erste Verkauf fand am 12. Januar 2005 statt, als die Klägerin Fondsanteile des Fonds D-Immobilien Europa im Wert von 3.000,- Euro verkaufte, ein Betrag, der dem Girokonto der Kläger am 14. Januar 2005 (Tag der Wertstellung) gutgeschrieben wurde. Letztmalig im Jahr 2005 verkaufte die Klägerin am 22. Dezember 2005 aus dem Fonds B Sicherheit 54,136 Anteile für insgesamt 2.500,- Euro.
Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 1. November 2007 hob der Beklagte mit Bescheid vom 4. Januar 2008 die Bewilligungsentscheidungen vom 21. Januar 2005 und vom 18. Juli 2005 für das Jahr 2005 ganz auf und verlangte die entsprechende Erstattung. Den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag bezifferte er insgesamt mit 8.395,83 Euro, den er wie folgt aufschlüsselte:
- Regelleistung: 4.025,- Euro, - Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge: 1.458,45 Euro, - Pflegeversicherungsbeiträge: 173,37 Euro - KdU: 2.739,01 Euro.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe bei Antragstellung ihr Vermögen bei der Dbank in Höhe von 22.057,45 Euro nicht angegeben. Aufgrund des Vermögens habe bei einem Freibetrag von 9.750,- Euro keine Hilfebedürftigkeit bestanden. Die Klägerin habe in ihren Anträgen von 12. Januar 2005 und vom 14. Juli 2005 jeweils zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht. Zudem sei der Klägerin auch bekannt gewesen, dass die Bewilligungen fehlerhaft gewesen seien.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. In dem Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 9. Januar 2008 heißt es insoweit zur Begründung, dass die Klägerin der Mitarbeiterin vom Servicecenter die zur Akte gelangten Unterlagen der D und der A vorgelegt habe. Die Mitarbeiterin habe ihr sinngemäß erklärt, dass dies keine Bedeutung habe und sie "das mal zur Akte" nehme. Zudem sei bei der Bestimmung des Vermögens ein Soll auf dem Girokonto der Klägerin in Höhe von 4.541,11 Euro am 11. Januar 2005 zu berücksichtigen. Auch sei ein wesentlicher Teil des Vermögens bei der Deka nicht ihr, sondern "de facto" ihrer Tochter V zugute zu halten. So habe die Klägerin am 18. und 19. Oktober 2005 3.100,- Euro von ihrem
Girokonto abgehoben, wovon – wie von Anfang an beabsichtigt – ein PKW für die Tochter gekauft werden sollte. Auch dieser Betrag sei nicht als Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen. Durch Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. April 2008 Klage erhoben. In ihrer Klagebegründung hat die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten erklärt, die Unterlagen zu Vermögenswerten bei der D und der A der Mitarbeiterin vom Servicecenter überreicht zu haben. Nachdem diese ihr erklärt habe, diese Unterlagen hätten keine Bedeutung für den Antrag, habe sie – die Klägerin – angenommen, dass auch die Einreichung weiterer Unterlagen zu ihrem Vermögen unerheblich sei. Die Klägerin hat im Übrigen ihre Widerspruchsbegründung zu dem im Soll befindlichen Girokonto und dem Betrag von 3.100,- Euro für die Anschaffung eines PKW für ihre Tochter zum Gegenstand ihrer Klagebegründung gemacht. Zu berücksichtigen seien auch weitere Verpflichtungen und der Umstand, dass sie eine Schuld für ihre Tochter bei deren Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von etwa 1.300,- Euro beglichen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohne die Leistungen des Beklagten ihr Vermögen in einem kürzeren Zeitraum als einem Jahr verbraucht hätte.
Die Klägerin ist wegen der hier in Rede stehenden Sachverhalte durch das Amtsgericht T mit Urteil vom 17. Dezember 2008 wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,- Euro verurteilt worden (Geschäftsnummer:. Der Vorwurf der
Staatsanwaltschaft lautete, die Klägerin habe bei den beiden Antragstellungen bei dem Beklagten im Jahr 2005 jeweils bewusst Vermögen verschwiegen und damit – wie von ihr beabsichtigt – Leistungen von dem Beklagten im Jahr 2005 bezogen. Die Klägerin selbst hat in dem Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht den mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 6. August 2008 formulierten Tatvorwurf eingeräumt. Sie habe alle Unterlagen zum JobCenter mitgenommen und das mit einer Dame vom JobCenter ausgefüllt. Im Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht hat die Klägerin außerdem über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten erklären lassen, dass es wohl so gewesen sei, dass sie das Vermögen nicht angegeben habe und sie es so verschuldet habe. Sie habe vom Arbeitslosengeld und vom Vermögen gelebt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin zu dem Depot Folgendes erklärt: Über das Depot habe sie gar nichts gewusst, weil sie den Vertrag nicht abgeschlossen habe, sondern ihre Mutter für die Rente. Die Mutter, die Ende 2004 – wohl Ende Oktober – verstorben sei, habe den Depotvertrag auf ihren Namen abgeschlossen. Das Depot habe dann sie – die Klägerin – geerbt. Sie habe irgendwie einige Sachen bei der Sparkasse unterschreiben müssen, da habe sie unterschrieben, was man ihr vorgelegt habe; so sei es auch zur Erteilung eines Freistellungsauftrages gekommen. Sie habe die Sachen dann in einem Ordner wegsortiert.
Zur Antragstellung bei dem Beklagten im Januar 2005 hat die Klägerin Folgendes erklärt: Sie habe einen dicken Stapel Antragsunterlagen zugeschickt bekommen und sich einen Termin bei dem Beklagten geben lassen. Zu diesem Termin sei sie alleine hingegangen. Bei dem Beklagten sei eine Frau gewesen, die mit ihr die Unterlagen ausgefüllt habe. Sie habe alles zu dem Beklagten mitgenommen, auch den Ordner mit den Depotunterlagen. Sie und die Mitarbeiterin des Beklagten seien das Antragsformular im Einzelnen durchgegangen und hätten dann die entsprechenden Unterlagen aus dem Ordner rausgesucht. Dabei habe sich die Mitarbeiterin des Beklagten vorab den Ordner durchgeschaut, ehe sie dann gemeinsam den Antrag durchgegangen seien. Wie viel Geld in dem Depot gewesen sei, habe sie, die Klägerin, nicht gewusst. Die Mitarbeiterin des Beklagten habe mit dem Depot auch nichts anfangen können. Sie habe erklärt, da – also wohl im Antragsformular – stehe nichts von Depot drinnen, also lasse man das weg.
Befragt zu Verfügungen im Zusammenhang mit dem Depot hat die Klägerin erklärt: Sie habe am Tag nach der Antragstellung Geld vom Depot abgehoben, weil ihr Konto im Minus gewesen sei. Im Januar seien ganz viele Abbuchungen erfolgt, sie habe das gebraucht für ihr Auto, auf das sie angewiesen sei. Sie habe bei der Sparkasse angerufen und erklärt, wie viel Geld auf ihr Konto soll. Nach dem Termin bei dem Beklagten habe sie sich ihr Depot genauer angeschaut. Auch bei dem Fortzahlungsantrag habe sie sich keine Gedanken gemacht, sie habe nicht gewusst, was sie haben dürfte. Sie habe gewusst, dass die Leistungen des Beklagten der Existenzsicherung dienen; Gedanken über das Depot habe sie sich nicht gemacht.
Befragt zu ihrer Berufsausbildung hat die Klägerin erklärt, sie habe 23 bis 24 Jahre im Büro gearbeitet. Ihr Aufgabenbereich habe im Computerwesen, in der Buchhaltung und allem, was es "da so" gebe, bestanden. Danach habe sie eine Umschulung zur Physiotherapeutin gemacht.
Mit Urteil vom 25. Juni 2010 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufgehoben. Einschlägig für die Verwaltungsentscheidung des Beklagten sei § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Die darin jeweils vorausgesetzte grobe Fahrlässigkeit müsse im Wege des Vollbeweises nachgewiesen sein. Beweispflichtig insoweit sei der Beklagte. Die Kammer sei zur Überzeugung gelangt, dass sich die Klägerin bei der Antragstellung der Hilfe durch den Beklagten bedient habe. Die Kammer halte es auch für möglich, dass die Klägerin "zu diesem Tag" – gemeint sein dürfte der 12. Januar 2005 – ihren Ordner mit allen Unterlagen – auch zum Depot bei der Dbank – mitgebracht habe. Die Kammer halte es für glaubhaft, dass die Klägerin die Fonds kurz vor Antragstellung von ihrer Mutter geerbt und zunächst nicht gewusst habe, um was für eine Geldanlage es sich gehandelt habe. Die Klägerin habe nicht gewusst, dass es sich bei den Depots um Investmentfonds gehandelt habe, die
berücksichtigungsfähiges Vermögen darstellen. Ein Hinweis auf die Angabe eines Depots finde sich in den Antragsformularen nicht. Die Klägerin habe den Angaben der Mitarbeiterin des Beklagten vertrauen dürfen, dass das Depot rechtlich nicht relevant sei.
Gegen das ihm am 16. Juli 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10. August 2010 Berufung eingelegt. Es sei unzutreffend, dass die Klägerin das Depot erst Ende 2004 von ihrer Mutter geerbt habe. Die Klägerin habe als Anlegerin genau gewusst, dass sich der verwahrte
Investmentfondsbestand aus Wertpapieren zusammensetze. Nach dem Vortrag der Klägerin im Widerspruchsverfahren sei das Depot bei der Dbank bei Antragstellung am 12. Januar 2005 gar nicht thematisiert worden. Das Kürzel "Sig" auf dem Antragsformular stamme von dem Mitarbeiter Herrn S. Soweit die Klägerin vortrage, am 12. Januar 2005 im Gebäude in der Bstraße vorstellig geworden zu sein, könne dies nicht zutreffen, weil dieses Gebäude erst zum 1. Mai 2005 angemietet worden sei. Vor dem 1. Mai 2005 sei der Beklagte in den Standorten Hplatz sowie Sstraße untergebracht gewesen. Der Antrag vom 12. Januar 2005 sei von Herrn S am Hplatz 1 entgegengenommen worden. Allerdings sei im Januar 2005 durch das Institut für internationale Bildung und Kommunikation (IBK) eine Hilfestellung bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II in der Bstraße erfolgt. Hierbei habe es sich um eine ABM-Maßnahme der Agentur für Arbeit gehandelt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. In ihrer Berufungserwiderung hat die Klägerin nunmehr erklärt, sie habe den Antrag am 12. Januar 2005 für sich und ihre Tochter in der Hauptstelle des Beklagten in der Bstraße gestellt. Dass sie mit ihren Unterlagen und Ordnern dorthin gegangen sei, könne ihre Tochter bezeugen. Das Vorbringen durch den ehemaligen Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sei verkürzt. Soweit sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt habe, ihre Mutter sei 2004 verstorben, sei ihr ein Erinnerungsfehler hinsichtlich der Jahreszahl unterlaufen, der aufgrund des lange zurückliegenden Zeitraums ihre Glaubwürdigkeit nicht erschüttere.
