Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 5972/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2450/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Macht ein (sachverständiger) Zeuge, der nicht zu einem
Beweisaufnahmetermin erschienen ist, als Entschuldigung
für sein Ausbleiben eine Erkrankung geltend, muss der Verhinderungsgrund
so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht selbst beurteilen kann,
ob Verhandlungsunfähigkeit oder Reiseunfähigkeit besteht.
Die alleinige Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit lässt keine
Rückschlüsse darauf zu, ob der Zeuge tatsächlich
verhandlungs- bzw reiseunfähig war.
L 11 R 2450/13 B
S 2 R 5972/11 SG Freiburg
Beschluss
Der 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat durch Beschluss vom 27.11.2013 für Recht erkannt:
Beweisaufnahmetermin erschienen ist, als Entschuldigung
für sein Ausbleiben eine Erkrankung geltend, muss der Verhinderungsgrund
so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht selbst beurteilen kann,
ob Verhandlungsunfähigkeit oder Reiseunfähigkeit besteht.
Die alleinige Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit lässt keine
Rückschlüsse darauf zu, ob der Zeuge tatsächlich
verhandlungs- bzw reiseunfähig war.
L 11 R 2450/13 B
S 2 R 5972/11 SG Freiburg
Beschluss
Der 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat durch Beschluss vom 27.11.2013 für Recht erkannt:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.04.2013 wird zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 450 Euro wegen seines wiederholten Ausbleibens in einem Beweisaufnahmetermin.
In dem zugrundeliegenden Hauptsachverfahren S 2 R 5972/11 vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) begehrt die Klägerin von der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Der Beschwerdeführer und seinerzeitige Hausarzt der Klägerin ist vom SG schriftlich über einen Zeitraum von 8 Monaten (Februar bis Oktober 2012) erfolglos gebeten worden, als sachverständiger Zeuge Befundberichte zu übersenden bzw Fragen zum Gesundheitszustand der Klägerin zu beantworten. Zu einem ersten Erörterungstermin im Dezember 2012 erschien der ordnungsgemäß als Zeuge geladene Beschwerdeführer unentschuldigt nicht. In der Ladung ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass einem unentschuldigt fernbleibenden Zeugen die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden und gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 1000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Wochen festgesetzt wird. Mit Beschluss vom 12.02.2013 setzte das SG ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro fest und beraumte anschließend einen neuen Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 10.04.2013 an. Der Beschwerdeführer wurde wiederum als Zeuge geladen, verbunden wiederum mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgelds und auch verbunden mit dem Hinweis, die schriftlich gestellten Beweisfragen könnten auch vorab schriftlich beantwortet werden.
Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mittels Postzustellungsurkunde am 22.03.2013 zugestellt. Zum Erörterungstermin am 10.04.2013 erschien der Beschwerdeführer wiederum nicht. Eine Entschuldigung war vor dem Termin nicht beim SG eingegangen.
Mit Beschluss vom 18.04.2013 hat das SG gegen Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 450 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es neben einer eingehenden Schilderung des zeitlichen Ablaufs im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei ordnungsgemäß geladen worden. Er habe weder vor dem Termin zur Beweisaufnahme noch nachträglich Gründe vorgetragen, die ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden bzw sein Ausbleiben genügend entschuldigt hätten. Bei der Höhe des Ordnungsgeldes sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass es sich um eine wiederholte Verfehlung gehandelt habe.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 19.05.2013 beim SG Beschwerde eingelegt, die am 12.06.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg einging. Zur Begründung hat der Beschwerdeführer vorgetragen, aufgrund einer Erkrankung vom 20.02.2013 bis 10.04.2013 sei seine Praxis geschlossen gewesen.
Der Senat hat hierauf gebeten, mitzuteilen, wer die Praxisvertretung übernommen habe, wer die Post in Empfang genommen habe und warum dem SG nicht mitgeteilt worden sei, dass der Beschwerdeführer erkrankt gewesen sei. Der Beschwerdeführer wurde auch gebeten, Unterlagen über die Schließung der Praxis vorzulegen.
