L 10 R 1641/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3129/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1641/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.

Der am 1962 geborene Kläger ist gelernter Gipser und war zuletzt bis Januar 2001 als Lagerist versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er nicht mehr berufstätig.

Nachdem ein früheres Rentenverfahren erfolglos verlaufen war (zuletzt klagabweisendes Urteil des Sozialgerichts Ulm vom Juni 2010 im Verfahren S 12 R 2913/09), beantragte der Kläger am 20.01.2012 erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Sozialmedizin Dr. J. ein, gegenüber dem der Kläger angab, im Vordergrund seiner Probleme stünde der linke Ellenbogen und der Rücken, genauer die Lendenwirbelsäule. Dr. J. beschrieb u.a. eine im Wesentlichen problemlose Wirbelsäulenbeweglichkeit bei durchaus rückenbelastendem Verhalten des Klägers. Er diagnostizierte Schmerzen und ein Streckdefizit am linken Ellenbogen mit Minderbelastbarkeit, ein Wirbelgleiten L 5/S 1 mit Osteochondrose, eine Bandscheibendegeneration L 4/5 bei Haltungsinsuffizienz und insgesamt bestehender Minderbelastbarkeit, ein gutes postoperatives Ergebnis nach Impingement-Operation im Bereich der rechten Schulter mit Minderbeweglichkeit, Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkungen, eine Instabilität im linken Handgelenk nach distaler Ellenresektion bei guter Beweglichkeit und ohne Hinweis auf Mindergebrauch sowie eine freie Beweglichkeit nach Kniegelenksrevisionen. Wegen der Beschwerden im Bereich des linken Ellenbogens seien schwere Tätigkeiten mit dem linken Arm und wegen der Schulterprobleme seien Überkopfarbeiten ausgeschlossen. In Bezug auf die Kniegelenke sei von degenerativen Veränderungen auszugehen und deswegen ein Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen notwendig. Wegen der Funktionseinschränkungen mit Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule seien nur noch leichte Tätigkeiten möglich, sitzen könne der Kläger unproblematisch. Zusammengefasst hielt er leichte Tätigkeiten unter zusätzlicher leichter Schonung des linken Armes in wechselnder Körperhaltung ohne Nachtarbeit sechs Stunden und mehr arbeitstäglich für möglich. Mit Bescheid vom 13.03.2012 lehnte die Beklagte hierauf gestützt den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger neben Beschwerden seitens der rechten Schulter und der Lendenwirbelsäule auch Probleme mit dem Kiefer geltend, er habe eine chronische Entzündung. Hierzu führte Dr. J. in einer sozialmedizinischen Stellungnahme aus, die Probleme in der Schulter und an der Wirbelsäule seien in den ersten beiden Hauptdiagnosen seines Gutachtens erfasst. Probleme im Bereich des Kiefers führten nicht zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 01.10.2012 (einem Montag) beim Sozialgericht Ulm mit dem Begehren, Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu erhalten, Klage erhoben. Er hat auf einen bereits im Widerspruchsverfahrens vorgelegten Befundbericht seines behandelnden Orthopäden Dr. B. hingewiesen, der Tätigkeiten als Gipser gar nicht mehr und leichte Tätigkeiten nur noch unter drei Stunden für leidensgerecht erachtete. Außerdem hat er einen Entlassungsbericht der Universitäts- und Rehabilitationskliniken U. (RKU) über eine stationäre Behandlung im Januar 2013 zur Operation eines Sulcus-ulnaris-Syndroms links vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.03.2013 abgewiesen und nach Darstellung der Rechtsgrundlage für die begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) ausgeführt, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Es hat sich dabei den Ausführungen von Dr. J. angeschlossen. Eine andere Beurteilung rechtfertige sich aus dem Befundbericht von Dr. B. nicht. Insoweit bestünden keine relevanten Abweichungen in den Befunden gegenüber jenen von Dr. J ... Auch aus dem Bericht des RKU ergebe sich keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Die dokumentierten Bewegungseinschränkungen des linken Armes seien bereits im Gutachten von Dr. J. dokumentiert.