Der Senat hat Auskünfte zu den Geldanlagen der Klägerin eingeholt und zwar
- bei der G Lebensversicherung AG zum Vertrag 01, - bei der D Lebensversicherung AG zum Vertrag 1, - bei der Dbank zum Depot 0178, - bei der A Lebensversicherungs-AG zum Vertrag 7.
Der Senat hat des Weiteren die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013 persönlich angehört und in diesem Termin die Tochter der Klägerin, V D, und den Mitarbeiter des Beklagten, S, als Zeugen vernommen.
Die Klägerin hat im Wesentlichen Folgendes erklärt: Sie sei nach entsprechender telefonischer Terminvereinbarung absprachegemäß am 12. Januar 2005 mit zwei dicken Ordnern in die Bstraße gegangen. Dort habe sie eine Dame in Empfang genommen, mit der sie dann
gemeinsam die mitgeführten Ordner durchgeschaut habe. Da die Dame noch Fragen hinsichtlich des Kraftfahrzeugs gehabt und sie – die Klägerin – insbesondere gebeten habe, den Kraftfahrzeugbrief einzureichen, habe sie von zu Hause den Kraftfahrzeugbrief geholt und diesen der Dame in der Bstraße überreicht. Bei ihrem ersten Besuch habe sie sich nicht in Begleitung befunden. Bei der zweiten Vorsprache sei sie von ihrer Tochter, der Zeugin D, begleitet worden, die bei dem zweiten Gespräch mit der Dame in der Bstraße anwesend gewesen sei. Sie habe den Antragsbogen, soweit es ihr möglich gewesen sei, bereits im Vorfeld ausgefüllt und sei dann den Bogen gemeinsam mit der Dame weiter durchgegangen und man habe gemeinsame Ergänzungen vorgenommen. Den Antragsbogen habe sie in Anwesenheit der Dame unterschrieben. Die für sie zuständige Dame habe die von ihr mitgeführten zwei Ordner durchgesehen. Sie – die Klägerin – habe die Dame auch konkret auf die Unterlagen zum Depot hingewiesen, die dann die Frage gestellt habe, was ein Depot sei. Die Dame habe ihr erklärt, dass die Depotunterlagen für die Antragstellung keine Bedeutung hätten und deshalb weggelassen werden könnten. Sie – die Klägerin – habe seinerzeit selbst nicht gewusst, wo sie das Depot hätte eintragen können. In Betracht gekommen wären aus ihrer Sicht mehrere Spalten. Aufgrund der Beratung der Dame habe sie sich allerdings keine weiteren Gedanken gemacht und sei auch nicht stutzig geworden darüber, dass in den Formularen ein konkreter Freibetrag genannt worden sei.
Befragt zu dem Depot hat die Klägerin im Wesentlichen erklärt, sie habe nach dem Tod ihrer Mutter bei der Sparkasse in R erfahren, dass ihre Mutter dort ein Depot unterhalten habe. Dieses Depot sei dann auf ihren Namen überschrieben worden. Was ein Depot ist, habe sie damals nicht so genau gewusst, doch habe sie schon gewusst, dass es sich dabei in irgendeiner Art und Weise um Geld gehandelt habe. Das Depot selbst habe sie sich seinerzeit nicht so genau angesehen, sie habe also deshalb auch nicht gewusst, wie viel Geld damit verbunden sein würde. Sie gehe davon aus, dass sie später von der Sparkasse weitere Schriftstücke erhalten habe, die im Zusammenhang mit dem Depot standen. Mit dem Depot selbst habe sie sich eigentlich nie näher beschäftigt. Immer, wenn ihr Girokonto mal wieder im Minus gewesen sei, habe sie sich an die Sparkasse gewandt und dann Umbuchungen aus dem Depot vorgenommen, um das Minus ihres Girokontos wieder auszugleichen. Sie habe seinerzeit nur in telefonischem Kontakt mit der Mitarbeiterin der Sparkasse gestanden. Ihr sei jeweils klar gewesen, dass die Umbuchungen nur aus dem Depot hätten vorgenommen werden können. Depotauszüge habe sie jährlich erhalten. Sie habe sich damit aber nicht weiter beschäftigt, sondern diese Auszüge sofort in den Schrank gelegt. Sie habe auch nicht mehr zur Sparkasse hin gemusst. Für sie zuständig gewesen in R sei eine Frau W, die alles für sie geregelt habe. Wie es zu erheblichen Zunahmen der Anteilbestände oder Abnahmen der Anteilbestände im Depotkonto noch vor dem Jahre 2005 gekommen sei, könne sie nicht sagen.
Beim Amtsgericht T habe sie sich verurteilen lassen, weil ihr ihr Anwalt seinerzeit dazu geraten habe. Die Anklageschrift habe sie im Vorfeld gelesen und gewusst, dass ihr ein vorsätzlicher Betrug zur Last gelegt worden sei.
Die Zeugin D hat im Wesentlichen ausgesagt, dass sich die Klägerin anlässlich der ersten Antragstellung zunächst allein mit ihren Unterlagen auf den Weg in die Bstraße gemacht habe, also dorthin, wo sich heute das Jobcenter befinde. Sie sei dann irgendwann zurückgekommen und habe gesagt, es fehlten noch Papiere, mit denen sie nochmals erneut zur Behörde müsse. Sie, die Zeugin, und die Klägerin seien dann gemeinsam in die Bstraße gegangen. Dort sei die Klägerin an den Schreibtisch einer Dame, bei der sie wohl auch schon zuvor gewesen sei, gegangen und habe dort die nachgeforderten Unterlagen abgegeben. Sie sei sich hundertprozentig sicher, dass die Klägerin damals zu einer Dame gegangen sei. An weitere Einzelheiten dazu könne sie sich aber heute nicht erinnern.
Der Zeuge Shat im Wesentlichen ausgesagt, auch noch Anfang 2005 als Abgeordneter von der Deutschen Telekom für die Ausgabe und Annahme von Anträgen auf Leistungen nach dem SGB II zuständig gewesen zu sein. Er habe zu dieser Zeit am Hplatz gesessen. An die Klägerin könne er sich nicht erinnern. Auf Vorhalt des Antragsformulars zu dem Antrag vom 12. Januar 2005 hat der Zeuge erklärt, dass das auf dem Antragsformular aufgebrachte Kürzel "Sig, 12.01.05" von ihm stamme. Sie hätten seinerzeit mit grün schreiben müssen, so dass auch alle weiteren mit Grünstift angebrachten Striche und Vermerke von ihm stammten. Insbesondere erkenne er seine Schrift auf dem Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens wieder, soweit es dort um den Nachtrag von Zinsen zu Sparbüchern gehe. Er gehe davon aus, dass der ihm vorgelegte Antrag persönlich bei ihm abgegeben worden sei. Er habe am Hlatz nur die Anträge bearbeitet, die dort persönlich abgegeben worden seien. Ihm sei
bekannt, dass es in der Bstraße eine Unterstützungsstelle gegeben habe. Seines Erachtens habe es sich um "Bequit" gehandelt, er könne sich daran aber nicht mehr im Einzelnen erinnern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte der Staatsanwaltschaft sowie die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 25. Juni 2010 ist unzutreffend. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufgehoben. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der angefochtene Bescheid, der im Übrigen auch verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist - insbesondere wurde die Klägerin gemäß § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört -, hat seine zutreffende Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung (a. F.) in Verbindung mit § 45 SGB X. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. gilt für das Verfahren nach diesem Buch das Zehnte Buch (Satz 1). Die Vorschriften des Dritten Buches über 1. die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs. 1, 2, 3 Satz 1 und 4), 1a. die vorläufige Entscheidung (§ 328), 2. die vorläufige Zahlungseinstellung (§ 331) und 3. die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 1, 2 und 5) sind gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. entsprechend anwendbar.
§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. verweist demnach auch auf § 45 SGB X. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, er, auch
nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Der Anwendungsbereich von § 45 SGB X ist eröffnet, weil die Bewilligungsbescheide vom 21. Januar 2005 und vom 18. Juli 2005 von Anfang an rechtswidrig waren. Denn der Klägerin standen keine Leistungen nach dem SGB II vom 12. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 zu. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II a. F. Personen, die unter anderem hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II a. F., wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Berücksichtigung von Vermögen ist in § 12 SGB II a. F. geregelt. Nach § 12 Abs. 1 SGB II a. F. sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Vom Vermögen abzusetzen ist zum einen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 4.100 Euro; der Grundfreibetrag darf für den volljährigen Hilfebedürftigen und seinen Partner jeweils 13.000 Euro nicht übersteigen. Der Grundfreibetrag bei der Klägerin betrug demnach im Jahr 2005 nicht mehr als 9.200,- Euro (46 mal 200,- Euro). Zuzüglich des nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II a. F. abzusetzenden Betrages von 750,- Euro für notwendige Anschaffungen konnte die Klägerin demnach einen Freibetrag von maxi-mal 9.950,- Euro in Anspruch nehmen. Die Klägerin hat im Jahr 2005 durchweg über Vermögen verfügt, das den genannten Freibetrag überstiegen hat. Allein die bei der Dbank in einem Depot verwahrten Fonds wiesen jedenfalls bis zum 21. Dezember 2005 durchweg Bestände im Wert von über 10.000,- Euro auf. Aber auch nach dem 21. Dezember 2005 überstieg das Vermögen der Klägerin allein unter zusätzlicher Berücksichtigung der Rentenversicherung bei der G Lebensversicherung AG – Rückkaufswerte insoweit beliefen sich im Jahr 2005 durchweg auf mehr als 4.000,- Euro – die der Klägerin zustehenden Freibeträge. Auch bei letztgenannter Versicherung handelte es sich - wie bei allen Vermögensgegenständen der Klägerin - ersichtlich um kein ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB II a. F.). Es handelte sich auch um keinen geldwerten Anspruch, der der Altersvorsorge diente, im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a. F., weil die Klägerin die Rentenversicherung ausweislich der Auskunft der G Lebensversicherung AG vom 14. Dezember 2012 vor dem Eintritt in den Ruhestand mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist zum nächsten Zahlungsabschnitt jederzeit verwerten konnte.