Der Beschwerdeführer hat hierauf keine Unterlagen vorgelegt und mitgeteilt, dass seine Zulassung geruht und eine Praxismitarbeiterin in dieser Zeit die eingehende Post entgegengenommen und die Postzustellungsurkunde unterzeichnet habe, ohne ihn jedoch zu unterrichten. Dies sei erst am Ladungstag selbst geschehen. Entsprechende Zulassungsbescheide sowie ein ärztliches Gutachten würden für den genannten Zeitraum zwar vorliegen, ob er den Senat über den Inhalt dieser Dokumente in Kenntnis setzen müsse, sei aber mindestens zweifelhaft.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.04.2013 aufzuheben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist nicht begründet und daher zurückzuweisen.
Nach § 106 Abs 3 Nr 4 SGG kann der Vorsitzende Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen. Der Beweisaufnahmetermin kann gemäß § 117 SGG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stattfinden. Für die Durchführung der Beweisaufnahme gelten gemäß §§ 106 Abs 4, 118 Abs 1 Satz 1 SGG die §§ 380 ff Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen zutreffend dargelegt.
Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt, zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 380 Abs 1 ZPO). Die Festsetzung eines Ordnungsmittels und die Auferlegung der Kosten unterbleiben, wenn der Zeuge sein Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 381 Abs 1 ZPO).
Soweit das SG dem Beschwerdeführer nicht die Kosten des Termins auferlegt hat, ist der Beschwerdeführer durch die vorliegende Entscheidung schon nicht beschwert. Die Festsetzung des Ordnungsgelds ist rechtmäßig erfolgt, auch und gerade in der Höhe von 450 Euro.
Der Beschwerdeführer war vom SG ordnungsgemäß zum Termin am 10.04.2013 geladen worden, da ihm die Ladung rechtzeitig und mit dem in § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 377 Abs 2 ZPO vorgeschriebenen Inhalt übermittelt wurde.
Der Beschwerdeführer hat weder vor dem Termin zur Beweisaufnahme noch nachträglich Gründe glaubhaft vorgetragen, die ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden hätten. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert eine genügende Entschuldigung, die ein Ausbleiben im Beweistermin als nicht pflichtwidrig erscheinen lässt, schwerwiegende Gründe (vgl Senatsbeschluss vom 19.07.2011, L 11 R 2924/11 B unter Hinweis auf Bundesfinanzhof [BFH] vom 17.03.2011, III B 46/11, BFH/NV 2011, 2004 mwN). Derartige Entschuldigungsgründe hat der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgetragen und dargelegt. Soweit er mit seiner Beschwerde geltend macht, er sei im Vorfeld des 10.04.2013 erkrankt gewesen und habe nicht am Termin teilnehmen können, überzeugt dies den Senat nicht. Der Beschwerdeführer hat weder Angaben zu der Erkrankung gemacht noch entsprechende ärztliche Befundberichte/Atteste vorgelegt. Der Verhinderungsgrund muss allerdings so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit besteht (Bundessozialgericht [BSG] 13.10.2010, B 6 KA 2/10 B, Breithaupt 2011, 592 mwN). Dies erfordert, dass das Gericht aus einer vorgelegten Bescheinigung Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen und so die Frage einer etwaigen Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann. Im Übrigen würde auch eine alleinige Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich verhandlungs- bzw reiseunfähig war. Denn auch ein arbeitsunfähiger Zeuge kann gleichwohl verhandlungs- und reisefähig sein (BFH, aaO).