Gegen das ihm am 25.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.04.2013 Berufung eingelegt. Er verweist auf die Operation im RKU, den Schwerpunkt seiner Leiden im linken Arm und im Kreuz sowie neu hinzugetreten im Bereich der Atmungsorgane und legt hierzu einen Befundbericht des Lungenfacharztes Dr. W. vom Juli 2013 vor (Diagnosen: chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Lungenemphysem).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.03.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.01.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger allein begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung dargestellt (§ 43 Abs. 2 SGB VI) und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine derartige Rente nicht erfüllt, weil er zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr ausüben kann. Es hat sich dabei den Ausführungen von Dr. J. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten angeschlossen, die auch der Senat für überzeugend ansieht, und mit zutreffender Begründung dargelegt, dass die Leistungsbeurteilung von Dr. B. in seinem vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Befundbericht angesichts weitgehender Identität der dargestellten Befunde mit jenen, die Dr. J. erhob, nicht gefolgt werden kann. Außerdem hat es zutreffend dargelegt, dass sich aus dem vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Befundbericht des RKU keine weitergehenden Leistungseinschränkungen ergeben, vielmehr die Bewegungseinschränkungen des linken Armes bereits von Dr. J. in die Leistungsbeurteilung einbezogen wurden, der insoweit nur eine leichte Schonung für erforderlich hielt. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, wonach der Kläger den Schwerpunkt seiner Leiden - wie bereits gegenüber Dr. J. angegeben - weiterhin im linken Arm und im Bereich der Wirbelsäule sieht, ist zu ergänzen, dass Dr. J. insoweit nachvollziehbar keine rentenrelevante Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers sah. Vielmehr kann diesen Beschwerden insoweit vor allem durch den Ausschluss schwerer und mittelschwerer Tätigkeiten, von Überkopftätigkeiten und dem Gebot wechselnder Körperhaltung hinreichend Rechnung getragen werden. Insbesondere in Bezug auf die Funktionseinschränkung seitens des linken Ellenbogens (Streckdefizit von 30°) wies Dr. J. zutreffend darauf hin, dass der Kläger mit diesem Befund jahrelang arbeitete. Angesichts der von Dr. J. beschriebenen kräftigen Beschwielung beider Hände (wenn auch rechts mehr als links) steht auch fest, dass der Kläger beide Hände einsetzen kann. Insoweit genügt es, dem Kläger keine besonderen Belastungen des linken Armes (i.S. der von Dr. J. formulierten leichten Schonung) zuzumuten.

Keine andere Beurteilung rechtfertigt die im Januar 2013 durchgeführte Operation, auf die der Kläger in seiner Berufungsbegründung nochmals ausdrücklich hinweist. Die Durchführung einer Operation lässt nämlich grundsätzlich keinen Rückschluss auf eine Einschränkung des Leistungsvermögens zu. Vielmehr wurde der Kläger im Januar 2013 nach weitgehend komplikationslosem postoperativem Verlauf mit der Empfehlung weiterer krankengymnastischer Übungsbehandlung entlassen. Mit der Operation des Sulcus-ulnaris-Syndroms links wurden somit die zuvor bestehenden Beschwerden therapiert und der Kläger hat auch nicht behauptet, diesbezüglich weitere Einschränkungen zu haben.

Soweit der Kläger nun pulmonale Beschwerden anführt, ergibt sich aus dem von ihm vorgelegten Befundbericht des Dr. W. , dass neben einer Überblähung der Lunge nur eine leichtgradige Obstruktion (so die Bewertung der Lungenfunktionsprüfung durch Dr. W. ) und damit gerade kein drastisches Krankheitsbild vorliegt. Entsprechend hat Dr. W. auch nur eine zusätzliche Bedarfsmedikation rezeptiert, wobei der Kläger gegenüber Dr. W. sogar angegeben hat, auf das bereits verordnete Medikament gehe es ihm besser. Angesichts der von Dr. W. dargestellten Befunde (normale Sauerstoffsättigung, nur leichtgradige Obstruktion im Rahmen der Lungenfunktionsprüfung) sowie der eigenen Beschwerdeangaben des Klägers gegenüber Dr. W. (Husten, Kurzatmigkeit) ist nicht zu erkennen, aus welchen Gründen diese Lungenerkrankung bei weiterbestehendem Nikotingebrauch einer leichten Tätigkeit, gegebenenfalls ohne häufiges Treppensteigen und häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten, entgegenstehen soll. Außerdem ist zu erwarten, dass die therapeutischen Ansätze von Dr. W. zu einer weiteren Besserung des Krankheitsbildes führen.

Im Ergebnis schließt sich somit der Senat wie das Sozialgericht und die Beklagte der Leistungsbeurteilung von Dr. J. an. Danach sind dem Kläger weiterhin leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zuzumuten. Zu vermeiden sind besondere Belastungen des linken Armes, Überkopfarbeiten sowie Nachtschicht. Darüber hinaus sind dem Kläger vorsorglich in Bezug auf die Lungenerkrankung häufiges Treppensteigen sowie häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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