Negative Kontobestände auf dem Girokonto der Klägerin oder sonstige Verbindlichkeiten sind nicht zu berücksichtigen. Vermögen im Sinne von § 12 SGB II ist nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern sind die vorhandenen aktiven Vermögenswerte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R - juris). Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswer-te nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (z. B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, so dass die Wertpapiere und Versicherungen der Klägerin in Höhe des jeweiligen Verkehrswertes ohne Abzug von etwaigen anderweitigen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Der im Oktober 2005 vom Girokonto der Klägerin abgehobene Betrag in Höhe von 3.100,- Euro ist nach dem Gesagten jedenfalls bis zum Tag der Abhebung als
Vermögen zu berücksichtigten. Abgesehen davon überstieg auch danach das Vermögen der Klägerin die ihr zustehenden Freibeträge deutlich.
Unbeachtlich ist auch der Einwand der Klägerin, sie hätte ohne die Leistungen des Beklagten ihr Vermögen schneller verbraucht. Maßgeblich für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist im vorliegenden Fall allein, dass das Vermögen die der Klägerin zustehenden Freibeträge überstieg. Die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs von Vermögenswerten sieht das SGB II – anders als etwa § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung in seiner bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung – nicht vor (vgl. Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 12, Rn. 49).
Der Beklagte musste die Bewilligungsentscheidungen mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben, weil die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhten, die die Klägerin mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hatte.
Die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 12. Januar 2005 waren unrichtig, soweit sie erklärt hatte, über kein Vermögen zu verfügen, das den Wert von 4.850,- Euro übersteigt. Unrichtig war auch ihre Angabe, keine Freistellungsaufträge erteilt zu haben. Teils unrichtig, teils unvollständig waren die Angaben der Klägerin zu ihren Vermögenswerten. Weiter unrichtig war die Angabe, über keine "sonstige[n] Wertpapiere" zu verfügen, weil die Klägerin bei der Dbank über Depots verfügte, in denen Fondsanteile verwahrt wurden, die im Antragsformular beispielhaft als "sonstige[s] Wertpapier[ ]" genannt waren. Unvollständig waren die Angaben zu ihren privaten Rentenversicherungen, da sie ihre Rentenversicherung mit der Vertragsnummer 01 bei der G Lebensversicherung AG nicht angegeben hatte. Entsprechend unrichtig und unvollständig waren demgemäß auch die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 14. Juli 2005. Denn macht ein Leistungsempfänger falsche Angaben und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2010 - L 5 AS 2340/08 -; Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 18. Februar 1999 - L 6 AL 6/98 - beide bei juris).
Die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide beruhten auch auf den falschen Angaben der Klägerin. Insbesondere liegt hier kein Fall vor, in dem die Behörde auf die entsprechenden Informationen - hier vor allem zum Depot der Klägerin - erkennbar keinen Wert legte (vgl. dazu
Waschull in Diering/Timme/Waschull, Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2011, § 45, Rn. 36; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 45, Rn. 50). Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25. Juni 2010 und nochmals im Termin vor dem Senat am 24. Oktober 2013 erklärt hat, sie und eine Mitarbeiterin des Beklagten seien das Antragsformular im Einzelnen durchgegangen und hätten dann die entsprechenden Unterlagen aus dem Ordner rausgesucht, wobei sich die Mitarbeiterin des Beklagten vorab den Ordner durchgeschaut habe, und soweit die Klägerin weiter ausgesagt hat, sie habe die Mitarbeiterin des Beklagten auf das Depot hingewiesen, welche aber sinngemäß erklärt habe, Angaben zum Depot könnten weggelassen werden, hat der Senat für das Vorliegen solcher Erklärungen keine Anhaltspunkte. Entsprechende Erklärungen zum Depot der Klägerin oder einer Mitarbeiterin des Beklagten oder einer sonstigen Frau, deren Erklärungen sich der Beklagte zurechnen lassen müsste, sind in den Verwaltungsvorgängen nicht niedergelegt worden. Auch die Klägerin hat hierzu nichts Schriftliches vorliegen. Sie hat auch keine Beweismittel für eine derartige Erklärung angeboten oder anbieten können. Somit sprechen gegen die Richtigkeit ihres diesbezüglichen Sachvortrages mehrere Gesichtspunkte, für die Richtigkeit spricht hingegen nichts. Gegen die Behauptung der Klägerin spricht bereits, dass insoweit hier ein Fall gesteigerten Vorbringens vorliegt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Oktober 1987 - 9 C 147/86 - juris), weil die Klägerin im Widerspruchsverfahren und noch in der Klagebegründung vor dem Sozialgericht erklärt hat, nur die Unterlagen zu Vermögenswerten bei der D und der A der Mitarbeiterin vom Servicecenter überreicht zu haben; nachdem diese ihr erklärt habe, diese Unterlagen hätten keine Bedeutung für den Antrag, habe sie – die Klägerin – angenommen, dass auch die Einreichung weiterer Unterlagen zu ihrem Vermögen unerheblich sei. Hierbei handelt es sich um die Schilderung eines gegenüber der jetzigen Darstellung vollkommen an-deren Lebenssachverhaltes, die auch nicht – anders als die Klägerin im Berufungsverfahren vorträgt – auf eine schlichte "Verkürzung" des Sachvortrages zurückzuführen ist, wovon auch vor dem Hintergrund nicht auszugehen ist, dass die Klägerin den entsprechenden Sachverhalt durch ihren damaligen Rechtsanwalt sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren geschildert hat. Dazu kommt, dass sich die Klägerin wegen des hier in Rede stehenden
Sachverhaltes wegen Betruges in zwei Fällen hat verurteilen lassen. Dabei hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 6. August 2008 gelesen und die ihr zur Last gelegte Tat verstanden zu haben. Gleichwohl hat sie den Tatvorwurf gegenüber dem Strafgericht eingeräumt. In den Akten der Staatsanwaltschaft heißt es im Übrigen zwar, die Klägerin habe (bei Antragstellung am 12. Januar 2005) alle Unterlagen zum JobCenter mitgenommen und das mit einer Dame vom Job-Center ausgefüllt. Der jetzige Tatsachenvortrag zu angeblichen Äußerungen dieser Dame zum Depot der Klägerin findet sich in den Strafakten dagegen nicht, obwohl sich dieser Vortrag vor dem Hintergrund der ihr zur Last gelegten Tat doch geradezu aufgedrängt hatte. Dass im Übrigen einige der Umstände der Antragstellung von der Klägerin richtig wiedergegeben worden sein dürften, vermag an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. So sieht es der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Hintergrund der glaubhaften Aussage der Zeugin D zwar als gut möglich an, dass sich die Klägerin im Rahmen der Antragstellung im Januar 2005 in die Bstraße begeben und den Antrag zusammen mit einer Frau ausgefüllt hatte. Diese Details zu Ort und Personen weisen aber keinen Bezug zu den von der Klägerin nachträglich behaupteten Erklärungen zum Depot von ihr und einer Mitarbeiterin des Beklagten auf.
Bei dieser Sachlage gibt es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der behaupteten Erklärungen der Klägerin sowie einer Mitarbeiterin des Beklagten zu dem Depot. Der Senat muss daher hier auch keine Beweislastentscheidung treffen. Er weist aber darauf hin, dass das Sozialgericht zwar zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Behörde grundsätzlich für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X beweispflichtig sein dürfte (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R – juris – den Leistungsträger trifft danach grundsätzlich die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides). Ob der Beklagte vorliegend bei objektiv falschen Erklärungen der Klägerin im schriftlichen Antragsformular aber tatsächlich die Beweislast dafür trägt, dass einerseits die Klägerin – mündlich – ihr Depot angegeben hat und es andererseits eine - ebenfalls mündliche - Erklärung einer mit der Hilfe beim Ausfüllen von SGB II-Anträgen betrauten Mitarbeiterin zum Depot der Klägerin nicht gegeben hat, erscheint dem Senat aber zweifelhaft (für eine Be-weislast des Leistungsbeziehers in einem ähnlich gelagerten Fall Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. November 2010 - L 5 AS 39/08 - juris; vgl. auch Landessozialgericht Sachsen, Urteil vom 21. April 2008 - L 3 AL 34/05 - juris; Beweislast des Leistungsbeziehers hinsichtlich der von ihm trotz seiner unvollständigen Angaben im Antragsformular behaupteten Erfüllung der Mitteilungspflicht durch mündliche oder konkludente Erklärungen).
Die Klägerin hatte ihre Angaben gegenüber dem Beklagten in Bezug auf ihre Vermögensverhältnisse auch grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders hohen Maße, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrläs-sigkeit erheblich übersteigt. Subjektiv unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 88/99 R - juris). Dabei ist grundsätzlich ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen, das heißt es kommt wesentlich darauf an, ob der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit hätte erkennen müssen, dass die betreffenden Angaben zu machen waren.