Soweit der Beschwerdeführer darauf abstellt, seine Mitarbeiterin habe ihn nicht von dem Termin informiert, ist der Beschwerdeführer ist in erster Linie selbst für die Organisation entsprechender Arbeitsabläufe in seiner Praxis verantwortlich, die eine rechtzeitige Beantwortung gerichtlicher Schreiben sicherstellen. Die Mitarbeiterin hätte zB das Gericht davon unterrichten können, dass der Beschwerdeführer erkrankt sei. Ein etwaiges Verschulden seiner Mitarbeiter muss sich der Beschwerdeführer ohnehin zurechnen lassen (§ 276 Bürgerliches Gesetzbuch). Nach dem Gesamtablauf – das SG hat nicht erst im Februar 2013, sondern bereits ab Februar 2012 vergeblich versucht, Auskunft vom Beschwerdeführer zu erlangen – geht der Senat aber davon aus, dass es sich vorliegend nicht primär um ein Verschulden von Mitarbeitern handelt. Der Senat erlaubt sich den Hinweis, dass es zur gewissenhaften ärztlichen Berufsausübung iS des § 22 Heilberufsgesetz gehört, Befundberichte zu erstellen, auch gegenüber Dritten (VG Gießen 26.03.2013, 21 K 4379/11.GI.B, GesR 2013, 572; VG Frankfurt 14.11.2001, 21 BG 3410/00, juris). § 25 S 1 und 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg lauten: Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse haben Ärztinnen und Ärzte mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind oder die auszustellen sie übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Diese Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag zählt zu den Kernpflichten der ärztlichen Tätigkeit (zur berufsrechtlichen Sanktionierung durch die zuständige Landesärztekammer, wenn ein Arzt auf Anforderung eines SG keine Befundberichte erstellt und zu Zeugenladungen nicht erscheint vgl zuletzt VG Gießen 26.03.2013, 21 K 4379/11.GI.B, GesR 2013, 572 mit Anm Hanten in jurisPR-MedizinR 9/2013 Anm 1).
Das SG hat die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen und dabei insbesondere die Bedeutung der Rechtssache, die Bedeutung der Zeugenaussage für die Entscheidung sowie die Schwere der Pflichtverletzung und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen zu berücksichtigen. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des SG vollumfänglich gerecht. Der Senat nimmt ausdrücklich Bezug auf die zutreffenden Erwägungen des SG, wonach im Wiederholungsfall ein höheres Ordnungsgeld gerechtfertigt ist. In beiden Ordnungsgeldbeschlüssen hat das SG in nicht zu beanstandender Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, so dass auch die Steigerung im zweiten, vorliegend angegriffenen Beschluss, rechtmäßig ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. § 197a SGG findet hier Anwendung, weil der Beschwerdeführer nicht zu den kostenprivilegierten Personen des § 183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfängern, behinderte Menschen oder Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte in einem Rechtsstreit vor den Sozialgerichten beteiligt sind. Der Beschwerdeführer ist als Zeuge nicht diesem Personenkreis zuzurechnen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 176 Rn 5). Ihm waren daher die Kosten des für ihn erfolglosen Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 450 Euro wegen seines wiederholten Ausbleibens in einem Beweisaufnahmetermin.
In dem zugrundeliegenden Hauptsachverfahren S 2 R 5972/11 vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) begehrt die Klägerin von der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Der Beschwerdeführer und seinerzeitige Hausarzt der Klägerin ist vom SG schriftlich über einen Zeitraum von 8 Monaten (Februar bis Oktober 2012) erfolglos gebeten worden, als sachverständiger Zeuge Befundberichte zu übersenden bzw Fragen zum Gesundheitszustand der Klägerin zu beantworten. Zu einem ersten Erörterungstermin im Dezember 2012 erschien der ordnungsgemäß als Zeuge geladene Beschwerdeführer unentschuldigt nicht. In der Ladung ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass einem unentschuldigt fernbleibenden Zeugen die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden und gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 1000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Wochen festgesetzt wird. Mit Beschluss vom 12.02.2013 setzte das SG ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro fest und beraumte anschließend einen neuen Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 10.04.2013 an. Der Beschwerdeführer wurde wiederum als Zeuge geladen, verbunden wiederum mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgelds und auch verbunden mit dem Hinweis, die schriftlich gestellten Beweisfragen könnten auch vorab schriftlich beantwortet werden.
Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mittels Postzustellungsurkunde am 22.03.2013 zugestellt. Zum Erörterungstermin am 10.04.2013 erschien der Beschwerdeführer wiederum nicht. Eine Entschuldigung war vor dem Termin nicht beim SG eingegangen.
Mit Beschluss vom 18.04.2013 hat das SG gegen Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 450 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es neben einer eingehenden Schilderung des zeitlichen Ablaufs im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei ordnungsgemäß geladen worden. Er habe weder vor dem Termin zur Beweisaufnahme noch nachträglich Gründe vorgetragen, die ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden bzw sein Ausbleiben genügend entschuldigt hätten. Bei der Höhe des Ordnungsgeldes sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass es sich um eine wiederholte Verfehlung gehandelt habe.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 19.05.2013 beim SG Beschwerde eingelegt, die am 12.06.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg einging. Zur Begründung hat der Beschwerdeführer vorgetragen, aufgrund einer Erkrankung vom 20.02.2013 bis 10.04.2013 sei seine Praxis geschlossen gewesen.
Der Senat hat hierauf gebeten, mitzuteilen, wer die Praxisvertretung übernommen habe, wer die Post in Empfang genommen habe und warum dem SG nicht mitgeteilt worden sei, dass der Beschwerdeführer erkrankt gewesen sei. Der Beschwerdeführer wurde auch gebeten, Unterlagen über die Schließung der Praxis vorzulegen.
Der Beschwerdeführer hat hierauf keine Unterlagen vorgelegt und mitgeteilt, dass seine Zulassung geruht und eine Praxismitarbeiterin in dieser Zeit die eingehende Post entgegengenommen und die Postzustellungsurkunde unterzeichnet habe, ohne ihn jedoch zu unterrichten. Dies sei erst am Ladungstag selbst geschehen. Entsprechende Zulassungsbescheide sowie ein ärztliches Gutachten würden für den genannten Zeitraum zwar vorliegen, ob er den Senat über den Inhalt dieser Dokumente in Kenntnis setzen müsse, sei aber mindestens zweifelhaft.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.04.2013 aufzuheben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist nicht begründet und daher zurückzuweisen.
Nach § 106 Abs 3 Nr 4 SGG kann der Vorsitzende Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen. Der Beweisaufnahmetermin kann gemäß § 117 SGG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stattfinden. Für die Durchführung der Beweisaufnahme gelten gemäß §§ 106 Abs 4, 118 Abs 1 Satz 1 SGG die §§ 380 ff Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen zutreffend dargelegt.
Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt, zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 380 Abs 1 ZPO). Die Festsetzung eines Ordnungsmittels und die Auferlegung der Kosten unterbleiben, wenn der Zeuge sein Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 381 Abs 1 ZPO).
Soweit das SG dem Beschwerdeführer nicht die Kosten des Termins auferlegt hat, ist der Beschwerdeführer durch die vorliegende Entscheidung schon nicht beschwert. Die Festsetzung des Ordnungsgelds ist rechtmäßig erfolgt, auch und gerade in der Höhe von 450 Euro.
Der Beschwerdeführer war vom SG ordnungsgemäß zum Termin am 10.04.2013 geladen worden, da ihm die Ladung rechtzeitig und mit dem in § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 377 Abs 2 ZPO vorgeschriebenen Inhalt übermittelt wurde.