Die Klägerin hätte zumindest unter Berücksichtigung ihrer individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit erkennen müssen, dass ihre Angaben zum Vermögen teils falsch, teils unzutreffend waren, was auch nach dem persönlichen Eindruck, den die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. Oktober 2013 hinterlassen hat, für den Senat außer Frage steht. Selbst ohne, aber erst recht mit Berücksichtigung des Depots bei der Dbank überstieg das Vermögen bereits den im Antragsformular genannten Betrag von 4.850,- Euro
deutlich, was für die Klägerin ohne weiteres erkennbar war. Der groben Fahrlässigkeit steht auch nicht entgegen, dass das Wort "Depot" im Antragsformular nicht genannt wird. Im Antragsformular wird unter VII. unmissverständlich erklärt, "alle verwertbaren Vermögensgegenstände [seien] zu berücksichtigen". Dass die nachfolgend genannten Vermögensgegenstände lediglich beispielhaft genannt worden sind, erhellt neben weiteren Formulierungen wie "usw." oder "sonstige Vermögensgegenstände" bereits der Zusatz "z. B.". Auch die im Zusatzblatt 3 zum Antragsformular verwendeten Formulierungen schließen die Berücksichtigung eines Depots nicht aus, zumal das Depot für sich ja auch keinen Vermögenswert darstellt, vielmehr darin Fondsanteile verwahrt werden, die allerdings mindestens im Zusatzblatt 3 ausdrücklich als möglicher Vermögensgegenstand genannt werden. Dass – wie sie vor dem Sozialgericht erklärt hat – der Klägerin die konkreten ihr zustehenden Freibeträge nicht erläutert worden sind, ist unmaßgeblich, weil sich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht auf die Rechtswidrigkeit des auf den Falschangaben beruhenden Verwaltungsaktes zu beziehen haben (Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X, Rn. 38).
Die Angaben der Klägerin, die letztlich belegen sollen, sie habe nicht gewusst, um was es sich bei dem Depot gehandelt habe, sind unglaubhaft, der entsprechende Tatsachenvortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ist teilweise nachweislich unwahr. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, dass es ihr durchaus bewusst gewesen sei, dass es sich bei dem Depot im weitesten Sinne um "Geld" gehandelt habe. Darüber hinaus hatte die Klägerin das Depot von ihrer Mutter eben nicht "einfach" geerbt, sondern das alte Depot aufgelöst, um ein neues Depot zu eröffnen. Sie hatte das Depot auch nicht etwa erst kurz vor Antragstellung bei dem Beklagten geerbt, sondern bereits im Jahr 2002. Ihre Angabe, bei Antragstellung am 12. Januar 2005 den Bestand des Depots nicht gekannt zu haben, ist unglaubhaft, da die Klägerin gerade am 12. Januar 2005 - also am Tag der Antragstellung bei dem Beklagten - Fondsanteile des Fonds D-ImmobilienEuropa im Wert von 3.000,- Euro verkauft hatte, um ihren negativen Kontostand auszugleichen. Soweit die Klägerin jedenfalls sinngemäß vor dem Sozialgericht erklärt hat, sich erst nach Antragstellung bei dem Beklagten mit dem Depot befasst zu haben, ist auch dieser Vortrag unglaubhaft. So hatte die Klägerin von der Dbank ein Schreiben vom 6. Januar 2005 erhalten, in dem die Klägerin über eine Ertragsausschüttung des Fonds D-ImmobilienEuropa und über den aktuell noch verfügbaren Freistellungsauftrag – 1.109,15 Euro – in Kenntnis gesetzt worden war. Sie hatte zudem im Jahr 2005, aber auch schon vorher mit dem Depot gewirtschaftet, indem sie Anteile verkauft hatte. Ein entsprechender Verkauf von knapp 70 Anteilen des Fonds D-ImmobilienEuropa für gut 3.000,- Euro hatte etwa im Juli 2004 stattgefunden. Weitere erhebliche Veränderungen im Depot ergeben sich beispielsweise auch für Nvember/Dezember 2003 sowie für Februar/März 2004. Die Klägerin hat im Termin am 24. Oktober 2013 auch ausdrücklich erklärt, mithilfe des Depots negative Bestände auf ihrem Girokonto ausgeglichen zu haben. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, die Klägerin hätte über das Depot nichts gewusst. Die Klägerin wusste, dass es sich bei dem Depot um "Geld" handelte. Sie wusste im Grunde auch, dass dieses "Geld" für die Antragstellung von Relevanz war, denn in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, seinerzeit selbst zwar nicht gewusst zu haben, wo sie das Depot hätte eintragen können; es seien aus ihrer Sicht aber mehrere Spalten in Betracht gekommen.
Der angefochtene Bescheid ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R - juris). Ermessen hatte der Beklagte gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a. F. in Verbindung mit § 330 Abs. 2 des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht auszuüben. Die Erstattungsverfügung hat ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. in Verbindung mit § 50 Abs. 1 SGB X und ist zutreffend berechnet worden. § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F., nach dem abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten sind, ist hier nach § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a. F. nicht anzuwenden, weil hier ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Die Erstattungsverfügung in Bezug auf Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ist rechtmäßig und beruht auf § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II a. F. in Verbindung mit § 335 Abs. 1 und 5 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Die 1959 geborene Klägerin übte langjährig eine angelernte Tätigkeit als Lektorin aus, bei der sie im geringen Umfang auch Buchhaltungsaufgaben wahrnahm. Im Rahmen der Lektorentätigkeit beschäftigte sie sich mit der Tages- und der so genannten "Regenbogenpresse".
Die Klägerin wohnte gemeinsam mit ihrer 1981 geborenen Tochter in einer Wohnung. Am 12. Januar 2005 sprach die Klägerin persönlich bei dem Beklagten vor und gab einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten, in welchem Gebäude die Klägerin vorstellig war. Auf dem aktenkundigen Antragsformular befinden sich in grüner Farbe mehrere handschriftliche Eintragungen, die nicht von der Klägerin stammen. Unter anderem ist bestätigt, dass sich die Antragstellerin durch Bundespersonalausweis ausgewiesen habe. Dieser Vermerk ist mit dem Kürzel "Sig" unterzeichnet und auf den 12. Januar 2005 datiert.
Die Klägerin wurde unter VII. des Antragsformulars wie folgt belehrt:
"Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Haben Sie und/oder die mit Ihnen im Haushalt lebenden Angehörigen Vermögen, z. B.
- Bank- und Sparguthaben, Bargeld usw. - Kraftfahrzeug, Wertpapiere, Aktien, Aktienfonds, - Kapitallebensversicherungen, private Rentenversicherungen, "Riester-Rente", Bauspar-verträge usw., - bebaute oder unbebaute Grundstücke, Hausbesitz (z. B. Ein- oder Mehrfamilienhaus), Eigentumswohnung, sonstige Immobilien, - sonstige Vermögensgegenstände, wie z. B. Wertsachen, Gemälde?"
Die Klägerin verneinte durch Ankreuzen folgende Angabe:
"Ich (Antragsteller) und/oder meine/e Partner/in (vgl. Abschnitt II) haben Vermögen, das den Wert von 4.850 Euro je Person (also bei Partnern insgesamt 9.700 Euro) übersteigt."
Die Klägerin füllte auch das "Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens" aus, in dem es einleitend unter anderem heißt:
"Vermögen ist die Gesamtheit der in Geld messbaren Güter einer Person, bewertet zum Zeitpunkt der Antragstellung, soweit das Vermögen nicht später erworben wurde.
Zum Vermögen gehören – unabhängig davon, ob es im In- oder Ausland vorhanden ist – insbesondere Bargeld, Bank- und Sparguthaben, Wertpapiere, Bausparguthaben, Aktien und Fondsanteile ebenso wie Forderungen, bewegliches Vermögen, Haus- und Grundeigentum sowie dingliche Rechte an Grundstücken."
Die Klägerin verneinte in dem Zusatzblatt die Frage danach, ob sie Freistellungsaufträge für Kapital- oder Zinserträge erteilt habe. Sie gab an, dass ihr Girokonto mit 3.128,79 Euro im Minus sei. Daneben gab sie an, über ein Sparbuch mit einem Guthaben von 751,- Euro zu
verfügen. Mit grünem Stift handschriftlich hinzugefügt ist, dass die Zinsen hierfür im letzten Jahr 21,- Euro betragen hätten. Die Inhaberschaft von Sparbriefen oder sonstigen Wertpapieren (z.B. Aktien, Fondsanteile usw.) verneinte sie. Dagegen gab sie unter dem Punkt "Kapitallebensversicherungen/private Rentenversicherungen" an, über eine A Lebensversicherung mit einem Auszahlungsbetrag bei Rückkauf in Höhe von 1.366,- Euro sowie eine Versicherung "D Rente" mit einem Auszahlungsbetrag bei Rückkauf in Höhe von 3.643,- Euro zu verfügen. Unterschriftlich versicherte die Klägerin, dass die Angaben zuträfen. Änderungen würde sie unverzüglich mitteilen. In den Verwaltungsakten des Beklagten befinden sich je eine Fotokopie zu einem Vertrag bei der A Lebensversicherung mit der Vertragsnummer 7 und der Rentenversicherung bei der D W mit der Versicherungsnummer 7-1.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 12. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 385,49 Euro und für den Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von monatlich 578,24 Euro. Der Betrag für Januar 2005 setzte sich zusammen aus 230,- Euro für die Regelleistung und 155,49 Euro für Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU). Der Betrag für die Monate Februar bis Juli 2005 setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345,- Euro und Leistungen für KdU in Höhe von 233,24 Euro.
Am 14. Juli 2005 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II und gab hier in Bezug auf ihre Vermögensverhältnisse an, dass es zu keinen Änderungen gekommen sei. Mit Bescheid vom 18. Juli 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 in Höhe von monatlich 581,22 Euro. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345,- Euro sowie Leistungen für KdU in Höhe von 236,22 Euro. Für Juli 2005 bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung einer entsprechenden Mieterhöhung 2,98 Euro für KdU nach.
Im Jahr 2007 brachte der Beklagte in Erfahrung, dass die Klägerin einen Freistellungsauftrag für Kapital- und Zinserträge bei der Dbank erteilt habe. Hierüber setzte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Juni 2007 in Kenntnis und forderte sie auf, einen Nachweis über ihre Konten und Geldanlagen bei dem genannten Institut sowie lückenlos die Kontoauszüge des Jahres 2005 in Kopie zu übersenden.
Mit Schreiben vom 7. und vom 20. August 2007 erklärte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin, die Durchsicht der Unterlagen der Klägerin sowie die Anforderung weiterer Unterlagen habe hier zur Kenntnis geführt, dass bei der G Lebensversicherung zu Gunsten der Klägerin eine Rentenversicherung bestehe. Der Bevollmächtigte fügte auch Unterlagen bei, denen sich entnehmen ließ, dass die Klägerin über ein Depot bei der Dbank verfügte.
Die Klägerin verfügte im Jahr 2005 über folgendes Vermögen:
- Eine Rentenversicherung mit der Vertragsnummer 01 bei der G Lebensversicherung AG mit Rückkaufswerten zwischen 4.316,- am 31. Januar 2005 Euro und 5.579,- Euro am 31. Dezember 2005; die Versicherung war zum 1. Mai 2001 von der Mutter der Klägerin, I P, abgeschlossen worden; Ablauf der Versicherung ist der 1. Mai 2019; sie konnte im Jahr 2005 innerhalb von vier Wochen zum nächsten Zahlungsabschnitt gekündigt werden; - eine Rentenversicherung bei der D Lebensversicherung AG mit der Vertragsnummer 7-1 mit Rückkaufswerten zwischen 3.669,60 Euro am 1. Februar 2005 und 4.151,04 Euro am 1. Januar 2006; die Versicherung war zum 1. Dezember 1994 von der Klägerin abgeschlossen worden; Beginn der Rentenzahlung aus der Versicherung ist der 1. Dezember 2024; sie konnte im Jahr 2005 gekündigt werden; - eine Lebensversicherung bei der A Lebensversicherungs-AG mit der Vertragsnummer 7 mit Rückkaufswerten zwischen 1.480,80 Euro am 1. Januar 2005 und 1.883,60 Euro am 1. Dezember 2005; die Versicherung war zum 1. Dezember 1999 von der Klägerin abgeschlossen worden; Vertragsablauf ist der 1. Dezember 2014; sie konnte im Jahr 2005 verwertet werden.
Insbesondere verfügte die Klägerin aber auch über ein D Depot bei der Dbank mit der Depot-Nr. 0178. Diesem lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Mutter der Klägerin, Frau I P, verfügte bei der Dbank über ein D Depot mit der Depot-Nr. 0144. In diesem Depot wurden Fonds mit einem Gesamt-Rückkaufswert in Höhe von 35.432,95 Euro (Stand: 26. August 2002) verwahrt. Am 27. August 2002 verstarb die Mutter der Klägerin, die alleinige Erbin war. Die Klägerin beantragte bei der Dbank die Eröffnung eines neuen und die Löschung des alten, "ererbten" Depots. Mit Schreiben vom 11. September 2002 bestätigte die Dbank den Auftrag der Klägerin vom 10. September 2002 und erklärte unter anderem, gesetzlich verpflichtet zu sein, Vermögenswerte des Erblassers dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Eine entsprechende Kopie der Erbschaftssteueranzeige an das zuständige Finanzamt vom 11. September 2002, aus der sich Einzelbestände der im Depot verwahrten Fonds sowie der Gesamtbestand ergaben, war in der Anlage beigefügt.
Das "neue" Depot wurde über die B Sparkasse im Auftrag der Klägerin eröffnet. In dem Depot verwahrte die Dbank die Fonds D-Immobilien Europa, B Sicherheit und jedenfalls bis zum 30. Dezember 2002 auch B D. Zu dem Depot erteilte die Klägerin bei der Dbank unter dem 8. November 2002 einen Freistellungsauftrag auf Investmenterträge bis zu einem Betrag von 1.501,- Euro.
Die Fonds wiesen Stand 30. September 2002 folgende Bestände auf:
- B D: 5.050,31 Euro, - D-Immobilien Europa: 16.766,95 Euro, - B Sicherheit: 13.375,91 Euro.
Der Fonds B D bestand jedenfalls zum 31. Januar 2003 nicht mehr. Die übrigen Fonds wiesen folgende Bestände auf:
- D-Immobilien Europa: 16.978,23 Euro, - B Sicherheit: 13.409,78 Euro.
Die Fondsbestände unterlagen in der Folgezeit Schwankungen. Zum 30. Dezember 2004 wie-sen sie folgende Werte auf:
- D-Immobilien Europa: 12.271,05 Euro, - B Sicherheit: 9.785,82 Euro.
Im Jahr 2005 wiesen die Fonds folgende Werte auf.
Zum 31. Januar 2005:
- D-Immobilien Europa: 9.296,37 Euro, - B Sicherheit: 9.855,42 Euro.
Zum 28. Februar 2005:
- D-Immobilien Europa: 9.341,80 Euro, - B Sicherheit: 9.978,89 Euro.
Zum 31. März 2005:
- D-Immobilien Europa: 6.355,76 Euro, - B Sicherheit: 9.188,04 Euro.
Zum 29. April 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.370,66 Euro, - B Sicherheit: 9.156,88 Euro.
Zum 31. Mai 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.384,23 Euro, - B Sicherheit: 9.309,77 Euro.
Zum 30. Juni 2005:
- D-Immobilien Europa: 5.398,92 Euro, - B Sicherheit: 9.466,92 Euro.
Zum 29. Juli 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.208,97 Euro, - B Sicherheit: 9.537,00 Euro.
Zum 31. August 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.209,85 Euro, - B Sicherheit: 9.553,99 Euro.
Zum 30. September 2005:
- D-Immobilien Europa: 4.210,73 Euro, - B Sicherheit: 9.683,52 Euro.
Zum 31. Oktober 2005:
- D-Immobilien Europa: 717,50 Euro, - B Sicherheit: 9.507,27 Euro.
Zum 30. November 2005:
- D-Immobilien Europa: 718,70 Euro, - B Sicherheit: 9.709,01 Euro.
Zum 30. Dezember 2005:
- D-Immobilien Europa: 720,79 Euro, - B Sicherheit: 7.317,21 Euro.
Seinem Schreiben an den Beklagten vom 7. August 2007 fügte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin mehrere an die Klägerin gerichtete Schreiben der Dbank bei, unter anderem eine Umsatz-Jahresübersicht für 2005 und ein Schreiben vom 6. Januar 2005, in dem die Klägerin über eine Ertragsausschüttung des Fonds D-Immobilien Europa und über den aktuell noch verfügbaren Freistellungsauftrag – 1.109,15 Euro – in Kenntnis gesetzt worden war. Der Umsatz-Jahresübersicht lassen sich mehrere Anteilsverkäufe entnehmen. Der erste Verkauf fand am 12. Januar 2005 statt, als die Klägerin Fondsanteile des Fonds D-Immobilien Europa im Wert von 3.000,- Euro verkaufte, ein Betrag, der dem Girokonto der Kläger am 14. Januar 2005 (Tag der Wertstellung) gutgeschrieben wurde. Letztmalig im Jahr 2005 verkaufte die Klägerin am 22. Dezember 2005 aus dem Fonds B Sicherheit 54,136 Anteile für insgesamt 2.500,- Euro.
Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 1. November 2007 hob der Beklagte mit Bescheid vom 4. Januar 2008 die Bewilligungsentscheidungen vom 21. Januar 2005 und vom 18. Juli 2005 für das Jahr 2005 ganz auf und verlangte die entsprechende Erstattung. Den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag bezifferte er insgesamt mit 8.395,83 Euro, den er wie folgt aufschlüsselte:
- Regelleistung: 4.025,- Euro, - Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge: 1.458,45 Euro, - Pflegeversicherungsbeiträge: 173,37 Euro - KdU: 2.739,01 Euro.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe bei Antragstellung ihr Vermögen bei der Dbank in Höhe von 22.057,45 Euro nicht angegeben. Aufgrund des Vermögens habe bei einem Freibetrag von 9.750,- Euro keine Hilfebedürftigkeit bestanden. Die Klägerin habe in ihren Anträgen von 12. Januar 2005 und vom 14. Juli 2005 jeweils zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht. Zudem sei der Klägerin auch bekannt gewesen, dass die Bewilligungen fehlerhaft gewesen seien.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. In dem Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 9. Januar 2008 heißt es insoweit zur Begründung, dass die Klägerin der Mitarbeiterin vom Servicecenter die zur Akte gelangten Unterlagen der D und der A vorgelegt habe. Die Mitarbeiterin habe ihr sinngemäß erklärt, dass dies keine Bedeutung habe und sie "das mal zur Akte" nehme. Zudem sei bei der Bestimmung des Vermögens ein Soll auf dem Girokonto der Klägerin in Höhe von 4.541,11 Euro am 11. Januar 2005 zu berücksichtigen. Auch sei ein wesentlicher Teil des Vermögens bei der Deka nicht ihr, sondern "de facto" ihrer Tochter V zugute zu halten. So habe die Klägerin am 18. und 19. Oktober 2005 3.100,- Euro von ihrem
Girokonto abgehoben, wovon – wie von Anfang an beabsichtigt – ein PKW für die Tochter gekauft werden sollte. Auch dieser Betrag sei nicht als Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen. Durch Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. April 2008 Klage erhoben. In ihrer Klagebegründung hat die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten erklärt, die Unterlagen zu Vermögenswerten bei der D und der A der Mitarbeiterin vom Servicecenter überreicht zu haben. Nachdem diese ihr erklärt habe, diese Unterlagen hätten keine Bedeutung für den Antrag, habe sie – die Klägerin – angenommen, dass auch die Einreichung weiterer Unterlagen zu ihrem Vermögen unerheblich sei. Die Klägerin hat im Übrigen ihre Widerspruchsbegründung zu dem im Soll befindlichen Girokonto und dem Betrag von 3.100,- Euro für die Anschaffung eines PKW für ihre Tochter zum Gegenstand ihrer Klagebegründung gemacht. Zu berücksichtigen seien auch weitere Verpflichtungen und der Umstand, dass sie eine Schuld für ihre Tochter bei deren Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von etwa 1.300,- Euro beglichen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohne die Leistungen des Beklagten ihr Vermögen in einem kürzeren Zeitraum als einem Jahr verbraucht hätte.