Der Beschwerdeführer hat weder vor dem Termin zur Beweisaufnahme noch nachträglich Gründe glaubhaft vorgetragen, die ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden hätten. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert eine genügende Entschuldigung, die ein Ausbleiben im Beweistermin als nicht pflichtwidrig erscheinen lässt, schwerwiegende Gründe (vgl Senatsbeschluss vom 19.07.2011, L 11 R 2924/11 B unter Hinweis auf Bundesfinanzhof [BFH] vom 17.03.2011, III B 46/11, BFH/NV 2011, 2004 mwN). Derartige Entschuldigungsgründe hat der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgetragen und dargelegt. Soweit er mit seiner Beschwerde geltend macht, er sei im Vorfeld des 10.04.2013 erkrankt gewesen und habe nicht am Termin teilnehmen können, überzeugt dies den Senat nicht. Der Beschwerdeführer hat weder Angaben zu der Erkrankung gemacht noch entsprechende ärztliche Befundberichte/Atteste vorgelegt. Der Verhinderungsgrund muss allerdings so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit besteht (Bundessozialgericht [BSG] 13.10.2010, B 6 KA 2/10 B, Breithaupt 2011, 592 mwN). Dies erfordert, dass das Gericht aus einer vorgelegten Bescheinigung Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen und so die Frage einer etwaigen Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann. Im Übrigen würde auch eine alleinige Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich verhandlungs- bzw reiseunfähig war. Denn auch ein arbeitsunfähiger Zeuge kann gleichwohl verhandlungs- und reisefähig sein (BFH, aaO).
Soweit der Beschwerdeführer darauf abstellt, seine Mitarbeiterin habe ihn nicht von dem Termin informiert, ist der Beschwerdeführer ist in erster Linie selbst für die Organisation entsprechender Arbeitsabläufe in seiner Praxis verantwortlich, die eine rechtzeitige Beantwortung gerichtlicher Schreiben sicherstellen. Die Mitarbeiterin hätte zB das Gericht davon unterrichten können, dass der Beschwerdeführer erkrankt sei. Ein etwaiges Verschulden seiner Mitarbeiter muss sich der Beschwerdeführer ohnehin zurechnen lassen (§ 276 Bürgerliches Gesetzbuch). Nach dem Gesamtablauf – das SG hat nicht erst im Februar 2013, sondern bereits ab Februar 2012 vergeblich versucht, Auskunft vom Beschwerdeführer zu erlangen – geht der Senat aber davon aus, dass es sich vorliegend nicht primär um ein Verschulden von Mitarbeitern handelt. Der Senat erlaubt sich den Hinweis, dass es zur gewissenhaften ärztlichen Berufsausübung iS des § 22 Heilberufsgesetz gehört, Befundberichte zu erstellen, auch gegenüber Dritten (VG Gießen 26.03.2013, 21 K 4379/11.GI.B, GesR 2013, 572; VG Frankfurt 14.11.2001, 21 BG 3410/00, juris). § 25 S 1 und 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg lauten: Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse haben Ärztinnen und Ärzte mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind oder die auszustellen sie übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Diese Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag zählt zu den Kernpflichten der ärztlichen Tätigkeit (zur berufsrechtlichen Sanktionierung durch die zuständige Landesärztekammer, wenn ein Arzt auf Anforderung eines SG keine Befundberichte erstellt und zu Zeugenladungen nicht erscheint vgl zuletzt VG Gießen 26.03.2013, 21 K 4379/11.GI.B, GesR 2013, 572 mit Anm Hanten in jurisPR-MedizinR 9/2013 Anm 1).
Das SG hat die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen und dabei insbesondere die Bedeutung der Rechtssache, die Bedeutung der Zeugenaussage für die Entscheidung sowie die Schwere der Pflichtverletzung und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen zu berücksichtigen. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des SG vollumfänglich gerecht. Der Senat nimmt ausdrücklich Bezug auf die zutreffenden Erwägungen des SG, wonach im Wiederholungsfall ein höheres Ordnungsgeld gerechtfertigt ist. In beiden Ordnungsgeldbeschlüssen hat das SG in nicht zu beanstandender Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, so dass auch die Steigerung im zweiten, vorliegend angegriffenen Beschluss, rechtmäßig ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. § 197a SGG findet hier Anwendung, weil der Beschwerdeführer nicht zu den kostenprivilegierten Personen des § 183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfängern, behinderte Menschen oder Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte in einem Rechtsstreit vor den Sozialgerichten beteiligt sind. Der Beschwerdeführer ist als Zeuge nicht diesem Personenkreis zuzurechnen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 176 Rn 5). Ihm waren daher die Kosten des für ihn erfolglosen Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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