Die Klägerin ist wegen der hier in Rede stehenden Sachverhalte durch das Amtsgericht T mit Urteil vom 17. Dezember 2008 wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,- Euro verurteilt worden (Geschäftsnummer:. Der Vorwurf der
Staatsanwaltschaft lautete, die Klägerin habe bei den beiden Antragstellungen bei dem Beklagten im Jahr 2005 jeweils bewusst Vermögen verschwiegen und damit – wie von ihr beabsichtigt – Leistungen von dem Beklagten im Jahr 2005 bezogen. Die Klägerin selbst hat in dem Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht den mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 6. August 2008 formulierten Tatvorwurf eingeräumt. Sie habe alle Unterlagen zum JobCenter mitgenommen und das mit einer Dame vom JobCenter ausgefüllt. Im Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht hat die Klägerin außerdem über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten erklären lassen, dass es wohl so gewesen sei, dass sie das Vermögen nicht angegeben habe und sie es so verschuldet habe. Sie habe vom Arbeitslosengeld und vom Vermögen gelebt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin zu dem Depot Folgendes erklärt: Über das Depot habe sie gar nichts gewusst, weil sie den Vertrag nicht abgeschlossen habe, sondern ihre Mutter für die Rente. Die Mutter, die Ende 2004 – wohl Ende Oktober – verstorben sei, habe den Depotvertrag auf ihren Namen abgeschlossen. Das Depot habe dann sie – die Klägerin – geerbt. Sie habe irgendwie einige Sachen bei der Sparkasse unterschreiben müssen, da habe sie unterschrieben, was man ihr vorgelegt habe; so sei es auch zur Erteilung eines Freistellungsauftrages gekommen. Sie habe die Sachen dann in einem Ordner wegsortiert.
Zur Antragstellung bei dem Beklagten im Januar 2005 hat die Klägerin Folgendes erklärt: Sie habe einen dicken Stapel Antragsunterlagen zugeschickt bekommen und sich einen Termin bei dem Beklagten geben lassen. Zu diesem Termin sei sie alleine hingegangen. Bei dem Beklagten sei eine Frau gewesen, die mit ihr die Unterlagen ausgefüllt habe. Sie habe alles zu dem Beklagten mitgenommen, auch den Ordner mit den Depotunterlagen. Sie und die Mitarbeiterin des Beklagten seien das Antragsformular im Einzelnen durchgegangen und hätten dann die entsprechenden Unterlagen aus dem Ordner rausgesucht. Dabei habe sich die Mitarbeiterin des Beklagten vorab den Ordner durchgeschaut, ehe sie dann gemeinsam den Antrag durchgegangen seien. Wie viel Geld in dem Depot gewesen sei, habe sie, die Klägerin, nicht gewusst. Die Mitarbeiterin des Beklagten habe mit dem Depot auch nichts anfangen können. Sie habe erklärt, da – also wohl im Antragsformular – stehe nichts von Depot drinnen, also lasse man das weg.
Befragt zu Verfügungen im Zusammenhang mit dem Depot hat die Klägerin erklärt: Sie habe am Tag nach der Antragstellung Geld vom Depot abgehoben, weil ihr Konto im Minus gewesen sei. Im Januar seien ganz viele Abbuchungen erfolgt, sie habe das gebraucht für ihr Auto, auf das sie angewiesen sei. Sie habe bei der Sparkasse angerufen und erklärt, wie viel Geld auf ihr Konto soll. Nach dem Termin bei dem Beklagten habe sie sich ihr Depot genauer angeschaut. Auch bei dem Fortzahlungsantrag habe sie sich keine Gedanken gemacht, sie habe nicht gewusst, was sie haben dürfte. Sie habe gewusst, dass die Leistungen des Beklagten der Existenzsicherung dienen; Gedanken über das Depot habe sie sich nicht gemacht.
Befragt zu ihrer Berufsausbildung hat die Klägerin erklärt, sie habe 23 bis 24 Jahre im Büro gearbeitet. Ihr Aufgabenbereich habe im Computerwesen, in der Buchhaltung und allem, was es "da so" gebe, bestanden. Danach habe sie eine Umschulung zur Physiotherapeutin gemacht.
Mit Urteil vom 25. Juni 2010 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufgehoben. Einschlägig für die Verwaltungsentscheidung des Beklagten sei § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Die darin jeweils vorausgesetzte grobe Fahrlässigkeit müsse im Wege des Vollbeweises nachgewiesen sein. Beweispflichtig insoweit sei der Beklagte. Die Kammer sei zur Überzeugung gelangt, dass sich die Klägerin bei der Antragstellung der Hilfe durch den Beklagten bedient habe. Die Kammer halte es auch für möglich, dass die Klägerin "zu diesem Tag" – gemeint sein dürfte der 12. Januar 2005 – ihren Ordner mit allen Unterlagen – auch zum Depot bei der Dbank – mitgebracht habe. Die Kammer halte es für glaubhaft, dass die Klägerin die Fonds kurz vor Antragstellung von ihrer Mutter geerbt und zunächst nicht gewusst habe, um was für eine Geldanlage es sich gehandelt habe. Die Klägerin habe nicht gewusst, dass es sich bei den Depots um Investmentfonds gehandelt habe, die
berücksichtigungsfähiges Vermögen darstellen. Ein Hinweis auf die Angabe eines Depots finde sich in den Antragsformularen nicht. Die Klägerin habe den Angaben der Mitarbeiterin des Beklagten vertrauen dürfen, dass das Depot rechtlich nicht relevant sei.
Gegen das ihm am 16. Juli 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10. August 2010 Berufung eingelegt. Es sei unzutreffend, dass die Klägerin das Depot erst Ende 2004 von ihrer Mutter geerbt habe. Die Klägerin habe als Anlegerin genau gewusst, dass sich der verwahrte
Investmentfondsbestand aus Wertpapieren zusammensetze. Nach dem Vortrag der Klägerin im Widerspruchsverfahren sei das Depot bei der Dbank bei Antragstellung am 12. Januar 2005 gar nicht thematisiert worden. Das Kürzel "Sig" auf dem Antragsformular stamme von dem Mitarbeiter Herrn S. Soweit die Klägerin vortrage, am 12. Januar 2005 im Gebäude in der Bstraße vorstellig geworden zu sein, könne dies nicht zutreffen, weil dieses Gebäude erst zum 1. Mai 2005 angemietet worden sei. Vor dem 1. Mai 2005 sei der Beklagte in den Standorten Hplatz sowie Sstraße untergebracht gewesen. Der Antrag vom 12. Januar 2005 sei von Herrn S am Hplatz 1 entgegengenommen worden. Allerdings sei im Januar 2005 durch das Institut für internationale Bildung und Kommunikation (IBK) eine Hilfestellung bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II in der Bstraße erfolgt. Hierbei habe es sich um eine ABM-Maßnahme der Agentur für Arbeit gehandelt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. In ihrer Berufungserwiderung hat die Klägerin nunmehr erklärt, sie habe den Antrag am 12. Januar 2005 für sich und ihre Tochter in der Hauptstelle des Beklagten in der Bstraße gestellt. Dass sie mit ihren Unterlagen und Ordnern dorthin gegangen sei, könne ihre Tochter bezeugen. Das Vorbringen durch den ehemaligen Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sei verkürzt. Soweit sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt habe, ihre Mutter sei 2004 verstorben, sei ihr ein Erinnerungsfehler hinsichtlich der Jahreszahl unterlaufen, der aufgrund des lange zurückliegenden Zeitraums ihre Glaubwürdigkeit nicht erschüttere.
Der Senat hat Auskünfte zu den Geldanlagen der Klägerin eingeholt und zwar
- bei der G Lebensversicherung AG zum Vertrag 01, - bei der D Lebensversicherung AG zum Vertrag 1, - bei der Dbank zum Depot 0178, - bei der A Lebensversicherungs-AG zum Vertrag 7.
Der Senat hat des Weiteren die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013 persönlich angehört und in diesem Termin die Tochter der Klägerin, V D, und den Mitarbeiter des Beklagten, S, als Zeugen vernommen.
Die Klägerin hat im Wesentlichen Folgendes erklärt: Sie sei nach entsprechender telefonischer Terminvereinbarung absprachegemäß am 12. Januar 2005 mit zwei dicken Ordnern in die Bstraße gegangen. Dort habe sie eine Dame in Empfang genommen, mit der sie dann
gemeinsam die mitgeführten Ordner durchgeschaut habe. Da die Dame noch Fragen hinsichtlich des Kraftfahrzeugs gehabt und sie – die Klägerin – insbesondere gebeten habe, den Kraftfahrzeugbrief einzureichen, habe sie von zu Hause den Kraftfahrzeugbrief geholt und diesen der Dame in der Bstraße überreicht. Bei ihrem ersten Besuch habe sie sich nicht in Begleitung befunden. Bei der zweiten Vorsprache sei sie von ihrer Tochter, der Zeugin D, begleitet worden, die bei dem zweiten Gespräch mit der Dame in der Bstraße anwesend gewesen sei. Sie habe den Antragsbogen, soweit es ihr möglich gewesen sei, bereits im Vorfeld ausgefüllt und sei dann den Bogen gemeinsam mit der Dame weiter durchgegangen und man habe gemeinsame Ergänzungen vorgenommen. Den Antragsbogen habe sie in Anwesenheit der Dame unterschrieben. Die für sie zuständige Dame habe die von ihr mitgeführten zwei Ordner durchgesehen. Sie – die Klägerin – habe die Dame auch konkret auf die Unterlagen zum Depot hingewiesen, die dann die Frage gestellt habe, was ein Depot sei. Die Dame habe ihr erklärt, dass die Depotunterlagen für die Antragstellung keine Bedeutung hätten und deshalb weggelassen werden könnten. Sie – die Klägerin – habe seinerzeit selbst nicht gewusst, wo sie das Depot hätte eintragen können. In Betracht gekommen wären aus ihrer Sicht mehrere Spalten. Aufgrund der Beratung der Dame habe sie sich allerdings keine weiteren Gedanken gemacht und sei auch nicht stutzig geworden darüber, dass in den Formularen ein konkreter Freibetrag genannt worden sei.
Befragt zu dem Depot hat die Klägerin im Wesentlichen erklärt, sie habe nach dem Tod ihrer Mutter bei der Sparkasse in R erfahren, dass ihre Mutter dort ein Depot unterhalten habe. Dieses Depot sei dann auf ihren Namen überschrieben worden. Was ein Depot ist, habe sie damals nicht so genau gewusst, doch habe sie schon gewusst, dass es sich dabei in irgendeiner Art und Weise um Geld gehandelt habe. Das Depot selbst habe sie sich seinerzeit nicht so genau angesehen, sie habe also deshalb auch nicht gewusst, wie viel Geld damit verbunden sein würde. Sie gehe davon aus, dass sie später von der Sparkasse weitere Schriftstücke erhalten habe, die im Zusammenhang mit dem Depot standen. Mit dem Depot selbst habe sie sich eigentlich nie näher beschäftigt. Immer, wenn ihr Girokonto mal wieder im Minus gewesen sei, habe sie sich an die Sparkasse gewandt und dann Umbuchungen aus dem Depot vorgenommen, um das Minus ihres Girokontos wieder auszugleichen. Sie habe seinerzeit nur in telefonischem Kontakt mit der Mitarbeiterin der Sparkasse gestanden. Ihr sei jeweils klar gewesen, dass die Umbuchungen nur aus dem Depot hätten vorgenommen werden können. Depotauszüge habe sie jährlich erhalten. Sie habe sich damit aber nicht weiter beschäftigt, sondern diese Auszüge sofort in den Schrank gelegt. Sie habe auch nicht mehr zur Sparkasse hin gemusst. Für sie zuständig gewesen in R sei eine Frau W, die alles für sie geregelt habe. Wie es zu erheblichen Zunahmen der Anteilbestände oder Abnahmen der Anteilbestände im Depotkonto noch vor dem Jahre 2005 gekommen sei, könne sie nicht sagen.
Beim Amtsgericht T habe sie sich verurteilen lassen, weil ihr ihr Anwalt seinerzeit dazu geraten habe. Die Anklageschrift habe sie im Vorfeld gelesen und gewusst, dass ihr ein vorsätzlicher Betrug zur Last gelegt worden sei.
Die Zeugin D hat im Wesentlichen ausgesagt, dass sich die Klägerin anlässlich der ersten Antragstellung zunächst allein mit ihren Unterlagen auf den Weg in die Bstraße gemacht habe, also dorthin, wo sich heute das Jobcenter befinde. Sie sei dann irgendwann zurückgekommen und habe gesagt, es fehlten noch Papiere, mit denen sie nochmals erneut zur Behörde müsse. Sie, die Zeugin, und die Klägerin seien dann gemeinsam in die Bstraße gegangen. Dort sei die Klägerin an den Schreibtisch einer Dame, bei der sie wohl auch schon zuvor gewesen sei, gegangen und habe dort die nachgeforderten Unterlagen abgegeben. Sie sei sich hundertprozentig sicher, dass die Klägerin damals zu einer Dame gegangen sei. An weitere Einzelheiten dazu könne sie sich aber heute nicht erinnern.
Der Zeuge Shat im Wesentlichen ausgesagt, auch noch Anfang 2005 als Abgeordneter von der Deutschen Telekom für die Ausgabe und Annahme von Anträgen auf Leistungen nach dem SGB II zuständig gewesen zu sein. Er habe zu dieser Zeit am Hplatz gesessen. An die Klägerin könne er sich nicht erinnern. Auf Vorhalt des Antragsformulars zu dem Antrag vom 12. Januar 2005 hat der Zeuge erklärt, dass das auf dem Antragsformular aufgebrachte Kürzel "Sig, 12.01.05" von ihm stamme. Sie hätten seinerzeit mit grün schreiben müssen, so dass auch alle weiteren mit Grünstift angebrachten Striche und Vermerke von ihm stammten. Insbesondere erkenne er seine Schrift auf dem Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens wieder, soweit es dort um den Nachtrag von Zinsen zu Sparbüchern gehe. Er gehe davon aus, dass der ihm vorgelegte Antrag persönlich bei ihm abgegeben worden sei. Er habe am Hlatz nur die Anträge bearbeitet, die dort persönlich abgegeben worden seien. Ihm sei
bekannt, dass es in der Bstraße eine Unterstützungsstelle gegeben habe. Seines Erachtens habe es sich um "Bequit" gehandelt, er könne sich daran aber nicht mehr im Einzelnen erinnern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte der Staatsanwaltschaft sowie die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 25. Juni 2010 ist unzutreffend. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufgehoben. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der angefochtene Bescheid, der im Übrigen auch verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist - insbesondere wurde die Klägerin gemäß § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört -, hat seine zutreffende Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung (a. F.) in Verbindung mit § 45 SGB X. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. gilt für das Verfahren nach diesem Buch das Zehnte Buch (Satz 1). Die Vorschriften des Dritten Buches über 1. die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs. 1, 2, 3 Satz 1 und 4), 1a. die vorläufige Entscheidung (§ 328), 2. die vorläufige Zahlungseinstellung (§ 331) und 3. die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 1, 2 und 5) sind gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. entsprechend anwendbar.
§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. verweist demnach auch auf § 45 SGB X. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, er, auch
nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Der Anwendungsbereich von § 45 SGB X ist eröffnet, weil die Bewilligungsbescheide vom 21. Januar 2005 und vom 18. Juli 2005 von Anfang an rechtswidrig waren. Denn der Klägerin standen keine Leistungen nach dem SGB II vom 12. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 zu. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II a. F. Personen, die unter anderem hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II a. F., wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Berücksichtigung von Vermögen ist in § 12 SGB II a. F. geregelt. Nach § 12 Abs. 1 SGB II a. F. sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Vom Vermögen abzusetzen ist zum einen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 4.100 Euro; der Grundfreibetrag darf für den volljährigen Hilfebedürftigen und seinen Partner jeweils 13.000 Euro nicht übersteigen. Der Grundfreibetrag bei der Klägerin betrug demnach im Jahr 2005 nicht mehr als 9.200,- Euro (46 mal 200,- Euro). Zuzüglich des nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II a. F. abzusetzenden Betrages von 750,- Euro für notwendige Anschaffungen konnte die Klägerin demnach einen Freibetrag von maxi-mal 9.950,- Euro in Anspruch nehmen. Die Klägerin hat im Jahr 2005 durchweg über Vermögen verfügt, das den genannten Freibetrag überstiegen hat. Allein die bei der Dbank in einem Depot verwahrten Fonds wiesen jedenfalls bis zum 21. Dezember 2005 durchweg Bestände im Wert von über 10.000,- Euro auf. Aber auch nach dem 21. Dezember 2005 überstieg das Vermögen der Klägerin allein unter zusätzlicher Berücksichtigung der Rentenversicherung bei der G Lebensversicherung AG – Rückkaufswerte insoweit beliefen sich im Jahr 2005 durchweg auf mehr als 4.000,- Euro – die der Klägerin zustehenden Freibeträge. Auch bei letztgenannter Versicherung handelte es sich - wie bei allen Vermögensgegenständen der Klägerin - ersichtlich um kein ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB II a. F.). Es handelte sich auch um keinen geldwerten Anspruch, der der Altersvorsorge diente, im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a. F., weil die Klägerin die Rentenversicherung ausweislich der Auskunft der G Lebensversicherung AG vom 14. Dezember 2012 vor dem Eintritt in den Ruhestand mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist zum nächsten Zahlungsabschnitt jederzeit verwerten konnte.
Negative Kontobestände auf dem Girokonto der Klägerin oder sonstige Verbindlichkeiten sind nicht zu berücksichtigen. Vermögen im Sinne von § 12 SGB II ist nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern sind die vorhandenen aktiven Vermögenswerte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R - juris). Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswer-te nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (z. B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, so dass die Wertpapiere und Versicherungen der Klägerin in Höhe des jeweiligen Verkehrswertes ohne Abzug von etwaigen anderweitigen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Der im Oktober 2005 vom Girokonto der Klägerin abgehobene Betrag in Höhe von 3.100,- Euro ist nach dem Gesagten jedenfalls bis zum Tag der Abhebung als
Vermögen zu berücksichtigten. Abgesehen davon überstieg auch danach das Vermögen der Klägerin die ihr zustehenden Freibeträge deutlich.
Unbeachtlich ist auch der Einwand der Klägerin, sie hätte ohne die Leistungen des Beklagten ihr Vermögen schneller verbraucht. Maßgeblich für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ist im vorliegenden Fall allein, dass das Vermögen die der Klägerin zustehenden Freibeträge überstieg. Die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs von Vermögenswerten sieht das SGB II – anders als etwa § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung in seiner bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung – nicht vor (vgl. Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 12, Rn. 49).
Der Beklagte musste die Bewilligungsentscheidungen mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben, weil die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhten, die die Klägerin mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hatte.
Die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 12. Januar 2005 waren unrichtig, soweit sie erklärt hatte, über kein Vermögen zu verfügen, das den Wert von 4.850,- Euro übersteigt. Unrichtig war auch ihre Angabe, keine Freistellungsaufträge erteilt zu haben. Teils unrichtig, teils unvollständig waren die Angaben der Klägerin zu ihren Vermögenswerten. Weiter unrichtig war die Angabe, über keine "sonstige[n] Wertpapiere" zu verfügen, weil die Klägerin bei der Dbank über Depots verfügte, in denen Fondsanteile verwahrt wurden, die im Antragsformular beispielhaft als "sonstige[s] Wertpapier[ ]" genannt waren. Unvollständig waren die Angaben zu ihren privaten Rentenversicherungen, da sie ihre Rentenversicherung mit der Vertragsnummer 01 bei der G Lebensversicherung AG nicht angegeben hatte. Entsprechend unrichtig und unvollständig waren demgemäß auch die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 14. Juli 2005. Denn macht ein Leistungsempfänger falsche Angaben und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2010 - L 5 AS 2340/08 -; Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 18. Februar 1999 - L 6 AL 6/98 - beide bei juris).
Die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide beruhten auch auf den falschen Angaben der Klägerin. Insbesondere liegt hier kein Fall vor, in dem die Behörde auf die entsprechenden Informationen - hier vor allem zum Depot der Klägerin - erkennbar keinen Wert legte (vgl. dazu
Waschull in Diering/Timme/Waschull, Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2011, § 45, Rn. 36; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 45, Rn. 50). Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25. Juni 2010 und nochmals im Termin vor dem Senat am 24. Oktober 2013 erklärt hat, sie und eine Mitarbeiterin des Beklagten seien das Antragsformular im Einzelnen durchgegangen und hätten dann die entsprechenden Unterlagen aus dem Ordner rausgesucht, wobei sich die Mitarbeiterin des Beklagten vorab den Ordner durchgeschaut habe, und soweit die Klägerin weiter ausgesagt hat, sie habe die Mitarbeiterin des Beklagten auf das Depot hingewiesen, welche aber sinngemäß erklärt habe, Angaben zum Depot könnten weggelassen werden, hat der Senat für das Vorliegen solcher Erklärungen keine Anhaltspunkte. Entsprechende Erklärungen zum Depot der Klägerin oder einer Mitarbeiterin des Beklagten oder einer sonstigen Frau, deren Erklärungen sich der Beklagte zurechnen lassen müsste, sind in den Verwaltungsvorgängen nicht niedergelegt worden. Auch die Klägerin hat hierzu nichts Schriftliches vorliegen. Sie hat auch keine Beweismittel für eine derartige Erklärung angeboten oder anbieten können. Somit sprechen gegen die Richtigkeit ihres diesbezüglichen Sachvortrages mehrere Gesichtspunkte, für die Richtigkeit spricht hingegen nichts. Gegen die Behauptung der Klägerin spricht bereits, dass insoweit hier ein Fall gesteigerten Vorbringens vorliegt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Oktober 1987 - 9 C 147/86 - juris), weil die Klägerin im Widerspruchsverfahren und noch in der Klagebegründung vor dem Sozialgericht erklärt hat, nur die Unterlagen zu Vermögenswerten bei der D und der A der Mitarbeiterin vom Servicecenter überreicht zu haben; nachdem diese ihr erklärt habe, diese Unterlagen hätten keine Bedeutung für den Antrag, habe sie – die Klägerin – angenommen, dass auch die Einreichung weiterer Unterlagen zu ihrem Vermögen unerheblich sei. Hierbei handelt es sich um die Schilderung eines gegenüber der jetzigen Darstellung vollkommen an-deren Lebenssachverhaltes, die auch nicht – anders als die Klägerin im Berufungsverfahren vorträgt – auf eine schlichte "Verkürzung" des Sachvortrages zurückzuführen ist, wovon auch vor dem Hintergrund nicht auszugehen ist, dass die Klägerin den entsprechenden Sachverhalt durch ihren damaligen Rechtsanwalt sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren geschildert hat. Dazu kommt, dass sich die Klägerin wegen des hier in Rede stehenden
Sachverhaltes wegen Betruges in zwei Fällen hat verurteilen lassen. Dabei hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 6. August 2008 gelesen und die ihr zur Last gelegte Tat verstanden zu haben. Gleichwohl hat sie den Tatvorwurf gegenüber dem Strafgericht eingeräumt. In den Akten der Staatsanwaltschaft heißt es im Übrigen zwar, die Klägerin habe (bei Antragstellung am 12. Januar 2005) alle Unterlagen zum JobCenter mitgenommen und das mit einer Dame vom Job-Center ausgefüllt. Der jetzige Tatsachenvortrag zu angeblichen Äußerungen dieser Dame zum Depot der Klägerin findet sich in den Strafakten dagegen nicht, obwohl sich dieser Vortrag vor dem Hintergrund der ihr zur Last gelegten Tat doch geradezu aufgedrängt hatte. Dass im Übrigen einige der Umstände der Antragstellung von der Klägerin richtig wiedergegeben worden sein dürften, vermag an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. So sieht es der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Hintergrund der glaubhaften Aussage der Zeugin D zwar als gut möglich an, dass sich die Klägerin im Rahmen der Antragstellung im Januar 2005 in die Bstraße begeben und den Antrag zusammen mit einer Frau ausgefüllt hatte. Diese Details zu Ort und Personen weisen aber keinen Bezug zu den von der Klägerin nachträglich behaupteten Erklärungen zum Depot von ihr und einer Mitarbeiterin des Beklagten auf.
Bei dieser Sachlage gibt es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der behaupteten Erklärungen der Klägerin sowie einer Mitarbeiterin des Beklagten zu dem Depot. Der Senat muss daher hier auch keine Beweislastentscheidung treffen. Er weist aber darauf hin, dass das Sozialgericht zwar zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Behörde grundsätzlich für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X beweispflichtig sein dürfte (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R – juris – den Leistungsträger trifft danach grundsätzlich die Beweislast für die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides). Ob der Beklagte vorliegend bei objektiv falschen Erklärungen der Klägerin im schriftlichen Antragsformular aber tatsächlich die Beweislast dafür trägt, dass einerseits die Klägerin – mündlich – ihr Depot angegeben hat und es andererseits eine - ebenfalls mündliche - Erklärung einer mit der Hilfe beim Ausfüllen von SGB II-Anträgen betrauten Mitarbeiterin zum Depot der Klägerin nicht gegeben hat, erscheint dem Senat aber zweifelhaft (für eine Be-weislast des Leistungsbeziehers in einem ähnlich gelagerten Fall Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. November 2010 - L 5 AS 39/08 - juris; vgl. auch Landessozialgericht Sachsen, Urteil vom 21. April 2008 - L 3 AL 34/05 - juris; Beweislast des Leistungsbeziehers hinsichtlich der von ihm trotz seiner unvollständigen Angaben im Antragsformular behaupteten Erfüllung der Mitteilungspflicht durch mündliche oder konkludente Erklärungen).
Die Klägerin hatte ihre Angaben gegenüber dem Beklagten in Bezug auf ihre Vermögensverhältnisse auch grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders hohen Maße, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrläs-sigkeit erheblich übersteigt. Subjektiv unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 88/99 R - juris). Dabei ist grundsätzlich ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen, das heißt es kommt wesentlich darauf an, ob der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit hätte erkennen müssen, dass die betreffenden Angaben zu machen waren.
Die Klägerin hätte zumindest unter Berücksichtigung ihrer individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit erkennen müssen, dass ihre Angaben zum Vermögen teils falsch, teils unzutreffend waren, was auch nach dem persönlichen Eindruck, den die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. Oktober 2013 hinterlassen hat, für den Senat außer Frage steht. Selbst ohne, aber erst recht mit Berücksichtigung des Depots bei der Dbank überstieg das Vermögen bereits den im Antragsformular genannten Betrag von 4.850,- Euro
deutlich, was für die Klägerin ohne weiteres erkennbar war. Der groben Fahrlässigkeit steht auch nicht entgegen, dass das Wort "Depot" im Antragsformular nicht genannt wird. Im Antragsformular wird unter VII. unmissverständlich erklärt, "alle verwertbaren Vermögensgegenstände [seien] zu berücksichtigen". Dass die nachfolgend genannten Vermögensgegenstände lediglich beispielhaft genannt worden sind, erhellt neben weiteren Formulierungen wie "usw." oder "sonstige Vermögensgegenstände" bereits der Zusatz "z. B.". Auch die im Zusatzblatt 3 zum Antragsformular verwendeten Formulierungen schließen die Berücksichtigung eines Depots nicht aus, zumal das Depot für sich ja auch keinen Vermögenswert darstellt, vielmehr darin Fondsanteile verwahrt werden, die allerdings mindestens im Zusatzblatt 3 ausdrücklich als möglicher Vermögensgegenstand genannt werden. Dass – wie sie vor dem Sozialgericht erklärt hat – der Klägerin die konkreten ihr zustehenden Freibeträge nicht erläutert worden sind, ist unmaßgeblich, weil sich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht auf die Rechtswidrigkeit des auf den Falschangaben beruhenden Verwaltungsaktes zu beziehen haben (Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X, Rn. 38).
Die Angaben der Klägerin, die letztlich belegen sollen, sie habe nicht gewusst, um was es sich bei dem Depot gehandelt habe, sind unglaubhaft, der entsprechende Tatsachenvortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ist teilweise nachweislich unwahr. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, dass es ihr durchaus bewusst gewesen sei, dass es sich bei dem Depot im weitesten Sinne um "Geld" gehandelt habe. Darüber hinaus hatte die Klägerin das Depot von ihrer Mutter eben nicht "einfach" geerbt, sondern das alte Depot aufgelöst, um ein neues Depot zu eröffnen. Sie hatte das Depot auch nicht etwa erst kurz vor Antragstellung bei dem Beklagten geerbt, sondern bereits im Jahr 2002. Ihre Angabe, bei Antragstellung am 12. Januar 2005 den Bestand des Depots nicht gekannt zu haben, ist unglaubhaft, da die Klägerin gerade am 12. Januar 2005 - also am Tag der Antragstellung bei dem Beklagten - Fondsanteile des Fonds D-ImmobilienEuropa im Wert von 3.000,- Euro verkauft hatte, um ihren negativen Kontostand auszugleichen. Soweit die Klägerin jedenfalls sinngemäß vor dem Sozialgericht erklärt hat, sich erst nach Antragstellung bei dem Beklagten mit dem Depot befasst zu haben, ist auch dieser Vortrag unglaubhaft. So hatte die Klägerin von der Dbank ein Schreiben vom 6. Januar 2005 erhalten, in dem die Klägerin über eine Ertragsausschüttung des Fonds D-ImmobilienEuropa und über den aktuell noch verfügbaren Freistellungsauftrag – 1.109,15 Euro – in Kenntnis gesetzt worden war. Sie hatte zudem im Jahr 2005, aber auch schon vorher mit dem Depot gewirtschaftet, indem sie Anteile verkauft hatte. Ein entsprechender Verkauf von knapp 70 Anteilen des Fonds D-ImmobilienEuropa für gut 3.000,- Euro hatte etwa im Juli 2004 stattgefunden. Weitere erhebliche Veränderungen im Depot ergeben sich beispielsweise auch für Nvember/Dezember 2003 sowie für Februar/März 2004. Die Klägerin hat im Termin am 24. Oktober 2013 auch ausdrücklich erklärt, mithilfe des Depots negative Bestände auf ihrem Girokonto ausgeglichen zu haben. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, die Klägerin hätte über das Depot nichts gewusst. Die Klägerin wusste, dass es sich bei dem Depot um "Geld" handelte. Sie wusste im Grunde auch, dass dieses "Geld" für die Antragstellung von Relevanz war, denn in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, seinerzeit selbst zwar nicht gewusst zu haben, wo sie das Depot hätte eintragen können; es seien aus ihrer Sicht aber mehrere Spalten in Betracht gekommen.
Der angefochtene Bescheid ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R - juris). Ermessen hatte der Beklagte gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a. F. in Verbindung mit § 330 Abs. 2 des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht auszuüben. Die Erstattungsverfügung hat ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. in Verbindung mit § 50 Abs. 1 SGB X und ist zutreffend berechnet worden. § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F., nach dem abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten sind, ist hier nach § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a. F. nicht anzuwenden, weil hier ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Die Erstattungsverfügung in Bezug auf Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ist rechtmäßig und beruht auf § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II a. F. in Verbindung mit § 335 Abs. 1 und 5 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
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